free access title sign
rights reserved icon
  • Facebook Icon
  • Twitter Icon

Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen / Bölting, Torsten (Rights reserved)

Bibliographic data

Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen

Description

Author:
Bölting, Torsten
Niemann-Delius, Valerie
Title:
Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen : zwischen Irrationalität und Professionalisierung / Torsten Bölting, Valerie Niemann-Delius
Publication:
Düsseldorf: Forschungsinstitut für Gesellschaftliche Weiterentwicklung, Dezember 2019
Language:
German
Scope:
1 Online-Ressource (60 Seiten)
Series:
FGW-Studie Integrierende Stadtentwicklung ; 19
Urban Studies:
Kws 515 Wohnen: Wohnungsmarkt
DDC Group:
330 Wirtschaft
URN:
urn:nbn:de:kobv:109-1-15404837
Copyright:
Rights reserved
Accessibility:
Free Access
Collection:
Housing

Contents

Table of contents

  • Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen / Bölting, Torsten (Rights reserved)

Full text

FGW-Studie Integrierende Stadtentwicklung 19 Heike Herrmann, Jan Üblacker (Hrsg.) Torsten Bölting, Valerie Niemann-Delius Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung (e.V.i.L.) Kronenstraße 62 40217 Düsseldorf Telefon: 0211 99450080 E-Mail: info@fgw-nrw.de www.fgw-nrw.de Liquidator_innen (vormals geschäftsführender Vorstand) Prof. Dr. Ute Klammer, Prof. Dr. Dirk Messner Themenbereich Integrierende Stadtentwicklung Prof. Dr. Heike Herrmann, Themenbereichsleitung Dr. Jan Üblacker, wissenschaftlicher Referent Layout Olivia Pahl, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit Förderung Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen ISSN 2512-4749 Erscheinungsdatum Düsseldorf, Dezember 2019 Torsten Bölting, Valerie Niemann-Delius Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Auf einen Blick ▪ Der deutsche Mietwohnungsmarkt ist durch unterschiedliche Eigentümergruppen geprägt. Private Bestandshalter_innen sind eine bedeutende, doch diverse und hinsichtlich ihrer Strategie bislang schwer zu charakterisierende Eigentümergruppe. ▪ Die Dynamik der Wohnimmobilienmärkte wird von privaten Bestandshalter_innen offenbar weder preistreibend noch besonders preisdämpfend beeinflusst. ▪ Für private Bestandshalter_innen sind die Sicherheit des eigenen Vermögens, die Berücksichtigung persönlicher Lebensumstände und Ressourcen sowie (auch) Gewinnerwartungen maßgebliche intrinsische Faktoren für ihre Investitions- und Bewirtschaftungsstrategie. Rechtliche Rahmenbedingungen sowie Markt- und Standortbedingungen werden als externe Faktoren benannt. ▪ Die Strategien privater Bestandshalter_innen sind wohnungswirtschaftlich geprägt, orientieren sich jedoch stärker an der individuellen Lebensrealität. Die Rationalität von Entscheidungen wird somit häufig erst bei einem Perspektivwechsel deutlich. ▪ Der Zugang zu privaten Bestandshalter_innen ist sowohl auf wissenschaftlicher als auch auf operativer Ebene schwierig. i ii Abstracts Motive und Strategien privater Bestandshalter_innen am Wohnungsmarkt Die vorliegende Studie setzt sich mit den Motiven, strategischen Ansätzen und konkreten Handlungsweisen privater Bestandshalter_innen von Wohnimmobilien auseinander. Diese Gruppe steht für knapp 60 Prozent des vorhandenen Mietwohnungsbestands gerade und ist somit insgesamt ein wesentlicher „Akteur“ auch vor dem Hintergrun der vielfach diskutierten Wohnungsknappheit in Deutschland. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Gruppe enorm heterogen ist und somit eine gemeinsame strategische Verortung schwerfällt. Die Studie versucht, nach einer quantitativen Einordnung des Phänomens „private Bestandshalter_innen“ mit einem qualitativen Ansatz die Motive und Strategien für das immobilienbezogene Handeln in der Gruppe zu identizieren und zu operationalisieren. Wesentliche Motive für die befragten Personen lagen z.B. in der Sicherung des Anlagevermögens wie auch in persönlichen Bindungen an die Mietwohnungsobjekte. Gleichzeitig stellten die privaten Bestandshalter_innen sich als durchaus marktorientiert heraus, wobei jedoch in bestehenden Mietverhältnissen eine signifikante Zurückhaltung in Bezug auf Preisanpassungen spürbar ist. General concepts and strategies in housing development of private landlords This paper focusses on motives and strategies as well as the typical behavior of private landlords in urban housing areas. In total, this group represents about 60 percent of all rented apartments in Germany. In terms of housing shortage and rising prices in several regional housing markets even this group of real estate owners is increasingly spotlightet by housing experts as well as public discussions. Nonetheless it occurs, that this supposed uniform group ist not realy homogenous at all. According to this setting we tried to scale the diverse group of private housing-landlords by a qualitative analysis concept. Within semi-structured guided interviews we asked them about their motives, their strategic approach to housing development and typical schemes of action in housing business. The outcome indicates that private housing landlords strongly aim at the safety of their investment and act because of personal ties to the object or the neighborhood. Apart from that they in fact do follow general market activities when calculating new pricings in case of new tenancy agreements. On the other hand they act restainedly on increasing rents within existing agreements. iii iv Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Inhalt Abbildungsverzeichnis .........................................................................................................3 Tabellenverzeichnis ..........................................................................................................3 Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................3 1 Einleitung 2 Private Bestandshalter_innen auf dem Wohnungsmarkt ..........................................8 2.1 ..........................................................................................................5 Forschungsstand, Definition und räumliche Verteilung ................................ 8 2.1.1 Charakterisierung privater Bestandshalter_innen in Deutschland ........... 8 2.1.2 Eigentümerstruktur und räumliche Verteilung ....................................... 10 2.2 3 Eigentümerstruktur und Marktdynamik ..................................................... 15 Investitions- und Bewirtschaftungsverhalten privater Bestandshalter_innen........... 23 3.1 Bestandsmanagement, Bewirtschaftungsstrategie und Anlageverhalten in der Immobilienwirtschaft ........................................................................ 23 3.2 Methodik: Interviews mit privaten Bestandshalter_innen ......................... 28 3.3 Motive für die Investition und Bewirtschaftung von Mietobjekten ........... 30 3.4 Einflussfaktoren für Bewirtschaftung und Investitionen ............................ 32 3.4.1 Markt- und Standortbedingungen .......................................................... 33 3.4.2 Rechtliche Rahmenbedingungen ............................................................ 34 3.4.3 Persönliche Bindung ................................................................................ 35 3.4.4 Persönliche Ressourcen........................................................................... 37 3.5 4 Handlungsansätze der privaten Vermieter_innen bei Anlage, Bewirtschaftung und Investitionen ......................................................... 38 Fazit: Private Vermieter_innen zwischen Irrationalität und Professionalisierung ..... 41 4.1 Privateigentum als Mietpreisbremse? ........................................................ 42 4.2 Motive und Strategien privater Bestandshalter_innen .............................. 43 4.3 Komplexer Zugang zu privaten Bestandshalter_innen und weiterer Forschungsbedarf .................................................................................... 46 Literatur ........................................................................................................ 49 Autor_innen ........................................................................................................ 52 1 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung 2 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Eigentümerstruktur von Wohnimmobilien in Deutschland..................................... 8 Abbildung 2: Anteil privater Bestandshalter_innen im Mietwohnungsbestand 2011 ............... 14 Abbildung 3: Anbietergruppen bei Angebotsinseraten unterhalb der Durchschnittsmiete 2015 (Großstädte in NRW, nach IW Köln) ...................................................................... 16 Abbildung 4: Durchschnittliche Angebotspreise am Mietwohnungsmarkt 2018 ....................... 18 Abbildung 5: Durchschnittliche Dynamik am Mietwohnungsmarkt in den Jahren 2009 - 2018 19 Abbildung 6: Gegenüberstellung vom Anteil privater Bestandshalter_innen 2011 und durchschnittlicher Dynamik in den Jahren 2009 - 2018 am Mietwohnungsmarkt 20 Abbildung 7: Investitionsziele in den zeitlichen Phasen einer Immobilieninvestition ................ 24 Abbildung 8: Motive privater Bestandshalter_innen (Übersicht) ............................................... 30 Abbildung 9: Äußere und innere Einflussfaktoren für das Investitions- und Bewirtschaftungsverhalten privater Bestandshalter_innen (Übersicht)............... 33 Abbildung 10: Anlage, Bewirtschaftungs- / Investitionsverhalten privater Vermieter_innen ... 39 Abbildung 11: Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Bestandshalter_innen ... 45 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Anzahl der Mietwohnungen im Eigentum der Privateigentümer_innen ................... 10 Tabelle 2: Bivariate Korrelation: Marktdynamik und Privateigentum ........................................ 20 Tabelle 3: Koeffizienten - Regressionsanalyse ............................................................................ 21 Tabelle 4: Investitions- und Bewirtschaftungsaspekte der BBSR-Studie .................................... 25 Tabelle 5: Angebotspreise als Orientierungswerte für Gebietsauswahl..................................... 28 Tabelle 6: Aufbau des Interviewleitfadens.................................................................................. 29 Tabelle 7: Übersicht über die Interviewpartner_innen (anonymisiert) ...................................... 29 Abkürzungsverzeichnis AK OGA Arbeitskreis der Oberen Gutachterausschüsse BBR Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung 3 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung B.B.S.M. Brandenburgische Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung BBSR Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung BMI Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat BMVBS Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung IWU Institut Wohnen und Umwelt GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung IfS Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik IS24 ImmobilienScout24 MFH Mehrfamilienhaus MW Mietwohnung SOEP Sozio-Ökonomisches Panel WE Wohneinheit WEG Wohneigentumsgemeinschaft Im Text wird auf eine genderkorrekte Schreibweise geachtet. In der Regel werden geschlechtsneutrale Formulierungen verwendet oder, wenn sich dies nicht vermeiden lässt, mithilfe des Gender-Gap („Teilnehmer_innen“) gekennzeichnet, dass die jeweilige Aussage sich nicht auf ein spezielles Geschlecht bezieht. Bei eindeutig auf einen geschlechtslosen Akteur bezogenen Begriffen (juristischen Personen, vgl. „professionell gewerbliche Anbieter“) wird auf das Gender-Gap verzichtet, da hierdurch der Lesefluss ansonsten erheblich eingeschränkt würde. Im Unterschied dazu wird der Gender-Gap bei „privaten Bestandshalter_innen“ als wesentlichem Untersuchungsgegenstand beibehalten, da es sich hierbei in der Regel um natürliche Personen (oder ggf. Gruppen von natürlichen Personen., z.B. bei Erbengemeinschaften) handelt. Formulierungen, die sich nicht auf Personen, sondern Haushalte beziehen, werden gemäß dem sprachlichen Genus von „Haushalt“ behandelt („Selbstnutzer“). 4 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung 1 Einleitung In Deutschland tobt seit einigen Jahren und mit sich verschärfender Tendenz eine neue Debatte ums Wohnen. Die „Wohnungsnot“, so wie sie viele Jahrzehnte nach dem zweiten Weltkrieg infolge der Kriegszerstörungen, einer wachsenden Bevölkerung mit steigenden Haushaltszahlen die Wohnungspolitik bestimmte, galt zwar spätestens in den 2000er Jahren als besiegt (vgl. Kühne-Büning et al. 2005, S. 114). Trotz aller Bemühungen um eine Erhöhung der Eigentümerquote, nicht zuletzt, um Haushalte vor späteren Preissteigerungen zu schützen (vgl. OrtaloMagné/Rady 2002), blieb Deutschland „Mieterland“: die Eigentümerquote in Deutschland liegt in den vergangenen Jahren stabil bei etwa 45 Prozent (vgl. AK OGA 2017: 27). Damit wird deutlich, welche wichtige Rolle den Eigentümern im Mietwohnungsbestand zukommt. Sie beeinflussen durch ihre strategischen Überlegungen für einen großen Teil des verfügbaren Wohnungsbestands nicht nur den Preis, der für die Mietsache entrichtet werden muss, sondern nehmen über Modernisierung, Instandhaltungsanstrengungen und nicht zuletzt die Auswahl von Mieter_innen maßgeblich Einfluss auf die Gestalt unserer Städte genauso wie auf soziodemografische und -ökonomische Entwicklungen, wie z.B. die Gentrifizierung. Nachdem nicht zuletzt die unternehmerische Wohnungswirtschaft durch erhebliche Bauleistungen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit dazu beigetragen hatte, allmählich eine quantitativ auskömmliche Versorgung mit Wohnraum zu erreichen, sah die unternehmerische Wohnungswirtschaft sich zunehmend mit neuen Herausforderungen konfrontiert, wie etwa dem demografischen Wandel, dem Wandel von Wohnwünschen und der Digitalisierung (vgl. Gondring 2012, S. 20; Bölting et al. 2016, S. 56). Doch seit einigen Jahren und mit einer verstärkten Dynamik bestimmen (Schreckens-) Meldungen über erhebliche Preissteigerungen und die Knappheit von Wohnraum insbesondere in wachsenden Großstädten nicht mehr nur Fachpublikationen, sondern sind Teil des Mainstreams geworden. Die Wohnungsnot ist zurück. Hektisch werden fast im Wochentakt zahllose Analysen zu Preisentwicklungen aus unterschiedlichsten Perspektiven auf den Markt gebracht. Die gängigen Preisindizes verschiedener Institute zeigen seit Jahren steil nach oben. Öffentlich initiierte Bündnisse und Kommissionen (vgl. etwa „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ des BMI) und diverse wissenschaftliche Einrichtungen und Beratungsunternehmen suchen im Auftrag von Kommunen, Ministerien und Stiftungen nach Möglichkeiten, den offenkundigen Engpässen zu begegnen. Nicht erst im Zuge der öffentlichen Debatte um die Begrenzung von Mietpreisanstiegen in Berlin sind auch einzelne Anbietergruppen in das Zentrum der Diskussion geraten. Aktuelle Forderungen in öffentlichen Diskussionen nehmen auch Bezug auf konkrete Anbieter(gruppen), wie etwa die bisher sicher weitreichendste Forderung nach der Enteignung von Wohnungsunternehmen bzw. der Vergesellschaftung von Teilen des Wohnungsbestands mit dem Ziel, die Mietpreissteigerungen zu begrenzen (vgl. Website dwenteignen.de 2019). 5 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Michael Voitgländer und Pekka Sagner vom Institut der Deutschen Wirtschaft haben die Diskussion um Enteignungen zum Anlass genommen, konkreter auf die Anbieterstruktur zu schauen (vgl. Voigtländer/Sagner 2019, S. 12ff.). Sind wirklich die privaten Wohnungsbaugesellschaften die „Übeltäter“ am Markt? Mithilfe von Daten des SOEP konnten sie zeigen, dass jedenfalls in Großstäten offenbar Preissteigerungen in ähnlicher Weise auch von privaten Bestandshalter_innen umgesetzt wurden. Trotz methodischer Schwächen in der Datengrundlage, die von den Autoren benannt werden,1 zeigt die Auswertung doch mindestens, dass eine eindeutige Zuweisung der „Schuld“ an den Preiserhöhungen auf private Wohnungsunternehmen nicht zu begründen ist. Anders gesagt: Von den privaten Bestandshalter_innen allein geht eine eindeutig preisdämpfende Wirkung offenbar nicht aus – vielmehr lassen sich diesbezüglich Genossenschaften und auch kommunale Wohnungsunternehmen als diejenigen identifizieren, die tendenziell hinter der Preisentwicklung zurückbleiben. Von den 21,2 Millionen Mietwohnungen in Deutschland (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2011) werden rund 60 Prozent von etwa 3,9 Millionen privaten Eigentümer_innen vermietet (vgl. Voigtländer/Seipelt 2017, S. 4; Just et al. 2017, S. 9). Während jedoch über verschiedene Eigentümertypen bereits Studien vorliegen und Befunde aus dem internationalen Raum herangezogen werden können (vgl. u.a. Holm 2010; BBSR 2015a; b; Heeg 2017; Uffer 2014), ist der Kenntnisstand zum Investitions- und Bewirtschaftungsverhalten privater Bestandshalter_innen vergleichsweise überschaubar (vgl. Voigtländer/Seipelt 2017, S. 5). Aufgrund ihrer Heterogenität und aus Mangel an einem zentralen Verzeichnis sind ausführliche Studien zu dieser Gruppe selten. Doch genau dieser Gruppe von privaten Bestandshalter_innen kommt in den Augen vieler Marktbeobachter eine Schlüsselrolle zu, wenn es z.B. um die Begrenzung von Preiserhöhungen geht. Dies liegt nicht nur an der Menge an Wohnungen, für die sie stehen (s.o.), sondern auch darin, dass sie als grundsätzlich „seriös“ im Sinne von „gut“ gelten. In einem Streitgespräch, das der Berliner Tagesspiegel Ende 2017 zwischen dem damaligen Direktor und heutigen Präsidenten des Deutschen Mieterbundes e.V., Lukas Siebenkotten, und dem amtierenden Präsidenten des größten Verbandes für Kleineigentümer, Haus & Grund Deutschland e.V., Dr. Kai H. Warnecke, moderierte, wird dies deutlich: Auf die Eingangsfrage des Journalisten, ob denn die Hauseigentümer „kein Mitgefühl“ hätten (tagesspiegel.de, 20.11.2017)2, entgegnete Warnecke: „Bei allem Verständnis für Kritik an den rauen Sitten auf dem Markt und daran, wie Investoren mit Mietern umspringen: Zwei Drittel der Mietwohnungen bieten unsere Privaten Eigentümer an, und die sind seriös“ (ebd.). Diese Aussage blieb seitens des Mieterbund-Direktors im Grunde unwidersprochen; er wies im wei- Voigtländer und Pekka erläutern, dass die Auswertung von SOEP-Daten in diesem Zusammenhang durchaus mit methodischen Einschränkungen verbunden ist. Zum einen wichen die entsprechenden Fragestellungen in der PanelErhebung in den Jahren 2014 und 2015 deutlich von denen anderer Jahre ab. Zum anderen werden im SOEP lediglich Medianmieten dargestellt – d.h. eine weitere Differenzierung z.B. nach Lagequalitäten usw. ist nicht möglich (vgl. Voigtländer/Sagner 2019, S. 12). 