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Gesellschaftliche Partizipationsprozesse, partizipative Forschungsmethoden und Methoden der Wissensintegration / Bergmann, Matthias (Rights reserved)

Bibliographic data

Gesellschaftliche Partizipationsprozesse, partizipative Forschungsmethoden und Methoden der Wissensintegration

Description

Author:
Bergmann, Matthias
Theiler, Lena
Heyen, Dirk Arne
Kampffmeyer, Nele
Monteforte, Michelle
Title:
Gesellschaftliche Partizipationsprozesse, partizipative Forschungsmethoden und Methoden der Wissensintegration : Auswertung einer Befragung der Projekte der BMBF-Fördermaßnahme "Umwelt- und gesellschaftsverträgliche Transformation des Energiesystems" (2013-2017) / Matthias Bergmann, Lena Theiler (ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung), Dirk Arne Heyen, Nele Kampffmeyer, Michelle Monteforte (Öko-Institut e.V.)
Publication:
Frankfurt am Main: Institut für Sozial-Ökologische Forschung, 2018
Language:
German
Scope:
1 Online-Ressource (62 Seiten)
Note:
Datum des Herunterladens: 28.4.2018
Urban Studies:
Kws 99 Bevölkerung. Soziales: Einzelfragen
DDC Group:
300 Sozialwissenschaften, Soziologie
URN:
urn:nbn:de:kobv:109-1-15412144
Copyright:
Rights reserved
Accessibility:
Free Access
Collection:
Population, social affairs

Contents

Table of contents

  • Gesellschaftliche Partizipationsprozesse, partizipative Forschungsmethoden und Methoden der Wissensintegration / Bergmann, Matthias (Rights reserved)

Full text

Gesellschaftliche Partizipationsprozesse, partizipative Forschungsmethoden und Methoden der Wissensintegration Auswertung einer Befragung der Projekte der BMBF-Fördermaßnahme „Umwelt- und gesellschaftsverträgliche Transformation des Energiesystems“ (2013 – 2017) Matthias Bergmann, Lena Theiler ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, Frankfurt am Main Dirk Arne Heyen, Nele Kampffmeyer, Michelle Monteforte Öko-Institut e.V., Berlin Februar 2018 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ..................................................................................................................................................... 4 2. Hintergrund zu Forschungsprogramm und Partizipationsstudie ........................................ 6 2.1 Das Forschungsprogramm ......................................................................................................................... 6 2.2 Rolle von Partizipation im Forschungsprogramm ........................................................................... 7 2.3 Methodik der vorliegenden Auswertung ............................................................................................. 8 3. Forschung der Projekte zu gesellschaftlichen Partizipationsprozessen ........................ 10 3.1 Ziele und Formate der Partizipation................................................................................................... 10 3.2 Erreichung der Partizipationsziele...................................................................................................... 16 3.3 Fördernde und hemmende Faktoren in Partizipationsprozessen ......................................... 19 3.4 Merkmale guter partizipativer Praxis ................................................................................................ 21 3.5 Rechtliche Rahmenbedingungen .......................................................................................................... 22 3.6 Wirkungen zwischen Forschungsprojekt und Partizipationsprozess .................................. 24 3.7 Zusammenfassung ...................................................................................................................................... 25 4. Anwendung partizipativer Forschungsmethoden durch die Forschungsverbünde .. 27 4.1 Qualitäten guter partizipativer Forschungsprozesse .................................................................. 28 4.2 Verwendung partizipativer Forschungsmethoden durch die Projekte ............................... 31 4.3 Ziele der Anwendung partizipativer Methoden ............................................................................. 36 4.4 Fördernde und hemmende Faktoren für partizipative Forschung ........................................ 40 4.5 Zusammenfassung ...................................................................................................................................... 42 5. Integrationsmethoden im Forschungsverbund ........................................................................ 44 5.1 Angewendete Integrationsmethoden ................................................................................................. 45 5.2 Ziele der Integrationsmethoden ........................................................................................................... 49 5.3 Besonders wirkungsvolle Integrationsmethoden ......................................................................... 50 5.4 Qualitäten wirkungsvoller Methoden ................................................................................................ 52 5.5 Zusammenfassung ...................................................................................................................................... 54 6. Schlussfolgerungen und Empfehlungen ....................................................................................... 56 6.1 Erfolgsfaktoren für Partizipationsverfahren................................................................................... 56 6.2 Erfolgsfaktoren für Integrationsmethoden...................................................................................... 59 7. Literaturverzeichnis ............................................................................................................................. 61 4 Partizipationsstudie 1. Einleitung In den letzten Jahren ist der Ruf nach Beteiligung1 vor allem in Bezug auf Infrastruktur-Projekte lauter geworden. Abgesehen vom viel zitierten Beispiel des Neubaus des Stuttgarter Hauptbahnhofes („Stuttgart 21“) gilt dies insbesondere im Kontext der Energiewende rund um die Planung von Windparks, Biogasanlagen, Pumpspeicherwerken und Stromnetzen. Dahinter verbirgt sich oft Unzufriedenheit mit Planungsprozessen und vor allem Standortentscheidungen. Benighaus und Renn (2017, S. 17) sprechen von einer „wachsenden Entfremdung zwischen Vertretern und Vertretenen, zwischen Politik und Bürgerschaft, zwischen Entscheidungsträgern und Entscheidungsbetroffenen“. Verschiedene formale (also gesetzlich geregelte) und informelle Formen der Stakeholder- und insbesondere der Bürgerbeteiligung sind daher in den letzten Jahren eingeführt bzw. gestärkt worden. So wurde im Verwaltungsverfahrensgesetz ein Passus zur frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung eingeführt. Die Planung der Hochspannungsübertragungsnetze wurde durch das Netzausbaubeschleunigungsgesetz reformiert und sieht Beteiligung der Öffentlichkeit nun an mehreren Stufen vor. Auch auf Ebene von Strategie- und Leitbildprozessen wurden aufwendige Beteiligungsformen durchgeführt – etwa beim Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung oder dem ebenfalls von der Bundesregierung initiierten Bürgerdialog „Gut leben“. Inwieweit die gewachsene und frühzeitigere Beteiligung zu einer größeren Akzeptanz von Verfahren und Entscheidungen führt, ist aber durchaus noch offen. Typische Herausforderungen bei Beteiligung werden dadurch nämlich nicht automatisch gelöst. Abgesehen davon, dass Infrastrukturentscheidungen fast immer mit realen Belastungen – wenn auch unterschiedlichen Ausmaßes – verbunden sind, stoßen etwa frühzeitige Beteiligungsangebot oft auf wenig Interesse, da Planungen noch unkonkret und damit individuelle bzw. örtliche Betroffenheit unklar sind („Partizipationsdilemma“). Zudem sind Engagierte weder soziodemografisch noch in ihren inhaltlichen Positionen unbedingt repräsentativ für die (lokale) Bevölkerung (Phänomen der „schweigenden Mehrheit“) (Reusswig et al. 2016, 11 ff.; Roßnagel et al. 2016, 93 f.). Nicht nur in politischen und planerischen Prozessen, sondern auch in der Forschung gibt es eine Tendenz zu mehr Partizipation. So umfasst die in den letzten Jahren vor allem im Nachhaltigkeitskontext geförderte und geforderte transdisziplinäre Forschung neben der Einbeziehung unterschiedlicher Disziplinen (Interdisziplinarität) auch die Beschäftigung mit realweltlichen Problemen unter Einbeziehung von Akteuren aus der gesellschaftlichen Praxis (Bergmann et al. 2010; Brand 2000; Defila et al. 2006). Damit verbunden ist die Hoffnung, dass die adäquate Erfassung der Komplexität gewährleistet und die Wissensproduktion bei Einbezug eines breiten Spektrums an Wissen und Erfahrungen gefördert werden kann, sowie dass durch die Beteiligung von nicht-wissenschaftlichen Akteuren eher gesellschaftliche Wirkungen entfaltet werden können (Enengel et al. 2011). Allgemein werden eine dadurch gestärkte „soziale Robustheit“ (Nowotny 1999) der 1 Unter Beteiligung (hier synonym zu Partizipation verwendet) verstehen wir den Einbezug von Personen in Planungen und Entscheidungen zwecks Einbezugs ihres Wissens, ihrer Erfahrungen, Ansichten oder Vorschläge. Dies kann im Rahmen von gesetzlich geregelten Verfahren stattfinden („formale Öffentlichkeitsbeteiligung“), aber auch durch informelle Prozesse. Das reine Informieren ist zwar eine wichtige Grundlage und Teil von Beteiligung, stellt für sich alleine aber noch keine Beteiligung dar (vgl. Roßnagel et al. 2016). 5 Ergebnisse sowie ihre Anschlussfähigkeit an lebensweltliche Kontextbedingungen als Vorteile einer partizipativen Vorgehensweise angenommen. Sowohl das anscheinend gestiegene Beteiligungsbedürfnis in der Bevölkerung als auch die Tendenz zu transdisziplinärer Forschung greift das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) regelmäßig in seinen Forschungsprogrammen auf (insbesondere im Förderschwerpunkt „Sozial-ökologische Forschung“ (SÖF)). Passend zur gesellschaftlichen Bedeutung des Themas Beteiligung im Kontext der Energiewende galt dies auch für ein von 2013 bis 2017 laufendes Forschungsprogramm des BMBF mit dem Titel „Umwelt- und gesellschaftsverträgliche Transformation des Energiesystems“ (näheres zum Programm, s. Kap. 2). Die hier vorliegende Studie fasst Erkenntnisse aus der Auswertung einer Befragung der im genannten Programm geförderten 33 Projekte zusammen. Diese Befragung umfasste drei eigenständige Themen, denen in dieser Studie jeweils ein Kapitel gewidmet ist: • gesellschaftliche Partizipationsprozesse rund um die Energiewende (z.B. Errichtung von Energieinfrastruktur), die einigen Projekten als Forschungsgegenstand dienten (Kap. 3) • partizipative Forschungsmethoden, die von den meisten Projekten im Sinne transdisziplinärer Wissensgenerierung angewandt wurden (Kap. 4) • Methoden zur Wissensintegration innerhalb des Projektverbunds (Kap. 5). Wir schließen mit einem Kapitel, in dem wir Schlussfolgerungen und Empfehlungen sammeln, die sich aus der Auswertung ergeben (Kap. 6). Wir beginnen aber zunächst mit einigen einführenden Hintergrundinformationen zum oben genannten Forschungsprogramm und dem Vorgehen in der zugrundeliegenden Auswertung (Kap. 2). 6 Partizipationsstudie 2. Hintergrund zu Forschungsprogramm und Partizipationsstudie 2.1 Das Forschungsprogramm Im Rahmen der Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA) förderte das BMBF im Forschungsprogramm „Umwelt- und gesellschaftsverträgliche Transformation des Energiesystems“ insgesamt 33 Forschungsprojekte (bzw. Forschungsverbünde aus mehreren Teilprojekten), die sich mit der Gestaltung der Energiewende in Deutschland beschäftigten. Die Projekte starteten im Laufe des Jahres 2013 und endeten i.d.R. zwischen Frühjahr und Herbst 2016 (zwei Projekte liefen bis 2017). Die 33 Projekte beschäftigten sich mit einer großen Spannbreite an Themen: • Strom- und Wärmesektor (Verkehr war dagegen nicht Gegenstand des Programms) • Produktion, Speicherung, Übertragung und Verbrauch von Energie • Kommunale, regionale, Landes- und Bundesebene (im Ausnahmefall auch EU) • Technische, ökonomische, psychologische, sozialwissenschaftliche, juristische und planerische Fragestellungen. Entsprechend der Ausrichtung der Sozial-ökologischen Forschung (SÖF) des BMBF spielten Themen wie Governance, Partizipation und Akzeptanz sowie sozialwissenschaftliche Methoden eine überdurchschnittlich große Rolle, auch im Vergleich zur sonstigen Energie(wende)-Forschung (zu Partizipation siehe auch das nachfolgende Kap. 2.2). Das Forschungsprogramm und die Arbeit der Projekte wurden ab Frühjahr 2014 von einer „Wissenschaftlichen Koordination“ (WiKo) begleitet, die vom Öko-Institut und dem ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung durchgeführt wurde. Aufgabe der WiKo war nicht die Evaluation der Projekte, sondern: • die Unterstützung der Projekte durch Input zu externen energiepolitischen oder energiewirtschaftlichen Entwicklungen und Szenarien, sowie durch die Förderung des Austauschs und das Aufzeigen von Synergien zwischen den Projekten • die Synthese der Erkenntnisse und Empfehlungen, und ihre Einbettung in größere Zusammenhänge • die Beförderung des Wissenstransfers und damit der Sichtbarkeit und der Wirkung des Programms in Öffentlichkeit, Politik und Praxis, sowie • gesonderte Auswertungen („Teilstudien“) zu Partizipation und Methoden der Wissensintegration. Weitere Informationen zum Forschungsprogramm finden sich auf der Internetseite des BMBF (www.fona.de/de/transformation-des-energiesystems-sozial-oekologische-forschung15980.html) und auf der Online-Plattform der WiKo (http://transformation-des-energiesystems.de). 7 2.2 Rolle von Partizipation im Forschungsprogramm Das Thema Partizipation spielte von Beginn des Forschungsprogramms an eine wichtige Rolle. Ein zentrales inhaltliches Thema der Ausschreibung lautete „Partizipation am Transformationsprozess und gesellschaftliche Voraussetzungen für die Akzeptanz der Transformation“.2 Es sollten Projekte gefördert werden, die sich mit der Beteiligung der Öffentlichkeit an Planungs- und Entscheidungsprozessen, mit Transparenz, Gerechtigkeit, Akzeptanz, Konflikten, Kommunikation und Diskursen auseinandersetzen (auch Konsum- und Lebensstilfragen wurden unter der genannten Überschrift subsumiert). Das mit dem Thema verbundene Ziel wurde in der Ausschreibung wie folgt formuliert: „Analyse und Bewertung der gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Akzeptanz der Transformation unter besonderer Berücksichtigung von Motivationen und Handlungsweisen der Akteure im Energiesystem; Erarbeitung und Erprobung von Strategien zur Beförderung aktiver Partizipation von relevanten Praxisakteuren und Bürgern am Transformationsprozess“.3 Entsprechend wurde eines von fünf Projekt-Clustern, die von der WiKo für den thematisch gezielten Austausch zwischen den Projekten gebildet wurden, dem Thema Partizipation gewidmet. 12 der 33 Projekte ordneten sich dem Thema zu (häufig ordneten sich Projekte zwei Clustern zu) und nahmen dementsprechend i.d.R. an den insgesamt drei Cluster-Workshops zu Partizipation teil, auf denen hauptsächlich Erfahrungen aus den Projekten ausgetauscht wurden. Auch einer der Transfer-Workshops auf der Abschlusskonferenz des Programms (4.10.2016 in Berlin) widmete sich dem Thema. Zudem legte die Ausschreibung Wert auf Inter- und Transdisziplinarität der Forschung, also den Einbezug nicht nur verschiedener Disziplinen, sondern auch von Akteuren aus der Praxis (Verwaltung, Wirtschaft, Verbraucher- u. sonstige Nichtregierungsorganisationen). Diese doppelte Rolle von Partizipation einerseits als Forschungsgegenstand (Untersuchung gesellschaftlicher Partizipationsprozesse) und andererseits als Forschungsmethode (Einbezug von Praxispartnern in das Forschungsprojekt) kennzeichnet auch die gesamte von der WiKo durchgeführte „Teilstudie Partizipation“. Diese Partizipationsstudie umfasste insbesondere eine Auswertung relativ am Anfang der Projektlaufzeiten (Ende 2014 / Anfang 2015) sowie eine weitere Auswertung am Ende, deren wesentliche Ergebnisse in diesem Papier zusammengefasst werden. Die Ergebnisse der Anfangsbefragung wurden zeitnah den Projekten vorgestellt und in einem der Partizipation-Cluster-Workshops diskutiert, wurden aber nicht weiter veröffentlicht und werden auch in diesen Text nicht aufgenommen, da es damals größtenteils noch um Absichten für den weiteren Projektverlauf ging, während hier 2 Die anderen beiden zentralen Themen der Ausschreibungen waren: • Entwicklungsoptionen für das Energiesystem einschließlich ökonomischer Szenarien • Governance von Transformationsprozessen einschließlich ökonomischer Instrumente 3 https://www.bmbf.de/foerderungen/bekanntmachung.php?B=705 8 Partizipationsstudie der Rückblick auf tatsächlich erfolgte Partizipation und verwendete Methoden im Vordergrund steht.4 Es lässt sich aber die grundsätzliche Erkenntnis der Anfangsbefragung festhalten, dass viele der Projekte sowohl partizipative Methoden verwendeten als auch Partizipation als Forschungsgegenstand betrachteten. In beiden Fällen umfasste die Palette der Beteiligten Politik und Verwaltung unterschiedlicher Ebenen, Wirtschaftsakteure und am häufigsten Zivilgesellschaft (Verbände, lokale Vereine und einzelne Bürgerinnen und Bürger), sowie vereinzelt auch weitere Forschungsakteure außerhalb des Projekts. 