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Demo (Rights reserved) Issue 2020,5/6 (Rights reserved)

Bibliographic data

volume

Description

Title:
Demo : Vorwärts kommunal : das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik
Publication:
Berlin: Berliner Vorwärts-Verl., 2012 -
Scope:
Online-Ressource
Dates of Publication:
Nachgewiesen 2012 -
ZDB-ID:
2817684-4 ZDB
Urban Studies:
Kws 740 Kommunalverwaltung. Kommunalpolitik: Kommunalpolitik
DDC Group:
320 Politik
Copyright:
Rights reserved
Accessibility:
Free Access
Collection:
Public administration, politics

Description

Publication:
2020
Language:
German
Urban Studies:
Kws 250,1 Umwelt: Allgemeines: Zeitschriften. Jahrbücher
DDC Group:
330 Wirtschaft
URN:
urn:nbn:de:kobv:109-1-15408493
Copyright:
Rights reserved
Accessibility:
Free Access
Collection:
Environment

Contents

Table of contents

  • Demo (Rights reserved)
  • Issue 2020,7/8 (Rights reserved)
  • Issue 2020,5/6 (Rights reserved)
  • Issue 2020,3/4 (Rights reserved)
  • Issue 2020,1/2 (Rights reserved)
  • Issue 2019,11/12 (Rights reserved)
  • Issue 2019,9/10 (Rights reserved)
  • Issue 2019,7/8 (Rights reserved)
  • Issue 2019,5/6 (Rights reserved)
  • Issue 2019,3/4 (Rights reserved)
  • Issue 2019,1/2 (Rights reserved)
  • Issue 2019 Jahresinhaltsübersicht (Rights reserved)
  • Issue 2018,11/12 (Rights reserved)
  • Issue 2018,9/10 (Rights reserved)
  • Issue 2018,7/8 (Rights reserved)
  • Issue 2018,5/6 (Rights reserved)
  • Issue 2018,3/4 (Rights reserved)
  • Issue 2018,1/2 (Rights reserved)
  • Issue 2018 Jahresinhaltsübersicht (Rights reserved)
  • Issue 2017,11/12 (Rights reserved)
  • Issue 2017,9/10 (Rights reserved)
  • Issue 2017,7/8 (Rights reserved)
  • Issue 2017,5/6 (Rights reserved)
  • Issue 2017,3/4 (Rights reserved)
  • Issue 2017,1/2 (Rights reserved)
  • Issue 2017 Jahresinhaltsübersicht (Rights reserved)
  • Issue 2016,11/12 (Rights reserved)
  • Issue 2016,9/10 (Rights reserved)
  • Issue 2016,7/8 (Rights reserved)
  • Issue 2016,5/6 (Rights reserved)
  • Issue 2016,3/4 (Rights reserved)
  • Issue 2016,1/2 (Rights reserved)
  • Issue 2015,11/12 (Rights reserved)
  • Issue 2015,9/10 (Rights reserved)
  • Issue 2015,7/8
  • Issue 2015,5/6 (Rights reserved)

Full text

DEMO - ONLINE.DE DEMO 72. JG | A02125 EINZELPREIS 10,00 € 05/06 2020 VO R WÄ R T S - KO M M U N A L ■ DA S S OZ I A L D EM O K R AT I S C H E M AG A Z I N F Ü R KO M M U N A L P O L I T I K hsen c Niedersa K G S s e Land Extra He f tmit KLIMASCHUTZ FOTO: STOCK.ADOBE.COM/SMSPSY Es gibt keinen Aufschub Wie Städte, Gemeinden und Landkreise unsere Umwelt erhalten wollen te Wie nachhaltig ist Ihre Kommune? H C N U A L RE 20 0 2 e d n E www.sdg-portal.de Das SDG-Portal zeigt Handlungsbedarfe Das SDG-Portal hilft Kommunen, Handlungsbedarfe auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung, die sich an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen orientiert, zu ermitteln. Dabei findet eine Schwerpunktsetzung auf diejenigen Nachhaltigkeitsziele statt, die im Allgemeinen für deutsche Kommunen als relevant eingestuft werden können. Die Abbildung dieser Ziele erfolgt durch Indikatoren, die flächendeckend, d. h. zumindest auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte sowie für mehrere Jahrgänge zur Verfügung gestellt werden können. Ein Baukasten mit Empfehlungscharakter Bei den SDG-Indikatoren handelt es sich nur um eine Empfehlung für die Kommunen in Deutschland. Jede Kommune kann, soll und muss – vor dem Hintergrund der jeweiligen Rahmenbedingungen, Schwerpunktsetzungen und Datenverfügbarkeit – selbst entscheiden, welche Indikatoren für die Abbildung ihrer jeweiligen nachhaltigen Entwicklung am besten geeignet sind. Zeitvergleiche und interkommunale Vergleiche Handlungsbedarfe auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung vor Ort können auf der Grundlage verschiedener Faktoren bzw. Informationen ermittelt werden. In Frage kommen z. B.: Zeitvergleiche, interkommunale Vergleiche, intrakommunale Vergleiche und Soll- oder Plan-Ist-Vergleiche. Grundlage der Ermittlung von Handlungsbedarfen können außerdem die jeweiligen Rahmenbedingungen sowie die strategischen Schwerpunktsetzungen der jeweiligen Kommune sein. Entwicklungstendenzen für einen ersten Überblick Mit Hilfe des SDG-Portals entsteht schnell und intuitiv ein erster Eindruck über den aktuellen Stand einer Kommune auf dem Weg zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Dargestellt und bewertet werden aktuelle Entwicklungstendenzen. Die Darstellung beruht auf kurzfristigen Zeitvergleichen, d. h. konkret auf Änderungen der beiden jeweils zuletzt gemessenen Indikatorenwerte. Die Bewertung bezieht sich darauf, ob die jeweilige Tendenz (steigende, sinkende oder stabile Indikatorenwerte) im Allgemeinen als positiv, negativ oder neutral einzuschätzen ist. Die aktuellen Tendenzen werden sowohl für die einzelnen Indikatoren, als auch für alle Indikatoren eines SDGs und alle Indikatoren aller SDGs im Überblick angezeigt. Auf diese Weise vermittelt das Portal einen schnellen und intuitiven Eindruck über die aktuellen zeitlichen Entwicklungen auf den einzelnen Ebenen. Zur Vertiefung: Wegweiser Kommune und KECK-Atlas An geeigneten Stellen werden den Nutzerinnen und Nutzern Links zum Wegweiser Kommune und zum KECK-Atlas angeboten, um weitere Informationen und Analysen ergänzen und Handlungsbedarfe auf dem weiteren Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der SDGs ermitteln zu können. Kontakt: Oliver Haubner, Bertelsmann Stiftung oliver.haubner@bertelsmann-stiftung.de Marc Wolinda, Bertelsmann Stiftung marc.wolinda@bertelsmann-stiftung.de INHALT 3 05-06/2020 DEMO Titel Klimaschutz in den Kommunen 4 Liebe Leserin, lieber Leser, 6 7 8 9 10 11 12 13 14 „Radverkehr mit dem Autoverkehr gleichstellen“ | Interview mit Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts Ein „Wumms“ für die ökologische Verkehrswende | Weichen stellen für die nachhaltige Mobilität der Zukunft Multiplikatoren gegen die Klimakrise | Der WWF hat das Projekt #klimafit ins Leben gerufen Wie die Schwammstadt die Extreme mildert | Idee der „Sponge City“ für gutes Regenwassermanagement Digitale Technik schont Klima und Stadtsäckel | Das Projekt „SmartRathaus“ in Wörth Der Rüsdorfer Kamp wird grün | In Heide soll ein Stadtteil komplett mit erneuerbaren Energien versorgt werden Gemeinschaftliches Kraftwerk | Seeth-Ekholt erteilt Bauherren Auflagen zum Klimaschutz Klare Worte und Taten | SPD-Faktion in Bremen Blumenthal hat ein Klimaschutz-Positionspapier vorgelegt Natürliche Energiequelle mitten in Moers | Der Solarpark Vinn ist regeneratives Vorzeigeprojekt in NRW Was der Klimamanager in Zwickau alles bewirken kann | Stadt setzt Trends in Klima- und Umweltpolitik spätestens seit den extremen Wetterveränderungen der vergangenen Jahre und den damit einhergehenden Schäden erleben wir auch in Mitteleuropa hautnah, dass unser Klima sich verändert. FOTOS: DIRK BLEICKER; UNU-EHS/AILEEN ORATE; HARALD LACHMANN; THOMAS IMO/PHOTOTHEK.NET; STOCK.ADOBECOM/LITTLEWOLF1989 Die Kommunen müssen sich mit an vorderster Stelle auf diese Veränderungen einstellen: Größere Städte heizen im Sommer ungewöhnlich stark und gesundheitsschädlich auf, und die Schäden, die durch Starkregen oder Dürre entstehen, sind beträchtlich. Die Natur zeigt uns: Der Kampf gegen den Klimawandel duldet keinen Aufschub mehr. Immer mehr Verantwortlichen in Städten, Gemeinden und Landkreisen wird das klar. Sie planen und handeln nachhaltig und klimafreundlich. Dafür finden sich in diesem Heft eine ganze Reihe an Beispielen, etwa das Schaffen von Schwammstädten und möglichst autofreien Innenstädten oder nachhaltige Baumpflanzungen wie in Zwickau. Dennoch bleiben die Aufgaben enorm, wenn wir massive Verschlechterungen für Mensch und Natur noch verhindern wollen. Es kommt jetzt wirklich auf jede einzelne Kommune an. Die politisch Verantwortlichen müssen alle Maßnahmen auf ihre Klimaverträglichkeit prüfen und bereit sein, neue und innovative Wege zu gehen. Sie müssen aber auch auf die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger rechnen können. Das berühmte Sankt-Florian-Prinzip, nach dem Motto „Klar bin ich für Klimaschutz, aber nicht vor meiner Haustür“, kann nicht mehr gelten. Die Bundesregierung hat nicht zuletzt auf Drängen der SPD mit dem Corona-Konjunkturpaket einen großen Schritt in die richtige Richtung getan. Hier werden auch die Kommunen in Sachen Klimaschutz besonders gefördert. Die Chance sollte genutzt werden. Karin Nink, Chefredakteurin 4 14 Blickpunkt Corona-Krise 15 16 17 18 18 Mehr digitale Verwaltungen nach Corona | Arbeitskultur hat sich radikal verändert – Vieles soll so bleiben Konjunkturpaket sorgt für Erleichterung | Wie die große Koalition den Kommunen helfen will Was das Konjunkturpaket den Städten, Gemeinden und Landkreisen bringt | Beschluss vom 3. Juni 2020 Ein Pakt für den Gesundheitsdienst | Bund will Kommunen vier Milliarden Euro geben Nur wenige nutzen die Hilfe | Franziska Giffey prüft Rechtsanspruch auf Schutz gegen häusliche Gewalt Report Mobilität 22 24 26 27 16 20 21 29 30 Branchenverband VDV: ÖPNV-Rettungsschirm ist Verpflichtung für Länder und Kommunen Verkehrswende in Corona-Zeiten | Kraftakt für eine gebeutelte ÖPNV-Branche Gute Mobilität in ländlichen Räumen | Zentrale Voraussetzung zur Teilnahme am Leben Städtischer Verkehr in Zeiten von und nach Corona | Studie der TU-Dresden 22 News | Drei Fragen an Frank Baranowski zum Mobilitätsverhalten nach der Corona-Krise Gemeinsam gegen rechts | Die Stadt Wedel ist seit 30 Jahren „Weltoffene Gemeinde“ Bücher | Termine Das Letzte | Vorschau | Impressum 4 TITEL DEMO 05-06/2020 „Radverkehr mit dem Autoverkehr gleichstellen“ Entscheidungen in Kommunen haben unmittelbare Klimawirkung, von der Beschaffung bis hin zur Verkehrspolitik. Das Umweltbundesamt unterstützt sie dabei, Klimaziele zu verwirklichen. Ein Gespräch mit dem neuen UBA-Chef Dirk Messner Interview Karin Billanitsch ZUR