1 6 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung teren Gespräch gemeinsam mit Warnecke vielmehr auf die unterschiedlichen Vorgehensweisen innerhalb aller Anbietergruppen hin. Damit stellen sich mehrere Fragen, die Grundlage für diese Forschungsarbeit waren: – Wenn private Bestandshalter_innen als zurückhaltend in Bezug auf die Dynamik der Märkte gelten: Lässt sich diese implizierte Zurückhaltung anhand von regionalen Eigentümeranteilen und Marktentwicklungen nachvollziehen? – Welche Motive leiten private Bestandshalter_innen bei der Investition und Bewirtschaftung ihrer Bestände? Welche Faktoren sind für sie handlungsleitend? – Wie wählen private Bestandshalter_innen ihre Mieter_innen aus und welche Beziehung pflegen sie zu ihnen? – Wie beurteilen private Bestandshalter_innen stadtentwicklungspolitische Instrumente und Förderprogramme? Beeinflussen sie Investitions- und Bewirtschaftungsverhalten? – Welche rolle spielt die (subjektive) Wahrnehmung des Stadtteils bzw. der Umgebung um das Objekt den Umgang mit diesen? Vor diesem Hintergrund werden die privaten Bestandshalter_innen in dieser Studie als Vermieter auf dem deutschen Wohnungsmarkt eingeordnet. Hierzu wird zunächst untersucht, wie sich die Wohnungsbestände auf unterschiedliche Eigentümertypen und Städte, Regionen und Räume verteilen. Schließlich wird die Untersuchung privater Bestandshalter_innen hinsichtlich ihrer Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien vertieft. Einblicke in handlungsleitende Motive und Faktoren im Vermietungsalltag sollen Mithilfe von Interviews wird versucht, Anhaltspunkte für die strategische Orientierung der privaten Eigentümer_innen, für ihre Motive und handlungsleitende Faktoren zu finden. Insgesamt soll die Studie Anhaltspunkte liefern für einen Zugang zur bislang wenig erforschten Gruppe der privaten Eigentümer_innen. 7 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung 2 Private Bestandshalter_innen auf dem Wohnungsmarkt 2.1 Forschungsstand, Definition und räumliche Verteilung Der Wohnungsbestand in Deutschland lässt sich u.a. nach der Eigentümerstruktur segmentieren. In verschiedenen Studien3 wurde speziell die Gruppe der privaten Wohnungsbestandshalter_innen nicht nur definiert, sondern auch die räumliche Verteilung ihres Einflusses untersucht. Beide Aspekte werden in den folgenden Abschnitten dargestellt. Einige Quellen enthalten auch Analysen und Schlussfolgerungen in Bezug auf die strategische Ausrichtung der privaten Bestandshalter_innen. Diese Erkenntnisse werden im Kapitel 3 (Investitions- und Bewirtschaftungsverhalten privater Bestandshalter_innen, S. 23) aufgegriffen und ausgewertet. 2.1.1 Charakterisierung privater Bestandshalter_innen in Deutschland Der Wohnungsbestand kann drei Eigentümergruppen zugeordnet werden. Während die professionell-gewerblichen Anbieter und private Kleinanbieter_innen Mietwohnungen stellen, nutzen Selbstnutzer ihr Eigentum selbst und werden daher hier nicht näher untersucht. Abbildung 1: Eigentümerstruktur von Wohnimmobilien in Deutschland Quelle: GdW 2016, S. 14 U.a. BMVBS/BBR 2007; BBSR 2015a; BBSR 2015b mit GEWOS, B.B.S.M., IfS; Schenk 2019; Schürt 2017, Voigtländer/Seipelt 2017 3 8 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Die professionell-gewerblichen Anbieter lassen sich in privatwirtschaftlich professionellgewerbliche Eigentümer, Genossenschaften, kommunale und öffentliche Wohnungsunternehmen sowie Kirchen und anderen Organisationen ohne Erwerbszweck gliedern und haben 8,3 Mio. Wohnungen. Private Kleinanbieter_innen (oder Amateurvermieter_innen) stellen 14,9 Mio. Wohnungen in Geschosswohnungen bzw. Ein- und Zweifamilienhäusern (vgl. GdW 2016). Im Mietwohnungsbestand kann auch unterschieden werden zwischen (1) privaten Eigentümer_innen, also z.B. Einzelpersonen, Erbengemeinschaften oder Gemeinschaften von Wohnungseigentümer_innen, (2) Wohnungsunternehmen, z.B. den (ehemals) gemeinnützigen Wohnungsunternehmen und den freien Wohnungsunternehmen und (3) übrigen institutionellen Eigentümern wie z.B. Bund, Länder, Immobilienfonds, Versicherungen oder Kreditinstitute (vgl. Kühne-Büning et al. 2005). Die Erhebung für den Zensus 2011 gruppiert den Mietwohnungsbestand wiederum nach Privatpersonen, privatwirtschaftlichen Unternehmen (juristischen Personen), öffentlichen Unternehmen, Kirchen o. Ä. und Wohnungsgenossenschaften. Alle Gliederungen benennen die Gruppe der privaten Bestandshalter_innen. Wie jedoch auch die Autoren des Instituts Wohnen und Umwelt in einer Studie für das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) festhalten, finden sich in der Literatur zahlreiche Synonyme für diese Gruppe. Sie werden bezeichnet als ‚Privatvermieter‘, ‚Kleinvermieter‘, ‚Kleinanbieter‘ und ‚Amateurvermieter‘, häufig in Verbindung mit den vorangestellten Adjektiven ‚privat‘, ‚nicht-institutionell‘ und ‚nicht-professionell‘ (vgl. BBSR 2015a, S. 29). Aufgrund der Heterogenität der Gruppe privater Bestandshalter_innen zeigt sich in der Literatur die Schwierigkeit einer eindeutigen Definition. Seitens des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) werden die privaten Bestandshalter_innen, unterschieden in professionelle Vermieter_innen und Amateurvermieter_innen. Als Zuteilungskriterium wird die Anzahl der Mietwohnungen im Eigentum gewählt, die in vorangegangenen Studien bei 15 bzw. 20 Wohnungen gesetzt wurde (vgl. BMVBS/BBR 2007, S. 20). In einer Studie von 2015 verwirft das BBSR jedoch diese Bestandsgrößenzahl als Definitionskriterium für Bestandshalter-Gruppen. Stattdessen werden folgende Anhaltspunkte für die Gruppe der privaten Bestandshalter_innen als Charakteristika zusammengefasst: – „Eigentum an einer nur kleinen Zahl von Wohnungen, – geringer Professionalisierungsgrad, – keine gewerbliche Vermietung und – fehlende Institutionalisierung der Vermietung in Gestalt einer rechtsfähigen Firma“ (vgl. BBSR 2015a, S. 29). Die ersten drei Kriterien werden jedoch als „nicht angemessen operationalisierbar und jeder entsprechende Abgrenzungsversuch [als] [..] letztlich willkürbehaftet“ (BBSR 2015a, S. 29) bezeichnet. Letztlich definiert das BBSR: 9 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung „Privateigentümer sind natürliche (Einzel-) Personen, die alleine, zusammen mit dem Ehepartner oder als Mitglieder von Erbengemeinschaften oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) Immobilieneigentum haben“(BBSR 2015c, S. 29). Diese Definition wird auch im Folgenden für private Bestandshalter_innen übernommen. Die gleiche Studie zeigt auf Grundlage einer repräsentativen Befragung, die mit erheblichem Aufwand in Kooperation mit 196 Grundsteuerstellen umgesetzt wurde, in welchem Umfang private Bestandshalter_innen Mietwohnungen halten. Je ein Drittel verfügt über zwei bis fünf bzw. sechs bis 15 Wohneinheiten. Am geringsten ist mit 11 Prozent der Anteil der Eigentümer_innen von 31 und mehr Mietwohnungen (vgl. BBSR 2015a, S. 78 f.). Tabelle 1: Anzahl der Mietwohnungen im Eigentum der Privateigentümer_innen Mietwohnungen im Eigentum / Anz. Wohnungen 1 2 bis 5 6 bis 15 16 bis 30 31 und mehr insgesamt insgesamt (absolut, in 1.000) Eigentümeranteil 19% 28% 28% 15% 11% 100% 10.682 Quelle: eigene Bearbeitung nach BBSR 2015a, S. 78 f. Die heutige Bedeutung der privaten Bestandshalter_innen ergibt sich maßgeblich aus der historischen Entwicklung an den Wohnungsmärkten. Das Modell, Wohnraum gegen eine Miete zu überlassen, ist zwar seit dem Altertum bekannt. Ursprünglich, d.h. vor Einsetzen der industriellen Revolution und in ihrer frühen Phase, dominierten allerdings die heute als private Bestandshalter_innen klassifizierten Eigentümergruppen das Mietwohnungsangebot. Dies gilt nach Rottke (2011) jedenfalls jenseits einiger im Feudalsystem verankerter Eigentumsstrukturen und ersten im weiteren Sinne unternehmerischen Ansätzen (z.B. Fuggerei, Augsburg), soweit das nach heutigem Kenntnisstand nachzuvollziehen ist. Erst mit der industriellen Revolution und dem insbesondere in den Industriestädten entstehenden Wohnungsbedarf entstanden verstärkt Erschließungs- und Siedlungsgesellschaften als Keimzelle der späteren (gemeinnützigen) Wohnungswirtschaft. Diese wiederum unterteilte sich ab etwa Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend in genossenschaftliche Strukturen, kommunale (öffentliche) Anbieter Akteure (vgl. Wendt 1995, S. 71f.) sowie privatwirtschaftliche (z.T. industrieverbundene) (vgl. Jenkis 1985, S. 31). Doch besonders für den (weniger lukrativen) Kleinwohnungsbau zeichneten nach wie vor v.a. private Kleineigentümer_innen und kleine (private) Wohnungsgesellschaften verantwortlich. Schon damals bestand eine wesentliche Motivation dafür nach Rottke in der Sicherung der eigenen Altersvorsorge und entspricht damit wesentlichen modernen Argumenten für das Engagement privater Bestandshalter_innen (siehe Kapitel 3). 2.1.2 Eigentümerstruktur und räumliche Verteilung Strukturelle Analysen zum Mietwohnungsbestand und zu Eigentümerstrukturen werden in der Literatur angeschnitten. Unterschiedliche Studien stützen sich den Zensus 2011 (vgl. Schenk 2019; Schürt 2017). Anhand dieser Daten lassen sich die Wohnungsbestände unter anderem 10 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung nach Art der Wohnnutzung und nach dem Eigentümerverhältnis analysieren (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2011). Schenk folgert aus den Zensus-Daten raumstrukturelle Unterschiede beim Marktanteil der Mietwohnungen an den regionalen Wohnungsmärkten. Während der Anteil der Mietwohnungen an allen Wohnungen in kreisfreien Städten bei 65 Prozent liegt, liegt er in den Landkreisen im Mittel bei nur 40 Prozent. Schenks Betrachtung der Eigentümerstrukturen auf Ebene der 401 deutschen Kreise und kreisfreien Städte zeigt aber die quantitative Dominanz der Privatpersonen. Im Bundesdurchschnitt befinden sich rund zwei Drittel aller Mietwohnungen im Eigentum von Privatpersonen und Eigentümergemeinschaften. Als einzige Eigentümergruppe gehören ihnen in allen Kreisen (und kreisfreien Städten) mindestens 20, in 302 Kreisen mindestens 60 und in 177 Kreisen sogar über 80 Prozent der Mietwohnungen. Räumliche Schwerpunkte in der Eigentümerstruktur stellt Schenk lediglich bei privatwirtschaftlichen Unternehmen heraus, die sich demnach auf kreisfreie Städte fokussieren, wo sie einen Mietwohnungsanteil von 14,5 Prozent bestreiten (vgl. Schenk 2019, S. 3 f.). Auch Schürt zeigt an Hand der Zensus-Daten, die quantitative Überlegenheit an Wohnungen privater Kleinvermieter_innen gegenüber anderer Eigentümergruppen auf dem deutschen Mietwohnungsmarkt. Räumliche Anhaltspunkte liefert er mit der Aussage, dass der Tätigkeitsschwerpunkt der Kleinanbieter_innen in Westdeutschland liege und sie in ländlichen Räumen gegenüber anderen Anbietergruppen „klar dominieren“ (Schürt 2017, S. 79 f.). Im Jahr 2015 hat das BBSR auf die Forschungslücke im Mehrfamilienhaussegment mit einer schriftlich-postalischen Repräsentativbefragung reagiert. Die Veröffentlichung Privateigentümer von Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern gibt „einen differenzierten empirischen Überblick über die Struktur der Bestände und ihrer Eigentümer“ und „[beleuchtet näher] deren Handlungsweisen in den Bereichen Anlage, Bewirtschaftung und Investition“ (BBSR 2015a, S. 16). Die Befragung von ca. 3.000 Privateigentümer_innen ermöglicht erste Einblicke in deren Situation, weist jedoch auf weiteren Forschungsbedarf hin, der im Kapitel 3 aufgegriffen wird. Den Befragungsergebnissen zufolge sind „Mehrfamilienhausmietwohnungen von Privatpersonen überproportional häufig im Westen sowie in Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten, unterproportional häufig dagegen in Großstädten vorzufinden“ (BBSR 2015a, S. 46), wobei keine strukturellen Auffälligkeiten im Zusammenhang mit den Preisniveaus in den Standortkommunen festgestellt wird. Die Abfrage Privater nach der innerörtlichen Lage ihrer Vermietungsobjekte zeigt ebenfalls ein räumliches Muster. So werden je etwa 20 Prozent der Untersuchungsgebäude der Innenstadt bzw. dem Ortskern und dem Stadtteil- bzw. Ortsteilzentrum zugeordnet und je etwa 30 Prozent werden in der Nähe von Innenstadt bzw. Ortskern und am Stadt- bzw. Ortsrand verortet (vgl. BBSR 2015a, S. 49 f.). Ergänzend zu dieser Studie, die auf Privateigentümer_innen von Mietwohnungen zielte, untersuchten das Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung (GEWOS), die Brandenburgische Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung (B.B.S.M.) und das Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik (IfS) im Auftrag des BBSR Strategien der Anbieter von Miet- 11 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung wohnungen und selbstnutzender Eigentümer auf eine verminderte und veränderte Nachfrage in sich entspannenden Wohnungsmärkten (vgl. BBSR 2015b). Die Studie fußt auf 222 Landkreisen und kreisfreien Städten, für die zum Untersuchungszeitpunkt über die darauf folgenden 10 bis 15 Jahre ein Bevölkerungsrückgang prognostiziert wurde. Aus diesen wurden 20 Fallstudien mittels Dokumentenanalyse sowie Expertengesprächen mit Vertreter_innen von Kommunen, Eigentümer- und Mieterverbänden und institutionellen Vermietern näher betrachtet. Anhand der Wohnungsnachfrageentwicklung und der Eigentümerstruktur sowie der Veränderungen der Wohnungsmarktbedingungen wurden sie hinsichtlich der Rahmenbedingungen der Vermietung bzw. Selbstnutzung von Wohnraum typisiert: – „Regionstyp 1: Periphere Regionen mit einer sinkenden Nachfrage nach Wohnraum, – Regionstyp 2: Periphere und zentrale Regionen mit überwiegend leicht sinkender Nachfrage nach Wohnraum, – Regionstyp 3: Periphere und zentrale Regionen mit einer stabilen oder leicht steigenden Nachfrage nach Wohnraum“ (BBSR 2015b, S. 18). Innerhalb der unterschiedlich typisierten Fallstudiengebiete wurden in 32 Städten zudem Vermieter_innen und Selbstnutzer von Wohnraum schriftlich befragt. Im Ergebnis werden unterschiedliche Eigentümergruppen und ihre Wohnungsbestände vorgestellt sowie Erkenntnisse zu deren Handlungsstrategien gewonnen, auf die in Kapitel 3 eingegangen wird. Bei der Definition der privaten Bestandshalter_innen orientiert sich die Studie an der Anbieter- und Selbstnutzergruppierung des Zensus 2011 und unterscheidet: – „kommunale, genossenschaftliche, private oder sonstige institutionelle Wohnungsunternehmen, – private Eigentümer von Mehrfamilienhäusern, – private Eigentümer von vermieteten Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern (WEG-Eigentümer), – selbstnutzende Eigentümer in Ein- und Zweifamilienhäusern“ (BBSR 2015b, S. 19). Auch anhand von Zensusdaten wird gezeigt, dass sich die durchschnittliche Eigentümerstruktur von kreisfreien Städten und Landkreisen erheblich unterscheidet. Besonders markant, wenngleich erwartbar, ist der überproportionale Anteil der Privateigentümer_innen von Ein- und Zweifamilienhäusern in Landkreisen. Doch auch das Verhältnis zwischen den Eigentümergruppen im Mehrfamilienhaussegment, das den Mietwohnungsmarkt ausmacht, unterscheidet sich. In den Landkreisen ist demnach der Anteil privater Eigentümer_innen von Mehrfamilienhäusern und Wohneigentümergemeinschaften mit 34 Prozent etwa doppelt so hoch wie der Anteil institutioneller Vermieter und Sonstiger, in kreisfreien Städten ist der Unterschied mit einem Verhältnis von 53 Prozent zu 34 Prozent weniger stark ausgeprägt. Bezogen auf die Regionstypen der Studie sind private Haushalte als Eigentümer in Regionstyp 1 kaum vertreten, 12 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung was auf die Dominanz institutioneller Vermieter in den strukturschwachen Regionen Ostdeutschlands zurückgeführt wird. Insgesamt wird die dominierende Rolle der Privaten in sich entspannenden Mietwohnungsmärkten herausgestellt. Es wird auf den Widerspruch zwischen ihrem „ganz entscheidenden Einfluss auf die Wohnungsmärkte“ (BBSR 2015b, S. 32) und fehlender Berücksichtigung bei der Strategieentwicklung auf kommunaler Ebene hingewiesen. Das Gutachten Perspektiven für private Kleinvermieter vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln für den Kölner Haus- und Grundbesitzerverein von 1888 und Haus und Grund Düsseldorf und Umgebung beleuchtet wiederum die