2.3 Methodik der vorliegenden Auswertung Im Folgenden werden detaillierte Ergebnisse der am Ende der Projektlaufzeit stattgefundenen Befragung vorgestellt – sowohl zu Partizipation in ihren beiden Rollen als Forschungsgegenstand und Forschungsmethode als auch zu Methoden der Wissensintegration im Forschungsverbund. Die drei Themen wurden inhaltlich getrennt, aber zeitlich parallel behandelt und unterlagen derselben Vorgehensweise. Zu allen drei Themen wurde zunächst jeweils ein an die Projekte gerichteter standardisierter Fragebogen entworfen – mit einer Kombination aus quantitativ auswertbaren „multiple choice“ und aus offenen Fragen. Die Entwürfe wurden in mehreren Runden weiterentwickelt. Vor der Finalisierung wurde ein Pretest mit Personen aus der zu befragenden Zielgruppe durchgeführt. Die entsprechende Rückmeldung wurde abschließend eingearbeitet. In einem zentralen Mailing im April 2016 bekamen schließlich die Projektleiterinnen und Projektleiter aller Forschungsverbünde die drei Fragebögen zugesandt. In jedem Projekt sollten – bis spätestens vier Wochen nach Ende der spezifischen Projektlaufzeit – die inhaltlich jeweils zutreffenden Fragebögen ausgefüllt werden. Daraus ergibt sich je nach Fragebogen eine unterschiedliche Stichprobengröße, da zum Beispiel nicht alle Projekte partizipative Prozesse als Forschungsgegenstand hatten. Während alle 33 Projekte an der Befragung teilgenommen und ihre Antworten eingereicht haben, wurde der Fragebogen zu partizipativen Prozessen als Forschungsgegenstand von 14 Projekten beantwortet, der zu partizipativen Forschungsmethoden von 25 Projekten und der zu Integrationsmethoden im Forschungsverbund von 30 Projekten. Zu beachten ist, dass die Fragebögen ausschließlich von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Projekt beantwortet wurden – es sich bei den Antworten also primär um deren Wahrnehmungen und Einschätzungen handelt, nicht um diejenigen von Praxisakteuren. Die methodisch gemeinsam vorbereitete Auswertung der Fragebögen durch die Autorinnen und Autoren dieser Studie lief schließlich im Sommer und Herbst 2017. Unter gegenseitigem Review und Feedback war das Öko-Institut für die Auswertung der Fragebögen zu gesellschaftlichen Partizipationsprozessen als Forschungsgegenstand zuständig, das ISOE für die Fragebögen zu Partizipations- und zu Integrationsmethoden. 4 Es sei hier nur ausnahmsweise auf die folgende Feststellung in der Anfangsbefragung zu gesellschaftlichen Partizipationsprozessen verwiesen, dass sich nämlich seit der Antragstellung geänderte äußere (v.a. politische) Rahmenbedingungen durchaus erheblich auf das Forschungsprojekt ausgewirkt haben (dazu gehörten insbesondere die EEG-Novellierung sowie das Verhalten der bayerischen Landesregierung gegen den Stromnetzausbau (vgl. Molinengo & Danelzik 2016, S. 78) und hinsichtlich der Erschwerung von Windparks im eigenen Land durch die „H10-Abstandsregelung“). 9 Zu ihrer Auswertung wurden alle Fragebögen in die Auswertungssoftware eingepflegt und für die Veröffentlichung anonymisiert. Nur dort, wo Befragungsergebnisse durch Informationen aus Projektpublikationen ergänzt wurden (s.u.), ist die jeweilige Quelle angegeben. Die „multiple choice“ Fragen wurden quantitativ ausgewertet und in graphischer Form aufbereitet sowie durch einen erläuternden Text ergänzt. Die Antworten auf die offenen Forschungsfragen wurden in einem iterativen Prozess ausgewertet. Zuerst erfolgte eine inhaltliche Analyse hinsichtlich der einzelnen Bestandteile. Diese wurden dann mit ähnlichen Aussagen Oberkategorien zugeordnet. Innerhalb dieser Kategorien erfolgte dann in mehreren Schritten eine differenzierte Clusterung in Unterkategorien. Auf Grundlage der so gewonnenen Ergebnisse konnten sowohl relevante Einzelaussagen identifiziert, als auch zumindest ein grober Eindruck der Häufigkeit bestimmter Antwortkategorien gewonnen werden. Diese Clusterung und Zuordnung der Antworten unterlag einem teaminternen Review („Vier-Augen-Prinzip“). Werden im Folgenden zur Veranschaulichung einzelne Antworten aus den Fragebögen zitiert, so sind diese kursiv gesetzt. Bei der Auswertung zu gesellschaftlichen Partizipationsprozessen (Kap. 3), die in manchen Projekten Forschungsgegenstand waren und damit auch Gegenstand von Ergebnis-Veröffentlichungen sind, wurde die Befragung zudem ergänzt um eine Durchsicht solcher Veröffentlichungen (insbesondere Abschlusspublikationen). Dort publizierte Erfahrungen und Ergebnisse werden in Kapitel 3 in Form von Textboxen komprimiert wiedergegeben, wo dies als Ergänzung und Vertiefung der Befragungsergebnisse lohnenswert für das Interesse und den Erkenntnisgewinn der Leserinnen und Leser dieser Studie erschien. 10 Partizipationsstudie 3. Forschung der Projekte zu gesellschaftlichen Partizipationsprozessen Fast die Hälfte der Projekte im Forschungsprogramm hat gesellschaftliche Partizipationsprozesse rund um die Energiewende als Forschungsgegenstand untersucht. Dabei handelte es sich sowohl um Partizipationsprozesse, die von den Projekten selbst initiiert oder mitgestaltet wurden, als auch um solche, die unabhängig vom Projekt durch andere Akteure initiiert oder durchgeführt wurden. Insgesamt wurde der Fragebogen zu Partizipation als Forschungsgegenstand von 14 der 33 Projekte ausgefüllt. Eine vergleichsweise große Gruppe von fünf Projekten befasste sich vertieft mit Partizipation im Kontext des Baus von Energieinfrastrukturanlagen (v.a. Windparks und Stromtrassen).5 In diesen Fällen handelte es sich bei den untersuchten Partizipationsprozessen um informelle Beteiligungsprozesse, die das formale Verfahren begleiteten. Bei den restlichen Projekten bestand eine starke thematische Heterogenität, vom Dialog über Energieausgleich bis zum Engagement am Arbeitsplatz. 3.1 Ziele und Formate der Partizipation In der ersten Frage ging es zum einen um die in den Partizipationsprozessen verwendeten Formate und Methoden. Zum anderen wurde abgefragt, welche Ziele mittels der Verwendung der Formate erreicht werden sollten. Der Form nach handelte es sich um eine geschlossene Frage, bei der Mehrfachantworten möglich waren. Darüber hinaus hatten die Projekte die Möglichkeit, sowohl bei den Methoden, als auch bei den Zielsetzungen schriftliche Ergänzungen vorzunehmen. Die genaue Fragestellung lautete: „Welche Partizipationsformate zielten in den untersuchten Prozessen auf welche Funktionen bzw. Effekte bei den Beteiligten?“ Für die Befragung wurden unterschiedliche Kategorien sowohl hinsichtlich der möglichen Partizipationsformen als auch für die jeweils verfolgte Zielstellung gebildet. Ziele der Partizipation Mögliche Ziele der Partizipationsprozesse waren folgende: • Ziel 1: Information, Sensibilisierung und Motivierung, Transparenz, Beratung • Ziel 2: Konfliktminderung und Konfliktlösung, Kompromissfindung6 • Ziel 3: Ermittlung von Präferenzen, Bedürfnissen, Wissensbedarf und Problemsichten • Ziel 4: Erzeugung von Zustimmung und Commitment • Ziel 5: Verbreiten bzw. Umsetzen von Erkenntnissen, Befähigung zum Handeln, Vernetzung Darüber hinaus hatten die Projekte die Möglichkeit eigene Zielsetzungen zu ergänzen (Ziel 6). 5 Zu den Projekten, die sich mit Planung, Partizipation und auch finanzieller Beteiligung und generell Akzeptanzfragen im Bereich der Windenergie beschäftigten, liegt auch eine gesonderte Synthese des Forschungsprogramms durch die FA Wind (2017) vor. 6 Dabei kann es sich um ganz unterschiedliche Arten von Konflikten handeln, wie auch die Projekte bestätigt haben. In einer Publikation des Projekts „EnerLOG“ wird z.B. zwischen folgenden Konflikttypen im Kontext erneuerbarer Energien unterschieden: Verteilungskonflikte, Verfahrenskonflikte, Standort- und Landnutzungskonflikte, Identitätskonflikte, und Energieträgerkonflikte (Becker und Naumann 2016). 11 Abbildung 1 zeigt, wie oft in den Partizipationsprozessen bestimmte Ziele angestrebt wurden. Am häufigsten wurden mit 44 Nennungen Ziele verfolgt, bei denen es um die Vermittlung von Informationen geht. Nahezu gleichauf (42 Nennungen) lagen Zielsetzungen, bei denen die Sichtweisen von Betroffenen und anderen Stakeholdern ermittelt werden sollten. Eine große Anzahl von Methoden (36 Nennungen) wurde dazu verwendet, vorhanden Erkenntnisse umzusetzen, Akteure zum Handeln zu befähigen und zu vernetzen. Nur etwa halb so häufig wurden konfliktlösungsbezogene Ziele (15 Nennungen) und Ziele, die der Erzeugung von Zustimmung dienen (19 Nennungen), verfolgt. Zweimal verfolgt wurde das Ziel der Aktivierung zur Kooperation. Abbildung 1: Anzahl partizipativer Formate je Ziel Es ergibt sich die Frage, warum so selten konflikt- und zustimmungsbezogene Ziele verfolgt wurden, obwohl es sich dabei um klassische Ziele von Partizipationsprozessen handelt. Eine Möglichkeit ist, dass die Zustimmung bzw. das Commitment bei den beteiligten Akteuren ohnehin sehr hoch war, und dass es keine signifikanten Konflikte gab. Eine weitere Erklärung könnte sein, dass die Projekte dort, wo sie die Partizipationsprozesse selber organisiert haben, nicht als „Akzeptanzbeschaffer“ für die Politik wahrgenommen werden wollten und deshalb besonders zurückhaltend waren hinsichtlich der Verfolgung von Zielen, bei denen der Eindruck hätte entstehen können, dass sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beeinflussen wollten. Darüber hinaus könnte der Befund damit zusammenhängen, dass die Erreichung solcher Ziele wesentlich anspruchsvoller ist. Abbildung 2 zeigt den prozentualen Anteil der Projekte, die das jeweilige Ziel mindestens einmal mittels eines partizipativen Formats verfolgt haben. Die Ergebnisse sind weitgehend analog zu denen in Abbildung 1. Ein Unterschied besteht jedoch in Bezug auf das Ziel 1 (Information, Sensibilisierung und Motivierung, Transparenz und Beratung) und das Ziel 3 (Ermittlung von Präferenzen, Bedürfnissen, Wissensbedarf und Problemsichten). Während Ziel 1 häufiger durch die Anwendung 12 Partizipationsstudie partizipativer Formate verfolgt wurde (44 Nennungen) als Ziel 3 (41 Nennungen), wurden in nur 64 % der Projekte Ziel 1 und in 93 % der Projekte Ziel 3 verfolgt. Dies bedeutet, dass man in nahezu allen Partizipationsprozessen in der einen oder anderen Form an der Gewinnung von Informationen (oder Ansichten) interessiert war, während die Informationsvermittlung sich etwas stärker auf einzelne Projekte konzentriert hat. Eine mögliche Erklärung ist, dass die Ermittlung von Wünschen und Bedürfnissen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zumindest idealtypisch zu jedem Partizipationsprozess gehört, während die Zurverfügungstellung von Informationen nicht immer erforderlich ist, z.B. wenn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereits im Vorfeld sehr gut informiert sind, etwa weil es sich vorwiegend um Fachleute und Expertinnen handelt. Abbildung 2: Prozentualer Anteil der Projekte, die das jeweilige Ziel mindestens einmal verfolgt haben Partizipationsformate Die Partizipationsformate wurden in die drei Kategorien Information, Konsultation und Kooperation unterteilt. Diese Kategorien entsprechen im Aufbau einer im Hinblick auf die Intensität des Einbezugs der Akteure gestaffelten „Partizipationsleiter“ (vgl. z.B. Stauffacher et al. 2008). Dabei umfassen die Kategorien jeweils folgende Einzelformate und Methoden: • Information: o Infoveranstaltungen, (Experten)Vorträge o Einzelberatung o Website, App o Print-Produkte 13 o Ausstellungen o Audio-/Video-Formate • Konsultation: o Befragung von Bürgern, Kunden, Nutzern o Intensive Diskussionsformate mit Bürgern, Kunden, Nutzern (z.B. Zukunftswerkstätten, Szenarioprozesse) o Informelle Workshops mit Experten, Stakeholdern (Politik, Verbände, Firmen) o Formale Anhörungen in rechtlich geregelten Verfahren • Kooperation: Gemeinsame Entscheidungsprozesse (z.B. Mitglieder- und Mitarbeiterversammlungen, Mediationsverfahren) Darüber hinaus war es in jeder Kategorie möglich, eigene Formate und Methoden zu ergänzen. Unter „Weitere“ konnten zusätzliche Formate genannt werden, die keiner der drei Kategorien zuzuordnen sind. Wie in Abbildung 3 zu erkennen, wurden Konsultationsformate insgesamt am häufigsten verwendet (68 Nennungen), dicht gefolgt von Informationsformaten, die insgesamt 66 Mal genannt wurden. Kooperationsformate wurden mit 23 Fällen insgesamt sehr viel seltener genutzt. Hinzu kommt noch die Nutzung einer geringen Zahl von weiteren Formaten (8 Nennungen), die so nicht in der Befragung vorgegeben waren und keiner der drei Kategorien zugeordnet wurden: Vernetzungsplattformen, Klimaschutzwettbewerb, Umweltteams, Feldexperimente. 80 70 66 68 60 50 40 30 23 20 8 10 0 Information Konsultation Kooperation Weitere Abbildung 3: Häufigkeit der Verwendung von Partizipationsformaten nach Kategorien Diese Verteilung verdeutlicht, dass bei den eingesetzten Formaten der quantitative Schwerpunkt auf der Informationsvermittlung und -gewinnung und weniger bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung lag. Ein Grund für die geringe Anzahl an Kooperationsformaten könnte im 14 Partizipationsstudie vergleichsweise hohen Aufwand dieses Formattyps liegen – und in den verfolgten Partizipationszielen (s. oben).7 Die detailliertere Betrachtung der einzelnen Formate erlaubt an einigen Punkten genauere Aussagen (Abbildung 4). So werden Informationsveranstaltungen und Vorträge fast doppelt so häufig verwendet wie andere Methoden, während Ausstellungen (2 Nennungen) und Audio- und Videoformate (3 Nennungen) besonders selten genutzt werden. Bei den Konsultationsverfahren ist das Verhältnis zwischen Workshops, die sich an Expertinnen und Experten sowie institutionelle Stakeholder aus Politik, Verbänden oder Firmen wenden (23 Nennungen), und Diskussionsformaten, die die breite Bevölkerung adressieren (25 Nennungen), nahezu ausgewogen. Letztere werden darüber hinaus auch relativ häufig über Befragungen konsultiert. Formale Anhörungen wurden hingegen weder betrachtet noch durchgeführt. Abbildung 4 : Häufigkeit der Verwendung der einzelnen Partizipationsformate Abbildung 5 zeigt den prozentualen Anteil der Projekte, bei denen in den untersuchten Partizipationsprozessen jeweils mindestens einmal ein Format aus einer der drei Kategorien genutzt wurde. Auch wenn die Häufigkeit, in der Informations- und Konsultationsformate genutzt wurden, nahezu identisch ist, so wurden Konsultationsformate in fast 90 % der Projekte genutzt, während im 7 Anzumerken ist allerdings, dass in der Kategorie Kooperation nur ein Einzelformat zur Auswahl stand (neben der Möglichkeit, eigene Kooperationsformate zu ergänzen), was das Ergebnis womöglich beeinflusst hat. 15 Vergleich nur ca. 70 % der Projekte mit Informationsformaten zu tun hatten. Die Zahl der verwendeten kooperativen Formate betrug zwar nur ca. ein Drittel der jeweils anderen Formate (s. Abbildung 1), diese wurden allerdings gleichwohl in der Hälfte der Projekte verwendet. Abbildung 5: Prozentualer Anteil der Projekte, in denen mindestens ein Format der jeweiligen Kategorie genutzt wurde Dieser Befund unterstützt die Annahme (siehe Erläuterung zu Abbildung 2), dass Informationsgewinnung in nahezu allen partizipativen Prozessen von Bedeutung ist, während Informationsvermittlung zwar häufig, aber nicht in allen Kontexten erforderlich ist. Formate und Ziele im Zusammenhang Wie zu erwarten wurden Informationsmethoden am häufigsten verwendet, um Ziele wie Information, Sensibilisierung oder Transparenz zu erreichen (siehe Abbildung 6) und Konsultationsmethoden zur Ermittlung von Präferenzen, Bedürfnissen, Wissensbedarf und Problemsichten. Bei den beiden seltener verfolgten Zielen der Konfliktlösung und der Erzeugung von Zustimmung überwogen bei Ersterem die Konsultationsformate leicht, während Letzteres eher durch Informationsinstrumente erreicht werden sollte. Die absolut am seltensten genannten kooperativen Methoden verteilten sich vergleichsweise gleichmäßig auf die einzelnen Ziele. Am häufigsten wurden kooperative Methoden aber zur Verbreitung und Umsetzung von Erkenntnissen, bei der Befähigung zum Handeln und bei der Vernetzung verwendet. Die Verteilung der einzelnen Formate auf die Ziele entspricht weitgehend den Annahmen, nach denen bestimmte Instrumente besonders geeignet sind um spezifische Ziele zu erreichen. 16 Partizipationsstudie Abbildung 6: Verwendung von Partizipationsmethoden (nach Kategorien) je Ziel 3.2 Erreichung der Partizipationsziele Die Projekte wurden gefragt, ob die beforschten Partizipationsprozesse ihre angestrebten Ziele durch den Einsatz partizipativer Methoden erreicht, nicht erreicht oder teilweise erreicht haben. Die genaue Fragestellung lautete: „Inwieweit wurden in den untersuchten Partizipationsprozessen die Funktionen/Ziele der Partizipation erreicht bzw. nicht erreicht?“ Nur ein einziges Projekt gab an, dass das angestrebte Ziel nicht erreicht wurde. In 19 Fällen wurde das Ziel vollständig, in 20 Fällen teilweise erreicht (). Zwölfmal gab es keine Angaben zur 17 Zielerreichung. Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen bei der vorherigen Frage (siehe Kapitel 3.1) aber angegeben wurde, dass ein bestimmtes Ziel mittels einer spezifischen Methode erreicht werden sollte.8 Abbildung 7: Einschätzung zur Zielerreichung Bezogen auf die Einzelziele unterscheidet sich die Zielerreichung (Abbildung 8): 8 • Das Ziel der Information, Sensibilisierung und Motivierung, Transparenz und Beratung wurde von vier Projekten vollständig, von fünf Projekten teilweise erreicht. • Konfliktminderung und Konfliktlösung, Kompromissfindung wurde keinmal vollständig erreicht und in sechs Fällen teilweise. • Das dritte Ziel Ermittlung von Präferenzen, Bedürfnissen, Wissensbedarf und Problemsichten wurde mit neun Nennungen am häufigsten von allen Zielen vollständig erreicht. • Erzeugung von Zustimmung und Commitment konnte in fünf Fällen teilweise erreicht werden und in einem vollständig. In einem Fall wurde das Ziel nicht erreicht. • Die angestrebte Verbreitung bzw. Umsetzung von Erkenntnissen, die Befähigung zum Handeln und Vernetzung konnte in fünf Fällen vollständig und in einem teilweise erreicht werden. • Zu dem von einem Projekt genannten zusätzlichen Ziel der Aktivierung zur Kooperation wurde keine Angabe zur Zielerreichung gemacht. Es gab einige Fälle von inkonsistent ausgefüllten Fragebögen. In einem Fall wurde das Ziel Erzeugung von Zustimmung nicht erreicht. Allerdings ergibt der Abgleich mit der vorherigen Frage, dass das entsprechende Ziel auch nicht durch den Partizipationsprozess erreicht werden sollte. Hierzu auch folgendes Zitat aus dem Fragebogen: „Anliegen des Beteiligungsprozesses war es nicht, Zustimmung zu bestimmten Vorhaben zu generieren, sondern das Verfahren in seiner Legitimität zu stärken.