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Energiewendebericht ... (Rights reserved) Issue 2019 (Rights reserved)

Bibliographic data

volume

Description

Title:
Energiewendebericht ... / Herausgeber: Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz
Publisher:
Niedersachsen. Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz
Publication:
Hannover: Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, 2017 -
Scope:
Online-Ressource
Dates of Publication:
2017-
ZDB-ID:
2915798-5 ZDB
Urban Studies:
Kws 271,8 Energie: Energiepolitik
DDC Group:
330 Wirtschaft
Copyright:
Rights reserved
Accessibility:
Free Access
Collection:
Environment

Description

Edition:
April 2020
Publication:
2020
Language:
German
Urban Studies:
Kws 271,8 Energie: Energiepolitik
DDC Group:
330 Wirtschaft
URN:
urn:nbn:de:kobv:109-1-15408891
Copyright:
Rights reserved
Accessibility:
Free Access
Collection:
Environment

Contents

Table of contents

  • Energiewendebericht ... (Rights reserved)
  • Issue 2019 (Rights reserved)
  • Issue 2018 (Rights reserved)
  • Issue 2017 (Rights reserved)

Full text

Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Energiewendebericht 2019 Inhaltsverzeichnis Vorwort........................................................................................................................................................... 3 Die wichtigsten Zahlen auf einen Blick......................................................................................................... 4 1 Einleitung................................................................................................................................................... 6  2 Energieträger............................................................................................................................................. 6 2.1 2.2 Erneuerbare Energien................................................................................................................................................. 6 2.1.1 Windenergie....................................................................................................................................................... 6 2.1.2 Solarenergie..................................................................................................................................................... 10 2.1.3 Biomasse.......................................................................................................................................................... 12 2.1.4 Wasserkraft.......................................................................................................................................................12 2.1.5 Geothermie.......................................................................................................................................................14 Nicht erneuerbare Energieträger..............................................................................................................................15 2.2.1 Braun- und Steinkohle.......................................................................................................................................15 2.2.2 Erdöl..................................................................................................................................................................15 2.2.3 Erdgas...............................................................................................................................................................18 2.2.4 Kernbrennstoffe................................................................................................................................................18 3 Kennzahlen und Entwicklung der Sektoren...........................................................................................19 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 Primär- und Endenergieverbrauch, Energieproduktivität.......................................................................................19 Bruttostromerzeugung..............................................................................................................................................22 3.2.1 Erneuerbare Energieträger.................................................................................................................................23 3.2.2 Nicht erneuerbare Energieträger........................................................................................................................24 Bruttostromverbrauch...............................................................................................................................................25 Klimawandel und Treibhausgasemissionen.............................................................................................................26 Emissionshandel.........................................................................................................................................................29 Strom- und Gaspreise.................................................................................................................................................30 Wärmesektor..............................................................................................................................................................33 3.7.1 Sanierung des Gebäudebestands.......................................................................................................................33 3.7.2 Anteil der erneuerbaren Energieträger...............................................................................................................35 Verkehrssektor...........................................................................................................................................................36 3.8.1 Bestand im Verkehrssektor.................................................................................................................................36 3.8.2 Alternative Antriebe...........................................................................................................................................39 4 Infrastruktur, Netzausbau und Netzregulierung....................................................................................41 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 Stromnetz...................................................................................................................................................................41 Gasnetz.......................................................................................................................................................................42 Netzausbau.................................................................................................................................................................43 Engpassmanagement.................................................................................................................................................48 Netzregulierung.........................................................................................................................................................49 Versorgungssicherheit und Energiespeicher............................................................................................................49 5 Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN).....................................................................51 6 Ausblick.....................................................................................................................................................53 Vorwort Das Jahr 2019 hat wie kein Jahr zuvor Zeichen für den Klimaschutz gesetzt. Neben den unübersehbaren Wetterphänomenen waren es insbesondere sehr viele junge Menschen, die im Rahmen der Fridays-for-Future-Bewegung die Notwendigkeit, hier und heute wirksame Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen und umzusetzen, nachdrücklich im öffentlichen Bewusstsein verankert haben. Und das völlig zurecht: Klimaschutz ist eine Verpflichtung und Verantwortung nicht nur gegenüber der jungen Generation. Die Transformation unseres Energiesystems – also der Ausstieg aus der Kernenergie sowie aus fossilen Energieträgern hin zu 100 Prozent Energieerzeugung aus regenerativen Quellen – ist die zentrale Maßnahme für Klimaschutz. Um jedoch 100 Prozent aus volatilen Quellen wie Wind und Sonne bereitstellen zu können, müssen wir nicht nur ausreichend installierte Anlagenleistung vorhalten, sondern auch in der Lage sein, Energie in großen Mengen zu speichern. Batteriespeicher werden nicht die einzige Lösung sein, auf die wir in Niedersachsen setzen. Besonderes Potenzial kommt der Speicherung in Form von regenerativ hergestellten sogenannten „grünen“ Gasen – insbesondere „grünem“ Wasserstoff – zu. Am Ende muss ein integriertes Energiesystem unser Ziel sein, das heißt die Strom-, Gas- und Wärmeinfrastruktur nicht mehr getrennt zu betrachten, sondern als integriertes System zu behandeln. Es muss eine Verknüpfung stattfinden, die unter anderem dafür sorgt, dass der aus Wind- und Solarstrom hergestellte „grüne“ Wasserstoff als chemischer Energiespeicher über Gasnetze transportiert werden kann. Auf diese Weise kann perspektivisch ein Sektor übergreifender Marktplatz für erneuerbare Energien entstehen, so dass jede Verbraucherin und jeder Verbraucher die Möglichkeit bekommt, erneuerbare Energien zu beziehen – unabhängig davon, ob als Strom, Gas, Wärme oder Kraftstoff. Der Energiewendebericht 2019 verdeutlicht die erfolgreiche Entwicklung der vergangenen Jahre in Niedersachsen, enthält aber auch alarmierende Zeichen für die Zukunft, insbesondere für den Bereich der Windenergie. Der Ausbau der Windenergie ist auch aufgrund von unzureichenden bundesgesetzlichen Regelungen dramatisch eingebrochen. Diese Entwicklung trifft Niedersachsen als Windenergieland Nummer eins besonders hart und gefährdet nicht nur die Klimaschutzziele, sondern auch zehntausende Arbeitsplätze. Hier muss unverzüglich gegengesteuert werden. Auch mit der Energiewende im Wärme- und Verkehrssektor müssen wir schneller vorankommen und nehmen dabei insbesondere die Themen Gebäudesanierung, Effizienzstrategie und neue Wege für eine nachhaltige Mobilität in den Blick. Mit der KEAN, der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen, haben wir einen engagierten Partner im Einsatz, der hilfreich beraten und unterschiedlichste Fördermöglichkeiten aufzeigen kann. Auch wenn wir weit davon entfernt sind, uns auf dem Erreichten auszuruhen, haben wir in Niedersachsen ein solides Fundament für nachhaltigen Klimaschutz geschaffen, das wir nun stabilisieren und ausbauen werden. Klimaschutz bleibt dabei eine Gemeinschaftsaufgabe. Die Herausforderung besteht darin, den Zubau von erneuerbaren Energien und intelligenten Speichertechnologien erheblich zu beschleunigen sowie Energie konsequent sparsamer, effizienter und bewusster als bisher zu nutzen. So wird Energie auch bezahlbar und jederzeit sicher verfügbar bleiben. Ich hoffe, Ihr Interesse für den neuen Energiewendebericht ist geweckt, und wünsche Ihnen eine aufschlussreiche und interessante Lektüre. Olaf Lies Niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz 3 Die wichtigsten Zahlen auf einen Blick 49,7 Milliarden kWh Strom wurden 2019 in Niedersachsen aus erneuerbaren Energieträgern produziert – jede fünfte in Deutschland regenerativ produzierte kWh Strom war damit „Made in Niedersachsen“. Zudem fiel die Stromproduktion aus Wind, Sonne und Biomasse in Niedersachsen erstmals höher aus als die aus Kernenergie, Kohle und Gas. 22,8 Prozent betrug der bilanzielle Anteil erneuerbarer Energieträger am Primärenergieverbrauch 2019 in Niedersachsen. Im Stromsektor wurde bereits ein bilanzieller Anteil von 88,6 Prozent Erneuerbare erreicht – die regenerativen Anteile im Wärmesektor mit 8,5 Prozent sowie im Verkehrssektor mit 5,2 Prozent lagen dagegen noch auf niedrigem Niveau. 4 51 Windenergieanlagen an Land wurden 2019 in Niedersachsen errichtet, bundesweit waren es 325. 2017 wurden bundesweit noch 1792 Anlagen zugebaut, 485 davon in Niedersachsen – ein dramatischer Einbruch, der die Klimaschutzziele gefährdet und schwerwiegende Folgen für die Beschäftigten in der Windenergiebranche hat. 19,8 Jahre beträgt das durchschnittliche Alter der aktuell in Niedersachsen genutzten Ölheizungen in Wohngebäuden – ein Ersatz durch emissionsärmere Heizungssysteme wie beispielsweise Wärmepumpen, Pellet- oder Gasbrennwertheizungen bietet enorme Potenziale zur CO2-Einsparung. 61,4 Millionen t CO2 wurden 2019 im Rahmen der Energieerzeugung und Energieumwandlung in Niedersachsen emittiert – ein Rückgang um 20 Prozent gegenüber 1990. 5 1 Einleitung Der Energiewendebericht 2019 bietet einen Überblick zur Transformation der Energieversorgung in Niedersachsen. Der Energiewendeprozess mit dem Ziel, bis 2050 die Energie­ versorgung in Niedersachsen fast vollständig aus erneuerbaren Quellen zu decken, bedarf eines begleitenden Monitorings, also einer periodischen Überprüfung über den Fortschritt beim Ausbau der erneuerbaren Energieträger. Dieser Bericht beschreibt Hintergründe, liefert Daten und gibt Informationen zum Stand des Umsetzungsprozesses. Der aktuelle Energiewendebericht basiert erneut auf den jeweils neuesten verfügbaren Daten aus zuverlässigen Quellen. Die Kennzahlen beruhen im Wesentlichen auf den jährlich vorgelegten Energie- und CO2-Bilanzen des Landesamtes für Statistik Niedersachsen (LSN) und beziehen sich grundsätzlich auf das Jahr 2017. Die Abfrage des LSN bei den Energieerzeugern, die Konsolidierung der Daten sowie ihre Aufbereitung im statistischen Verbund benötigen in der Regel zwei Jahre bis zum Erscheinen der Länderenergiebilanzen. Die jüngsten Niedersächsischen Energie- und CO2-Bilanzen für das Berichtsjahr 2017 wurden im Oktober 2019 veröffentlicht. Um darüber hinaus einen zeitlichen Lückenschluss zwischen den amtlichen Zahlen bis in das Jahr 2019 zu erhalten, bein­ haltet dieser Energiewendebericht erstmalig auch Prognosen, die nach einem Modell des Leipziger Instituts für Energie (IE Leipzig) unter Berücksichtigung von niedersächsischen Merkmalen abgeschätzt wurden1. Diese Prognosedaten werden im Bericht gesondert gekennzeichnet. Aktuelle Zahlen stammen überdies auch aus veröffentlichten Statistiken von Bundesbehörden, Unternehmen und Verbänden. Ergänzt werden die Kennzahlen außerdem durch weitere Aspekte der Energiewende sowie Einblicke in das bisher Erreichte. 2 Energieträger 2.1 Erneuerbare Energien Mit dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (EEG) 2017 wurde eine grundsätzliche Ausschreibungspflicht für Wind­energie- sowie große Photovoltaik (PV)- und Biomasse­ anlagen eingeführt. Die Förderhöhe für die Stromerzeugung wird in diesen Bereichen seitdem wettbewerblich durch Ausschreibungen ermittelt. In den bislang durchgeführten Ausschreibungen fielen die Zuschläge für in Niedersachsen gelegene Anlagen für die einzelnen Technologiearten sehr unterschiedlich aus. 2.1.1 Windenergie Die Windenergienutzung hat sich zu einer tragfähigen Säule für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern entwickelt und ist für die weitere Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien von sehr hoher Bedeutung. 2017 war ein sehr windreiches Jahr, somit fiel die aus Windenergie erzeugte Strommenge mit fast 27 Milliarden kWh sehr hoch aus. Laut Prognose erreichte die Bruttostromerzeugung in den beiden Jahren danach 28,8 Milliarden kWh (2018) und 36,6 Milliarden kWh (2019) in Niedersachsen. 1 6 Studie zur Prognose der niedersächsischen Energiebilanz des IE Leipzig; Stand Dezember 2019 In Abbildung 1 ist der Stromertrag aus Windenenergieanlagen an Land für das Jahr 2018 in Niedersachsen auf Gemeindeebene dargestellt. In den Gemeinden Geestland wurde mit 631 Millionen kWh am meisten Windstrom eingespeist, gefolgt von Emden mit 381 Millionen kWh. Windenergie an Land (Onshore-Windenergie) Windenergie an Land ist nicht nur eine vergleichsweise kostengünstige Form der erneuerbaren Energien, sie ist generell zu einer konkurrenzfähigen Form der Stromerzeugung gereift. Ihr Ausbau ist unverzichtbar für das Gelingen der Energiewende. 