PERSON Dirk Messner, Jahrgang 1962, studierte von 1982 bis 1988 Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin und der Sogang University in Seoul. Ab 1989 arbeitete er am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik mit dem Schwerpunkt Lateinamerika und promovierte 1995 an der Freien Universität Berlin. Ebenfalls dort habilitierte er 2002. Eine weitere Station seiner beruflichen Laufbahn war von 1995 bis 2003 das Institut für Entwicklung und Frieden in Duisburg. Von 2003 bis 2018 war er Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik in Bonn. Er ist zudem Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen. Der Politikwissenschaftler ist seit 2004 Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) und seit dem Jahr 2013 Co-Vorsitzender. Professor Messner ist seit dem 1. Januar 2020 Präsident des Umweltbundesamts. KB Die Corona-Pandemie überdeckt wichtige Debatten der letzten Zeit, auch den Klimaschutz. Nach einer neuen Studie ist dieser für viele Bürgermeisterinnen und -meister gleichwohl ein wichtiges Zukunftsthema. Eine ganze Anzahl von Kommunen haben – nicht zuletzt im Zuge der Fridays-for-Future-Bewegung – einen sogenannten „Klimanotstand“ ausgerufen. Was heißt das konkret? Zunächst einmal drückt sich darin aus, dass die Kommune, die Bürgermeister, die Parlamente, die solche Entscheidungen treffen, wahrnehmen, dass das Klimaproblem eine große Bedeutung für die Zukunft der Kommunen und die ihrer Bürgerinnen und Bürger hat. Darin wird deutlich, dass das als herausragendes Themenfeld wahrgenommen wird, nicht nur als eines neben vielen anderen. Dass das so wahrgenommen wird, deckt sich mit den Erkenntnissen der Klimaforschung. Diese sagt, wenn wir in bestimmten Zeiträumen bestimmte Weichenstellungen verpassen, kann am Ende des Tages ein Erdsystemwandel die Folge sein, und das hätte fatale Auswirkungen auf die menschliche Zivilisation insgesamt. Der Tatbestand, dass wir als Menschen dabei sind, unser Erdsystem in eine Richtung zu entwickeln, die vielleicht nicht mehr kompatibel mit zehn Milliarden Menschen ist, kommt in dieser Notstandsbeschreibung zum Ausdruck. Dazu kommt ein Element des zeitlichen Drucks. Die Klimaforschung zeigt, wir müssen in den nächsten zehn Jahren die Weichen stellen in Bezug auf unsere Energiesysteme, Mobilität, Organisation unserer Industrie – damit wir noch eine Chance haben, bei null Emissionen bis 2050 zu landen. Wir haben es also eilig. Als junger Mann habe ich einmal Willy Brandt kennen lernenkönnen. Er hat damals gesagt: Seien Sie nicht so ungeduldig: Wichtig ist immer, dass die Richtung stimmt. Beim Klimaschutz ist es so, dass nicht nur die Richtung stimmen muss, sondern auch die Geschwindigkeit. Sonst können wir die Probleme nicht mehr angemessen lösen. Bewerten Sie einen „Klimanotstand“ als sinnvoll oder eher als, sagen wir, Form von Symbolpolitik? Es ist ja rechtlich nicht vorgesehen, dass Städte einen Notstand ausrufen können. Ein solches Signal macht auf Folgendes aufmerksam: Dies ist ein zentrales Problem für die Überlebenschancen unserer Kommunen und unserer Gesellschaft. Das ist zunächst Symbolik. Aber ich erfahre in Gesprächen mit Bürgermeistern, dass der nächste Schritt in der Regel ist: Alle Entscheidungen in der Kommune werden auf ihre Klimawirkung geprüft. Und das ist ja dann sehr konkret. Das ist nicht mehr nur Signal, nur Symbolik, sondern da wird eine Art „Klimacheck“ eingeführt. Und das macht sehr viel Sinn. In den Kommunen werden viele Dinge getan, die unmittelbar Klimawirkung haben. Nachhaltigkeitsforscher Dirk Messner Das heißt, es kommt auf jede Kommune an? Das muss man sich vielleicht deutlich machen: Um 2050 bei null Emissionen zu landen, müssen in der laufenden Dekade ernsthafte Weichenstellungen vorgenommen werden: Energiewende, Mobilitätswende, Dekarbonisierung der Industrie und der Landwirtschaft irreversibel voranbringen und in das Zentrum wirtschaftlicher Entwicklung stellen. In den 2030er Jahren werden dann viele dieser Maßnahmen in der Breite umgesetzt. In den 2040ern geht es um die schwierigen 20 bis 30 Prozent der verbleibenden Emissionen. Damit das gelingt, müssen alle dabei sein: Unternehmen, Kommunen, Bürger. Klimaschutz geht alle an. Kleine und mittlere Kommunen besitzen oft weder die finanziellen Mittel noch personelle Möglichkeiten, Klimaschutz so zu berücksichtigen, wie es wünschenswert wäre. Für diese Zielgruppe gab es vor ein paar Jahren das Forschungsprojekt „Kobe – Kommunen befähigen“. Was konnte erreicht werden und gab es eine Ausstrahlungswirkung über die teilnehmenden Kommunen hinaus? Auf der einen Seite wird in solchen Projekten konkret mit Kommunen zusammengearbeitet, da gibt es direkte Lerneffekte – für beide Seiten. Darauf beschränkt es sich nicht, sondern es entstehen Leitfäden oder Handreichungen für den kommunalen Wandel, sodass das Wissen auch verfügbar gemacht wird für andere, die davon lernen können. Wir organisieren auch Konferenzen und Workshops gemeinsam mit Akteuren und Netzwerken, die sich mit städtischer Entwicklung beschäftigen. FOTO: UNU-EHS/AILEEN ORATE Klimaschutz in den Kommunen TITEL 5 05-06/2020 DEMO FOTOS: STOCK.ADOBE.COM/CONNEL_DESIGN/ANDREI KUZNIATSOU/EISENHANS Wie unterstützt das Umweltbundesamt die Kommunen aktuell? Wir haben ein großes Forschungsteam. 60 bis 70 Personen beschäftigen sich mit Fragen städtischer und kommunaler Entwicklung. Seine Stärke besteht darin, dass wir uns die Städte aus sehr unterschiedlichen Perspektiven ansehen: Es geht um wirtschaftliche Entwicklungschancen, regionale Strukturpolitik, Klima- und Ressourcenpolitik. Darüber hinaus interessieren wir uns für unterschiedliche Aspekte der Lebensqualität, Gesundheit, Lärm und Umwelt. Das kombinieren wir mit Mobilitätsfragen und Fragen urbaner und kommunaler Entwicklung. Wir haben intensive Debatten in der Gesellschaft, wie Mobilität besser organisiert werden kann, als das augenblicklich der Fall ist, wie es gelingt, den öffentlichen Nahverkehr zu stärken, Individualverkehr zurückzudrehen und öffentliche Flächen so zu vergrößern, dass Lebensqualität und Gesundheit in Städten gestärkt werden können. Was ich gut finde, an der Art, wie im UBA daran gearbeitet wird, – ich bin erst seit einem halben Jahr da, daher darf ich das lobend sagen – ist die integrative Perspektive. Alles, was Gesellschaften angeht, kommt in den Städten am Ende des Tages zusammen. Was konkrete Fragestellungen angeht, haben wir im Moment die Kohleausstiegsproblematik. Da geht es darum, wie betroffene Kommunen und Regionen neue Entwicklungspfade aufmachen können und was sie für wirtschaftliche Zukunftsperspektiven entwickeln können. Da haben wir Projekte, die das unterstützen und wo wir mit Städten und Kommunen direkt im Austausch sind, um unser Wissen zur Verfügung zu stellen. Sie haben es angesprochen: Eine Chance für einen nachhaltigen Umbau der Kommunen liegt darin, den Mobilitäts-Mix zu verändern. Was muss passieren, damit das gelingt? Das ist ein Feld, auf dem wir von anderen Ländern ganz gut lernen können. Wenn es um die Mobilität in Städten geht, können wir von Holland, von Schweden und Norwegen lernen. Utrecht ist ein sehr interessantes Beispiel. Da ist der Nahverkehr sehr stark ausgebaut worden, die Radinfrastruktur auch. Ähnliches können Sie auch in Stockholm und Oslo sehen. Mit dem Effekt, dass die Zahl der Menschen, die mit dem Fahrrad oder dem öffentlichen Nahverkehr zur Arbeit fahren, um ein Vielfaches höher ist, als das bei uns der Fall ist. In Stockholm sind es 60 Prozent, die den Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad zurücklegen. Das ist enorm. Und es kommen Klimaschutz, verbesserte Gesundheit und menschenstatt autozentrierte Städte zusammen. Damit das gelingt, muss man den Radverkehr gleichstellen mit dem Autoverkehr. Das ist ja das Gegenmodell zur autogerechten Stadt. In Utrecht sind die Fahrradwege so breit wie die Autostraßen. Und die Parkmöglichkeiten für Fahrradfahrer und -fahrerinnen sind so gut ausgebaut wie die Parkhäuser für Autos. Wenn man am Bahnhof ankommt, hat man das größte Fahrradparkhaus Europas. Das ist schick aufgemacht, und sicher. Man muss nicht befürchten, dass einem das Fahrrad am Bahnhof gestohlen wird, eine Angst, die in Deutschland viele umtreibt. Auch der ÖPNV muss dem Fahrradverkehr und Autoverkehr gleichgestellt werden. Man muss zu einem Dreiklang in der Mobilität kommen zwischen dem Fahrradverkehr, dem ÖPNV und dem Auto. Die Bundesregierung plant einen Rettungsschirm für Kommunen. Wie bewerten Sie die Pläne? Wir haben zuletzt ein UBA-Konzept für nachhaltige Wege aus der Wirtschaftskrise vorgestellt. Dort haben wir uns stark auf die Kommunen bezogen. Wir haben so argumentiert: Es reicht nicht, den Kommunen nur zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, die sie nicht umsetzen können, weil ihnen Planungskapazitäten fehlen und sie die Eigenbeiträge zu nationalen Programmen nicht leisten können. Deswegen sind die Entschuldungs- und Entlastungsvorschläge von Scholz sehr wichtig. Ich bedaure, dass für die Altschulden-Problematik vorerst keine Lösung gefunden wurde. Der erste Schritt ist also die finanzielle Entlastung der Kommunen, zweitens muss man die personellen Planungs- und Handlungskapazitäten wieder stärken – damit man dann die Städte im dritten Schritt dazu in die Lage versetzt, Infrastrukturmaßnahmen und Investitionen umzusetzen, die Klimaschutz und Nachhaltigkeit als Fokus haben. Die aktuellen Konjunkturpakete lösen natürlich nicht alle Umweltprobleme. Aber das, was beschlossen wurde, ist deutlich besser als 2008/09 nach der Finanzmarktkrise. Seinerzeit war von Umwelt- und Klimaschutz überhaupt nicht die Rede. Das ist dieses Mal völlig anders. Mich freut, dass wir aktuell eine breite Debatte darüber haben, wie wir die Wirtschaft hochfahren und das gleichzeitig mit Nachhaltigkeit verbinden. Eine bessere Radinfrastruktur, eine verstärkte energetische Sanierung von Gebäuden sowie der Ausbau der Elektromobilität und der Ladeinfrastruktur sind wichtige Säulen für eine nachhaltigere Gesellschaft. Um 2050 bei null Emmissionen zu landen, müssen in der laufenden Dekade ernsthafte Weichenstellungen vorgenommen werden. Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts (UBA) In welche Sektoren müsste dann dringend investiert werden? In unserem Konzept haben wir drei Sektoren ins Zentrum gestellt, teils haben wir es schon angesprochen: Die energetische Sanierung von Gebäuden ist sehr wichtig. Im Verkehrsbereich sind Sonderanstrengungen notwendig, um die Emissionen zu senken, die ElektroMobilität muss ausgebaut werden. Ein Plan für den nationalen Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur liegt in den Schubladen im Verkehrsministerium. Es wäre schön, wenn er umgesetzt werden würde. Im Energiesektor müssen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien rasch voranbringen. Zudem müssen wir insgesamt Rahmenbedinungen schaffen, damit nachhaltige Investitionen gestärkt werden. Hier gilt vor allem: Besteuerung von Arbeit reduzieren; Besteuerung des Umweltverbrauchs erhöhen. Interview-Langfassung demo-online.de Positionspapier „Nachhaltige Wege aus der Wirtschaftskrise“ umweltbundesamt.de 6 TITEL DEMO 05-06/2020 Ein „Wumms“ für die ökologische Verkehrswende Bund und Kommunen nutzen die Krise als Chance, sich in Fragen nachhaltiger Mobilität für die Zukunft aufzustellen E flächen neu aufzuteilen. In Berlin hat die Verwaltung zahlreiche sogenannte Pop-up-Bikelanes geschaffen. Das sind kurzfristig eingerichtete und temporäre Radwege. Dafür muss in der Regel eine Autospur weichen, im Gegenzug erhalten Radfahrende und Fußgänger mehr Platz und können sich somit leichter an die Abstandsgebote halten. Die Stadt München plant ebenfalls Pop-up-Bikelanes. „Ich finde es richtig, dass wir in Zeiten wie diesen auch offen sind für ungewöhnliche Maßnahmen“, sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). „Um die Ansteckungsgefahr möglichst gering zu halten, meiden viele Menschen den öffentlichen Personennahverkehr. Damit nicht alle aufs eigene Auto umsteigen, müssen Städte schnelle Alternativen bieten.“ In Berlin sollen viele der neuen Radwege auch dauerhaft bestehen bleiben. Die provisorisch mit gelber Farbe aufgemalten Bikelanes dienen als Testlauf für eine spätere bauliche Umsetzung. Der Vorteil: Werden verkehrsplanerische Schwachstellen sichtbar, kann schnell reagiert IN ZAHLEN 9.500 Euro pro Kilometer kostet ein temporärer Radweg laut Deutscher Umwelthilfe. 5 Milliarden Euro fehlen den ÖPNV-Unternehmen bei den Ticketeinnahmen 2020 (Prognose des VDV). 2,5 Milliarden Euro zusätzlich will die Koalition in Ladesäulen, Elektromobilität und Batteriezellfertigung investieren. QUELLE: DUH, VDV, BUNDESREGIERUNG Temporärer Radweg in Berlin-Friedrichshain: Mit gelber Farbe und Sicherheitsbaken wurde kurzfristig mehr Platz für Radfahrende geschaffen. Den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) dagegen hat die Corona-Pandemie vor große Probleme gestellt. Die Fahrgastzahlen sind laut dem Branchenverband VDV kräftig eingebrochen, zeitweise um bis zu 90 Prozent. Gleichzeitig fuhren die Bus- und Bahnunternehmen „im Schnitt auf einem Niveau von 80 Prozent weiter, um den Polizisten, Krankenhausangestellten und weiteren systemrelevanten Berufsgruppen Mobilität bei gleichzeitigem Abstand in den Fahrzeugen zu bieten“, sagt VDV-Sprecher Eike Arnold. In den Bilanzen der ÖPNV-Unternehmen klaffen deshalb große Löcher. Doch Rettung naht: Die große Koalition hat jüngst beschlossen, fehlende Fahrgeldeinnahmen auszugleichen, indem der Bund die Regionalisierungsmittel um 2,5 Milliarden Euro erhöht. Die Länder sollen weitere 2,5 Milliarden dazugeben. Das von CDU, CSU und SPD geplante Konjunkturpaket geht sogar noch weiter. Mit 130 Milliarden Euro will die Koalition nicht nur die wirtschaftlichen Corona-Folgen abfedern, sondern auch Klimaschutz und Zukunftstechnologien fördern. Die Verkehrswende ist ein Teil davon. SPDFraktionsvize Sören Bartol hält das Paket für einen „Clou“, weil sowohl die Umweltverbände als auch die Autoindustrie und Kommunen zufrieden sein könnten. Bartol zählt unter anderem auf: „Unterstützung des ÖPNV, Verdopplung der Umweltprämie für Elektro-Autos, Hilfen bei der Batteriezellproduktion, ein Flottenaustauschprogramm für Elektro- und Wasserstoffbusse, Zuschüsse für die Fuhrparkmodernisierungen unter anderem bei Sozialen Diensten.“ Auch die LadesäulenInfrastruktur soll ausgebaut werden, allein hierfür und für die Erforschung von Elektromobilität plant der Bund Extra-Ausgaben in Höhe von 2,5 Milliarden. Zufrieden zeigte sich auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Das Konjunkturprogramm bringe Tempo in die Verkehrswende, schrieb sie in einem Brief an ihre Mitarbeiter, aus dem mehrere Zeitungen zitieren. Ein großer Teil des Pakets widme sich der Mobilität, die wegen hoher Treibhausgasemissionen zurzeit das „größte Sorgenkind“ beim Umweltschutz sei. FOTO: CARL-FRIEDRICH HOECK Leere Busse und Bahnen Autor Carl-Friedrich Hoeck s heißt, dass jede Krise auch Chancen birgt. Krisen können als Katalysator dienen für Umbrüche. Einiges spricht dafür, dass dies auch für die Verkehrswende gilt, also den Wandel hin zu einer umweltfreundlicheren und nachhaltigeren Mobilität. Sie wird durch die Corona-Pandemie beschleunigt. Das offensichtlichste Beispiel ist der Radverkehr. Das Fahrrad erlebt in vielen Städten einen Boom. Das belegt auch eine Datenauswertung des Marktforschungsinstituts GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) gemeinsam mit dem Start-up MotionTag, für die mit Hilfe einer App Bewegungsprofile ausgewertet wurden. Danach verbringen die Deutschen mehr als doppelt so viel Zeit auf dem Fahrrad wie vor der Coronakrise. Im April war der Wert sogar zeitweise auf das Vierfache gestiegen. Autos dagegen wurden im gleichen Zeitraum zunehmend stehengelassen. Auch wenn dies wohl vorübergehende Effekte sind, nutzen einige Kommunen die Gunst der Stunde, um Verkehrs- werden. Planungsverfahren würden somit kürzer und günstiger, meint die Deutsche Umwelthilfe. „Die Umsetzung baulicher Radwege benötigte bisher zwei bis zehn Jahre“, sagt Geschäftsführer Jürgen Resch. Mit den Erfahrungen der Pop-upBikelanes könnten die Planungsfristen für die spätere bauliche Umsetzung auf zwei bis zwölf Monate verkürzt werden. TITEL 7 05-06/2020 DEMO Multiplikatoren gegen die Klimakrise Der WWF hat mit Volkshochschulen als Kooperationspartner das Projekt „#klimafit“ ins Leben gerufen Autor Bernd Neuendorf bruar Kurse an der örtlichen VHS. Stadtverordnete Jennifer Fröhlich, die sich dafür eingesetzt hat, liegt die nachhaltige Stadtentwicklung „besonders am Herzen“ wie sie beteuert. Neben Bürgern spricht der Kurs auch ehrenamtliche Gemeinde-, Stadt- oder Kreisräte, sowie Förster, Landwirte oder Vertreter von Verbänden, Umweltinitiativen oder der Wasser- und Energiewirtschaft an. Viele Multiplikatoren haben vor Ort bereits eigene Projekte gestartet: Es wurden Klimaspaziergänge und Exkursionen initiiert, eigene Webinare angeboten und Klimastammtische gegründet. Teilnehmen können übrigens alle Städte und Gemeinden, die über einen Klimaschutzmanager oder Umweltschutzbeauftragten verfügen. Dieser soll aus dem Projekt „#klimafit“ entstehende Ideen und Anregungen in die politischen Entscheidungsprozesse einspeisen. NRW steigt auf den Zug Die Kurse im Rahmen des Projekts „#klimafit“ finden in Corona-Zeiten auch als Webinare statt. FOTO: REKLIM/ WWF K limaschutz ist Gemeinschaftsaufgabe und braucht Akzeptanz“, sagt Bettina Münch-Epple vom World Wild Fund for Nature (WWF) Deutschland. Das, so ist die Leiterin des Bildungsbereichs des WWF überzeugt, kann nur gelingen, wenn man auf die Menschen vor Ort zugeht, wenn informiert und diskutiert wird, wenn Möglichkeiten geschaffen werden, sich zu engagieren. „Ob das Pariser Klimaschutzabkommen oder der Klimaschutzplan der Bundesregierung erfolgreich umgesetzt werden, hängt entscheidend von unseren Städten und Gemeinden ab“, sagt die gelernte Sinologin. Man müsse das Globale auf das Regionale herunterbrechen. Daher hat der WWF gemeinsam mit dem REKLIM Helmholtz-Verbund „Regionale Klimaänderungen“ das Projekt „#klimafit“ initiiert. Im Badischen sei man 2017 mit neun Volkshochschulen (VHS) als Kooperationspartner an den Start gegangen, so Münch-Epple. Bereits drei Jahre später wird der Kurs an 32 Volkshochschul-Standorten deutschlandweit angeboten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden zu sogenannten Mul- tiplikatoren ausgebildet, die im Anschluss an die von Expertinnen und Experten durchgeführten Veranstaltungen genau wissen, wie sich die Klimakrise in ihrer Region auswirkt, welche Maßnahmen die Kommune zur Klimaanpassung plant und was sie selbst zum Klimaschutz beitragen können. Jeder Kurs hat sechs Bausteine. Auf Basis aktueller wissenschaftlicher Daten werden konkrete Handlungsoptionen vermittelt, um komplexe Entscheidungen in Sachen Klimaanpassung besser treffen zu können. Gefördert wird das Projekt übrigens von der Robert-Bosch-Stiftung und der Klaus-Tschira-Stiftung sowie der Deutschen Postcode Lotterie. Auch in Deutschland, so Münch-Epple, häufen sich Wetterextreme: Zuletzt hätten Dürre, Starkregen und lange Hitzeperioden zugenommen. Die Schäden sind unübersehbar. Das bewegt die Menschen und beschert „#klimafit“ einen regen Zulauf. Mehr als 1.000 Multiplikatoren, so der WWF, haben bereits ein Zertifikat erworben. Die Chance genutzt hat zum Beispiel auch die Kleinstadt Schwarzenbek im Kreis Herzogtum Lauenburg. Auf Antrag der SPD-Fraktion gibt es seit Fe- Das Projekt ‚#klimafit‘ passt gut zum Klimadiskurs. Anja Surmann, Geschäftsführerin beim Klimadiskurs NRW Jetzt kommt das Projekt auch ins bevölkerungsreichste Bundesland NordrheinWestfalen. Im kommenden Jahr sollen 45 bis 60 Volkshochschulen den Kurs ins Programm aufnehmen Für die Koordination vor Ort hat der WWF mehrere „Hubs“ etabliert, eine Art Steuerungszentrale. Hier laufen die organisatorischen Stränge des Projekts für eine bestimmte Region zusammen, erklärt Anja Surmann, Geschäftsführerin beim Klimadiskurs NRW. Sie hat vor wenigen Wochen ein entsprechendes Abkommen mit den Initiatoren von „#klimafit“ unterzeichnet und ist nun dafür verantwortlich, Standorte und Kursleitende zu akquirieren. „Das Projekt passt gut zum Klimadiskurs“, sagt Surmann. Der gemeinnützige und unabhängige Verein will den Klimaschutz voranbringen und gleichzeitig den Industrie- und Wirtschaftsstandort NRW sichern. Der diskursive Austausch zu klimarelevanten Themen gehört gleichsam zur DNA des Vereins. Gerade in den Kommunen in NRW spiele Klimaschutz eine immer größere Rolle, so Surmann. Ob beim ÖPNV, beim Thema Flächenverbrauch oder dem Ausbau von Radwegen: Diese Themen stünden heute überall auf der Tagesordnung. Sie habe sich sofort für das Projekt „#klimafit“ begeistert. „Ob die Klimawende in Deutschland gelingt, entscheidet sich in Nordrhein-Westfalen.