“ Diese Antwort wurde entsprechend als k.A. erfasst und von den folgenden Auswertungen zur Zielerreichung ausgeschlossen. 18 Partizipationsstudie Abbildung 8: Zielerreichung nach Einzelzielen Insgesamt wurden alle Ziele ganz oder teilweise erreicht. Auffällig ist, dass die Ermittlung von Präferenzen, Bedürfnissen, Wissensbedarf und Problemsichten von beinahe allen Projekten als erfolgreich bewertet wurde. Ähnliches gilt für das Ziel der Verbreitung bzw. Umsetzung von Erkenntnissen, die Befähigung zum Handeln und Vernetzung, wobei dieses Ziel insgesamt seltener verfolgt wurde. Konflikt- und zustimmungsbezogene Ziele wurden, außer in einem Fall, nur teilweise erreicht. Diese Ergebnisse dürften in erster Linie mit dem Charakter der Ziele selbst zu tun haben. Während die Ermittlung von Präferenzen z.B. durch die erfolgreiche Durchführung einer Befragung als gelungen bewertet werden kann, ist die vollständige Lösung eines Konflikts oder die uneingeschränkte Zustimmung aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einem Partizipationsprozess kaum zu erreichen. Während also einige Ziele von Partizipationsprozessen vergleichsweise leicht und umfassend zu erreichen sind, gibt es andere Ziele, bei denen nur eine Annäherung erreicht werden kann. 19 3.3 Fördernde und hemmende Faktoren in Partizipationsprozessen Ob die im Rahmen eines Partizipationsprozesses verfolgten Ziele auch erreicht werden, hängt von einer Vielzahl fördernder und hemmender Faktoren ab. Diese wurden mit folgender Formulierung abgefragt: „Welche Faktoren haben sich fördernd oder hemmend auf die Zielerreichung ausgewirkt?“ Die fördernden und die hemmenden Faktoren lassen sich unterschiedlichen Kategorien zuordnen. Dabei können Elemente der einzelnen Kategorien je nach Ausprägung sowohl förderlich als auch hemmend für partizipative Prozesse sein. Zu den übergeordneten Kategorien gehören: das Thema bzw. der Anlass des Partizipationsprozesses, die verwendeten Partizipationsmethoden,9 die Akteure, die gesetzlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die Einflussmöglichkeiten bzw. Handlungsspielräume der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den partizipativen Prozessen sowie die Reichweite der Prozesse. Fördernde Faktoren Als für die Zielerreichung von Partizipation förderlich wurde dreimal das Thema bzw. der Gegenstand des Prozesses genannt. Dabei ist die Aktualität, wie im Falle der Begleitforschung zum Berliner Volksentscheid zur Rekommunalisierung der Energieversorgung, genauso genannt worden wie die Betroffenheit der Bürger und Bürgerinnen und das damit verbundene Bedürfnis nach Information und Transparenz. Bei den fördernden Faktoren wurden weiterhin zahlreiche Elemente genannt, die sich direkt auf die verwendeten Formate beziehen. Die mit Abstand meisten Nennungen (15) betreffen konkrete Methodeneigenschaften. So wurde einmal der innovative Charakter der Methoden angeführt. Der am häufigsten genannte Punkt (11 Nennungen) waren die Zielgruppengerechtigkeit sowie die methodische Passung. Von hervorgehobener Bedeutung ist auch die Vielseitigkeit der Formate und Methoden, ein Punkt, der von insgesamt 10 Projekten genannt wurde. Als weiteres förderndes Charakteristikum wurde die Offenheit und Transparenz des Verfahrens erwähnt (3). Ebenfalls als förderlich wurde die zur Verfügung stehende Zeit genannt (2) sowie die kleine Gruppengröße (1). Genauso gehört der richtige Zeitpunkt der Einbindung zu den förderlichen Faktoren (2) sowie die zuverlässige Ergebnissicherung (1). In Bezug auf die Akteure gab es förderliche Faktoren auf der Kompetenz- bzw. Eigenschaftsebene und solche, die eher die emotionale Ebene betreffen. Die Bedeutung der Kompetenz der „Partizipationsanbieter“ wurde dreimal erwähnt, wobei es einmal um das gute Verständnis für Beteiligungsprozesse ging, einmal darum, die Akteure und ihre Sicht ernst zu nehmen, und einmal um die Formulierung und Systematisierung von Konfliktlinien. Der zweite wichtige Punkt betraf die Eigenschaften der Praxispartner vor Ort. Als positiv wurden die lokale Vernetzung und das lokale Knowhow bewertet (10). Eine positive Stimmung oder Spaß, Interesse, Offenheit und Vertrauen der Teilnehmenden wurde von insgesamt acht der Befragten als fördernde Faktoren genannt. Zweimal wurde erwähnt, dass 9 In der Abschlusspublikation des Projekts „AKZENTE“ reflektieren die Autorinnen und Autoren einzeln die von ihnen eingesetzten Partizipationsformate (zu Energieausgleichsoptionen im Quartier) und ihren Erfolg (Becker et al. 2017, S. 34). 20 Partizipationsstudie das Thema selbst die Beteiligten motiviert hat (s. o.). Eine gewisse Rolle spielten auch die Interessen- bzw. Konfliktlagen. So ist es positiv, wenn die Planungsbehörden an einer Prozessoptimierung interessiert sind und wenn die Interessenlagen klar formuliert werden. In einer Konstellation waren „die Gegner unter sich“, wodurch freier kommuniziert werden konnte. Weiterhin wurde einmal die Möglichkeit eigener Verantwortungsübernahme als positiver Faktor formuliert. Ebenfalls fördernd wirkte es sich aus, wenn der Prozess über eine vergleichsweise hohe Reichweite verfügt (3 Nennungen). Dabei ging es besonders um die Frage der Verstetigung, bspw. über die dauerhafte Einbindung der Stakeholder über das Projekt hinaus, oder durch die Einrichtung eines Kundenbeirats. Hemmende Faktoren Der Gegenstand des Partizipationsprozesses kann sich allerdings auch als Hemmnis erweisen. Dies galt insbesondere für das Projekt zum Ausgleich von Schwankungen im Stromnetz, weil es sich hier um eine neue und relativ komplexe Problematik handelt, die nicht intuitiv verständlich sei. Im Vergleich zu den fördernden Faktoren gab es bei den hemmenden insgesamt sehr viel weniger Nennungen, die sich auf die verwendeten Formate bezogen. Zweimal wurden konkrete Methoden als ungeeignet erachtet. Einmal war die Befragung zu abstrakt, ein zweites Mal hat sich die OnlineBefragung als falsches Instrument zur Erlangung persönlicher Daten herausgestellt. Als Problem wurden weiterhin die zu kurze Laufzeit und ein Mangel an Ressourcen von insgesamt vier der Befragten angeführt. Der Zeitpunkt der Einbindung wurde ebenso häufig als problematisch bewertet. Die höchste Zahl der hemmenden Faktoren kann den Akteuren zugeordnet werden. Mangelnde Kompetenzen bei den „Partizipationsanbietern“ wurden dabei jedoch nicht erwähnt. Dies kann auch damit zu tun haben, dass nur die Projekte selbst an der Befragung teilgenommen haben. In Bezug auf die Praxispartner wurde nur einmal die schwierige Erreichbarkeit durch die langen Distanzen erwähnt. Eine grundsätzliche negative Stimmung der an Partizipationsprozessen Beteiligten wurde relativ häufig genannt (7) und speiste sich aus mangelndem Interesse, einem begrenzten Informationsbedürfnis, dem Unwillen zur Kooperation, einer fehlenden Betroffenheit oder Skepsis gegenüber andern Beteiligten. Misstrauen bzw. mangelndes Vertrauen wurde ebenfalls häufig als hemmender Faktor genannt (4). Dieses konnte sich sowohl auf das Forschungsteam selbst als auch auf die Akteure aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung beziehen. Eine noch höhere Bedeutung hatten Interessenlagen und Konflikte (8). Als konkrete Hemmnisse genannt wurden Interessenskonflikte, die Politisierung von Prozessen, die geringe Bereitschaft von Verwaltung und Betreibern auf die Interessen der Bürgerinnen und Bürger einzugehen, mangelndes Interesse an Kompromissbildung, verhärtete Positionen und verzerrte Problemsichten. Ein weiteres Problem waren die knappen zeitlichen Budgets der Stakeholder (3), wobei auch erwähnt wurde, dass hierdurch solche Personen in den partizipativen Prozessen überrepräsentiert sind, die grundsätzlich über mehr Zeit verfügen, wie bspw. Rentner oder Studierende. Während die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht als fördernder Faktor erwähnt wurden, wurden sie dreimal als hemmender Faktor genannt, wobei einmal deren betriebswirtschaftliche Logik und einmal deren Unklarheit benannt wurden. Weiterhin wurden begrenzte Einflussmöglichkeiten und Handlungsspielräume angeführt (3). Dazu zählte sowohl das Nichtvorhandensein klarer Handlungsmandate, aber auch, dass die 21 Wünsche der Teilnehmerinnen und Teilnehmer über den Einflussbereich des Partizipationsprozesses hinausgingen. In Bezug auf die Reichweite wiederum wurde weniger das Thema der Verstetigung adressiert als vielmehr die Beschränkung auf einen kleinen Teilnehmerkreis, die insofern als problematisch gesehen wurde, als dass kein Transfer in die „breite Masse“ gewährleistet sei. 3.4 Merkmale guter partizipativer Praxis Auch anknüpfend an die Frage nach fördernden und hemmenden Faktoren bei der Zielerreichung wurden die Projekte zudem explizit nach Merkmalen „guter partizipativer Praxis“ gefragt. Die offen gestellte Frage wurde von 13 Projekten beantwortet. Der Frage lautete wortwörtlich: „Was sind für Sie Merkmale ‚guter partizipativer Praxis‘ in gesellschaftlichen Beteiligungsprozessen, auch im Hinblick auf die Durchführung künftiger Prozesse?“ Am häufigsten (7 Nennungen) wurde angegeben, dass im Verfahren reale Einflussmöglichkeiten, also eine gewisse inhaltliche Offenheit hinsichtlich des Ergebnisses und Responsivität der Verantwortlichen gegeben sein sollten. Hinsichtlich der Einflussmöglichkeiten und ihrer Grenzen („was kann ich entscheiden und was nicht“), aber auch generell zu Rahmen, Gegenstand und Ziel sowie personellen Verantwortlichkeiten wurde Transparenz des Prozesses fast ebenso häufig (6 Nennungen) als Merkmal guter Praxis genannt.10 4 Projekte gaben die adäquate Ausgestaltung des Prozesses und die Wahl der Formate an, wobei teilweise betont wurde, dass dies nicht standardisiert, sondern kontextspezifisch erfolgen müsse (s. auch vertiefend die Textbox). So heißt es in der Fragebogen-Antwort eines Projekts: „… erscheint uns vor allem von Bedeutung, das Formatdenken zu überwinden und eine kontextsensible und prozessorientierte Perspektive zu entwickeln, die zu verschiedenen Zeitpunkten mit den unterschiedlichen Herausforderungen und Zielkonflikten umzugehen weiß …“. Im Abschlussbericht des Projekts „Lokale Passung“ heißt es dazu: „Beteiligung ist vor diesem Hintergrund immer als dynamisch und iterativ zu denken – und immer in Abhängigkeit von dem verfolgten Sinn und Zweck. Diese Frage nach den Zielen der Beteiligung und den erwarteten Partizipationsgewinnen sollte daher auch den Anfang jeder Überlegung nach geeigneten Formaten und nach dem Kreis der einzubeziehenden Akteure markieren“ (Berkmüller et al. 2017, S. 55). „Gängige Unterstützungsangebote wie Best-Practice-Leitfäden oder online-Portale sind hier nur wenig zielführend, weil sie viel zu allgemein sind und den konkreten sozialen, ökologischen und technischen Bedingungen vor Ort nicht gerecht werden können“ (ebd., S. 56). Ähnliche Aussagen finden sich im Abschlussbericht des Projekts „Demoenergie“ (Richter et al. 2016, S. 23). 10 In einer Abschlussbroschüre des Projekts „Demoenergie“ zu Beteiligung bei der Stromtrassen-Planung heißt es: „Nachvollziehbar- keit ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal von Beteiligungsprozessen. Nachvollziehbar müssen sowohl der Ablauf und die Logik des Beteiligungsprozesses sein, als auch die Inhalte und die Arbeitsschritte der Trassenplanung“ (Molinengo & Danelzik 2016, S. 71). 22 Partizipationsstudie Zahlreiche Projekte (Demoenergie, Dezent Zivil, Energiekonflikte, EnerLOG, Lokale Passung, Klima-Citoyen) empfehlen in ihren Berichten, zu Beginn unbedingt Akteurs- und Konfliktanalysen durchzuführen, um Klarheit über Akteursbeziehungen, Interessenslagen und Konfliktart(en) zu gewinnen (Becker & Naumann 2016, S. 8–16; Berkmüller et al. 2017, S. 56; Fahrenkrug et al. 2016; Molinengo & Danelzik 2016; Müller et al. 2016, S. 13–15; Roßnagel et al. 2016). „Dabei gilt es, neben wechselnden Akteuren und deren vielfältigen Interessen und Informationslagen sowie den sich ändernden Rahmenbedingungen insbesondere auch die lokalen Vorgeschichten und Konfliktdynamiken zu berücksichtigen; denn diese Konflikte haben alle eine Geschichte. Schon vor dem Projektstart sind die Konflikte mehr oder minder virulent und nicht zu trennen von Akteuren, denen vertraut oder misstraut wird, sowie von der sozialen und ökonomischen Situation einer Region. Anders gesagt: Diese Geschichte samt ihrer Konfliktdynamiken beinhaltet auch Fragen nach dem Kern der regionalen Identität und (Dorf-)Gemeinschaft. Inwieweit tragen also die geplanten Energiewende-Projekte zur (Re-)Produktion des dörflichen Konsenses bei und inwieweit stehen sie im Einklang mit lokalen Interessen?“ (Berkmüller et al. 2017, S. 56) Wichtig ist in diesem Kontext auch die ausreichende personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcenausstattung (4 Nennungen). Ebenfalls genannte zeitliche Aspekte waren der Zeitpunkt, nämlich eine frühzeitig begonnene Einbindung (4 Nennungen), und zugleich eine Verstetigung der Beteiligung (3 Nennungen).11 Darüber hinaus wurde auch die Vertrauens- und Glaubwürdigkeit verantwortlicher Akteure genannt (3 Nennungen), einschließlich der „Neutralität der Prozessleitung“. In dem im Projekt „Klima-Citoyen“ entwickelten Leitfaden für Kommunen heißt es zum Thema Beteiligung: „Beginnen Sie Beteiligung möglichst frühzeitig und nicht als einseitige Informationsveranstaltung. Es geht um wechselseitige Kommunikation, Konsultation und Mitwirkung an Entscheidungsfindungen. Wichtig für den Erfolg der Beteiligung ist das Vertrauen in die Aufrichtigkeit und Kompetenzen der involvierten Akteure: Schaffen Sie Vertrauen, indem Sie Ihr Handeln nach den im Beteiligungsprozess erzielten Ergebnissen ausrichten. Ebenso gehören Respekt und Wertschätzung auch bei unterschiedlichen Standpunkten zu den Grundlagen eines jeden Dialogs“ (Müller et al. 2016, S. 37). Und weiter: „Im Sinne eines Empowerments und einer Kultur der Beteiligung bzw. eines Partizipationsmainstreamings ist es besonders wichtig, auch jene Bevölkerungsgruppen einzubeziehen, die bisher beteiligungsfern sind. Das erfordert angepasste Bildungs- und Informationsformate und eine adäquate Ansprache – von der Beratung im Quartier über mehrsprachige Broschüren bis zur Präsenz in den meistgenutzten Sozialen Medien“ (ebd.). 3.5 Rechtliche Rahmenbedingungen Die Projekte wurden des Weiteren nach Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die rechtlichen Rahmenbedingungen der Öffentlichkeitsbeteiligung im Kontext von Planungs- und 11 Auf der Abschlusskonferenz des Projekts „Demoenergie“ (15./16.2.2016 in Potsdam) wurde thematisiert, dass sich die Herausfor- derung der Versteigung gerade auch bei Beteiligungsprozessen stellt, die durch Forschungsprojekte ermöglicht wurden und deren Finanzierung dann aber mit der Projektlaufzeit (oft drei Jahre) ausläuft. 23 Genehmigungsverfahren gefragt. Allerdings war die offen gestellte Frage für die meisten Projekte nicht zutreffend bzw. nicht relevant. Der genaue Wortlaut der Frage war: „Was bedeuten im Projekt gewonnene Erkenntnisse zu Partizipation für die rechtlichen Rahmenbedingungen von Planungsund Genehmigungsverfahren und der Öffentlichkeitsbeteiligung?“ Von den 5 Projekten, die inhaltlich antworteten, sehen 2 Projekte explizit keinen substanziellen Änderungsbedarf – es gehe im Wesentlichen um eine gute Umsetzung. Letztlich formulierten nur 2 Projekte Bedarf für prozessbezogene Änderungen. Als problematisch am Status quo betrachteten die beiden Projekte die zentrale Rolle des nicht neutralen Vorhabenträgers (z.B. Windpark-Projektierer) für den Beteiligungsprozess („gewisse Misstrauenskonstellationen und schiefe Rollen sind damit schon angelegt“).12 Aufgrund der Relevanz des Themas werden in der folgenden Textbox die konkreteren Schlussfolgerungen und Empfehlungen aus der Abschlusspublikation des Projekts „Dezent Zivil“ zusammengefasst, das sich am ausführlichsten mit Beteiligung im Kontext formaler Planungs- und Genehmigungsverfahren beschäftigt hat (Roßnagel et al. 2016). Ohne dass die bestehenden Verfahren grundlegend reformiert werden müssten, empfiehlt das Projekt „Dezent Zivil“ im Einzelnen (Roßnagel et al. 2016, S. 268–75): • Schaffung von unabhängigen „Zentralen Stellen“ auf Landesebene, die Behörden im Land bei Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung unterstützen sollen – über ihre finanziellen Mittel auch durch die Beauftragung Dritter;13 • Schaffung der Möglichkeit im Raumordnungsgesetz einer frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Aufstellung von (Teil-)Regionalplänen (und Stärkung eben dieser Möglichkeit im Bereich der Bauleitplanung); • Reduktion der Zahl der Windkraftanlagen, ab der eine Öffentlichkeitsbeteiligung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nötig ist, von 20 auf 6;14 • Verpflichtung (statt Ermessensentscheidung), einen Erörterungstermin im förmlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren durchzuführen; • Einführung gesetzlicher Verpflichtungen, den gesamten Planungsunterlagen bei der Raumplanung (nicht nur beim Umweltbericht), bei der Bauleitplanung und auch beim vereinfachten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren allgemein verständliche Zusammenfassungen (professionell verfasst) beizufügen; 12 So heißt es auch etwas ausführlicher in einer Abschlussbroschüre des Projekts „Demoenergie“: Das „vorhabenträgerzentrierte Be- teiligungsmodell leidet unter unstimmigen Rollen, die keinem Akteur gerecht werden. Übertragungsnetzbetreiber werden damit überfordert, die politisch entschiedenen Rahmenbedingungen des Netzausbaus vor Ort zu rechtfertigen, ihr Projekt durchzusetzen und dennoch einen als fair empfundenen Beteiligungsprozess zu initiieren. Die Kooperation von Behörden wird benötigt, damit Beteiligungsprozesse wirksam werden können, obgleich diese weder ein klares Mandat haben noch mit den nötigen Ressourcen für ihre aktive Mitwirkung ausgestattet sind“ (Richter et al. 2016, S. 19). Insgesamt riskiere „die Etablierung von Bürgerbeteiligung als beim Vorhabenträger angesiedeltem Durchsetzungsinstrument ihre eigentliche Konfliktlösungskapazität“ (ebd.). 