Bedeutung deutscher Kleinvermieter_innen auf dem Wohnungsmarkt. Kleinvermieter_innen sind in dem Gutachten definiert als „private[n] Haushalte[n], die sich nicht hauptberuflich mit der Vermietung von Immobilien beschäftigen, aber dennoch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen“ (Voigtländer/Seipelt 2017, S. 5). Die etwa 3,9 Millionen privaten Kleinvermieter_innen verteilen sich laut Gutachten auf alle gesellschaftlichen Gruppen und Einkommensgruppen (vgl. Voigtländer/Seipelt 2017, S. 4, 22). Unter anderem mit der Angabe „etwa 60 Prozent aller Mietwohnungen werden von so genannten Kleinvermietern angeboten“ (Voigtländer/Seipelt 2017, S. 5) unterstreicht das Gutachten ihre markante Rolle. Neben den großen Wohnungsgesellschaften, die vorwiegend in großen Mehrfamilienhäusern vermieten, weist die Studie auf den Mehrwert der diversen Portfolios der Kleinvermieter_innen hin, die unter anderem „auch Reihenhäuser, Einfamilienhäuser, Wohnungen in kleinen Mehrfamilienhäusern und in denkmalgeschützten Immobilien [umfassen]“ (Voigtländer/Seipelt 2017, S. 5). Wie das IWU für das BBSR herausarbeitet, unterscheidet sich die Altersstruktur der Immobilien im Besitz von privaten Bestandshalter_innen signifikant von der Altersstruktur aller Gebäude bezogen auf die Rechtsform der Gebäude (Teileigentum und individuelle Wohnformen) sowie die regionale Verteilung zwischen West und Ost. So sind – insbesondere in Ostdeutschland – hohe Anteile älterer ungeteilter Mehrfamilienhäuser im Privateigentum erkennbar (im Vergleich zu verhältnismäßig wenig entsprechenden Objekten aus der Nachkriegszeit). Dies ist mit der Kollektivierung bzw. Verstaatlichung des Geschosswohnungsbaus in der DDR bald nach der Staatsgründung 1949 erklärbar: private Bestandshalter_innen waren dort damals faktisch gar nicht in der Lage, entsprechende Objekte in größerem Umfang zu bauen. Demgegenüber fällt auf, dass das Segment von vermieteten Wohnungen im Teileigentum (in Westdeutschland) erst in späteren Jahrzehnten an Bedeutung gewinnt – was damit erklärt wird, dass in den frühen Nachkriegsjahrzehnten für viele noch nicht die (finanziellen) Möglichkeiten bestanden, Eigentum zu erwerben. Hinzu kommt, dass die Teilung von Objekten erst durch das WEG 1951 möglich wurde (vgl. BBSR 2015a, S. 55 f.). Die folgende Abbildung zeigt auf der Grundlage des Zensus 2011 die Bedeutung privater Bestandshalter_innen für den Wohnungsmarkt. Man erkennt z.B., dass ihr Anteil am Wohnungsangebot in Ostdeutschland nahezu flächendeckend niedrig ist und auch in westdeutschen Großstadtregionen (z.B. Hamburg, Bremen, Rhein-Ruhr, Rhein-Main, München) erkennbar unterhalb des ansonsten westdeutschen Durchschnitts liegt. 13 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Abbildung 2: Anteil privater Bestandshalter_innen im Mietwohnungsbestand 2011 Quelle: InWIS 2019, Datengrundlage: Zensus 2011 Mietwohnungsbestände in Privatbesitz treten somit zwar in ganz Deutschland auf; einen besonders großen Marktanteil erreicht die Gruppe der privaten Bestandshalter_innen jedoch in Westdeutschland außerhalb der großstädtischen Verflechtungsregionen. In Ostdeutschland sind bei insgesamt geringerer Bedeutung dieses Segments weniger räumliche Schwerpunkte erkennbar. Insbesondere in den Großstädten sowie in den östlichen Landesteilen Mecklenburg-Vorpommerns, Brandenburgs und Sachsens ist ihre Anteile besonders gering. Die Bestände der privaten Bestandshalter_innen sind tendenziell eher „alt“ – entstammen also bereits Vorkriegsjahrzehnten – oder verhältnismäßig „jung“. Insbesondere in Bezug auf die jüngeren Objekte wächst die Bedeutung von vermieteten Wohnungen im Teileigentum. Mindestens für die älteren Objekte gilt damit, dass sie möglicherweise ihren Zweck als Altersvorsorge somit 14 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung schon (mindestens einmal) erfüllt haben können. Allerdings werden diese Immobilien auch – im Vergleich zu neueren Objekten – in vielen Fällen hohe Aufmerksamkeit in Bezug auf die Anpassung der Bestände an moderne Wohnwünsche und qualitative Wohnbedarfe haben. 2.2 Eigentümerstruktur und Marktdynamik Wie bereits in der Einleitung dargelegt, stellt sich nicht zuletzt angesichts der aktuellen Debatten die Frage nach einem Zusammenhang des Anteils privater Bestandshalter_innen an den lokalen bzw. regionalen Wohnungsmärkten und der Dynamik von Märkten und Preisentwicklungen insgesamt. Insgesamt gelten private Bestandshalter_innen nach wie vor als vergleichsweise moderat in Bezug auf die Anpassung von Mieten im Bestand. Auch IWU und BBSR stellten 2015 fest, dass nur sieben Prozent der befragten privaten Eigentümer_innen Mieterhöhungen nach § 558 BGB (Mieterhöhung in Bezug auf die ortsübliche Vergleichsmiete) umgesetzt hatten – allerdings ließen sich aus der quantitativ angelegten Befragung heraus diesbezüglich keine näheren Erkenntnisse zu Motiven usw. gewinnen. Zur Anpassung von Mietniveaus im Falle der Neuvermietung trifft die Studie keine Aussage (vgl. BBSR 2015c, S. 179f.). Demgegenüber haben Voigtländer und Sagner, wie bereits erläutert, jüngst dargestellt, dass jedenfalls in Großstädten offenbar keine besonders preisdämpfende Wirkung von privaten Bestandshalter_innen ausgehe (vgl. Voigtländer/Sagner 2019, S. 12ff.). Bereits in einem früheren „Policy Paper“, das mit der ehedem landeseigenen LEG Immobilien AG erarbeitet wurde, wiesen Deschermeier, Haas und Voigtländer vom IW auf diesen Effekt am Beispiel ausgewählter Großstädte in NRW hin. Für zehn Großstädte in NRW hatte das Kölner Institut insgesamt rd. 300.000 Inserate für Mietwohnungen aus dem Zeitraum von Januar 2012 bis Juni 2015 ausgewertet, die durch das Maklerhaus CBRE zur Verfügung gestellt wurden. Demnach zeigte sich für praktisch alle regionalen Teilmärkte, dass die „anderen privaten Vermieter“ vielerorts zu deutlich höheren Preisen anboten, als dies offenbar die öffentlichen Wohnungsunternehmen und die großen Privaten Wohnungsunternehmen (zu denen neuerdings auch die an der Studie beteiligte LEG Immobilien AG gehörte) taten. Mancherorts, wie z.B. in Bonn und Köln, lagen offenbar rund 2,00 Euro pro m² zwischen den (günstigen) großen privaten Wohnungsunternehmen und den (offenkundig teureren) privaten Anbietern von Mietwohnungen (vgl. Voigtländer et al. 2015, S. 7f.). Doch auch vor dem Hintergrund einer teilweise offenkundig unterschiedlichen Marktdurchdringung in den untersuchten Städten zeigte sich, dass die privaten Vermieter, wie sie in der Studie bezeichnet wurden, mit Ausnahme vielleicht von Münster jedenfalls nicht den größten Anteil „günstiger“ Mietwohnungen stellten. Als günstig wurden hierbei solche Wohnungen verstanden, die unterhalb der Durchschnittsmarktmiete angeboten wurden. 15 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Abbildung 3: Anbietergruppen bei Angebotsinseraten unterhalb der Durchschnittsmiete 2015 (Großstädte in NRW, nach IW Köln) Quelle: Voigtländer et al. 2015, S. 9 (Daten: ca. 300.000 ausgewertete Inserate 2012 - Juni 2015 / CBRE) Zwar macht die Studie letztlich keine Angaben z.B. zur Bedeutung von möglicherweise vorhandenen Belegungsbindungen in den unterschiedlichen Beständen. Allerdings kann – jedenfalls für den Markt – zunächst angenommen werden, dass dies im Endeffekt kaum einen Unterschied macht, da entsprechende Wohnungen dann möglicherweise eben „günstig“ zur Verfügung stehen. Allerdings ist fraglich, inwieweit entsprechende Wohnungen überhaupt in größerem Umfang in den Inseraten enthalten wären, oder ob sie nicht jedenfalls mancherorts eher auf anderen Wegen (eben durch Belegung) vergeben werden. Darüber hinaus klassifiziert die Studie jedoch auch nicht nach unterschiedlichen Bestandstypen oder Bestandsqualitäten. Die ebenfalls durchgeführte Regressionsanalyse führt immerhin auf, dass bezogen auf das Baujahr ein signifikanter Zusammenhang zur Höhe der Nettokaltmiete besteht (vgl. Voigtländer et al. 2015, S. 12). Ein hohes Alter der Objekte (Baujahr vor 1980) hat demzufolge einen erheblichen Einfluss auf einen niedrigen Mietpreis. Vor dem Hintergrund der Analyse der Anbieterstruktur (vgl. Kapitel 2.1.2) kann man annehmen, dass insbesondere die großen Wohnungsunternehmen – und zwar öffentliche wie auch private – in erheblichem Umfang Wohnungen aus den Nachkriegsjahrzehnten (1950er- bis 1970er-Jahre) im Bestand halten und anbieten. In besonderem Umfang trifft das sicherlich auf die LEG Immobilien AG zu, die als eines der Nachfolgeunternehmen der ehemaligen Neuen Heimat beispielgebend für den Wiederaufbau und Großsiedlungsbau der genannten Jahrzehnte steht. Damit wird deutlich: Die besondere „Preisgünstigkeit“ der privaten und öffentlichen großen Wohnungsunternehmen lässt sich auch aus der Bestandsstruktur heraus erklären. Dennoch bleibt letztlich die Beobachtung, dass jedenfalls bezogen auf die Angebotsmieten (vor knapp fünf Jahren konstatiert wurde, dass eben jedenfalls die privaten Bestandshalter_innen nicht notwendigerweise die preisgünstigsten Wohnungsanbieter an den großstädtischen Märkten sind. 16 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Für die vorliegende Studie kann nicht auf eine (neue) quantitative Befragung von Eigentümer_innen zurückgegriffen werden, wie sie in der bereits genannten Studie des BBSR (vgl. BBSR 2015a) umgesetzt wurde, sodass keine aktuelleren (repräsentativen) Ergebnisse zur Mietanpassung nach § 558 (also im laufenden Vertrag) durch private Eigentümer_innen vorliegen. Zwar werden im Rahmen der Erstellung qualifizierter Mietspiegel entsprechende Daten (mit-) erhoben, doch angesichts der unterschiedlichen Erhebungsmethoden und -institute sowie der hohen Anforderungen an den Datenschutz können entsprechende Datensätze für eine (Sekundär-) Auswertung bzw. eine Meta-Studie nicht ohne Weiteres herangezogen werden. Hinzu kommt das Problem, dass erfahrungsgemäß bei der Erstellung von Mietspiegeln mittels teilstandardisierter Befragung von Eigentümern die Rücklaufquoten der privaten Bestandshalter_innen meist – im Verhältnis zu ihrer Marktposition – eher gering ausfallen. Stattdessen werden im Folgenden Informationen zur räumlichen Differenzierung der Eigentümerstruktur mit Auswertungen ebenfalls zur Preisentwicklung am Mietwohnungsmarkt, also den Angebotspreisen, gegenübergestellt. Sollte von privaten Bestandshalter_innen ein preisdämpfender Effekt ausgehen, müsste sich dieser Zusammenhang ja, wie vor einigen Jahren seitens des IW Köln dargestellt, mittels einer Korrelations- bzw. Regressionsanalyse erklären lassen. Offenbar legen privater Vermieter_innen weniger Wert auf eine Preisanpassung im laufenden Mietverhältnis, als gewerblich orientierte Anbieter (vgl. Kapitel 2.2). Doch halten sie sich auch bei der Kalkulation von Neuvertragsmieten zurück? Um dies herauszufinden, wurden verschiedene Datensätze ausgewertet. Zum einen liegt InWIS die vollständige Angebotsdatenbank des größten deutschen Immobilienportals ImmobilienScout24 (IS24) seit 2006 vor. Auf dem Portal inserieren viele private Eigentümer_innen, aber auch Wohnungsunternehmen und Makler Mietwohnungen. Zwar umfasst die Datenbank nicht alle angebotenen Mietwohnungsangebote, da einige Objekte über andere Portale oder z.B. Zeitungen vermarktet werden. Weitere Wohnungen werden auch gar nicht online inseriert, sondern beispielsweise aufgrund von Empfehlungen vergeben (vgl. BBSR 2015c, S. 179f.). Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Anteil der privaten Haushalte, die das Internet auch für die Vermarktung ihrer Immobilie nutzen, weiter steigen wird. Die Datenbank wird mit einem aufwändigen Verfahren um doppelte Einträge bereinigt und eignet sich damit gut, um die Entwicklung des Angebots und der Preisstruktur in bestimmten Segmenten und kleinräumig auszuwerten. Für diesen Fall wurde die Entwicklung der Mietpreise auf Ebene von Kreisen und kreisfreien Städten analysiert (vgl. Abbildung 4) 17 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Abbildung 4: Durchschnittliche Angebotspreise am Mietwohnungsmarkt 2018 Quelle: InWIS 2019, Datengrundlage: ImmobilienScout24-Angebotsdaten 2018 Erwartungsgemäß zeigt sich, dass Mietwohnungen insbesondere in Großstädten und ihrem Umland (z.B. Hamburg, Berlin, Düsseldorf, München, Frankfurt, Stuttgart, München) im Durchschnitt (ohne Differenzierung nach Baujahr, Anbieter oder Wohnungsgröße etc.) deutlich über 10,00 Euro pro m² (kalt) angeboten werden. Die Preise sind offenkundig nochmals gestiegen, vergleicht man sie mit der bereits zitierten Studie des IW von 2015 (vgl. Voigtländer et al. 2015, S. 7). Neben dem aktuellen Preisniveau sind die durchschnittlichen jährlichen Veränderungsraten der Angebotsmieten ermittelt worden. Bezogen auf den gesamten Zeitraum zeigen sich hier deutliche Unterschiede (vgl. Abbildung 5). 18 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Abbildung 5: Durchschnittliche Dynamik am Mietwohnungsmarkt in den Jahren 2009 - 2018 Quelle: InWIS 2019, Datengrundlage: ImmobilienScout24-Angebotsdaten 2009-2018 Die Angebotsmieten in Großstädte sind zwar gestiegen, jedoch nicht mehr so stark. Stattdessen erreichen z.B. Teile Niederbayerns sowie der Oberrheingraben, West-Schleswig-Holstein und einzelne Kreise in Niedersachsen und Hessen höhere durchschnittliche jährliche Preissteigerungsraten. In Berlin und Umgebung haben die Preissteigerungen weiter angehalten. Eine Korrelationsanalyse zeigt zunächst einen linearen Zusammenhang zwischen dem Anteil privater Bestandshalter_innen und der durchschnittlichen Mietpreisdynamik in Kreisen und kreisfreien Städten (vgl. Tabelle 2). Mit einem positiven Korrelationskoeffizienten nach Pearson von ,327 ist dieser Zusammenhang zwar nicht überwältigend, aber doch signifikant. 19 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Tabelle 2: Bivariate Korrelation: Marktdynamik und Privateigentum Korrelationen Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant. Durchschnittliche Veränderung des Mietpreises (Angebotsmieten 2009-2018) Anteil private Eigentümer_innen an allen Eigentümern Durchschnittliche Veränderung des Mietpreises (Angebotsmieten 20092018) Korrelation nach Pearson 1 ,327__ N 401 401 Anteil private Eigentümer_innen an allen Eigentümern Korrelation nach Pearson ,327__ 1 Signifikanz (2-seitig) ,000 N 401 Signifikanz (2-seitig) ,000 401 Quelle: InWIS 2019 Stellt man diesen Erkenntnissen die räumliche Verteilung privater Bestandshalter_innen an gegenüber (vgl. Abbildung 2), lassen sich die vermuteten Zusammenhänge grafisch darstellen. (vgl. Abbildung 6). Neben den Angebotsdaten des ImmobilienScout24 wurde hierzu eine Sonderauswertung des Zensus 2011 (inkl. Eigentümerstruktur und Baujahren) herangezogen. Zur einfacheren Darstellung wurden die Klassen unterdurchschnittlich (untere 40 Prozent), durchschnittlich (mittlere 20 Prozent) und überdurchschnittlich (obere 40 Prozent) gebildet. Abbildung 6: Gegenüberstellung vom Anteil privater Bestandshalter_innen 2011 und durchschnittlicher Dynamik in den Jahren 2009 - 2018 am Mietwohnungsmarkt Quelle: InWIS 2019, Datengrundlage: Zensus 2011/ImmobilienScout24-Angebotsdaten 2008-2019 20 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Doch der vermeintliche Zusammenhang zwischen beiden Variablen hält einer näheren Betrachtung nicht stand. In Süddeutschland (Bayern, Baden-Württemberg) und im Nordwesten Deutschlands stellt man z.B. einen überdurchschnittlichen Anteil von Mietwohnungen in Privatbesitz und eine recht starke Marktdynamik fest (von Ausnahmen abgesehen). Für das Ruhrgebiet etwa ergibt sich augenscheinlich ein umgekehrter Zusammenhang – hier gibt es eher wenig Mietwohnungen in Privatbesitz und zudem eine eher geringe Marktdynamik. Wieder anders verhält es sich für das Berliner Umland, wo die Marktdynamik offenkundig ist, gleichzeitig aber auch nur ein geringer Teil der Mietwohnungen in Privatbesitz sind. Schließlich ist eine umgekehrte Situation in Teilen Westdeutschlands (etwa NRW und Rheinland-Pfalz) erkennbar, wo der Anteil privater Bestandshalter_innen auch in wenig dynamischen Märkten hoch ist. Offenbar gibt es also weitere Variablen, die einen höheren Erklärungsgehalt für die abhängige Variable der durchschnittlichen Mietpreisdynamik haben, als der Anteil privater Bestandshalter_innen am Wohnungsmarkt. Daher wurde mit weiteren verfügbaren Variablen eine multiple lineare Regressionsanalyse durchgeführt. Neben der Bevölkerungsentwicklung (als Indikator für eine quantitative Veränderung der Nachfrage nach Wohnimmobilien) wurden mit der Wanderungsintensität (Wanderungssaldo pro 1.000 Einwohner) und dem Altenquotient (Anteil von Personen im Rentenalter zu Personen im erwerbsfähigen Alter) Variablen identifiziert, die Einfluss auf Quantität oder Qualität der Wohnungsnachfrage haben können. Darüber hinaus sind mit dem Anteil sozialversicherungspflichtig Beschäftigter und der Arbeitslosenquote Indikatoren ausgewählt worden, die für die wirtschaftliche Dynamik einer Region stehen. Schließlich wurde der Anteil des Geschosswohnungsbaus als ein Indikator für Dichte bzw. die Urbanität hinzugenommen. Die linearen Regressionsanalyse erreicht ein hohes Bestimmtheitsmaß (adjustiert, R² = ,597). Mithilfe der unterschiedlichen (standardisierten) Beta-Koeffizienten zeigt sich, in welchem Umfang die unterschiedlichen Variablen tatsächlich die Preisentwicklung erklären können. Tabelle 3: Koeffizienten - Regressionsanalyse Koeffizienten Nicht standardisierte Koeffizienten Standardisierte Koeffizienten Abhängige Variable: Durchschnittliche Veränderung des Mietpreises (Angebotsmieten 