2019 war deutschlandweit das Zubau schwächste Jahr für die Windenergie seit mehr als 20 Jahren. Gegenüber dem bereits schwachen Zubaujahr 2018 brachen die Inbetriebnahmen in 2019 nochmals um 55 Prozent ein. Nach den Daten der Deutschen WindGuard wurden 2019 deutschlandweit 1.078 Megawatt (MW) Windenergieleistung (325 Anlagen) neu in Betrieb genommen. Auf Niedersachsen entfiel davon mit 170 MW (51 Anlagen) rund 16 Prozent der bundesweiten Leistung. Die 2019 in Niedersachsen zugebauten Anlagen haben im Durchschnitt eine Anlagenleistung von 3,3 MW, eine Nabenhöhe von 130 Metern und einen Rotordurchmesser von 118 Metern. Niedersachsen ist hinsichtlich kumulierter Leistung und Anlagenzahl weiterhin Windenergieland Nummer eins in Deutschland. Ende 2019 waren 11.325 MW (6342 Anlagen) in Niedersachsen installiert. Das sind 21 Prozent der bundesweiten Windenergieleistung an Land, die sich auf 53.912 MW (29.456 Anlagen) summiert (vgl. Abbildung 2). Abbildung 1: Stromeinspeisung EEG-geförderter Windenergieanlagen an Land auf Gemeindeebene für 2018 Quelle: Berechnung und Darstellung IE Leipzig; Datenquelle: Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB); Stand Oktober 2019 7 7.000 6.000 10.000 Anlagenzahl Leistung in MW 12.000 5.000 8.000 4.000 6.000 3.000 4.000 2.000 2.000 1.000 0 0 1995 1997 1999 2001 Brutto-Zubau [MW] 2003 2005 2007 2009 2011 Anlagenbestand [MW] 2013 2015 2017 2019 Anlagenbestand [Anzahl] Abbildung 2: Entwicklung Windenergie an Land in Niedersachsen Darstellung Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz (MU); Datenquelle: Deutsche WindGuard und DEWI Ausschreibungen Windenergieanlagen an Land Zuschläge gesamt [Anzahl] Zuschläge in NI [Anlagenanzahl] 2017 3 Runden 2018 4 Runden 2019 6 Runden bis Februar 2020 1 Runde 198 337 236 66 40 34 36 6 Zuschlagsmenge gesamt [MW] 2820 2342,7 1846,8 523 Zuschlagsmenge in NI [MW] 575,5 284,3 355,9 56,1 Mengenanteil davon NI [%] 20,4 12,1 19,3 10,7 Tabelle 1: Ergebnisse der Ausschreibungen für Windenergieanlagen; Darstellung MU; Datenquelle: Bundesnetzagentur (BNetzA) Tabelle 1 enthält eine Übersicht zu den Ausschreibungsrunden seit 2017 über die Anzahl der Zuschläge und Zuschlags­men­gen, die sich für in Niedersachsen zu errichtende Anlagen durchsetzen konnten. Windenergie auf See (Offshore-Windenergie) In den letzten Jahren hat die Windenergienutzung in Deutschland auch auf dem Meer deutlich an Fahrt aufgenommen. In 2019 kamen 1.111 MW Windenergieleistung auf See hinzu, die erstmals in das Netz einspeisten. Insgesamt waren damit zum Jahresende 2019 rund 7.516 MW Offshore-Windleistung am Netz. Mit 4.662 MW sind mehr als 60 Prozent der 8 installierten Leistung über Niedersachsen an das Stromnetz angebunden. Weitere Projekte sind in Bau. Die technische Entwicklung schreitet dabei deutlich voran. Die 2019 neu an das Netz angeschlossenen Windenergieanlagen auf See weisen eine mittlere Anlagenleistung von 6,9 MW und einen durchschnittlichen Rotordurchmesser von 155 Metern auf. Die Anlagenleistung dürfte auf absehbare Zeit auf bis zu 10 MW und mehr anwachsen. Die erfolgreiche Entwicklung der Offshore-Windenergie hat sich auch in den Auktionsergebnissen für Offshore-Windparks, die im Zeitraum 2021 bis 2026 in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) errichtet werden sollen, gezeigt. So sollen einige der bezuschlagten Projekte bereits ohne eine staatliche Förderung nach dem EEG errichtet und betrieben werden. Eine Übersicht des derzeitigen Ausbaustands der Offshore-Windenergie in der Nordsee zeigt die nachfolgende Abbildung 3. Als kostengünstige, leistungsfähige und vergleichsweise konfliktarme Form der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien kommt der Windenergie auf See folglich eine besondere Bedeutung bei der weiteren Umsetzung der Energiewende zu. Abbildung 3: Offshore-Windenergieprojekte in der Nordsee, Stand 31.12.2019 Quelle: Stiftung OFFSHORE-WINDENERGIE, 2019 9 2.1.2 Solarenergie In Niedersachsen steht die Photovoltaik (PV) bei der Stromerzeugung weiterhin auf Platz 3 der erneuerbaren Energien. Laut Prognose erreichte die Bruttostromerzeugung in den Jahren 2018 und 2019 aufgrund der hohen Sonnenstunden mit 3,33 Milliarden kWh (2018) und 3,23 Milliarden kWh (2019) Höchstwerte in Niedersachsen. Die in Niedersachsen installierte gesamte PV-Leistung lag dabei im Jahr 2018 bei 3890 MW. In Abbildung 4 ist der Stromertrag aus Photovoltaik für das Jahr 2018 in Niedersachsen auf Gemeindeebene dargestellt. In der Gemeinde Großenkneten wurde mit 70 Millionen kWh am meisten Strom aus Photovoltaik eingespeist, gefolgt von Friesoythe mit 39 Millionen kWh. Abbildung 4: Stromeinspeisung EEG-geförderter PV-Anlagen auf Gemeindeebene für 2018 Quelle: Berechnung und Darstellung IE Leipzig; Datenquelle: Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB); Stand Oktober 2019 10 Im Rahmen der vergangenen PV-Ausschreibungen nach dem EEG konnten sich weiterhin nur wenige Projekte aus Niedersachsen durchsetzen (vgl. Tabelle 2). Dies ist im Wesentlichen auf die im Norden Deutschlands niedrigere Globalstrahlung und die höheren Pachtpreise für Grundstücksflächen zurückzuführen. Restriktionen können sich auch aus dem Landesraumordnungsprogramm ergeben. Bei den gemeinsamen Ausschreibungen für Windenergie an Land und für Photovoltaik haben sich wie in den vergangen Jahren bundesweit ausschließlich PV-Anlagen durchsetzen können (vgl. Tabelle 3). 2015 3 Runden 2016 3 Runden 2017 3 Runden 2018 3 Runden bis Okt. 2019 4 Runden 101 70 90 89 186 1 1 1 0 4 519 408,5 622,8 576,6 1040,7 Zuschlagsmenge in NI [MW] 10 1,8 7,6 0 21,7 Mengenanteil davon NI [%] 1,9 0,4 1,2 0 2,1 April 2018 April 2019 November 2019 32 18 37 1 0 0 210 211 203 Zuschlagsmenge in NI [MW] 10 0 0 Mengenanteil davon NI [%] 4,7 0 0 Ausschreibungen PV Zuschläge gesamt [Anzahl] Zuschläge in NI [Anlagenanzahl] Zuschlagsmenge gesamt [MW] Tabelle 2: Ergebnisse der Ausschreibungen für Photovoltaikanlagen Darstellung MU; Datenquelle: BNetzA Gemeinsame Ausschreibungen für Windenergie an Land und PV Zuschläge gesamt [Anzahl] Zuschläge in NI [Anlagenanzahl] Zuschlagsmenge gesamt [MW] Tabelle 3: Ergebnisse der Ausschreibungen für Windenergie an Land und PV Darstellung MU; Datenquelle: BNetzA 11 2.1.3 Biomasse Generell werden unter Biomasse feste und flüssige biogene Stoffe, Klär-, Deponie- und Biogas sowie Klärschlamm und biogener Abfall subsumiert. Biomasse wird einerseits direkt genutzt, beispielsweise bei der Verfeuerung in Holzheizkraftwerken, andererseits kommt sie in Biogasanlagen als Substrat zum Einsatz. Aus letzterem wird Biogas gewonnen, das u. a. in Blockheizkraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung verwendet wird. 2018 gab es in Niedersachsen 1.662 überwiegend landwirtschaftliche Biogasanlagen mit einer installierten Leistung von 1.174 MW. Mit Einführung von Flexibilitätsprämie und Flexibilitätszuschlag wurden Anreizstrukturen geschaffen, um die Flexibilität von Biomasseanlagen besser auszunutzen. Der deutliche Leistungszubau von Biomasseanlagen der vergangenen Jahre ist daher überwiegend auf den Zubau von Flexibilität Ausschreibungen Biomasse zurückzuführen. Die Stromerzeugung aus Biomasse stieg in Niedersachsen aufgrund des geringen Zubaus arbeitsrelevanter Leistung nur moderat an. Die Bruttostromerzeugung lag nach einer Prognoseschätzung bei 9,53 Milliarden kWh (2018) und 9,6 Milliarden kWh (2019). 2018 lag Biomasse damit erneut auf Platz 2 bei der regenerativen Stromerzeugung in Niedersachsen. In Abbildung 5 ist die Stromeinspeisung aus Biomasse für das Jahr 2018 in Niedersachsen auf Gemeindeebene dargestellt. In der Gemeinde Papenburg wurde mit 221 Millionen kWh am meisten Strom aus Biomasse eingespeist. Auf Platz zwei folgte die Gemeinde Emlichheim mit 207 Millionen kWh. Die Ergebnisse der für Biomasseanlagen durchgeführten Ausschreibung nach EEG sind in Tabelle 4 dargestellt. September 2017 September 2018 April 2019 November 2019 24 79 19 50 2 14 2 3 27,5 76,5 25,5 56,7 Zuschlagsmenge in NI [MW] 1,6 21 1,2 1,7 Mengenanteil davon NI [%] 5,8 27,5 4,7 3 Zuschläge gesamt [Anzahl] Zuschläge in NI [Anlagenanzahl] Zuschlagsmenge gesamt [MW] Tabelle 4: Ergebnisse der Ausschreibungen für Biomasse Darstellung MU; Datenquelle: BNetzA 2.1.4 Wasserkraft In Niedersachsen bietet sich ein größerer Ausbau der Wasserkraft aus ökologischen Gründen und aufgrund der geographischen Beschaffenheit nicht an. Der Ausbau der Wasserkraft bei geringen Gefällen wird jedoch derzeit erforscht und könnte in Zukunft neue Potenziale bei besserer ökologischer Verträglichkeit schaffen. Darüber hinaus sind in den nächsten Jahren keine wesentlichen Veränderungen im Hinblick auf die Nutzung von Wasserkraft in Niedersachsen zu erwarten. 12 Betrachtet man die Entwicklung EEG-geförderter Wasserkraft in Niedersachsen, so ist diese leicht rückläufig. Ende 2018 waren Wasserkraftanlagen mit einer Leistung von 53,2 MW installiert. Die Bruttostromerzeugung betrug nach einer Prognoseschätzung im Jahr 2018 ca. 194 Millionen kWh und 2019 ca. 223 Millionen kWh. Damit fiel sie 2018 insbesondere aufgrund des „Rekordsommers“ und der damit verbundenen niedrigen Pegelstände vergleichsweise gering aus. Abbildung 5: Stromeinspeisung EEG-geförderter Biomasse-Anlagen auf Gemeindeebene für 2018 Quelle: Berechnung und Darstellung IE Leipzig; Datenquelle: Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB); Stand Oktober 2019 13 2.1.5 Geothermie Geothermische Energie ist die in Form von Wärme vorhandene Energie unterhalb der Oberfläche der festen Erde. Zur Wärme­ versorgung von Häusern wird in Niedersachsen die oberflächen­nahe Geothermie (z.B. über Erdwärmekollektoren oder Erdwärmesonden) bereits vielfach genutzt. Insgesamt sind in Niedersachsen mehr als 16.200 oberflächennahe Erdwärmeanlagen installiert (vgl. Abbildung 6). Davon erreichen etwa 360 Anlagen eine Leistung von mehr als 30 kW (Großanlagen).2 Die Tiefengeothermie bietet Potenzial, da diese tageszeit- und wetterunabhängig Wärme liefern kann. TiefengeothermieProjekte (Bohrtiefe > 400 m) sind bisher in Niedersachsen noch nicht umgesetzt. Die geothermische Nachnutzung ehemaliger Erdöl- und Erdgasbohrungen, die in Niedersachsen zahlreich vorhanden sind, kann eine Möglichkeit für die Entwicklung und Umsetzung eines wirtschaftlich tragfähigen Geothermieprojektes bieten. Zu berücksichtigen ist jedoch die Lage von ehemaligen Erdöl-und Erdgasbohrungen. Für eine wirtschaftliche Nutzung sollten sich diese in unmittelbarer Nähe zu einem vorhandenen bzw. potenziellen Wärmeabnehmer befinden. Einer Realisierung dieser Projekte stehen auch noch Hemmnisse wie hohe Investitionskosten und die bestehenden Fündigkeitsrisiken gegenüber. Abbildung 6: Übersicht der oberflächennahen Erdwärmeanlagen in Niedersachsen Darstellung LBEG, Datenquelle: Untere Wasserbehörden; Stand 01.01.2020 2 14 Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), auf Basis von Angaben der unteren Wasserbehörden in Niedersachsen zum Stichtag 01.01.2020 2.2 Nicht erneuerbare Energieträger Die Bedeutung der konventionellen Energieträger für die Energie­versorgung hat in Niedersachsen ebenso wie in der gesamten Bundesrepublik in den letzten Jahren sukzessive abgenommen. Ende 2011 fiel in Deutschland die Entscheidung, aus der Kernenergie auszusteigen. 2022 wird das letzte Kernkraftwerk spätestens vom Netz gehen. Mit dem aktuellen Beschluss der Bundesregierung, bis 2038 aus der Kohleverstromung auszusteigen, wird es auf absehbare Zeit bei der konventionellen Energieversorgung starke Veränderungen geben. Der Primärenergieverbrauch wird zwar immer noch zu einem wesentlichen Anteil aus fossilen Energieträgern gespeist, im Bereich der Bruttostromerzeugung ist der Anteil der fossilen Energieträger jedoch bereits deutlich gesunken. Im Wärmeund Verkehrssektor sind fossile Energieträger insbesondere preisbedingt noch am stärksten vertreten. Mit Hilfe von Anreiz- und Klimaschutzmaßnahmen, wie beispielsweise einer ab 2021 beginnenden CO2-Bepreisung, soll auch hier der Umbau zu alternativen Heiz- und Antriebssystemen vorangetrieben werden. In Niedersachsen produzieren in erster Linie Kraftwerke der allgemeinen Versorgung (aV) Strom und Wärme für die öffentlichen Versorgungsnetze (vgl. Tabelle 5). Allerdings speisen auch Industriekraftwerke (I) überschüssigen Strom, der nicht zur Eigenversorgung gebraucht wird, in das öffentliche Netz ein. Teilweise produzieren sie zusätzlich durch KraftWärme-Kopplung (KWK) Dampf für andere Industriebetriebe oder Fern­wärme für das öffentliche Netz. 2.2.1 Braun- und Steinkohle In Niedersachsen werden derzeit neun Steinkohlekraftwerke bzw. 13 Kraftwerksblöcke mit einer Netto-Nennleistung von 2.953 MW betrieben.3 Damit befinden sich rund 13 Prozent der gesamtdeutschen Steinkohlekapazitäten in Niedersachsen. In dem 2016 in Kraft getretenen Strommarktgesetz hat die Bundesregierung die Stilllegung von acht Braunkohlekraftwerken gesetzlich festgelegt. Als erstes Kraftwerk wurde zum 1.10.2016 das einzige in Niedersachsen betriebene Braun­kohle­ kraftwerk Buschhaus bei Helmstedt vom Netz genommen. Die für vier Jahre angelegte sogenannte Sicherheitsbereitschaft läuft für Buschhaus am 30.09.2020 aus, damit erfolgt die endgültige Stilllegung. Seit 2019 ist die Bundesregierung damit befasst, die Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ („Kohlekommission“) gesetzlich umzusetzen und festzulegen, unter welchen Bedingungen die Kohleverstromung in Deutschland beendet werden soll. Die Bundesregierung sieht dabei unterschiedliche Verfahren für Braun- oder Steinkohle vor. Für die Stilllegung von Braunkohlekraftwerken wird ein fester Zeitplan vorgegeben, auf den sich die Bundesregierung zuvor mit den betroffenen Bundesländern und Kraftwerksbetreibern verständigt hat. Im Gegenzug erhalten die Betreiber Entschädigungen, dafür vorgesehen sind 4,35 Milliarden Euro. Für Kraftwerke, die nach 2030 vom Netz gehen, soll es keine Entschädigungen mehr geben. Im Bereich der Steinkohle sollen die stillzulegenden Anlagen zunächst per Ausschreibung ermittelt werden. Auch hier ist eine finanzielle Kompensation vorgesehen, der sogenannte Steinkohlezuschlag. Die Höhe soll sich nach den eingehenden Geboten und der damit zu erreichenden Emissionsminderung richten, um sicherzustellen, dass die Reduktion möglichst kostengünstig erfolgt. Zuschlagskriterien wie Netzsicherheit und Systemstabilität sollen ebenfalls eine Rolle spielen.4 Tabelle 5 enthält eine Übersicht der Steinkohlekraftwerke in Niedersachsen auf Basis der aktuellen, von der Bundesnetzagentur (BNetzA) regelmäßig veröffentlichten Kraftwerksliste. 2.2.2 Erdöl Beim Erdölverbrauch ist Niedersachsen genauso wie Deutschland stark importabhängig. Die wichtigsten Erdölfördergebiete Deutschlands liegen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Die Erdölproduktion fiel gegenüber 2017 um 6,8 Prozent zurück. Die bundesweite Förderung betrug 2018 bundesweit ca. 2,1 Millionen Tonnen. Damit trägt sie nur noch zu zwei Prozent zur Deckung des deutschen Erdölverbrauchs in Höhe von 103,3 Millionen Tonnen bei. Der Anteil Niedersachsens an der bundesweiten Förderung liegt mit ca. 0,734 Millionen Tonnen bei knapp 36 Prozent. 2018 standen wie im Vorjahr 51 Ölfelder in Produktion. Durch die Destillation von Erdöl werden Mineralöle und Mineralölprodukte (Kraftstoffe) erzeugt.5 In Niedersachsen gibt es keine nennenswerten mit Mineralöl betriebenen Kraftwerke (vgl. Tabelle 5). Unter dem Begriff Mineralöl werden vor allem Kraftstoffe, wie Benzin, Diesel und Kerosin, Bunkeröl, Heizöl sowie aus Erdöl gewonnene Schmierstoffe, gefasst. Diesel und Heizöl werden jedoch für den Betrieb von Notstromaggregaten oder zum Anfahren von Kraftwerken eingesetzt. Im Verkehrssektor kommt Mineralöl immer noch mit Abstand die größte Bedeutung zu. Kraftwerksliste Bundesnetzagentur; Stand 11.11.2019 Entwurf eines Gesetzes zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung und zur Änderung weiterer Gesetze (Kohleausstiegsgesetz); Stand 29.01.2020 5 Quelle: LBEG – Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2018 3 4 15 I  /  aV Kraftwerksname Standort Kraftwerk Blockname Aufnahme der Stromeinspeisung Helmstedter Revier GmbH aV Buschhaus Helmstedt D 1985 Uniper Kraftwerke GmbH aV Huntorf Elsfleth Braunschweiger Versorgungs-AG & Co. KG aV HKW-Mitte Braunschweig Braunschweiger Versorgungs-AG & Co. KG aV HKW-Nord Braunschweiger Versorgungs-AG & Co. KG aV HKW-Mitte Statkraft Markets GmbH aV enercity AG aV enercity AG aV GKL Statkraft Markets GmbH aV Landesbergen Gas Statkraft Markets GmbH aV Landesbergen Gas RWE Generation SE aV Emsland RWE Generation SE aV Emsland RWE Generation SE aV Emsland RWE Generation SE aV Emsland RWE Generation SE aV Emsland Preussen Elektra GmbH aV Grohnde RWE Power AG aV Kernkraftwerk Emsland Uniper Kraftwerke GmbH aV Wilhelmshaven Braunschweiger Versorgungs-AG & Co. KG aV HKW-Mitte enercity AG aV GKH enercity AG aV Kraftwerk Mehrum GmbH aV ENGIE Deutschland AG aV Kraftwerk Wilhelmshaven Wilhelmshaven Uniper Kraftwerke GmbH aV Wilhelmshaven Wilhelmshaven 1 1976 Sappi Alfeld GmbH I Werkskraftwerk Sappi Alfeld Alfeld Gaskraftwerk 1905 Sales & Solutions GmbH I Heizkraftwerk Bomlitz Kronos Titan GmbH I Georg-August-Universität Göttingen I Exxon Mobil Production Deutschland GmbH I Smurfit Kappa Herzberger Papierfabrik GmbH I Nordzucker AG, Werk Clauen I Werk Clauen DREWSEN SPEZIALPAPIERE GmbH & Co. KG I GUD-Anlage DREWSEN Lachendorf 2000 BP Europa SE I BP Werk Lingen Lingen 1996 Nordzucker AG, Werk Nordstemmen I Werk Nordstemmen Nordstemmen letzte Änd. 1953 Delkeskamp Verpackungswerke GmbH I HKW zur Papierfabrik Nortrup 1996 Dow Deutschland Anlagengesellschaft mbH I Dow Stade Stade Cogen Dow Stade 2015 Aluminium Oxid Stade GmbH I KWK AOS GmbH Stade- Bützfleth GT 1 / 2 2012 Papier- u. Kartonfabrik Varel GmbH & Co. KG I PKV Kraftwerk Varel Kondensationsturb. 