13 In einem anderen Vorhaben („Energiekonflikte“) werden bundes- und landesweite „Serviceagenturen Energiewende“ vorgeschlagen, die bei der Professionalisierung der Konfliktvermittlung helfen, u.a. über einen Pool von Sachverständigen und Mediatoren sowie die Koordination und Finanzierung von Fortbildungen (Reusswig et al. 2016). 14 Auch das Projekt „Energiekonflikte“ spricht sich für eine Vereinheitlichung der Beteiligung unabhängig von der Windparkgröße aus (Fahrenkrug et al. 2016, S. 30). 24 Partizipationsstudie • Regelung, dass Simulationen und Visualisierungen Teil der Antragsunterlagen sein müssen, soweit sie einen verhältnismäßigen Kostenumfang nicht überschreiten; • Verbesserung der (fach)rechtlichen Grundlagen zur Möglichkeit der Bestellung von „Bürgervertrauenspersonen“ als Verfahrenszeugen für die Öffentlichkeit in solchen Verfahrensschritten, für die keine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist; • Bundesweit einheitliche Regelung und Ermöglichung, die Abwägungsmaßstäbe der Regionalplanung und der Bauleitplanung zu veröffentlichen. 3.6 Wirkungen zwischen Forschungsprojekt und Partizipationsprozess In einer weiteren offenen Frage antworteten 11 Projekte darauf, wie sich die Involvierung als Forschungsprojekt bzw. -akteure auf die entsprechenden gesellschaftlichen Prozesse ausgewirkt hat. Hier ist noch einmal im besonderen Maße zu beachten, dass es sich um Einschätzungen der Forschungsakteure selber handelt, nicht um solche von (externen) Praxisakteuren. Die Frage(n) im Wortlaut: „Inwieweit hat die Tatsache, dass die untersuchten Partizipationsprozesse von Ihnen als Wissenschaftsakteur und als BMBF-gefördertem Projekt (mit-)konzipiert und ggf. verantwortlich durchgeführt wurden, Auswirkungen auf die Prozesse gehabt? Und wie wurden Sie von den beteiligten gesellschaftlichen Akteuren wahrgenommen?“ Von 4 Forschungsprojekten wurde angegeben, dass ihre Beteiligung dem Prozess zusätzliche Legitimität bzw. höhere Akzeptanz verliehen habe. Von den Projekten, die sich explizit dazu äußerten, wie sie wahrgenommen wurden (5), meinte entsprechend auch die Mehrzahl, dass sie (überwiegend) positiv wahrgenommen worden seien. Zwei Projekte berichteten allerdings von gemischten Erfahrungen („gab auch Zweifel an Neutralität“, „wir seien ‚Agenten für die Energiewende‘“). In einem dieser Fälle wurde dies explizit auf die BMBF-Förderung zurückgeführt, während ein anderes Projekt gerade die BMBF-Förderung – im Vergleich zu Landesmittelprojekten – als positiv für die Wahrnehmung hervorhob. Ebenfalls 4 Projekte betonten die (etwa personellen und zeitlichen) Ressourcen und das Wissen, die durch das Forschungsprojekt dem Partizipationsprozess bzw. den Beteiligten zusätzlich zur Verfügung gestanden hätten.15 In einem weiteren Fall wäre sogar ohne das Projekt der Partizipationsprozess gar nicht zustande gekommen. Zwei der Projekte weisen als Folge auf gesteigertes Interesse und Engagement der Bevölkerung hin. Mehrere der genannten Faktoren aufführend und zudem die lokale Verankerung eines Praxisakteurs im Projekt hervorhebend, heißt es in der Antwort eines Projekts: „Teil des transdisziplinären Projektteams war auch der Praxispartner am Praxisstandort des Projektes. Dieser hat dem Forschungsprojekt bei den untersuchten Partizipationsprozessen im Wesentlichen sein Gesicht gegeben und hatte als lokaler Akteur bereits einen "Wiedererkennungswert" bei den beteiligten Akteuren, was für die lokale Anbindung der Prozesse sicherlich hilfreich war. Weiterhin hat die Rahmung der Partizipationsprozesse durch den Forschungscharakter und den Zugriff auf Experten und 15 Dies gilt umso mehr vor dem vom Projekt „Lokale Passung“ beschriebenen Hintergrund, dass „gerade kleine Gemeinden mit über- wiegend ehrenamtlichen Bürgermeistern und Gemeinderäten von der Komplexität der Energiewende-Projekte selbst und der Initiierung sowie Aufrechterhaltung partizipativer Prozesse überfordert werden können“ (Berkmüller et al. 2017, S. 56). 25 Wissen ebenfalls die Aktivitäten und das Interesse der Beteiligten am Prozess positiv beeinflusst. Darüber hinaus besteht die Bereitschaft weiterhin mit den Forschungspartnern zusammenzuarbeiten.“ Zu den tatsächlichen Auswirkungen der Forschung auf den Ablauf bzw. das Ergebnis des Partizipationsprozesses äußerten sich nur 2 Projekte explizit – beides Projekte, die sich mit Partizipation im Kontext formaler Verwaltungsverfahren rund um die Planung von Energieinfrastruktur beschäftigten. Während ein Projekt angab, „die Veränderungen der Planungsroutinen (Abläufe und Zeitpunkte) erfolgten maßgeblich auf Initiative der Wissenschaftler“, konstatierte das andere Projekt, dass „Erkenntnisse aus dem Prozess von anderen Akteursgruppen (Prozessverantwortliche in der Verwaltung) als für das Verfahren nicht maßgeblich angesehen [wurden], da es als ‚Forschung‘ begriffen wurde“. Im Rahmen des Projekts „Dezent Zivil“ fanden Befragungen der Bevölkerung (telefonisch, Zufallsstichprobe) in den Gemeinden statt, wo das Forschungsprojekt für zusätzliche Partizipation rund um die Planung von Windparks gesorgt hatte (Roßnagel et al. 2016). So stimmten etwa 64 % der Befragten aus der Gemeinde Schopfheim der Aussage zu: „Durch Dezent Zivil hat sich die Informationslage zu den Windenergieanlagen deutlich verbessert“. 60 % meinten, Dezent Zivil habe dazu beigetragen, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Anliegen besser in den Prozess einbringen konnten. Immerhin noch 37 % der Befragten glaubten, Dezent Zivil habe dazu beigetragen, dass sich die Konflikte nicht weiter zugespitzt haben. Allerdings sahen auch 44 % der Befragten in Schopfheim und 79 % im besonders vom Windpark betroffenen Ortsteil Gersbach in Dezent Zivil eine reine „Alibiveranstaltung für eine Politik, die schon alles entschieden hatte“ (ebd., S. 238 f.). 3.7 Zusammenfassung Ziele und Zielerreichung: Am häufigsten wurden die Ziele der Informationsvermittlung und -gewinnung verfolgt. Diese Ziele konnten auch in der weit überwiegenden Zahl der Fälle erreicht werden. Demgegenüber wurden konflikt- und zustimmungsbezogene Ziele sehr viel seltener verfolgt, obwohl es sich dabei um klassische Ziele von Partizipationsprozessen handelt. Eine Erklärung könnte sein, dass die Projekte dort, wo sie die Partizipationsprozesse selber organisiert haben, nicht als „Akzeptanzbeschaffer“ für die Politik wahrgenommen werden wollten. Darüber hinaus könnte der Befund damit zusammenhängen, dass die Erreichung solcher Ziele wesentlich anspruchsvoller ist. Dementsprechend wurden konflikt- und zustimmungsbezogene Ziele, außer in einem Fall, auch nur teilweise erreicht. Formate: Passend zu den genannten Zielsetzungen wurden mit Abstand am häufigsten Informations- und Konsultationsformate eingesetzt. Diese Verteilung verdeutlicht, dass bei den eingesetzten Formaten der Fokus auf der Informationsvermittlung und -gewinnung lag. Dabei haben fast alle Projekte Konsultationsformate eingesetzt, während sich die Informationsvermittlung etwas stärker auf einzelne Projekte konzentriert hat. Eine mögliche Erklärung ist, dass die Ermittlung von Wünschen und Bedürfnissen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zumindest idealtypisch zu jedem Partizipationsprozess gehört, während die Zurverfügungstellung von Informationen nicht 26 Partizipationsstudie immer erforderlich ist, z.B. wenn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereits im Vorfeld sehr gut informiert sind, etwa weil es sich vorwiegend um Fachleute und Expertinnen handelt. Fördernde und hemmende Faktoren sowie Merkmale guter Praxis: • Thema: Das konkrete Thema kann sich sowohl fördernd auf den Partizipationsprozess auswirken (u. a. dann, wenn es besonders aktuell ist oder die Bürger in besonderem Maße betroffen sind), als auch hemmend (bspw. wenn die Thematik noch recht unbekannt oder besonders komplex ist). • Einflussmöglichkeiten und Handlungsspielräume: Wichtig für gute Partizipationsprozesse sind reale Einflussmöglichkeiten, also eine gewisse inhaltliche Offenheit hinsichtlich des Ergebnisses und die Responsivität der Verantwortlichen. • Akteure: Bezogen auf die „Partizipationsanbieter“ sind insbesondere Methodenkompetenz und Prozessverständnis sowie Neutralität von hoher Bedeutung für gelingende Partizipation. Wird mit lokalen Partnern zusammengearbeitet, kann deren Vernetzung vor Ort und spezifisches Know-how hilfreich sein. Die Teilnehmenden des Prozesses betreffend, wird insbesondere die Atmosphäre als entscheidend bewertet. Positiv sind Spaß, Interesse, Offenheit und Vertrauen, während ein begrenztes Informationsbedürfnis, Interessenskonflikte und der Unwillen zur Kooperation und Kompromisssuche, Skepsis gegenüber anderen Beteiligten oder die Politisierung von Prozessen sich negativ auswirken. • Formate: Die verwendeten Formate wirken besonders dann positiv auf Partizipationsprozesse, wenn sie zielgruppengerecht, kontextspezifisch, inhaltlich passend, vielseitig sowie offen und transparent sind. • Zeit: Für erfolgreiche Prozesse sollten Beteiligte frühzeitig eingebunden werden und der Prozess insgesamt sollte über eine ausreichende Laufzeit verfügen. • Ressourcen: Nicht nur Zeit, sondern auch andere Ressourcen wie Finanzierung und Personalverfügbarkeit beeinflussen den Erfolg. Dies gilt sowohl für die Organisatoren des Partizipationsprozesses als auch für die Teilnehmenden. Gerade bei letzteren kann die unterschiedliche Verfügbarkeit von Zeit zu einer Über- oder Unterrepräsentation bestimmter Bevölkerungskreise führen. Rechtliche Rahmenbedingungen: Die gesetzlichen Rahmenbedingungen wurden zwar in manchen Fällen als hemmender Faktor angesehen; expliziten Änderungsbedarf bei diesen haben jedoch die wenigsten Projekte formuliert. Am ehesten wurde Reformbedarf angemahnt hinsichtlich der zentralen Rolle, die Projektträger von Energieinfrastrukturanlagen bislang auch für die Bürgerbeteiligung in Zuge des Planungsprozesses spielen. Hier sollte die Verantwortung in neutralere Hände gelegt werden. Forschungskontext der Partizipationsprozesse: Die Tatsache, dass die Partizipationsprozesse von den Forschungsprojekten begleitet, teilweise sogar initiiert wurden, hat sich aus Sicht der Projekte selber überwiegend positiv auf die Prozesse ausgewirkt – etwa im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen (inkl. Wissen). Im Hinblick auf die Legitimität und Akzeptanz des Prozesses in der Bevölkerung gab es gemischte Erfahrungen (z.B. Zweifel an der Neutralität der Forschenden). 27 4. Anwendung partizipativer Forschungsmethoden durch die Forschungsverbünde Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Auswertung von partizipativen Methoden, die die befragten Projekte für die Zusammenarbeit mit Praxispartnern innerhalb des Verbunds oder mit weiteren Akteuren oder Stakeholdern aus der Praxis anwendeten. Während im Kapitel 3 beschrieben wurde, welche gesellschaftlichen Partizipationsprozesse durch die Forschungsverbünde beobachtet wurden, geht es hier um Methoden der Partizipation, die von den Forschungsverbünden als ein Teil ihrer Forschungstätigkeit selbst initiiert und durchgeführt wurden, um die Projektziele zu erreichen (z.B. um die Bedürfnisse der Praxisakteure zu erfahren oder die Umsetzung von Forschungsergebnissen zu befördern). Der Methodenbegriff in der transdisziplinären Forschung bedarf einer kurzen Erläuterung. Wissenschaft und Praxis arbeiten transdisziplinär zusammen. Das bedeutet eine Veränderung der Rollen im gemeinsamen Forschungs- und Lernprozess. Daher umfasst ein methodengeleiteter Prozess mehr als in wissenschaftlichen Fächern und Disziplinen kodifizierte Forschungsmethoden im klassischen Sinn, also auch • Methoden zur Analyse von komplexen gesellschaftlichen Strukturen, z.B. Konstellationsanalyse, Netzwerk- und Akteursanalyse • Methoden für gemeinsame Lernprozesse und Zusammenarbeit, z.B. Experten- und Stakeholder-Workshops, Zukunftswerkstätten • Bewertungsmethoden, die gezielt verschiedene Perspektiven und Expertise aus Wissenschaft und gesellschaftlicher Praxis in den Forschungsprozess einbeziehen • Methoden der Forschungsorganisation, z.B. das Arbeiten in Tandems, iterative und rekursive Verfahren. Neben offenen Fragen, wie beispielsweise nach der Nennung von Merkmalen guter partizipativer Praxis, wurden auch hier geschlossene Fragen nach angewendeten Methoden, nach den damit verfolgten Zielen und dem Erfolg bzw. Misserfolg des Methodeneinsatzes gestellt. Die dabei zur Auswahl gestellten 17 Methoden waren wiederum in mehrere Kategorien eingeteilt, die der Logik einer im Hinblick auf die Intensität des Akteurseinbezugs stark gestaffelten ‚Partizipationsleiter‘ folgen (vgl. z.B. Stauffacher et al. 2008): Information - Konsultation: Workshops, Sitzungen - Konsultation: Qualitative Interviews - Konsultation: Standardisierte Befragungen – Kooperation. Dabei wurden die Methoden diesen Kategorien wie folgt zugeordnet: • Information: o Infoveranstaltungen, Vorträge o Einzel-Beratung o Website, App o Print-Produkte o Ausstellungen o Audio-/Video-Formate 28 Partizipationsstudie • Konsultation: o o o • Workshops, Sitzungen: ▪ Experten- und Stakeholder-Workshops, Beiratssitzungen ▪ Diskussionsformate mit Bürgern (z.B. Bürgerwerkstätten) Qualitative Interviews: ▪ Interviews mit Experten und Stakeholdern (Politik, Verbände, Firmen) ▪ Interviews mit Bürgern, Kunden, Nutzern (Haushalte) ▪ Kleingruppen-Interviews, Fokusgruppen mit Experten, Stakeholdern ▪ Kleingruppen-Interviews, Fokusgruppen mit Bürgern, Kunden, Nutzern (Haushalte) Standardisierte Befragungen: ▪ Befragungen von Experten, Stakeholdern ▪ Befragungen von Bürgern, Kunden, Nutzern (Haushalte) Kollaboration: o Diskussion mit Praxispartnern innerhalb des Projektteams o Einbezug von Praxispartnern in Entscheidungsprozesse (in Teamsitzungen, Zukunftswerkstätten u.ä.) o Enge, dauerhafte Kooperation Wissenschaft-Praxis, auch Beratung durch Praxispartner (z.B. bei Interventionen). Dass hier auch Methoden der Sozialempirie aufgeführt sind, bedarf einer kurzen Erklärung, denn die Frage der Abgrenzung von Sozialempirie und Partizipation und die Beschreibung möglicher „hybrider“ Lösungen sind zentral. Zentrales Kriterium für die Beurteilung partizipativ/ nicht partizipativ sind nicht einzelne partizipative Methoden oder Prozesse, sondern die Frage, ob der gesamte Forschungsprozess partizipativ war oder nicht. Beispiel: Wenn Interviews als Sondierungsmittel (Vorwissen über das System, mit dem man interagiert: Schlüsselakteure, Logik der Institutionen, Entscheidungs- und Handlungsabläufe, Beharrungskräfte etc.) für die Vorbereitung weiterer partizipativ angelegter Aktivitäten genutzt werden, dann sind sie Elemente in einem partizipativen Prozess – zum Beispiel als Vorbereitung von Überlegungen dazu, welche Akteure in bestimmte Projektprozesse einbezogen werden und warum. Empirische Grundlage der in den folgenden Abschnitten dargestellten Auswertung sind Fragebögen von 25 Projekten. 4.1 Qualitäten guter partizipativer Forschungsprozesse Bevor die Verwendung einzelner Methoden betrachtet wird, wird in diesem Abschnitt dargestellt, was aus Sicht der befragten Projekte „gute“ partizipative Prozesse ausmacht. In einer offenen Frage wurden die Projekte angeregt, Merkmale guter partizipativer Forschung zu nennen. Die Frage 29 lautete: „Was sind für Sie Merkmale „guter partizipativer Praxis“ in Forschungsprojekten, auch im Hinblick auf die Durchführung künftiger Projekte?