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Demokratieförderung in Schule, Kita, Kinder- und Jugendbildung (Rights reserved)

Bibliographic data

Demokratieförderung in Schule, Kita, Kinder- und Jugendbildung

Description

Creator:
Vernetzungstreffen des Landesdemokratie-zentrums Berlin (3. : 2016 : Berlin)
Title:
Demokratieförderung in Schule, Kita, Kinder- und Jugendbildung : Veranstaltungsdokumentation / Herausgeberin: Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen Diskriminierung (LADS), Landes-Demokratiezentrum
Publisher:
Landes-Demokratiezentrum Berlin
Publication:
Berlin: Landes-Demokratiezentrum Berlin, 2017
Language:
German
Scope:
1 Online-Ressource (28 Seiten)
Note:
Datum des Herunterladens: 02.10.2020
Berlin:
B 950 Gesundheit. Soziales: Kinder- und Jugendhilfe
Urban Studies:
Kws 38 Kinder. Jugend: Kinder- und Jugendarbeit
DDC Group:
360 Soziale Probleme, Sozialarbeit
URN:
urn:nbn:de:kobv:109-1-15410459
Copyright:
Rights reserved
Accessibility:
Free Access
Collection:
Population, social affairs Society, Population, Social Affairs, Health

Contents

Table of contents

  • Demokratieförderung in Schule, Kita, Kinder- und Jugendbildung (Rights reserved)

Full text

3. Vernetzungstreffen des Landesdemokratiezentrums Berlin am 22.11.2016 Demokratieförderung in Schule, Kita, Kinder- und Jugendbildung Veranstaltungsdokumentation Inhalt Begrüßung zur Veranstaltung 3 Einleitung in die Veranstaltung 4 • Workshop 1: Verankerung der Demokratiebildung im neuen Berliner Rahmenplan 6 • Workshop 2: Das Berliner Bildungsprogramm für frühkindliche Bildung 9 • Workshop 3: Fortbildungsstrukturen für pädagogische Fachkräfte im Land Berlin 11 • Workshop 4: Gewaltprävention und Extremismusprävention an Berliner Schulen 14 • Workshop 5: Berliner Aktivität zur Stärkung der Jugendpartizipation 16 • Workshop 6: Gut gemeint ist nicht gut gemacht – rassismuskritische Kriterien zur Erstellung von Bildungsmaterialien • Workshop 7: Diskriminierung sichtbar machen – Antidiskriminierungsberatung in Schule und Kita • Workshop 8: Vielfalt gerecht werden – Diversitätsorientierte Organisationsentwicklung in Schule, Kita, Kinder- und Jugendarbeit 18 21 24 • Workshop 9: Vorurteilen begegnen – Flucht als Thema der Präventionsarbeit 26 Impressum 29 2 Begrüßung zur Veranstaltung Eren Ünsal, Leiterin der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung, Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen Sehr geehrte Anwesende, Liebe Teilnehmende dieser Veranstaltung, ich freue mich sehr, Sie heute im Namen der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung, im Besonderen des Landesdemokratiezentrums für Vielfalt und Respekt, begrüßen zu dürfen. Die heutige Veranstaltung trägt den Titel „Demokratieförderung in Schule, Kita, Kinder- und Jugendbildung“. Hier finden Vertreter_innen aus Projekten und von Trägern der Demokratieförderung, aus Institutionen der frühkindlichen Bildung und der schulischen und außerschulischen Kinder- und Jugendbildung sowie Vertreter_innen der Berliner Verwaltung zusammen. Es geht um einen gemeinsamen Austausch darüber, wie Demokratieförderung im Bereich der Kinder- und Jugendbildung ausgebaut werden kann. Welche Bedeutung kommt hierbei der Zusammenarbeit von zivilgesellschaftlichen Akteur_innen und den Regelinstitutionen zu? Wie kann eine solche Zusammenarbeit gestaltet werden? Leider müssen wir aktuell vermehrt rassistisch motivierte Straftaten und andere antidemokratische Verhaltensweisen beobachten, die sich gegen Minderheiten richten. Dazu gehören vielfältige Formen der Verachtung, wie z.B. Homo- und Trans*phobie, Rassismus gegen Sinti und Roma, Islamfeindlichkeit, Sexismus und Haltungen, die sich ganz allgemein gegen demokratische Grundwerte richten. Die Vermittlung von demokratischen Werten und die Förderung einer Kultur der Vielfalt sind nach wie vor von großer Bedeutung. Dabei ist es wichtig mit den Jüngsten der Gesellschaft zu beginnen, um eine tolerante und demokratiesensible Generation zu fördern und hervorzubringen. Demokratische Kompetenzen befähigen Kinder- und Jugendliche eigenständige Positionen zu beziehen. Für ein friedliches und gutes Miteinander ist ein Unrechtsempfinden gegenüber Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt ebenso wichtig, wie ein Wissen um die Selbstwirksamkeit und Kompetenz im Engagement gegen Ungerechtigkeiten. Mit dieser Veranstaltung greifen wir Anliegen und Fragestellungen auf, die auf dem ersten Vernetzungstreffen des Landesdemokratiezentrums aufgeworfen wurden. Das Berliner Landesdemokratiezentrum hat dieses Vernetzungstreffen gemeinsam mit vielen von Ihnen konzipiert. Ich danke allen Projekten, die sich in die Gestaltung dieser Veranstaltung einbringen ebenso wie der Senatsverwaltung Bildung, Jugend und Wissenschaft. Gemeinsam haben wir ein Programm entwickelt, das wichtige Aspekte und Bereiche der Demokratiebildung in Schule, Kita, Kinder- und Jugendarbeit aufgreift. Wir hoffen damit den Raum für einen produktiven Dialog zu eröffnen, aus dem sicher weitere Anregungen und Aufgabenstellungen hervorgehen werden In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen erfolgreichen Tag, der zu zielweisenden Ergebnissen führt. 3 Einleitung in die Veranstaltung Stanislawa Paulus, Landesdemokratiezentrum Berlin (LADS), Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen Auch ich begrüße Sie ganz herzlich auf diesem dritten Vernetzungstreffen des Berliner Landedemokratiezentrums– ein Vernetzungstreffen, das sich einmal mehr als Fachaustausch gestaltet. Wir greifen mit dieser Veranstaltung Anliegen und Fragestellungen auf, die bereits auf dem ersten Vernetzungstreffen des Landesdemokratiezentrums aufgeworfen wurden. Dort wurde von Projekten der Wunsch geäußert, die Angebote der Projekte des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ und des Berliner Landesprogramms „Demokratie. Vielfalt. Respekt“ für Schulen, Kitas, Kinder- und Jugendbildung sichtbarer zu machen. Darüber hinaus besteht das Anliegen, Kooperationsmöglichkeiten auszuloten und eine Zusammenarbeit zwischen der Präventionsarbeit und den Regelsystemen wie z.B. der Jugendhilfe auf- bzw. auszubauen. Das Berliner Landesdemokratiezentrum hat diese Fragestellungen in zahlreiche Arbeitstreffen getragen und herausgekommen ist die heutige Veranstaltung mit den neun angekündigten Workshops zu den verschiedensten Themen: Im Workshop 1 geht es um den neuen Berliner Rahmenlehrplan. Demokratiebildung ist dort als Querschnittsaufgabe verankert ist. Was bedeutet dies für Präventionsangebote? Welche Möglichkeiten zur Entwicklung von Fortbildungen, Trainings und anderen Formaten, die sich an Kinder und Jugendliche oder auch an pädagogische Fachkräfte richten, ergeben sich daraus. Das Berliner Bildungsprogramm für frühkindliche Bildung wird im Workshop 2 vorgestellt. Hier geht es u.a. darum, wie frühkindliche, vorurteilsbewusste Bildung und Präventionsarbeit in der Kita gestaltet werden kann. Im Workshop 3 werden Fortbildungsstrukturen für pädagogische Fachkräfte in Berlin in den Blick genommen. Wie können Fortbildungsinhalte zur Prävention von Rassismus, zur Prävention von Extremismus und demokratiefeindlichen Haltungen so verankert werden, dass Fachkräfte erreicht werden und diese Angebote umfangreicher angenommen werden? In Berlin arbeiten verschiedene Projekte und Träger mit Ansätzen der Gewalt und Extremismusprävention. Wie gestaltet sich diese Arbeit im Alltag aus und welche Ansätze gibt es hierbei speziell für Schulen? Wie können Vernetzungen zwischen dieser Jugendarbeit und den Regelsystemen wie Schulen der Jugendhilfe auf- bzw. ausgebaut werden? Diesen Fragestellungen wird im Workshop 4 nachgegangen. Im Workshop 5 geht es um Aktivitäten des Senats zur Stärkung der Jugendpartizipation. Mit dem Jugenddemokratiefonds sollen die Partizipation und die Arbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in Berlin weiter ausgebaut werden. Welche Erfahrungen gibt es in der Förderung der Jugendpartizipation und wie kann diese Arbeit gestärkt werden. 