“ Denn NRW sei das Energieland Nummer eins und der Energieverbrauch sei hier bundesweit am höchsten. Das Engagement gegen die Klimakrise müsse auch und gerade hier vor der Haustür beginnen. Mehr Informationen reklim.de 8 TITEL Die Kommunen müssen heute mit Phasen von Starkregen und langer Trockenheit umgehen. Wie die Schwammstadt die Extreme mildert Starkregen, Trockenheit, Rekordhitze – die Idee der „Sponge City“für gutes kommunales Wassermanagement Autor Uwe Roth E s ist ein originelles Bild: Kommunen werden zu klimagerechten Schwammstädten. Den Ausdruck Sponge-City haben sich Stadt- und Landschaftsplaner ausgedacht, um die Herausforderungen in Zeiten extremer Wetterlagen auf den Punkt zu bringen. Immer öfter flutet Starkregen die Straßen, Keller und Kläranlagen. Dann folgt eine ungewöhnlich lange Trockenperiode mit Hitzerekorden. Grünanlagen vertrocknen, und die Bewohner leiden unter den Temperaturen. Eine Schwammstadt mildert die Extreme, weil sie darauf vorbereitet ist, überschüssiges Wasser aufzusaugen und zu bunkern. Bleibt der Regen aus, gibt eine Schwammstadt das gespeicherte Wasser nach und nach frei. Grünflächen schaffen das zum Beispiel – nicht nur auf dem Boden, sondern auch auf Dächern und an Fassaden. Jeder bepflanzte Quadratmeter bringt Linderung. Das Prinzip leuchtet ein. Zumindest in der Theorie. Aber letztlich ist der neue Umgang mit Wasser für Kommunen eine große Herausforderung. Bislang muss Trinkwasser für alles herhalten. Der geringste Anteil landet im Menschen. Wasser in Lebensmittelqualität sollte in Zeiten Lange haben die Kommunen gezögert, sich des Themas Regenwasser anzunehmen. Heiko Sieker, Ingenieur des Klimawandels nicht mehr durchs Klo gespült werden. Mit Brauchwasser die Toilette zu reinigen, darauf ist die Kanalisation nicht vorbereitet. Der Umbau ist zeitaufwendig und kostspielig. In Folge der Corona-Krise sind den Kommunen die Einnahmen weggebrochen. Sie legen Investitionen auf Eis. In manchen Neubaugebieten sind Investoren zum Einbau einer innovativen Wasserversorgung und Entsorgung oder zum Bau einer Zisterne aufgefordert. Ohne öffentliche Zuschüsse fehlt aber der Anreiz. Professor Heiko Sieker hat die Idee der Schwammstadt früh aufgegriffen. Der Ingenieur hat sein Büro in Hoppegarten bei Berlin. Er nennt sich und sein Team „die Regenwasserexperten“. Er sagt, lange hätten die Kommunen gezögert, sich dieses Themas anzunehmen. „Seit zwei bis drei Jahren hat sich das geändert. Wir haben sehr gut zu tun.“ Ein großer Kunde findet sich vor der Haustür: die Bundeshauptstadt. Eine Regenflut 2017 sei der Auslöser gewesen, um aus den Überlegungen heraus, auf „die operative Ebene zu kommen“, sagt Sieker. Berlin gründete 2018 als erste deutsche Kommune eine Regenwasseragentur. Die Leiterin Darla Nickel erläutert die Aufgaben so: Die Regenwasseragentur bringt Akteure wie Bezirksverwaltungen, städtische Wohnungsbaugesellschaften, private Investoren und Grundstückseigentümer, Planungs- und Ingenieurbüros, Interessenvertreter und Forschung zusammen. Wissen und Erfahrungen werden gebündelt. Erprobte Lösungen weitergegeben. „Zudem sensibilisiert die Regenwasseragentur die Berliner für die Notwendigkeit und Vorteile einer dezentralen Regenwasserbewirtschaftung und regt durch gezielte Interaktion mit den Akteuren die Maßnahmenumsetzung an“, so Nickel. Ingenieur Sieker demonstriert am Beispiel einer weiteren SPD-geführten Großstadt, dass der Umbau zur Schwammstadt nicht von heute auf morgen geht. Im Münchner Bezirk Freiham-Nord entsteht eine Modellstadt für mehr als 25.000 Menschen. Er erstellte vor acht Jahren ein „Gutachten zur Versickerung, Verdunstung und Grundwasserneubildung“. Regenwasser soll auf dem 190 Hektar großen Gelände verbleiben, weil es nicht natürlich abfließen und zu einem Grundwasserproblem in der Umgebung werden kann. Über Grünflächen entsteht in den kommenden Jahren nach langer Planungszeit ein riesiger Wasserspeicher. Dieser löst nicht nur ein topografisches Problem, sondern ist zugleich eine Antwort auf den Klimawandel. „In Grunde läuft es inzwischen in die Richtung“, beobachtet Sieker die Bereitschaft in den kommunalen Verwaltungen, den Umgang mit Wasser neu zu ordnen. Aber es brauche den politischen Willen, die Verwaltung voranzubringen. „Manchmal ist es typisches Verwaltungsgehabe, wenn man versucht, mit Verweis auf eine seit langem bestehende technische Regel Neues zu blockieren.“ Manchmal hilft politischer Mut. Das weiß Florian Janik, Oberbürgermeister von Erlangen. 2014 ist der SPD-Politiker ins Amt gewählt worden. Klimapolitisch hat er bereits einiges erreicht. Für Aufsehen sorgte der 40-Jährige, als er Steinwüsten als Vorgärten verbot. Entsiegelung ist ein großes Thema. „Nachhaltiges Wassermanagement betreiben aber auch unsere Erlanger Stadtwerke“, sagt er. Zwei Drittel des Trinkwassers gewinnt Erlangen in eigenen Anlagen in drei Wasserwerken. „Wir pflegen ausgedehnte Wasserschutzgebiete im Osten und Westen der Stadt. Auch in unserem Klärwerk achten wir auf Nachhaltigkeit: In den zurückliegenden Jahren wurde es umfassend modernisiert und arbeitet mittlerweile als energieautarkes Klärwerk.“ FOTO: STOCK.ADOBE.COM/ANIMAFLORA PICSSTOCK DEMO 05-06/2020 TITEL 9 05-06/2020 DEMO Digitale Technik schont Klima und Stadtsäckel „SmartRathaus“: Wörth am Rhein ist Modellkommune für das Thema „Klimaschutz im Gebäudebereich“ Autor Harald Sawatzki B ei Dennis Nitsche, SPD, ist jetzt Halbzeit. Vor vier Jahren übernahm der promovierte Politikwissenschaftler in Wörth am Rhein die Amtsgeschäfte als Bürgermeister der rheinland-pfälzischen Stadt mit 19.000 Einwohnern. Weitere vier stehen dem 42-jährigen Sozialdemokraten noch bevor. Ginge es nach ihm, würde er danach wohl wieder als Kandidat antreten – auf einem schwierigen Terrain, wie er gesteht: Während sein Vorgänger über Jahrzehnte aus dem Vollen schöpfen konnte, „muss ich ständig Sparmaßnahmen vertreten“. Dennoch: Mit dem Modellprojekt „Gebäudeautomation“, das die Kommune zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) seit zwei Jahren vorantreibt, kann Nitsche punkten. „SmartRathaus“ tauften die Initiatoren des Projekts ihr Modell, für welches bundesweit fünf Gemeinden aus 50 Kommunen ausgewählt wurden, die sich beworben hatten. Mit dabei sind Borkum, Böblingen, Birkenwerder, Steyerberg und eben Wörth, das nach Einschätzung der Umweltorganisation als „gutes Beispiel“ für das Klimaschutzprojekt „SmartRathaus“ gelten kann. Projektleiter Steffen Holzmann: „Die Stadt hat schon etliche passende Gebäude, aus denen Daten für eine digitale Steuer- und Regeltechnik zusammengeführt werden können.“ Zweitens werde das Ziel verfolgt, darauf hinzuwirken, dass Gebäude länger als lediglich ein paar Jahrzehnte intakt bleiben. Man will die jeweilige Best Practice für alle herausarbeiten. Das ist schließlich der Sinn der Übung. Dennis Nitsche, Bürgermeister in Wörth lisierung geeignet. Mittlerweile lassen sich, auch dank eines überaus engagierten Bereichsleiters und „Technikfreaks“, mehrere Häuser quasi von einem zentralen Cockpit „aus der Ferne beobachten und steuern“. Getreu dem Motto: „Wie erzielen wir die größtmögliche ökologische Wirkung?“ Die drei Wörther Modellobjekte bringen ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit: Die beinahe nagelneue Kindertagesstätte verfügt über „modernste Haustechnik“, deren Anlagen mehr oder weniger problemlos im Sinne der SmartRathaus-Idee optimiert werden können. Sie ist laut Nitsche bereits „unfassbar gut ausgestattet“. Die Festhalle aus dem Jahr 2007 bringt eine zumindest „grundlegende Automationstechnik mit“, wie die DUH deren Zustand beschreibt. Ganz anders das Rathaus: Es war bisher frei von jeglicher digitalen Gebäudeautomation. Mit unterschiedlichem technischen Einsatz sollen die Liegenschaften in Zukunft „weniger geheizt, mehr gesteuert“ werden. Damit werden auch die städtischen Finanzen und das Klima geschont werden, wie Nitsche hofft. In Euro und Cent und eingesparte CO2-Mengen lasse sich das bis zum Jahresende 2020 laufende Vorhaben noch nicht quantifizieren – aber vom Nutzen des Ganzen ist das Wörther Stadtoberhaupt überzeugt. Auch deshalb, weil die erzielten Ergebnisse und Verbesserungen der Digitalisierung bei den regelmäßigen Projekttreffen der beteiligten Kommunen untereinander ausgetauscht werden. Nitsche: Man wolle die jeweilige „Best Practice“ für alle herausarbeiten. „Das ist schließlich der Sinn der Übung.