1905 Papier- u. Kartonfabrik Varel GmbH & Co. KG I PKV Kraftwerk Varel 1905 Volkswagen AG I BHKW Braunschweig Wolfsburg K+S AG I Sigmundshall Wunstorf Sigmundhall 1974 Salzgitter Flachstahl GmbH I Kraftwerk Salzgitter Salzgitter AB 1939 Salzgitter Flachstahl GmbH I Kraftwerk Salzgitter Salzgitter Block 1 2010 Salzgitter Flachstahl GmbH I Kraftwerk Salzgitter Salzgitter Block 2 2010 KÄMMERER Energie GmbH I Turbine 4 Osnabrück 1905 KÄMMERER Energie GmbH I Turbine 5 Osnabrück 1905 Nordzucker AG I Werk Uelzen Uelzen Volkswagen AG I HKW Nord Wolfsburg Generator A 2000 Volkswagen AG I HKW Nord Wolfsburg Generator B 2000 Volkswagen AG I HKW West Wolfsburg Block 1 1985 Volkswagen AG I HKW West Wolfsburg Block 2 1985 Unternehmen 2010 Braunschweig GT 1965 Braunschweig Block 12 1971 Emden Gas Emden Dampfturbine 1973 KWH Hannover B 1975 Hannover GKL 1998 Landesbergen Dampfturbine 1973 Landesbergen Gasturbine 1973 Lingen D 2010 Lingen B1 1973 Lingen C1 1974 Lingen B2 1973 Lingen C2 1974 Emmerthal KWG 1985 Lingen KKE 1988 Wilhelmshaven GT 1973 Braunschweig Block 1 1984 Hannover Block 2 1989 GKH Hannover Block 1 1989 KWM Mehrum Block 3 1979 2015 Bomlitz 1969 Nordenham 2014 Göttingen 1998 Hannover 2014 Herzberg 1978 Hohenhameln 2003 HKW Göttingen Tabelle 5: Übersicht der Niedersächsischen Kraftwerke (StA: formale Stilllegungsanzeige) Darstellung MU; Quelle: Kraftwerksliste BNetzA; Stand 11.11.2019 16 1905 GuD KWK-Blöcke 2014 1965 Kraftwerksstatus Auswertung (Hauptenergieträger bei mehreren Energieträgern) KWK (Ja / Nein) Netto-Nennleistung (elektrische Wirkleistung) in MW Sicherheitsbereitschaft Braunkohle Nein 352,0 in Betrieb Druckluftspeicher / Erdgas Nein 321,0 in Betrieb Erdgas Ja 74,0 in Betrieb Erdgas Ja 25,0 in Betrieb Erdgas Ja 20,0 Vorläufig Stillgelegt (ohne StA) Erdgas Nein 433,0 Vorläufig Stillgelegt (mit StA) Erdgas Ja 102,0 in Betrieb Erdgas Ja 230,0 Vorläufig Stillgelegt (mit StA) Erdgas Nein 431,0 in Betrieb Erdgas Nein 56,0 in Betrieb Erdgas Ja 887,0 in Betrieb Erdgas Ja 116,0 in Betrieb Erdgas Ja 116,0 in Betrieb Erdgas Ja 359,0 in Betrieb Erdgas Ja 359,0 in Betrieb Kernenergie Nein 1360,0 in Betrieb Kernenergie Nein 1360,0 in Betrieb Mineralölprodukte Nein 56,0 in Betrieb Steinkohle Ja 43,3 in Betrieb Steinkohle Ja 136,0 in Betrieb Steinkohle Ja 136,0 in Betrieb Steinkohle Nein 690,0 in Betrieb Steinkohle Nein 731,0 in Betrieb Steinkohle Nein 757,0 in Betrieb Erdgas Ja 11,0 in Betrieb Erdgas Ja 12,8 in Betrieb Erdgas Ja 17,1 in Betrieb Erdgas Ja 18,8 in Betrieb Erdgas Ja 30,2 in Betrieb Erdgas Ja 19,5 Sonderfall Erdgas Ja 17,1 in Betrieb Erdgas Ja 13,0 in Betrieb Erdgas Ja 66,0 in Betrieb Erdgas Ja 30,6 in Betrieb Erdgas Ja 18,1 in Betrieb Erdgas Ja 157,0 in Betrieb Erdgas Ja 30,7 in Betrieb Erdgas Nein 0,48 in Betrieb Erdgas Ja 58,1 in Betrieb Erdgas Ja 10,4 in Betrieb Erdgas Ja 11,0 in Betrieb Sonst. Energieträger (nEE) Ja 94,5 in Betrieb Sonst. Energieträger (nEE) Ja 97,0 in Betrieb Sonst. Energieträger (nEE) Ja 97,0 in Betrieb Steinkohle Ja 9,5 in Betrieb Steinkohle Ja 9,8 Sonderfall Steinkohle Ja 40,0 in Betrieb Steinkohle Ja 61,5 in Betrieb Steinkohle Ja 61,5 in Betrieb Steinkohle Ja 138,5 in Betrieb Steinkohle Ja 138,5 17 2.2.3 Erdgas Der Anteil Niedersachsens an der deutschen Reingasförderung beträgt fast 97 Prozent. Wie in den Vorjahren kamen auch 2018 etwa zwei Drittel der gesamten Jahresförderung in Deutschland aus den zehn ergiebigsten – von insgesamt 77 in Produktion befindlichen – Erdgasfeldern, neun davon liegen in Niedersachsen. Der Rückgang der Erdgasförderung hat sich gegenüber den Vorjahren weiter fortgesetzt. Die deutsche Jahresfördermenge hat 2018 gegenüber dem Vorjahr um 13,3 Prozent abgenommen und lag bei rund 6,2 Milliarden m3 normiertem Reingas. Die inländische Erdgasförderung in 2017 hat den deutschen Gesamtverbrauch an Erdgas im Jahr 2018 in Höhe von 96,8 Milliarden m³ Reingas6 zu ca. 6,4 Prozent gedeckt.7 Erdgas ist der fossile Energieträger mit dem geringsten Kohlenstoffgehalt bzw. Treibhausgasausstoß. Die Nutzung von Erdgas statt anderer fossiler Energieträger führt zu einer deutlichen Senkung der Treibhausgasemissionen. Erdgas kommt somit eine wichtige Rolle im Übergang zu einer Energieversorgung aus nahezu 100 Prozent erneuerbaren Energieträgern zu. Erdgas bleibt in dieser Übergangszeit ein wichtiger fossiler Energieträger in CO2-armen Erdgaskraftwerken, im Wärme­sektor und in geringem Umfang auch im Verkehrssektor. Der Erdgasverbrauch hat in Niedersachsen weiter zugenom­ men. Insbesondere der vermehrte Einsatz von Erdgas in Kraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung führte zu diesem Anstieg. Eine Übersicht über die Anzahl und Größe der mit Erdgas betriebenen Anlagen ergibt sich aus Tabelle 5. Viele Erdgas-Kraftwerke verfügen zudem über eine Kraft-Wärme(Kälte)-Kopplung-Auskopplung (KWK). Mithilfe der KWK kann ein besonders hoher Nutzungsgrad der eingesetzten Energieträger gewährleistet werden. Den flexiblen, auf Erneuerbare und Gas basierten KWK-Anlagen kommt daher eine zentrale Rolle bei der Transformation der Energieversorgung in Deutschland zu. Mit dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) fördert der Gesetzgeber gezielt eine CO2-arme Energieerzeugung und sieht seit 2017 auch Ausschreibungen für KWK-Anlagen vor. Neben der ersten Ausschreibung für herkömmliche KWKAnlagen im Dezember 2017 wurde im Juni 2018 auch parallel mit Ausschreibungen für innovative KWK-Systeme begonnen. Bei den Ausschreibungen haben auch niedersächsische KWKAnlagen – sowohl bei den herkömmlichen als auch bei den innovativen Anlagen – Zuschläge erhalten. Flüssigerdgas (LNG)- Infrastruktur Der deutsche Gasbedarf wird im Wesentlichen über das 6 7 18 AG Energiebilanzen e. V. 2019 Quelle: LBEG – Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2018 Erdgasfernleitungsnetz aus den Niederlanden, Norwegen oder Russland importiert. Alternativ besteht die Möglichkeit, verflüssigtes Erdgas – sogenanntes LNG (Liquified Natural Gas) – mit Tankerschiffen zu importieren. Damit kann ein wichtiger Beitrag zur Diversifizierung der Gasversorgung und somit auch zur Versorgungssicherheit in Deutschland geleistet werden. Bisher verfügt Deutschland noch über keine eigene LNG-Infra­ struktur. In Niedersachsen werden derzeit zwei Vorhaben zum Aufbau einer solchen Importstruktur an den Standorten Wilhelmshaven und Stade verfolgt. Insbesondere der Standort Wilhelmshaven bietet durch seinen Tiefseewasserhafen eine tideunabhängige Erreichbarkeit, eine kurze Leitungsanbindung an einen nahe gelegenen großen Gaskavernenspeicher sowie an das Gasfernleitungsnetz. LNG bietet zudem eine – im Vergleich zu anderen fossilen Brennstoffen – emissionsarme Treibstoffalternative für Schiffe und Lastkraftwagen. Ergänzend kann LNG aus fossilen Quellen langfristig ersetzt werden durch auf Basis regenerativer Energie synthetisch hergestelltes Erdgas (SNG), was zur Reduzierung von Treibhausgasimmissionen beitragen würde. Eine LNG-Infrastruktur könnte somit auch langfristig genutzt werden. 2.2.4 Kernbrennstoffe Die Bedeutung der Kernenergie zur Erzeugung elektrischer Energie hat in Deutschland seit der Jahrtausendwende stetig abgenommen. 2001 waren im Atomgesetz Restlaufzeiten für die deutschen Kernkraftwerke festgelegt sowie der Bau neuer Anlagen ausgeschlossen worden. Unmittelbar nach der Nu­ klear­katastrophe in Fukushima am 11. März 2011 traf die damalige Bundesregierung zudem die Entscheidung, die sieben ältesten Kernkraftwerke unverzüglich vom Netz zu nehmen. In Niedersachsen war davon das Kernkraftwerk Unterweser (KKU) betroffen, das am 18.03.2011 vorsorglich abgeschaltet wurde. Die erste Stilllegungs- und Abbaugenehmigung wurde 2012 beantragt und im Februar 2018 erteilt. Aktuell befinden sich noch zwei niedersächsische Kernkraftwerke im Leistungsbetrieb. Das Kernkraftwerk Grohnde (KWG) wird spätestens Ende 2021 den Betrieb einstellen, das Kernkraftwerk Emsland (KKE) spätestens Ende 2022. Die Importquote von Uran beträgt sowohl für Deutschland als auch für Niedersachsen 100 Prozent, da es in Deutschland keine wirtschaftlich gewinnbaren Uranvorkommen mehr gibt. 3 Kennzahlen und Entwicklung in den Sektoren Bei den Kennzahlen des Energiemarktes wird nachfolgend eingegangen auf • den Primär- und Endenergieverbrauch, • die Energieproduktivität, • die Bruttostromerzeugung, • den Bruttostromverbrauch, • die Treibhausgasemissionen und • die Strom- und Gaspreisentwicklung. und 2019 (1.290 PJ bzw. 358,3 Milliarden kWh) zeigen wieder einen deutlichen Rückgang des PEV. Der PEV in Niedersachsen entsprach in den letzten Jahren etwa einem Zehntel des bundesweiten Verbrauchs. Abbildung 7 zeigt den Vergleich ab 2008 gegenüber 1990. Für Niedersachsen ist insgesamt eine Abnahme des PEV zwischen 1990 und 2019 um rund 10 Prozent zu verzeichnen. Bundesweit zeigt der PEV ebenfalls einen Abwärtstrend bis 2019 um gut 14 Prozent. 3.1 Primär- und Endenergieverbrauch, Energieproduktivität Bei der Verteilung des PEV auf die jeweiligen Energieträger wird eine starke Zunahme der erneuerbaren Energien in Niedersachsen erkennbar (vgl. Abbildung 8). Hatten die Erneuerbaren im Jahr 1990 in Niedersachsen bilanziell erst 0,8 Prozent des PEV bereit- Unter dem Primärenergieverbrauch (PEV) versteht man den gestellt, so waren es 2017 bereits über 19 Prozent. Die Progno- Energiegehalt aller im Inland eingesetzten Energieträger. Der PEV sen8 sehen eine Steigerung auf fast 23 Prozent für 2019 vor. Der umfasst den Endenergieverbrauch inklusive der Übertragungsver- hohe PEV im Bereich der Mineralölprodukte ist nach wie vor auf luste, die bei der Erzeugung der Endenergie aus den Primärener- den Schwerpunkt im Verkehrssektor zurückzuführen. Die Kohle- gieträgern auftreten. nutzung zeigt einen kontinuierlichen Abwärtstrend. Erdgas ist prozentual derzeit der meistgenutzte konventionelle Energieträger in Niedersachsen und wird aufgrund der vergleichsweise geringen einer Energiemenge von rund 367,6 Milliarden kWh entspricht. Ge- CO2-Intensität auch zukünftig im Rahmen der Energiewende eine genüber dem Vorjahr war das ein leichter Anstieg um 0,6 Prozent. Rolle spielen, wobei „grüne“ Gase den fossilen Energieträger Erd- Die Prognosen für 2018 (1.305,1 PJ bzw. 362,5 Milliarden kWh) gas langfristig ersetzen sollen. Petajoule 2017 betrug der PEV in Niedersachsen 1.323,2 Petajoule (PJ), was 16.000 14905 14380 14.000 14217 13599 13531 13447 13822 13180 13.262 13.451 13.550 13.106 12.815** 12.000 10.000 8.000 6.000 4.000 2.000 1433 1469 1435 1480 1349 1331 1337 1325 1315 1314 1323 1305* 1290* 0 1990 2008 2009 2010 2011 2012 Niedersachsen 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Deutschland Abbildung 7: Entwicklung des Primärenergieverbrauchs Vergleich Deutschland und Niedersachsen Darstellung: MU; Quellen: LSN; AG Energiebilanzen e.V.; Stand August 2019 * Prognose IE Leipzig; **vorläufiger Wert 8 Studie zur Prognose der niedersächsischen Energiebilanz des IE Leipzig; Stand Dezember 2019 19 Petajoule 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Mineralöl und -produkte 1990 504,5 2008 389,20 2009 372,31 2010 359,57 2011 350,36 2012 353,75 2013 361,56 2014 344,57 2015 334,80 2016 334,22 2017 334,46 2018* 323,53 2019* 321,43 Gase 324,60 407,77 382,29 413,55 392,68 359,42 360,27 366,19 371,96 411,98 434,33 409,61 411,54 Kohle 238,40 195,64 188,65 194,78 202,89 197,03 199,73 220,81 219,49 189,62 167,37 166,79 158,12 Kernenergie 378,70 351,70 365,20 373,26 264,17 252,25 245,60 235,33 233,45 218,37 229,18 244,82 230,79 Erneuerbare Energieträger 12,00 151,21 159,42 181,03 169,95 195,83 195,62 196,52 221,32 228,69 251,79 263,49 294,19 Abbildung 8: Entwicklung des Primärenergieverbrauchs nach Energieträgern in Niedersachsen gegenüber 1990 Darstellung MU; Datenquelle: LSN; *Prognose IE Leipzig Aus Abbildung 9 ergibt sich die Verteilung des Endenergie­ verbrauchs (EEV), das heißt sämtliche Lieferungen von Energieprodukten, an folgende Verbrauchssektoren: • Verarbeitendes Gewerbe, Gewinnung von Steinen und Erden, sonstiger Bergbau • Gewerbe, Handel, Dienstleistungen und übrige Verbraucher (GHD) • Haushalte • Verkehr Die Entwicklung des PEV und die Energieproduktivität sind Indikatoren sowohl in der niedersächsischen als auch in der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie und sollen ein umfassendes Bild der nachhaltigen Entwicklung vermitteln. Die Senkung des Energieverbrauchs und eine Steigerung der Energieeffizienz sind wesentliche Säulen der Energiewende. Beide Effekte sorgen für eine Verbesserung der Energieproduktivität. Im Energiekonzept der Bundesregierung soll die Energieprodukti­ Bis auf den Verkehrssektor sind in den drei anderen Verbraucher­gruppen leicht rückläufige Verbrauchszahlen beim Endenergieverbrauch erkennbar. vität im Zeitraum 2008 bis 2050 jährlich um 2,1 Prozent erhöht werden. Gleichzeitig wird eine Reduktion des PEV bis 2020 um 20 Prozent gegenüber 2008 sowie um 50 Prozent bis 2050 angestrebt. Niedersachsen verfolgt die deutschen Strategieziele Die Energieproduktivität ergibt sich aus der wirtschaftlichen Leistung bzw. dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) bezogen auf den Primärenergieverbrauch. Die Energieproduktivität stellt ein Maß für die Effizienz der Energieverwendung dar. Je mehr volkswirtschaftliche Leistung (BIP) aus einer Einheit eingesetzter Primärenergie erwirtschaftet wird, umso effizienter geht die Volkswirtschaft mit Energie um. 20 in gleicher Weise und hat seine Energieproduktivität seit 1991 kontinuierlich gesteigert, gleichwohl die Zielerreichung bis 2020 in Frage steht. Infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise zeigte die Entwicklung zwischen 2008 und 2011 deutliche Schwankungen auf (vgl. Abbildung 10). Petajoule Verarbeitendes Gewerbe 1.000 GHD Haushalte Verkehr 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 Verkehr 2008 240,96 2009 235,67 2010 236,64 2011 240,92 2012 238,83 2013 243,11 2014 245,87 2015 243,99 2016 246,68 2017 249,75 2018* 242,21 2019* 241,78 Haushalte 261,34 251,78 278,75 240,39 251,19 257,78 222,75 233,51 243,94 243,82 233,98 232,29 GHD 158,77 150,65 159,27 142,98 114,29 130,35 148,76 140,00 132,54 147,98 143,77 141,28 Verarbeitendes Gewerbe 285,21 265,79 291,18 289,77 284,08 272,58 265,41 260,23 266,98 265,41 263,02 260,36 Abbildung 9: Entwicklung des Endenergieverbrauchs nach Verbrauchssektoren Darstellung: MU; Quellen: LSN *Prognose IE Leipzig 170 162,65 160 159,00 150 140 140,23 130 120 110 100 90 88,19 Bruttoinlandsprodukt Niedersachsen Energieproduktivität Niedersachsen Energieproduktivität Deutschland Abbildung 10: Energieproduktivität und Primärenergieverbrauch in Niedersachsen und Deutschland (1991 = 100) Darstellung: MU; Datenquellen: Länderinitiative Kernindikatoren (LiKi), Umweltökonomische Gesamtrechnungen der Länder (Stand November 2018), Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder (Stand Februar 2019) * Prognose IE Leipzig 1 20 7 18 20 * 19 * 16 20 15 Primärenergieverbrauch Niedersachsen 20 14 20 13 20 12 20 11 20 10 20 09 20 08 20 07 20 06 20 05 20 04 20 03 20 02 20 01 20 00 20 99 20 98 19 97 19 96 19 95 19 94 19 93 19 92 19 19 19 91 80 21 3.2 Bruttostromerzeugung In Niedersachsen wurden im Jahr 2017 86,3 Milliarden kWh Strom erzeugt. Die Prognosen gehen von einer Bruttostromerzeugung für 2018 von 88,8 Milliarden kWh und für 2019 von 95,4 Milliarden kWh aus. Die Bruttostromerzeugung zeigt damit weiter eine deutlich steigende Tendenz in Niedersachsen, was auch auf einen stetig wachsenden regenerativen Anteil – insbesondere aus der Windstromproduktion – zurückzuführen ist. In Deutschland lag die Bruttostromerzeugung 2017 bei 653,7 Milliarden kWh, im Jahr 2018 fiel sie ab auf 646,79 Milliarden kWh.10 Der Anteil Niedersachsens an der bundesweiten Bruttostromerzeugung betrug 2017 damit mehr als 12 Prozent. Abbildung 11 zeigt die prozentuale Aufteilung der Energieträger bei der Bruttostromerzeugung in Niedersachsen für das Jahr 2019. Kohle 10,8 12,5 52,1 Gas Kernenergie 22,2 Heizöl/Dieselkraftstoff 2,3 0,2 Sonstige nicht erneuerbare Energieträger Erneuerbare Abbildung 11: Verteilung der Bruttostromerzeugung in Niedersachsen im Jahr 2019* Darstellung: MU; Datenquelle: LSN; *Prognose IE Leipzig 9 Für 2018 vorläufige Angabe Quelle: Zahlen und Fakten, Energiedaten des BMWi, Stand 09.09.2019 10 22 3.2.1 Erneuerbare Energieträger Der Anteil der erneuerbaren Energieträger an der Bruttostromerzeugung in Niedersachsen hat sich 2017 gegenüber dem Vorjahr auf 45,3 Prozent gesteigert, was insbesondere auf den hohen Ertrag aus Windenergieanlagen zurückzuführen ist. Regenerativ erzeugt wurden 39,1 Milliarden kWh, davon allein fast 27 Milliarden kWh aus Wind. Die Prognosen für die regenerative Bruttostromerzeugung in Niedersachsen lagen für 2018 bei knapp 42 Milliarden kWh und für 2019 sogar bei 49,7 Milliarden kWh. Damit stammte 2019 bereits mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Bruttostromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern. Bundesweit belegten die Erneuerbaren 2017 einen Anteil von 36 Prozent11 an der Bruttostromerzeugung, der 2018 auf 37,8 Prozent12 ausgebaut werden konnte. Milliarden kWh In Niedersachsen zeichnete sich die regenerative Stromerzeugung besonders 2017 und 2019 durch sehr hohe Anteile an Windenergie aus. Zum einen gab es in beiden Jahren ein sehr gutes Winddargebot, ferner konnten 2018 und 2019 weitere Offshore-Anlagen in Niedersachsen an das Netz angebunden werden. Die Windenergie erreichte damit 2017 und 2018 einen Anteil von 69 Prozent an der gesamten Bruttostromerzeugung aus erneuerbaren Energien und konnte diesen Anteil 2019 auf fast 74 Prozent steigern. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass der in der Nordsee erzeugte und in Niedersachsen angelandete Offshore-Windstrom statistisch dem Land Niedersachsen zugerechnet wird. Der Anteil an Biomasse fiel von rund 23 Prozent in 2017 und 2018 auf einen Anteil von etwa 20 Prozent in 2019 ab. Der PV-Anteil an der regenerativen Bruttostromerzeugung lag 2017 bei 7,1 Prozent, 2018 bei 7,9 Prozent und 2019 bei 6,5 Prozent. Wasserkraft spielt für die Stromerzeugung in Niedersachsen nur eine untergeordnete Rolle. Die Entwicklung der in Niedersachsen regenerativ erzeugten Bruttostrommengen zeigt Abbildung 12. 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Wasserkraft 2003 0,27 2004 0,30 2005 0,31 2006 0,30 2007 0,34 2008 0,29 2009 0,32 2010 0,28 2011 0,23 2012 0,27 2013 0,29 2014 0,24 2015 0,24 2016 0,27 2017 2018* 2019* 0,23 0,19 0,23 Photovoltaik 0,01 0,02 0,06 0,11 0,17 0,24 0,36 0,83 1,51 2,52 2,58 2,81 2,96 2,96 2,78 3,33 3,23 Biomasse** 0,98 1,41 1,96 2,70 3,81 4,64 5,28 5,64 6,20 7,87 8,46 9,11 9,26 9,60 9,14 9,53 9,60 Windkraft 5,51 7,10 7,37 8,10 10,02 10,57 9,85 9,50 11,83 12,62 12,92 14,00 19,17 19,29 26,96 28,80 36,59 Abbildung 12: Entwicklung der Bruttostromerzeugung bei den erneuerbaren Energieträgern Darstellung: MU; Datenquelle: LSN; *Prognose IE Leipzig ** Feste / flüssige biogene Stoffe, Klär­, Deponie­, Biogas, Klärschlamm, biogener Abfall 11 12 Quelle: Zahlen und Fakten, Energiedaten des BMWi, Stand 09.09.2019 Für 2018 vorläufige Angabe 23 3.2.2 Nicht erneuerbare Energieträger Der Anteil an der Bruttostromerzeugung durch nicht er­neu­er­ are Energieträger betrug 2017 in Niedersachsen 47,2 Millib arden kWh, was nur noch rund 54 Prozent der ge­samten Stromerzeugung ausmachte. Die Prognosen belegen diese abnehmende Tendenz für 2018 mit 46,9 Milliarden kWh (53 Prozent) und für 2019 mit 45,7 Milliarden kWh (48 Prozent). 2019 fiel in Niedersachsen damit die Stromerzeugung aus konventionellen Energieträgern erstmals geringer aus als die aus Erneuerbaren. Milliarden kWh Die Kernenergie hat in Niedersachsen noch den größten Anteil an der Bruttostromerzeugung aus nicht erneuerbaren Energieträgern. Sie liegt seit 2017 mit rund 46 Prozent annähernd konstant auf gleichem Niveau. Der Energieträger Gas hat seit 2016 seinen Anteil an der Stromproduktion merklich auf gut 25 Prozent ausgebaut. In Niedersachsen liegt Gas damit seit 2017 vor dem Energieträger Kohle an zweiter Stelle bei der konventionellen Stromerzeugung. Heizöl- und Dieselkraftstoffe spielen bei der Stromerzeugung eine sehr untergeordnete Rolle, ihr Anteil bleibt vernachlässigbar gering. Unter die sonstigen nicht erneuerbaren Energieträger fallen unter anderem nicht biogener Abfall, Petrolkoks und andere Mineralölprodukte, Gruben-, Kokerei- und sonstige hergestellte Gase sowie Pumpspeicher ohne natürlichen Zufluss. Abbildung 13 gibt einen Überblick über die Entwicklung der Bruttostromerzeugung sowie die Verteilung auf die jeweiligen konventionellen Energieträger. 70 60 50 40 30 20 10 0 Sonstige 2003 1,61 2004 1,60 2005 1,92 2006 2,08 2007 2,02 2008 2,15 2009 1,81 2010 2,52 2011 3,11 2012 2,55 2013 2,66 2014 2,72 2015 2,33 Mineralöl und -produkte 0,69 0,78 0,52 0,26 0,18 0,12 0,26 0,14 0,09 0,09 0,09 0,17 Gase 6,12 5,71 6,20 6,02 6,34 6,69 7,02 7,76 8,50 6,19 5,85 5,86 2017 2018* 2019* 2,36 2,27 2,19 0,13 0,21 0,24 6,40 12,02 12,57 10,85 11,90 0,22 0,21 Kohlen 15,74 16,28 15,48 15,54 14,89 13,96 14,41 14,04 14,99 14,02 14,69 16,17 16,97 13,02 11,04 11,12 10,25 Kernenergie 37,87 33,31 32,30 34,32 32,58 32,24 33,48 34,22 24,22 23,12 22,51 21,57 21,40 20,02 21,01 22,44 21,16 Abbildung 13: Entwicklung der Bruttostromerzeugung bei nicht erneuerbaren Energieträgern Darstellung: MU; Datenquelle: LSN; *Prognose IE Leipzig 24 2016 2,39 3.3 Bruttostromverbrauch Unter dem Bruttostromverbrauch versteht man im Sinne der Energiebilanzierung die in einem Land erzeugte Strommenge unter Berücksichtigung des Stromaustauschsaldos, das heißt der Differenz aus exportierter und importierter Strommenge. Eingeschlossen werden auch Verteilungsverluste über das Stromnetz sowie der Eigenverbrauch der Kraftwerke. Mrd kWh Der Bruttostromverbrauch in Niedersachsen bewegte sich zwischen 2008 und 2013 zwischen 57 und 59 Milliarden kWh und hat seit 2013 auf 56,1 Milliarden kWh (Prognosewert für 2019) kontinuierlich abgenommen (vgl. Abbildung 14). Der Anteil der Erneuerbaren an der Bruttostromerzeugung ist dagegen kontinuierlich angewachsen. 2017 machte er in Niedersachsen mit 39,1 Milliarden kWh rechnerisch bereits über zwei Drittel des niedersächsischen Bruttostromverbrauchs aus. Legt man die Prognose für 2019 zu Grunde, beträgt der Anteil des regenerativ erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch rein rechnerisch inzwischen fast 90 Prozent. Bundesweit lag der regenerative Anteil am Bruttostromverbrauch 2018 dagegen erst bei knapp 38 Prozent. 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018* 2019* Bruttostromerzeugung gesamt 70,9 72,8 74,9 70,7 69,2 70,0 72,6 78,9 79,8 86,3 89,3 95,5 Bruttostromverbrauch 58,8 58,5 59,1 57,2 57,9 59,3 57,4 57,1 56,6 56,5 56,3 56,1 Bruttostromerzeugung EE 15,7 15,8 16,3 19,8 23,3 24,2 26,2 31,6 32,1 39,1 41,9 49,7 Bruttostromerzeugung gesamt Bruttostromverbrauch Bruttostromerzeugung EE Abbildung 14: Bruttostromverbrauch in Relation zur Bruttostromerzeugung in Niedersachsen Darstellung MU; Datenquelle: LSN; *Prognose IE Leipzig 25 3.4 Klimawandel und Treibhausgasemissionen Die durch Menschen verursachten Treibhausgasemissionen sind maßgeblich verantwortlich für die überdurchschnittlich rasche Erwärmung der Erdatmosphäre. Die Folgen des Klimawandels sind schon heute regional sehr unterschiedlich zu spüren und werden sich künftig noch verstärken. Sie äußern sich unter anderem durch einen Anstieg des Meeresspiegels, die Erwärmung und Versauerung der Ozeane, eine Veränderung der globalen und regionalen Niederschlagsverhältnisse sowie durch die Zunahme extremer Wetterereignisse. Diese Klimaveränderungen wirken sich weitreichend und nachhaltig auf die verschiedenen Ökosysteme aus – mit zunehmenden ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Auch in Niedersachsen zeigt sich der Klimawandel immer deutlicher: Im Zeitraum 1881 bis heute zeigt sich eine Tem­ peraturzunahme von etwa 1,6 °C im Jahresdurchschnitt. Auch der vieljährige Mittelwert der Referenzperiode13 1961 bis 1990 von 8,6 °C ist mittlerweile auf 9,3 °C im aktuellen 30-­jährigen Bezugszeitraum 1981 bis 2010 gestiegen. 2014 war mit einer Mitteltemperatur von 10,8 °C das bisher wärmste Jahr in Niedersachsen, dicht gefolgt von 2018 mit 10,7 °C (vgl. Abbildung 15). °C 11,0 10,5 10,0 Jahresmitteltemperatur Linear (Jahresmitteltemperatur) 9,5 9,0 8,5 8,0 7,5 7,0 6,5 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 2020 Abbildung 15: Jahresmittel der Temperaturen in Niedersachsen (Gebietsmittelwerte) von 1881–2018 Quelle und Darstellung: Deutscher Wetter Dienst (DWD) 13 26 Die vieljährigen Mittel werden vom Deutschen Wetterdienst (DWD) für die drei Zeiträume 1961–1990, 1971–2000 und 1981–2010 bestimmt, diese werden auch „Referenzperioden“ genannt. Die Jahresniederschlagssummen sind von 1881 bis heute um knapp 100 mm gestiegen. Die Zunahme zeigt sich besonders im Herbst und Winter. Gleichzeitig sind trockenere Frühjahre und Sommer mit einzelnen Starkregenereignissen zu beobachten, die beispielsweise auch Auswirkungen auf die Wachstumsphasen der Pflanzen mit sich bringen. So hat sich beispielsweise der Beginn der Apfelblüte für den 30-jährigen Zeitraum 1961 bis 1990 im Vergleich zu dem Zeitraum 1987 bis 2016 im Mittel um zehn Tage nach vorn verschoben. Die Weltgemeinschaft hat auf der 21. Weltklimakonferenz 2015 in Paris vereinbart, die Erwärmung der globalen Durchschnittstemperatur deutlich unter zwei Grad gegenüber vorindustrieller Zeit zu halten und Anstrengungen zu unternehmen, die Erhöhung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dazu müssen die globalen Treibhausgas-Emissionen bis 2030 halbiert werden, spätestens 2050 müssen die Emissionen bei Netto-Null liegen. 1990 2000 2008 2009 2010 Die niedersächsischen Treibhausgasemissionen haben seit 1990 insgesamt um 15,6 Prozent abgenommen. Betrachtet man die Emissionen der drei in Abbildung 16 dargestellten Gase separat, so sieht man, dass vor allem die Methan-Emissionen bis zum Jahr 2012 stark abgenommen haben (minus 34,2 Prozent seit 1990), bis zum Jahr 2016 aber wieder leicht gestiegen sind. Die CO2-Emissionen sind demgegenüber bis zum Jahr 2012 schwächer zurückgegangen, um bis zum Jahr 2014 wieder leicht zu steigen, dem aber wiederum eine Abnahme bis zum Jahr 2016 folgte. Aufgrund des wesentlich größeren CO2-Anteils an allen Treibhausgasemissionen (rund 80 Prozent) wiegt diese Reduktion sehr viel schwerer. Der mit Abstand größte Teil der CO2-Emissionen entsteht bei der Gewinnung von Strom und Wärme. Tabelle 6 gibt eine Übersicht der energiebedingten CO2-Emissionen seit 1990. Bis 2019 war in Niedersachsen gegenüber 1990 eine Abnahme von 20 Prozent zu verzeichnen. 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018* 2019* in Mio. Tonnen Steinkohlen 14,6 13,5 13,0 12,6 12,5 14,2 12,4 13,9 14,7 14,9 12,2 12,0 12,0 11,0 Braunkohlen 5,6 5,2 2,9 2,7 2,9 2,4 2,8 2,0 3,3 2,7 2,3 0,3 0,3 0,3 Mineralöle / -produkte 34,7 31,1 26,9 25,5 24,8 23,8 24,1 24,8 23,9 23,3 23,5 23,0 23,0 23,0 Erdgas 21,8 23,8 26,4 25,0 27,6 25,8 24,7 24,0 24,1 24,3 26,8 28,0 26,7 26,8 0 0,1 0,9 0,8 0,8 0,9 0,8 0,9 0,8 0,7 0,8 1,0 1,0 1,0 76,8 73,8 69,9 66,5 68,4 67,2 64,8 65,6 66,8 66,0 65,7 64,4 62,3 61,4 -3,9 -9,0 13,4 -10,9 -12,6 -15,7 -14,7 -13,0 -14,1 -14,5 -16,2 -18,9 -20,0 Sonstige Insgesamt Veränderung in % gegenüber 1990 Tabelle 6: Effektive CO2-Emissionen (in Millionen Tonnen) aus dem PEV in Niedersachsen (Quellenbilanz); einschl. Emissionen für ausgeführten Strom Quellen: LSN, Länderarbeitskreis Energiebilanzen; *Prognose IE Leipzig 27 Bundesweit sind die Emissionen der drei abgebildeten Treibhausgase im Betrachtungszeitraum stärker zurückgegangen als in Niedersachsen, was sich unter anderem auf den Strukturwandel in den östlichen Ländern nach der Wiedervereinigung zurückführen lässt. Sie sanken zwischen den Jahren 1990 und 2017 um 28,1 Prozent (vgl. Abbildung 16). Die N2O-Emissionen sind in den Jahren von 1990 bis 2007 zunächst sukzessive zurückgegangen, in den folgenden Jahren aber wieder angestiegen. Im Jahr 2016 ist wieder ein Rückgang zu sehen, so dass sich nun insgesamt eine leichte Zunahme der N2O Emissionen um 3,1 Prozentpunkte gegenüber dem Jahr 1990 ergibt. N2O wird als Stickstoffverbindung vor allem durch Düngeprozesse in der Landwirtschaft freigesetzt, welche in Niedersachsen traditionell eine besonders große Bedeutung hat. 120 110 103,1 100 90 85,21 84,5 80 71,9 70 71,09 60 50 1990 91 92 93 94 95 96 97 98 99 2000 01 02 03 04 05 06 Niedersachsen Kohlendioxid Niedersachsen Methan (CH₄) (CO₂) Niedersachsen insgesamt Deutschland insgesamt 07 08 09 2010 11 12 13 14 15 16 2017 Niedersachsen Distickstoffoxid (N₂O) Abbildung 16: Treibhausgasemissionen in Deutschland und Niedersachsen (in CO2-Äquivalenten)14 Quellen: Arbeitskreis Umweltökonomische Gesamtrechnungen der Länder, LAK Energiebilanzen, Umweltbundesamt, Berechnungen des LSN 14 In Niedersachsen wird die Energiebilanz erst seit 2008 jährlich erstellt. Für 1992 sowie ab 1993 liegen alle zwei Jahre keine Angaben für die Emission von energiebedingtem CO2 vor. Diese wurden daher aus den vorliegenden Angaben der übrigen Jahre extrapoliert. 28 3.5 Emissionshandel Das im Jahr 2005 eingeführte europäische Emissionshandels­ system (EU ETS) ist das klimapolitische Leitinstrument in Europa, um Treibhausgasemissionen von Energie- und Industrie­anlagen sowie des innereuropäischen Luftverkehrs kosteneffizient zu reduzieren. Derzeit sind rund 11.000 Anlagen in den EU-Staaten sowie Norwegen, Liechtenstein und Island in das europäische Emissionshandelssystem eingebunden. Damit deckt der europäische Emissionshandel rund 40 Prozent der europäischen Treibhausgasemissionen ab. Zertifikatpreis in € Kernelement des Emissionshandels ist eine Obergrenze an zulässigen Emissionen, die im Zeitablauf sinkt. In Höhe der Obergrenze werden handelbare CO2-Zertifikate generiert und entweder über eine Auktion verkauft oder per Zuteilung an Unternehmen ausgeteilt. Die Unternehmen müssen jeweils am Jahresanfang für jede im vergangenen Jahr emittierte Tonne CO2 ein Zertifikat bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) vorlegen. Da die klimapolitischen Rahmenbedingungen weltweit nicht wirkungsgleich ausgestaltet sind, bedarf es insbesondere für energieintensive Unternehmen in Europa, die sich in einem weltweiten Wettbewerb befinden, Sonderregelungen im Rahmen des Emissionshandels. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Produktionsstandorte und damit auch Emissionen in Gebiete verlagert werden, in denen keine bzw. schwächere klimapolitische Vorgaben gelten (carbon leakage). Der Emissionshandel startete im Jahr 2005 mit Preisen zwischen 20 Euro und 30 Euro pro Tonne CO2. Seit 2008 sind jedoch zunächst ein Preisverfall und anschließend eine Stagnation des Preises auf sehr niedrigem Niveau zu verzeichnen. Nachdem der Preis lange bei etwa fünf Euro pro Tonne CO2 stagnierte, ist seit Anfang 2017 ein deutlicher Anstieg auf nunmehr rund 25 Euro pro Tonne CO2 zu verzeichnen (vgl. Abbildung 17). 30 25 20 15 10 5 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Abbildung 17: Preisentwicklung für CO2-Zertifikate; Stand 31.12.2019 Darstellung MU; Datenquelle: European Energy Exchange (EEX); Stand Dezember 2019 29 3.6 Strom- und Gaspreise Strompreisentwicklung Grundsätzlich setzt sich der Strompreis aus drei Bestandteilen zusammen: 1. Kosten Energiebeschaffung, Vertrieb und Marge des Lieferanten Dies sind die vom Stromlieferanten grundsätzlich zu beeinflussenden Preisbestandteile. Der durchschnittliche Anteil am Strompreis für Haushaltskunden liegt 2019 bei gut 24 Prozent. 2. Regulierte Netzentgelte Die Kosten für die Netzinfrastruktur werden über die Netzentgelte auf die Netznutzer und damit die Letztverbraucher im jeweiligen Versorgungsgebiet verteilt. Die Regulierungsbehörden des Bundes (BNetzA) und der Länder (Regulierungskammern) stellen sicher, dass die Netzentgelte angemessen und diskriminierungsfrei sind. Der Anteil der Netzentgelte am Strompreis für Haushaltskunden lag 2019 im Durchschnitt bei gut 23 Prozent, kann aber regional stark variieren. 3. Steuern, Abgaben und Umlagen Dazu gehören EEG-Umlage, §19 Stromnetzentgeltverordnung-Umlage, KWK-Aufschlag, Offshore-Haftungsumlage, Umlage für abschaltbare Lasten, Stromsteuer, Konzessionsabgabe und Mehrwertsteuer. 