4 Nach dem Mittagessen werden wir unser Internetportal „Demokratie.Vielfalt.Respekt !“ Demokratiekompetenz von Kindern und Jugendlichen vorstellen. Dieses Portal befindet sich noch im Aufbau. Es bildet einen ganz wesentlichen Baustein der Vernetzungsarbeit der Landesdemokratiezentrums. Pädagogische Fachkräften sollen sich auf diesen Seiten schnell über Angebote der Demokratieförderung informieren können und die zahlreichen Projekte bekommen die Möglichkeit, sich spezifisch vorzustellen. Im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und im Landesprogramm Demokratie. Vielfalt. Respekt. finden sich zahlreiche, richtungsweisende und innovative Projekte. In den Workshops am Nachmittag werden sich einige dieser Projekte mit ihren Perspektiven und Ansätze vorstellen, um damit eine gemeinsame fachliche Diskussion zu eröffnen. Diese Workshops eröffnen ein Forum bei dem Sie sich alle gleichermaßen mit Ihrer Expertise einbringen sollen und können. Der Fachaustausch ist hierbei zentral. Einige Vertreter_innen der Senatsverwaltung und einige Projekte haben die Verantwortung für die Gestaltung der Workshops des heutigen Tages übernommen. Auch ich bedanke mich ganz herzlich dafür. 5 Workshop 1: Verankerung der Demokratiebildung im neuen Berliner Rahmenplan Moderation: Regina Ultze (SenBJW), Lorenz Korgel (SenAIF/LADS) Im Mittelpunkt des Workshops standen folgende Fragen: • Welches Verhältnis und welche Berührungspunkte bestehen zwischen der Welt der Schule einerseits und der Welt der Träger andererseits? • Schulen und Träger sind unterschiedlich gut vernetzt, Projektwochen und Projekttage sind bereits schulintegrierte Elemente. Wie kann diese Zusammenarbeit noch besser gestalten werden? Der neue Rahmenlehrplan Berlin-Brandenburg und das übergreifende Thema Demokratiebildung – Input von Regina Ultze Nach langer Beschlussfassung wird der Rahmenlehrplan zum nächsten Schuljahr 2017/2018 wirksam. Wichtig war bei der Neufassung vor allem eine Verschlankung. Der neue Rahmenlehrplan wurde in einem Band für die Klassen 1 bis 10 zusammengefasst. Durch das Prinzip der Vernetzung soll hier die Synergie zwischen den Fächern gefördert werden. Die Voraussetzungen für individuelles Lernen wurden im Hinblick auf die „inklusive Schule“ weiterentwickelt. Die Laufzeit des neuen Rahmenlehrplans soll mindestens 10 Jahre betragen. Er signalisiert Offenheit und strebt an, alle Gruppen der Gesellschaft abzubilden. In der Online-Version steht zusätzliches Material für den Unterricht bereit. Vorgesehen sind 28 Fächer und 20 moderne Fremdsprachen. Die Handhabung ist flexibler geworden. Die Ausführungen zu den einzelnen Fächern lassen sich als Einzelseiten herausnehmen. Der neue Rahmenlehrplan ist in drei Hauptteile gegliedert: – Teil A enthält konzeptionelle Grundsätze über das Bildungskonzept, fachübergreifende Bildungsund Erziehungsaufgaben, aber auch Grundsätze für das Lernen und den Unterricht sowie die Leistungsfeststellung und Leistungsbewertung. Die Schule verfolgt das Ziel, die Schüler_innen zur aktiven Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Leben zu befähigen und zu ermutigen. Von zentraler Bedeutung ist dabei, dass die Schule als demokratischer Lebensraum gestaltet werden soll, in dem gesellschaftliche Werte vermittelt und gelebt werden können. Ein gutes Schulklima ermöglicht es den Schüler_innen, sich mit den Werten der Demokratie und einer nachhaltigen Entwicklung auseinanderzusetzen und dafür Handlungskompetenzen zu entwickeln. – Teil B beschreibt die fachübergreifende Kompetenzentwicklung mit Schwerpunkten auf der Sprachund Medienbildung. Hier sind 13 Themen beschrieben, die sowohl im Fachunterricht als auch fachübergreifend berücksichtigt werden sollen. Jedes Thema ist auf einer Seite komprimiert. Neben Themen wie z.B. Gender, Diversity oder Gesundheitsförderung, ist hier auch die Demokratiebildung verankert. 6 – Teil C gliedert die einzelnen Fächer und deren anzustrebende Kompetenzen nach verbindlichen und wahlobligatorischen Themen und Inhalten. Die Online-Version bietet für jedes Fach ein grafisches Modell, das zu erlangende Kompetenzen und Subkompetenzen übersichtlich darstellt. Beispielsweise schließt die Kompetenz „mündig handeln“ die Subkompetenz „eigene Interessen vertreten“ mit ein. Das Modell fächert sich noch weiter auf und stellt auch die verschiedenen Niveaustufen und deren Kompetenzziele ausführlich dar. Die bisher 4 Niveaustufen wurden auf 8 Stufen erweitert. Damit werden die unterschiedlichen Lerngeschwindigkeiten der Schüler_innen besser berücksichtigt und abgebildet. Das Thema Demokratiebildung zieht sich durch den gesamten Rahmenlehrplan. Kleingruppenarbeit zur Passgenauigkeit von Angeboten Seit Jahren ist die Kombination von Schulpraxis und außerschulischem Unterricht im Schulgesetz verankert. Schulen suchen passgenaue Angebote, außerschulische Akteur_innen bieten Angebote. Schwierigkeiten können dabei auf beiden Seiten entstehen. In vier Kleingruppen fand ein Austausch darüber statt, was ist wichtig, um ein passgenaues Angebot formulieren und passend verorten zu können. Folgende Begriffe wurden den Kategorien „sehr wichtig + +“ und „unwichtig - -“ zugeordnet: unwichtig - • Schulabschlüsse • Bewertung und Zensierung • Passgenauigkeit sehr wichtig + + • Schulprofil • Schulprogramm • Leitbild • Netzwerke • verbindliche Ansprechpartner_innen • KTL-Sozialarbeiter_innen • Ganztagsangebote • fachübergreifende Kompetenzen • Schule und außerschulische Angebote (Öffnung der Schule für solche Angebote) • inklusive Lehrangebote • gemeinsame Entwicklung von Schule und außerschulischen Angeboten • gutes Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen • längerfristige Partner_innen (Nachhaltigkeit) 7 Diskussion: Kooperationen von außerschulischen Projektanbieter_innen und Schulen • Der Besuch von außerschulischen Lernorten wird positiv gewertet. Zu hinterfragen ist das Ziel der Passgenauigkeit. Hier stellt sich die Frage: „Wie passgenau kann und will ein Angebot überhaupt sein?“ Gut wäre es, verbindende Mittelwege zu suchen. Außerschulische Träger und Lehrer_innen könnten sich an einen Tisch setzen und einen gemeinsamen Kriterienkatalog entwickeln. • Problematisch ist oft der Zeitpunkt für die Bildungsangebote. Projekttage, Projektwochen werden meistens kurz vor den großen Ferien abgehalten. Es wäre besser, sie deutlicher in das Schuljahr zu integrieren. Oft werden Projekte zum Zeitpunkt der Prüfungen (Abiturprüfung, MSA-Prüfung) durchgeführt. Es sollte geprüft werden, wie die Lehrenden bei der Umsetzung des Rahmenlehrplans unterstützt werden können. • Ein gutes Beispiel sind Projekttage zu Rechtspopulismus und Diskriminierung, bei denen Verbindungen zwischen unterschiedlichen Fachbereichen geschaffen werden können. Für die Projektträger stellt sich die Frage: „Wo passt mein Angebot in den Rahmenlehrplan?