“ Steffen Holzmann sieht das naturgemäß genauso: Eine vereinheitlichte Regulation der digitalisierten Gebäudeautomation sei schon deshalb wünschenswert, weil die für die Kommunen geltenden Standards – zum Beispiel für Heizung, Lüftung, Kühlung, Beleuchtung – in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich seien: Beim Wechsel in ein anderes Bundesland betrete man oftmals „eine andere Welt“. Würden die Vorschriften angeglichen, erleichterte das den Kommunen die Digitalisierung. Die Erfahrungen der fünf Modellkommunen könnten im besten Fall einmal den rund 10.000 kleinen und mittleren Gemeinden zugutekommen. Die drei Wörther Projekt-Gebäude stehen sogar stellvertretend für 170.000 kommunale Liegenschaften, die von den Entwicklungen profitieren könnten, wie die DUH ausgerechnet hat. Da bliebe zu wünschen, dass anderswo ähnlich wie in Wörth Experten im Einsatz sind, die an ihren Aufgaben stetig wachsen. Dennis Nitsche weiß warum. Der sogenannte Hausmeister sei längst zum Techniker geworden, weil er an seiner Arbeit vor allem eines hat: „einen Heidenspaß“. FOTOS: STADT WÖRTH Drei Gebäude im Fokus Die drei Gebäude im Zentrum des Projektes – Rathaus, Kindertagesstätte, Festhalle – eignen sich für den Auf- und Ausbau einer digitalen Steuertechnik auch deshalb, weil die „Gebäude aus mehreren Entwicklungsphasen der Kommune“ stammen. Das Rathaus aus den Zeiten des Baubooms der 60er und 70er Jahre hat „keine entsprechende Technik“, wie Bürgermeister Nitsche weiß. Andere, ganz neue Gebäude sind weit besser ausgestattet und für die Digita- Das in die Jahre gekommene Wörther Rathaus (l.) und die neue Kita mit modernster Haustechnik gehören zum Modellprojekt „SmartRathaus“. 10 TITEL DEMO 05-06/2020 Der Rüsdorfer Kamp wird grün Im schleswig-holsteinischen Heide soll ein Stadtteil komplett mit erneuerbaren Energien versorgt werden Autorin Susanne Dohrn sind auf den Faktor Mobilität und knapp 20 Prozent auf die Stromversorgung zurückzuführen. Geplant sind ein zentraler Batteriespeicher, Luft-Wärmepumpen, ein Wärmespeicher und eine Elektrolyseeinheit für grünen Wasserstoff, bei der auch die Abwärme genutzt werden soll, sowie ein eigenes Wärmenetz. Photovoltaikanlagen auf den privaten Hausdächern sollen zusätzlich regenerativen Strom aus dem Quartier liefern, alles in allem ein für Verbraucherinnen und Verbraucher attraktives Gesamtsystem. Das umzusetzen klingt einfacher, als es ist: Erstens ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz kompliziert. Zweitens ändern sich Rahmenbedingungen, z.B. Einspeisevergütungen für Energie. Hinzu kommt: Für die Einspeisung des Solarstroms müssen Netzentgelte gezahlt werden, selbst wenn er für das eigene Netz genutzt werden soll. „Dies erschwert die Anwendung klimafreundlicher und effizienter Lösungen nach wie vor deutlich“, kritisiert der Bürgermeister. Für ihn ist die Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens entscheidend dafür, ob die Energiewende im Bestandsquartier gelingt. Der 20 Hektar umfassende Rüsdorfer Kamp soll zu einem Leuchtturmbeispiel für ein energieeffizientes Stadtquartier werden. A uf den ersten Blick ist der Rüsdorfer Kamp ein ganz normales Stadtquartier: 20 Hektar groß, mit mehr als hundert Jahre alten Wohnungsbauten und Nachkriegsgebäuden, dazu einige Gewerbebetriebe. Gleichzeitig ist er eines von sechs Leuchtturmprojekten der 2016 gestarteten bundesweiten „Förderinitiative Solares Bauen/Energieeffiziente Stadt“. „Im besten Fall können wir hier zeigen, wie vorhandene Stadtquartiere klimafreundlich versorgt werden können“, sagt Bürgermeister Oliver Schmidt-Gutzat (SPD). Zwei Bundesministerien – Wirtschaft und Energie sowie Bildung und Forschung – fördern das Heider Forschungsprojekt „Quarree 100“ mit 24 Millionen Euro. Es läuft bis zum 31. Oktober 2022 und vereint 20 Projektpartner von der Region Heide, über Unternehmen bis zu Forschungseinrichtungen und Universitäten. Schmidt-Gutzat: „Die Bearbeitung eines großen Forschungsprojekts ist eine Riesenchance für die Energiewende und Herausforderung zugleich.“ Die Stadt Heide mit ihren 22.000 Einwohnern liegt in einer stark von Windenergie geprägten Region. Seit Jahren er- zeugt Schleswig-Holstein mehr Strom aus erneuerbaren Energien als es verbraucht, das meiste davon Windstrom. Tausende Anlagen drehen sich an Land und auf dem Meer. Die Kehrseite zeigt sich an windreichen Tagen. Dann stehen viele Windräder still, weil ihr Strom das Netz überlasten würde. Sie sind „abgeriegelt“. 3750 Gigawattstunden waren es 2019, die dafür von den Verbrauchern zu tragenden Entschädigungszahlungen betrugen 380 Millionen Euro. Nachhaltig ist das nicht. Im Zentrum steht die Wärmeversorgung Das Forschungsprojekt soll die Frage beantworten, wie man ein Energiesystem so gestaltet, dass es zu 100 Prozent regenerativ ist. „Wenn viel Wind weht, soll das ‚Quarree 100‘ wie ein Schwamm überschüssige Windenergie aufnehmen und so das Gesamtsystem entlasten“, sagt Torben Stührmann, einer der wissenschaftlichen Sprecher des Projekts. Im Zentrum steht die Wärmeversorgung des Stadtteils, weil mit 56 Prozent der größte Teil des CO2-Ausstoßes im Quartier dieser Quelle entstammt. Weitere 25 Prozent GROSSPROJEKT 24 Millionen Euro Fördervolumen hat das Projekt „Quarree 100“. 20 Verbundpartner erforschen eine effiziente Strom-, Wärmeund Kraftstoffversorgung. QUELLE: EIGENEN RECHERCHE Bessere Rahmenbedingungen fordert Bürgermeister Oliver Schmidt-Gutzat (SPD). Und so bewegt sich das Forschungsprojekt in einem vielfältigen Spannungsfeld zwischen der Weiterentwicklung des Stadtteils, den Interessen eines zukünftigen lokalen Energieanbieters, energiepolitischen Entscheidungen auf landes-, bundes- und europapolitischer Ebene und den Erwartungen der Bewohnerinnen und Bewohner, die zuweilen nur einfach wissen wollen, ob es sich jetzt noch lohnt, die Heizung auszutauschen. Deshalb sind sie in dem Forschungsprojekt zentral. Sie sollen möglichst zahlreich freiwillig mitmachen, damit „Quarree 100“ Vorbild auch für andere Kommunen werden kann. Regelmäßig finden Informationsveranstaltungen statt – vom Bürgerstammtisch über Experten- und Zukunftsgespräche, Stadtspaziergänge bis hin zu Exkursionen in andere energieoptimierte Quartiere sowie einer individuellen Energieberatung. Bürgermeister Schmidt-Gutzat bringt es so auf den Punkt: „Die Energiewende muss sich lohnen, damit sie vor Ort gelingt.“ Wo die technischen Anlagen stehen sollen, steht inzwischen fest: in der Nähe der Bahn, wo sie möglichst wenig stören und die Stadt Flächen besitzt. Den B-Plan dafür hat der Bauausschuss schon aufgestellt. Ende 2022 sollen die baulichen Maßnahmen abgeschlossen sein. Weitere Informationen quarree100.de FOTOS: STADT HEIDE; JACOBS/STADT HEIDE (LUFTBILD) Vielfältiges Spannungsfeld TITEL 11 05-06/2020 DEMO Gemeinschaftliches Kraftwerk Seeth-Ekholt erteilt Bauherren Auflagen zum Klimaschutz Autor Carsten Wittmaack FOTOS: CARSTEN WITTMA ACK E s muss nicht immer ums Geld gehen, wenn Projekte zum Klimaschutz umgesetzt werden sollen. Gerade kleinere Städte und Gemeinden bringen hier gern das Argument der leeren Kassen ins Spiel. Die Politiker in Seeth-Ekholt zeigen aktuell, wie man den Klimaschutz voranbringen kann, ohne die Gemeindekasse stark zu belasten. Was allerdings dazu gehört, sind eine gehörige Portion Durchsetzungsvermögen und ein langer Atem. Seeth-Ekholt ist ein Dorf mit 850 Einwohnern im Kreis Pinneberg. Die Nachbarstadt Elmshorn liegt zum Greifen nah, und auch Hamburg ist mit Auto oder Bahn in einer halben Stunde erreicht. Eine Toplage also, die entsprechend begehrt ist. Und so ist die Nachfrage nach Baugrundstücken deutlich höher als das Angebot. Ein Neubaugebiet mit 29 Wohngrundstücken soll Abhilfe schaffen. Doch wer hier bauen möchte, muss bereit sein, sein Haus an ein Blockheizkraftwerk anzuschließen. Schon zu Beginn der Planungen vor zweieinhalb Jahren hatte Bürgermeister Michael Rosenthal die Idee, das moderne kleine Heizkraftwerk zu einem Muss für die künftigen Bauherren zu machen. Auch Klaus Balzat, Vorsitzender der örtlichen Wählergemeinschaft, zeigte sich über- zeugt, dass man das Blockheizkraftwerk realisieren müsse, „schon mit Blick auf die nächste Generation“. Rosenthal bezeichnete den Bau hinsichtlich der deutlichen Verbesserung der CO2-Bilanz als „einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz“. Inzwischen ist das Blockheizkraftwerk betriebsbereit. Die ersten Häuser stehen kurz vor der Richtfestreife. Nicht bei allen potenziellen Bauherren stieß das kleine Heizkraftwerk jedoch auf Gegenliebe. Die Kritik: Es werde Gas für die Stromerzeugung „vergeudet“, insofern sei das Umwelt-Argument nicht stichhaltig. Außerdem müssten sich alle Bauherren für 15 Jahre an das Blockheizkraftwerk und an die Elmshorner Stadtwerke, die es betreiben werden, binden. Doch Rosenthal und Balzat blieben standhaft. „Wer im Neubaugebiet nicht bauen möchte, muss es ja nicht“, so Rosenthals Standpunkt. Die Stadtwerke Elmshorn betreiben bereits fünf entsprechende Netze, das älteste ist seit 1985 im Einsatz, das größte hat 220 Anschlussnehmer. Eine Insolvenz des Betreibers sei praktisch ausgeschlossen, weil die Stadtwerke im Besitz der Stadt Elmshorn seien, sagt Rosenthal. Nach Ablauf des Vertrags sollen Nutzer aus der Fernwärme aussteigen können, die Kosten für den Rückbau der Haus- Dorfgemeinschafts- und Schützenhaus sollen bis zum Winter an das Blockheizkraftwerk angeschlossen werden. Bürgermeister Michael Rosenthal (r.) und Klaus Balzat, Vorsitzender der örtlichen Wählergemeinschaft, vor dem betriebsbereiten kleinen Heizkraftwerk. anschlüsse werden von den Stadtwerken übernommen. „Auch bei uns in der Gemeindevertretung wurde das BlockheizkraftwerkProjekt konträr diskutiert“, gibt Rosenthal zu. Doch den Energieträger Erdgas könne man relativ einfach später einmal auf Strom umstellen. Gleichzeitig betont Seeth-Ekholts Bürgermeister den verbindenden Gemeinschaftscharakter des Projekts: „Mit dem Blockheizkraftwerk tun wir alle zusammen etwas für die Umwelt.“ Angeschlossen werden sollen auch Feuerwache, Kindergarten und Dorfgemeinschaftshaus samt Schützenhaus. Alle diese öffentlichen Bauten liegen in Sichtweite zum Neubaugebiet. „Als erstes wird unser Dorfhaus an die Reihe kommen“, kündigt Rosenthal an. Die Fernwärmeleitung sei schon bis in das Gebäude verlegt worden. „Wir rechnen mit einem Anschluss vor dem nächsten Winter.