2009-2018) RegressionskoeffizientB Standardfehler Beta Konstante 4,825 ,631 Anteil private Eigentümer_innen an allen Eigentümern ,000 ,003 ,002 Bevölkerungsentwicklung 2008 bis 2017 in % ,051 ,012 ,240 Wanderungssaldo pro 1.000 EW ,034 ,010 ,142 Altenquotient 31.12.2017 -,055 ,010 -,307 Anteil soz.pfl.Beschäftigte am Arbeitsort (06.2018) ,017 ,004 ,204 Arbeitslosenquote Jahresdurchschnitt 2018 -,108 ,023 -,231 Anteil MFH an allen Wohngebäuden 09.05.2011 -,982 ,499 -,102 Quelle: InWIS 2019 21 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Die Regressionsanalyse zeigt deutlich: der Anteil privater Bestandshalter_innen am Wohnungsangebot spielt nur eine untergeordnete Rolle bei der Entwicklung der Marktdynamik. Stattdessen sind es insbesondere die Bevölkerungsentwicklung, die (positiv) mit der Marktdynamik korreliert, und der Altenquotient bzw. die Arbeitslosenquote, die in einem (negativen) Zusammenhang stehen. Eine starke Dynamik an den Mietwohnungsmärkten ist also durch demografische Faktoren, wie eine wachsende Bevölkerung und eine langsame (Über-) Alterung der Bevölkerung erklärbar. Gleichzeitig spielt offenkundig die wirtschaftliche Entwicklung eine große Rolle: eine hohe Dynamik am Mietwohnungsmarkt entsteht dort, wo die Arbeitslosigkeit auf einem niedrigen Niveau ist bzw. zurückgeht. Nachvollziehbar ist, dass auch diese Variablen in einem Zusammenhang stehen – Zuwanderung entsteht häufig v.a. in den Regionen, in denen viele Arbeitsplätze verfügbar sind. Die vermutete hohe Bedeutung der Eigentümergruppe „private Bestandshalter_innen“ für eine moderate Mietpreisentwicklung lässt sich jedenfalls in Bezug auf die Entwicklung von Angebotspreisen (also bei Neuvermietungen) nicht belegen. Das zeigt auch, dass private Bestandshalter_innen offenbar nicht willkürlich oder übervorsichtig am (Neuvermietungs-) Markt agieren, sondern hier ebenfalls versuchen, einen aus ihrer Sicht möglichst guten Preis durchzusetzen. Nochmals sei betont, dass sich dies lediglich auf die Neuvermietungs-Mieten bezieht. Es wurde ja bereits festgestellt, dass private Bestandshalter_innen in bestehenden Mietverhältnissen tendenziell zurückhaltend mit Mietpreisanpassungen sind. Für die strategische Ausrichtung der Eigentümergruppe private Bestandshalter_innen würde das bedeuten, dass sie im bestehenden Mietverhältnis moderat und konfliktarm bzw. genügsam langfristig agieren, während sie im Falle des ohnehin anstehenden Mieterwechsels versuchen, die Objekte (wieder) am gängigen Marktpreisniveau zu platzieren. Damit wären private Bestandshalter_innen sicherlich nicht als die klassischen Preistreiber zu beschreiben; jedoch agieren sie auch nicht marktblind und wirken nicht dauerhaft bremsend auf den gesamten Mietwohnungsmarkt. 22 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung 3 Investitions- und Bewirtschaftungsverhalten privater Bestandshalter_innen Wie sich gezeigt hat, sind private Bestandshalter_innen offenbar allein aufgrund ihrer Verfasstheit als Privatpersonen kein relevanter Faktor bezogen auf das Preisniveau von Angebotsmieten. Insofern greift die Rolle als „Mietpreisbremse“, die ihnen oft zugewiesen wird, zu kurz. Vielmehr spielen andere Faktoren, wie etwa der demografische Wandel und die wirtschaftliche Situation im Zusammenhang mit der Mietpreisentwicklung eine weitaus größere Rolle. Die privaten Bestandshalter_innen „schwimmen mit“ – versuchen also offenkundig mindestens im Falle von Neuvermietung erkennbare Preisveränderungen am Markt mitzunehmen. Gleichzeitig hatten IWU und BBSR in ihrer Untersuchung (vgl. BBSR 2015a) bereits – auf Grundlage einer Befragung – herausgestellt, dass mindestens doch im laufenden Mietverhältnis von privaten Bestandshalter_innen relativ selten ein Impuls zur Mieterhöhung ausgeht. Das spricht dafür, dass sie in besonderer Weise Interesse an einem langfristigen Mietverhältnis haben. Doch wie verhalten sie sich über die reine Preisgestaltung hinaus? Welche Strategien verfolgen sie bzw. handeln private Bestandshalter_innen überhaupt strategisch? Mithilfe eines qualitativen Ansatzes wird diesen und weiteren Fragen in den folgenden Abschnitten nachgegangen. 3.1 Bestandsmanagement, Bewirtschaftungsstrategie und Anlageverhalten in der Immobilienwirtschaft Das Management als übergeordneter Begriff umfasst „[i]m Sinne einer zielgerichteten Tätigkeit […] (1) die Festlegung von Zielen der Organisation, (2) die Entwicklung einer Strategie zur Zielerreichung, (3) die Organisation und Koordination der Produktionsfaktoren und die Führung der Mitarbeiter“ (Springer Gabler Verlag 2018). Bei Betrachtung des Managements von Wohnungsbeständen kann der erste Tätigkeitsschritt auf die Festlegung von Investitionszielen übertragen werden, im dritten Schritt zeigt sich das Investitions- und Bewirtschaftungsverhalten in der Umsetzung. Die Strategie verknüpft die beiden Komponenten im zweiten Schritt. Als grundlegende Managementstrategien der Immobilienwirtschaft stellen Rottke und Kautz drei Ansätze heraus: Cashflow-Maximierung, Nutzenmaximierung und Wertmaximierung. Die Cashflow-Maximierung verfolgt kurzfristig die Erhöhung der Nettoeinnahmen indem Bewirtschaftungs- und Instandhaltungskosten minimiert werden. Somit ist sie nicht nachhaltig und wirkt negativ auf Mieterzufriedenheit sowie Objektqualität. Die Nutzenmaximierung steht für das Streben nach einem klaren Ziel; die Nettoeinnahmen allein haben häufig nachrangige Bedeutung (z.B. bei der sozialen Wohnraumversorgung). Die Wertmaximierung ist durch eine aktive Managementstrategie gekennzeichnet, bei der die Verbesserung der Objektqualität angestrebt wird – auch über den Werterhalt hinaus. Die Ausgaben senken die Nettoeinnahmen, wobei Wertschöpfung dennoch erreicht wird, sofern der Objektwert nach den umgesetz23 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung ten Maßnahmen die Summe aus ursprünglichem Objektwert und den Kosten der Maßnahmen übersteigt (vgl. Rottke/Krautz 2017, S. 787 f.). Bei Investitionen in Wohnimmobilien handelt es sich nach Rottke und Krautz um die reine Verwendung von Geldmitteln. Sie sind damit klar vom Erwerb einer Wohnimmobilie als Konsumgut zu unterscheiden, bei dem die Selbstnutzung angestrebt wird. Weiter Abzugrenzen ist die Finanzierung, die lediglich die Beschaffung der finanziellen Mittel zum Kauf der Immobilie aus Eigen- oder Fremdkapital bezeichnet (Rottke/Krautz 2017, S. 776). Die immobilienwirtschaftlichen Ziele von Investitionen in Wohnimmobilien liegen zum Investitionszeitpunkt auf der Umwandlung von Finanzmitteln in Anlagevermögen und zum Zeitpunkt der Veräußerung im Verkaufsgewinn. Während des Investitionszeitraums, der zwischen diesen Ereignissen liegt, werden aus immobilienwirtschaftlicher Sicht „die Generierung von Zahlungsüberschüssen, die Hebung von Wertschöpfungspotenzialen, die Ausnutzung von Steuervorteilen oder die Bildung stiller Reserven“ (Rottke/Krautz 2017, S. 788) verfolgt. Abbildung 7: Investitionsziele in den zeitlichen Phasen einer Immobilieninvestition Quelle: (Rottke/Krautz 2017, S. 788) Die Bewirtschaftung umfasst die „Verwaltung des Haus- und Grundbesitzes“ (Grabener Verlag GmbH 2019) bzw. des Mietobjekts nach Wirtschaftlichkeitsgrundsätzen. Synonym werden auch die Begriffe „(Miet)-Hausverwaltung, Gebäude- oder Immobilienmanagement oder […] Property-Management“ (ebd.) verwendet. Nach der BBSR-Studie Privateigentümer von Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern „spiegelt sich [im Bewirtschaftungsverhalten] der Umgang der Privateigentümer mit ihren Immobilien wider“ (BBSR 2015a, S. 94 ff.). Die Bewirtschaftung umfasst hier auch die Instandhaltung und Modernisierung des Mietobjektes. Neben den in Kapitel 2.1 bereits zusammengefassten Ergebnissen zu eigentümerbezogenen und objektbezogenen Strukturdaten, führt die Studie Aspekte von Investition und Bewirtschaftung zusammen. Einblicke in das Verhalten privater Bestandshalter_innen werden gegliedert in die drei Bereiche Anlage-, Bewirtschaftungs- und Investitionsverhalten gegeben (BBSR 2015a). 24 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Tabelle 4: Investitions- und Bewirtschaftungsaspekte der BBSR-Studie Anlageverhalten Bewirtschaftungsverhalten Investitionsverhalten Erwerbswege Verwaltung Selbstnutzung in ungeteilten Gebäuden Mieterauswahl bei Neuvermietungen Objekt- und standortbezogene Charakteristika von Modernisierungs- und Instandhaltungs-investitionen Anschaffungskosten und Finanzierung Mietfindung und Mieterhöhungsverlangen Finanzierung, Förderung und steuerliche Behandlung Leerstand Mietausfälle Wirtschaftlichkeit Zusammenhänge zwischen Erwerb und Art der Mietwohnungsnutzung und dem Investitions-verhalten Kaufabsichten Investitionsmotive und -hemmnisse Quelle: InWIS 2019, Inhaltliche Grundlage: (BBSR 2015a, S. 94 ff.) Im Rahmen der Abfrage des Anlageverhaltens wurden als häufigste Motive für den Erwerb einer Mietwohnung die Sicherheit der Anlageform und die Alterssicherung herausgestellt. Erstere hat dabei über die letzten fünf Jahre an Bedeutung gewonnen. Das Motiv der steuerlichen Vorteilhaftigkeit hat der Untersuchung zufolge dagegen an Bedeutung verloren. Mit 94 Prozent streben die meisten befragten Vermieter_innen keinen weiteren Erwerb von Mietwohnungen an. Hauptgrund sind fehlende Mittel, jedoch auch das Risiko an Problemmieter_innen zu geraten und finanzstrategische Argumente wie das Ziel der Vermögensdiversifikation werden als Gründe genannt (vgl. BBSR 2015a, S. 16 f., 94 ff.). Als eine Kennziffer des Bewirtschaftungsverhaltens fragt die BBSR-Studie nach der Übertragung von Vermietungsaufgaben an Verwalter. Für ungeteilte Gebäude ergibt sich, dass bei einem Anteil von 20 Prozent ein Verwalter eingesetzt wird. Die erhobene durchschnittliche Dauer der Mietverhältnisse von 7 Jahren bezieht sich wiederum auf einzelne Mietwohnungen (im geteilten Wohneigentum). Zur Mietersuche sind in der Reihenfolge ihrer Bedeutung Vermietungsanzeigen, Empfehlungen durch Bekannte und Maklereinsatz die wichtigsten Wege für private Vermieter_innen. Bezüglich der Mieterauswahl stellt die Studie zwar Unterschiede zwischen geteiltem und ungeteiltem Wohnungsbestand fest, begründet diese jedoch mit den Wohnungsgrößen. Hinsichtlich persönlicher Präferenzen der Vermieter_innen wird die Auswahl der Mieter_innen an dieser Stelle nicht ausgewertet. Es wird festgestellt, dass Mieten im privaten Mietverhältnis Mieten selten erhöht werden. Rund 90 Prozent der Mietverträge basieren auf den §§ 558 ff. des BGB, bei den anderen 10 Prozent handelt es sich um Index- bzw. Staffelvereinbarungen mit denen jährliche Mietanpassungen einhergehen (vgl. BBSR 2015a, S. 17 f., 119 ff.). „Insgesamt erscheint das Modernisierungsverhalten privater Eigentümer im Licht der vorliegenden objektiv bewertbaren Informationen zu Größe, Standort, Baualter und Nutzungsform rational begründet“ (BBSR 2015a, S. 22). Dabei ergibt die Befragung, dass die Privaten tendenziell reaktiv kleinteilige Bestandsmaßnahmen durchführen. Finanziert wird hier vorwiegend mit Eigenkapital. Fördermittel kamen bei etwa 12 Prozent der Investitionen zum Einsatz, vorwiegend für umfassende Maßnahmen. Ein zeitlicher Zusammenhang von Instandhaltungs- und Modernisierungsinvestitionen ist zum Erwerbszeitpunkt zu sehen, insbesondere bei Aussichten auf Steigerung des 25 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Ertragspotenzials (BBSR 2015a, S. 19, 145 ff.). Über die Ergebnisdarstellung zu Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien wirft die Studie auch weiterführende Fragen zu Handlungsmotiven und -hemmnissen privater Vermieter_innen auf. Benannt werden konkrete Forschungslücken zu Hinter- und Beweggründen für Mietanpassungen, nach der Relevanz der (sozialräumlichen) Struktur des Standorts sowie nach dem Einfluss unterschiedlicher Zugänge zu finanziellen Ressourcen (vgl. BBSR 2015a, S. 179 f.). In der BBSR-Studie über Strategien der Anbieter von Mietwohnungen und selbstnutzender Eigentümer auf eine verminderte und veränderte Nachfrage in sich entspannenden Wohnungsmärkten werden über Strukturdaten hinaus auch Ergebnisse zu Handlungsstrategien privater Bestandshalter_innen gezeigt, wobei insbesondere die Investitionstätigkeiten bzw. das Modernisierungsverhalten fokussiert werden (BBSR 2015b, S. 79 ff.). Unterschieden wird hier zwischen den Investitionsstrategien der institutionellen und der privaten Vermieter_innen sowie der Selbstnutzer_innen. Laut BBSR 2015b. „[verfolgen] institutionelle Vermieter in der Regel zielgerichtete Anpassungsstrategien ihrer Bestände an eine veränderte Nachfrage“ (BBSR 2015b, S. 9) und investieren in entspannten Märkten überwiegend um Leerstand entgegenzuwirken und die Vermietung zu fördern. Das Handeln der Privaten umfasst laut der Studie „ein [..] breite[s] Spektrum“, wobei „sie sich mehrheitlich auf ihre aktuelle Mieterklientel [konzentrieren]“ (BBSR 2015b, S. 80). Bei den privaten Vermieter_innen wird der Einfluss der Nachfrageveränderung auf die Investitionsstrategien zwar als „vergleichsweise gering“ (BBSR 2015b, S. 93) festgehalten, doch werden auch hier Zusammenhänge zwischen der Bewertung der perspektivischen Vermietungssituation und künftigen Investitionsentscheidungen festgestellt, sowie Hinweise auf eine „wachsende Sensibilisierung der privaten Vermieter im Hinblick auf die künftige Veränderung der Marktsituation“ (ebd.). Als ausschlaggebend werden bei den Privaten „vielfältige individuelle Faktoren wie die persönliche Einschätzung der Werthaltigkeit des Objektes, die Art der Verwaltung der Wohnung und das Haushaltseinkommen“ (ebd.) benannt, die Sensibilität für das gesellschaftliche Thema demografische Wandel fällt gering aus. Zeitlich werden Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen oftmals im Zusammenhang des Erwerbs oder eines Mieterwechselns durchgefühlt und eher selten langfristig geplant. Fördermittel spielen im Bereich der privaten Vermietung eine untergeordnete Rolle, was die Studie auf die Kleinteiligkeit der daher nicht förderfähigen Instandhaltungsmaßnahmen zurückführt. Das Investitionsverhalten von Vermieter_innen von Wohnungen in Wohneigentumsgemeinschaften (WEG) wird hier gesondert aufgeführt. Neben grundlegenden Übereinstimmungen mit den beschriebenen Verhaltensmustern der Privaten werden wenige Unterschiede benannt (vgl. BBSR 2015b, S. 81ff). Und zwar investieren WEGs weniger in „Maßnahmen die sich auf das Gemeinschaftseigentum beziehen“, nehmen dagegen häufiger Fördermittel in Anspruch, was die Studie auf häufigeren Einsatz externer Verwalter_innen zurückführt (BBSR 2015b, S. 83f.). Argumente gegen Investitionen ist über alle Eigentümergruppen hinweg die Einschätzung, dass kein Modernisierungsbedarf besteht. Bei den privaten Vermietergruppen werden zudem fehlende Mittel und nicht ausreichende staatliche Förderung für Investitionen, 26 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung sowie das fortgeschrittene Alter als Argumente gegen Investitionen herausgestellt. Auch die Perspektive der Gebietskulisse spielt laut Studie zumindest teilweise eine Rolle bei Investitionsentscheidungen privater Vermieter_innen (vgl. BBSR 2015b, S. 88). Voigtländer und Seipelt (2017) machen zwar keine direkten Aussagen zum Anlageverhalten privater Bestandshalter_innen, weisen jedoch auf gestiegene Einkünfte aus Vermietungen hin, während „aber nur wenige Vermieter [..] ihr Einkommen hierdurch entscheidend erhöhen [können]“ (Voigtländer/Seipelt 2017, S. 4). Insofern wird der Vermehrung von Einkommen (nicht Vermögen!) hier keine besondere Rolle zugesprochen. Das Bewirtschaftungsverhalten privater Vermieter_innen wird auf das Bestreben nach einem guten Verhältnis zu den Mieter_innen und Begrenzung der Fluktuation zurückgeführt. Mietanpassungen würden hierfür zum Teil auch nach energetischen Sanierungsmaßnahmen nicht durchgeführt oder auch am Einkommen der Mieter_innen orientiert: „in 46 Prozent der Fälle [haben] private Vermieter trotz energetischer Sanierung die Mieten nicht erhöht [..], bei den Wohnungsunternehmen waren dies nur 9 Prozent“ (Voigtländer/Seipelt 2017, S. 23). Anpassungen würden daher tendenziell bei Mieterwechsel angestrebt. Beim Modernisierungsverhalten werden im Gutachten hemmende Faktoren aufgezeigt. So stehen die geringen Energiepreise Einsparungsanreizen entgegen, Kostenhöhe energetischer Sanierungen schüchtern insbesondere ältere Vermieter_innen ein und „hinzu kommen komplexe gesetzliche Vorgaben, eine unübersichtliche Förderlandschaft und ein zunehmender Widerstand der Mieter gegen energetische Modernisierungen“ (vgl. Voigtländer/Seipelt 2017, S. 23ff). In diesen Ausführungen zum strategischen Verhalten privater Wohnungsbestandshalter_innen spiegeln sich einige Aspekte, die bereits in den Analysen der Marktdaten erkennbar waren: – Offenbar steht für private Wohnungsbestandshalter_innen nicht die Vermehrung ihres Einkommens im Vordergrund, wenn sie nach den Gründen für ihre Investition gefragt werden. Vielmehr zielen sie auf eine Diversifizierung ihrer Anlagestrategie ab und suchen allgemein eine „sichere Anlage“. – Dies spiegelt sich auch in den Bewirtschaftungsstrategien. Die ausgewerteten Studien lassen vermuten, dass diese letztlich durchaus rational sind, d.h. die privaten Bestandshalter_innen sich tendenziell an gängigen Marktpreisen und entsprechenden Qualitätsstandards orientieren (im Falle der Neuvermietung). – Demgegenüber agieren sie jedoch im bestehenden Mietverhältnis offenkundig zurückhaltend und stellen das Ziel der langfristigen Bindung des Mieters deutlich über (kurzoder mittelfristige) Ertragssteigerungspotenziale. Zusammenfassend lässt sich ableiten, dass private Bestandshalter_innen offenbar mit ihrer Investition in Immobilien v.a. eine nachhaltige, auf Langfristigkeit angelegte und sichere Investitionsstrategie verfolgen und daher versuchen, ihre Investition marktgerecht auszurichten aber gleichzeitig wesentliche Friktionen mit ihren Kund_innen vermeiden wollen. 