“ Es gehört auch Selbstbewusstsein dazu, etwas anzubieten was den Projekten als relevant erscheint auch wenn dies nicht auf den ersten Blick in den Rahmenlerhplan passt. Die Projektanbieter_innen möchten nicht als „Lückenfüller“ gesehen werden. • Eine möglichst genaue Beschreibung des Angebots ist für Lehrkräfte sehr hilfreich, um eine Auswahl treffen zu können. • Wichtig für eine gelingende Kooperation auf beiden Seiten sind verbindliche Ansprechpartner_innen. Die Öffnung der Schule nach außen stellt eine Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit dar. • Es wird positiv gesehen, dass sich die Methoden der außerschulischen Bildung und der Schulbildung weiterentwickeln. Schule und Projektanbietende sehen sich als Expert_innen. Es ist zum Teil schwierig auf Augenhöhe zusammenzukommen. Die bestehenden Hierarchieprinzipien behindern eine gute Zusammenarbeit. • Schulexterne Anbietende bieten Lehrkräften die Möglichkeit, sich vor der Durchführung von Workshops für Schüler_innen selbst fortzubilden. Bei den Lehrenden setzt dies dementsprechend auch eine Offenheit für Fortbildungen voraus. In der Praxis können Schülerprojekt und Schulung der Lehrkräfte parallel laufen. 8 Workshop 2: Das Berliner Bildungsprogramm für frühkindliche Bildung Moderation: Annette Hautumm-Grünberg (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Abt. Familienpolitik, Kindertagesbetreuung, vorschulische Bildung) Milena Hiller (Berliner Kita-Institut für Qualitätsentwicklung, Internationale Akademie Berlin gGmbH) Im Mittelpunkt des Workshops standen folgende Fragen: • Was ist die Zielsetzung des Berliner Bildungsprogramms für Kitas und Kindertagespflege? • Welche Ansprüche stellt das an pädagogisches Handeln? • Wie kann eine frühkindliche, vorurteilsbewusste Bildung und Präventionsarbeit in der Kita gestaltet werden? • Welche Ansätze gibt es bereits und wie gestaltet sich die Praxis in der Arbeit mit Kitakindern? • Welche Akteur_innen sind in die Ausgestaltung und Umsetzung einzubeziehen? Der Anspruch der frühkindlichen Demokratiebildung im Sinne der Partizipation und Inklusion zieht sich wie ein roter Faden durch das Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege (BBP). Diesen Leitgedanken in seiner konkreten Verankerung im Bildungsprogramm aufzuzeigen und damit gleichsam dessen genaue Zielsetzung herauszuarbeiten und dessen Ansprüche an alle beteiligten Akteur_innen deutlich werden zu lassen, war ein zentrales Anliegen dieses Workshops. Das Berliner Bildungsprogramm (BBP) und die Bedeutung für die frühkindliche Demokratiebildung - Input von Milena Hiller vom Berliner Kita-Institut für Qualitätsentwicklung (BeKi), ergänzt durch Annette Hautumm-Grünberg Das Berliner Bildungsprogramm stellt eine verbindliche Grundlage für die pädagogische Arbeit der Berliner Kitas und Kindertagespflegestellen dar. Dabei nimmt es die Form eines Orientierungsrahmens an. Das BBP wurde 2004 erstellt und 2014 aktualisiert. Im Rahmen dieser Aktualisierung wurden die Themen Inklusion, Partizipation und frühkindliche (Demokratie)Bildung nochmals besonders hervorgehoben. Auf einem partizipatorisch-inklusiven Bildungsverständnis fußend, aus dem sich konkrete Kompetenzen als Richtungsziele pädagogischen Handelns und ein spezifisches professionelles Selbstverständnis ableiten, formuliert das BBP insgesamt neun distinguierte pädagogisch-methodische Aufgabenbereiche, innerhalb derer den Kindern Erfahrungen in verschiedenen Bildungsbereichen ermöglicht werden sollen. Themenbeispiele dafür sind soziales und kulturelles Leben, Gesundheit oder Mathematik. Zentral für das Thema Demokratiebildung ist eine Zweigliederung, die sich einerseits auf eine demokratisch-dialogische Zusammenarbeit der Pädagog_innen (Umgangsformen und Aushandlungsprozesse der Erwachsenen sollen Vorbild für die Kinder sein) und andererseits auf greifbare Demokratieerfahrungen für Kinder bezieht. Hierbei sind die Erfahrungen von Partizipation und Inklusion von besonderer Bedeutung. Partizipation meint dabei, dass Kinder sich an Entscheidungen und Vorhaben beteiligen können und dabei erfahren, dass ihre Anstrengungen ernstgenommen werden. Inklusion beinhaltet, dass Kinder Erfahrungen mit Gleichberechtigung und Vielfalt in der Gemeinschaft sammeln können. 9 Anders als z.T. im Schulbereich liegt dem BBP ein breiter Inklusionsbegriff zugrunde, der alle Aspekte einer sozial-kulturellen, geschlechtlich-kulturellen, ethnisch-kulturellen und individuellen Gleichheit und Vielfalt umfasst. Für die konkrete praktische Arbeit des BBP heißt das z.B., Kinder an Planung und Gestaltung unmittelbar zu beteiligen und sie die Regeln eines demokratischen Zusammenlebens im Spiel erproben zu lassen. Dies kann z.B. durch eine Beteiligung von Kindern an einer Raumgestaltung geschehen. Um diesen Ansatz nachvollziehbar zu machen, wurde das Beispiel von Kindersprecher_innen an einer Kita dargestellt. An dieser Kita wurden die Kinder z.B. in die Umgestaltung des eigenen Außenbereiches von Anfang an einbezogen. Beispiele sind zu finden unter: Projekt „jungbewegt“ der Bertelsmann Stiftung – http://www.jungbewegt.de Kieler Beispiele des Instituts für Partizipation und Bildung – http://www.partizipation-und-bildung.de/ Oft seien es schon kleine Ereignisse im Alltag, die Partizipationserfahrungen ermöglichten, wie etwa die Möglichkeit, sich selbst das Essen auftun zu dürfen. Auf Nachfrage erläuterten die Referentinnen, dass in den Berliner Kitas regelmäßig interne und externe Evaluationen im Hinblick auf die Arbeit mit dem BBP durchgeführt werden. Die Ergebnisse der Evaluationen zeigen eine deutliche Vorwärtsbewegung im Hinblick auf die Umsetzung partizipativer und inklusiver Zielsetzungen. Dies bilde sich auch – soweit dies überschaubar sei – in den Fortbildungsbedarfen ab. Zusammenfassung der anschließenden Diskussion Es wurde erörtert, was Demokratiebildung mit Kita-Kindern zu tun hat. Dabei wurde herausgearbeitet, dass Partizipation ein zentraler Aspekt ist, der schon ganz früh lebensweltlich erfahren werden muss. Die Bedeutung einer umfassenden vorurteilsbewussten Elternarbeit für eine erfolgreiche Demokratiebildung wurde besonders herausgestellt. Diskussionen gab es zum Umgang mit „schwierigen“ Eltern. Bei diskriminierenden Aussagen sollten deutliche Positionen bezogen und Vielfaltpositionen verteidigt werden. Sonst ist einzelfallspezifisch vorzugehen. Ängste von Eltern sind ernst zu nehmen und bspw. über Gespräche abzubauen. Die zentrale Bedeutung von Aushandlungsprozessen für die Demokratiebildung allgemein, aber auch für konkrete Problem- und Konfliktlösungen wurde unterstrichen. Diskutiert wurde die Frage, wann Erzieher_innen Zeit haben, sich mit Demokratiebildungs-Themen auseinanderzusetzen. Es gibt spezielle Schließtage nur für Fortbildungen, die dafür genutzt werden können. Berichtet wurde von guten Erfahrungen mit dem Konzept der Kinderkonferenz. Auch das Thema Vernetzung der Kitas im Sozialraum wurde angesprochen. Nur angerissen werden konnte das Problem der Geschlechterstereotype. In den Kindertagesstätten ist es wichtig verschiedene Rollen erfahrbar machen und Rollenbilder hinterfragen zu können. Abgerundet wurde der Workshop mit einer interaktiven Methode zur Reflexion von Handlungsmustern. Alle Teilnehmer_Innen konnten sich mit einer / einem zufälligen Partner_in über die Fragen „Was ist deine frühste demokratisch-partizipatorische, was deine frühste anti-partizipatorische Erfahrung?“ austauschen. 