“ Die Antworten lassen sich unterteilen in eher unbeeinflussbare Rahmenbedingungen und in Gestaltungsfelder, wo Projektbeteiligte (v.a. die prozessgestaltende Wissenschaft) aktiv Inhalte gestalten und anregen können. Rahmenbedingungen Gute partizipative Forschungsprozesse finden unter Rahmenbedingungen statt, die diese fördern können, auf die ein einzelnes Projekt jedoch nur bedingt Einfluss hat. Die von den Projekten genannten Rahmenbedingungen beziehen sich alle auf die Projektförderung: Viele Projekte betonten, dass es zentral sei, Praxisakteure möglichst früh in den Prozess einzubeziehen, also bereits in der Phase der Problemdefinition (6 Nennungen). Gleichzeitig merkten die Projekte an, dass eine Projektplanung gemeinsam mit Akteuren aus der Praxis unter den aktuellen Förderbedingungen kaum machbar sei: „Gleichwohl dies (früh) sinnvoll erscheint, scheint augenblicklich hierfür nur bedingt der Raum geboten zu werden; dies würde u.a. andere Förderkriterien bzw. andere Förderverfahren notwendig machen, bspw. müssten andere Zeithorizonte eingeplant werden bei der Ideenentwicklung und Skizzenerstellung. Die Projekte wünschten sich „ausreichend Mittel“, um Praxispartner stärker in Planungsphasen einzubeziehen. Problematisch für partizipative Forschungsprozesse waren die knappen Zeiträume von Projekten. Insbesondere wenn „Effekte von Interventionen“ beziehungsweise Wirkungen von Projekten auch evaluiert werden sollen, müsse dafür mehr Zeit eingeplant werden. Ein Projekt betonte, dass bereits in der Projektförderung Anreize zur Partizipation vorgesehen werden sollten, beispielsweise in Form einer Aufwandsentschädigung für Praxispartner. Dadurch ließe sich eine breitere Gruppe von Akteuren für ein Projekt ansprechen, nicht nur Praxisakteure, die ohnedies motiviert sind und dem Projekt oder dem Wissenschaftsbetrieb nahestehen. Gestaltungsfelder Projekte haben bestimmte Einflussmöglichkeiten, wie sie aktiv gute partizipative Forschungsprozesse gestalten können. Die in den Antworten genannten Möglichkeiten lassen sich in vier Felder unterteilen: die Auswahl der Praxisakteure, die Interessen und Rollen der Praxisakteure, die Interessen und Rollen der wissenschaftlichen Akteure und eine Kultur der Zusammenarbeit. Akteursauswahl Laut den befragten Projekten ist die Auswahl der richtigen Praxispartner zentral für den partizipativen Forschungsprozess, aber auch für die Ergebnisse eines Projekts. Die Projekte betonten, dass die passende „Zusammenstellung der partizipierenden Gruppen“, also beispielsweise eine Mischung aus Experten und Laien, wesentlich sei für die Partizipationsprozesse. Dafür sei es wichtig, frühzeitig die relevanten Praxisakteure zu identifizieren und die spezifischen „Akteurskonstellationen“ sorgfältig zu analysieren. Ebenfalls ein zentraler Aspekt sei es, die Akteure ausgehend von der Forschungsfrage bzw. dem zu bearbeitenden Problem auszuwählen. Interessen und Rollen der Praxisakteure In der Erfahrung der befragten Projekte orientieren sich gute partizipative Prozesse an den Bedürfnissen der Praxis. Das bedeutet, dass diese so gestaltet sind, dass sie auf die „Bedürfnisse, 30 Partizipationsstudie Sichtweisen und Problemlagen der Beteiligten Rücksicht“ nehmen. Dies könne dadurch erreicht werden, dass ein Projekt an die „Alltagsrealität der Beteiligten“ anknüpfe und auf einen „konkreten Bedarf“ reagiere. „Lokale Problemlagen und Spezifika“ müssten bei der Gestaltung eines Partizipationsprozesses ganz besonders berücksichtigt werden. Die Projekte betonten, dass Partizipation aber nicht nur auf ein Bedürfnis reagieren solle, sondern einen klaren Nutzen für die Praxispartner haben müsse. Fehle ein lukrativer Anreiz, könne dies die Teilnahme verhindern. Deswegen sollten Projekte besonders die „Praxistauglichkeit von Ergebnissen“ berücksichtigen und diese Praxistauglichkeit gemeinsam mit den Projektpartnern überprüfen. Die Projekte waren der Meinung, dass die partizipativen Prozesse direkt von den Gestaltungs- und Einflussmöglichkeiten, aber auch Verantwortlichkeiten der Praxispartner abhingen. Deswegen sollte für alle Beteiligten klar sein, dass sie „Mitverantwortung für die Forschungsergebnisse tragen“. Die Praxispartner sollten also mit „tatsächlichen Gestaltungsmöglichkeiten“ in den Forschungsprozess einbezogen werden. Dabei hilfreich seien „direkte Partnerschaften (…), in denen gemeinsam an Lösungen und Veränderungen konkreter Praktiken gearbeitet wird.“ Divergieren die Interessen der beteiligten Praxispartner, sei es die Aufgabe der Wissenschaft, diese gut zu moderieren und das „gegenseitige Verständnis zu fördern“. Gerade bei ungleichen Machtaspekten der Praxispartner sei es wichtig, diese bewusst auszubalancieren. Eine professionelle Moderation könne hier helfen, ebenso wie klare Haltungen der Wissenschaft. Interessen und Rollen der Wissenschaft Mehrere Projekte erwähnten, dass die Fähigkeit zur Selbstreflexivität zentral für einen guten Partizipationsprozess sei. Das bedeutet, dass sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihrer „Rolle, Funktionen und Wirkung auf Stakeholder bewusst“ sein müssen. Für die Reflexion des Forschungsprozesses und der Ergebnisse erachteten die Projekte iterative Vorgehen als sinnvoll, das heißt, dass Projektinhalte immer wieder mit den beteiligten Partnern und anderen wichtigen Akteuren abgesprochen und daraus gegebenenfalls Anpassungsnotwendigkeiten abgeleitet werden. Auch andere Methoden, z.B. formative Evaluationsprozesse sind laut Aussage der Projekte geeignete Instrumente, um Selbstreflexivität anzuregen. Die Projekte betonten, dass Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen über eine fundierte Methodenkompetenz für die Gestaltung von partizipativen Prozessen verfügen müssen. Methodenkompetenz sei wichtig für die „Ansprache und Rekrutierung“ der Teilnehmenden, die Wahl der Methoden für die konkrete Beteiligung und die Gestaltung von Zeitabläufen und Arbeitsatmosphäre. Klassische sozialempirische Methoden können dabei helfen, die Partizipation vorzubereiten und zu unterstützen. So könne beispielsweise „Umfragen und Evaluationen zur Identifikation weiterer Themen“ genutzt werden. Kultur der Zusammenarbeit Damit eine Verständigung innerhalb eines Projekts überhaupt möglich ist, muss aus der Sicht der befragten Projekte eine gemeinsame Sprache aller Beteiligten entstehen. Dafür biete sich an, frühzeitig zentrale Begriffe zu klären und dadurch ein gemeinsames Verständnis des Forschungsgegenstandes zu entwickeln. 31 Wesentlich für gute partizipative Forschungsprozesse seien Erwartungsmanagement und Transparenz über die Ziele der Partizipation, einzelner Beteiligungsformate und des Gesamtprojekts. Vor allem die möglichen Beiträge und Grenzen der Einflussmöglichkeiten von Praxispartnern sollten offen kommuniziert werden. Es muss für die Praxispartner also beispielsweise klar sein, ob es bei ihrer Beteiligung um „echte Mitentscheidung oder Meinungsäußerung oder Konsultation geht“. Ein Projekt schlug vor, schriftliche Vereinbarungen zu möglichen Zielen zu verfassen. Wo eine Einflussnahme der Praxisakteure vorgesehen ist, müsse dafür auch „tatsächliche Offenheit für partizipative Auswirkungen auf Forschungsprozess und Ergebnisse“ von Seiten der Wissenschaft herrschen. Die Projekte betonten, dass die wissenschaftlichen Akteure Ergebnisse, Problemsichten und Hinweise aus partizipativen Prozessen „ernst nehmen und auch wirklich weiterverfolgen“ müssten. Mehrere Projekte wiesen darauf hin, dass Partizipation ein Prozess sei, und nicht ein „one-time event“. „Regelmäßige und umfassende Einbeziehung von Praxisakteuren“ und anderen relevanten Stakeholdern „über den ganzen Forschungsprozess hinweg“ sei notwendig, um „dem Prozess Relevanz zu verleihen“. Gleichzeitig unterschieden die Projekte zwischen offenen und geschlossenen Arbeitsphasen. Wissenschaftsgeleitete Arbeitsschritte, auf die „Stakeholder keinen expliziten Einfluss haben“, müssten ebenso anerkannt sein wie offene Formate. 4.2 Verwendung partizipativer Forschungsmethoden durch die Projekte Nach dieser ersten Klärung, was die untersuchten Projekte selbst – als Erkenntnis aus ihren Projekterfahrungen – unter guten partizipativen Prozessen verstehen, wenden sich die weiteren Abschnitte dieses Kapitels den konkreten partizipativen Forschungsmethoden zu, welche die 25 befragten Projekte verwendet haben. Um einen Überblick über die partizipativen Methoden zu erhalten, wurden die Projekte gefragt „Welche partizipativen Forschungsmethoden/ -formate wurden (bzw. werden noch) in welchen Stadien Ihres Projekts verwendet?“ Antwortkategorien waren vorgegeben, die Projekte konnten Methoden ergänzen. Absolute Nennung partizipativer Methoden Die erste Übersicht zeigt, wie oft die 25 Forschungsprojekte welchen Typ partizipativer Methoden anwendeten (Abbildung 9). Auffällig sind die große Anzahl der Kooperationsmethoden und die hohe Zahl konsultativer qualitativer Methoden (Interviews bzw. Workshops mit Praxispartnern und Stakeholdern) im Vergleich zu standardisierten Befragungsmethoden. 32 Partizipationsstudie Abbildung 9: Verwendete partizipative Methoden Die Auswertung, wie viele der Projekte bestimmte Forschungsmethoden angewendet haben, ergänzt die oben abgebildete absolute Anzahl der Methoden (Abbildung 10). Obwohl Kooperationsmethoden in absoluten Zahlen weitaus häufiger als andere Methoden angewendet wurden, hat ein großer Teil der Projekte auch Informations- und Konsultationsmethoden eingesetzt. Abbildung 10: Anteil der Projekte, die partizipative Methoden eingesetzt haben Partizipative Forschungsmethoden im zeitlichen Projektverlauf Die befragten Projekte setzten partizipative Methoden vor allem im eigentlichen Forschungsprozess und zur Kommentierung von Ergebnissen ein. Bei deren Implementierung wurden vergleichsweise wenig partizipative Methoden verwendet (Abbildung 11). 33 Abbildung 11: Partizipative Methoden pro Projektstadium Noch weniger partizipative Methoden kamen bei der Erarbeitung von Untersuchungsfragen und methoden zum Einsatz. Abbildung 12 zeigt, welcher Anteil der Projekte mindestens einmal partizipative Forschungsmethoden pro Projektphase angewendet haben. Alle befragten Projekte haben partizipative Forschungsmethoden im eigentlichen Forschungsprozess angewendet, und fast alle zur Kommentierung von Ergebnissen. Die Verteilung spiegelt insgesamt die absolute Anzahl der Nennungen wider. Abbildung 12: Anteil der Projekte, die partizipative Forschungsmethoden in einer bestimmten Projektphase angewendet haben Die grafische Darstellung in Abbildung 13 zeigt die Häufigkeit der Nutzung einzelner Methoden in den verschiedenen Projektstadien. Es wird dabei deutlich, dass die in den Projekten verwendeten Einzelmethoden sowohl hinsichtlich der Häufigkeit als auch des Zeitpunkts ihrer Verwendung sehr ungleich verteilt sind. 34 Partizipationsstudie Abbildung 13: Einzelmethoden je Projektstadium Einige Methoden wurden mehrfach in allen Projektphasen angewendet. Dazu zählen Infoveranstaltungen, Vorträge; Experten- und Stakeholder-Workshops, Beiratssitzungen; Interviews mit Experten und Stakeholdern (Politik, Verbänden, Firmen); Kleingruppen-Interviews, 35 Fokusgruppen mit Experten, Stakeholdern und alle drei kooperativen Einzelmethoden. Diese sieben Einzelmethoden wurden absolut am häufigsten verwendet. Betrachtet man die in den einzelnen Phasen verwendeten Methoden, lag in den ersten beiden Phasen – der Erarbeitung der Untersuchungsfragen und der Untersuchungsmethoden – der Fokus auf kooperativen Einzelmethoden, das heißt auf der Zusammenarbeit im Projektteam. Weniger oft, aber dennoch von einigen Projekten wurden in dieser Phase Informationsveranstaltungen durchgeführt. Wichtig waren hier auch Methoden zur Befragung von Experten und Expertinnen bzw. Stakeholdern: Mehrere Projekte führten Experten-und Stakeholder-Workshops, Interviews mit Experten und Stakeholdern und Kleingruppen-Interviews oder Fokusgruppen mit Experten und Stakeholdern durch. Im eigentlichen Forschungsprozess wurden verschiedene Einzelmethoden verwendet, die man im weitesten Sinne der Sozialempirie zurechnen kann: Formate zur qualitativen Datengewinnung waren Interviews mit Experten, Expertinnen und Stakeholdern, Interviews mit Bürgerinnen und Bürgern, und Kleingruppen-Interviews bzw. Fokusgruppen sowohl mit Expertinnen und Experten sowohl mit Bürgerinnen und Bürgern. Quantitative Daten wurden durch standardisierte Befragung von Expertinnen und Experten sowie von Bürgerinnen und Bürgern erhoben. Auch im eigentlichen Forschungsprozess spielt Kooperation im Projektteam eine wichtige Rolle. Infoveranstaltungen sowie Workshops mit Expertinnen und Experten oder Stakeholdern wurden von mehreren Projekten durchgeführt. Für Kommentierung und Feedback zu Zwischenergebnissen führten viele Projekte konsultative Workshops mit Expertinnen und Experten oder Stakeholdern durch, einige Projekte organisierten Infoveranstaltungen und Diskussionsformate mit Bürgerinnen und Bürgern. Die Zusammenarbeit mit den Projektpartnern im Team war ganz entscheidend für die Kommentierung und Feedback zu Zwischenergebnissen. Für die praktische Implementierung wurden verschiedene Einzelmethoden zur Information angewendet: Mehrere Projekte führten Infoveranstaltungen durch und beförderten die Implementierung durch eine Webseite oder Print-Produkte. Wiederum war hier der Austausch mit Expertinnen und Experten in Workshop und Kleingruppen-Interviews oder Fokusgruppen wichtig. Die drei Kollaborationsmethoden wurden auch für die Implementierung häufig angewendet. Zwischenfazit Die bisherige Auswertung zeigt, dass die von den 25 untersuchten Projekte am meisten verwendeten partizipative Forschungsmethoden Methoden der Kooperation im Projektteam waren. Ebenfalls häufig verwendeten die Projekte Informationsmethoden und eher qualitative bzw. dialogorientierte Konsultationsmethoden. Weniger oft verwendet wurden dagegen standardisierte Befragungsmethoden. Dies mag durch die Projektförderung beeinflusst sein, welche eine enge Zusammenarbeit mit Praxispartnern vorgab. Die Projekte bearbeiteten ihre Forschungsfragen mit einer tendenziell offenen, explorativen Haltung, wofür sich eher qualitative Methoden anbieten. Die meisten partizipativen Forschungsmethoden wurden im eigentlichen Forschungsprozess oder zur Kommentierung von Projektergebnissen eingesetzt. Weniger partizipativ gingen die Projekte dagegen bei der Erarbeitung der Untersuchungsfragen und -methoden vor. Dies könnte daran liegen, dass diese Arbeitsschritte tendenziell unter hohem Zeitdruck während der Antragstellung 36 Partizipationsstudie stattfinden und meist die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die Projektanträge verantwortlich sind. In einigen Fällen wurden aber auch die Praxisakteure nur im Zuge einer Konsultation oder Befragung einbezogen, so dass von vornherein ihre Funktion nicht in enger Kollaboration lag, also auch nicht bei der Konstitution des ganzen Projekts. Die Unsicherheit, ob ein Projektantrag finanziert wird oder nicht, erschwert die partizipative Zusammenarbeit mit Akteuren aus der Praxis vor der Projektzusage. 4.3 Ziele der Anwendung partizipativer Methoden Partizipative Forschungsmethoden können mit unterschiedlichen Zielen in einem Projekt eingesetzt werden. Die Projekte wurden befragt „Welche Methoden/ Formate waren auf welche Funktionen/ Ziele bei den Praxisakteuren gerichtet?“ In den Fragebögen wurden den befragten Projekten sechs mögliche Ziele16 vorgegeben, Mehrfachantworten und Ergänzungen waren möglich: • Ziel 1: Information, Sensibilisierung, Motivierung, Transparenz, Beratung • Ziel 2: Konfliktminderung und Konfliktlösung, Kompromissfindung • Ziel 3: Ermittlung von Präferenzen, Bedürfnissen, Wissensbedarf, Problemsichten • Ziel 4: Erzeugung von Zustimmung und Commitment • Ziel 5: Reflexion des Forschungsprozesses bzw. der Ergebnisse • Ziel 6: Verbreiten bzw. Umsetzen von Erkenntnissen, Befähigung zum Handeln, Vernetzung Abbildung 14: Ziele des Einsatzes partizipativer Methoden Der Blick auf die unterschiedlichen Ziele zeigt (Abbildung 14), dass die 25 befragten Projekte viele partizipative Forschungsmethoden für die Ziele Information und Ermittlung von Präferenzen 16 Die Ziele partizipativer Forschungsmethoden stimmen zu einem großen Teil mit möglichen Zielen gesellschaftlicher Partizipations- prozesse überein (Kap. 3). Das Ziel „Reflexion des Forschungsprozesses/ der Forschungsergebnisse“ wurde nur für die partizipativen Forschungsmethoden abgefragt. 37 einsetzten, etwas weniger oft für Reflexion des Forschungsprozesses und Verbreitung von Erkenntnissen. Dagegen gaben die Projekte sehr viel seltener an, partizipative Methoden mit dem Ziel der Konfliktminderung und Erzeugung von Zustimmung verwendet zu haben. Die Auswertung der prozentualen Anteile (Abbildung 15) zeigt ein ähnliches Bild wie die absoluten Zahlen: Alle Projekte setzten partizipative Methoden mit dem Ziel ein, Präferenzen und Bedürfnisse zu ermitteln, viele Projekte setzen Methoden für die Ziele Information, Reflexion und Verbreiten der Erkenntnisse ein. Dagegen verwendete nur die Hälfte aller Projekte partizipative Methoden mit dem Ziel der Konfliktminderung und für Erzeugung von Zustimmung. Abbildung 15: Anteil der Projekte, die Methoden für bestimmte Ziele angewendet haben Abbildung 16 zeigt auf, welche Kategorien partizipativer Forschungsmethoden für welche Ziele eingesetzt wurden. Für jedes einzelne Ziel nutzten die befragten Projekte weitaus am häufigsten Kollaborationsmethoden, also die Zusammenarbeit mit den Praxispartnern innerhalb des Projektteams. Die anderen vier Methodenkategorien wurden je nach Ziel unterschiedlich oft verwendet: • Für das Ziel der Information, Sensibilisierung, Motivierung, Transparenz, Beratung wurden viele Informationsmethoden eingesetzt. Nicht ganz so oft wurden konsultative Workshops und qualitative Interviews verwendet. • Für Konfliktminderung und Kompromissfindung wurden sehr wenige Methoden verwendet, hauptsächlich Kollaborationsmethoden. • Für die Ermittlung von Präferenzen, Bedürfnissen, Wissensbedarf und Problemsichten wurden mit Abstand die meisten Methoden eingesetzt. Hier nutzten viele Projekte qualitative Befragungsmethoden, aber auch Informationsmethoden, Workshops und standardisierte Befragungen. • Für die Erzeugung von Zustimmung und Commitment wiederum wurden nur wenige Methoden verwendet, neben Kollaborationsmethoden auch einige Informationsmethoden. 38 Partizipationsstudie • Für die Reflexion des Forschungsprozesses bzw. der Ergebnisse wurden viele Methoden aus allen Kategorien eingesetzt, hier waren Informationsmethoden und konsultative Workshops wichtig. • Die für Verbreitung bzw. Umsetzen von Erkenntnissen, Befähigung zum Handeln, Vernetzung verwendeten Methoden waren mit abnehmender Häufigkeit Informationsmethoden, konsultative Workshops und qualitative Befragungen. Abbildung 16: Ziele nach Methodenkategorien Beurteilung der Zielerreichung Die Projekte wurden gefragt, ob sie die angestrebten Ziele der partizipativen Methoden erreicht, teilweise oder nicht erreicht hatten. Die genaue Frage lautete „Inwieweit wurden in Ihren Projekt die Funktionen/ Ziele der Partizipation erreicht bzw. nicht erreicht?