25,45 18,93 4,66 2,48 7,30 4,49 2006* 20,08 5,26 2,58 6,34 5,90 2007* 21,39 5,47 2,81 5,92 7,19 2008* 22,75 5,68 Der Anstieg geht im Wesentlichen auf den Kostenblock Energiebeschaffung, Vertrieb und Marge zurück. Die staatlich bzw. gesetzlich veranlassten Preisbestandteile machten insgesamt im Jahr 2019 gut die Hälfte (ca. 52 Prozent) des Strompreises für Haushaltskunden aus. 29,80 29,86 29,88 6,81 6,82 6,82 8,25 8,86 9,31 9,17 6,54 6,60 6,79 7,31 7,19 29,24 29,53 29,11 6,72 6,76 6,70 7,66 8,37 26,06 23,42 6,11 Mit der Liberalisierung der Energiemärkte für Strom und Gas im Jahr 1998 sind die Energiekosten für Privathaushalte zunächst deutlich gefallen. Während der durchschnittliche Strompreis 1998 für einen Privathaushalt (mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh) noch 17,11 Cent pro kWh betrug, sank er im Jahre 2000 auf 13,94 Cent pro kWh. In den folgenden Jahren ist der durchschnittliche Strompreis für Privathaushalte bis 2013 auf durchschnittlich 29,04 Cent pro kWh angestiegen. Von 2013 bis 2018 blieb er relativ konstant. Im Jahr 2019 ist der durchschnittliche mengengewichtete Strompreis für Haushaltskunden mit einem Verbrauch zwischen 2.500 und 5.000 kWh nach Angaben der BNetzA um knapp einen Cent auf 30,85 Cent pro kWh gestiegen. (Vgl. Abbildung 18) 30,85 6,98 6,21 5,79 9,04 5,18 5,42 5,81 5,75 6,04 6,52 8,36 8,10 8,41 8,39 8,34 7,86 7,57 7,35 6,42 6,70 7,61 2009* 2010* 2011* 2012* 2013* 2014* 2015* 2016 2017 2018 2019 2,91 3,71 5,80 Energiebeschaffung, Vertrieb und Marge Netzentgelt inkl. Messstellenbetrieb Umlagen 7,22 Steuern * Die Preise beruhen auf dem Abnahmefall von 3.500 kWh pro Jahr. Abbildung 18: Über alle Vertragskategorien mengengewichteter Elektrizitätspreis in ct / kWh für Haushaltskunden für das Abnahmeband 2.500 bis 5.000 kWh im Jahr; jeweils zum 1. April Quelle und Darstellung: BNetzA; Monitoringbericht 2019 * Die Preise beruhen auf dem Abnahmefall von 3.500 kWh pro Jahr. 30 50Hertz 2014 0,34 2015 0,30 2016 0,40 2017 0,56 2018 0,50 2019 0,41 Amprion 0,18 0,22 0,24 0,28 0,41 0,35 Tennet 0,32 0,33 0,35 0,64 0,70 0,63 TransnetBW 0,19 0,28 0,31 0,32 0,37 50Hertz Amprion Tennet 0,36 TransnetBW Abbildung 19: Entwicklung der ÜNB-Netzentgelte (in ct / kWh) Quelle und Darstellung: BNetzA, Monitoringbericht 2019 Eine bemerkenswerte Entwicklung ist die der Netzentgelte auf Ebene der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB). Diese haben sich in den einzelnen Regelzonen sehr unterschiedlich entwickelt, was zunehmend die Standortbedingungen innerhalb Deutschlands verzerrt. Die von TenneT als ÜNB betriebene Regelzone schließt Niedersachsen mit ein. In dieser Regelzone liegen die ÜNB-Netzentgelte an der Spitze. Dies lässt sich zum Teil auf systemische Maßnahmen der ÜNB zurückführen, mit denen unter anderem die Netzstabilität gewährleistet wird (z. B Redispatch-Maßnahmen). Von diesen Maßnahmen profitieren somit alle Netznutzer gleichermaßen und unabhängig davon, ob ihr Netzanschluss in der Regelzone des ÜNB von TenneT, 50Hertz, Amprion oder TransnetBW liegt. Vor diesem Hintergrund hat sich die niedersächsische Landesregierung erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Netzentgelte auf Übertragungsnetzebene angeglichen werden. Diese Angleichung erfolgt seit 2019 in fünf Stufen, so dass ab 2023 die Netzentgelte auf der Übertragungsnetzebene einheitlich sind (vgl. Abbildung 19). 31 Gaspreisentwicklung Die Erdgaspreise für Haushalte sowohl im Ein- als auch im Mehrfamilienhaus sind im Jahr 2019 erstmals seit Jahren wieder deutlich gestiegen. Wie beim Strompreis wird der Anstieg hauptsächlich durch den Preisbestandteil Beschaffung und Vertrieb verursacht. Trotz dieses Anstiegs befinden sich die Preise immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau. Im Zeitraum seit 2008 waren die Preise nur von 2016 bis 2018 niedriger als 2019. Einfamilienhäuser mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh zahlten 2019 im Durchschnitt 6,17 Cent pro kWh, bei Mehrfamilienhäusern mit 80.000 kWh waren es 5,53 Cent pro kWh. Die Preisentwicklungen in den beiden Verbrauchsgruppen ergeben sich aus den Abbildungen 20 und 21. Abbildung 20: Durchschnittlicher Erdgaspreis für einen Haushalt (EFH) in ct / kWh Quelle: BDEW-Gaspreisanalyse; Stand Januar 2020 Abbildung 21: Durchschnittlicher Erdgaspreis für einen Haushalt (MFH) in ct / kWh Quelle: BDEW-Gaspreisanalyse; Stand Januar 2020 32 3.7 Wärmesektor Ohne eine erfolgreiche Energiewende im Wärmesektor ist auch ein erfolgreicher Klimaschutz in Niedersachsen unmöglich. Die Energiewende erfordert vor allem einen Umbau der Wärmeversorgung und eine deutliche Verringerung des Wärmebedarfs. Dabei lohnen sich Investitionen in den Klimaschutz insbesondere bei der energetischen Sanierung von Gebäuden im Bestand. Aber auch bei einer Heizungsmodernisierung, die mit einem Wechsel zu einem emissionsärmeren Energieträger einhergeht, lohnen sich diese in erheblichem Maße. Damit das Klimaziel eines „nahezu klimaneutralen Gebäudebestands“ 2050 erreicht werden kann, muss heute schon beim Neubau die Gebäudehülle einen möglichst hohen energetischen Standard erhalten, um später unwirtschaftliche energetische Sanierungen verzichtbar zu machen. 3.7.1 Sanierung des Gebäudebestands Das Ziel der Energiewende kann jedoch nicht nur über den Neubau erreicht werden. Für den Sanierungserfolg ist es entscheidend, bei Sanierungsmaßnahmen Instrumente zur Qualitätssicherung und anschließendem Monitoring zu nutzen, um die Sanierungsziele auch überprüfen zu können. So kann beispielsweise ein Heizungsaustausch mit hydraulischem Abgleich optimiert werden und damit zusätzliche Einsparpotenziale erschließen. Die Sanierung des Gebäudebestands insgesamt macht bisher nur sehr geringe Fortschritte. In Deutschland wird die Sanierungsrate mit rund einem Prozent benannt, konkrete öffentliche Daten stehen dazu jedoch nicht zur Verfügung. Das Ziel, bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu realisieren, erfordert deutlich verstärkte Anstrengungen. Neben der energetischen Sanierung der Gebäudehülle ist eine deutliche Steigerung für den Einsatz erneuerbarer Energien erforderlich. Die am häufigsten umgesetzte Sanierungsmaßnahme besteht auch in Niedersachsen im Austausch der Heizungsanlage (gemeint ist der Wärmeerzeuger / Heizkessel), gefolgt von der Erneuerung der Fenster mit einigem Abstand vor der Dämmung (z. B. der Kellerdecke, Dach, Außenwände). Quelle: „Wie heizt Deutschland 2019?“, Marktforschungsinstitut prolytics im Auftrag des BDEW, 2019 „Wie heizt Niedersachsen?“(2019) – Regionalbericht –; Studie im Auftrag des BDEW, September 2019 „Wie heizt Deutschland 2019 ?“, Marktforschungsinstitut prolytics im Auftrag des BDEW, Oktober 2019 Das bundesweite Umstellpotenzial im Bestand und damit mögliche CO2-Minderungen sind erheblich: Von den derzeit 5,8 Millionen mit Ölheizungen ausgestatteten Wohngebäuden in Deutschland befinden sich 2,2 Millionen in gasversorgten Gebieten. Rund 520.000 weitere Wohngebäude haben die Möglichkeit zum Anschluss an ein Fernwärmenetz. Würde man diese Heizungen umstellen, ließen sich allein durch diese Maßnahmen über 14 Millionen t CO2 einsparen.15 Auch in Niedersachsen ist der Großteil der bestehenden Wohngebäude und Wohnungen noch nicht oder nur teilweise energetisch saniert. Bestandsgebäude verbrauchen dabei für Raumwärme und Warmwasserbereitung das Drei- bis Fünffache dessen, was heute im Neubau technisch möglich ist. In Deutschland kommt Erdgas als am häufigsten genutzter Energieträger beim Heizen jedes zweiten Wohngebäudes zum Einsatz (49,3 Prozent). Es folgen Öl (30,4 Prozent) und Fernwärme (6,6 Prozent) vor Strom (5,7 Prozent) und sonstigen Heizungssystemen (Flüssiggas, Holz / Pellets, Kohle etc.). Auf Wohnungen verteilen sich die Energieträger bundesweit etwas abweichend auf Erdgas (48,2 Prozent), Öl (25,6 Prozent), Fernwärme (13,9 Prozent) und Strom (4,8 Prozent). Die Heizungsanlagen, die die Wohnungen in Deutschland beheizen, sind im Schnitt 17 Jahre alt, fast ein Viertel der Anlagen sind 25 Jahre alt oder älter. In Niedersachsen ist Erdgas traditionell weit verbreitet und der Anteil von Erdgas in Wohngebäuden liegt hier sogar bei 65,3 Prozent. Das durchschnittliche Alter von Heizungsanlagen in Wohngebäuden fällt mit 13,9 Jahren zum Bundesdurchschnitt vergleichsweise jung aus. Ölheizungen kommen in Niedersachsen allerdings auf ein durchschnittliches Alter von 19,8 Jahren.16 In Wohnungen liegt das Alter der Heizungsanlagen in Niedersachsen mit 14,7 Jahren ebenfalls deutlich unter dem Bundesdurchschnitt (vgl. Abbildung 22).17 15 16 17 33 Abbildung 22: Genutzte Heizungssysteme / Heizungsalter in Wohnungen in Bundesländern Basis: Hochgerechnete Anzahl Wohnungen in Deutschland, Angaben in Prozent (nur ausgewählte Heizungssysteme, daher keine Summation auf 100%) Quelle: „Wie heizt Deutschland 2019 ?“; BDEW Studie; Oktober 2019 34 3.7.2 Anteil der erneuerbaren Energieträger Langfristig ist ein deutlich stärkerer Zubau an Wärme aus erneuerbaren Energien erforderlich. Soll die Wärmeversorgung vollständig dekarbonisiert werden, kann künftig nur noch Wärme aus erneuerbaren Energien genutzt werden. Zu den vielversprechenden Energieträgern gehören neben Biomasse, regenerativ erzeugte „grüne“ Gase, Solarthermie und Tiefengeothermie auch Heizsysteme wie elektrische Wärmepumpen – betrieben mit Strom aus erneuerbaren Energien – sowie Gaswärmepumpen – betrieben mit „grünen“ Gasen. Die Solarthermie kann dabei in größeren Einheiten in Nahwärmenetze eingebunden werden. dabei besonders in den Jahren 2010 und 2011. Nach Auskunft des Landesamtes für Statistik Niedersachsen (LSN) gab es in diesen Jahren im Wirtschaftszweig „Herstellung von Papier, Pappe und Waren daraus“ einen hohen Einsatz an biogenen Flüssigbrennstoffen, welcher anschließend wieder deutlich gesunken ist. Für die Prognosejahre 2018 und 2019 wird von einem leichten Anstieg beim Einsatz von erneuerbaren Energien auf 8,5 Prozent ausgegangen (vgl. Abbildung 23). Zurückgeführt wird dieser insbesondere auf einen Anstieg bei der Wärmeerzeugung aus Solarthermie (besonders sonnenreiche Jahre) und Umweltwärme (Wärmepumpen). Im Wärmesektor ist der Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch seit 2008 bis 2017 von 6,2 auf 8,0 Prozent gestiegen. Deutliche Schwankungen zeigen sich Abbildung 23: Anteil der Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien am EEV Wärme Quelle: LSN; *2018 und 2019 Prognose IE Leipzig 35 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018* 2019* in GWh Endenergieverbrauch Wärme 143.945,9 129.823,4 151.151,0 137.082,3 129.823,4 131.620,3 127.163,2 126.760,4 130.218,6 133.931,7 129.451,8 127.777,0 Wärmeerzeugung aus EE 8.937,2 9.298,8 14.505,3 12.592,8 10.482,9 10.529,6 9.268,2 10.052,9 10.868,7 10.676,0 10.671,5 10.813,5 biogene Festbrennstoffe 6.647,3 6.888,0 9.094,4 7.805,2 8.606,2 8.300,5 7.041,9 7.757,9 8.401,4 8.228,3 8.062,9 8.100 biogene flüssige und gasförmige Brennstoffe 1.239,4 1.272,0 4.145,0 3.459,2 452,2 566,1 583,7 719,0 670,1 678,4 680,1 686,9 biogener Anteil des Abfalls 352,9 352,9 398,1 365,5 346,0 535,3 419,3 258,2 452,1 352,6 360,4 368,4 Solarthermie 360,0 440,0 490,0 540,0 560,0 570,0 610,0 650,0 621,0 625,0 706,5 727,7 Geothermie  / Umweltwärme 337,6 345,9 377,7 422,8 518,6 557,7 613,4 667,7 724,1 791,7 861,6 930,5 Tabelle 7: EEV Wärme mit Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien Quelle:LSN; *2018 und 2019 Prognose IE Leipzig Die Entwicklung des Endenergieverbrauchs im Wärmesektor sowie die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern sind in Tabelle 7 dargestellt. Analysen zur Wärmeversorgung von Wohngebäuden zeigen, dass künftig die Wechselbeziehungen mit dem Stromsektor verstärkt zu berücksichtigen sind. Zukunftsweisende Wärmeerzeugungssysteme, die die bisher üblichen Heizkessel als Haupt-Wärmeerzeuger ablösen müssen, können über Bedarf erzeugten elektrischen Strom ins Netz einspeisen. Dabei stellt die Wärmepumpe eine Schlüsseltechnologie zur Kopplung der Sektoren Strom und Wärme dar. Dieser zusätzliche Strombedarf im Wärmesektor muss durch Effizienzmaßnahmen flankiert und reduziert werden. Effizienzmaßnahmen im Gebäudebestand sind eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Dekarbonisierung des Wärmesektors. Die Tendenz, bei einer Heizungsmodernisierung gleichzeitig auch den Energieträger zu wechseln, ist in Deutschland bislang gering ausgeprägt. Wenn eine Umstellung erfolgt, dann wird häufig Öl durch einen leitungsgebundenen Energieträger wie Erdgas oder Fernwärme ersetzt. Für den Fernwärmeanschluss bieten sich Ein- und Zweifamilienhäuser in ländlich geprägten Regionen deutlich weniger an. Für diese Wohngebäude hätte eine mit Strom betriebene Wärmepumpe als neue Heiztech­ nologie mehr Potenzial. Quelle: infas, DLR, IVT und infas 360 (2019): Mobilität in Deutschland (im Auftrag des BMVI) Quelle: infas, DLR, IVT und infas 360 (2019): Mobilität in Deutschland (im Auftrag des BMVI) 20 Motorisierter Individualverkehr 18 19 36 3.8 Verkehrssektor 3.8.1 Bestand im Verkehrssektor Personenbeförderung 2017 wurden in Niedersachsen zur Personenbeförderung gemäß der bundesweiten Befragung „Mobilität in Deutschland (MiD)“, die in unregelmäßigen Abständen im Auftrag des Bundes­ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) erhoben wird, folgende Hauptverkehrsmittel genutzt18: • zu Fuß: 17 Prozent • per Fahrrad: 15 Prozent • als Fahrer / in im motorisierten Individualverkehr: 47 Prozent • als Mitfahrer / in im motorisierten Individualverkehr: 14 Prozent • als Nutzer / in des öffentlichen Verkehrs: 7 Prozent Im Vergleich mit den vorhergehenden Untersuchungen des MiD können u. a. folgende bundesweit gültige Kernaussagen19 getroffen werden: • Die Bedeutung des Fahrrads für die Alltagsmobilität der Menschen hat in den letzten 15 Jahren erheblich zugenommen. • Die Zunahme des Fahrradverkehrs ist vor allem ein urbanes Phänomen. • 66 Prozent der kurzen MIV-Fahrten20 werden jedoch von monomodalen Autofahrern durchgeführt. Sie sind in ihrer gesamten Mobilität auf den Pkw ausgerichtet […] • Aktuell werden Kinder in Deutschland im Rahmen der Verkehrssozialisation stark durch Erfahrungen mit dem Auto geprägt […] Güterverkehrsleistung in Mio. tkm Güterverkehr In Niedersachsen ist die Gesamtgüterverkehrsleistung von 37.279 Millionen tkm21 im Jahr 2005 auf 41.672 Millionen tkm im Jahr 2017 gestiegen (vgl. Abbildung 24). Lediglich aufgrund der Wirtschaftskrise 2008 kam es zu einem kurzzeitigen Rückgang der Verkehrsleistung. Der Anteil der Eisenbahn und Binnenschifffahrt an der Gesamtgüterverkehrsleistung liegt dabei über die Jahre konstant zwischen 19 bis 22 Prozent. Der Anteil des Straßenverkehrs hingegen ist zwischen 2005 bis 2017 um rund 14 Prozent auf 33.296 Millionen tkm im Jahr 2017 gestiegen. 45000 40000 35000 30000 25000 20000 15000 10000 5000 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Güterverkehrsleistung NI gesamt 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Güterverkehrsleistung NI, Anteil Eisenbahn / Binnenschifffahrt Güterverkehrsleistung NI, Anteil Straßenverkehr Abbildung 24: Güterverkehrsleistung nach Verkehrsträger in Niedersachsen Darstellung MU; Datenquelle: LiKi – Länderinitiative Kernindikatoren, Kraftfahrt-Bundesamt, Statistisches Bundesamt Fahrzeugbestand22 Der Pkw-Bestand in Niedersachsen ist von 2009 bis 2019 um rund 17 Prozent auf 4.747.593 Fahrzeuge angestiegen. Die Pkws bildeten 2019 mit 3.027.678 Fahrzeugen (Benzinantrieb) sowie 1.622.774 Fahrzeugen (Dieselantrieb) den mit Abstand größten Anteil. 21 22 Der Lkw-Bestand in Niedersachsen ist von 2018 auf 2019 erneut um rund vier Prozent auf 299.586 Fahrzeuge angestiegen. Der Bestand erhöhte sich damit seit 2009 kontinuierlich. Der Anteil der Fahrzeuge mit Dieselantrieb beträgt 94,7 Prozent, der Anteil von Fahrzeugen mit Benzinantrieb lediglich 3,7 Prozent. Die Transportleistung von Gütern wird in tkm angegeben, d. h. dem Produkt aus der transportierten Masse in Tonnen (t) und der dabei zurückgelegten Wegstrecke in Kilometern (km). Die Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes beziehen sich auf den 1. Januar 2019 37 Kraftstoffverbrauch Die Frage des Kraftstoffverbrauchs steht häufig im Vordergrund, auch wenn letztlich der Energieverbrauch eines Verkehrsträgers bei dessen Nutzung nur einen Teil seiner Klimawirkung ausmacht. Schlussendlich wird es künftig darauf ankommen, den Treibhausgasausstoß über den gesamten Lebens- und Nutzungszyklus eines Verkehrsträgers zu betrachten. Die Frage des Kraftstoffverbrauchs ist jedoch insofern umweltund klimapolitisch relevant, als sie insbesondere auf folgende Faktoren zielt: • Verbrauch natürlicher Ressourcen • Energiebedarf / -verbrauch (Primär- und Sekundärenergie) • Treibhausgasausstoß infolge der Verbrennung fossiler Energieträger • Emissionen von Luftschadstoffen Im Verkehrssektor entfiel der bundesweite Verbrauch an Endenergie gemäß BMVI bisher mit 98,5 Prozent im Jahr 2017 Abbildung 25: Entwicklung der erneuerbaren Energien im Verkehr Darstellung: MU; Datenquelle: Mineralölwirtschaftsverband (MWV), * Prognose IE Leipzig 23 24 38 Quelle: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI); Verkehr in Zahlen 2018 / 2019 Quelle: Mineralölwirtschaftsverband (MWV) größtenteils auf Kraftstoffe. Der Verbrauch verteilte sich – bezogen auf den Energiegehalt – zu 26,2 Prozent auf Benzin, 53,4 Prozent auf Diesel, 15,7 Prozent auf Flugkraftstoffe, vier Prozent auf Biokraftstoffe sowie 0,7 Prozent auf Flüssigund Erdgas. Nur ein geringer Teil des Verbrauchs von 1,5 Prozent entfiel auf Strom. Der Verbrauch von Kerosin ist in den letzten Jahren aufgrund des ebenfalls zunehmenden Verkehrsaufkommens deutlich gestiegen.23 Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrssektor In Niedersachsen ist der Einsatz von erneuerbaren Energien im Zeitraum von 2008 bis 2017 – gemessen am Endenergieverbrauch des gesamten Verkehrs – von 5,9 Prozent auf 4,7 Prozent gesunken. 