10 Workshop 3: Fortbildungsstrukturen für pädagogische Fachkräfte im Land Berlin Moderation: Birgitt Wählisch (Ergolog GbR), Ulf Höpfner (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft) Im Mittelpunkt des Workshops standen folgende Fragen: • Wie ist die Fortbildung für pädagogische Fachkräfte im Land Berlin organisiert? • Welchen Stellenwert nehmen die Sensibilisierung und die Vermittlung von Handlungskompetenzen gegen Rassismus, Rechtsextremismus, Antisemitismus und LSBTI*-Feindlichkeit ein? • Wie können Angebote in den gegebenen Strukturen platziert und pädagogische Fachkräfte erreicht werden? • Welche Erfahrungen wurden im Rahmen der Initiative „Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt“ in der Fortbildung von Lehrkräften gesammelt? • Welche Angebote stellen einzelne Präventionsprojekte für die Fortbildung von pädagogischen Fachkräften bereit und welche Erfahrungen wurden mit diesen Angeboten bisher gemacht? Fortbildungsstrukturen für pädagogische Fachkräfte an Schulen im Land Berlin – Input von Ulf Höpfner Das Fortbildungsangebot richtet sich an das pädagogische Personal innerhalb der Berliner Schulen. Es wird nicht zentral organisiert, sondern über vier Regionalverbünde, die sich aus einer Aufteilung der Bezirke ergeben. Die Verbundleitung organisiert die Fortbildungen innerhalb eines Verbundes. Die Leitung besteht aus der Schulaufsicht (der entsprechenden Referatsleitung), untergeordnet sind Koordinator_innen, die gleichzeitig die Regionalkommission bilden. Die Schulberater_innen fungieren als konkrete Ansprechpartner_innen für die Schulen. Qualifiziert werden sie durch Qualifikationsmaßnahmen des LISUM und durch die selbstständige Weiterbildung. Voraussetzung ist die Absolvierung einer bestimmten Stundenzahl in Maßnahmen des LISUM. Geschult werden dort Grundmodule (z.B. Beratungstätigkeiten) und Erweiterungsmodule, in denen Themen wie Diskriminierung oder Demokratiebildung auftauchen. Die Verankerung der Themen Diskriminierung, Demokratiebildung und Diversity-Kompetenz in den Grundmodulen konnte bisher noch nicht realisiert werden. Das LISUM ist eine Bildungsinstitution, die sowohl für Berlin, als auch Brandenburg zuständig ist. Geplant und durchgeführt werden Fortbildungen für Schulleitungen und Funktionsstelleninhaber_innen. Einen guten Überblick über Fortbildungen für Lehrkräfte im Land Berlin bietet die Internetpräsenz „Regionale Fortbildungen“. Hier können sowohl verbundspezifisch als auch berlinweit Angebote anhand verschiedener Kategorien gesucht werden. https://www.fortbildung-regional.de/ Es besteht auch die Möglichkeit, als freier Träger oder Projekt ein Fortbildungsangebot einzustellen. 11 Zusammenfassung der Diskussion Die Fortbildungsangebote im Bereich Demokratiebildung sind trotz der verschiedenen Portale noch zu wenig sichtbar. Grundsätzlich sollte auch der Gewinn von Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte an Schulen insbesondere für Lehrkräfte noch deutlicher gemacht werden. Auch außerschulische Fortbildungsangebote sollten stärker in die Lehrer_innenfortbildung einbezogen werden z.B. über Kooperationsvereinbarungen von Schulen mit außerschulischen Partnern. Die Ganztagsschule könne dabei als Chance gesehen werden. Wichtig ist es alle Akteur_innen in Schulen einzubeziehen, nicht nur die Lehrkräfte. Gewünscht werden Kooperationskonferenzen sowie ein größeres Angebot über Dialogplattformen für pädagogische Fachkräfte und Eltern. Um die eigenen Standards der Demokratieförderung, der Antidiskriminierung und der Diversitykompetenz, sowie die Möglichkeit der Umsetzung von entsprechenden Maßnahmen an Schulen zu überprüfen, wird eine internationale Orientierung und ein Austausch mit anderen Staaten vorgeschlagen. Dies beinhaltet auch eine Auseinandersetzung mit anderen Schulsystemen und Ansätzen. Kritisiert wurden eine fehlende Datenerhebung zu schulischen Vorfällen von Diskriminierung im Land Berlin sowie ein fehlendes Monitoring auf Senatsebene. Es fehlt auch an einem Selbstverständnis der Schulen zur Wertebildung und einer entsprechenden Positionierung nach außen. Die Entwicklung von Grundhaltungen der Lehrkräfte ist eine ganz wichtige Voraussetzung für Demokratiebildung. Der unsichere Umgang mit Diskriminierung in der Schule und die fehlende Sensibilität für strukturelle Diskriminierung wurden als weitere Probleme benannt. Außerdem sollte das Thema: Intersektionalität mehr Beachtung finden (insbesondere in Bezug auf antimuslimischen Rassismus). Diskutiert wurde die Frage, wie die Verbindlichkeit der Fortbildungsangebote mit Diversity-Themen erhöht werden kann? Die Themen sind derzeit nur in Wahlmodulen zu belegen. Eine Etablierung der Themen in den Pflichtmodulen auf allen Ebenen der Ausbildungen wäre anzustreben, ebenso wie die Einbringung in die Schulberatungsebene. Neu ist ein Konzept, das vorsieht 6 Schulberater_innen pro Region zu Multiplikator_innen für Demokratiebildung auszubilden (SenBJW und DGD). Eine Möglichkeit, auch außerhalb der Rahmenlehrpläne zu agieren wird im Bereich der Qualitätssicherung gesehen. Der Katalog über Kriterien für guten Unterricht, Erziehung und Bildung („Handlungsrahmen Schulqualität“) wird von vielen Schulen fakultativ genutzt. Auch hier wäre eine Etablierung der Diversity-Themen außerhalb der Rahmenlehrpläne möglich. 12 Resümee Menschenrechts- und Diversitybezogene Themen sollten mehr Eingang in die Struktur der Fortbildungsangebote für pädagogische Fachkräfte an Schulen finden. Dafür muss mehr Verbindlichkeit hergestellt werden, um die Themen nachhaltiger zu etablieren. Gewünscht wird mehr Kooperation, sowohl zwischen Schulen und freien Trägern und Projekten, als auch zwischen allen beteiligten Akteur_innen innerhalb des Schulsystems. Wichtige Internetadressen Bildungsserver Berlin-Brandenburg https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/ Regionale Fortbildungen https://www.fortbildung-regional.de/ Landesinstitut für Schule und Medien Berlin –Brandenburg (LISUM) http://lisum.berlin-brandenburg.de/lisum/ Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg (SFBB) http://sfbb.berlin-brandenburg.de 13 Workshop 4: Gewaltprävention und Extremismusprävention an Berliner Schulen Moderation: Guido Oldenburg und Christopher Kieck (Violence Prevention Network) Den „roten“ Faden der Diskussionsrunde bilden 3 Leitfragen: • Wie gestaltet sich die alltägliche Arbeit im Bereich der Gewalt- und Extremismusprävention an Berliner Schulen? • Welchen Stellenwert nehmen die primäre und die sekundäre Extremismusprävention ein? • Vernetzung zwischen Jugendarbeit und Regelsystem – Welche Vernetzungsstrukturen gibt es bereits/ sind bereits bekannt? Zusammenfassung zur Leitfrage 1: Gewalt- und Extremismusprävention an Berliner Schulen • • • • • • • • • • • • • Berliner Netzwerk gegen Diskriminierung in Schulen und Kitas KIGA e.V. Zentrum für Demokratische Kultur Ufuq e.V. Violence Prevention Network (Crossroads) Anne Frank Zentrum Miphgasch e.V. ReachOut EXIT Deutschland Schule mit Courage/ Schule ohne Rassismus MBR Berlin Apabiz e.V SIBUZ Die Vernetzung der Trägervereine mit den Schulen bzw. die Bekanntmachung ihrer Angebote an Schulen ist nach Einschätzung der WS-Teilnehmenden nicht ausgereift. Die Auswahl der Angebote ist unübersichtlich, daraus folgt für die pädagogischen Fachkräfte ein hoher Arbeitsaufwand, mögliche passende Veranstaltungen zu finden und herauszufiltern. Folgende Lösungen wurden erarbeitet: • Auf mehr Informationsveranstaltungen über die bestehenden Angebote informieren. • Eine spezielle Homepage mit Netzwerkangeboten würde Übersichtlichkeit schaffen. • Referendar_innen sollten einbezogen werden zum Beispiel durch themenbezogene Universitätskurse, Fortbildungen oder schulpraktische Seminare im Bereich Gewaltprävention und Extremismusprävention. • Präventionsangebote und Informationen müssen auf verschiedenen Ebenen vermittelt werden für Schüler_innen, Lehrkräfte, Lehrkräfte in der Ausbildung, und Schulleitungen. In diesem Bereich besteht also ein Umsetzungsproblem, kein Erkenntnisproblem. Die bereits bestehenden Möglichkeiten werden bisher nicht genug genutzt. 