“, als Antwort war ja/teilweise/ nein vorgegeben (Abbildung 17). Die unterschiedliche Anzahl der absoluten Nennungen der Ziele bei insgesamt 25 befragten Projekten ist damit zu erklären, dass die Projekte im Fragebogen teilweise keine Angaben machten (weder ‚ja‘ noch ‚teilweise‘ noch ‚nein‘).17 17 Es gab einige Fälle von inkonsistent ausgefüllten Fragebögen, wo Projekte bei der Frage „Welche Methoden/ Formate waren auf welche Funktionen/ Ziele bei den Praxisakteuren gerichtet?“ Methoden für spezifische Ziele benannten aber bei Frage 4 („Inwieweit 39 Abbildung 17: Selbsteinschätzung, ob die erstrebten Ziele erreicht wurden • Die Ermittlung von Präferenzen, Bedürfnissen, Wissensbedarf und Problemsichten sowie die Reflexion des Forschungsprozesses bzw. der Ergebnisse wurde von den meisten Projekten als Ziel für den Einsatz von partizipativen Forschungsmethoden genannt, und fast alle Projekte erreichten diesen beiden Ziele.. • Das Ziel der Information, Sensibilisierung, Motivierung, Transparenz, Beratung wurde von einer knappen Mehrheit der Projekte wie angestrebt erreicht, die anderen Projekte erreichten dieses Ziel nur teilweise. • Erzeugung von Zustimmung und Commitment wurde von 11 Projekten angestrebt, aber 7 Projekte erreichten dieses Ziel nur teilweise oder gar nicht. • Konfliktminderung bzw. -lösung, Kompromissfindung war nur für wenige Projekte ein Ziel partizipativer Forschungsmethoden, und nur 3 von 5 Projekten konnten dieses Ziel auch wie angestrebt umsetzen. wurden in Ihren Projekt die Funktionen/ Ziele der Partizipation erreicht bzw. nicht erreicht?“) ebendiese Ziele nicht angaben. Diese Projekte wurden als k.a. erfasst. Ein einziges Projekt gab im Fragebogen an, ein Ziel (Erzeugung von Zustimmung und Commitment) nicht erreicht zu haben. Das Projekt begründete das nichterreichte Ziel damit, dass keine verbindlichen Maßnahmen getroffen wurden, die Strukturen der beteiligten Praxispartner sehr hierarchisch waren und wichtige Stakeholder kein Interesse am Projekt hatten. Die Einzelnennung wurde nicht in die Grafik mit aufgenommen. 40 Partizipationsstudie • Ebenso wurde die geplante Verbreitung, Umsetzen von Erkenntnissen, Befähigung zum Handeln, Vernetzung von der Mehrheit der Projekte nur teilweise erreicht. Zwischenfazit Beim Blick auf die Ziele, die die befragten Projekte mit den Forschungsmethoden erreichen wollten, fällt auf, dass die Ziele der Erzeugung von Zustimmung und Verbreiten von Erkenntnissen von den meisten Projekten nur teilweise erreicht wurden. Außerdem kann festgestellt werden, dass die Ziele Konfliktminderung und Erzeugung von Zustimmung offenbar für viele Projekte keine Motivation für die Anwendung partizipativer Forschungsmethoden waren. Es sind zwei mögliche Gründe für beide Befunde denkbar, die beide damit zusammenhängen, dass diese Ziele darauf hinarbeiten, das Verhalten oder Einstellungen von Praxispartnern zu verändern: • Erstens bestand bei den Projekten relativ große Zurückhaltung hinsichtlich solcher Veränderungen. Die Erfahrung aus der Arbeit der Wissenschaftlichen Koordination mit den Projekten – insbesondere im Cluster „Partizipationsstrategien“ – zeigt, dass die Projekte wegen des gelegentlich seitens der Praxispartner geäußerten Vorwurfs, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dienten der Politik zur Akzeptanzbeschaffung, besonders zurückhaltend mit lenkenden Interventionen waren. • Zweitens sind diese Ziele deutlich schwieriger zu erreichen als die Ziele der Ermittlung von Präferenzen und der Reflexion des Forschungsprozesses und seiner Zwischenergebnisse. Zudem haben in Projekte eingebettete Partizipationsprozesse oft eine so kurze Laufzeit, dass sie möglicherweise nicht ausreicht, um nachhaltig Einstellungs- und Verhaltensänderungen anzustoßen. 4.4 Fördernde und hemmende Faktoren für partizipative Forschung Ergänzend zur Frage nach der Zielerreichung (s.o.) wurden die Projekte wurden in offener Abfrage nach Faktoren befragt, welche das Erreichen der jeweiligen Ziele im Projektverlauf beförderten oder hinderten. („Welche Faktoren haben sich als fördernd oder hemmend auf die Zielerreichung ausgewirkt?“). Fördernde Faktoren Geeignete, zielgruppenspezifische und gut eingebettete Instrumente und Formate der Kommunikation, Information und Kooperation waren förderlich für alle Ziele (10 Nennungen). Die Art der verwendeten Formate hing stark vom Projektkontext ab und reichte in den untersuchten Projekten von einem Expertenbeirat über Visualisierungen zur Informationsvermittlung bis hin zu sozialempirischen Erhebungsmethoden. Insbesondere die Vielfalt oder Kombination der Formate sei in den Projekten gewinnbringend gewesen (5 Nennungen). Das inhaltliche Interesse am Projekt und die Kooperationsbereitschaft der Praxispartner, aber auch das Engagement der wissenschaftlichen Projektpartner bestimmte maßgeblich den Erfolg von partizipativen Prozessen (9 Nennungen). Zwei Projekte arbeiteten mit finanziellen Aufwandsentschädigungen für die Praxispartner oder Teilnehmenden einer Befragung, was die Beteiligung verbesserte. Ebenfalls eine Rolle spielte der gesellschaftliche Kontext: Die aktuellen 41 Diskussionen um erneuerbare Energien, das sehr dynamische Feld und gesetzliche Rahmenbedingungen beeinflussten das Interesse der Praxisakteure positiv (3 Nennungen). Bestehende Kontakte aus vorheriger Zusammenarbeit und eine gute Vernetzung waren förderlich für das Erreichen aller Ziele (8 Nennungen). Damit einher ging ein vertieftes Verständnis der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Untersuchungsgegenstandes bzw. des regionalen Kontextes (2 Nennungen). Drei Projekte nutzten bereits bestehende Strukturen oder Veranstaltungsformate für die Vernetzung und Verbreitung der Projektinhalte. Die frühzeitige Einbindung der Praxispartner beziehungsweise die kontinuierliche Einbindung im gesamten Forschungsprozess war ein wichtiger fördernder Faktor für gelingende Partizipation (6 Nennungen). Insbesondere für kritisches Feedback und die Planung des Vorgehens war der kontinuierliche Austausch mit den Praxispartnern hilfreich (3 Nennungen). Weniger oft wurden Faktoren erwähnt, die fördernd für ein spezifisches Ziel waren: • Für das Ziel Information, Sensibilisierung, Motivierung, Transparenz, Beratung betonten zwei Projekte, dass vor allem die breite Einbindung aller beteiligten Akteure wichtig für den Erfolg gewesen sei. Die Heterogenität der Beteiligten verbesserte die Ergebnisse, weil sie sehr unterschiedliche Aspekte einbrachten. • Für das Ziel der Konfliktminderung bzw. –lösung, Kompromissfindung erwähnten zwei Projekte die Wichtigkeit von fairen und transparenten Moderationsmethoden. In konflikthaften Situationen ist es wichtig, dass neutral und ergebnisoffen informiert wird (1 Nennung). • Das Ziel der Ermittlung von Präferenzen, Bedürfnissen, Wissensbedarf und Problemsichten wurde durch transparente Kommunikation der Ziele und Möglichkeiten eines Projekts gefördert (3 Nennungen). • Für die Erzeugung von Zustimmung und Commitment war es wichtig, dass die Ergebnisse einen Nutzen für die Praxis hatten (3 Nennungen) und sich die beteiligten Akteure in Diskussionen zu Vor- und Nachteilen verschiedener Alternativen einbrachten (2 Nennungen). • Für die Reflexion des Forschungsprozesses bzw. der Ergebnisse war eine offene, vertrauensvolle Atmosphäre unter den Projektpartnern förderlich (2 Nennungen). • Förderlich für Verbreiten bzw. Umsetzen von Erkenntnissen, Befähigung zum Handeln, Vernetzung waren handlungsorientierte Projektziele bzw. Produkte, die bereits darauf hin entwickelt wurden, dass sie mit den Angeboten potenzieller Umsetzungsakteure kompatibel waren (2 Nennungen). Dafür erwies sich auch die Produktentwicklung gemeinsam mit den Praxispartnern als förderlich (2 Nennungen). Hemmende Faktoren Ein hemmender Faktor war für viele Projekte das geringe Engagement der Praxispartner (8 Nennungen). Die Ausprägungen reichten von Desinteresse für das Projekt bis hin zu Skepsis gegenüber konkreten Inhalten. Vier Projekte mussten sich mit Praxispartnern auseinandersetzen, die 42 Partizipationsstudie sich vor allem für praktische, ökonomisch nutzbare Lösungen interessierten, aber nicht für Forschung. Ebenfalls problematisch für den Projektverlauf waren mangelnde zeitliche Kapazitäten bei den Praxispartnern (7 Nennungen). Dies wirkte sich negativ aus auf Projektarbeit, Reflexion und Verstetigung. Aber auch die wissenschaftlichen Akteure hatten nicht die gewünschten zeitlichen Ressourcen, um beispielsweise aufwändige Kommunikationsprozesse zu gestalten oder auf Konflikte einzugehen (2 Nennungen). Der Ausbau der erneuerbaren Energien polarisiert und die in den Projekten behandelten Themen waren teilweise sehr neu, komplex und abstrakt. Dies erschwerte die Zusammenarbeit mit Praxispartnern und die Vermittlung von Projektinhalten in die Praxis (7 Nennungen). Sechs Projekte berichteten, dass die im Projekt angesprochenen Zielgruppen oder Regionen bereits durch andere Untersuchungen überforscht waren oder Forschungsprojekte während ihrer Laufzeit mit anderen Projekten in Konkurrenz um Teilnehmende standen. Interessenskonflikte oder Konkurrenzsituationen zwischen einzelnen Praxispartnern waren massive Hindernisse für die Projektarbeit (7 Nennungen). Diese Konflikte bestanden teilweise schon seit langer Zeit (3 Nennungen), teilweise entfachten sie sich an konkreten Projektinhalten (3 Nennungen). Zu Konflikten kam es ebenfalls, wenn Akteure mit Informationen arbeiteten, die andere Akteure für inkorrekt hielten (1 Nennung). Die gesetzlichen Rahmenbedingungen waren für viele Projekte ein Problem, vor allem deren Änderung während der Projektlaufzeit (EEG) oder Unklarheiten über deren Auswirkungen (5 Nennungen). Erschwerend für zwei Projekte war, dass sich die personellen Zuständigkeiten bei den Praxispartnern veränderten bzw. dass keine kontinuierliche Ansprechperson vorhanden war; für zwei weitere Projekte dauerte es zu lange, bis die inhaltlich kompetenten Praxisakteure gefunden waren. Starke hierarchische Strukturen bei Praxispartnern erschwerte ebenfalls die Projektarbeit (2 Nennungen). 4.5 Zusammenfassung Partizipationskonzept: Partizipation ist ein durchgängiger Prozess und nicht als punktuell im Projektablauf zu begreifen. Die befragten Projekte betonten, dass gute partizipative Forschung bereits bei der Planung des Projekts, der Forschungsfragen und der Untersuchungsmethoden beginnt. Wer partizipiert und wann im Projektverlauf in welchem Ausmaß dies geschieht, bestimmt ganz maßgeblich den Verlauf des Forschungsprojekts. Idealerweise sind nach Ansicht der befragten Projekte bereits in dieser Planungsphase Akteure aus der Praxis beteiligt. Gleichzeitig konnten die Projekte das selbstgenannte Ideal überwiegend nicht erfüllen, denn Partizipation fand am häufigsten im Forschungsprozess und zur Kommentierung von Ergebnissen statt und wesentlich seltener bei der Erarbeitung der Untersuchungsfragen und -methoden. Interessen und Rollen: Reflexivität und Methodenkompetenz werden für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an vorderster Stelle gesehen. Für die Praxisakteure müssen Gestaltungsund Einflussmöglichkeiten gegeben sein, aber auch Verantwortlichkeit deutlich werden. 43 Interessant war es festzustellen, dass ein Methodeneinsatz für lenkende Eingriffe in den partizipativen Forschungsprozessen, z.B. zum Zweck von Konfliktminderung oder Erzeugung von Zustimmung, nur sehr zurückhaltend erfolgte, um Neutralität und Objektivität der wissenschaftlichen Unterstützung nicht zu verlieren. Förderrahmen: Bekannte Restriktionen für erfolgreiche Partizipation vom gemeinsamen Projektdesign bis zur gemeinsamen Auswertung der Wirkungen des Projekts wurden auch hier von den Projekten festgestellt. Um beides in einem geregelten und adaptiven Partizipationsprozess sicherstellen zu können, werden längere Laufzeiten für notwendig erachtet. Zudem stellt sich immer wieder heraus, dass eine größere Flexibilität in der Mittelbewirtschaftung hilfreich wäre, beispielsweise um bei Praxisakteuren eine Beteiligung überhaupt erst zu ermöglichen und um ungewöhnliche Formate der Kollaboration mit Praxisakteuren förderfähig zu machen. Vielfältig nutzbare Methoden: In der Betrachtung der Einzelmethoden fällt auf, dass es einige Methoden gibt, die beinahe in jeder Projektphase und für jedes Ziel eingesetzt wurde. Solche Methoden sind die Kooperation im Projektverbund, Informationsmethoden und Befragungen von Expertinnen und Experten, sei es in Workshops, Interviews oder Fokusgruppen. Dem gegenüber stehen Methoden, die sehr gezielt für spezifische Ziele eingesetzt wurden, beispielsweise standardisierte Befragungen. Methodenkompetenz für Kooperation: Beim Blick auf die fördernden und hindernden Faktoren für partizipative Forschungsmethoden fällt die positive Nennung von passenden Formaten, Methoden und Instrumenten auf. Gleichzeitig sind für den gewinnbringenden Einsatz von Methoden und Formaten die entsprechenden Kenntnisse und Fähigkeiten der planenden und ausführenden Personen nötig. Die am häufigsten verwendeten Methoden betreffen die direkte Kooperation zwischen Wissenschaft und Praxis. Deutlich weniger häufig wurden informationelle und rein konsultative Methoden angewendet. Sehr deutlich zeigte die Befragung den Einfluss des Umfeldes eines Projekts auf dessen Verlauf. Der Bereich Energiewende ist dank seiner Dynamik, der hohen gesellschaftlichen Aufmerksamkeit und potenziellen neuen Geschäftsfeldern für viele Akteure sehr interessant. Gleichzeitig ist das Thema normativ umstritten und sowohl technische als auch politische zukünftige Entwicklungen sind schwer vorhersehbar. Die befragten Projekte haben bestätigt, dass diese Aktualität des Forschungsgegenstands partizipative Forschung einerseits stark unterstützen, aber andererseits die Partizipationsprozesse auch stören kann. 44 Partizipationsstudie 5. Integrationsmethoden im Forschungsverbund In diesem Kapitel wird über die Auswertung zur Befragung nach Methoden der Wissensintegration und der sozialen Integration im Forschungsteam berichtet. Zur Bearbeitung realweltlicher Problemstellungen bedarf es der Beteiligung verschiedener fachlicher Zugänge in der Wissenschaft und der Alltagsexpertise aus der Zivilgesellschaft, aus Wirtschaft und/ oder Politik. Vor der Integration ist hier zunächst das Differenzieren notwendig, also das Erkennen und Anerkennen der unterschiedlichen Wissensbestände und Formen der Wissensgenerierung in Wissenschaft und Praxis, die für die Problemlösung bzw. -transformation herangezogen werden müssen und je eigene Beiträge liefern können. Notwendigerweise ist die folgende Aufgabe, die sich durch den ganzen Forschungsprozess hindurchzieht, die Integration, also das lösungsorientierte Zusammenführen dieser Wissensbestände mit dem Ziel, eine integrierte, das ganze Problem – und nicht allein disziplinbezogene Spezialfragen – betreffende Lösungsstrategien zu erarbeiten. Dabei gilt es, drei Dimensionen der Integration zu berücksichtigen: • eine kognitiv-epistemische Dimension der Wissensintegration; • eine Dimension der sozialen und organisatorischen Integration; • und eine Dimension der kommunikativen Integration (Bergmann et al. 2010, S. 41). Die Methoden einer transdisziplinären Wissensintegration werden in der Regel (und auch bei der Mehrzahl der antwortenden Projekte der Fördermaßnahme) in Bezug auf das konkrete beforschte gesellschaftliche Problem und im Kontext der spezifischen Zusammensetzung des Forschungsverbundes aus Disziplinen, Fächern und mit gesellschaftlichen Expertinnen dargestellt – sie sind fallbezogen. Damit die in den Projekten angewendeten Integrationsmethoden für jeden anderen transdisziplinären Problem- und Fächerkontext zur Verfügung stehen können, muss die Darstellung der Methoden aus diesen Kontexten herausgelöst, also dekontextualisiert – verallgemeinernd – beschrieben werden. Daher wurde bei der Befragung auf eine Kategorisierung aus Bergmann et al. (2010) zurückgegriffen, wo diese Einteilung aus dem Anspruch der Dekontextualisierung entstanden war. Dabei umfassen auch hier – ebenso wie bei den Partizipationsmethoden – die Methoden nicht nur klassische, standardisierte Methoden, die die Integration unterstützen (wie z.B. die Modell- oder Szenario-Bildung), sondern auch Methoden zur Unterstützung der Kompetenzen der Forschenden beim Herstellen und Leiten von integrativen Prozessen, Kommunikations- und Lernmethoden etc. Für die Befragung der Projekte wurde eine Kategorisierung der Integrationsmethoden in fünf Gruppen als Ordnung vorgegeben, die aus der Kategorisierung in Bergmann et al. (2010) hergeleitet wurden: • Integration über diskursive Verfahren (z.B. Brückenkonzepte, Bildung neuer gemeinsamer Begriffe, Begriffsklärung, Hypothesenbildung etc.) • Integration über multikriterielle Bewertungsverfahren (z.B. Leitbild-Methode, Bayessche Netze, Evaluation, Leitfragenkonzepte etc.) • Integration über Entwicklung oder Anwendung von Modellen (Konzeptionelle, System-, Prognose-Modelle, Computersimulationen etc.) 45 • Integration über das Konzipieren und Entwickeln von Produkten (z.B. Artefakte, Konzepte, Dienstleistungen, Handreichungen, Pläne, Videos etc.) • Integrative Verfahren der Forschungsorganisation (Interinstitutionelle Kooperation, inter/ transdisziplinäre Tandems, Patenschaften, iterative Verfahren, Integrationsworkshops usw.). Die angewendete Methode konnte im Fragebogen jeweils einer Kategorie und einem Ziel zugeordnet werden, das mit der Methodenanwendung erreicht werden sollte. In einem zweiten Abschnitt des Fragebogens wurde den Projekten die Möglichkeit gegeben, als Antwort auf eine offene Frage diejenigen Integrationsmethoden zu beschreiben, die sich im Projekt als besonders wirkungsvoll erwiesen haben, und dies kurz zu begründen. Alle 33 Projekte waren aufgefordert, den Fragebogen auszufüllen. Drei Projekte antworteten, dass Integrationsmethoden für sie nicht relevant gewesen seien. Diese Antworten wurden in der Auswertung berücksichtigt. Ein Projekt füllte für drei Arbeitspakete jeweils einen eigenen Fragebogen aus, diese Fragebögen wurden gleich ausgewertet wie alle anderen. In der Auswertung wurden Einzelmethoden teilweise anderen Kategorien zugeordnet als in den Fragebögen angegeben. 