27 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung 3.2 Methodik: Interviews mit privaten Bestandshalter_innen Während die Strategien privater Bestandshalter_innen im Sinne der Handlungsansätze im Vermietungsalltag in der Literatur bereits angeschnitten wurden, sollen nunmehr ihre Entscheidungsprozesse systematisiert nachvollzogen werden. Private Bestandshalter_innen werden als handelnde Akteure in den Blick genommen. Ziel ist es, etwas über ihre Motive zu Investition und Bewirtschaftung sowie zu handlungsleitenden Faktoren zu erfahren. Qualitative Interviews sollen Zugang zu bewussten und unbewussten Entscheidungsprozessen schaffen. So soll eine strukturierte Übersicht über Motive und Faktoren bei der Vermietung entstehen, die sich auf das Anlage-, Investitions- und Bewirtschaftungsverhalten auswirken. Die Untersuchungseinheit sind die bereits in Kapitel 2.1Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. vorgestellten privaten Bestandshalter_innen von Mietwohnraum. Kriterien für im Sinne der Studie geeignete Interviewpartner_innen waren: – Eine Spanne von ein bis 50 Vermietungsobjekte im Eigentum und – der Bezug zu den Fokusstandorten von mindestens einem der Vermietungsobjekte. Ursprünglich waren Interviews in Köln und Dortmund angestrebt – Großstädten mit einem hohen Mehrfamilienhaus-Anteil und einem dynamischen Mietwohnungsmarkt sowie unterschiedlichen sozio-ökonomischen Entwicklungsszenarien und Mietpreisniveaus (vgl. Tabelle 5). Die differenzierte Marktkulisse der Vermietung sollte erlauben, marktbedingte Einflüsse auf Investitions- und Bewirtschaftungsentscheidungen zu erkennen. Trotz der an sich guten Zugänge zu Immobilienmarktakteuren erwies sich die Akquisition gesprächsbereiter Vermieter_innen als äußerst schwierig. Daher wurde die Suche regional ausgedehnt. Tabelle 5: Angebotspreise als Orientierungswerte für Gebietsauswahl BRD Landkreise und kreisfr. Städte NRW Landkreise und kreisfr. Städte Köln Dortmund Anteil MFH an allen Wohngebäuden 2011 17,44 % 23,37 % 41,18 % 39,04 % MW Angebotspreis Durchschnitt 2009 5,72 €/m² 5,65 €/m² 8,57 €/m² 5,45 €/m² MW Angebotspreis Durchschnitt 2018 7,70 €/m² 7,19 €/m² 11,85 €/m² 7,55 €/m² MW jährliche Marktdynamik in 2009 - 2018 2,94 % 2,36 % 3,33 % 3,18 % Quelle: InWIS 2019; Datengrundlage: Zensus 2011, ImmobilienScout24 Angebotsdaten 2009-2018 Potenzielle Interviewpartner_innen wurden über verschiedene Gatekeeper (Marktakteure mit Zugang zu privaten Bestandshalter_innen) schriftlich oder mündlich angesprochen. Es gab ein unterstützendes Anschreiben, das grundlegende Informationen zum Forschungsprojekt und zum Interviewablauf enthielt. Solche Gatekeeper waren Vertreter_innen der jeweiligen Stadt, von Interessensverbänden der Vermieter_innen, Finanzierungsinstitute und ein Maklerbüro. 28 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Die Interviews setzten beim Erwerb des ersten Objektes an; Themen aus dem Vermietungsalltag wurden meist selbstständig angesprochen. Der Leitfaden (vgl. Tabelle 6) regte zu Erläuterungen der Investitions- und Bewirtschaftungstätigkeiten an. Thematisiert wurden zudem die Bewertung von Rahmenbedingungen und eine offene Frage ermöglichte Antworten zu Investitionen und Bewirtschaftung. Abschließend gab es Faktenfragen zu Mietobjekt und Person zwecks Einordnung und Vergleichbarkeit der Interviewinhalte. Tabelle 6: Aufbau des Interviewleitfadens Leitfragen Erwerb und Erzählanstoß Wie sind Sie Vermieter_in geworden? Was ist seitdem passiert (- welche Aufgaben sind seitdem angefallen)? Investitionstätigkeiten Wann haben Sie an der Wohnung zuletzt was gemacht? Bewirtschaftung Wie haben Sie die Miethöhe für die Mietwohnungen festgelegt? Letzter Auszug eines Mieters… Was haben sie daraufhin mit der Wohnung gemacht? Wahrnehmung und Bewertung von Rahmenbedingungen Warum interessieren sich Leute für Ihre Wohnung? Warum nicht? Wie finden Sie den Stadtteil der Wohnung? Was ist an dem Stadtteil besonders? Wie alt ist die Wohnung? Woran merkt man das Alter der Wohnung? Wie haben sich die Aufgaben der Vermietung über die letzten 5 Jahre verändert? Abschließende Fragen Gibt es noch Etwas, was Sie zum bisherigen Gespräch noch sagen möchten? Wie viele Mietobjekte vermieten Sie und seit wann? Wohnort, Alter, Beruf? Quelle: InWIS 2019 Fünf Interviews wurden innerhalb von drei Wochen im Mai bzw. Juni 2019 geführt. Die Interviews wurden in Abhängigkeit von zeitlicher Verfügbarkeit, Wohnort und Wunsch der Kandidat_in telefonisch oder persönlich in einem ungestörten Umfeld geführt. Die Dauer richtete sich nach dem individuellen Gesprächsverlauf und lag etwa bei 30 bis 60 Minuten. Tabelle 7: Übersicht über die Interviewpartner_innen (anonymisiert) Nr. Bestandshalter_in Aktuelle Mietobjekte Vermietungshistorie Alter Beruf Standorte Umfang Erstes Objekt erlangt durch… Vermieter_in seit… 1 37 Immobilien-kaufmann_frau (Vertriebsleiter_in) Köln, Erftstadt 5 WE (in 5 MFH) Kauf 4 Jahren 2 62 Hausmann_frau (Vermieter_in) Dortmund 33 WE (4 MFH, 1 EFH) Kauf 25 Jahren 3 62 Frührentner_in (Kaufmann_frau) Dortmund ~20 WE (in 3 MFH) Erbe (tw. Erbengemeinschaft) ~10 Jahren über 50 Jahre Familienbesitz 4 26 Ingenieur_in (Stellvertretend für Mutter) Dortmund ~6 WE (in 1 MFH) Erbe (mittelbar an Mutter) ~2 Jahren über 50 Jahre Familienbesitz 5 37 Kaufmann_frau (Vertriebsleiter_in) Hamm, Lünen 11 WE (in 4 MFH) Kauf 5 Jahren Quelle: InWIS 2019 29 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Die Auswertung der Interviews erfolgte in drei Dimensionen: nach Motiven, Einflussfaktoren und Handlungsansätzen von Investitions- und Bewirtschaftungsvorgängen. Die Zusammenfassungen werden unterlegt mit Zitaten aus einzelnen Interviews. 3.3 Motive für die Investition und Bewirtschaftung von Mietobjekten Die Interviews zeigten eine differenzierte Motivation bzgl. der Entscheidungen von privaten Bestandshalter_innen überhaupt Geld in Immobilien anzulegen, die (vorhandenen) Immobilien zu bewirtschaften oder sogar in entsprechende Immobilien (erneut) zu investieren. Insgesamt lassen sich aus einer Vielzahl von (teils ähnlichen) Motivlagen der befragten Personen letztlich drei Leitmotiven ableiten: Gewinn, Sicherheit und Persönliches. Abbildung 8: Motive privater Bestandshalter_innen (Übersicht) MOTIVE Anlage Gewinn Sicherheit Persönliches Geldanlage oder Erbe Persönliche Bindung Altersvorsorge Potenzielle Wohnung für Kinder Anlagensicherheit Werterhalt Spaß Investition Bewirtschaftung Gesellschaftlicher Beitrag Substanzerhalt Fluktuation vermeiden Rechtssicherheit Problemmieter_innen meiden Wertschätzung Persönliche Ressourcen sparen Werterhalt / Wertsteigerung Liebhaberei Zielgruppenansprache Mieterzufriedenheit Selbstnutzung Quelle: InWIS 2019 Die befragten Personen äußerten bzgl. ihrer Anlageentscheidung, dass Sie Immobilien ererbt oder anderweitig vorhandenes Kapital angelegt haben. In den untersuchten Fällen wurde nicht eigens Kapital aufgenommen, um Anlageobjekte zu erwerben. Mietobjekte wurden von den Bestandshalter_innen als sichere und (mindestens) werterhaltende Geldanlage für vorhandenes Kapital eingeschätzt, wobei ein Gewinn aus Wertsteigerung von den meisten Interviewten nachrangig gesehen wird. Stattdessen steht für sie in der Regel die eigene Altersvorsorge (oder die der eigenen Kinder) im Vordergrund – also ein Streben nach (Alters-) Sicherheit: 30 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung „Wir sind ja Privatleute, wir haben kein Interesse da irgendwelche großartigen Profite rauszuschlagen“ (Vermieter_in über Gewinnmotive bei der Vermietung) Einige Interviewpartner_innen erläuterten, dass sie wegen persönlicher Bindungen an Objekt oder Stadtteil Verantwortung übernehmen und bedarfsgerechten Wohnraum bereitstellen: „Man muss auch soziale Verantwortung übernehmen. Ist dann auch ein gutes Gefühl für mich, da habe ich dann auch keine hohe Miete genommen.“ (Vermieter_in über die Vermietung einer Wohnung an eine Person mit Mobilitätseinschränkung) Zwei Befragte äußerten zudem explizit, dass Ihnen der Umgang mit Immobilien (und den darin lebenden Menschen) „Spaß“ mache. Weitere befragte Personen ließen ebenfalls erkennen, dass sie Freude an der Tätigkeit empfinden (ohne dies direkt zu benennen); jedenfalls wird die Tätigkeit in der Regel nicht als Last empfunden: „Uns macht das auch einfach Spaß, da tätig zu werden“ (Vermieter_in über Vermietungsobjekt mit persönlichem Bezug) Diese Freude entsteht, wie man an den voranstehenden Zitaten schon erkennen kann, zweifelsohne auch aus dem Gefühl heraus, ‚etwas Gutes zu tun‘ – dies ist für private Bestandshalter_innen offenbar mehr als ein willkommener ‚Nebeneffekt‘ bei der Geldanlage (etwa im Vergleich zu anderen, eher anonymen Anlagearten): „Ist sie mir um den Hals gefallen vor Freude, da wusste ich aber auch, dass sie die Richtige ist für die Wohnung“ (Vermieter_in über den Gewinn neuer Mieter_innen) Doch es geht hier offenkundig nicht nur um das eigene Gewissen. Gelingt es, gute Mieter_innen auszuwählen und Fluktuation zu vermeiden, schont das nicht nur Zeit- und Arbeitsressourcen – es zahlt auch auf den Erhalt der Substanz und die Sicherung der Geldanlage ein: „[Ein] Mieter wohnt seit 18 Jahren im Haus. Das ist natürlich auch schön für uns als Vermieter. Man hat keinen Stress mit den Mietern. Die versuchen […] selbst was in Stand zu setzen. Sind halt ruhig, machen keinen Dreck, Lärm. […] Das ist schön, wenn das so reibungslos funktioniert.“ (Vermieter_in über den Vorteil von Langzeitmietern) Insofern wundert es nicht, dass nach Angabe von Haus & Grund 2018 die durchschnittliche Mietdauer bei privaten Bestandshalter_innen über acht Jahre betrug und fast 99 Prozent der Vermieter_innen mit ihren Kund_innen (sehr) zufrieden waren (vgl. Haus&Grund 2018, S. 4/7). Zentrales Motiv beim Investitionsverhalten der Interviewten in Bezug auf die weitere Entwicklung der Immobilien ist ausnahmslos der Substanz- bzw. Werterhalt des Objekts. Daneben spielte in einzelnen Fällen offenbar auch die Bestrebung, einen höheren Ertrag zu erwirtschaften, eine Rolle. Ein solches Motiv wurde in der Regel verbunden mit der Bestrebung, durch die Investitionen andere Zielgruppen mit der Immobilie ansprechen zu können. Dies würde in hohem Maße für ein strategisches Vorgehen der Vermieter_innen sprechen: 31 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung „[…] nun setzen wir nach und nach die Wohnungen in Stand, renovieren die und suchen uns dann auch die Mieter genau aus […] Durch die Renovierung muss sich das Haus schon ein bisschen von den Nachbarhäusern unterscheiden“ (Vermieter_in über getätigte Maßnahmen im Objekt und die Anpassung der Miete) Im Zusammenhang mit Investitionstätigkeiten wird von allen Vermieter_innen jedoch als wesentliche Triebfeder die Zufriedenheit der vorhandenen Mieter_innen genannt. Es geht ihnen darum, Fluktuation zu vermeiden und möglichst Mieter_innen zu finden, die über lange Jahre verlässlich bei ihnen Wohnen. Ein Grund hierfür ist auch das Streben nach einer sicheren Geldanlage. Daneben spielen auch persönliche Motive, wie z.B. der Wohnsitz im eigenen Objekt sowie die Begeisterung für die architektonische Qualität des Objektes eine Rolle: „Das macht mir auch einfach Spaß das alte Gebäude wieder in den ursprünglichen Zustand zu setzen. Das lohnt sich eigentlich nicht, ist eher Liebhaberei.“ (Vermieter_in über ein Mehrfamilienhaus aus der Gründerzeit) 3.4 Einflussfaktoren für Bewirtschaftung und Investitionen Einflüsse auf die Strategien der privaten Vermieter_innen lassen sich in äußere und innere Einflussfaktoren gliedern. Von außen wirken als Rahmenbedingungen der Vermietung die Marktsituation und die Standortfaktoren des Mietobjekts sowie z.B. rechtliche Vorgaben. Als Innere Einflussfaktoren werden hier Eigenschaften der Vermieter_innen selbst bezeichnet. Sie umfassen sowohl persönliche Bindungen und Bezüge als auch Ressourcen, die den befragten Personen in unterschiedlichem Umfang zur Verfügung stehen. Für alle Interviewten spielen mindestens je ein Faktor aus den Bereichen Markt- und Standortbedingungen, rechtliche Rahmenbedingungen sowie persönliche Bindung und persönliche Ressourcen eine Rolle. Alle weiteren Faktoren können diesen vier leitenden Faktoren zugeordnet werden: 32 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Abbildung 9: Äußere und innere Einflussfaktoren für das Investitions- und Bewirtschaftungsverhalten privater Bestandshalter_innen (Übersicht) ÄUßERE FAKTOREN Objekt Marktlage Gesetze Standort Markt- und Standortbedingungen Fördermittel Präsenz Rechtliche Rahmenbedingungen Investitions- und Bewirtschaftungsverhalten Persönliche Bindung zum Objekt zum Stadtteil Persönliche Ressourcen zur Mieter_in Kapital Erfahrung Zugang zu Informationen INNERE FAKTOREN Quelle: InWIS 2019 3.4.1 Markt- und Standortbedingungen Die Marktlage nehmen alle Interviewten unterschiedlich bewusst war. Allen dient der Mietspiegel zur Orientierung bei Vermietungsentscheidungen. Weitere Orientierungswerte bieten etwa der Hälfte der Interviewten Medienberichte und Angebotspreise von Konkurrenzangeboten in der Nachbarschaft auf Immobilienportalen. Der präsenteste Marktfaktor für die Vermieter_innen ist die direkte Nachfrage auf ihre eigenen Wohnungsannoncen: „Die Medieneinschätzung zu steigenden Preise kann ich für Dortmund nicht bestätigen.“ (Vermieter_in über die Preisentwicklung in Dortmund) „Ende der 70er war das noch schwierig Mieter zu finden.“ (Vermieter_in über sich ändernde Rahmenbedingungen der Vermietung in Dortmund) „Entweder ist der Markt wirklich so leergefegt, oder die Miete war zu günstig.“ (Vermieter_in einer Kölner Mietwohnung mit zahlreichen Bewerbungen) „Das war Wahnsinn. Die Menschen haben […] gebettelt. Da hat man gesehen wie groß die Not ist auch in so einer Stadt wie Hamm.“ (Vermieter_in über Wohnungsnot im Ruhrgebiet) Als deutlichen Faktor für den Marktwert der Wohnung stellen die Vermieter_innen den Standort der Wohnung heraus. Sie bewerten den Teilmarkt der Stadt und des Stadtteils, differenzieren nach Infrastrukturangeboten, Sozialstruktur und Image: 33 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung „Da Köln zu ist, [ist der Stadtrand] immer mehr angesagt. Der Norden wird sich ähnlich wie Ehrenfeld entwickeln. Ehemaliges Arbeiterviertel, jetzt steigen die Preise durch die Decke und junge Leute ziehen dahin.“ (Vermieter_in in Köln beobachtet Markt- und Stadtentwicklung). „Hier wird aber nur investiert, wenn die Problemmieter aus dem Nachbarhaus raus sind.“ (Vermieter_in über die Rolle der Nachbarschaft) Den Zustand von Gebäude und Wohnung schätzen sie an Hand des Gebäudealters, im Vergleich mit der direkten Nachbarschaftsbebauung und mit ihren eigenen Ansprüchen ab. „Durch die Renovierung muss sich das schon ein bisschen von den Nachbarhäusern unterscheiden.“ (Vermieter_in über Zustand und Mietpreis eines Dortmunder Vermietungsobjekts) In ihren Entscheidungen lassen sie sich abhängig von ihren Motiven unterschiedlich stark von den Markt- und Standortbedingungen leiten. „Mit der Miete orientiere ich mich in der Tat mehr oder weniger am Mietspiegel. Plus einen kleinen Obolus oben drauf.“ (Vermieter_in mehrerer Wohnungen in Köln) „Lünen ist deutlich besser von der Stadt her. Die Nähe zu Dortmund ist zu spüren. Da könnte man ganz andere Preise aufrufen.“ (Vermieter_in über Teilmarktunterschiede im Ruhrgebiet) Den befragten privaten Vermieter_innen ist somit das Marktgeschehen grundsätzlich bewusst; insbesondere ihre Einschätzung der Standortqualität heben sie als Einflussfaktor hervor. 3.4.2 Rechtliche Rahmenbedingungen Den Vermieter_innen sind gesetzliche Mietpreisregelungen, Mietpreisbremse und Mietspiegel präsent. Insbesondere den Mietspiegel nennen alle als ausschlaggebenden Faktor bei der Mietpreisfestlegung. Das Mietrecht führen sie wiederholt im Zusammenhang mit sog. ‚Problemmieter_innen‘ an. Solche werden von Vermieter_innen durch ausbleibende Mietzahlungen, störendes Verhalten gegenüber Vermieter_innen und Nachbar_innen sowie schädlichen Umgang mit dem Mietobjekt charakterisiert. Die Befragten sehen nur sehr eingeschränkte bis keine Lösungsansätze im Umgang mit solchen Personen, sodass sie diese Gruppe als wesentlichen Risikofaktor betrachten – wodurch sie sehr vorsichtig bei der Mieter_innenauswahl werden. In diesem Zusammenhang (wie im Übrigen auch in Bezug auf fehlende Vorgaben zur Betriebskostenabrechnung) empfinden die Vermieter_innen Rechtsunsicherheit: „Mietausfallschutz und Rechtsschutzversicherung sollte jeder Vermieter haben.“ (Vermieter_in über den Umgang mit Mietnomaden) „Die hohen Kosten für Vermieter, Problemmieter auszuklagen, schreckt viele ab.“ (Vermieter_in über die rechtlichen Schwierigkeiten mit Problemmietern) 34 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung „Mieter bei denen man belegen kann, dass sie nicht reinpassen z.B. psychisch Schwerkranke – da braucht man Mittel und Wege sie rauszubekommen. Das wirkt sich sonst auf alle anderen Wohnungen im Haus aus.