“ Bei der Kita sei die Lage „etwas schwierig“, weil die Heizungsanlage dort erst ein knappes Jahr alt sei. Wahrscheinlich werde vorher noch die Feuerwache angeschlossen. Da müsse aufgrund der Corona-Krise allerdings einmal aufs Geld geschaut werden. Ein optisches Schmuckstück ist das Blockheizkraftwerk nicht unbedingt. Der schlichte weiße Kasten am Rande des Neubaugebiets ähnelt einem übergroßen Container mit drei Schornsteinen. Durch das kleine Heizkraftwerk entstünden der Gemeinde keine direkten Kosten, versichert Rosenthal. „Wir mussten dafür kein Geld in die Hand nehmen, das Grundstück haben wir über Pacht den Stadtwerken zur Verfügung gestellt.“ Anzeige Digitale Verwaltung Rheinland-Pfalz 2020 Vernetzte Evolution zum Wohle von Bürger/-innen, Wirtschaft und Verwaltung 24. November 2020, Mainz www.dv-rlp.de In Kooperation mit #dvrlp20 Eine Veranstaltung des 12 TITEL DEMO 05-06/2020 Die SPD-Fraktion des Bremer Stadtteils Blumenthal hat jetzt ein Positionspapier für den Klimaschutz vorgelegt Autor Ulf Buschmann M arcus Pfeiff ist ein Mann der klaren Worte und der Tat. Dies gilt für den SPDKommunalpolitiker aus dem Bremer Stadtteil Blumenthal auch in Sachen Klimaschutz. Konkrete Schritte vor Ort müsse es geben, ist Pfeiff überzeugt. Er sieht gerade die Sozialdemokraten in einer Vorreiterrolle. „Wir müssen beim Klimaschutz auch die soziale Komponente denken.“ Was vor Ort möglich ist, haben die Blumenthaler Sozialdemokraten in ein dreiseitiges Positionspapier hineingeschrieben. Damit sind die Genossinnen und Genossen des nördlichsten Bremer Stadtteils führend in der Stadt – nicht nur, was den Zeitpunkt angeht. Vielmehr hat die SPDBeiratsfraktion das ehrgeizige Ziel, dass sich der Stadtteil insgesamt bei seinen Klimaschutz-Aktivitäten an die Spitze der Hansestadt setzt. Ihr Credo laut Pfeiff: „Wir möchten keine Entwicklung blockieren, sei es bei Neubaugebieten oder Gewerbegebieten.“ Beirat Marcus Pfeiff (SPD) will seinen Stadtteil Blumenthal in Sachen Klimaschutzaktivitäten an die Spitze der Hansestadt Bremen setzen. 14 mögliche Projekte aufgelistet. An oberster Stelle steht der „E-Day“. Ihn gibt es seit drei Jahren – bislang als reine E-Mobilitäts-Messe, die „mittelfristig zu einer Nachhaltigkeitsmesse mit breiterem Spektrum“ entwickelt werden soll. Die SPD-Fraktion hat sich auch das öffentliche Nahverkehrsangebot angeschaut. Ihr Schluss: Es ist noch viel Luft nach oben. Zur Entlastung könne etwa eine Personenfährverbindung in die Bremer Innenstadt gehören, um den Berufsverkehr zu mindern. Dazu zähle ebenso „eine durchgehende und verlässliche S-BahnVerbindung zum Hauptbahnhof“. Zwar gibt es die sogenannte Regio-S-Bahn, doch die Betreiberin Nordwestbahn hat sich in den vergangenen zwei Jahren als reichlich unzuverlässig erwiesen. Ins Visier nehmen die Blumenthaler Sozialdemokratinnen und -demokraten Klimanotstand ausgerufen Auf Senatsebene hat sich die rot-grünrote Koalition im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass für ihre Politik ein „Klimavorbehalt“ gelten soll. Dennoch haben es die Sozialdemokraten auf Stadtteilebene gar nicht so leicht, ihre Vorstellungen zu verwirklichen. Vielmehr kristallisiert sich in den 22 Stadtteilbeiräten immer mehr eine Zusammenarbeit von CDU und Grünen heraus. Die Blumenthaler haben als erstes Stadtteilparlament einem „Klimanotstand“ zugestimmt. Sie einigten sich darauf, Vorschläge vorzulegen, wie der Stadtteil und seine Bürger etwas für das Klima tun können. Die SPD hat jetzt geliefert. Auch von den Grünen liegt nach Auskunft des stellvertretenden Ortsamtsleiters Thomas Backhaus inzwischen eine Antwort vor. Befassen werde sich der Beirat in den kommenden Wochen damit. Ziel ist ein Leit faden, dem am Ende alle Parteien zustimmen sollen. Zu diskutieren gibt es vieles, denn die SPD hat in ihrem Positionspapier Das Krafktwerk Farge in Bremen. Die SPD-Fraktion Blumenthal fordert eine Konversion statt Schließung. Konversion des Kraftwerks Auch das Kraftwerk Bremen-Farge, soll als Pflichtthema auf die Tagesordnung des Beirats kommen. Aktuell verfügt das es über einen Block mit einer Nettoleistung von 350 Megawatt. Seit Jahren wollen Umweltschützer und Grüne die Anlage zur Verbrennung von Steinkohle stilllegen. „Was wir fordern, ist eine Konversion“, umreißt Pfeiff die SPD-Vorstellungen zu einer sinnvolleren und nachhaltigeren Nutzung der Anlage. Wie die Lösung aussehen könnte, soll eine Kommission mit Vertretern der Kraftwerksbetreiber Riverside, Arbeitnehmern, Wissenschaftlern sowie Mitarbeitenden des Umwelt- und Wirtschaftsressorts diskutieren. Wasserstoffgewinnung und Stromspeicherung sind hier Stichworte. Aber darum gehe es nicht allein, erklärt Pfeiff. Zwar würden im Kraftwerk nur noch 30 Leute arbeiten. Trotzdem spiele das Unternehmen wegen der Vielzahl von Ausbildungsplätzen eine wichtige Rolle für den Stadtteil und die Region. Eine Kernforderung der SPD ist zudem, dass die Position „Nachbarschaftsmanagerin für den Umweltschutz“ nach dem Auslaufen der Bundesförderung verstetigt beziehungsweise neugeschaffen werden soll. Zu tun gebe es für die Menschen im Stadtteil genug. Zu den Aufgaben gehören zum Beispiel Schulprojekte und Umwelterziehung, nachhaltige Neubauplanung und Sanierung, Regenwassernutzung und Dachbegrünung oder biologische Gartengestaltung. Auch ein Repaircafé oder Tauschbörsen schonen Ressourcen. Und dann ist da noch der örtliche Handel. Ihn wollen die Sozialdemokraten fördern mit auf Bremen-Nord beschränkten Online-Plattformen und eigener Logistik als Gegenentwurf zum Internetkaufhaus Amazon und Co. „Regionale Zusammenschlüsse unter Einbindung örtlicher Lieferunternehmen wären ein wertvoller Beitrag für Zusammenhalt, Erhalt der Arbeitsplätze und Schonung der Natur.“ Mehr Informationen kurze-wege-bremen.de FOTOS: ULF BUSCHMANN Klare Worte und Taten ferner das Trinkwasser. Hintergrund: Im Stadtteil befindet sich das einzige Bremer Wasserwerk. Zur Trinkwassergewinnung entnimmt es Grundwasser – das ist jedoch gefährdet, weil sich durch das in den 1930er Jahren angelegte Tanklager Farge eine Ölphase auf der Grund wasseroberfläche gebildet hat. Der Betrieb im Tanklager ist inzwischen eingestellt, doch die Umweltgefahren sind nicht beseitigt. TITEL 13 05-06/2020 DEMO Das Sonnenkraftwerk in Moers liegt nicht weit vom Stadtzentrum entfernt. Natürliche Energiequelle mitten in Moers Der Solarpark Vinn hat es auf die Referenzliste regenerativer Vorzeigeprojekte in NRW geschafft Autorin Maicke Mackerodt FOTO: ENNI D rehscheibe am Niederrhein – so wird Moers genannt, ein schönes Städtchen am westlichen Rand vom Ruhrgebiet im Landkreis Wesel. Neben dem Moerser Schloss gibt es jetzt eine weitere Sehenswürdigkeit: Anfang des Jahres schaffte es der Solarpark im Stadtteil Vinn in die Referenzliste regenerativer Vorzeigeprojekte des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW). Die Energie-Agentur NRW nahm den „Solarpark inmitten der Stadt“ in die regenerative Bestenliste des Landes auf. Unter der Dachmarke KlimaExpo NRW will die Energie-Agentur Vielfalt im Klimaschutz zeigen und zugänglich machen. Der Solarpark Vinn ist besonders, weil er sich wegen seiner Lage relativ nah am Stadtzentrum deutlich von anderen Solarparks unterscheidet. Errichtet hat die natürliche Energiequelle mitten in Moers, wo 100.000 Menschen leben, die ENNI Solar GmbH, Tochter des Energieversorgers ENNI Energie & Umwelt Niederrhein GmbH. Entstanden ist ENNI aus der Verschmelzung der Stadtwerke Moers und Neukirchen-Vluyn „ENNI hat allein den kommunalen Gesellschaften in zwei Jahr- SONNENENERGIE 3,7 Millionen Kilowattstunden Strom erntet der Energieversorger ENNI Energie & Umwelt Niederrhein GmbH. 1.100 Einfamilienhäuser können laut ENNI damit versorgt werden. 10.000 Photovoltaik-Module sollen mindestens die nächsten 20 Jahre Sonnenlicht in Strom verwandeln. QUELLE: ENNI, EIGENE RECHERCHE zehnten weit über 200 Millionen Euro Gewinn in leere Kassen gespült. Das Unternehmen ist heute mit rund 260 Millionen viermal so viel wert wie zur Gründung“, weiß Geschäftsführer Stefan Krämer. Die Tochtergesellschaft ENNI Solar ließ südlich der Autobahn A 40, direkt an der Anschlussstelle Moers-Zentrum den beeindruckend anzusehenden Solarpark Vinn errichten. Die mehr als 10.000 Photovoltaik-Module sind auf der Fläche von fünf Fußballfeldern sturmsicher auf Betonfundamenten verankert und sollen mindestens die nächsten 20 Jahre Sonnenlicht in Strom verwandeln. Nach der Steinkohlenbergbau-Tradition, die in Moers 1993 endgültig endete, gewinnen jetzt Klimaschutz und umweltschonende Energiegewinnung an Bedeutung. ENNI Solar betreibt konzernweit mehrere Energie-Anlagen: Dazu gehören neben dem Solarpark Vinn das mit dem deutschen Solarpreis ausgezeichnete Solarkraftwerk, das in Mühlenfeld in Neukirchen-Vluyn liegt, zwei Windparks im Moerser Norden sowie mehr als 70 Photovoltaik-Dachanlagen, die unter anderem auf städtischen Gebäuden installiert sind. Ein Biomassekraftwerk in Utfort produziert neben Wärme auch Strom. Unterstützt werden solche Projekte in Moers mehrheitlich im Rat auch von der Bündnis-Fraktion SPD, Grüne und Die Grafschafter. „Die ENNI hat mit mutigen Ideen dieses tolle regenerative Projekt auf den Weg gebracht. Als SPD sind wir froh über einen Energieversorger, der die Energiewende vorantreibt und dabei stets die Verbraucherinnen und Verbraucher im Blick hat“, so Landtagsabgeordneter Ibrahim Yetim (SPD). Der Vize-Bürgermeister unterstützt die städtische Tochter und deren umweltfreundliche Energieproduktion auf ihrem Weg. Für Ibrahim Yetim, der bei der Kommunalwahl für die Moerser SPD um das Bürgermeisteramt kämpft, „ist der Solarpark Vinn ein tolles Beispiel für die Energiewende vor Ort“. Was den Solarpark Vinn betrifft, beurteilten Experten im Jahr 2015 das Projekt als nahezu unmöglich zu verwirklichen. Die Fläche westlich der Autobahnabfahrt ist Teil des Grünzugs des Regionalverbands Ruhr, sie steht unter Landschaftsschutz, ist Wasserschutzgebiet. Vier Jahre verhandelte ENNI mit vielen Institutionen, ließ als ökologischen Ausgleich 47 Bäume pflanzen, dazu kamen 5.400 Quadratmeter Hecken und Büsche. 