14 Zusammenfassung zur Leitfrage 2 Stellenwert der primären und sekundären Extremismusprävention Zunächst zur Begriffsklärung: Primäre Extremismusprävention richtet sich an jeden Menschen im Vorfeld, bevor Probleme überhaupt auftreten können und wird zur Vorkehrung von Gewalt und Extremismus betrieben. Sekundäre Extremismusprävention richtet sich an einen evtl. betroffenen Personenkreis und ist dazu da bestehende Probleme aufzuklären oder möglichen kritischen Situationen vorzubeugen. Diskussionsergebnisse: Gewalt und Extremismus ist ein Tabuthema an Schulen insgesamt und unter den Kollege_innen. Probleme werden nicht thematisiert, denn die Schule ist auf ihren Ruf bedacht. Das Thema sollte jedoch mehr Eingang in den Schulen finden, um Gewalt und Extremismus im Vorhinein zu vermeiden. Primäre/ Sekundäre Extremismusprävention wird vielerorts nicht betrieben, sondern erst tertiäre Prävention, nachdem die Probleme bereits entstanden sind. Es muss dazu mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden, vor allem bei den Lehrkräften unter besondere Berücksichtigung der Definitionen und Begrifflichkeiten. Sinnvoll wären dazu strukturelle Veränderung an den Universitäten und die Verankerung in den Lehrplänen. Die Lehrkräfte an den Schulen müssen verstärkt sensibilisiert werden. Außerdem sollte langfristig mehr Diversität im Lehrkörper geschaffen werden. Notwendig sind Räume, um innerhalb des Lehrer_innenkollegiums über Probleme reden zu können. Bisher werden vorhandene Präventionsangebote auch deshalb noch zu wenig genutzt weil sie als nicht nachhaltig genug eingeschätzt werden und längerfristig keine Erfolge zeigten. Angebote müssten anders strukturiert werden und sollten als Schulprojekte die Schüler_innen längerfristig begleiten. Zusammenfassung zur Leitfrage 3 Vernetzung zwischen Jugendarbeit und Regelsystem Im Rahmen des Nachmittagsprogramms der Ganztagsschulen in Berlin bieten verschiedene Trägervereine Veranstaltungen zur Gewalt- und Extremismusprävention für Schüler_innen an. Die Veranstaltungen finden in der Regel nach dem Unterricht statt. Oft fehlt dann die Motivation zur Teilnahme bzw. die Aufmerksamkeit lässt am Ende des Schultages nach. Es wird eingeschätzt, dass die Träger_innen nicht gut vernetzt sind. Durch einen Mangel an Kommunikation gibt es Dopplungen in den Angeboten. Das führt dazu, dass sich Schüler_innen langweilen und wenig motiviert sind. Deshalb sollten die Schulleitungen die verschiedenen Angebote besser überblicken können und koordinieren. Dazu müssten die Angebote noch genauer auf die Bedarfe der Schulen abgestimmt werden. Vernetzungen zwischen Schulen und Trägervereinen sollten bezirklich verankert sein. Es sollte auch niedrigschwellige Angeboten geben. Generell müssen Lehrkräfte im Bereich Gewalt- und Extremismusprävention besser vorbereitet und ausgebildet werden. Es sollte ein Ziel sein, eine bessere Übersichtlichkeit und leichtere Zugänglichkeit der Angebote zu schaffen. Auch dadurch könnte eine bessere Sensibilisierung der Lehrkräfte an den Schulen erfolgen, die dringend notwendig ist. 15 Workshop 5: Berliner Aktivität zur Stärkung der Jugendpartizipation Moderation: Cassandra Ellerbe-Dück (Eine Welt der Vielfalt e.V) Folgende Fragen standen im Fokus: • Welche konkreten Ansätze und Erfahrungen gibt es bei der Förderung der Jugendpartizipation? • Wie kann die Jugendpartizipation durch die Vernetzung und den Austausch verschiedener Akteur_innen gestärkt werden? Vorstellung des Jugend-Demokratiefonds Berlin durch Wolfgang Witte und Roland Geiger Zusammenfassung der Diskussion Beim Jugend-Demokratiefonds Berlin können Jugendliche einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für ihre Projekte stellen. Dies können z.B. Vorhaben zur Umgestaltung eines Spielplatzes oder eine Tanzgruppe im Jugendclub sein. Über größere Antragssummen nach Zuwendungsrecht entscheidet eine Förderjury. Bei Anträgen bis max. 1.000 € entscheidet eine Jugendjury über Zu- oder Absage. Die Antragsteller_innen müssen zwischen 12 und 21 Jahren alt sein. Das zu fördernde Projekt sollte im besten Fall einen innovativen, modellhaften Charakter aufweisen. Durch diesen Prozess wird den Jugendlichen die Möglichkeit eröffnet, aktiv an demokratischen Prozessen teilzunehmen. Ihnen wird also ganz praktisch Partizipation ermöglicht. Es ist dabei wichtig den Wunsch der Kinder und Jugendlichen ernst zu nehmen, ohne vermeintlich pädagogisch vorgeschriebene Lernziele erreichen zu wollen. Die Jugendlichen bekommen in diesem Prozess, das Gefühl etwas bewirken zu können. Die Themen und die Umsetzung des jeweiligen Projektes werden von ihnen selbst gestaltet. Mit diesem Vorgehen wird den Kindern und Jugendlichen viel Vertrauen entgegengebracht. Dies bringt eine positive Selbstwirksamkeitserfahrung mit sich. Ein weiteres gutes Beispiel sind die U18 Wahlen. Dabei können Kinder und Jugendliche vor den tatsächlichen Wahlen ihre Stimmen abgeben. Im Vorfeld findet eine intensive Auseinandersetzung mit den Wahlprogrammen der Parteien statt. Es wird sich intensiv mit Politik auseinandergesetzt. Eine Frage stellt sich für die Mitarbeiter_innen des Demokratiefonds immer wieder – Wie erreichen wir Jugendliche, die von selbst nicht auf die Idee kommen, uns anzusprechen und sich hier zu beteiligen? Dazu müssen verschiedene Multiplikationswege genutzt werden. 16 Jugendarbeit kann nicht alle Probleme beseitigen. Rechtspopulismus wird oftmals durch das Gefühl der fehlenden Partizipationsmöglichkeit beeinflusst, durch die selbst gestalteten Projekte wird die Partizipation wieder gefördert und kann dieser Gesinnung entgegenwirken, übrigens unabhängig davon ob letztlich Gelder bezahlt werden. Es finden immer Lerneffekte bei den Antragssteller_innen und bei der Jugendjury statt. Interessant ist die Organisation der Bezirks-/Kiezübergreifenden Arbeit. Es gibt eine Internetplattform Jup!Berlin – https://jup.berlin, über die ein Austausch stattfinden kann. Redaktionell gestaltet wird diese Seite von einer Jugendredaktion. Außerdem können die Jugendlichen dort ihre Projekte veröffentlichen. Auf der Website Stark-Gemacht – www.stark-gemacht.de stellen die Kinder und Jugendlichen zum Abschluss ihre Projekte vor und sie dokumentieren unter anderem die einzelnen Jugendjurys in Berlin. 17 Workshop 6: Gut gemeint ist nicht gut gemacht – rassismuskritische Kriterien zur Erstellung von Bildungsmaterialien Moderation: Hajdi Barz (Initiative Romani), Susanne Harms (Verein BildungsBausteine e.V.) Im Mittelpunkt standen folgende Fragen: • Wie stellt sich Rassismus gegen Roma in Europa und in Deutschland dar? • Wie können Bildungsmaterialien gestaltet werden, um Rassismen nicht zu reproduziere? • Kleingruppenarbeit: Wie werden Materialien, die diese Zielsetzung explizit verfolgen, von den Teilnehmenden des Workshops eingeschätzt? Einführung in das Thema Rassismuskritische Bildungsarbeit zielt darauf, über Rassismen, Stereotypen und rassistische Narrationen aufzuklären, ohne diese zugleich selbst zu reproduzieren. Die Projekte „feministisches Archiv RomaniPhen“ und „Verknüpfungen – Antisemitismus in einer pluralen Gesellschaft“, die beide durch das Bundesprogramm „Demokratie Leben!“ gefördert werden befassen sich u.a. mit der Erstellung von rassismuskritischen Bildungsmaterialien. Das Projekt Romani Phen fokussiert dabei u.a. auf eine Aufklärung zum Rassismus gegenüber Sinti und Roma. Der Träger Bildungsbausteine e.V. befasst sich seit längerem mit der Erstellung von Materialien, die über Antisemitismus und Rassismus aufklären und für dessen Erscheinungsweisen sensibilisieren. Bei der Erstellung von rassismuskritischen Bildungsmaterialien ist ein Brückenschlag zwischen verschiedenen Anforderungen notwendig: Das Bildungsmaterial muss einerseits in der Praxis – im Schulalltag – leicht einsetzbar sein und Schüler zur Reflexion und Positionierung anregen. Zugleich sollte das Material komplexe und gesellschaftlich weitreichend verankerte rassistische, romafeindliche, antisemitische Vorurteile und Diskurse dekonstruieren. Dies erfordert oftmals einen Spagat zwischen Dekonstruktion und Reproduktion. Wie können Stereotype dekonstruiert und hinterfragt werden ohne Kinder- und Jugendliche überhaupt erst mit diesen Stereotypen konfrontieren. Was kann getan werden, um gegen Rassismus zu sensibilisieren, ohne neue rassistische – oder auch andere diskriminierende – Bilder zu vermitteln? Bevor die Teilnehmenden in die Kleingruppenarbeit eingestiegen sind, um eine Analyse von Bildungsmaterialien zu erproben, gab Haijdi Barz eine Einführung zum Gadjé Rassismus. 