“ (Vermieter_in über fehlende Handhabe bei Problemmietern) Steuerrechtliche Vorgaben und Möglichkeiten beeinflussen das Handeln, sofern sie bekannt sind. Einige Vermieter_innen führen konkrete Regeln zur steuerlichen Absetzung an, die sie bei Investitionsentscheidungen leiten, andere wollen steuerliche Themen nicht thematisieren: „Da habe ich nur eine Neubauküche eingesetzt. Die kann abgeschrieben werden, die Mieter freuen sich und sind eventuell bereit, noch ein bisschen mehr zu zahlen.“ (Vermieter_in über Möglichkeiten der Ertragsmaximierung) Der Einfluss von Förderprogrammen und -bedingungen auf das Handeln der Vermieter_innen ist neben dem finanziellen Anreiz stark von der Präsenz, Zugänglichkeit und Komplexität der Vorgaben abhängig. Als Einflussfaktoren für den Einsatz von Fördermitteln werden Beratungsangebote, persönliche Ansprechpartner_innen und die Gestaltung des Internetauftritts des jeweiligen Fördergebers benannt. (Komplexe) Auflagen für Antragstellung und Umsetzung der geförderten Maßnahmen sind zugleich hemmende Faktoren für private Vermieter_innen. Insgesamt ist die Förderkulisse durchaus ein (gegebenenfalls ungenutzter bzw. unbekannter) Einflussfaktor für das Investitions- und Bewirtschaftungsverhalten privater Vermieter_innen: „Angepasste individuellere Förderungen entsprechend der Gebäudealter würden Sinn machen, um langfristig Wohnraum zu erhalten.“ (Vermieter_in über fehlende Förderangebote) Die privaten Vermieter_innen kennen sich jedenfalls grundlegend im rechtlichen Kontext aus, bewerten ordnungspolitische Instrumente jedoch uneinheitlich und ggf. als unzureichend. 3.4.3 Persönliche Bindung Der persönliche Bezug der Vermieter_innen zum Vermietungsobjekt, zum Stadtteil und auch zu den Mieter_innen beeinflusst ihre Entscheidungen im Vermietungsalltag. Insbesondere wenn das Mietobjekt ererbt ist, besteht häufig eine persönliche Bindung der Vermieter_innen zum Objekt, die als Einflussfaktor auf Anlage- und Investitionsverhalten einwirkt. Aber auch darüber hinaus besteht bei einigen Vermieter_innen eine Bindung zum Stadtteil – etwa wenn sie dort aufgewachsen sind oder (noch) heute leben. Auch diese Bindung wirkt sich auf Entscheidungen der Vermieter_innen aus, die in solchen Fällen ihre Vermietungspraxis auch auf eine positive Ausstrahlwirkung auf den Stadtteil ausrichten: „Für mich ist das ein Stück Heimat. Nicht einfach nur ein Objekt. Das ist ein Stück vom ganzen Leben.“ (Vermieter_in im Zusammenhang mit der Lage des Mietobjektes) Dieser Fokus auf den Nahraum um ein (Wohn-) Objekt herum ist nicht ganz losgelöst aus anderen Debatten zu bewerten. Er zeigt sich auch in anderen Perspektiven. So ist nachweislich die – ohnehin schon große – Bedeutung des Wohnumfelds für die Zufriedenheit von Mieter_innen in den vergangenen Jahren weiter gestiegen (vgl. Bölting/Eisele 2019: 97f). Auch von Seiten 35 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung der (unternehmerischen) Vermieter ist ein Fokus auf den Sozialraum oder das Quartier als Handlungsebene erkennbar (vgl. GdW 2018: 61ff und Schnur et al. 2014). Insgesamt erlebt das Quartier auch auf der planerischen Ebene und in Bezug zur (lokalen) Governance von (Stadt-) Entwicklungsprozessen eine verstärkte Wertschätzung (vgl. Drilling/Schnur 2009). Dennoch zeigt sich in den Interviews, dass die privaten Vermieter_innen diese Perspektive in der Regel weit weniger strategisch bewerten. Stattdessen (oder besser: ergänzend dazu) tritt eben das beschriebene persönliche Verhältnis viel stärker als Einflussfaktor auf – besonders dann, wenn eben ein räumlicher (persönlicher) Bezug zum Standort der Immobilie besteht. Kurz gesagt: die privaten Vermieter_innen leitet eine ähnliche Wahrnehmung und Motivation wie ihre Mieter_innen. Sie profitieren selbst von entsprechenden Veränderungen und Verbesserungen des Wohnumfelds, des städtebaulichen Erscheinungsbildes usw. Ein gewisser Eigennutz (auch über den Werterhalt der Immobilie hinaus) ist erkennbar – mit dem Unterschied, dass sie (im Gegensatz zu den Mieter_innen) aufgrund ihres Besitzes eine Handlungsmöglichkeit haben. Neben der Bindung an den Stadtteil ist auch die persönliche Bindung zu den Mieter_innen als Einflussfaktor erkennbar. Dahinter steht, das zeigen die weiteren Nachfragen, bei allen privaten Vermieter_innen, die sich in entsprechender weise äußerten, das Streben nach einem langen und unkomplizierten Mietverhältnis: sie möchten Fluktuation vermeiden und Stabilität wahren. Neben rein rationalen Kriterien spielen aber auch persönliche Faktoren (Sympathie, Wertschätzung, Wahrnehmung einer subjektiven Bedürftigkeit) eine Rolle: „Mieter müssen zu mir passen. Das Gefühl muss einfach stimmen.“ (Vermieter_in über die Auswahl der Mieter_innen). „Ich glaube die bekommen auch Stütze, da gibt es nichts zu holen. Mit denen hat man auch keine Probleme. Da macht man nichts.“ Vermieter_in über das Abwägen von Mietersolvenz und Miethöhe. Offenbar tritt sogar ein möglicher finanzieller Anreiz hier in den Hintergrund. Auch wenn, wie schon gezeigt wurde, private Vermieter_innen an sich jedenfalls bei der Vermarktung ihrer Immobilien kein besonders marktpreisdrückendes Verhalten (jedenfalls nicht im Durchschnitt) zeigen, vermeiden sie gleichwohl häufiger Mieterhöhungen im laufenden Mietervertragsverhältnis (vgl. Kap. 2.2) In Kombination mit einer auf Fluktuationsvermeidung ausgerichteten Vermietungspolitik ergibt sich somit insgesamt die Wirkung eines gewissen „Preisankers“ – d.h. die Mietpreise im einmal bestehenden Mietverhältnis bleiben tendenziell konstant und lediglich im Neuvermietungsprozess ergeben sich Anpassungen, die dann allerdings das Marktniveau erreichen können. Die persönliche Bindung an eine Immobilie und deren Standort ist ein treibender (oft auch eigennütziger) Einflussfaktor für das Engagement als private_r Eigentümer_in. Dahinter treten rein monetäre (auf Gewinn oder Anlage ausgerichtete) Motive erkennbar zurück. 36 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung 3.4.4 Persönliche Ressourcen Eine Voraussetzung für Handlungsmöglichkeiten als Vermieter_in liegt in deren finanziellen Ressourcen. Bei den Interviewten wirken sich mögliche Gewinne aus der Vermietung unwesentlich auf die eigene Unterhaltsgestaltung aus. Sie schöpfen nach eigenen Angaben mögliche Gewinne nicht ab, sondern investieren diese weitgehend wieder zurück in das jeweilige Vermietungsobjekt oder in weitere Immobilien. In zwei der geführten Interviews wurde nicht nur betont, keine Gewinnmotive zu verfolgen, sondern auch darauf hingewiesen, dass tatsächlich keine Gewinne erwirtschaftet werden. An den Angaben zeigt sich, dass die interviewten Vermieter_innen insgesamt in auskömmlichen Verhältnissen lebten. Stärker noch als der Gewinn werden das Kapital und dessen sichere Anlage als Einflussfaktor auf das Anlage- und Investitionsverhalten genannt. Anders formuliert: Die befragten privaten Eigentümer_innen müssen allesamt nicht direkt von den Einkünften aus der Vermietung leben – sie verfügen über ausreichend andere regelmäßige Einkünfte (z.B. aus Berufstätigkeit oder aus Renten)4. Über die finanziellen Ressourcen hinaus erweisen sich weitere persönliche Fähigkeiten und Erfahrungen als wesentliche Einflussfaktoren für das Engagement als private/r Vermieter_in. Persönliche Berührungspunkte im familiären und/oder beruflichen Umfeld mit den Themen Immobilie, Vermietung, Wirtschaft und Verwaltung begünstigen ein Engagement als private/r Vermieter_in offenkundig. Konkret wurden neben klassischen Kenntnissen als (ausgebildete_r) Immobilienkauffrau/-mann auch Fähigkeiten, wie z.B. strukturierte Fördermittelrecherche, Maschinenschreiben und Kenntnisse grundlegender Verwaltungstechniken sowie eine ausgeprägte Menschenkenntnis als begünstigende Faktoren genannt. Hinzu kommen persönliche Erfahrungen aus der Vermietung von Immobilien (z.B. im beruflichen Kontext): „Durch meine Arbeit als Immobilienkauffrau/-mann sitze ich quasi an der Quelle und bekomme viel mit.“ (Vermieter_in über seine/ihre Informationswege) „Die Nebenkostenabrechnung hab‘ ich als Kind schon für die Eltern gemacht, da ich als einziger Schreibmaschine beherrschte. Seitdem hat sich nichts geändert.“ (Vermieter_in über begünstigende Erfahrungen auf dem Weg zum/zur Vermieter_in) „Nach den ersten guten Erfahrungen, dass es [die Verwaltung von Immobilien] für uns [als Familie] händelbar und finanzierbar ist, kam dann ein weiterer Kauf.“ (Vermieter_in über den Mehrwert von Erfahrungen in der Vermietung) Die Folgen von Privatisierungen an weniger vermögende Einzeleigetümer_innen – insbesondere in Wohneigentümergemeinschaften – sind anhand einzelner „Spekulationsruinen“ diskutiert worden. Ein prominentes Beispiel ist das „Horror-Hochhaus“ in der Dortmunder Nordstadt, das nach einer Verwahrlosung infolge 15-jährigen Leerstands in Kürze nach (mühsamem) Aufkauf aller Einheiten durch die Stadt abgerissen werden soll. Hier zeigte sich, dass die entsprechenden Eigentümer_innen nicht nur über den tatsächlichen Zustand getäuscht worden waren, sondern ihnen schlicht Möglichkeiten fehlten, notwendige Investitionen zu tätigen – mit der Folge der (fast) kompletten Vernichtung ihrer Geldanlage (vgl. u.a. website nordstadtblogger.de). Insofern ist der spezielle Fall des Besitzes von Vermietungs-Immobilien trotz verhältnismäßig geringen finanziellen Spielraums gesondert zu betrachten. 4 37 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Ein weiterer zentraler Erfolgsfaktor für das Engagement als private_r Vermieter_in sind ausreichend verfügbare persönliche Zeitressourcen. Fehlende Zeit begrenzt unter anderem die Beschaffung von Informationen, die Umsetzung von Investitionsideen und gibt einen Rahmen bei der Mietersuche vor. Der Faktor Zeit spielt zudem bei der Einteilung und ggf. Abgabe von Aufgaben der Vermietung beispielsweise an Verwalter oder Hausmeister eine Rolle: „Wenn man berufstätig ist, müsste man dafür [für die Akquise von Fördermitteln] eine Woche Urlaub nehmen, um da durchzublicken. Ich finde das sehr kompliziert.“ (Vermieter_in über die Komplexität der Fördermittelkulisse) „Ich hab‘ zwar ein bisschen weniger Mieteinnahmen, aber dafür die Hilfe vor Ort. Alleine würde ich mir das so nicht zutrauen.“ (Vermieter_in über den Aufbau eines Hausmeisternetzes in ihren/seinen Beständen) Offenkundig ist den privaten Eigentümer_innen bewusst, dass dieser Status besondere Kenntnisse und Fähigkeiten (Verwaltung, Immobilienfachwissen) jedenfalls in Grundzügen erforderlich macht, bewusst. Ebenfalls machen sie deutlich, dass finanzielle und zeitliche Ressourcen notwendig sind – das Geschäft ist somit kein Selbstläufer, sondern fordert in hohem Maße persönlichen Einsatz und eine Solvenz der bzw. des Eignümers_in. 3.5 Handlungsansätze der privaten Vermieter_innen bei Anlage, Bewirtschaftung und Investitionen Die individuelle Motivation der Vermieter_innen und innere wie äußere Faktoren haben Effekte auf das Anlage-, Bewirtschaftungs- und Investitionsverhalten. Die Interviews zeigen beim Anlageverhalten zahlreiche Maßnahmen bei der Standort- und Objektwahl, sowie bei der Qualität der Mietobjekte. Bei der Bewirtschaftung wird zum einen bei dem/der Mieter_in selbst angesetzt und zwar durch das Vorgehen bei der Mietersuche und -wahl bzw. Mieterkriterien. Zum anderen werden die Ausgestaltung von Mietpreis, Verträgen und Versicherungen ansatzweise strategisch eingesetzt. Im Bereich Investitionen zeigen sich in den Interviews Maßnahmen, die einerseits bei der Organisation und andererseits bei der Finanzierung ansetzen. 38 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Abbildung 10: Anlage, Bewirtschaftungs- / Investitionsverhalten privater Vermieter_innen Bewirtschaftung Anlage Standortwahl Mietersuche/-auswahl Mietpreisfestlegung ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ Bekanntheit/Vertrautheit/ Einschätzbar persönlicher Bezug Standortfaktoren: Zentralität, Infrastruktur, Nachfrage, Marktlage Objektwahl ▪ ▪ ▪ Zustand, Preis Verkäufer_in Charakter Vermietungsumfang ▪ ▪ Testobjekt Expansion bei positiver Erfahrung ▪ ▪ ▪ ▪ Vorschläge von (Vor-) Mieter_innen und Bekannten Annonce bei ImmoScout, Ebay Kleinanzeigen, Facebook Vorauswahl: E-Mail, Gehaltsnachweis, Selbstauskunft, Schufa Recherche Persönlicher Besichtigungstermin ▪ ▪ ▪ Mieterkriterien ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ Einkommen/Solvenz passend zur Miete Berufstätige oder Studierende Gute Kommunikation (auch Sprache) Umgangsformen, psychisch und politisch unauffällig Sympathie Solide und zum Objekt passende Haushaltskonstellation gute Miet-/Wohnreferenzen, unverdächtiger Umzugsgrund Mieterkonstellation im Haus soziale Bedürftigkeit (wenn dennoch solide) Orientierung Mietspiegel – plus/minus Abgleich mit Marktlage: Erfahrungswerte, Internetrecherche/Presse, Umfeld/Vergleichswerte, Anfragen auf Inserat Anpassung bei Mieterwechsel (in Verbindung mit Modernisierung) Vermeidung von Anpassungen im laufenden Mietverhältnis, nur moderat/einvernehmlich Entgegenkommen bei Verwandten, Langzeitmieter_innen, Bedürftigen Investition Organisation ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ Finanzierung ▪ Verträge/Versicherungen ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ Versicherung gegen Mietenausfall Rechtsschutzversicherung Vertragliche Mindestmietdauer Vorlage und Erläuterung der letzten Betriebskostenabrechnung Größere Modernisierungsmaßnahmen bei Mieterwechsel akute Instandhaltungen laufend Hausmeister_in vor Ort Beratung: Internet, Bank, Stadt Ähnlich einer hauptberuflichen Tätigkeit ▪ Ausstattung wird verbessert, wenn steuerlich abzuschreiben Mietpreisanpassung aufgrund Ausstattung Fördermitteleinsatz bei einfachen/eindeutigen Dingen (KfW), oder wo gut beraten (Hof- und Fassadenprogramm) Keine Auseinandersetzung mit Wohnraumförderung Quelle: InWIS 2019 Hinsichtlich ihres Anlageverhaltens setzten sich alle Interviewten mit dem Standort des Vermietungsobjektes mehr oder weniger intensiv auseinander. Im Erbfall waren den Interviewten die Stadtteile bekannt, im Kauffall ging eine bewusste Standortwahl voran. Bei der Beurteilung des Standorts führten alle Bestandshalter_innen die infrastrukturelle Anbindung und die Zentralität des Standorts sowie die sozioökonomische Struktur und das Image des Stadtteils an. Insbesondere bei vertrauten Standorten verließen sie sich dabei vor allem auf ihre persönliche Einschätzung bzw. ihr Erfahrungswissen, statt z.B. externe Expertise in Form von Markt- und Standortgutachten o.Ä. einzuholen. „Das ist die bevorzugte Wohnlage. […] Das ist so`n Mischgebiet. Eher nicht so gut verdienende. […] Manche sagen die Bronx, andere wohnen dort sehr gerne.“ (Vermieter_in über die unterschiedlichen Lagen ihrer Vermietungsobjekte) Bewirtschaftungsentscheidungen orientieren sich in allen Schritten stark an den Mieter_innen, die erreicht und gehalten werden wollen. Ansätze bei der Mietersuche, Auswahlkriterien für Mieter_innen, in gewisser Weise auch die Bestimmung von Miethöhe und der Abschluss von Verträgen und Versicherungen werden vor allem auf die langfristige Sicherung des Mietverhältnisses ausgerichtet. Ziel ist es, langfristige und unproblematische Mieter_innen zu gewinnen bzw. zu halten, die wiederum den Wert der Immobilie nicht gefährden. Die Auswahl von Mieter_innen wird insofern in allen Fällen mit einer gewissen Sorgfalt getroffen. Anhand von ersten E-Mail-Anschreiben und Selbstauskünften wird zumeist eine Vorauswahl getroffen, 39 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung ergänzend werden zum Teil Recherchen zur Person angestellt und in allen Fällen wird das persönliche Kennenlernen als bedeutendes Instrument zur Auswahl der/des Mieter_in hervorgehoben. Weitere maßgebliche Kriterien für die Auswahl sind der objektive Nachweis der Solvenz und die Umgangsform der Interessent_innen. Die Vermieter_innen setzen hierbei stark auf ihre Menschenkenntnis: „Das ist ein Geben und Nehmen. Die Mieter gehen auch mit dem Eigentum besser um, als wäre ich so ein Hai. Es ist wirklich so ein Miteinander. Sie schätzen mich und ich schätze sie.“ Vermieter_in über das angestrebte Verhältnis zu den Mieter_innen. Diese an eigenen Erfahrungen und der Menschenkenntnis ausgerichtete Vorgehensweise birgt die Gefahr, möglicherweise unbewusst Vorurteile in die Entscheidungsfindung einzubeziehen (vgl. zum Umgang mit sog. Problemmietern in Kap. 3.4.2). Insbesondere mit Blick auf die Diskriminierung von Migrant_innen am Wohnungsmarkt sind solche Phänomene in den vergangenen 15 Jahren immer wieder beschrieben worden (vgl. u.a. Planerladen 2007, Kowalski et al. 2005 sowie zusammenfassend ADS 2015: 26f). Ob es hierbei zu einer besonders stark oder wenig diskriminierenden Verhaltensweise von privaten Vermieter_innen kommt, ist jedoch umstritten. Während in der bereits genannten Studie des Planerladen Diskriminierung v.a. von Seiten der institutionellen Vermieter sowie der (möglicherweise durch private Vermieter_innen beauftragten) Makler_innen festgestellt wurde, stellten Kowalski et al. diesbezüglich keien besonderen Schwerpunkte bei unterschiedlichen Akteuren fest (vgl. ADS 2015: 26). Auch hinsichtlich ihres Investitionsverhaltens richten die privaten Vermieter_innen sich vornehmlich an den Bedürfnissen der Mieter_innen im bestehenden Mietverhältnis aus. Das bezieht sich vor allem auf die jeweilige Wohnung, da während des laufenden Mietverhältnisses meist auf investive Maßnahmen jenseits der Instandhaltungsmaßnahmen verzichtet wird, um die Mieter_innen nicht übermäßig zu belasten. Beim Mieter_innenwechsel allerdings können auch umfassendere Maßnahmen vorgenommen werden, wobei auch in diesem Kontext darauf hingewiesen wird, Konflikte für (Bestands-) Mieter_innen möglichst zu vermeiden. Allerdings tritt in diesem Fall die persönliche Bindung zur/zum bestehenden Mieter_in als Einflussfaktor in den Hintergrund. Damit können auch Motive der langfristigen Ertragssicherung des Objektes oder gar der Ertragssteigerung eine größere Rolle übernehmen: „Wichtig ist immer, dass man zusieht, dass die Immobilie auf den neusten Stand kommt, dass man sie nicht einfach verfaulen lässt.