2019 betrug er wieder 5,2 Prozent. In Abbildung 25 ist der Anteil der erneuerbaren Energieträger im Verkehr dargestellt. Während die Verbräuche von Diesel und Benzin zum Jahr 2018 gegenüber 2017 bundesweit gesunken sind, ist der Einsatz an biogenen Treibstoffen angestiegen.24 3.8.2 Alternative Antriebe Anzahl Pkw Mit rund zwei Prozent – das entspricht 96.296 Fahrzeugen – nahmen Fahrzeuge mit alternativen Antrieben (Flüssiggas, Erdgas und Elektroantrieb) 2019 bisher nur einen geringen Anteil in Niedersachsen ein. Die Entwicklung dieses Bestands zwischen 2009 und 2019 ist in Abbildung 26 dargestellt. Bei Flüssiggas (LPG) ist seit 2014 ein stetiger Rückgang zu verzeichnen. Mit 49.281 Fahrzeugen lag der Bestand 2019 nur noch leicht über dem Niveau von 2009. Demgegenüber ist die Anzahl der Pkw mit Elektroantrieb von 139 im Jahr 2009 auf 6.958 im Jahr 2019 angestiegen. Die Anzahl der Pkw mit Hybridantrieb stieg im gleichen Zeitraum von 1.683 auf 26.744. Lediglich CNG angetriebene Fahrzeuge bewegen sich seit 2009 auf fast gleichbleibendem Niveau, 2019 wurde hier ein Bestand von 13.313 Fahrzeugen erreicht.25 Lkw mit alternativen Antrieben haben in Niedersachsen 2019 mit circa 1,5 Prozent und 4.415 Fahrzeugen am Bestand derzeit ebenfalls noch einen sehr geringen Anteil. Innerhalb dieser Gruppe dominieren nach wie vor Antriebe mit Erdund Flüssig­gas mit 1.956 bzw. 1.655 Fahrzeugen. Der Anteil erdgas­betriebener Lkw ist allerdings seit 2016 rückläufig. Im Vergleich zum Vorjahr ist dieser um etwa 6,7 Prozent zurückgegangen. Zugleich ist die Anzahl von Elektroantrieben bei Lkw auf 787 Fahrzeuge gestiegen. Beim Bestand der Fahrzeuge mit Hybridantrieb ist weiterhin im Jahr 2019 keine erhebliche Bestandsänderung absehbar. In Niedersachsen sind seit 2009 erst 17 Fahrzeuge gemeldet worden. 80.000 70.000 60.000 50.000 40.000 30.000 20.000 10.000 0 2009 2010 2011 2012 Flüssiggas (LPG) (einschl. bivalent) 2013 2014 2015 2016 Erdgas (CNG) (einschl. bivalent) 2017 2018 Elektroantrieb 2019 Hybrid Abbildung 26: Bestand Pkw mit alternativen Antrieben in Niedersachsen Darstellung MU; Datenquelle: KBA – Kraftfahrt-Bundesamt E-Ladepunkte Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für batterieelektrische Fahrzeuge ist einer der zentralen Erfolgsfaktoren für die Etablierung der Elektromobilität. Eine flächendeckende, bedarfsgerechte Ladeinfrastruktur ist Grundlage für das Vertrauen der Nutzer in die Elektromobilität. So werden Reichweitenängste abgebaut und Ladevorgänge für eine schnelle Weiterfahrt verkürzt. 25 Zwei wesentliche Bedürfnisse der Nutzer sind zu befriedigen: • die Normalladung mit Wechselstrom für regelmäßige, planbare Ladevorgänge bspw. Zuhause oder am Arbeitsplatz sowie • die Schnellladung mit Hilfe von Gleichstrom, die bei längeren Strecken die schnelle Weiterfahrt ermöglicht. Die Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes beziehen sich jeweils auf den 1. Januar eines Jahres 39 Wasserstoffmobilität Die Bedeutung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie wird künftig weiter wachsen, da eine nachhaltige und emissionsarme Energieversorgung langfristig die Abkehr von fossilen Brennstoffen erfordert. Brennstoffzellen-Mobilität ermöglicht die Nutzung mittels erneuerbarem Strom erzeugten Wasserstoffs im Verkehrssektor. Die ersten 100 Stationen für Pkw werden unter anderem durch das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie bzw. durch die Europäische Kommission im Fuel Cells and Hydrogen Joint Undertaking gefördert. Dieses Ziel soll bis Anfang 2020 erreicht sein (vgl. Abbildung 27). Mit dem erwarteten Hochlauf der Fahrzeugzahlen folgen dann noch weitere 300 Wasserstofftankstellen in den nächsten Jahren. In Niedersachsen sind derzeit Wasserstofftankstellen für Pkw in Wolfsburg, Stuhr-Großmackenstedt, Laatzen, Hannover und in Hasbergen in Betrieb. Weitere Wasserstoff-Tankstellen in Oldenburg und Braunschweig sind in Planung. Demgegenüber stehen entsprechenden Infrastrukturen für andere Verkehrsträger (Busse, Züge und (Schwerlast)-Güter­ verkehr) noch ganz am Anfang in Deutschland. Darüber hinaus hat im September 2018 weltweit der erste regelmäßig nach Fahrplan verkehrende Wasserstoffzug seinen Betrieb in Niedersachsen aufgenommen. Versorgt wird der Zug mit Brennstoffzellenantrieb dafür allerdings derzeit noch mit mobilen Wasserstoff-Tankstellen. Die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen hat inzwischen entschieden, die Entwicklung und den Einsatz von Wasserstoffzügen auszubauen. Abbildung 27: Wasserstofftankstellen für Pkw in Deutschland Quelle: NOW GmbH, Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie 40 4 Infrastruktur, Netzausbau und Netzregulierung 4.1 Stromnetz Zur Gewährleistung einer stabilen und sicheren Stromversorgung ist ein modernes, leistungsfähiges und sicheres Stromversorgungssystem mit einem gut ausgebauten Stromnetz erforderlich. Das Stromnetz umfasst die Übertragungsnetze (Höchstspannung) sowie die Verteilnetze mit den Netzebenen der Hoch-, Mittel- und Niederspannung. Übertragungsnetz Das Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragungs-Netz (HDÜNetz) mit einer Spannung von 220-kV oder 380-kV ist ein Verbundnetz zum Stromtransport über große Entfernungen und dient der überregionalen Verbindung von Erzeugungs- und Lastschwerpunkten. Im HDÜ-Netz bestehen Möglichkeiten, Strom entlang der Strecke in die Verteilnetze einzuspeisen sowie große Kraftwerke und Verbraucher anzuschließen. Die HDÜ-Netze müssen daher auch im zunehmenden Maße überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien aus den unterlagerten Verteilnetzen, der lokal nicht verbraucht werden kann, zum Transport in die Verbraucherschwerpunkte aufnehmen. Das deutsche Höchstspannungsnetz ist an das europäische Verbundnetz mit grenzüberschreitenden Verbindungsleitungen angeschlossen. Neben dem HDÜ-Netz sind Höchstspannungs-GleichstromÜbertragungs-Verbindungen (HGÜ-Verbindungen) zur verlustarmen Stromübertragung über große Strecken geplant. Im Gegensatz zum HDÜ-Netz werden aus technischen Gründen HGÜ-Verbindungen derzeit nur als abzweigfreie Punkt-zuPunkt-Verbindungen geplant und errichtet. Die vier Übertragungsnetzbetreiber (TenneT, Amprion, 50Hertz und TransnetBW) sind verantwortlich für die Instandhaltung, Optimierung und Verstärkung sowie den bedarfsgerechten Ausbau der Übertragungsnetze. Für das Netzgebiet in Niedersachsen ist im wesentlichen TenneT und für den südwestlichen Teil Niedersachsens Amprion zuständig. Verteilnetz Die Verteilnetze sorgen für den Stromtransport direkt zum Endverbraucher. Gleichzeitig dienen Verteilnetze zur Aufnahme von Strom aus dezentralen Erzeugungsanlagen, wie z. B. Kraft-Wärme-Kopplungs-, Wind-Onshore, PV- und Biogasanlagen. In Regionen mit einer hohen Ausbau- und Zubaurate von erneuerbaren Energien nehmen auch die Anforderungen an die Verteilnetze zu. Bei einem ansteigenden Ausbaugrad von erneuerbaren Energien sind daher Netzoptimierungs- und Netzausbaumaßnahmen im Verteilnetz von zentraler Bedeutung. Neben dem Netzausbau können durch den Einsatz von neuen Informations- und Kommunikationstechnologien vorhandene Netzkapazitäten effektiver genutzt werden. In einem „intelligenten Verteilnetz“ (Smart Grid) kann mit moderner Regelungstechnik ein wichtiger Beitrag zur optimalen Nutzung der vorhandenen Netzkapazitäten geleistet werden. Darüber hinaus sind regelbare Ortsnetztransformatoren in der Lage, einen Beitrag zur Netzverstärkung zu leisten und damit den prognostizierten klassischen Verteilnetzausbaubedarf zu verringern. Die Verteilnetzbetreiber sorgen für die Instandhaltung, Optimierung und Verstärkung sowie bedarfsgerechten Ausbau der Verteilnetze. Digitalisierung der Stromnetze Das Einspeisen und Weiterleiten von Strom aus volatilen und dezentral errichteten erneuerbaren Energiequellen wie Windkraftanlagen an der Küste, Photovoltaikanlagen auf Hausdächern oder Biogasanlagen in der Landwirtschaft sowie neue flexible Verbrauchseinrichtungen in den Verteilnetzen erfordern ein modernes, leistungsfähiges und sicheres Stromversorgungssystem. Insbesondere flexible Lasten werden im Energieversorgungssystem zukünftig deutlich an Bedeutung gewinnen. Neue Verbrauchseinrichtungen wie Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen oder Energiespeicher kommen in immer mehr Haushalten zum Einsatz und müssen in das Stromsystem integriert werden. Dazu ist ein netzebenen-übergreifendes, intelligentes Netzmanagement zur flexiblen Steuerung von Erzeugungsanlagen und Verbrauchseinrichtungen erforderlich. Die „Smart Grids“ sollen einen wesentlichen Beitrag leisten, die Netzinfrastruktur effektiver zu nutzen und damit den zusätzlichen Netzausbaubedarf im Verteilnetz zu reduzieren. Ein wesentlicher Baustein für die Digitalisierung der Energieversorgung bilden intelligente Messsysteme – sogenannte „Smart Meter“ – bestehend aus einer modernen Messeinrichtung (digitaler Zähler) und einer Kommunikationseinheit, dem sogenannten „Smart Meter Gateway“ (SMGW). Die grundlegenden gesetzlichen Voraussetzungen für den Einsatz von modernen Messeinrichtungen wurden im Jahr 2016 mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende geschaffen. 41 Das Gesetz regelt unter anderem den Einbau von intelligenten Messsystemen bei allen Verbrauchsgruppen mit mehr als 6.000 kWh pro Jahr. Der „Smart Meter Rollout“ soll für Messstellen mit einem Stromverbrauch von mehr als 10.000 kWh pro Jahr beginnen. Entscheidend für den Start des „Rollouts“ ist, dass dieser mit einer Technik erfolgen soll, die sowohl den Anforderungen der Energiewende als auch denen an die IT-Sicherheit nach einem vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gesetzten Standard genügt. Das in dem Gesetz vorgesehene Verfahren soll einen hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandard für die neue Technik sicherstellen, sowie Wettbewerb zwischen den Herstellern gewährleisten. Demnach darf die flächendeckende Einführung erst dann beginnen, wenn mindestens drei Hersteller das Zertifizierungsverfahren erfolgreich abgeschlossen haben. Am 19.12.2019 erfolgte die dritte Zertifizierung eines „Smart-Meter-Gateways“. Die für die Einführung der „Smart Meter“ noch erforderliche sogenannte Markterklärung, d. h. die technische Möglichkeit zum Einbau intelligenter Messsysteme nach § 30 Messstellenbetriebsgesetz, wurde vom BSI am 31.01.2020 festgestellt. Damit wurde der Rollout intelligenter Messsysteme gestartet. In Niedersachsen gibt es das Programm SINTEG („Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“) mit dem vom Bund geförderten Projekt „enera“. Dieses umfangreiche Modellvorhaben konzentriert sich auf die Frage, wie das Stromsystem flexibler werden kann. Hier soll außerdem die praktische Anwendung von „Smart Metern“ mit besonderem Fokus auf eine digitalen Verknüpfung von Netz, Markt und Daten erprobt werden. 4.2 Gasnetz Das deutsche Erdgastransportnetz besteht aus dem Fernleitungsnetz mit einer Länge von rund 38.500 km26 und dem Verteilnetz mit einer Länge von rund 512.000 km27. Die Fernleitungs- und Verteilnetzgesellschaften betreiben die Gasleitungen auf verschiedenen Druckstufen, unterteilt in Hoch-, Mittel- und Niederdruck. In Deutschland werden zwei verschiedene Erdgassorten genutzt, die sich im Brennwert unterscheiden und in getrennten Netzen transportiert werden. Dabei handelt es sich um sog. niederkalorisches L-Gas (low calorific gas) sowie hochkalorischen H-Gas (high calorific gas). Die heutige Gasinfrastruktur eignet sich auch zum Transport und zur Speicherung von Biogas, elektrolytisch-synthetisch erzeugtem 26 27 42 Daten aus Monitoringbericht 2019 der BNetzA; Stand 31.12.2018 Daten aus Monitoringbericht 2019 der BNetzA; Stand 31.12.2018 Methan sowie in begrenztem Umfang von elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff. Fernleitungsnetz Den 16 großen überregionalen Fernleitungsnetzbetreibern (FNB) gehören die grenzüberschreitenden Hochdruckleitungen. Über Gastransportleitungen wird das Erdgas mit hohem Druck von bis zu 100 bar über weite Strecken in die einzelnen Versorgungsgebiete transportiert. Gasverdichterstationen sorgen dafür, dass der Druck über diese weiten Entfernungen stabil gehalten wird. Verteilnetz Über das Verteilnetz wird das Erdgas an die Verbraucher, wie z. B. private Haushalte, Gewerbe- oder Industriebetriebe, weitergeleitet. Marktraumumstellung Seit 2015 findet die sogenannte Marktraumumstellung von L-Gas auf H-Gas statt. Umstellung bedeutet in diesem Zusammenhang ein Wechsel des transportierten Erdgases in einem Netzgebiet (oder auch Marktraum) von Erdgas der Gruppe L auf Erdgas der Gruppe H. Der Grund für dieses großflächige und umfassende Infrastrukturvorhaben sind die stark rückläufigen Produktionsmengen von L-Gas, das über Pipelines vornehmlich aus den Niederlanden importiert, aber auch in Niedersachsen gefördert wird. Aufgrund seines geringeren Methangehalts von 80 bis 87 Prozent hat L-Gas einen geringeren Brennwert im Gegensatz zum hochkalorischen H-Gas aus Norwegen und Russland mit einem Methangehalt von bis zu 98 Prozent. Durch die Marktraumumstellung soll die Qualität und Sicherheit der Gasversorgung auch in Zukunft gewährleistet bleiben. Betroffen von der Umstellung sind Gebiete von Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Bis spätestens 2030 müssen die betroffenen Netzgebiete schrittweise von L-Gas auf H-Gas umgestellt werden. Dafür ist es notwendig, auch die Gasverbrauchsgeräte in allen betroffenen Haushalten und im Gewerbe- und Industriesektor nach und nach umzustellen bzw. anzupassen, um die Versorgung mit Erdgas auch in den bisher mit L-Gas versorgten Gebieten sicherzustellen. An den Gasgeräten werden beispielsweise Brennerdüsen ausgetauscht und eine neue Einstellung vorgenommen. Die Arbeiten werden von spezialisierten Monteuren, die vom Netzbetreiber beauftragt werden, durchgeführt und sind in der Regel nicht zeitaufwändig. Von der Umrüstung betroffen sind deutschlandweit mehr als vier Millionen Haushalte, Gewerbe- und Industriebetriebe. Seit einer Änderung des EnWG zum 1. Januar 2017 werden die bei den Netzbetreibern entstehenden Kosten der Marktraumumstellung bundesweit gewälzt. Die Kosten der gesamten Marktraumumstellung werden so über die Marktraumumlage solidarisiert. 2018 lag die bundesweite Umlage bei 0,2587 Euro pro Kilowattstunde pro Stunde pro Jahr (Euro/kWh/h/a). Aufgrund der wachsenden Anzahl an Umstellungsbereichen stieg die Umlage für das Jahr 2019 auf 0,3181 Euro / kWh / h / a. Im Jahr 2020 steigt die Umlage auf 0,5790 Euro / kWh / h / a.28 einigen Regionen Niedersachsens phasenweise mehr Strom in Anlagen mit erneuerbaren Energien erzeugt, als vor Ort verbraucht werden kann. Der Netzausbau ist somit unverzichtbar für das Gelingen der Energiewende. Im Vordergrund stehen die Verstärkung und Erweiterung des bestehenden Verbundnetzes durch den Ausbau der 380-kV-Höchstspannungsleitungen in der sogenannten Höchstspannungs-Drehstrom-Übertragungstechnik (HDÜ), ergänzt durch punktuelle Nord-Süd-Gleichstromleitungen in der HöchstspannungsGleichstrom-Übertragungstechnik (HGÜ). Hinzu kommt die Errichtung der erforderlichen Anbindungsleitungen von Offshore-Windparks. Netzbetreiber in der Zuständigkeit der Regulierungskammer Niedersachsen übermitteln jährlich bis zum 31. August ihre Kostendaten für die Marktraumumstellung zur Prüfung der Regulierungskammer Niedersachsen. 