18 Rassismus gegen Sint*izza und Rrom*nja – Gadjé Rassismus Im Begriff des Gadjé Rassismus kommt ein Perspektivenwechsel auf den Rassismus gegen Sint*ezza und Romn*ja zum Ausdruck. Der Fokus wird auf diejenigen gerichtet von denen diese Form des Rassismus ausgeht: Gadjé = Nicht-Rom*nja/Nicht-Sinti*zza. Gadjé-Rassismus bezeichnet den strukturellen und interpersonellen Rassismus gegenüber Rom*nja und Sinti*zza seitens der Mehrheitsgesellschaft. Dieser Rassismus ist ein Problem mit einer jahrhundertelangen Geschichte, die von Verfolgung, Gewalt und systematischer Ausgrenzung geprägt ist. Er findet seine Legitimation in tradierten Vorurteilen, Stereotypen und Bildern (rassistisches Wissen) und äußert sich in einer Vielzahl diskriminierender und gewaltvoller Praktiken. Der Gadjé Rassismus und die Diskriminierung von Roma in Deutschland ist vielfältig, ebenso wie die Gruppe der in Deutschland lebenden Roma sehr heterogen ist. Trotz unterschiedlicher Lebenssituationen ist jedoch die Erfahrung von Diffamierung, Benachteiligung und auch Gefährdung der eigenen Unversehrtheit für die allermeisten aus eigener oder familiärer Erfahrung vertraut und elementar. Dies ist eines der wesentlichen Gründe dafür, warum sich eine große Anzahl von Roma in Deutschland nicht als solche outen. Damit bleibt jedoch ein wesentlicher Teil des alltäglichen Lebens und der Kultur von Roma als ein Bestandteil der Gesellschaft unsichtbar. Eine Konsequenz, die daraus resultiert ist ein Kulturverlust für Roma. Dies macht es für die Minderheit jedoch zugleich schwierig diese Situation der Benachteiligung zu thematisieren, dagegen anzugehen und sie zu überwinden. Sprache ist ein wesentliches Medium, durch das Vorurteile transportiert und reproduziert werden. Für eine gleichberechtigte Teilhabe ist es wichtig, dass marginalisierte Gruppen selbst zu Wort kommen, ihre Perspektive zur Sprache bringen können und erhört werden. Vor allem Roma sind aus der Diskursproduktion von Bildern über ihre Minderheit stark ausgegrenzt. In Mitbestimmungs- und gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen sind sie häufig ausgeschlossen. Dies spiegelt sich auch in Bildungsmaterialien wieder, die über den Rassismus gegen Sinti und Roma aufklären wollen. In der Bildungsarbeit ist die Relevanz eines Perspektivenwechsels – von dominanter zur marginalisierter Perspektive – nicht zu unterschätzen und für alle Beteiligten relevant. Er erlaubt es leichter zu verstehen, wie Verschwörungstheorien und Klischees wirken. Kleingruppenarbeit Die Teilnehmenden wurden gebeten sich in Kleingruppen jeweils mit Lehrmaterialien einer Gruppenarbeitseinheit auseinanderzusetzen, die darauf zielen für Antisemitismus zu sensibilisieren ohne Antisemitismus und Rassismen zu reproduzieren. Materialien der ersten Kleingruppe: Gruppenarbeit 1 „Antisemitismus hat viele Gesichter“ Umfang: eine Gruppe ab 14 Jahren | 60- 90 min | 8-30 Personen Aufgabe: Die Teilnehmer_innen erhalten ein Arbeitsblatt (A) in welchem Kategorien und Definitionen zum Antisemitismus stehen und ein weiteres Arbeitsblatt (B) mit rassistischen und menschenfeindlichen Zitaten. Diese sollen miteinander verglichen und einander zugeordnet werden. 19 Ziel: Junge Menschen sollen sensibilisiert und motiviert werden sich zu positionieren. „Ich kann darauf reagieren, ich sollte darauf reagieren“ Es wurde über die Problematik diskutiert, einerseits für rassistische Aussagen zu sensibilisieren und zugleich rassistische Zitate zu verwenden. Eine solche Übungseinheit kann nur durch eine starke erklärende Vermittlung der Pädagog_innen stattfinden, die diese Übung durchführen. Die Schüler_innen müssen wirklich verstehen, was an den beispielhaften Aussagen rassistisch ist. Gruppenarbeit 2 „Verschwörungstheorien selbst basteln“ Umfang: eine Gruppe ab 14 Jahren | 60-90 min | 8-30 Personen Aufgabe: Im ersten Schritt werden Verschwörungstheorien, die die Teilnehmer_innen kennen, ausgetauscht. Sie werden in Hinblick auf Ihre Bausteine analysiert. Im Anschluss sollen fiktive Verschwörungstheorien (ohne realen Bezug zu einer Gruppe) erfunden werden. Hilfsmittel: Bastelbogen (mit Bastelanleitung) Ziel: Hauptsächlich geht es darum, die Teilnehmer_innen zu sensibilisieren und ihnen zu vermitteln, wie Verschwörungstheorien aufgebaut sind und wie sie funktionieren. Durch das Erarbeiten der Aufgabe wird deutlich, dass derartige Theorien relativ einfach erfunden und auch widerlegt werden können. Das soll auch zeigen, wie leicht Menschengruppen zu Opfern von Verschwörungstheorien werden können. Es scheint jedoch kein Zufall zu sein, dass manche Gruppen mehr davon betroffen sind, andere weniger. Bei diesem Themenbereich ist es unabdingbar, Dominanz und Macht klar zu thematisieren und zu diskutieren um deutlich zu machen, dass es bestimmte und keine zufälligen Gruppen sind die durch Verschwörungstheorien diffamiert werden. Informationen zum feministischen Archiv Romani Phen finden sich unter: http://www.romnja-power.de/ Informationen zu „Bildungsbausteine gegen Antisemitismus“ finden sich unter: http://www.bildungsbausteine.org/home/ 20 Workshop 7: Diskriminierung sichtbar machen – Antidiskriminierungsberatung in Schule und Kita Moderation: Saraya Gomis (Antidiskriminierungsbeauftragte, Qualitäts- und Beschwerdemanagement der Senatsverwaltung, Bildung, Jugend und Wissenschaft) Im Workshop standen folgende Fragen im Fokus: • • • • Welche Angebote der Unterstützung und Beratung gibt es in Berlin? Wie kann Diskriminierung erkannt werden und was ist in dem Fall zu tun? Welche Maßnahmen sind notwendig, um Diskriminierung präventiv zu begegnen? Welche Angebote wären darüber hinaus notwendig? Diskriminierung an Schulen und Kitas kommt in vielfältigen Formen zum Ausdruck. Sie kann langfristige Folgen für die Bildungskarrieren von Betroffenen haben. Daher ist es umso wichtiger, gegen jeden einzelnen Fall von Ungleichbehandlung entschieden vorzugehen. Dafür braucht es professionelle Unterstützung. Vorstellung verschiedener Berliner Antidiskriminierungsprojekte KiDs – Kinder vor Diskriminierung schützen ist eine Initiative der Fachstelle Kinderwelten am Institut für den Situationsansatz (ISTA). Seit Oktober 2016 wird von ihr das Modellprojekt „Antidiskriminierung als aktiver Kinderschutz in der Kita“ durchgeführt. Ihr Ziel ist es, das Aktiv-Werden gegen Diskriminierung junger Kinder zu unterstützen und die Öffentlichkeit für das Thema zu sensibilisieren. Dafür ist KiDs in drei Arbeitsbereichen aktiv: 1.) mit einer Berliner Anlauf- und Beratungsstelle für Diskriminierungsfälle bei jungen Kindern; 2.) mit der Entwicklung von diskriminierungssensiblen Beschwerdeverfahren in 4 Berliner Modell Kitas; 3.) durch die Umsetzung von Kampagnen zur Sensibilisierung zum Diskriminierungsschutz von jungen Kindern. Gefördert wird KiDs durch das Bundesprogramm „Demokratie leben.