5.1 Angewendete Integrationsmethoden Zur Erfassung der Integrationsmethoden wurden die Projekte gefragt: „Haben Sie in Ihrem Forschungsverbund Methoden/ Verfahren angewandt oder entwickelt, die der Wissensintegration und/ oder der sozialen Integration im Forschungsverbund oder Team dienten? Bitte geben Sie in einer oder mehreren passenden Methodenkategorien die im Projekt eingesetzten Methoden an und kreuzen dann die dazu passende Funktion an.“ Die Methodenkategorien waren vorgegeben, Ergänzungen bei Methoden und Ziele möglich. Die folgenden Abschnitte geben einen Überblick, welche Integrationsmethoden die befragten Projekte verwendeten. Mit 71 Nennungen am häufigsten erfolgte Integration über Verfahren der Forschungsorganisation (Abbildung 18). Auf dem zweiten Rang folgt die Integration durch die Herstellung eines gemeinsamen Produkts. 24 Mal wurden diskursive Verfahren für Integration im Projekt genutzt. Integration über multikriterielle Bewertungsverfahren und über Modellentwicklung wurde am seltensten genannt. Im Folgenden wird auf die verschiedenen Kategorien genauer eingegangen, die jeweils meistverwendeten Einzelmethoden werden vorgestellt. 46 Partizipationsstudie Abbildung 18: Häufigkeit der Anwendung von Integrationsmethoden nach Kategorien Integration über diskursive Verfahren und Bildung von Boundary Objects Das von den Projekten am häufigsten verwendete diskursive Verfahren war die Verwendung von Brückenkonzepten (Abbildung 19). Ein Brückenkonzept ist ein Boundary Object, über das unterschiedliche Perspektiven und Daten verknüpft werden. In den untersuchten Projekten war dieses Brückenkonzept beispielsweise ein theoretischer Rahmen (z.B. Energieeffizienz), ein neu gebildeter Begriff, eine Typisierung (z.B. von Transformationsprozessen) oder die Integration von sozialwissenschaftlichen Begrifflichkeiten in ökonomische Modelle. Abbildung 19: Integration über diskursive Verfahren Die Klärung von Kernbegriffen war ein zweites wichtiges diskursives Verfahren. Einige Projekte erarbeiteten zu Projektbeginn oder fortlaufend gemeinsam Definitionen zentraler Begriffe oder legten neue, projektspezifische Begriffe fest. Diese Begriffe wurden beispielsweise in einem projektinternen Glossar festgehalten oder in eigens dafür einberufenen Arbeitstreffen erarbeitet. 47 Integration über multikriterielle Bewertungsverfahren In 6 Fällen geschah Integration über die Bewertung von Teil- oder Endergebnissen durch Projektpartner oder weitere Akteure aus der Praxis (Abbildung 20). Das Format hierfür war offen. Die Bewertung geschah meist im Rahmen einer Veranstaltung, aber auch durch qualitative und quantitative Befragungen. Abbildung 20: Integration über Bewertungsverfahren Integration kann aber bereits vor der konkreten Bewertung beginnen: 3 Projekte erarbeiteten gemeinsam im Team Kriterien, anhand derer sie anschließend die eigenen Projektergebnisse evaluierten. Integration über Entwicklung/ Anwendung von Modellen In 9 Fällen integrierten Projekte unterschiedliche Daten oder Teilergebnisse mittels integrativer Modelle oder Simulationen, welche Zusammenhänge und Prozesse verknüpften und visualisierten (Abbildung 21). Abbildung 21: Integration über Modelle Dazu wurden unterschiedliche empirische Daten (z.B. ökonomische Daten und soziale Bewertung) oder theoretische Konzepte in einem Modell zusammengeführt. Auch Computersimulationen zu 48 Partizipationsstudie Auswirkungen von spezifischen Maßnahmen gehören in diese Kategorie. Die Ergebnisse dieser Modelle bewährten sich in den Projekten als Diskussionsgrundlage für weitere Arbeitsschritte. 3 Projektteams arbeiteten mit agentenbasierten Modellen, welche ebenfalls unterschiedliche Datentypen integrierten. Die befragten Projekte berichteten, dass diese Modelle teilweise partizipativ entwickelt und bewusst flexibel gestaltet wurden. Integration über das Konzipieren und Entwickeln von Produkten Viele Projekte erarbeiteten gemeinsam Broschüren, Leitfäden, Handreichungen und andere Produkte, die sich an die Praxis richteten (Abbildung 22). Dies geschah entweder in interdisziplinären Teams oder in Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis. In diesen Produkten wurden die im Projekt erarbeiteten (Teil-)Ergebnisse zusammengeführt. Viele Projekte berichteten, dass das gemeinsame Schreiben ein wichtiger integrativer Schritt war. Ebenfalls in vielen Fällen erfolgte die Integration unterschiedlicher Einzelaspekte und Teilergebnisse im Rahmen der Entwicklung konkreter Produkte. Beispiele aus den befragten Projekten sind Planungstools, Datenbanken oder Stromsparchecks. 8 Projekte entwickelten gemeinsam Formate, die sich an die Öffentlichkeit richteten. Diese reichen von Informationsfilmen, Printprodukten, Veranstaltungen bis zu Kampagnen. Auch diese Arbeitsprozesse waren zentral für die Integration unterschiedlicher Perspektiven und Wissensbestände. Abbildung 22: Integration über Produkte 49 Integrative Verfahren der Forschungsorganisation Sehr viele Projekte berichteten, dass Integration im Rahmen von Projekttreffen oder Veranstaltungen mit externen Akteuren stattfand. Aus den Fragebögen gehen dazu jedoch kaum genauere Informationen hervor (Abbildung 23). Abbildung 23: Integration über Verfahren der Forschungsorganisation In 9 Fällen wurden Teams oder Tandems eingerichtet, die bewusst inter- oder transdisziplinär aufgebaut waren und in dieser kleinen Einheit integrativ arbeiteten. Eine stark strukturierte Kommunikation zwischen einzelnen Arbeitspaketen oder Projektpartnern erwies sich für einige Projekte als förderlich für die Integration. So wurde beispielsweise beim regelmäßigen Jour Fixe immer ein Kurzbericht aus den Projektmodulen geteilt, oder die Projekte organisierten sich in eng getakteten Telefonkonferenzen. Ein Projekt berichtete vom Format des Speed-Datings, wo sich die Module beim Projektreffen innerhalb von fünf Minuten austauschen mussten. 4 Projekte führten zur Förderung der Integration projektinterne Schulungen durch, vor allem zu qualitativen/ quantitativen Methoden und Modellierung, aber auch zu Themen wie dem rechtlichen Kontext der Energiewende. 5.2 Ziele der Integrationsmethoden Alle Ziele wurden ähnlich oft genannt (Abbildung 24), viele Methoden wurden für mehr als nur ein einziges Ziel eingesetzt. Vor allem die Verfahren der Forschungsorganisation, beispielsweise ein fachübergreifendes Tandem, können also prinzipiell zur Erreichung aller sechs Ziele beitragen, abhängig davon, wann im Forschungsprozess die Methode eingesetzt wird. 50 Partizipationsstudie Abbildung 24: Ziele von Integrationsmethoden Beinahe alle Projekte verwendeten Integrationsmethoden, um Schlussfolgerungen oder Handlungsempfehlungen zu entwickeln, den Forschungsprozess gemeinsam zu gestalten und Daten zusammenzuführen. Weniger Projekte nutzten Integrationsmethoden für die gemeinsame Beschreibung des wissenschaftlichen Problems, die Formulierung der Forschungsfragen und die Interpretation und Bewertung von Daten. Damit spiegeln die Daten in Abbildung 24 die Arbeitsprozesse in den Projekten wider: Das Zusammenbringen disziplinär organisierter Arbeitspakete bzw. wissenschaftlich erarbeiteter Inhalte mit einer Praxisperspektive waren zentrale Momente in den Projekten, wo methodengeleitete Integration stattfand. Dagegen scheinen Problembeschreibung, Formulierung von Untersuchungsfragen und Datenbewertung eher fachbezogene Aufgaben gewesen zu sein, da dabei weniger Integrationsmethoden zur Anwendung kamen. 5.3 Besonders wirkungsvolle Integrationsmethoden In einer offenen Frage wurden die Projekte gefragt, welche Methoden sich als besonders wirkungsvoll für die Integration während der Projektlaufzeit erwiesen haben. („Bitte geben Sie hier diejenigen Integrationsmethoden an, die sich im Projekt als besonders wirkungsvoll erwiesen haben, und begründen Sie dies kurz.“) Tabelle 1 vergleicht die absolute Nennung der verwendeten Methoden mit der Anzahl Nennungen, dass eine bestimmte Methode besonders wirkungsvoll für die Integration gewesen sei. Die Hälfte der Projekte, die Integration über diskursive Verfahren erreichte, zeichneten diese auch als besonders wirkungsvoll für die Projektarbeit aus. Brückenkonzepte und gemeinsame Begriffsarbeit wurden jeweils von der Hälfte der Projekte als sehr wirkungsvolle Methoden benannt, interdisziplinäre Hypothesenbildung sogar von 3 von 4 Projekten. Interessanterweise wurden die 4 Anwendungen der Szenarienentwicklung nicht als wirkungsvoll gekennzeichnet. 51 Methoden-Kategorien und Einzelmethoden 1 Integration über diskursive Verfahren und Bildung von Boundary Objects Brückenkonzepte Klärung von Kernbegriffen /-konzepten und Neubildung projektspezifischer Begriffe Interdisziplinäre Hypothesenbildung Szenarienentwicklung Konstellationsanalyse 2 Integration über multikriterielle Bewertungsverfahren Bewertung durch Praxispartner/ Experten/ Stakeholder/ Beirat Entwicklung und Anwendung von Bewertungskriterien Leitfragen für Integration einzelner Teilprojekte Leitbildmethode 3 Integration über Entwicklung/ Anwendung von Modellen Simulationen/ Modelle zur Abbildung von Ist-Zuständen Agent Based Modelling 4 Integration über das Konzipieren und Entwickeln von Produkten Konzipieren und Erarbeiten von Handreichungen, Handlungsempfehlungen, Broschüren, Leitfäden für die Praxis Entwicklung von Instrumenten, Prototype, Tools Gemeinsame Konzeptentwicklung und Umsetzung von Öffentlichkeitsarbeit Gemeinsame Erarbeitung von Veröffentlichungen für die Wissenschaft und Projektdokumentation Gründung einer Forschergruppe 5 Integrative Verfahren der Forschungsorganisation Unspezifische, nicht regelmäßige Treffen Inhaltliche Arbeit in inter- und transdisziplinären Teams und Tandems Strukturierte Kommunikation Informeller Austausch Austausch mit projektexternen Stakeholdern Interdisziplinäre Schulungen innerhalb des Projektteams Projektinterne Treffen mit externer Moderation Akteure mit Schnittstellenfunktion Nennung absolut Besonders wirkungsvoll 24 12 8 4 7 4 4 4 1 12 6 3 2 1 12 9 3 35 3 0 1 2 2 0 0 0 5 4 1 7 10 2 9 8 2 2 7 1 1 71 30 9 8 7 7 4 4 2 0 25 6 4 5 5 5 2 2 1 Tabelle 1: Wirkungsvolle Integrationsmethoden Integration über multikriterielle Bewertungsverfahren wurde nur von 2 Projekten als besonders wirkungsvoll genannt, obwohl 12 Projekte solche Bewertungsverfahren anwendeten. Die wirkungsvollste Einzelmethode war die Bewertung durch Praxispartner und Expertinnen und Experten. Knapp die Hälfte aller Projekte, welche mit Modellen und Simulationen arbeitete, empfand diese Vorgehensweisen als besonders wirkungsvoll für die Integrationsleistung im Projekt. Simulationen und Modelle für die Untersuchung und Darstellung von Zusammenhängen war für 4 von 9 Projekten ein wirkungsvolles Instrument für die Integration. Obwohl die Integration über die gemeinsame Erarbeitung von Produkten von den Projekten insgesamt 35 Mal angewendet wurde, benannte nur ein Fünftel dieser Projekte dieses Vorgehen als ein wirkungsvolles Verfahren zur Integration von Projektergebnissen. 52 Partizipationsstudie Integrative Verfahren der Forschungsorganisation wurden absolut am meisten genannt. Zudem wurde mehr als ein Drittel dieser Verfahren als besonders wirkungsvoll gekennzeichnet. Wo die Projekte konkrete Verfahren benennen konnten, waren diese wichtig für die Integration im Projekt. Unspezifischer Austausch hingegen wurde nur in einem Fünftel der Fälle als wirkungsvoll genannt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass fast jede Methode sich in einem der Projekte als besonders wirkungsvoll erwiesen hat – es gibt also keine allgemein richtigen und falschen Integrationsvorgehen. Die Auswertung zeigt aber auch, dass bewusst geplante und durchgeführte Methoden und Vorgehensweisen im Rückblick als wirkungsvoller für die Integration empfunden wurden als ungesteuerte Prozesse. 5.4 Qualitäten wirkungsvoller Methoden Die folgenden Abschnitte beschreiben die Qualitäten, welche laut Erfahrung der Projekte besonders wirkungsvolle Integrationsmethoden auszeichneten. Dabei werden aus Tabelle 1 jeweils die Einzelmethoden mit den häufigsten Nennungen aus den fünf Kategorien aufgegriffen. Integration über diskursive Verfahren Die Auseinandersetzung mit Konzepten und Begrifflichkeiten sowie die gemeinsame Hypothesenbildung förderten das Verständnis und die Anerkennung der unterschiedlichen Perspektiven und Lebenswelten der einzelnen Projektakteure. Vor allem Brückenkonzepte waren hierfür gute Instrumente. Ein Projekt schrieb, dass die gemeinsame Erarbeitung des Brückenkonzepts dabei half, ein „gemeinsames Verständnis für den Forschungsgegenstand“ herzustellen. Außerdem war das Brückenkonzept „essenziell zur Präzisierung der Forschungsfragen“. Auch die Integration unterschiedlicher disziplinärer Daten gelang über ein Brückenkonzept, denn es erlaubte beispielsweise, „technische und verhaltensbezogene Aspekte aufeinander zu beziehen“. Dasselbe Projekt empfand das Brückenkonzept auch als „sehr hilfreich für die Kommunikation der Projektidee und die Entwicklung von Forschungsfragen“. Die Projekte, welche bewusst Methoden für eine gemeinsame Sprache innerhalb des Projekts einsetzten, machten die Erfahrung, dass eine gemeinsame Sprache überhaupt erst die Verständigung im Projekt ermöglichte: „Die Begriffsklärung bildete ein gemeinsames Verständnis für den Forschungsgegenstand und war damit die zentrale Voraussetzung für den inhaltlichen Zusammenhalt des Projektes und die Bearbeitung des Projektes als interdisziplinäres Team und in der transdisziplinären Kooperation mit den Praxispartnern.“ Die Arbeit an gemeinsamen Begriffen wurde von den Projekten als „essentiell für den guten Projektfortschritt“ und „zwingend notwendig“ gesehen. Die Projekte betonten aber auch, dass Abstimmungen über Begrifflichkeiten „über die gesamte Projektlaufzeit immer wieder notwendig“ waren. Als geeignetes Format wurde beispielsweise ein projektinternes Glossar erstellt. Integration über multikriterielle Bewertungsverfahren Integration über multikriterielle Bewertungsverfahren waren ein frühzeitiges Korrektiv für Schwerpunktsetzung und erste Ergebnisse der Projekte: Die Bewertung durch Akteure aus der 53 Praxis war „sehr hilfreich bei der Zuspitzung von Forschungsfragen, der Bewertung von Teilergebnissen“. Es wurden „regional relevante[n] Themen und Schwerpunkte im Zuge der Analysen“ festgelegt. Auch für die Verbesserung konkreter Produkte und der Vorbereitung für die Übertragbarkeit der Projektergebnisse waren Bewertungen durch Praxisakteure sehr hilfreich: Es wurde über den konkreten „Bedarf und die detailscharfe Anpassung geplanter Maßnahmen diskutiert, reflektiert und entschieden“, die Praxispartner gaben „wichtige Hinweise für die Anpassung der Produktplanung und Transferstrategie“. Integration über die Entwicklung und Anwendung von Modellen Eine zentrale Qualität der Arbeit mit Modellen war die Möglichkeit, unterschiedliches Wissen und Zusammenhänge zu visualisieren: Das „Zusammenhangsmodell war wichtig um die verschiedenen disziplinären Perspektiven und Praxisperspektive zu visualisieren und inhaltlich zu definieren, als Voraussetzung für gelingende transdisziplinäre Forschung und Einordnung der Fragestellungen und Ergebnisse.“ Modelle eigneten sich „sehr gut für die Diskussion der vielfältigen Punkte, die sozio-technische Systeme betreffen“. Besonders hervorgehoben wurde die Möglichkeit, unterschiedliche disziplinäre Perspektiven zu integrieren und eine Verständigung über den Forschungsgegenstand zu unterstützen: „Die Verwendung dieser Methode hat sicherlich dazu beigetragen, dass die naturwissenschaftlich geprägten Teammitglieder einen einfacheren Zugang zum sozio-technischen System-Verständnis erhalten haben.“ Die Arbeit mit Modellen wurde als „besonders wirkungsvoll bei der Integration im Team“ beurteilt, und auch „von den Stakeholdern als positiv bewertet“. Ein weiterer Effekt der Arbeit mit Modellen war, dass empirische Arbeitsschritte auf die Modellbildung abgestimmt werden mussten. Ein Projekt, welches mit agentenbasierter Modellierung arbeitete, schrieb, dass durch „die kombinierte Methodologie aus den zwei Schwerpunkten Empirie und Modellentwicklung“ im Forschungsprojekt „hochgradig interdisziplinär“ gearbeitet wurde: „Herausforderungen in der Zusammenarbeit stellten sich dabei vor allem in der gegenseitigen Verwertbarkeit der Ergebnisse. So muss die Umfragegestaltung Ergebnisse befördern, die in einem Modellkontext interpretiert werden können, die Modellierung muss andererseits darauf achten, einen starken Bezug zur Realität zu halten“. Integration über das Konzipieren und Entwickeln von Produkten Die Arbeit an gemeinsamen Produkten förderte die Integration auf unterschiedliche Weise. Zum einen waren unabhängig voneinander arbeitende Projektpartner mit Blick auf gemeinsame Produkte angehalten, „empirische Befunde hinsichtlich ihrer Nützlichkeit für die Praxis zu reflektieren, selektieren und aufzuarbeiten. So wurde ein wirklicher Austausch zwischen den Verbundpartnern und ihren Arbeitspaketen möglich, der zu einem umfassenden adressatengerechten Ergebnis geführt hat.