“ (Vermieter_in zu regelmäßigen Investitionen) „Nun setzen wir nach und nach die Wohnungen in Stand, renovieren die und suchen uns dann die Mieter genau aus.“ (Vermieter_in über Mietobjekt in einem benachteiligten Gebiet) Ähnlich wie bei den Motiven und Einflussfaktoren der privaten Vermieter_innen ist auch in Bezug auf das tatsächlich zur Anwendung kommende Anlage-, Bewirtschaftungs- und Investitionsinstrumentarium in hohem Maße erkennbar, dass Aufgabenstellungen und Themen zwar häufig sehr ähnlich zu den Fragestellungen institutioneller Vermieter sind. Gleichzeitig ist das 40 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Instrumentarium jedoch vergleichsweise weniger weit operationalisiert und strukturiert angelegt. Insbesondere wird deutlich, dass – trotz vielleicht ähnlicher Strategien und Instrumente – der eigene, ganz persönliche Erfahrungs- und Ressourcenhorizont der privaten Vermieter_innen ein weitaus höheres Gewicht hat, als dies bei Entscheidungsfindungen professioneller Vermieter_innen zu beobachten ist. 4 Fazit: Private Vermieter_innen zwischen Irrationalität und Professionalisierung Private Bestandshalter_innen spielen am Wohnungsmarkt schon angesichts ihres insgesamt gewaltigen Immobilienbesitzes eine große Rolle. Doch anders als bei institutionellen Wohnungsanbietern sind bislang strukturierte Auseinandersetzungen mit ihren Motiven, Strategien und Methoden überschaubar geblieben. Das hängt auch mit der erkennbaren Heterogenität der Gruppe der ‚privaten Amateure‘, wie sie auch genannt werden, zusammen. Während man von Bestandshalter_innen mit größeren Wohnungsbeständen annimmt, dass sie sich zunehmend wie ‚professionelle‘ Anbieter verhalten, ist das für die kleinen Akteure, die einzelne oder wenige Wohnungen besitzen und anbieten, nicht strukturell geklärt. Neben ihrem Marktanteil spielt auch eine kolportierte preisdämpfenden Wirkung privater Bestandshalter_innen eine Rolle, wenn diese Anbietergruppe zuletzt häufiger thematisiert wurde. Die vorliegende Arbeit hatte daher zum Ziel, zunächst in einem quantitativen Aufschlag 41 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung die Bedeutung und Rolle der privaten Bestandshalter_innen zu sortieren, dann aber – mittels qualitativer Recherchen und Interviews – ihre Motive, ihre strategischen Absichten und auch mögliche Handlungsansätze, die sie im Bestand verfolgen, besser zu verstehen. Insgesamt zeigt auch diese Studie, dass dieses Forschungsfeld nicht einfach zu erschließen ist. Viele private Bestandshalter_innen sind zwar in Haus- und Grundbesitzervereinen organisiert, doch auch darüber nicht unbedingt erreichbar – was auch mit der sehr unterschiedlichen Organisationstiefe und dem häufig auf Dienstleistungsfunktionen für die Mitglieder fokussierten Selbstverständnis der lokalen Vereine zusammenhängt. Doch auch darüber hinaus wird deutlich, dass die Bereitschaft privater Bestandshalter_innen, sich umfassend zu Strategien und Absichten zu äußern, jedenfalls mit vertretbarem Aufwand nur ansatzweise zu erschließen ist. Dennoch ermöglicht die Studie einen Blick auf das Spektrum von Motiven und Einflussfaktoren sowie die Bandbreite von Handlungsansätzen, die private Bestandshalter_innen auszeichnen. 4.1 Privateigentum als Mietpreisbremse? Zunächst hat die Recherche gezeigt, dass ein quantitativ messbarer Effekt eines (hohen) Anteils privater Eigentümer auf den Anstieg von Mietpreisangeboten nicht feststellbar ist. Andere Faktoren, wie z.B. das Bevölkerungs- oder Wirtschaftswachstum, haben einen deutlich stärkeren Einfluss auf den Anstieg von Angebotsmieten, als dies ein hoher Anteil privater Bestandshalter_innen hätte. Das heißt im Klartext: Die Angebotsmieten steigen auch dort, wo private Bestandshalter_innen besonders stark am Markt vertreten sind. Das ist auch durch die qualitativen Recherchen zu Motiven und Einflussfaktoren belegbar. Viele der befragten Vermieter_innen gaben an, sich im Falle von Neuvermietungen durchaus mit dem jeweiligen Mietwohnungsmarkt auseinanderzusetzen und an vorhandenen Preisspiegeln für Neuvermietungen zu orientieren. Sie zeigen lediglich dann, wenn sie aus ihrer Sicht besonders erstrebenswerte, vermeintlich verlässliche und solide Mieter_innen gewinnen können, Bereitschaft, im Angebotspreis nachzulassen. In Einzelfällen spielt hierfür auch die (missliche) soziale Lage einzelner (ansonsten verlässlicher) Mieter_innen eine Rolle. Angesichts der vielerorts erkennbaren Knappheiten an den Wohnungsmärkten und vor dem Hintergrund einer in vielen Fällen offenbar noch ausreichend vorhandenen Zahlungsbereitschaft und Zahlungsfähigkeit von Mieter_innen ist jedoch zu erwarten, dass die privaten Akteure ihre Forderungen in vielen Fällen trotz ihrer hohen Ansprüche an die Qualität von Mieter_innen durchsetzen können. So ist es nur logisch, dass sie erkennbare Preis-Spielräume, die ordnungspolitisch legitim sind, durchaus auch als Rechtfertigung für Preisanpassungen heranziehen – genau wie auch das Verhalten von Immobilienbesitzenden in der Nachbarschaft. Letztlich will niemand als ‚Verlierer_in‘ dastehen – das gilt auch für die privaten Vermieter_innen. Eine Profilierung im Sinne des ‚guten Kleinvermieters‘ im Gegensatz zum ‚bösen, preistreibenden institutionellen Anbieter‘ lässt sich somit in Bezug auf die Veränderung von Angebots42 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung mietpreisen nicht durchhalten. Trotzdem scheinen die befragten Personen unter (aus Ihrer Sicht) gewissen Vorverurteilung von Eigentümern insgesamt zu leiden (‚geldgierig‘, ‚Ausbeuter‘, ‚Immobilienhaie‘ sind Schlüsselbegriffe). Sie bestehen, auch wenn das wie erwähnt quantitativ nicht belegbar ist und sich auch in den Aussagen zur Angebotspreispolitik aus den Interviews nicht belegen lässt, in Bezug auf die Preisgestaltung durchaus auf einer deutlichen Abgrenzung zu (einigen) institutionellen Anbietern. In der Tat gibt es trotz der grundlegenden Orientierung an den Möglichkeiten der Märkte denn auch einen gewissen „dämpfenden“ Effekt, der von den privaten Bestandshalter_innen ausgeht. Sind deren Wohnungen einmal vermietet, agieren sie nach eigenen Aussagen (gestützt von Recherchen der einschlägigen Interessensverbände) zurückhaltend in Bezug auf Mietpreiserhöhungen (nach § 558 BGB). Insofern wirken sie am Markt eher wie ein „MietpreisAnker“ als eine (aktiv preisdämpfende) Mietpreisbremse. Theoretisch müssten die (relativ) stabilen Preisniveaus, die private Bestandshalter_innen in ihren laufenden Mietverhältnissen bewahren, etwa bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete (z.B. durch einen Mietspiegel) ihre Wirkung entfalten, indem sie den Preisanstieg insgesamt begrenzen. Ob dies in der Praxis allerdings tatsächlich zu messbaren Effekten führt, steht dahin. Die Erfahrung mit der Erstellung von (qualifizierten) Regressions-Mietspiegeln zeigt, dass häufig gerade die Zahl und Qualität der Antworten privater Bestandshalter_innen hinter der von institutionellen Anbietern zurückbleibt. Diesen fällt es häufig leichter, aufgrund entsprechend vorhandener Software und personeller Ressourcen umfangreiche Angaben, wie sie in den MietspiegelErhebungen zum Teil gefordert werden, sorgfältig aufzubereiten. Gestützt wird diese mögliche Wirkung jedoch auch durch die Motivlage der privaten Einzeleigentümer_innen, die in vielen Fällen bezogen auf ihre langfristige Orientierung nicht den Ertrag oder gar Gewinn aus der Vermietung in den Vordergrund stellen, sondern v.a. auf Sicherheit und Beständigkeit aus sind. 4.2 Motive und Strategien privater Bestandshalter_innen Leitende Motive privater Bestandshalter_innen für die Betätigung im Immobilienmarkt sind die langfristige Absicherung ihres eigenen Vermögens, die in engem Zusammenhang mit bekannten Ertrags- oder Gewinnabsichten steht. Daneben stehen persönliche Motive im Vordergrund. Der monetäre Aspekt in der Motivation privater Bestandshalter_innen wird nur bedingt mit einem Gewinnstreben in Verbindung gebracht. Zwar ist hierbei zu berücksichtigen, dass die befragten Vermieter_innen möglicherweise darauf bedacht waren, einen dem Klischee entsprechenden (s.o.) Eindruck in den Interviews zu vermeiden. Doch legen auch ihre Orientierung an bestandserhaltenden Strategien (s.u.) sowie die Tatsache, dass die Befragten ohne Ausnahme nicht auf die Einnahmen aus der Vermietung zur Bestreitung des alltäglichen Lebensunterhalt angewiesen sind, nahe, dass eben nicht eine rein ‚kapitalistische‘ Gewinnerzielungsabsicht im Vordergrund steht. Stattdessen fokussieren die Befragten auf eine langfristige und sichere Kapitalanlage. Sie betrachten die Immobilie weniger Grundlage regelmäßiger Ein43 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung künfte, denn als Beitrag zur langfristigen Absicherung ihres Lebensstandards, wie es ansonsten tendenziell andere, langfristig ausgelegte Anlagegüter (wie z.B. Edelmetalle) bieten können. Damit einher geht eine klare Perspektive auf persönliche Motive. Die Befragten suchten nicht ‚irgendeine‘ Anlagemöglichkeit, um die genannten Sicherheitsziele zu erreichen, sondern sehen vielmehr ihre Herkunft, ein Erbe oder auch persönliche Vorlieben („Liebhaberei“) neben der finanziellen Vermögensabsicherung als ausschlaggebende Motive für ihr Engagement in Immobilien. Die Beziehung zu einer Immobilie oder einem Standort kann eben durchaus persönlicher sein, als z.B. zu einem Krügerrand, um im Bild zu bleiben. Daraus folgt zum einen der beschriebene Preisanker-Effekt im laufenden Vertragsverhältnis. Zum anderen zeigt sich hieran der Bedarf einer strategischen und stetigen Weiterentwicklung der Immobilie. Sofern dies dauerhaft erfolgreich umgesetzt werden soll, kann davon ausgegangen werden, dass mindestens ein gewisses Maß an Professionalität und damit einhergehend ein Setting an Kenntnissen und Fähigkeiten als Voraussetzung für eine dauerhaft erfolgreiche Investition in Immobilien gesehen wird. Das private Direkt-Investment in Wohnimmobilien ist damit nichts für ‚nebenher‘ oder für strikt passiv handelnde Personen – es erfordert durchaus in gewissem Umfang ein aktives Handeln seitens der privaten Bestandshalter_innen und ein Interesse für die Möglichkeiten, die Markt, Standort und Immobilie im Einzelnen bieten. In der Übersetzung in das tatsächliche Anlage-, Bewirtschaftungs- und Investitionsverhalten werden die privaten Vermieter_innen von äußeren und inneren Faktoren beeinflusst. Neben den Möglichkeiten und Risiken, die der lokale Markt und der konkrete Standort bieten, sind dies rechtliche Rahmenbedingungen sowie die persönliche Bindung an Standort und Objekt und persönliche Ressourcen. Insbesondere zu letzteren zählen – wie bereits beschrieben – auch die Fähigkeit, diese Einflussfaktoren zu bewerten und daraus Strategien und konkrete Maßnahmen ableiten zu können. Aus dem Zusammenspiel der Motive und Einflussfaktoren sowie der schließlich angewandten Handlungsansätze lassen sich die Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Bestandshalter_innen ableiten. Es zeigt sich, dass diese Strategien durchaus Elemente klassischer wohnungswirtschaftlicher Managementstrategien (Cashflow-, Nutzen- und Wertmaximierung) enthalten. Doch werden sie unterschiedlich bewusst und mehr oder weniger stringent umgesetzt – in keinem der untersuchten Fälle kann von einer reinen Strategie nach immobilienwirtschaftlichem Ansatz gesprochen werden. Stattdessen spielten eben immer auch weitere, nicht im Sinne der o.g. wohnungswirtschaftlichen Strategien streng-rationale Argumente eine wichtige Rolle. Insofern ist vordergründig keiner der analysierten privaten Bestandshalter_innen auch in Bezug auf ihre strategische Ausrichtung (und nicht nur vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das Engagement in Immobilien sozusagen ‚nebenberuflich‘ ausgeübt wird) als ‚professionell‘ im Sinne eines immobilienwirtschaftlichen Ansatzes zu beschreiben. Gleichwohl trifft der Umkehrschluss, private Vermieter_innen handelten unprofessionell oder irrational, ebenso wenig zu. Zwar lassen sich private Bestandshalter_innen durch äußere und innere Ein44 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung flussfaktoren lenken und beziehen häufig persönliche, in einer streng betriebswirtschaftlichen Perspektive nicht-rationale Motive in ihre Entscheidungen ein, doch ist das daraus resultierende Handeln insgesamt zumeist sehr wohl stringent abgeleitet und insofern rational im Sinne der/des jeweiligen Eigentümers_in. Anders als bei institutionalisierten immobilienwirtschaftlichen Ansätzen, setzen die Strategien der privaten Bestandshalter_innen an deren eigener Lebenswirklichkeit an. Aber auch sie lernen aus Erfahrungen und optimieren ihre Strategien entsprechend sich wandelnder Rahmenbedingungen, wie beispielsweise Veränderungen in der Nachbarschaft, im Marktgeschehen oder von gesetzlichen Regelungen. Abbildung 11: Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Bestandshalter_innen ÄUßERE FAKTOREN Objektwahl Vermietungsumfang Rechtliche Rahmenbedingungen Mietersuche/-auswahl Mieterkriterien Mietpreisfestlegung Verträge/Versicherungen Persönliche Bindung INVESTITIONEN Standortwahl BEWIRTSCHAFTUNG ANLAGE MOTIVE Markt- und Standortbedingungen Gewinn Organisation Sicherheit Finanzierung Persönliches Persönliche Ressourcen INNERE FAKTOREN Quelle: InWIS 2019 Diese ‚spezielle Professionalität‘ sowie die stetige Weiterentwicklung des strategischen Ansatzes auch durch die privaten Bestandshalter_innen äußert sich in einem umfangreichen Kanon an strategischen und operativen Instrumenten, die zum Einsatz kommen. In praktisch allen Anlage-, Bewirtschaftungs- und Investitionsentscheidungen lassen sich Ansätze dieser Professionalisierung erkennen. So versuchen auch private Bestandshalter_innen, systematisch die Vor- und Nachteile eines konkreten Standortes zu erschließen und abzuwägen. Den fehlenden Zugang zu personellen (Research-) Ressourcen oder entsprechenden Instrumenten (Marktund Standortanalysen o.Ä.) kompensieren sie in hohem Maße mit eigenen Erfahrungen und der Kenntnis der Örtlichkeit. Auch in der Bewirtschaftung, etwa bei der Auswahl von Mieter_innen, zeigt sich eine strategische Ausrichtung der privaten Bestandshalter_innen etwa in der Vermeidung von vermeintlichen ‚Problemmieter_innen‘ oder in der Ausrichtung der Immobilie auf bestimmte Zielgruppen). Auch hier wird allerdings weniger auf Formalismen und konkrete Tools gesetzt, als auf die eigene (aus Erfahrung geschulte) Menschenkenntnis. Schließlich zeigen auch die privaten Anbieter_innen mit ihrem Schwerpunkt, größere Investiti45 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung onen möglichst auf den Zeitpunkt von Mieter_innenwechsel zu verschieben, strategische Ansätze – in der Organisation und Finanzierung (z.B. durch Fördermittel) hingegen wird wiederum deutlich, dass ihnen das professionelle Instrumentarium teilweise fehlt. Private Bestandshalter_innen sind offenbar also – abgesehen von der nebenberuflichen Ausübung ihrer Tätigkeit – keineswegs als ‚Amateure‘ zu bezeichnen. Vielmehr zeigen sie, ähnlich wie eine designiert zielgerichtet handelnde institutionelle Wohnungswirtschaft, jeweils nachvollziehbare strategische Ausrichtungen in ihren Entscheidungen und verfügen auch über Wissen und Fähigkeiten, diese Anforderungen in geeignetem Umfang zu operationalisieren. Lediglich in der Wahl der Mittel selbst, wie z.B. beim Verzicht auf entsprechende Software-Tools usw. für bestimmte Bewirtschaftungsschritte, wirken sie zunächst weniger ‚professionell‘. 4.3 Komplexer Zugang zu privaten Bestandshalter_innen und weiterer Forschungsbedarf Die vorliegende, explorativ angelegte Studie kann keinen repräsentativen Überblick zu Motiven und Strategien privater Bestandshalter_innen liefern. Dazu ist allein diese Gruppe schon viel zu heterogen. Allerdings stellte sich der Zugang zum Forschungsfeld, zu den privaten Bestandshalter_innen im Sinne der eigenen Definition, als unerwartet schwierig heraus. Zunächst ist eine systematische direkte Bestandsaufnahme mit privaten Bestandshalter_innen ohne Weiteres nicht möglich, da es keine öffentlich zugänglichen Verzeichnisse o.Ä. gibt, aufgrund derer eine Auswahl getroffen werden könnte. Das IWU konnte mit seiner quantitativ angelegten Studie 2015 (BBSR 2015a) auf Mehrfamilienhausadressen (von privaten Datenanbietern) zugreifen und diese – u.a. durch Vermittlung des BBSR – mithilfe ausgewählter kommunaler Grundsteuerstellen, die in dem Forschungsprojekt kooperierten, verifizieren. Dadurch ließ sich die respektable Stichprobengröße von immerhin rd. 3.000 (standardisiert) befragten Eigentümern erzielen. Nicht zuletzt aufgrund der komplexen Stichprobenziehung, die aus Gründen des Datenschutzes notwendig war, war dieser Ansatz jedoch für die vorliegende Studie nicht reproduzierbar. Zudem soll gezielt ein stärker qualitativer Zugang gewählt werden. Die räumlich heterogene Marktsituation sowie unterschiedliche raumstrukturelle Gegebenheiten führen allerdings dazu, dass eine deutlich größere Zahl befragter Personen an sich wünschenswert wäre, um mögliche Wechselwirkungen zwischen strategischen Ausrichtungen, Motiven oder Methoden und z.B. der Marktlage herauszuarbeiten. Dies war in der Studie nur bedingt möglich, indem zwei Schwerpunkt-Räume identifiziert wurden. Doch trotz dieser Eingrenzung blieb es schwierig, aussagefähige und -willige Interviewpartner_innen zu gewinnen. Letztlich musste auf die Unterstützung von Gatekeepern, wie z.B. Anspechpartner_innen bei Maklerunternehmen, lokalen Banken mit Immobilienabteilungen oder entsprechenden Immobilien-Tochterunternehmen, zurückgegriffen werden.. 