“, des BMFSFJ. Ausführliche Informationen unter: http://www.situationsansatz.de/kids.html Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen (ADAS) ist ein von Life e.V. durchgeführtes und von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin gefördertes Modellprojekt (September 2015 - 2018) mit dem Ziel, einen Beitrag zu einer diskriminierungsfreien Schule zu leisten. Dies wird umgesetzt durch: 1.) die Erprobung einer Berlinweiten unabhängigen, schulspezifischen Anlauf- und Beschwerdestelle für Diskriminierungsfälle (ADAS); 2.) die Entwicklung und Erprobung eines schulinternen Beschwerdemanagements im Bezirk Neukölln; 3.) den Aufbau von Kooperations-Strukturen für Antidiskriminierung auf Landesebene; 4.) der Entwicklung von bildungspolitischen Handlungsempfehlungen zur Verbesserung des Diskriminierungsschutzes an Berliner Schulen 5.) durch eine Bestandserhebung, Dokumentation und Auswertung von Diskriminierungsfällen. Ausführliche Informationen unter: http://www.life-online.de/aktuelle_projekte/p_adas.html und http://adas-berlin.de/ 21 Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin (ADNB) ist ein 2003 gegründetes Projekt des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg e.V. (TBB), das durch das Berliner Landesprogramm gegen Rechtsextremismus gefördert wird. Das Netzwerk bietet eine Antidiskriminierungsberatung für People of Color und Menschen mit Migrationsgeschichte. Außerdem ist es in der Bildungsarbeit (Sensibilisierungs- und Empowermenttrainings) sowie in der Öffentlichkeits- und Vernetzungsarbeit aktiv. Informationen unter: http://www.adnb.de/de/ Initiative intersektionale Pädagogik (i-PÄD) wurde 2011 gegründet und ist seit 2014 ein Projekt des Migrationsrats Berlin-Brandenburg (MRBB). Gefördert wird es durch die SenBJW und die Initiative für Selbstbestimmung und sexuelle Vielfalt. Ziel der i-PÄD ist es, die Anerkennung der Komplexität von Identitäten in der Pädagogik zu fördern. Dafür bietet i-PÄD Fortbildungen und Workshops für Menschen in der Ausbildung oder Ausübung eines sozialen Berufs an, die unterschiedliche Diskriminierungsformen sichtbar machen und in deren Verlauf konkrete Handlungsstrategien gegen Diskriminierung herausgearbeitet werden sollen. Informationen unter: http://www.i-paed-berlin.de/ ReachOut ist eine Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Berlin. Das Projekt des ARIBA e.V. besteht seit 2001 und wird durch das Berliner Landesprogramm gegen Rechtsextremismus gefördert. Bei der Arbeit von ReachOut stehen die Situation und die Perspektive der Opfer rassistischer, rechter und antisemitischer Gewalt im Zentrum. Beratungsangebote gibt es zudem für Angehörige und Freund_innen der Opfer sowie für Zeug_innen eines Angriffs. Darüber hinaus bietet ReachOut ein antirassistisches und interkulturelles Bildungsprogramm an. Informationen unter: http://www.reachoutberlin.de/ Berliner Netzwerk gegen Diskriminierung in Schule und Kita (BeNeDiSK) In dem Netzwerk engagieren sich verschiedene Menschen aus Antidiskriminierungsorganisationen, der Elternselbsthilfe, freien Gruppen und Gremien (u.a. ReachOut, Amaro Foro, Black Diaspora School u.v.m.). BeNeDiSK setzt sich für den nachhaltigen Abbau von und den Schutz vor Diskriminierung in Schulen und Kitas ein. Ziel ist die Etablierung eines diskriminierungskritischen Bildungssystems. Um dies zu erreichen, fordert das Netzwerk die Einrichtung einer unabhängigen und weisungsungebundenen Informations- und Beschwerdestelle. Informationen unter: http://www.benedisk.de/ 22 Zusammenfassung der Diskussion Es wurde hervorgehoben, dass tragfähige Konzepte benötigt werden, die den Abbau von struktureller Diskriminierung in den Blick nehmen. Dafür sei es wichtig, auf die vorhandene Expertise aus der Praxis zurückzugreifen. Vorgeschlagen wurde eine konkrete rechtliche Verankerung des Diskriminierungsschutzes an Kita und Schule und dessen regelmäßige Kontrolle. Gefordert wurde die Einrichtung einer institutionalisierten, öffentlichen Beschwerdestelle. In diesem Zusammenhang müssten auch genaue Diskriminierungsdefinitionen festgelegt werden. Die umfassende valide Dokumentation von Diskriminierungsfällen und eine qualitative Forschung wäre für die weitere Arbeit eine wichtige Unterstützung. Daneben steht der regelmäßige Austausch, über die Probleme und Chancen der AD-Arbeit im Handlungsfeld und dem Sozialraum Schule. Hilfreich wäre auch eine Förderung der Vernetzung von Akteur_innen, die sich innerhalb ihrer Schule für AD-Themen einsetzen. Besonders in den Blick genommen werden muss die Schulleitung. Beschwerdeverfahren versanden öfter, auch weil sich die Leitungsebene schützend vor diskriminierende Lehrkräfte stellt. Vor allem der mangelnden Professionalisierung von Lehrkräften (bspw. zu Berufsethos, Lernpsychologie, Adultismus u.v.m.) sollte weiter entgegengewirkt werden. Es müssen die strukturellen Möglichkeiten für Lehrende geschaffen werden, sich eingehend mit Antidiskriminierungs-Themen beschäftigen, sich dazu fortzubilden und wirksam als Multiplikator_innen fungieren zu können. Dazu sind Freiräume nötig. Ein großes Problem in der Schulpraxis stellen segregierte Klassen („arabische“, „türkische“ usw.) dar. Inhaltlich bestehen die größten Defizite im Handlungsfeld in der weitgehend fehlenden Auseinandersetzung mit intersektionaler Diskriminierung. Antidiskriminierungs-Themen müssen zu einem wichtigen Maßstab bei Qualitätschecks und Schulinspektionen entwickelt werden. Dazu ist es notwendig entsprechende Standards zu definieren und konkret festzuschreiben. Für die Anregung der praktischen Umsetzung sollten noch mehr positive Beispiele (Best Practice) aus dem Handlungsfeld Schule veröffentlicht werden. 23 Workshop 8: Vielfalt gerecht werden – Diversitätsorientierte Organisationsentwicklung in Schule, Kita, Kinder- und Jugendarbeit Moderation: Dr. Andrés Nader (RAA Berlin), Miriam Camara (AKOMA Bildung & Kultur) Im Workshop wurden folgende Fragen beantwortet: • • • • Was unterscheidet „diversitätsorientiert“ von „interkulturell“? Welche Rolle spielt „Organisationsentwicklung“ in der langfristigen Verbesserung von Strukturen? Wie entwickelt sich eine „lernende“ Organisation weiter? Und was hat all das mit Demokratiebildung zu tun? Einleitende Informationen zum Workshop In diesem Workshop wird ein ganzheitlicher, diskriminierungskritischer Ansatz der diversitätsorientierten Organisationsentwicklung präsentiert. Eine Publikation zu diesem Ansatz wird voraussichtlich im Frühjahr 2017 herausgegeben. Eine Organisationsentwicklung zur Förderung von Vielfalt kann auf mehreren Ebenen geschehen. Vorgestellt wurde ein Ansatz der diversitätsorientierten Organisationsentwicklung, der sechs verschiedene Kriterien enthält: 1. Organisationskultur (Umgang mit Unterschieden, Fehlern und Konflikten) 2. Diversitätsorientierte Personalauswahlprozesse 3. Diskriminierungskritische Wort- und Bildsprache 4. Barrierefreie/-arme Ressourcen und Rahmenbedingungen 5. Wertschätzung und Nutzung von kritischem Wissen und diversen Wissensquellen 6. Einbeziehung von diversen Perspektiven in allen Phasen der Projektentwicklung Diversitätsorientierte Organisationsentwicklung muss als längerer Prozess angesehen werden, der Schritt für Schritt erfolgt. Dazu gehören u.a.: • Bedarf- und Zielklärung, • Bestandsanalyse, • Definition von Maßnahmen, • Umsetzung von Maßnahmen und die Überprüfung der Umsetzung. Damit wird ein Kreislauf eingeleitet, der sich selbst immer wieder überprüft. Nach der Vorstellung des Ansatzes der diversitätsorientierten Organisationsentwicklung sollen Handlungsansätze für die Entwicklung der eigenen Organisation im Austausch und Diskussion entwickelt werden. In Kleingruppen beschäftigen sich die Teilnehmer_innen mit einem Kriterium, dass für sie zur Zeit besonders hohe Relevanz hat. 24 Zusammenfassung der Diskussionen Eine diversitätsorientierte Organisationskultur steht und fällt mit der sozialen Begegnung. Sich gemeinsam der Entwicklung zu widmen, viel zu kommunizieren und sich dabei gegenseitig zu stärken werden als sehr