“ Zum anderen floss unterschiedliches Wissen in die Herstellung von Produkten und wurde dadurch sichtbar. Diese Arbeit an konkreten Produkten „erzwingt quasi die Integration inter- und transdisziplinärer Wissensbestände“ und „sicherte, dass jeder Partner seine Erkenntnisse und Folgerungen einbrachte“. 54 Partizipationsstudie Die Arbeit an einem gemeinsamen Produkt förderte im besten Fall das Engagement aller Beteiligten. Ein Projekt berichtete, dass „die gemeinsame Entwicklung und Bewertung der Konzeptentwürfe“ für ein „hohes Commitment der Praxispartner“ sorgte und „wertvolle Hinweise aus der Praxissicht“ ins Projekt brachte. Integration über Verfahren der Forschungsorganisation Für viele Projekte waren Projekttreffen ein zentraler Ort für Integration. Besonders positiv sahen die Projekte dabei die Möglichkeit des Wissenstransfers und das Sammeln von unterschiedlichen Perspektiven auf den Forschungsgegenstand. Durch persönliche Treffen konnte sich ein „ProjektWir-gefühl“ entwickeln. Die Treffen wurden auch genutzt, um „Teamdynamiken und wechselseitige Perzeptionen“ zu thematisieren. „Wesentlich“ war für viele Projekte eine gewisse Regelmäßigkeit des Austauschs, oder andere Formen von strukturierter Kommunikation wie ein „Speed-Dating“, ein „Kurzbericht aus den Modulen“ als fester Punkt bei Projekttreffen oder ein „turnusmäßiger Jour fixe“. Auch informeller Austausch, „häufiger bilateraler Kontakt“ und das „persönliche Gespräch“ wurde als förderlich für die Integration genannt. Arbeiten in inter- bzw. transdisziplinären Tandems oder Teams wurde ebenfalls als wirkungsvoll beschrieben. 5.5 Zusammenfassung Die befragten Projekte setzten eine Vielfalt von Integrationsmethoden für unterschiedliche Ziele zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Projektverlauf ein. Allgemeine Regeln für die Verwendung von Integrationsmethoden scheint es nicht zu geben, offenbar können je nach Kontext und Ziel des Projekts viele unterschiedliche Vorgehensweisen zielführend sein. In der Statistik in Tabelle 1 fallen folgende Aspekte auf: • Die meisten gemeinsamen Nennungen von „absolut“ und „besonders wirkungsvoll“ weist die Kategorie „Integration über diskursive Verfahren und Bildung von Boundary Objects“ auf (50 %). Betrachtet man die darunter genannten Einzelmethoden, lässt sich feststellen, dass ausgesprochen klassische Integrationsmethoden als besonders erfolgreich beschrieben werden. Grundlagen für eine integrative Forschungsarbeit werden durch eine Hypothesenbildung (z.B. hinsichtlich der Gründe bzw. erfolgreichen Strategien für das zu lösende Problem) (75 %) und durch Prozesse der Begriffsklärung (57 %) gelegt. Brückenkonzepte (50 %) bilden den Kern der Integration über Disziplinen und zwischen Wissenschaft und Praxis. Alle drei Methoden werden – das belegen die in 5.4 angeführten Zitate – in der ersten Projektphase der Problemkonstitution und der Formulierung von Forschungsfragen eingesetzt und unterstützen alle drei Integrationsdimensionen, die Wissensintegration, die soziale und die kommunikative Integration. • Die Kategorien mit dem nächsthöchsten Verhältnis zwischen Nennung und Wirksamkeit sind „Integration über Entwicklung/Anwendung von Modellen“ (42 %) und „Integrative Verfahren der Forschungsorganisation“ (35 %). 55 o Modelle: Die Modellbildung wird in der eigentlichen Forschungsphase als Integrationsinstrument genutzt. Modelle dienen dabei ganz klassisch dem Zusammenführen von verschiedenen disziplinären und Praxisperspektiven sowie dem gegenseitigen Verstehen über die Grenzen der großen Wissenschaftsbereiche (v.a. Naturund Gesellschaftswissenschaften) hinweg („Voraussetzung für gelingende transdisziplinäre Forschung“). Die Möglichkeit, Wirksamkeit auch über eine Visualisierung herzustellen, wird ausdrücklich erwähnt. o Forschungsorganisation: Verschiedene Formen der Kommunikation zwischen Akteuren aus Wissenschaft und Praxis stehen hier in ihrer Wirksamkeit an erster Stelle – egal ob sie als strukturiert oder als informell gekennzeichnet sind, ob sie extern moderiert sind oder nicht. Die besondere Wirksamkeit liegt bei den genannten vier Methoden zwischen 50 % und 71 %. Als gezielter, interessanterweise aber als etwas weniger wirksam werden Schulungen für das Projektteam sowie das Arbeiten in Tandems bzw. inter-/ transdisziplinären Teams berichtet, die zusammen 13 Mal angewendet und dabei zu 44 % als besonders wirkungsvoll beschrieben werden. In ihren Erläuterungen zu den von den Projekten beschriebenen Methoden fallen im Hinblick auf das Integrationsziel Begrifflichkeiten wie „unerlässlich für erfolgreiche transdisziplinäre Forschung“, „essenziell“, „besonders wirkungsvoll“, „sehr hilfreich“, „zwingend notwendig“. Es kann folglich festgehalten werden, dass diejenigen Projekte, die gezielt für transdisziplinäre Forschung klassische Integrationsmethoden angewendet haben, vom unmittelbaren Nutzen für den Projektverlauf überzeugt waren. 56 Partizipationsstudie 6. Schlussfolgerungen und Empfehlungen Wir schließen mit Schlussfolgerungen und Empfehlungen, die sich aus den Auswertungen der Fragebögen vor allem im Hinblick auf „Erfolgsfaktoren“ ergeben. Dabei fassen wir aufgrund von Überschneidungen der Ergebnisse gesellschaftliche Partizipationsprozesse und partizipative Forschungsmethoden in einem gemeinsamen Kapitel (6.1.) zusammen. Es folgt ein kurzes Kapitel zu Erfolgsfaktoren bei Integrationsmethoden (Kap. 6.2). 6.1 Erfolgsfaktoren für Partizipationsverfahren Aus den Antworten auf die Befragungen der 33 Forschungsvorhaben hinsichtlich der von ihnen untersuchten und selbst initiierten Partizipationsprozesse lassen sich folgende Hinweise auf Erfolgsfaktoren für Partizipationsverfahren ableiten. Um eine Dekontextualisierung, also Loslösung von den jeweiligen konkreten Projektkontexten zu erreichen, werden hier vor allem die Aussagen herangezogen, die von relativ vielen Projekten gemacht wurden. Am Ende von jedem Aspekt findet sich in Klammern ein Verweis auf die ihm zugrundeliegenden Kapitel in dieser Studie. Prozesse, Vorgehensweisen und Zielerreichung ➢ Prozessgegenstand: Weist der Gegenstand des Beteiligungsprozesses eine hohe Aktualität auf und liegt bei den Beteiligten eine hohe Betroffenheit hinsichtlich der Vorhaben vor, so ist das Initiieren eines Partizipationsprozesses wahrscheinlich relativ leicht zu erreichen. (3.3) ➢ Partizipationskonzept: Partizipation setzt zu einem frühen Zeitpunkt ein, ist ein durchgängiger Prozess und nicht als punktuell im Projektablauf zu begreifen. (3.4) Gute partizipative Forschung beginnt bereits bei der Planung des Projekts, der Forschungsfragen und der Untersuchungsmethoden (‚Ko-Design‘). (4.5) ➢ Methoden: Die eine richtige Partizipationsmethode gibt es nicht. Beim Methodeneinsatz in Partizipationsverfahren ist u. a. das Beachten von Kontext- und Zielgruppengerechtigkeit bei der Methodenwahl, Vielseitigkeit der Formate und Methoden sowie Offenheit und Transparenz des Verfahrens für den Prozesserfolg wichtig. (3.4) ➢ Formate der Kommunikation, Information und Kooperation sind in vielen Fällen förderlich o für das Erreichen von Prozesszielen wie Sensibilisierung, Motivierung, Transparenz, o für Beratung, das Ermitteln von Präferenzen, Bedürfnissen, Wissensbedarf, und Problemsichten, o für die Reflexion des Forschungsprozesses oder der Ergebnisse, o sowie das Verbreiten und Umsetzen von Erkenntnissen. Dabei ist eine kontext- und zielgruppenabhängige Kombination verschiedener Formate (wie beispielsweise Visualisierungen, Befragungen, das Arbeiten mit einem Beirat oder das Arbeiten mit sozial-empirischen Erhebungsmethoden) besonders erfolgversprechend. (4.4; 3.3.) 57 ➢ Erfolgswahrscheinlichkeit bei der Zielerreichung: In vielen Fällen ist es möglich, das Ziel der Ermittlung von Präferenzen, Bedürfnissen, Wissensbedarf und Problemsichten bei den Praxisakteuren vollständig zu erreichen. Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit hoch, eine angestrebte Verbreitung bzw. Umsetzung von Erkenntnissen sowie die Befähigung zum Handeln der Praxisakteure und deren Vernetzung herzustellen. Gleiches gilt für die Ziele der Information, Sensibilisierung und Motivierung, Transparenz und Beratung sowie der gemeinsamen Reflexion des Forschungsprozesses. Dagegen – so zeigt die Erfahrung der antwortenden Projekte – fällt es ausgesprochen schwer, das Ziel einer Konfliktminderung und Konfliktlösung oder Kompromissfindung zu erreichen (3.2; 4.3). Partizipationskultur ➢ Akteurskonstellation: Eine sorgfältige Akteursanalyse und das Zusammenstellen von passenden Akteursgruppen bzw. -konstellationen sind essentiell. Dabei kommt es auf die passende Mischung aus Laien und Expertinnen an. (4.1) ➢ Transparenz bei Einflussmöglichkeiten: Im Verfahren sollten reale Einflussmöglichkeiten, also eine gewisse inhaltliche Offenheit hinsichtlich des Ergebnisses und Responsivität der Verantwortlichen gegeben sein. Die Transparenz des Prozesses hinsichtlich von Einflussmöglichkeiten und ihrer Grenzen, aber auch generell zu Rahmen, Gegenstand und Ziel sowie personellen Verantwortlichkeiten muss dabei gewährleistet sein. (3.4) Es muss für die Praxispartner beispielsweise klar sein, ob es bei ihrer Beteiligung um die Möglichkeit geht, Entscheidungen gemeinsam treffen zu können oder ob lediglich Meinungsäußerung und Konsultation gefragt sind. (4.1) ➢ Lokale Vernetzung und bestehende Kontakte: Positiv beeinflussen können das Beteiligungsverfahren nicht nur die Kompetenz, sondern auch die lokale Vernetzung und lokales Know-how der Prozessleiter. Bestehende Kontakte aus vorheriger Zusammenarbeit sind für erfolgversprechende Partizipationsprozesse ebenfalls förderlich. ➢ Akteursbedürfnisse: Gute partizipative Prozesse orientieren sich an den Bedürfnissen der Praxis (und stellen dabei u.U. die wissenschaftlichen Interessen hintan). Das bedeutet, dass ein Projekt an die Alltagsrealität der Beteiligten anknüpfen sollte. Darüber hinaus sollte ein klarer Nutzen für die Beteiligten erkennbar sein. Damit sollte allerdings auch eine Mitverantwortung für den Prozess einhergehen. (4.1) ➢ Gemeinsame Sprache: Damit eine Verständigung innerhalb eines Projekts überhaupt möglich ist, muss eine gemeinsame Sprache aller Beteiligten entstehen. Dafür sind frühzeitig zentrale Begriffe zu klären, um dadurch vor allem ein gemeinsames Verständnis des Forschungsgegenstandes zu entwickeln. (4.1) ➢ Die Neutralität der Prozessleitung ist eine wichtige Vorbedingung für gelingende Partizipation. (3.3) 58 Partizipationsstudie ➢ Negative Wirkungen auf das Verfahren haben o o o o o o Interessenskonflikte, die Politisierung von Prozessen, die geringe Bereitschaft von Verwaltung und Betreibern, auf die Interessen der Bürger einzugehen, mangelndes Interesse an Kompromissbildung, verhärtete Positionen und verzerrte Problemsichten, mangelndes Vertrauen bzw. Misstrauen. (3.3) Forschungsprojekt und Partizipationsprozess ➢ Legitimität und Akzeptanz: Die Involvierung eines Forschungsvorhabens im Rahmen eines Beteiligungsverfahrens kann dem Prozess zusätzliche Legitimität bzw. höhere Akzeptanz verleihen. Dieses ist vor allem dann gegeben, wenn die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darauf achten, dass sie nicht als Erfüllungsgehilfen zum Durchsetzen eines Projekts oder für eine Akzeptanzbeschaffung angesehen werden können. (3.6) ➢ Ressourcen des Forschungsprojekts: Positiv wirken sich die personellen und zeitlichen Ressourcen sowie das Wissen aus, die durch das Forschungsprojekt dem Partizipationsprozess bzw. den Beteiligten zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. (3.6) ➢ Selbstreflexivität: Die Fähigkeit der Forschenden zur Selbstreflexivität ist zentral für einen guten Partizipationsprozess. Das bedeutet, dass sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihrer Wirkung auf Stakeholder bewusst sein müssen und eine klare Rolle im Prozess einnehmen. (4.1) ➢ Methodenkompetenz: Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen (oder andere Prozessverantwortliche) müssen über eine fundierte Methodenkompetenz für die Gestaltung von partizipativen Prozessen verfügen. Das ist wichtig für die Ansprache und Rekrutierung der Teilnehmenden, die Wahl der Methoden für die konkrete Beteiligung und die Gestaltung von Zeitabläufen und Arbeitsatmosphäre. (4.1) ➢ Partizipationsphasen: Es ist zwischen offenen und geschlossenen Arbeitsphasen zu unterscheiden. Wissenschaftsgeleitete Arbeitsschritte, auf die prozessbeteiligte Praxisakteure keinen expliziten Einfluss haben, müssen ebenso anerkannt sein wie offene Formate. (4.1) Rahmenbedingungen ➢ Unterstützung durch das Forschungsprojekt: Die Einbringung von Forschungsprojekten in gesellschaftliche Planungs- und Beteiligungsprozesse wirkt sich größtenteils positiv auf diese aus – im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden personellen, finanziellen und Wissens-Ressourcen sowie die Informations- und Beteiligungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger. 59 ➢ Rechtliche Rahmenbedingungen: Reformbedarf bei den rechtlichen Rahmenbedingungen besteht hinsichtlich der zentralen Rolle, die Projektträger von Energieinfrastrukturanlagen bislang auch für die Bürgerbeteiligung im Zuge des Planungsprozesses spielen. Es ist zu empfehlen, dass wegen der gebotenen Neutralität die Beteiligung unabhängig von den Projektträgern/ Antragstellern gemacht wird und Ressourcen für moderierende Funktionen bereitgestellt werden. (3.5) ➢ Ausreichende Ressourcenausstattung: Auf eine ausreichende personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcenausstattung ist zu achten. (3.3) Prozesse können u.U. nicht während der Laufzeit eines begleitenden oder initiierenden Forschungsvorhabens abgeschlossen werden. Gegebenenfalls ist dann auf die rechtzeitige Befähigung von Praxisakteuren zum Weiterführen des Prozesses zu achten. Generell erscheinen Projektlaufzeiten von drei Jahren zu kurz. (auch 4.1) Für eine kontinuierliche Beteiligung von besonders engagierten Praxisakteuren ist es von Vorteil, wenn Mittel für Aufwandsentschädigungen oder Honorare eingeplant werden. (3.4; 4.1) ➢ Flexibilität in der Mittelbewilligung und -bewirtschaftung ist anzustreben, beispielsweise um bei Praxisakteuren eine Beteiligung überhaupt erst zu ermöglichen und um ungewöhnliche Formate der Kollaboration mit Praxisakteuren förderfähig zu machen. (4.5) 6.2 Erfolgsfaktoren für Integrationsmethoden Aus den Antworten auf die Befragungen der 33 Forschungsvorhaben zu Methoden der Integration lassen sich folgende Hinweise auf Erfolgsfaktoren hinsichtlich ihrer Wirksamkeit in partizipativer Forschung ableiten. ➢ Klassische Integrationsmethoden können für partizipative Forschung als besonders erfolgreich beschrieben werden. Grundlagen für eine integrative Forschungsarbeit werden durch eine Hypothesenbildung (z.B. hinsichtlich der Gründe bzw. erfolgreichen Strategien für das zu lösende Problem) (75 %) und durch Prozesse der Begriffsklärung (57 %) gelegt. o Brückenkonzepte (50 %) bilden den Kern der Integration über Disziplinen und zwischen Wissenschaft und Praxis. o Werden diese Methoden in der ersten Projektphase der Problemkonstitution und der Formulierung von Forschungsfragen eingesetzt, so unterstützen sie alle drei Integrationsdimensionen, die Wissensintegration, die soziale und die kommunikative Integration. ➢ Die Integration über diskursive Verfahren und die Bildung von Boundary Objects ist die Methodenkategorie, bei der die höchste Wirksamkeit beobachtet wird (50 %). ➢ Verfahren der Forschungsorganisation werden als ähnlich wirksame Methoden der Integration beschrieben (35 %). Das sind beispielsweise Arbeit in inter- und transdisziplinären Tandems oder Moderationsverfahren im partizipativen Forschungsprozess. ➢ Die Integration über Entwicklung/ Anwendung von Modellen wurde zwar nicht häufig angewendet, hatte aber eine Wirksamkeitsquote von 42 %. 60 Partizipationsstudie Letztlich geht es bei allen wirkungsvollen Integrationsmethoden – sehr kurz gesagt – darum, Verständnis und Anerkennung für die unterschiedlichen Perspektiven und Lebenswelten der einzelnen Projektakteure herzustellen, das jeweilige, auf unterschiedlichem Wege generierte Wissen anzuerkennen, methodengeleitet abzusichern und zusammenzuführen. 61 7. Literaturverzeichnis Becker, S. & Naumann, M. (2016): Energiekonflikte nutzen. Wie die Energiewende vor Ort gelingen kann (Projektverbund „EnerLOG“, Hrsg.). Becker, D., Ehrenstein, U., Hildebrand, J., Knemeyer, A., Langer, S., Nikol, C., Schill, C., Umbreit, T. & Wrobel, P. 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Brand, K.-W. (Hg.) (2000): Nachhaltige Entwicklung und Transdisziplinarität. Besonderheiten, Probleme und Erfordernisse der Nachhaltigkeitsforschung. Berlin: Analytica. Defila, R., Di Giulio, A. & Scheuermann, M. (2006): Forschungsverbundmanagement: Handbuch für die Gestaltung inter-und transdisziplinärer Projekte. vdf Hochschulverlag AG. Enengel, B., Penker, M., Muhar, A., Williams, R. (2011): Benefits, efforts and risks of participants in landscape co-management: an analytical framework and results from two case studies in Austria. In: Journal of Environmental Management 92 (4), S. 1256–1267. DOI: 10.1016/j.jenvman.2010.12.005. FA Wind (2017): Ergebnisse der anwendungsorientierten Sozialforschung zu Windenergie und Beteiligung. Berlin: Fachagentur Windenergie an Land. Fahrenkrug, K., Melzer, M. & Scheepmaker, T. (2016): Praxisbericht Energiekonflikte. Wie viel Konflikt muss die Energiewende ertragen? Wedel/Hamburg: Raum & Energie. Molinengo, G. & Danelzik, M. 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