46 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Prof. Dr. Raphael Spieker (Spieker Immobilien GmbH, Dortmund; EBZ Business School) als einer dieser Gatekeeper äußerte nach seinen (zwar aufwändigen, doch nur teilweise erfolgreichen) Bemühungen, Interviewpartner_innen zu finden, dass viele der potenziell infrage kommenden Personen auch aufgrund ihres hohen Alters oder persönlicher Belastungen (eingeschränkte Mobilität) gar nicht in der Lage seien, für Interviews Zeit bzw. Ressourcen aufzubringen. Stattdessen sahen mehrere konsultierte Fachleute größere Potenziale, über diesen Weg zu einer (ebenfalls interessanten, aber nicht dem Forschungsgegenstand entsprechenden) Gruppe größerer privater Bestanshalter_innen mit z.T. mehreren Hundert Wohnungen zu gewinnen. Versuche, über die betroffenen Kommunalverwaltungen Interviewpartner_innen zu generieren, gestalteten sich ebenfalls schwierig – mit Ausnahme des Quartiersmanagements, das einen regelmäßigen Eigentümer_innenstammtisch ausrichtet. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass auf diese Weise wiederum eher solche Personen gewonnen werden können, die an sich schon ein grundlegendes Interesse an dem Themenfeld haben. Neben der tatsächlichen Unfähigkeit, als Interviewpartner_in mitzuwirken, spielte auch eine vermutete Unzulänglichkeit bei den Interviewpartner_innen selbst eine Rolle. Viele der befragten Personen äußerten zunächst Befürchtungen, dass sie aufgrund vermeintlich fehlenden Fachwissens als Interviewpartner_innen nicht geeignet seien. Im persönlichen oder telefonischen Gespräch konnte diese Sorte zumeist zerstreut werden, sodass die Rückmeldungen zu den Gesprächen durchaus positiv ausfielen. Insgesamt gilt, dass die Forschungsarbeit letztlich sowohl bei den Gatekeepern als auch bei den befragten Personen auf großes Interesse gestoßen ist. Allerdings belegt nicht zuletzt die Komplexität der Ansprache von möglichen Interviewpartner_innen, dass in erheblichem Maße weiterr Forschungsbedarf besteht (wie es auch bereits das IWU 2015 äußerte, vgl. BBSR 2015a: 180f). Für eine tiefer gehende Recherche müssten folgende Aspekte berücksichtigt werden: – Es bedürfte einer umfassenderen Ansprache von möglichen Interviewpartner_innen – entweder über einen ähnlichen Stichprobenansatz, wie es BBSR/IWU 2015 organisieren konnten (über Grundsteuerstellen) oder über eine breiter angelegte Einbeziehung von Gatekeepern, – die räumliche Verteilung der Objekte von Bestandshalter_innen (z.B. ländlich – urban, hochwertige oder weniger hochwertige Lage) sollte eine größere Rolle spielen, – Interviewpartner könnten möglichst mithilfe konkreter Beispiele oder Muster z.B. zu Modernisierungsstrategien usw. befragt werden, – die Rolle möglicher (wohnungspolitischer) Instrumente und Ansätze könnte – ggf. in Workshops oder anhand von Modellvorhaben – detaillierter untersucht werden, als dies in einer reinen Interviewsituation möglich ist. 47 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Insgesamt ist zu prüfen, ob und inwieweit ein „aufsuchender Zugang“ – ähnlich wie es bei Modernisierungsoffensiven und entsprechenden Beratungen im Kontext von Städtebauförderprogrammen umgesetzt wird, auch für die tiefer gehende Befragung von privaten Bestandshalter_innen eingesetzt werden kann – z.B. im Kontext entsprechender Projektentwicklungen oder anderer Beratungs- und Informationsansätze. Vielmehr wird aber deutlich, dass auch die privaten Bestandshalter_innen von Wohnimmobilien beileibe keine klar homogene Gruppe sind. Zwar lässt sich in ihrer Motivation und auch im strategischen Kompass eine grundlegende Ausrichtung erkennen, doch werden schon allein in dieser indikativen Studie signifikante Unterschiede und Schwerpunktsetzungen deutlich, die es näher zu untersuchen gilt. Erkennbar besteht weiter Forschungsbedarf in diesem Feld; angesichts der bereits hier identifizierten strategischen Spektren müsste eine größer angelegte Felduntersuchung die Motivation, insbesondere aber das strategische und operative Handeln der (verschiedenen) privaten Bestandhalter_innen analysieren. Mehr noch, als das bei der begrenzten Auswahl von Interviewpartner_innen möglich war, sollte zudem auf unterschiedliche Marktkonstellationen sowie auch kleinräumig differenzierende Standort- und ggf. Objektqualitäten Rücksicht genommen werden. 48 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Literatur ADS Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2015): Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt – Strategien zum Nachweis rassistischer Benachteiligungen. Berlin. Online im Internet: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Exp ertisen/Expertise_Wohnungsmarkt_20150615.pdf?__blob=publicationFile (Abruf 31.07.2019) AK OGA – Arbeitskreis der Oberen Gutachterausschüsse (2017): Immobilienmarktbericht Deutschland 2017 der Gutachterausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland. Oldenburg. BBSR (2015a): Privateigentümer von Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern. Bonn. BBSROnline-Publikation. https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/BBSROnline/2015/DL_ON0220 15.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (Abruf 18.3.2019). BBSR (2015b): Strategien der Anbieter von Mietwohnungen und selbstnutzender Eigentümer auf eine verminderte und veränderte Nachfrage in sich entspannenden Wohnungsmärkten. Bonn. BBSR-Online-Publikation. https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/BBSROnline/2015/DL_ON1920 15.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (Abruf 18.3.2019). BBSR (2015c): Privateigentümer von Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern. Bonn. BBSROnline-Publikation. https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/BBSROnline/2015/DL_ON0220 15.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (Abruf 18.3.2019). BMVBS – Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung; BBR – Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.) (2007): Investitionsprozesse im Wohnungsbestand unter besonderer Berücksichtigung privater Vermieter. Bonn: Selbstverl. des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung. Bölting, Torsten; Eisele, Björn (2019): Wohnzufriedenheit im Quartier und die digitale Nachbarschaft. In: Heinze, Rolf G.; Kurtenbach, Sebastian; Üblacker, Jan (Hrsg.) (2019): Digitalisierung und Nachbarschaft. Erosion des Zusammenlebens oder neue Vergemeinschaftung? Baden-Baden: Nomos. (Reihe Wirtschafts- und Sozialpolitik, Bd. 21) Bölting, Torsten; Königsmann, Thomas; Neitzel, Michael (2016): Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft. Chancen und Risiken. Studie. InWIS Forschung und Beratung GmbH. Studie im Auftrag der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID), Berlin. Drilling, Matthias; Schnur, Olaf (Hrsg.) (2009): Governance der Quartiersentwicklung. Theoretische und praktische Zugänge zu neuen Steuerungsformen. Wiesbaden: Springer/VS 49 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung GdW – Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. (2016): Wohnungswirtschaftliche Daten und Trends 2016/2017. Die Wohnungswirtschaft Deutschland. Berlin. Gdw – Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. (Hrsg.) (2018): Wohntrends 2035. Berlin. Erstellt durch Analyse&Konzepte (Hamburg), InWIS (Bochum). Berlin (GdW-Branchenbericht 7) Gondring, Hanspeter (2012): Zukunft der Immobilie. Megatrends der Immobilienwirtschaft. 1. Auflage. Köln: Immobilien Manager Verlag IMV (Immobilienfachwissen). Grabener Verlag GmbH (Hrsg.) 2019: Online-Lexikon Immobilien-Fachwissen. Stichwort: Bewirtschaftung (Immobilien). online im Internet: https://lexikon.immobilienfachwissen.de/index.php?UID=547250911&ATOZ=B&KEYWORDID=7337 (Stand: 29.05.2019) Haus & Grund Deutschland 2018: Vermieterbefragung – Ergebnisse. Online im Internet: https://ssl.hausundgrund.de/hug_zentralverband/download.php?dl_resource_id=59200 (Stand: 09.07.2019) Haus & Grund Deutschland 2019: Unser Leitmotiv: Die Freude am Eigentum muss erhalten bleiben. online im Internet: https://www.hausundgrund.de/leitmotiv.html (Stand: 09.07.2019) Heeg, Susanne (2017): Finanzialisierung und Responsibilisierung - Zur Vermarktlichung der Stadtentwicklung. In: Barbara Schönig; Justin Kadi; Sebastian Schipper (Hrsg.): Wohnraum für alle?! Urban Studies. Bielefeld. S. 47–60. Holm, Andrej (2010): Institutionelle Anbieter auf deutschen Wohnungsmärkten – neue Strategien der Wohnungsbewirtschaftung. Informationen zur Raumentwicklung. S. 391–402. Jenkis, Helmut W. (1985): Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft zwischen Markt und Sozialbindung. In: Engelhardt, Werner ; Thiemeyer, Theo (Hrsg.): Schriften zum Genossenschaftswesen und zur Öffentlichen Wirtschaft. Berlin: Duncker & Humblot. Just, Tobias; Voigtländer, Michael; Eisfeld, Rupert; Henger, Ralph; Hesse, Markus; Toschka, Alexandra (2017): Wirtschaftsfaktor Immobilien 2017. Berlin. S. 108. Kowalski, Christoph; Krefft, Oksana; Velte, Solveig (2006): Die Wohnungssuche als Alltagsproblem von Menschen nicht-deutscher Herkunft. Eine empirische Untersuchung am Beispiel Köln. Online im Interet: https://heimatkunde.boell.de/sites/default/files/downloads/diversity/Bericht_Wohnungs vergabe.pdf (Zugriff: 31.07.2019) Kühne-Büning, Lidwina; Nordalm, Volker; Steveling, Lieselotte (Hrsg.) (2005): Grundlagen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Frankfurt am Main: Knapp. 50 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Ortalo-Magné, François; Rady, Sven (2002): Homeownership: Low Household Mobility, Volatile Housing Prices, High Income Dispersion. CESifo Working Paper Series No. 823. Planerladen e.V. (2007): Ungleichbehandlung von Migranten auf dem Wohnungsmarkt. Ergebnisse eines „Paired Ethnic Testing“ bei Intenet-Immobilen-Börsen. Dortmund. Rottke, Nico; Krautz, Sebastian (2017): Investition in Wohnimmobilien. In: Arnold, Daniel; Rottke, Nico; Winter, Ralph (Hrsg.): Wohnimmobilien: Lebenszyklus, Strategie, Transaktion. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, S. 775–832. Schenk, Matti (2019): Eigentümerstruktur am deutschen Wohnungsmarkt. Savills Spotlight S. 8. online im Internet: https://www.savills.de/_news/article/64899/2756620/3/2019/spotlight---eigentumerstruktur-am-deutschen-wohnungsmarkt (Abruf 13.3.2019). Schnur, Olaf; Drilling, Matthias; Niermann, Oliver (Hrsg.) (2014): Zwischen Lebenswelt und Renditeobjekt. Quartiere als Wohn- und Investitionsstandorte. Wiesbaden: Springer/VS Schürt, Alexander (2017): Strukturen und Entwicklungen der deutschen Wohnimmobilienmärkte. In: Arnold, Daniel; Rottke, Nico; Winter, Ralph (Hrsg.): Wohnimmobilien: Lebenszyklus, Strategie, Transaktion. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, S. 73–98. Springer Gabler Verlag (Hrsg.) 2018: Gabler Wirtschaftslexikon. Stichwort: Management. Definition. online im Internet: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/management37609/version-261043 (Stand: 14.02.2018). Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2011): Zensus 2011. online im Internet: https://www.zensus2011.de/DE/Home/home_node.html Uffer, Sabrina (2014): Wohnungsprivatisierung in Berlin. Eine Analyse verschiedener Investitionsstrategien und deren Konsequenzen für die Stadt und ihre Bewohner. In: Reclaim Berlin. Berlin; Hamburg: Assoziation A, S. 64–82. Voigtländer, Michael; Haas, Heide; Deschermeier, Philipp (2015): Anbieter von günstigem Wohnraum –eine Analyse für zehn Großstädte in NRW. In Kooperation mit der LEG Immobilien AG. IW-Policy Paper. Köln: Institut der deutschen Wirtschaft Köln. S. 16. Voigtländer, Michael; Sagner, Pekka (2019): Mieten, Modernisierungen und Mieterstruktur Vermietergruppen in Großstädten im Vergleich. Eine Analyse auf Basis des Soziooekonomischen Panels. Köln: Institut der deutschen Wirtschaft Köln. S. 20. Voigtländer, Michael; Seipelt, Björn (2017): Perspektiven für private Kleinvermieter. Gutachten für den Kölner Haus-und Grundbesitzerverein von 1888 und Haus und Grund Düsseldorf und Umgebung. Köln: Institut der deutschen Wirtschaft Köln. S. 32. Wendt, Wolf R. (1995): Geschichte der sozialen Arbeit. 4., neubearb. Auflage. Stuttgart: Enke (Enke Sozialwissenschaften). 51 Investitions- und Bewirtschaftungsstrategien privater Wohnungsbestandshalter_innen Zwischen Irrationalität und Professionalisierung Website dwenteignen.de (2019): Warum enteignen? Wir fordern vom Berliner Senat die Erarbeitung und Verabschiedung eines Gesetzes mit folgenden Inhalten (…). Deutsche Wohnen Enteigenen. online im Internet: https://www.dwenteignen.de/about/ (Zugriff: 31.07.2019) Website nordstadtblogger.de (2019): Neben dem „Horrorhaus“ geht die Sonne auf – oder wie Privatisierung dem Steuerzahler eine Riesen-Ruine hinterlässt. Online im Internet: https://www.nordstadtblogger.de/neben-dem-horrorhaus-geht-die-sonne-auf-oder-wieprivatisierung-dem-steuerzahler-eine-riesen-ruine-hinterlaesst/ (Zugriff: 31.07.2019) Autor_innen Stadtplaner AKNW Prof. Dr. rer. pol. Torsten Bölting Torsten Bölting ist seit Oktoer 2018 Professor für Sozialwissenschaften, Wohn- und Raumsoziologie an der EBZ Business School in Bochum. Daneben ist er seit 2013 Geschäftsführer der InWIS Forschung & Beratung GmbH und verantwortet hier u.a. die Bereiche Markt, Standort, Quartier / Demografie und Wohnen / Kommunale Prozesse und Konzepte sowie die Leitung des Landesbüros altengerechte Quartiere.NRW. Der ausgebildete Raumplaner (Dipl.-Ing., TU Dortmund) ist Mitglied der AKNW und lebt mit seiner Familie im nördlichen Ruhrgebiet. Valerie Niemann-Delius, M.Sc. Raumplanung, B.Sc. Bauingenieurwesen Valerie Niemann-Delius setzt sich als wissenschaftliche Mitarbeiterin der InWIS Forschung & Beratung GmbH von September 2017 bis Juli 2019 mit wohnungspolitischen Fragestellungen auseinander. Im Bereich Kommunale Prozesse und Konzepte untersucht sie das Wohnungsmarktgeschehen in unterschiedlichen Teilmärkten auf variierenden räumlichen Ebenen. Im Dialog mit lokalen Akteuren wie auch privaten Bestandshalter_innen entwickelt sie wohnungspolitische Handlungsansätze und Strategien. Seit Mitte 2019 arbeitet sie bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in Berlin. 52 Das Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung (FGW) Das Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung (FGW) wurde mit Unterstützung des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen im September 2014 als eigenständiger, gemeinnütziger Verein mit Sitz in Düsseldorf gegründet. Aufgabe und Ziel des FGW ist es, in Zeiten unübersichtlicher sozialer und ökonomischer Veränderungen neue interdisziplinäre Impulse zur gesellschaftlichen Weiterentwicklung zu geben und politische Gestaltungsoptionen für die Gewährleistung sozialer Teilhabe in einer sozial integrierten Gesellschaft zu entwickeln. Durch die Organisation innovativer Dialogformate und die Förderung zukunftsorientierter Forschungsprojekte will das Forschungsinstitut die Vernetzung von Wissenschaft, Politik und zivilgesellschaftlichen Akteur_innen vorantreiben und den zielgruppengerechten Transfer neuer Forschungsergebnisse gewährleisten. Weitere Informationen zum FGW finden Sie unter: www.fgw-nrw.de Der Themenbereich „Integrierende Stadtentwicklung“ Zentrale Aufgabe des Themenbereichs Integrierende Stadtentwicklung des FGW ist es, eine integrative Stadtpolitik auf der Grundlage eines sozial-räumlichen Lastenausgleichs in den genannten Themenfeldern zu unterstützen. Dabei ist das bereits vorhandene Handlungs- und Erfahrungswissen im Sinne einer integrativen Stadtpolitik zusammen zu führen, sind jeweils lokal dominante Spannungsfelder und Konflikte zu benennen und Möglichkeiten der Entwicklung aufzuzeigen. Die Ergebnisse dieser Arbeit fließen in einen übergeordneten Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft ein. Durch Forschungssynthesen, die Förderung kleinerer und größerer Projekte sowie die Förderung eines ressort- und fachübergreifenden Dialogs der an der Stadt- und Regionalentwicklung beteiligten Akteure will der Arbeitsbereich Stadtentwicklung dazu beitragen, eine gesicherte Wissensgrundlage z.B. für ein Monitoring integrativer Stadtentwicklungspolitik und damit einen gemeinsamen Bezugsrahmen einer integrativen Stadtentwicklungspolitik zu schaffen. Weitere Informationen zum Profil und zu den aktuellen Aktivitäten des Themenbereichs finden Sie unter: www.fgw-nrw.de/stadtentwicklung

Cite and reuse

Cite and reuse

Here you will find download options and citation links to the record and current page.

Monograph

METS MARC XML Dublin Core RIS OPAC

Image fragment

Link to the viewer page with highlighted frame Link to a IIIF image fragment

Citation links

Citation link to work Citation link to page

Image manipulation tools

Tools not available
Fullscreen Logo Full screen
  • Rotate to the left
  • Rotate to the right
  • Reset image to default view