wichtige Punkte erachtet. Kultur bedeute auch, dass es gewisse Vereinbarungen geben muss, die gemeinsam entschieden werden, wie zum Beispiel die gemeinsame Entwicklung des Umgangs mit Fehlern. Ideal sei auch Transparenz und Offenheit für Neues, Veränderung und Weiterentwicklung. Mögliche Verfahrensweisen im Sinne einer diskriminierungskritischen Wort- und Bildsprache werden in der Nutzung von gendersensibler Sprache und in der bedachten Ansprache von Personen gesehen. Wichtig sei vor allem, eine Sensibilität für die Nutzung von Wort- und Bildsprache zu entwickeln. Sprache ist nicht statisch und sollte als Prozess angesehen werden. Ein steter Austausch über die Verwendung von bestimmten Begriffen oder Bildern ist dazu notwendig. Es wird zur Berücksichtigung von selbstgewählten Begriffen geraten. Die Teilnehmenden nennen verschiedene Fragen, die man sich im Zusammenhang mit Wissen und vor allem Wissensquellen stellen könnte: Auf welchen Referenzrahmen beziehen wir uns eigentlich? Wo kommt dieser her? Und andersherum gefragt: Welche Perspektiven fehlen uns eigentlich? Wie kann ich mir alternative und diverse Wissensbestände erschließen? Als ausschlaggebend wird der aktive Umgang mit der Einholung diverser Perspektiven benannt. Außerdem wird der Vorschlag gemacht, (Fach)Literatur regelmäßig zu überprüfen und auch hier auf möglichst verschiedene Quellen zurückzugreifen. Innerhalb der Organisation könne es helfen, Mitarbeiter_innen zu ermutigen, eigene (abweichende) Positionen zu äußern. Förderlich sei eine generelle Offenheit auch dafür, mal irritiert zu werden. Für die Einbeziehung von diversen Perspektiven in allen Phasen der Projektentwicklung spielt deren aktive Einholung eine große Rolle. Die Gefahr wird von den Teilnehmenden darin gesehen, die Grenzen dieses sehr umfassenden Anspruchs, nicht fassen zu können. Vorgeschlagen wird, die Entwicklung der Organisation als langwierigen Prozess zu akzeptieren und entsprechend klein anzufangen, um später nachsteuern zu können. Die Kommunikation über die kurz- und längerfristige Realisierbarkeit sei ein guter Ansatzpunkt, ebenso wie die Unterstützung durch die Leitung. Generell wird eine Art diversitätsorientiertes Mainstreaming als sinnvoll angesehen und empfohlen, externe Personen zur Unterstützung hinzuzuziehen. Resümee Der vorgestellte Ansatz der diversitätsorientierten Organisationsentwicklung wurde positiv aufgenommen. Konsens war, dass die Umsetzung der Kriterien Geduld erfordert und die Entwicklung der Organisation als langwieriger Prozess angesehen werden sollte. Voraussetzung für eine praktische Umsetzung ist eine generelle Offenheit für neue Perspektiven. 25 Workshop 9: Vorurteilen begegnen – Flucht als Thema der Präventionsarbeit Moderation: Mohamed Abdou und Verena Deventer (Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e.V.) Im Mittelpunkt standen folgende Fragen: • Was bedeutet Zusammenhalt und Respekt in einer Gesellschaft, die Flüchtlinge aufnimmt? • Welche Erfahrungen haben Teilnehmende mit Situationen im Kontext Fliehen und Ankommen? • Wie gehen wir mit den Menschen um, die zu uns fliehen? Das Projekt 7xjung Gesicht zeigen! ist ein eingetragener Verein und beschäftigt sich hauptsächlich mit dem Thema Demokratieförderung. 7xjung ist der Lernort von Gesicht Zeigen! für Jugendliche und befindet sich in den S-Bahnbögen des S-Bahnhofes Bellevue in Berlin. Dort werden 7 Themenwelten mit Lebensweltbezug von Jugendlichen abgebildet, wie zum Beispiel eine Disko oder ein Sportplatz. Diese Räume dienen als Verbindung zwischen politischer Bildungsarbeit und Kunst, die Jugendliche erreicht. Es werden unter anderem Erfahrungen von Ausgrenzung, Antisemitismus und Diskriminierung behandelt. Der Lernort besteht seit 2010 und bis Ende Januar 2018 und wird durch die LOTTO-Stiftung Berlin finanziert. Weitere Informationen unter: www.7xjung.de Gruppenarbeit 1 „Unterschied Flucht und Migration“ Die Teilnehmenden haben sich in 2 Gruppen geteilt. Eine Gruppe sammelt Schlagwörter zum Thema Migration und die andere zum Thema Flucht. Ergebnis: Viele Schlagwörter überschneiden sich, aber die Frage der Freiwilligkeit bildet den größten Unterschied zwischen Flucht und Migration. Flüchten muss eine betroffene Person, wenn sie zum Beispiel in einem Kriegsgebiet um ihr Leben fürchten muss. Migrieren kann eine betroffene Person und erhofft sich durch diesen Schritt eventuell einen besseren Lebensstandard. Die Motivation der Bewegung macht den Unterschied aus. Gruppenarbeit 2 „Pro/Contra Flucht“ Eine Person nimmt die Rolle eines geflüchteten Menschen wahr und der Rest der Gruppe ist in pro und contra Flucht geteilt. Im weiteren Verlauf versuchen die Gruppen die besagte Person von der Flucht zu überzeugen oder sprechen dagegen. Ergebnis: Gefühle der Ohnmacht, Machtlosigkeit und vor allem Hilflosigkeit setzten sich bei der Person, die vermeintlich zwischen Flucht oder Bleiben entscheiden musste, durch. Es war für sie keine leichte Entscheidung! 26 Gruppenarbeit 3 „Taschen packen“ Wieder in 2 Gruppen geteilt, werden 18 verschiedene Karten ausgelegt, auf denen essentielle Sachen, die man für das (Über)Leben braucht, abgebildet sind. Diese sollen im 1. Schritt auf 6 und im 2. Schritt auf 3 Sachen reduziert werden. Ergebnis: Bei einer tatsächlichen Fluchtsituation kann nicht viel mitgenommen werden und es ist auch nicht viel Zeit, um Prioritäten zu setzen, was mitgenommen werden kann. Input: „Vorurteile“ Vorurteile sind von außen vorgeformte Informationen, die entstehen, bevor eine Überprüfung stattfinden konnte. Oft wird die Meinung anderer übernommen. Vorurteile sind ein normales Phänomen des Gehirns zum Selbstschutz und zur leichteren Verarbeitung von Informationen. Das Gehirn vermeidet demnach komplexe Prozesse und versucht ein einheitliches Bild, der zu verarbeitenden Informationen zu schaffen. Auf Grund dieses Prozesses werden alle Informationen kategorisiert und daraus entsteht das „Schubladendenken“. Gruppenarbeit 4 „Ja/Nein-Spiel“ Vorurteilskritische Fragen werden in die Runde geworfen und mit dem Hochzeigen der Karte „Ja“ oder der Karte „Nein“ beantwortet. Außerdem gibt es einen Joker, der gezogen wird, um auf Vorurteile in der Frage oder Antwort hinzuweisen. Ergebnis: Mit diesem Spiel wurden gute Erfahrungen im Bereich Jugendarbeit gemacht. Die Jugendlichen sind motiviert mitzuspielen und werden spielerisch zum Nachdenken angeregt. Bei dem Spiel geht es nicht so sehr um den Inhalt der Fragen, sondern vielmehr darum eine Auseinandersetzung und Diskussion mit kritischen Themen anzuregen. Fazit Die vier vorgestellten Gruppenarbeiten werden auch mit Jugendlichen verschiedener Altersklassen (ab der 5. Kl.) in den Themenwelten von 7xjung durchgeführt und sollen ihnen Flucht als Thema der Präventionsarbeit näher bringen. Vorurteilen muss am besten begegnet werden, bevor sie entstehen. 27 Impressum Herausgeberin: Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung, LADS Salzburger Straße 21-25, 10826 Berlin Bis 2016 war die LADS bei der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen angesiedelt. Gefördert vom im Rahmen des Bundesprogramms V.i.S.d.P: Pressestelle der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Bildnachweis für alle Fotos: LADS Redaktion: Birgitt Wählisch Gestaltung: Anke Treichel Berlin, 2017 Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des Landes Berlin. Sie ist nicht zum Verkauf bestimmt und darf nicht zu Werbezwecken für politische Parteien verwendet werden. Sie kann kostenlos als pdf-Datei über http://www.berlin.de/sen/lads/schwerpunkte/rechtsextremismus-rassismusantisemitismus/landesdemokratiezentrum/ bezogen werden. 28

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