8.900 Quadratmeter Wiese wurden gepflanzt und mehr als 40.000 Quadratmeter Wiese werden erhalten. Über die Tochtergesellschaft ENNI Solar wurden letztendlich über 2,5 Millionen Euro in den Solarpark Vinn investiert. Zuschlag für EEG-Fördermittel ENNI erntet in Vinn jährlich etwa 3,7 Millionen Kilowattstunden Strom. Das reicht laut ENNI für rund 1.100 Einfamilienhäuser. Zudem leiste die Anlage durch den wegfallenden jährlichen CO2-Ausstoß von 2,2 Tonnen einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz vor Ort. Gerne hätte ENNI den Solarpark etwas größer gebaut, aber laut den gesetzlichen Vorgaben müssen Photovoltaik-Anlagen 110 Meter Abstand von der Autobahn einhalten. Für einen weiteren geplanten Solarpark auf einem ehemaligen Nato-Gelände in Xanten erhielt ENNI als eines von nur zwei Projekten in Nordrhein-Westfalen im Januar den Zuschlag der Bundesnetzagentur für die begehrten EEGFördermittel. „Das zeigt, wie wirtschaftlich unsere Anlagen auch in unserer von Sonnenstunden weniger verwöhnten Region sind“, so Stefan Krämer. Das Ziel: ENNI erzeugt bisher 35 Prozent des in ihrem Netzgebiet benötigten Stroms umweltfreundlich und will bis zum Jahr 2035 zur Hälfte Ökostrom liefern, ein für Stadtwerke ambitionierter Wert. 14 TITEL DEMO 05-06/2020 Das Zentrum von Zwickau: Straßenbäume gestalten nicht nur ein ansprechendes Stadtbild, sondern dienen als Frischluftspender, Staubfilter und natürliche Klimaanlagen. Die SPD-geführte Stadt in Westsachsen setzt schon seit Jahren Trends mit vorausschauender Umwelt- und Klimapolitik Autor Harald Lachmann G eht es um kommunale Umwelt- und Klimastandards, ist Zwickau schon lange Vorreiter. Ist vom „Zwickauer Modell“ die Rede, meint dies zweierlei: zum einen ein bundesweites Pilotprojekt, bei dem Eisenbahn- und Straßenbahngleise zu einer Dreischienen-Trasse kombiniert werden, um die City möglichst autofrei an das Umland zu koppeln. Und zum anderen ein Projekt zur kommunalen Klimaanpassung: das zeitgemäße Management innerstädtischer Straßen bäume. So werden neue Bäume direkt am Fahrbahnrand gepflanzt, auch zu Lasten von Parkraum. Denn die 12.000 Straßenbäume in Zwickau – vorrangig Ahorn, Linde und Esche – sieht Michael Mühmel, Chef des städtischen Umweltbüros, als Multitalente. Angesichts zunehmender Hitzeperioden dienen sie als Stadtbildgestalter ebenso wie als Frischluftspender, Staubfilter und Klimaanlagen. „Darum haben wir genau analysiert, welche Bäume sich für die jeweilige räumliche Situation am besten eignen, etwa bei dicht befahrenen Straßen.“ Erkunden wollte man dabei, „welche Arten mit dem Klimawandel am besten zurechtkommen und sich zugleich effektiv unterhalten lassen“. Ahorn & Co. kommt eine wichtige Rolle im Zwickauer Klimaanpassungskonzept zu. Erarbeitet wurde es von einem Rathausexperten, wie es diese auch bundesweit noch selten gibt: einem hauptamtlichen Klimaschutzmanager. Bereits seit dem Jahr 2012 leistet sich Zwickau die Stelle. Etwa zeitgleich entstand auch ein komplexes Energie- und Klimaschutzkonzept, gefördert über die kommunale Klimarichtlinie des Bundes. Möglich wurde das auch dank Strukturveränderungen innerhalb der Verwaltung. Denn im Jahr 2008 – als die couragierte SPD-Frau Pia Findeiß das Amt der Oberbürgermeisterin übernahm – verlor die 90.000-Einwohner-Stadt ihre Kreisfreiheit, avancierte fortan zum Sitz eines neuen Großkreises. So baute man Teile des Umweltamts, die bei der Stadt blieben, in ein neues Umweltbüro ein. „Und zugleich kamen neue Aufgaben hinzu, wie der Klimaschutz“, so Mühmel. Eine professionelle Planstelle hierfür zu schaffen, lag deshalb auf der Hand. Zwar gab es dafür auch Fördermittel, dennoch musste der Posten im Stadtrat erst durchgesetzt werden, da dort die Zeichen auf Sparen standen. Den fachlichen Background für Zwickaus Umwelt- und Klimastrategie E-MOBILITÄT Drei Elektro-Autotypen baut Volkswagen in Zwickau: e-Golf, e-up! und ID.3. Die Zwickauer Verwaltung nutzt bereits 13 E-Autos. Gemeinsam mit VW entsteht auch ein kommunales E-Mobilitätskonzept. Von Herbst 2020 an wird es dann auch belastbare Vorgaben für die künftige Ladesäulen-Infrastruktur bis zum Jahr 2025 geben. Das Zwickauer Umweltbüro geht dabei nicht nur davon aus, dass sich die Zahl der E-Autos in Zwickau auf 2.500 verdreifacht, sondern dass dann auch Hunderte Auswärtige in die Stadt „stromern“. So soll es 2025 bereits 173 Normalbzw. Schnellladepunkte geben. (HL) Säulen im Klimakonzept In Zwickau hat auch Volkswagen ein Werk – da liegt es nahe, dass man auch in der Elektromobilität Trends setzt (siehe Kasten). Oberbürgermeisterin Pia Findeiß erwartet, dass ihre Stadt künftig auch als ein „Zentrum moderner Mobilität“ weit über ihre Grenzen hinaus strahlt. Eine weitere Säule im Klimakonzept der Stadt bildet eine Klimafunktionskarte, wie Michael Mühmel erläutert. „Denn für die Bauleitplanung ist es wichtig zu wissen, wo es Gebiete gibt, die sich überhitzen, und wo Kaltluftentstehungsgebiete sind.“ Letztere gelte es unbedingt freizuhalten, um eine Luftzirkulation zu ermöglichen. Was man früher „aus dem Bauch heraus“ geplant habe, sei nun Teil des professionellen Klimamanagements. FOTO: HARALD LACHMANN Was der Klimamanager in Zwickau alles bewirken kann liefert seit 2011 der European Energy Award (eea). Über dieses Qualitätsmanagementverfahren, das einen Bogen von der Ist-Analyse über das Erstellen eines Arbeitsprogramms bis zur Projektumsetzung und sukzessiven Anpassung an eine sich stetig ändernde Umwelt liefert, lassen sich bereits 300 deutsche Gemeinden zertifizieren. Vor der Erarbeitung eines integrierten Energie- und Klimaschutzkonzepts (EKK) hatte die Stadt zuständige Mitarbeiter aller relevanten Ämter und Bereiche an einen Tisch geholt – Grünflächen- und Tiefbauamt, Stadtentwicklung und Straßenbeleuchtung, um einige zu nennen. „Das war ein sehr guter Einstieg, den ich so jeder Gemeinde empfehlen würde“, so der Umweltbürochef. Denn das EKK liefere für die Folgejahre eine stabile Handlungs- und Planungsgrundlage, erst recht wenn es ein hauptamtlicher Klimamanager koordiniere. Ein OnlineTool im eea-Programm ermögliche zudem ein latentes Controlling. BLICKPUNKT 15 05-06/2020 DEMO Mehr digitale Verwaltungen nach Corona Die Arbeitskultur hat sich mit der Pandemie radikal verändert. Vieles soll so bleiben Autorin Karin Billanitsch D ie öffentlichen Verwaltungen haben auf die Bewältigung der Corona-Krise sehr flexibel reagiert, um die besonderen Umstände zu meistern. Arbeitsabläufe, Kommunikation, Computerinfrastruktur – die Krise hat die Arbeitskultur in Ämtern und Behörden in unglaublicher Geschwindigkeit radikal verändert. Heimarbeit, moderner Homeoffice genannt, musste überall eingeführt werden. So berichtet Bürgermeister Volker Weber aus Marpingen im Norden des Saarlandes: „Zum Glück hat unsere Gemeinde ein kleines, aber feines eigenes IT-Team, das sehr frühzeitig auf die Krise reagiert und eine große Zahl an Notebooks, Headsets, Webcams und Co. angeschafft und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult hat. So konnten vor allem Schlüsselpositionen in der Verwaltung ausgestattet werden.“ In der Krise wurde in Marpingen ein Rotationssystem eingeführt, bei dem rund 50 Prozent der Mitarbeiter nicht im Rathaus arbeiten konnten. FOTOS: STOCK.ADOBE.COM/ALBERTO GROSESCU; STOCK.ADOBE.COM/PESHKOVA Schnelle Umstellung Durch die Umstände und Zwänge der Krise sei diese Umstellung auf Homeoffice sehr unkompliziert und schnell vonstatten gegangen, so Weber. „Lange Debatten über Vor- und Nachteile der Heimarbeit in der Verwaltung wurden durch Corona obsolet, da es in dieser Zeit nur darum ging, die Arbeitsprozesse überhaupt am laufen zu halten.“ Wird sich dadurch nun die Arbeitskultur nachhaltig verändern? Was hat sich bewährt? Darauf angesprochen sagt der Marpinger Bürgermeister: „Nach der Krise werden wir uns aber auch den erwähnten Debatten wieder stellen müssen. Wir haben viele Erfahrungen sammeln können und daraus werden wir unsere Strategie ableiten.“ Aus Webers Sicht eignen sich tendenziell besonders Bereiche der Verwaltung ohne Besucher-/ Bürgerverkehr für das Arbeiten im Homeoffice. Ausschlaggebend ist für ihn hier die technische Machbarkeit. „Eine gute Ausstattung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Endgeräten ist aus meiner Sicht eine Grundvoraussetzung für vernünftiges Arbeiten im Homeoffice.“ So müsse auf den Endgeräten Fachsoftware – zum Beispiel Finanz- und Haushalts- oder Geodatenprogramme – installierbar sein. Und vor allem, darauf weist Weber eigens hin, muss der Datenschutz im Homeoffice gewährleistet sein, da zum Teil sensible Daten der Bürgerinnen und Bürger verarbeitet werden. Nicht nur bei der sicheren Übertragung der Daten, sondern auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Heimarbeitsplatz, damit Daten dort nicht in die falschen Hände geraten. Das sei nur durch Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und klare Richtlinien möglich, betont Weber. Beschleunigte Digitalisierung Prozesse der Digitalisierung sind, wie sich gezeigt hat, während der Krise von besonderer Bedeutung. Und zwar nicht nur in großen Städten, sondern auch auf dem Land. Dabei hat die Bewältigung der Pandemie mancherorts als Katalysator gewirkt: Mitte April ist in der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte im Landkreis Stendal das „digitale Rathaus“ früher als geplant gestartet, wie Bürgermeister Andreas Brohm twitterte. „Das neu entwickelte Angebot ist wegen der CoronaKrise vorzeitig gekommen“, so der Bürgermeister. Die 5.500 Bürgerinnen und Bürger, sowie auch Vereine und Unternehmen, haben nun einen kontaktlosen Online-Service, den sich viele Gemeinden nur wünschen können. Es gebe 10.000 potenzielle Nutzerinnen und Nutzer, erklärte Brohm zu Beginn des Projekts. Seit dem Start wurde das Angebot wöchentlich vergrößert: Ob es sich um Kita-und Auto-Anmeldungen, Hundesteuer-Fragen, Anmeldung von Veranstaltungen oder eine der anderen Leistungen dreht: „Es führt zu Zeitersparnis, geht schneller und unkomplizierter von zu Hause aus“, sagt Brohm. Ein solches Angebot soll es im gesamten Land Sachsen-Anhalt geben, und es soll vom Finanzministerium verwaltet werden. Im Juni 2019 hat das