4.3 Netzausbau Strompreisentwicklung Der Ausbau der Stromübertragungs- und Stromverteilnetze ist eine notwendige Voraussetzung, um Strom aus erneuerbaren Energien zu integrieren und aus den windstarken Regionen im Norden in die verbrauchsstarken Regionen im Süden und Westen Deutschlands zu transportieren. Bereits heute wird in EnLAG-Projekte in Niedersachsen Der Bundesgesetzgeber hat bereits im Jahr 2009 auf diese Notwendigkeiten reagiert und das Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen (EnLAG) verabschiedet. Das EnLAG benennt bundesweit 22 Netzausbauprojekte im sogenannten Startnetz. Davon liegen sechs Projekte in Niedersachsen (vgl. Tabelle 8 und Abbildung 28). Bei vier der sechs Netzausbauprojekte in Niedersachsen hat der Gesetzgeber im Rahmen von Pilotvorhaben den Einsatz von Erdkabeln auf Teilabschnitten zugelassen. Der Einsatz von Teilerdverkabelungsoptionen im Drehstromnetz soll dazu beitragen, die Akzeptanz zu verbessern und damit die Verfahrensabläufe der Projekte zu beschleunigen. Nr. des EnLAGVorhabens Projektbezeichnung Baubschnitte Nr. 1 Dollern–Hamburg BA Dollern–Hasseldorf  /  Elbekreuzung TenneT TSO 15 in Betrieb Nr.2 Ganderkesee–Wehrendorf BA Wehrendorf–St. Hülfe Amprion 34 2021 TenneT TSO 61 2023 Nr. 5 Diele (Dörpen  /  West)–Niederrhein** BA Pkt. Haddorfer See–Pkt. Meppen Amprion 57 2023 BA Pkt. Meppen–Dörpen / West TenneT TSO 31 2020 A. BA Wahle–Lamspringe TenneT TSO 60 2022 B. BA Lamspringe–Hardegsen TenneT TSO 50 2022 C. BA Hardegsen–Landesgrenze NI / HE TenneT TSO 50 2024 1. BA Wehrendorf–Lüstringen Amprion 21 2026 2. BA Lüstringen–Landesgrenze NW / NI Amprion 21 2026 BA Lüstringen–Pkt. Gaste Amprion 14 in Betrieb Nr. 6 Nr. 16 Wehrendorf–Gütersloh** Nr. 18 Lüstringen–Westerkappeln Tabelle 8: 28 Wahle–Mecklar ** Geplante Zuständiger Geplante InbetriebnahmeÜNB km termine* BA St. Hülfe–Ganderkesee ** EnLAG-Projekte in Niedersachsen (Stand November 2019) * Angaben der Übertragungsnetzbetreiber als Vorhabenträger ** Netzausbauprojekte, bei denen Teilerdverkabelung zur Konfliktlösung und Erhöhung der Akzeptanz eingesetzt werden kann. Daten aus Monitoringbericht 2019 der BNetzA; Stand 13.01.2020 43 Abbildung 28: Stand der Ausbauvorhaben aus EnLAG nach dem zweiten Quartal 2019 Quelle: BNetzA EnLAG Monitoring (Stand 30.06.2019) – Ausschnitt Niedersachsen 44 Bundestag in einem Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) festgeschrieben werden. BBPlG-Projekte in Niedersachsen Der im Jahr 2011 von der Bundesregierung beschlossene Ausstieg aus der Kernenergie und der verstärkte Ausbau der erneuerbaren Energien haben neben den Projekten im EnLAG weiteren Netzausbaubedarf ausgelöst. Der Bundesgesetzgeber hat daher weitere Instrumente zur Netzplanung und zur Genehmigung neuer Projekte beschlossen. Von den im BBPIG aufgeführten Netzausbauprojekten liegen zehn in Niedersachsen (vgl. Tabelle 9 und Abbildung 29). Vier dieser Projekte überschreiten die niedersächsischen Grenzen. Damit fallen die Bundesfachplanung (raumordnerische Prüfung und die Umweltverträglichkeitsprüfung) sowie die anschließende Planfeststellung in die Zuständigkeit der BNetzA. Zu den Ländergrenzen überschreitenden Netzausbauprojekten zählen auch die HGÜ-Projekte SuedLink und A-Nord (BBPIG Nr.: 1, 3, 4). Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verpflichtet die vier Übertragungsnetzbetreiber (50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW), alle zwei Jahre einen gemeinsamen nationalen Netzentwicklungsplan Strom (NEP) zu erstellen, welcher der BNetzA zur Prüfung und Bestätigung vorzulegen ist. Gleichstromübertragungssysteme sind dazu vorgesehen, Strom verlustarm über Entfernungen von mehreren hundert Kilometern zu übertragen. Im Gegensatz zu Höchstspannungsleitungen in Drehstromtechnik (HDÜ) ist entlang der gesamten Trasse kein Ein- oder Ausspeisen von Strom möglich. Die Basis des NEP ist der von der BNetzA genehmigte Szenariorahmen. Der Szenariorahmen beschreibt die Bandbreite der wahrscheinlichen Entwicklung von installierten Kapazitäten erneuerbarer Energien und konventioneller Kraftwerke sowie die Entwicklung des Stromverbrauchs in den nächsten 10 bis 15 bzw. 15 bis 20 Jahren. Für die HGÜ-Vorhaben hat der Gesetzgeber 2016 festgelegt, dass die Leitungsvorhaben vorrangig als Erdkabel realisiert werden sollen. Die anderen niedersächsischen Netzausbauvorhaben aus dem BBPIG sind als 380-kV-Höchstspannungsleitungen in Freileitungsbauweise im bestehenden Verbundnetz geplant, wobei Teilerdverkabelungsoptionen bei vier Netzausbauprojekten (BBPIG Nr. 6, 7, 31, 34) gesetzlich zugelassen sind. Sind die Pläne von der BNetzA bestätigt, so werden sie an die Bundesregierung übermittelt, wo sie als Entwurf eines Bundesbedarfsplans dienen. Die Bundesregierung ist verpflichtet, dem Bundesgesetzgeber mindestens alle vier Jahre einen solchen Entwurf zur Abstimmung vorzulegen. Der Entwurf kann vom Nr. des BBPIGVorhabens Projekte /  Bauabschnitte Nr. 1 Emden / Ost–Osterath (A-Nord)** Zuständiger ÜNB Geplante km Geplante Inbetriebnahmetermine* Amprion ca. 320 2025 Nr. 3 Brunsbüttel–Großgartach (SuedLink) TenneT TSO ca. 700 Nr. 4 Wilster–Grafenrheinfeld (SuedLink)** TenneT TSO ca. 700 Conneforde–Cloppenburg / Ost TenneT TSO Nr. 6 Cloppenburg / Ost–Übergangspunkt TenneT TSO Nr. 7 Übergangspunkt–Merzen Amprion Stade–Dollern TenneT TSO Dollern–Sottrum TenneT TSO Sottrum–Wechold TenneT TSO Wechold–Landesbergen Nr. 10 Nr. 31 ** 2026 115 Wolmirstedt–Helmstedt–Wahle Wilhelmshaven–Conneforde 2026 2026 10 2021 2026 135 TenneT TSO ** 2026 2026 2026 50 Hertz  / TenneT TSO 111 2025 TenneT TSO 30 2020 Nr. 34 Emden / Ost–Conneforde TenneT TSO 60 2023 Nr. 37 Emden / Ost–Raum Halbemond TenneT TSO 30 2030 Nr. 38 Dollern–Elsfleth / West TenneT TSO 100 2030 Tabelle 9: BBPlG- Projekte in Niedersachsen (Stand November 2018) * Angaben der Übertragungsnetzbetreiber als Vorhabenträger ** Ländergrenzen überschreitende Netzausbauprojekte in Genehmigungsverantwortung der BNetzA 45 Abbildung 29: Stand der Ausbauvorhaben aus BBPIG nach dem zweiten Quartal 2019 Quelle: BNetzA BBPlG-Monitoring (Stand 30.06.2019), Ausschnitt Niedersachsen 46 Übertragungsnetzbetreiber zuständig. Künftig wird für die weitere Offshore-Entwicklung regelmäßig ein Flächenentwicklungsplan erstellt. Offshore Netzanbindungen in Niedersachsen Zusätzlich zu den Vorhaben des BBPlG und des EnLAG sind zur Einspeisung der Offshore-Windenergie in das Übertragungsnetz auf dem Festland Netzanbindungsleitungen erforderlich (vgl. Tabellen 10 bis 12). Der Ausbaubedarf und die darauf ab­gestimmte Ausbauplanung des Offshore-Netzes, der Netzanbindungsleitungen sowie der see- und landseitig eingesetzten Konverter sind bisher im Offshore-Netzentwicklungsplan (O-NEP) enthalten. Für die Erstellung des O-NEP sind die vier Niedersachsen setzt sich dafür ein, die landesseitig notwendigen Voraussetzungen bezüglich der Netzverknüpfungspunkte und des Netzausbaus zu schaffen, damit die Offshore-Windenergie in das Übertragungsnetz eingespeist werden kann. Projekt-Nr. Projektbezeichnung Netzverknüpfungspunkt Leistung* (MW) Technik** Kabellänge See / Land Inbetriebnahmetermin NOR-2-1 alpha ventus Hagermarsch 62 AC 60 km /  6 km 2009 NOR-6-1 BorWin 1 Diele 400 DC 125 km /  75 km 2010 NOR-0-1 Riffgat Emden Borßum 113 AC 50 km /  30 km 2014 NOR-2-2 DolWin 1 Dörpen West 800 DC 75 km /  90 km 2015 NOR-6-2 BorWin 2 Diele 800 DC 125 km /  75 km 2015 NOR-3-1 DolWin 2 Dörpen West 916 DC 45 km /  90 km 2016 NOR-0-2 Nordergründe Inhausen 111 AC 28 km /  4 km 2017 NOR-2-3 DolWin 3 Dörpen West 900 DC 80 km /  80 km 2018 NOR-8-1 BorWin 3 Emden Ost 900 DC 130 km /  30 km 2019 Kabellänge See / Land Inbetriebnahmetermin 45 km /  45 km 2023 Kabellänge See / Land Inbetriebnahmetermin Tabelle 10: Netzanbindungsleitung Offshore in Betrieb* Darstellung MU; Datenquelle: BNetzA (Stand Oktober 2019) Projekt-Nr. Projektbezeichnung Netzverknüpfungspunkt NOR-3-3 DolWIn6 Emden Ost Leistung* Technik** (MW) 900 DC Tabelle 11: Netzanbindungsleitung Offshore in Bauvorbereitung oder im Bau Darstellung MU; Datenquelle: BNetzA (Stand Oktober 2019) Leistung* Technik** (MW) Projekt-Nr. Projektbezeichnung Netzverknüpfungspunkt NOR-1-1 DolWin 5 Emden Ost 900 DC 100 km /  30 km 2024 NOR-7-1 BorWin 5 Cloppenburg 900 DC 125 km/  125 km 2025 NOR-3-2 DolWin 4 Hanekenfähr k. A. k. A. k. A. 2028 NOR-6-3 BorWin 4 Hanekenfähr k. A. k. A. k. A. 2029 NOR-9-1 BalWin 1 k. A. k. A. k. A. 2030 Wilhelmshaven 2 (oder Unterweser) Tabelle 12: Netzanbindungsleitung Offshore in Planung Darstellung MU; Datenquelle: BNetzA (Stand Oktober 2019) * Übertragungsleistung ** Übertragungstechnik 47 4.4 Engpassmanagement Aufgrund der räumlichen Veränderungen von Stromeinspeise- Die Abregelungen von EE-Anlagen sind in den letzten Jahren und Stromverbrauchsstruktur müssen immer häufiger Maßnah- vorrangig in nord- und ostdeutschen Bundesländern (Schleswig- men zur Vermeidung von Netzengpässen durchgeführt werden. Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Um Engpässe zu vermeiden, greifen die Übertragungsnetzbetrei- und Sachsen-Anhalt) angefallen, wobei die Summe der Abregelun- ber in den Betrieb von Stromerzeugungsanlagen ein. Das heißt, gen in den vergangenen Jahren in Schleswig-Holstein am höchsten dass in der Region vor dem Engpass die Erzeugungsleistung war (vgl. Tabelle 15). abgeregelt wird und die Stromerzeugung hinter dem Engpass entsprechend hochgefahren wird. Die oben gezeigten Tabellen zeigen die bundesweite Entwicklung der Engpassmanagementmaßnahmen in den vergangenen Jahren im Bereich Redispatch (vgl. Tabelle 13) und Einspeisemanagement (vgl. Tabelle 14). 2014 2015 2016 2017 2018 Volumen [GWh] (inkl. Salidierungsgeschäfte) 5197 15436 11475 18456 14875 Kosten [Millionen €] 185,4 411,9 222,6 396,5 185,4 Tabelle 13: Entwicklung der Eingriffe in den Betrieb konventioneller Kraftwerke (Redispatch); Darstellung MU, Datenquelle: BNetzA; Stand 01.08.2019 2014 2015 2016 2017 2018 Umfang der Abregelungen [GWh] 1581 4722 3743 5518 5403 Geschätzte Entschädigungszahlungen [Millionen €] 82,7 478 373 610 635,4 Tabelle 14: Entwicklung der abgeregelten Strommenge aus Erneuerbaren (Einspeisemanagement) Darstellung MU, Datenquelle: BNetzA; Stand 01.08.2019 Schleswig-Holstein 2016 geschätzte Ausfallarbeit Entschädigungs[GWh] ansprüche [Mio €] 2706,11 273,01 2018 Ausfallgeschätzte arbeit Entschädigungs[GWh] ansprüche [Mio €] 2860,23 294,44 Niedersachsen 182,27 17,94 1.098,14 156,93 1518,81 249,71 Brandenburg 335,95 34,30 423,28 40,13 355,64 34,48 Nordrhein-Westfalen 13,62 1,29 142,45 9,33 228,1 17,02 Sachsen-Anhalt 148,19 13,29 288,84 23,78 216,83 18,36 Mecklenburg-Vorpommern 317,57 29,60 238,95 22,14 156,63 14,66 13,43 1,31 32,52 3,11 30,69 2,99 Thüringen Hamburg Baden-Württemberg Rheinland-Pfalz 0 0 6,45 0,65 16,19 1,63 3,24 0,31 4,45 0,38 6,45 0,51 0,62 18,74 1,32 14,2 1,37 6,43 Bayern 3,31 0,29 3,95 0,59 5,41 0,9 Sachsen 0,74 0,08 3,38 0,31 1,05 0,09 Hessen 0 0 0,01 0,0007 0,32 0,0009 Berlin 0 0 0 0 0 0 Bremen 0 0 0 0 0 0 Saarland 0 0 0 0 0 0 Tabelle 15: Abregelung von erneuerbaren Energieträgern in Deutschland; Darstellung MU, Datenquelle: BNetzA; Stand 01.08.2019 48 2017 Ausfallgeschätzte arbeit Entschädigungs[GWh] ansprüche [Mio €] 3.258,34 351,25 4.5 Netzregulierung Seit dem 1. Januar 2014 nimmt Niedersachsen die im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) den Ländern zugewiesene Aufgabe der Regulierung von Elektrizitäts- und Gasverteilernetzen mit weniger als 100.000 angeschlossenen Kunden – sofern das Netz nur in Niedersachsen belegen ist – selbst wahr. Im Oktober 2013 wurden die in § 54 EnWG definierten Aufgaben durch Landesgesetz der Regulierungskammer Niedersachsen als Landesregulierungsbehörde übertragen. Die Regulierungskammer Niedersachsen ist für 59 Gas- und 57 Stromverteilnetzbetreiber zuständig (Stand Von den Aufgaben nach § 54 EnWG sind folgende beispielhaft hervorzuheben: • Verfahren zur Festlegung der Erlösobergrenzen für die in ihre Zuständigkeit fallenden Gas- und Stromverteilernetzbetreiber • Prüfung und Genehmigung von Anträgen auf Kapitalkostenaufschlag • Prüfung der angemeldeten Kosten für die Umstellung von L-Gas auf H-Gas, der sogenannten Marktraumumstellung 30.06.2019). Sie fasst ihre Entscheidungen in der Besetzung mit der oder dem Vorsitzenden und zwei Beisitzenden mit Mehrheit. Aufgrund europarechtlicher Vorgaben handelt die Regulierungskammer Niedersachsen unabhängig vom ministeriellen Weisungsstrang und hat sich nach Ermächtigung durch das Landesgesetz eine Geschäftsordnung gegeben. Organisatorisch ist die Regulierungskammer Niedersachsen als Landesregulierungsbehörde in die Zu den Aufgaben der Regulierungskammer Niedersachsen gehört auch eine effektive Missbrauchsaufsicht. Sie muss die Einhaltung aller regulierungsrechtlichen Vorgaben durch die im Bereich ihrer Zuständigkeit liegenden Unternehmen sicherstellen. Dies erfolgt sowohl im Zuge der täglichen Arbeit als auch auf besondere Hinweise und Anhaltspunkte im konkreten Einzelfall. Energieabteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz eingegliedert. Dies ermöglicht auch die Nutzung der Kompetenzen, z. B im Rahmen der Beteiligung an bundespolitischen Projekten. Die Transparenz ihrer Arbeit hat die Regulierungskammer Niedersachsen durch einen eigenen Internetauftritt sichergestellt: www.regulierung.niedersachsen.de 4.6 Versorgungssicherheit und Energiespeicher Eine kontinuierliche Gewährleistung der Versorgungssicherheit ist von zentraler Bedeutung sowohl für die Menschen als auch für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen. Versorgungssicherheit ist auch unerlässlich bei der konsequenten Transformation des Energiesystems auf erneuerbare Energieträger und dem gleichzeitigen Ausstieg aus der Kernenergie und Kohle. Gesetzliche Rahmenbedingungen für die Versorgungssicherheit setzen neben dem nationalen Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) auch Verordnungen der EU-Kommission, wie beispielsweise die Verordnung über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung (sogenannte „SOS-Verordnung“) oder die Verordnung über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) ist gesetzlich verpflichtet, alle zwei Jahre ein fortlaufendes Monitoring der Versorgungssicherheit im Bereich der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität, d. h. einer angemessenen Deckung des Strombedarfs, durchzuführen. Die Ergebnisse werden in einem Bericht29 veröffentlicht. 29 30 Die BNetzA veröffentlicht jährlich einen Wert für die durchschnittliche Versorgungsunterbrechungsdauer je angeschlossenem Letztverbraucher in Deutschland, den sogenannten SAIDI-Index („System Average Interruption Duration Index“). Dieser wird aus den Berichten der Netzbetreiber über die in ihrem Netz aufgetretenen Versorgungsunterbrechungen ermittelt. Im Stromsektor lag dieser Wert 2018 bei 13,91 Minuten pro Jahr. Die Erhebung der BNetzA betrug im Jahr 2018 für die durchschnittliche Unterbrechung von Letztverbrauchern mit Gas in Deutschland 0,48 Minuten. Die Versorgungsqualität in Deutschland bleibt somit weiter auf konstant hohem Niveau.30 Energiespeicher Energiespeichern kommt in einem auf erneuerbare Energien basierenden Energieversorgungssystem eine wichtige Rolle zu. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Gewährleistung der Versorgungssicherheit, als auch zur Überwindung der Systemgrenzen zwischen den verschiedenen Sektoren (Gas, Strom, Wärme, Mobilität und Industrie). Eine intelligente Kopplung dieser Sektoren bildet eine wesentliche Unterstützung für den langfristigen Umstieg auf eine nahezu klimaneutrale Energiever- Monitoringbericht des BMWi zur Versorgungssicherheit im Bereich der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität; Stand: Juni 2019 Quelle: BNetzA; Monitoringbericht 2019 49 sorgung, basierend auf erneuerbaren Energiequellen wie Wind und Sonne. Die Einspeisung dieser regenerativen Energieträger fluktuiert in Abhängigkeit des natürlichen Dargebots. Das Stromsystem der Zukunft muss daher mit Hilfe von Flexibilitätsoptionen wie der Sektorkopplung oder flexiblen Verbrauchern und Erzeugern flexibler reagieren. Energiespeicher können dazu beitragen, Erzeugung und Verbrauch zu entkoppeln und damit der Dargebotsabhängigkeit von Wind und Sonne sowie tages- und jahreszeitlich schwankender Nachfrage effektiv zu begegnen. Untertage-Erdgasspeicher werden zum Ausgleich von Lastschwankungen sowie tages- und jahreszeitlichen Verbrauchsspitzen im Gasnetz eingesetzt. Von Bedeutung sind die Erdgasspeicher aber auch in Krisenzeiten im Fall von Lieferengpässen bei der Erdgasversorgung. Aktuell existieren in Deutschland 47 Erdgasspeicher zur untertägigen Reservespeicherung. Un­ter­schieden werden zwei Speichertypen, Porenspeicher (ehemalige Erdöl-Erdgaslagerstätten oder Aquifere) und Salz­­kavernenspeicher. In den letzten Jahren ist ein Bedeutungszuwachs der Salzkavernen gegenüber Porenspeichern zu verzeichnen. Niedersachsen verfügt über 13 untertägige Erdgasspeicher (11 Kavernen- sowie zwei Porenspeicher) mit einem Gesamtvolumen von 19,5 Milliarden Normkubikmeter (Nm3) sowie einem maximalen Arbeitsgasvolumen von 13 Milliarden Nm3. Einer der größten Porenspeicher Westeuropas mit einer maximalen Arbeitsgas-Kapazität von 4,4 Milliarden Nm3 befindet sich im niedersächsischen Rehden.31 Pumpspeicherkraftwerke nutzen beispielsweise „überschüssige“ elektrische Energie, um damit Wasser in ein höher liegendes Becken zu pumpen. Im Anforderungsfall wird das Wasser herabgelassen und schließlich wieder elektrische Energie erzeugt. Im Jahr 2017 waren Pumpspeicherkraftwerke mit einer Netto-Nennleistung von 9,5 GW an das deutsche Netz angeschlossen, darunter auch Pumpspeicherkraftwerke in Luxemburg und Österreich mit einer Leistung von zusammen rund 3,1 GW. Neue Anlagen mit einer Leistung von 360 MW, die von Österreich ins deutsche Netz einspeisen werden, gingen im Jahr 2018 in Betrieb. Darüber hinaus kann Deutschland durch die gekoppelten Strommärkte die sehr viel größeren Speicherwasserkapazitäten in Skandinavien und dem Alpenraum mitnutzen.32 In Niedersachsen gibt es das Pumpspeicherkraftwerk Erzhausen mit einer Nennleistung von 220 MW. Europaweit einzigartig ist in Niedersachsen das kombinierte Gasturbinen- und Druckluftspeicherkraftwerk in Huntorf mit einer Nennleistung von 321 MW, das anstelle von Wasser 31 32 50 Quelle: LBEG – Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2018 Quelle: Zweiter Fortschrittsbericht „Energie der Zukunft“, BMWi September 2019 Druckluft als Energiespeicher verwendet. Im Rahmen des Forschungsvorhabens „Huntorf 2020“ arbeitet das Kraftwerk in Zusammenarbeit mit der TU Clausthal daran, den Einsatz von regenerativ erzeugtem Wasserstoff als alternativem Brennstoff zum Erdgas zu untersuchen. Die Speicherung von Strom in Form von Batterien, in Gasen („Power to Gas“) oder Flüssigkeiten („Power to Liquid“) befindet sich bereits auf einem hohen Entwicklungsstand. Dabei gewinnt die chemische Speicherung von erneuerbaren Energien in Form von „grünen“ Gasen zunehmend an Relevanz. Besonderes Potenzial wird in der Produktion von sogenanntem „grünen“ Wasserstoff gesehen. Strom aus regenerativen Quellen kann dezentral durch Elektrolyse in „grünen“ Wasserstoff umgewandelt und gespeichert werden und so auch einen Beitrag zur Entlastung der Stromnetze leisten. 