Der falsche Hauptmann von Cöpenick

Klaußmann, Anton Oskar

Bibliographic data

Monograph

Author:: Klaußmann, Anton Oskar

Title:: Der falsche Hauptmann von Cöpenick : ein Gaunerstreich sondergleichen : von der Entstehung im Zuchthaus bis zum heutigen Tage

Publication:: Berlin: Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst, 1906

Language:: German

Digitization:: Berlin: Zentral- und Landesbibliothek Berlin, 2022

Scope:: 48 Seiten

Berlin:: B 252 Biographie: Einzelbiographien und Familienbiographien

DDC Group:: 920 Biografie, Genealogie, Heraldik

URN:: urn:nbn:de:kobv:109-1-15461569

Location:: Zentral- und Landesbibliothek Berlin

Shelfmark:: B 252 Voigt 3 a

Copyright:: Public Domain

Accessibility:: Free Access

Chapter

Title:: Im Cöpenicker Rathaus

30 Wagen, ihnen gegenüber mußte ein Polizeibeamter Platz nehmen, während auf dem Bock ein Grenadier mit Gewehr und aufgepflanztem Seitengewehr saß. In einen zweiten Wagen wurde der Stadtkassen-Rendant gesetzt, und zwei Soldaten setzten sich ihm gegenüber. Der Zug ging auf Be⸗ fehl des Hauptmanns nach der Neuen Wache in Berlin. Seelenruhig bewegte sich der falsche Hauptmann vor der un⸗ geheuren Menschenmenge, den Gendarmen, Polizisten, den alarmierten Stadtvätern und Stadträten, die vor dem Rat— hause standen und bisher nicht in dasselbe hineingekommen waren. „In einer halben Stunde die Posten einziehen!“ lautete dann der Befehl des Hauptmanns, „die Mannschaften rücken nach Berlin ab, ich fahre voraus nach Berlin.“ Mit diesen, Worten verabschiedete er sich von seiner Truppe, begab sich mit dem Gelde nach dem Bahnhofe, löste hier ein Billett nach Berlin und fuhr unbehelligt ab. Der unerhörte Streich war gelungen, und Voigt hat nach seiner Verhaftung selbst erklaͤrt er habe heimli ch lachen müssen, daß die Komödie so glatt abgelaufen fei. Der harmlose Staatsbürger faßt sich verwundert an den Kopf und fragt sich: Wie warso etwas mögluch? Der zum Kritisieren Geneigte aber glaubt sich berechtigt. herbe Vorwürfe gegen alle die Menschen zu erheben, die sich durch den falschen Hauptmann haben düpieren laffen, ganz gleich, ob es die Soldaten, die Polizisten und Gendarinen oder die Cöpenicker Beamten waren. Man sollte vorsichtig mit dem Urteil über die Leute sen, die sich anscheinend so leicht täuschen ließen. Der Zucht⸗ häusler Voigt war ein ausgezeichneter Menschenkenner und wußte wohl, was Bestürzung und Verblüffung zu Wege bringen. Auf Bestürzung und Verblüffung war sein ganzer Plan aufgebaut, und er hatte alles vorzüůglich voraus berechnet. Im Zustande der Aufregung, des Schreckens gegenüber plötzich eintretender Ereignisse, die man absolut dicht erwarlet hat, verlieren fast ausnahmslos die Leute, wenn auch nicht den Kopf, so doch wenigftens die Ruhe und die Beobachtungs⸗ fähigkeit. Deshalb konnte der Pfeudo GHauptmann es wa— gen, mit seinem ganzen Aeußern eigentlich dem Bilde Hohn zu sprechen, das man sich von einem Offizier des 1. Garde— Regiments z. F. und von einem Abgesandten des Kaisers macht. Er konnte es wagen, anstatt des Helmes die Mütze zur Feldbinde zu tragen, er konnte endlich wagen, seinen Plan auszuführen, weil er alle Leute, die ihm entgegen⸗ traten, überraschte, und doch mit Dingen kam, die nicht ganz außerhalb des Bereiches der Möglichkeit lagen. Er regutß

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