5 Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN) Mit der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN) verfügt Niedersachsen seit dem 1. April 2014 über ein Kompetenz­zentrum, das die Energiewende in der konkreten Umsetzung vorantreibt. Die Themen Energieeinsparung, Energie­effizienz und der Einsatz erneuerbarer Energien stehen im Fokus ihrer Arbeit. Gemeinsam mit ihren regionalen Partnern unterstützt und berät sie Gebäudeeigentümer, Kommunen, Unternehmen und Bildungseinrichtungen mit Informationen, Fortbildungen, Beratungen und Projekten zur Energie­ein­ sparung und dem Einsatz erneuerbarer Energien. Arbeitsschwerpunkte 2019 legte die KEAN den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf The­­men, für die aktuell ein hoher Informationsbedarf besteht. Dazu gehören: Kommunale Wärmeplanung Um die Emissionsminderungsziele der Bundesregierung erreichen zu können, muss auch die Wärmeversorgung von Gebäuden energetisch auf neue Füße gestellt werden und in absehbarer Zukunft weitgehend ohne fossile Brennstoffe auskommen. Beim Umbau der Wärmeversorgung sind die Kommunen wichtige Akteure. Sie können durch eine gezielte und vorausschauende Wärmeplanung in ihren Quartieren wichtige Weichen für die zukünftige Wärmeversorgung der Gebäude stellen. Die KEAN hat sich der kommunalen Wärmeplanung daher verstärkt angenommen. Begleitet von verschiedenen Veranstaltungen hat sie einen Leitfaden Kommunale Wärmeplanung entwickelt. Er soll Städte und Gemeinden beim Aufbau einer zukunftsfähigen Wärmeversorgung unterstützen – mit praktischen Arbeitshilfen, Informationen zu Förderprogrammen und Praxisbeispielen aus Niedersachsen. Kommunales Energiemanagement Ein systematisches Energiemanagement in den Liegenschaften bietet Kommunen die Möglichkeit erhebliche Energieeinsparungen zu erzielen. Die KEAN bietet Kommunen seit mehreren Jahren nachfolgende Schulungen und Hilfestellungen zum Energiemanagement und zur Energieberichterstattung an: • Fortbildungen für Hausmeisterinnen und Hausmeister zum Energiemanagement in Gebäuden sowie • Fortbildungen und Informationsmaterialien für kommunale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum systematischen kommunalen Energiemanagement. Neu hinzukommen sind: • eine Anleitung zur Erstellung eines Energieberichts und • Entscheidungshilfen bei der Auswahl einer passenden Energiemanagementsoftware. Solarenergie Bei der Solarwärme und Solarstrom besteht noch ein großes Ausbaupotenzial auf privaten Wohngebäuden, Industrie- und Gewerbebauten, kommunalen und landeseigenen Gebäuden. Die KEAN unterstützt den Solarausbau mit Beratungsangeboten, Beraterqualifizierungen und Öffentlichkeitsarbeit. Energie- und Kosteneffizienz in der Wohnungswirtschaft In Städten und Ballungsgebieten liegt die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum deutlich über dem Angebot. Mit Blick auf die Schaffung zusätzlichen Wohnraum zeigt sich ein Interessenskonflikt: Einerseits gilt es die Baukosten gering zu halten, andererseits gilt es einen hohen Energieeffizienzstandard zu erreichen. Die KEAN unterstützt die Wohnungswirtschaft bei der Verbindung beider Ziele. Unter anderem bietet sie Workshops zur Planung von zukunftsfähigen und kostengünstigen Wohnungsbauten an. Experten beraten zu konkreten Bauvorhaben, um Energie- und Kosteneffizienz zu optimieren. Beim bezahlbaren Wohnen spielen neben den Baukosten die Energiekosten als zentraler Bestandteil der Betriebskosten eine zentrale Rolle. Rund 40 Prozent aller Wohneinheiten in Niedersachsen befinden sich in Mehrfamilienhäusern, von denen 74 Prozent 40 Jahre alt und älter sind. Auf die zentralen Heizungsanlagen dieser Gebäude konzentriert sich ein Forschungsprojekt, das vom Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) und der KEAN sowie Partnern aus Versorgungswirtschaft und Handwerk durchgeführt wird. Anhand einer „Feldanalyse zur Betriebsoptimierung von Mehrfamilienhäusern“ wird eine Methode zur permanenten und automatisierten Analyse des Endenergieverbrauchs für Wärme entwickelt und in der Praxis an ca. 30 Objekten erprobt. Klimanotstand in Kommunen Die Fridays-for-Future-Bewegung hat das Thema „Klimanotstand in Kommunen“ bundesweit auf die Tagesordnung gebracht. Auch in Niedersachsen wird der Klimanotstand in vielen Kommunen diskutiert. Die KEAN hat hierzu Hintergründe, Informationen und Einschätzungen aus der Wissenschaft zusammengetragen und führt eine Liste der aktuellen Beschlusslagen in niedersächsischen Kommunen. 51 Beratungsangebote Die KEAN bietet gemeinsam mit ihren regionalen Partnern für verschiedene Zielgruppen Vor-Ort-Beratungen an. Für private Gebäudeeigentümer in Kooperation mit der Verbraucherzentrale Niedersachsen: • Solar-Check • Gut beraten: Energiesparen • clever heizen! Für Unternehmen: • Impulsberatung für KMU „Material- und Energieeffizienz • Impulsberatung für KMU „Solar“ Für Kommunen: • Impulsberatung Solar für Kommunen • Erstberatungen zum betrieblichen Mobilitätsmanagement in Kommunen (in 2019 beendet) • Unterstützung bei der Antragstellung für Fördermittel aus der Nationalen Klimaschutzinitiative NKI Für Sportvereine: • Klima(s)check für Sportvereine Umweltbildung Die KEAN unterstützt Bildungsakteure in Niedersachsen, um Wissen zu Klimawandel und Klimaschutz sowie Handlungskompetenz an Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu vermitteln. • Unterrichtsmaterialien „Klimaschutz und Klimawandel – Ursachen verstehen und selbst aktiv werden“ für die Klassen 3 bis 5 • Broschüre „Elterntaxis – Was tun gegen dicke Luft vor der Schule?“ • Fortbildungen für Erzieherinnen und Erzieher zu Energiesparen, Klimaschutz und Nachhaltigkeit • Ausstellungen zu Energieeinsparung und Klimaschutz Wettbewerbe und Auszeichnungen Im Rahmen des Wettbewerbs Klima kommunal kürt die KEAN alle zwei Jahre die besten kommunalen Klimaschutzprojekte aus niedersächsischen Kommunen. Der nächste Wettbewerb findet 2020 statt. Mit der „Grünen Hausnummer“ für energieeffizientes Sanieren und Bauen zeichnet die KEAN Eigentümerinnen und Eigentümer aus, die ihre Wohngebäude über den gesetzlichen Standard hinaus energetisch saniert oder energieeffizient gebaut haben. Weitere Informationen finden sich auf dem Internetauftritt der KEAN: https://www.klimaschutz-niedersachsen.de Tätigkeitsfelder der KEAN (Auswahl)33 2015 2016 2017 2018 2019 Energetische Gebäudeoptimierung Kampage „clever heizen“ (Start: 01 / 2015) Beratung 1.610 2.580 2.286 2.213 1.800 Kampagne „Solar-Check“ (Start: 09 / 2014) Beratung 840 1.050 1.000 2.200 4.300 Kampagne „Grüne Hausnummer“ (Start: 2016) Auszeichnung – 170 210 235 223 Schulungen „Hausmeister“ (Start: 10 / 2016) Anzahl /  TN – Impulsberatungen Solar für Kommunen (Start: 10 / 2018) Beratung – – – 7 Wettbewerb „Klima“ TN /  Projekte – 37 / 43 – 35 / 45 Kommunaler Klimaschutz NKI*-Förderzusagen für kommunale Klimaschutz-Projekte in Niedersachsen Projekte /  € 7 / 113 20 / 364 24 / 431 25 / 437 190/   260 /   364 /   349 /   8,6 Mio 13 Mio 31 Mio 27 Mio 70 – liegt noch nicht vor Betriebliches Energiemanagement Impulsberatungen für KMU Material- und Energieeffizienz Beratung Impulsberatungen Solar für KMU (Start: 2018) Beratung 30 – 55 – 89 – 101 97 124 130 Öffentlichkeitsarbeit Internetseite Besucher Newsletter (seit 09 / 2015) Empfänger Tabelle 16: Kennzahlen der Tätigkeitsfelder (Auswahl), Stand 31.12.2019, Quelle: KEAN (Daten z.T. gerundet); *NKI= Nationale Klimaschutzinitiative 33 52 Stand jeweils zum 31.12. eines Jahres 19.290 29.990 44.405 50.342 63.156 600 2.000 3.078 4.250 4.300 6 Ausblick „Grüner“ Wasserstoff und daraus hergestellte Energieträger wie z. B. synthetische Treibstoffe (Power-to-Liquid) bilden neben regenerativem Strom den zweiten wesentlichen Stützpfeiler des zukünftigen Energiesystems. Niedersachsen bietet beste Voraussetzungen, um zur Drehscheibe einer Wasserstoffwirtschaft auf Basis erneuerbarer Energien zu werden. Die Ausgangslage für die Produktion, Speicherung und Nutzung von „grünem“ Wasserstoff ist hier besonders gut. Zum einen ist Niedersachsen führend in der Erzeugung von Windenergie, an der niedersächsischen Küste wird der meiste OffshoreWindstrom angelandet. Des Weiteren verfügt Niedersachsen über große Industrieunternehmen sowie eine starke Mobilitätswirtschaft als Abnehmer. Um „grüne“ Gase speichern und / oder transportieren zu können, bietet Niedersachsen zudem günstige geologische und geographische Bedingungen, sowohl für eine sichere unterirdische Speicherung als auch über ein ausgedehntes Gasnetz. Ziel der Landesregierung ist es, Niedersachsen als zentralen Standort einer künftigen regenerativen Wasserstoffwirtschaft in Deutschland zu etablieren. Die weitere Entwicklung von Speichertechnologien kann durch die Initiierung von „Real­ laboren“ gezielt unterstützt werden. Dort können technische und regulatorische Rahmenbedingungen unter realen Bedingungen getestet werden. Im Rahmen des Bundesprogramms „Real­­labore der Energiewende“ haben sich insgesamt 22 Projekte aus Niedersachsen beworben, davon 16 Projekte mit Bezug zu Wasserstoff  / Sektorkopplung. Drei Projekte konnten sich in diesem Wettbewerb durchsetzen. Reallabore können sowohl großtechnische Verfahren wie die Wasserelektrolyse zur stofflichen Nutzung als auch anderweitige Speichersysteme sein. Beispiele hierfür sind: • Wasserelektrolyse, Wasserstoff-Speicherung und spätere Verstromung über Brennstoffzellen oder Gasturbinen / -motoren • Wasserelektrolyse, Methanisierung und Einspeisung in das Gasnetz • Nutzung von ehemaligen Salzkavernen, um Batterien nach dem Redox-Flow-Prinzip zu implementieren • Größere Akkumulatoren-Stationen für die Kurzzeitspeicherung (evtl. Hybridgroßspeicher) Für den Aufbau einer regenerativen Wasserstoffwirtschaft ist ein verstärkter Ausbau der erneuerbaren Energieträger Wind und Sonne eine zentrale Voraussetzung. Daher muss insbesondere dem bundesweit eher negativen Trend beim Ausbau 34 der Windenergie schnell und wirksam durch eine EEG-Reform begegnet werden. Auch im Bereich der Photovoltaik ist eine Weiterentwicklung der Rahmenbedingung erforderlich, um die erforderliche Ausbaudynamik sicherstellen zu können. Ausbau der Windenergie34 Für das Jahr 2020 wird mit einem eher schwachen Zubau der Windenergieanlagen an Land von 429 MW gerechnet. Für 2021 liegt die Zubauprognose bei rund 700 MW. Die Förderung nach dem EEG ist auf 20 Jahre zuzüglich des Inbetriebnahmejahres begrenzt. Daher werden ab 2021 sukzessive ältere Anlagen aus der Förderung nach dem EEG herausfallen. Damit ist auch von einer Stilllegung von Bestandsanlagen auszugehen. Altanlagen können durch Neuanlagen repowert werden, sofern dies wirtschaftlich sinnvoll und mit der lokalen Planungssituation vereinbar ist. Darüber hinaus können Bestandsanlagen auch nach Ende der EEG-Förderung weiterbetrieben werden, wobei die Anlagen dann über Strommarkterlöse finanziert werden müssten. Ob sich ein Weiterbetrieb von Windenergieanlagen lohnt, hängt unter anderem auch von den Betriebs- und Wartungskosten der Altanlagen ab. Für das Jahr 2020 wird ein Rückbau von 178 MW prognostiziert, für 2021 von 196 MW. Ende 2020 läge die Gesamtleistung für Windenergie an Land in Niedersachsen dann bei 11.358 MW, für 2021 wird eine Erhöhung der Gesamtleistung auf 11.863 MW prognostiziert. Das Erreichen der Klimaziele macht einen jährlichen Zubau von Onshore-Windkraft in der Größenordnung von bundesweit 5 GW jährlich erforderlich. Neben den politischen Rahmenbedingungen und der Marktfähigkeit der Branche in Deutschland ist die Akzeptanz vor Ort für den Ausbau von Windenergie essentiell. Die Landesregierung arbeitet daran mit vielfältigen Ansätzen, etwa zur Erhaltung und Realisierung des notwendigen Flächenpotenzials. Der in der Überarbeitung befindliche Windenergieerlass und Leitfaden Artenschutz sowie ein Maßnahmenprogramm zu Energie und Klimaschutz werden dazu wichtige Beiträge liefern. Auch die Digitalisierung kann dazu beitragen, Verwaltungsverfahren effizienter zu gestalten. Die Landesregierung unterstützt die Kommunen bei der Einführung digitaler Genehmigungsverfahren. Mit den Ausschreibungen in 2017 und 2018 wurden die Offshore-Windenergieprojekte ausgewählt, die bis Ende 2025 realisiert werden sollen. Von den insgesamt bezuschlagten 3.100 MW sollen 2.367 MW in der Nordsee gebaut werden. Quelle für Prognosen: Studie zur Prognose der niedersächsischen Energiebilanz des IE Leipzig; Stand Dezember 2019 53 Um den Ausbau der wichtigen Offshore-Windenergie voranzutreiben, setzt sich die Landesregierung für die Anhebung des Offshore-Deckels ein. sowohl von bestehenden Gebäuden als auch von Neubauten sowie sonstigen baulichen Anlagen möglichst weitgehend mit PV-Anlagen zu bestücken. Ausbau der Photovoltaik35 Die Photovoltaik steht in Niedersachsen bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien derzeit auf Platz 3. Die Technologie hat eine gute Akzeptanz in der Bevölkerung und kann die Windenergie ideal ergänzen. Nachdem der Anlagenzubau seit 2011 kontinuierlich zurückgegangen war, ist seit 2016 wieder ein bundesweit steigender Zubau von PV-Anlagen zu verzeichnen. Erstmals wurde der jährliche Zielpfad im EEG von 2,5 Gigawatt (GW) mit einem Zubau von 2,9 GW im Jahr 2018 wieder überschritten. In Niedersachsen wird für die Jahre 2020 und 2021 ein Zubau von 336 MW bzw. 386 MW prognostiziert. Damit würde sich für das Jahr 2020 ein Bestand an installierter Leistung aus PV-Anlagen von 4.530 MW und im Jahr 2021 von 4.916 MW ergeben. Mit der Stilllegung von PV-Anlagen in diesem Zeitraum wird nicht gerechnet. Für den Stromertrag im Jahr 2020 ergeben sich daraus Prognosewerte von 3,31 Milliarden kWh für 2020 sowie 3,58 Milliarden kWh für 2021. Die Landesregierung wird ihren Beitrag dafür leisten und die landeseigenen Liegenschaften soweit möglich mit PV-Anlagen ausstatten. Als Grundlage dafür wurde bereits eine Solarpotenzialanalyse für rund 3.000 landeseigene Gebäude durchgeführt. Aktuell wird die angestrebte umfängliche Belegung von Dächern allerdings durch die bundesseitige Regelung gehemmt, die für Anlagen größer 10 kWp die volle EEG-Umlage fordert. Dies wurde auch bereits von Seiten der EU als Behinderung definiert. Auch andere bundesrechtliche Regelungen erschweren den Ausbau der Photovoltaik, insbesondere die Regelungen zum Eigenverbrauch und die Ausgestaltung des sogenannten Mieterstroms. Seit 2018 sind die Preise für PV-Module um mehr als 30 Prozent gesunken. Die Photovoltaik ist damit erschwinglich geworden. Das Ziel muss dabei zunächst sein, Dachflächen 35 54 In Niedersachsen soll die Photovoltaik zum zweiten Standbein der erneuerbaren Energien neben der Windenergie werden. Daher setzt sich die niedersächsische Landesregierung für die Abschaffung bundesseitiger Einschränkungen ein und prüft intensiv, welche landesrechtlichen Änderungen, die Ausbaubedingungen der Photovoltaik – etwa im Hinblick auf Denkmalschutz, Baurecht oder Landesraumordnung – weiter verbessern könnten. Quelle für Prognosen: Studie zur Prognose der niedersächsischen Energiebilanz des IE Leipzig; Stand Dezember 2019 Herausgeber: Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Ministerbüro, Pressestelle Archivstr. 2 30169 Hannover April 2020 Gestaltung: Maya Birken, mayabirken.de poststelle@mu.niedersachsen.de www.umwelt.niedersachsen.de

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