Bundesland das E-Government-Gesetz beschlossen, wonach viele Behördengänge ab 2022 online statt auf dem Amt abgewickelt werden können. Die Corona-Krise hat hier einen Schub gebracht. So auch in der Gemeinde Pattensen in Niedersachsen. Sie war unter Bürgermeisterin Ramona Schumann auch vor der Krise digital gut aufgestellt. „Wir konnten uns aber noch einmal steigern“, sagt sie. Ein großes Thema ist für sie, wie für viele Bürgermeister im ländlichen Raum, eine Grundausstattung mit kontinuierlich schnellem Internet. „Wenn es scheitert, dann nicht an der Leistungsfähigkeit der Verwaltung, sondern tatsächlich an den vor Ort bei den Beschäftigten vorliegenden Bedingungen“, erklärt die Bürgermeisterin. „Wenn der Breitbandausbau nicht jetzt bis zur letzten Milchkanne passiert, werden all die guten Entwicklungsschritte verpuffen. Homeoffice, Videokonferenzen und digitaler Unterricht brauchen Infrastruktur. Jetzt“, fordert Schumann. Das Rathaus in Marpingen wurde – zum Glück – wenige Wochen vor der Corona-Krise an das Glasfasernetz angeschlossen. „Videokonferenzen, Datenübertragungen und das beste Homeoffice-Konzept bringen herzlich wenig, wenn nicht auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu Hause schnelles Netz zur Verfügung steht“, sagt Bürgermeister Weber. Hier sieht er auch die Kommunikationsunternehmen gefordert, die Ihre Glasfasernetze oder zumindest das 4GNetz ertüchtigen und auch die 5G-Technologie im ländlichen Raum ausbauen müssten. Nach der Corona-Krise wird das Rad nicht ganz zurückgedreht werden: „Die Geräte und die Kommunikationssoftware, die in der Krise angeschafft wurden, sind jetzt vorhanden. Also werden wir sie auch weiter nutzen“, gibt sich Weber überzeugt. Gerade bei Terminen, die eine längere Anreise erfordern, machen Video- oder Telefonkonferenzen auch unter Klimaschutzaspekten mehr Sinn. Vernachlässigen sollte man aber auch nicht den persönlichen direkten Kontakt, findet der Bürgermeister. „Gerade bei größeren Treffen arbeitet und netzwerkt man ja auch viel abseits des Konferenztisches.“ Darauf möchte er nicht vollständig verzichten. „Ich bin für ein Mehr an Videokonferenzen. Aber nach Maß. Ganz ohne den persönlichen direkten Kontakt geht es in unserer Arbeit nicht.“ Blickpunkt Corona-Krise Wir haben viele Erfahrungen sammeln können und daraus werden wir eine Strategie ableiten. Volker Weber, Bürgermeister in Marpingen Homeoffice ist derzeit ein Weg, die Krise zu bewältigen. Ohne schnelles Netz bringen die besten Konzepte wenig. 16 BLICKPUNKT Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) präsentieren den Koalitionsbeschluss. Konjunkturpaket sorgt für Erleichterung Wegen der Corona-Krise fehlen den Kommunen Steuereinnahmen. Die große Koalition will ihnen helfen Autor Carl-Friedrich Höck Z wei lange Tage berieten die Spitzen von CDU, CSU und SPD über ihr Konjunkturpaket. Auf das Ergebnis warteten auch die Städte und Gemeinden mit großer Spannung. Als schließlich Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Olaf Scholz am Abend des 3. Juni das Paket präsentierten, war die Erleichterung groß. „Ein beeindruckendes Signal, um die Handlungsfähigkeit der Kommunen trotz der CoronaKrise zu sichern“, befand der Präsident des Deutschen Städtetags Burkhard Jung. Landkreistag-Präsident Reinhard Sager sprach von einem „Meilenstein“. Und Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, nannte die Vereinbarung ein „Vertrauenssignal an die Bürgerinnen und Bürger, die auf eine effektive, funktionsfähige kommunale Daseinsvorsorge hoffen.“ Das Paket enthält eine Reihe an Maßnahmen, die den Kommunen unmittelbar helfen (mehr dazu auf Seite 17). Die wichtigsten: Der Bund will den Kommunen pauschaliert die Hälfte der zu erwartenden Gewerbesteuerausfälle von 11,8 Milliarden Euro ersetzen. Und er übernimmt einen höheren Anteil an den Kosten der Unterkunft (KdU) für Arbeitsuchende in Grundsicherung und für Sozialhilfeempfänger. Das entlastet die Kommunen um vier Milliarden Euro jährlich. Harald Riedel (SPD) Bundesfinanzminister Olaf Scholz will nicht, dass wir gegen die Krise ansparen. Das halte ich für ganz wichtig. Harald Riedel, Kämmerer der Stadt Nürnberg Auf Hilfsmaßnahmen wie diese sind die Städte und Landkreise auch angewiesen. Die Mitte Mai vorgelegte Steuerschätzung belegte das schwarz auf weiß. Danach fehlen den Kommunen im Jahr 2020 – verglichen mit den Erwartungen vor der Pandemie – Steuereinnahmen in Höhe von 15,6 Milliarden Euro. Die Nachwirkungen der Krise werden wohl auch in den kommenden Jahren noch zu spüren sein. Für 2021 haben die Steuerschätzer ein Minus von 6,5 Milliarden ermittelt. Das Konjunkturpaket des Bundes war in der Schätzung allerdings noch nicht berücksichtigt. Sparen allein hilft nicht Aus eigener Kraft können Kommunen solche Steuereinbrüche kaum auffangen. Das machte Nürnbergs Kämmerer Harald Riedel kurz vor dem Koalitionsgipfel deutlich. „In Nürnberg fehlen uns laut einer Hochrechnung im Jahr 2020 148 Millionen Euro Steuereinnahmen, davon knapp 110 Millionen aus der Gewerbesteuer.“ Bei Gesamteinnahmen von knapp einer Milliarde würden also ohne Rettungsschirm rund 15 Prozent wegfallen. „Wir hatten ursprünglich mit einem Überschuss von 90.000 Euro geplant – jetzt wird unser Haushalt für 2020 tief in die Miesen fahren.“ Sparen könne die Stadt, indem sie Investitionen aufschiebt, erklärte Riedel, der auch dem Finanzausschuss des Deutschen Städtetags vorsitzt. Aber das sei schwierig, nicht nur in Nürnberg. „Denn die im Investitionsplan aufgeführten Projekte sind eigentlich dringend notwendig: Schulsanierung, Schulneubau, Kindergartenausbau, Hortausbau, Verkehrsinfrastruktur, Sanierung von Straßen und Brücken.“ Auch Kulturbauten müssten in Nürnberg saniert werden, ansonsten drohten Betriebsschließungen. Riedel unterstützt die Aussage von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, dass man nicht gegen die Krise ansparen dürfe. „Dafür brauchen wir aber Unterstützung.“ Die kommt nun – nicht zuletzt, weil Scholz und die SPD-Führung im Vorfeld des Koalitionsgipfels laut für einen kommunalen Rettungsschirm getrommelt hatten. In einem Punkt allerdings konnten sich die Sozialdemokraten nicht durchsetzen: Sie hatten eine Altschuldenhilfe für Kommunen mit hohen Kassenkrediten gefordert. Überschuldete Kommunen sollten einmalig um 45 Milliarden Euro entlastet werden, die Hälfte davon sollte der Bund übernehmen. Vor allem in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland hätte das vielen Kommunen geholfen. Was die hohe Schuldenlast bewirkt, machte Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) während eines Pressegesprächs deutlich: Selbst Einsparerfolge würden nicht weiterhelfen. Für die Sanierung von Schwimmbädern und Schulen oder für den Öffentlichen Nahverkehr sei kein Geld da, weil jeder Euro in die Schuldentilgung fließe. Also sei man gezwungen, Grund- und Gewerbesteuersätze hochzuhalten. Das schrecke Unternehmen davon ab sich anzusiedeln, wirke also kontraproduktiv. Duisburg habe 1,3 Milliarden Euro Altschulden. 700 Millionen davon seien in den Aufbau Ost geflossen, sagt Link. Eine Ursache für die schlechte Kassenlage sei auch der Strukturwandel im Ruhrgebiet. In den vergangenen Jahrzehnten seien allein in Duisburg 100.000 Arbeitsplätze verloren gegangen. Verhindert wurde die Altschuldenhilfe von der Union, vor allem CSUChef Markus Söder blockierte den Plan. Städtetags-Präsident Jung bedauert das. Den betroffenen strukturschwachen Städten werde aber auch die höhere Beteiligung des Bundes an den Unterkunftskosten helfen. Jung sieht die Bundesländer am Zug. „Die kommunalen Altschulden sind nach den Verabredungen in Berlin nun eindeutig Ländersache. Die betroffenen Länder müssen das Problem jetzt anpacken. Das Thema muss endlich vom Tisch.“ FOTOS: THOMAS IMO/PHOTOTHEK.NET; STADT NÜRNBERG/FINANZREFERAT DEMO 05-06/2020 BLICKPUNKT 17 05-06/2020 DEMO 130 Milliarden Euro umfasst der Vorschlag von CDU, CSU und SPD für ein Konjunkturpaket. Die Vereinbarung hilft auch den Städten, Gemeinden und Landkreisen. Die wichtigsten Punkte im Überblick: Entlastung bei den Sozialkosten Der Bund erhöht seinen Anteil an den sogenannten „KdU-Kosten“ (Kosten der Unterkunft und Heizung von Menschen, die Grundsicherungsleistungen beziehen) von 50 auf 75 Prozent. Dadurch werden die Kommunen jährlich um vier Milliarden Euro entlastet. Eine Verfassungsänderung soll verhindern, dass eine Bundesauftragsverwaltung eintritt. Gewerbesteuereinnahmen Mit einem „Kommunalen Solidarpakt 2020“ werden den Kommunen ihre krisenbedingten Gewerbesteuerausfälle im laufenden Jahr er- Was das Konjunkturpaket den Städten, Gemeinden und Landkreisen bringt Beschluss der Koalition vom 3. Juni 2020 setzt. Bund und Länder leisten einen pauschalierten Ausgleich und teilen sich die Kosten. Der Bund soll hierfür 5,9 Milliarden Euro aufwenden. Öffentlicher Nahverkehr (ÖPNV) Der Bund erhöht die Regionalisierungsmittel einmalig um 2,5 Milliarden Euro, um Ausfälle bei den Ticketeinnahmen auszugleichen. Kommunale Unternehmen Diese können bereits jetzt den KfWFörderkredit „IKU – Investitionskredit Kommunale und Soziale Unternehmen“ nutzen. Die bestehende Deckelung der jeweiligen Kreditsumme von 50 Millionen Euro wird aufgehoben. Weitere Maßnahmen (Auswahl) • Der Bund legt ein Programm auf, um die Folgen der Corona-Krise auf den Kulturbereich abzufedern (eine Milliarde). • Eine zusätzliche Milliarde stellt der Bund auch für den Aus- und Umbau von Kindergärten, Kitas und Krippen zur Verfügung. Die Mittel für Sportstätten werden um 150 Millionen Euro erhöht. • Das Investitionsprogramm für den Ausbau von Ganztagsschulen und Ganztagsbetreuung wird beschleunigt. Der Digitalpakt Schule wird erweitert (zwei Milliarden Euro). • Die Koalition fördert nachhaltige Mobilität. Geplant ist ein Flottenaustauschprogramm für Sozia- le Dienste (200 Millionen Euro). 2,5 Milliarden Euro zusätzlich soll der Bund für Ladesäulen-Infrastruktur und die Erforschung und Entwicklung von E-Mobilität und Batteriezelltechnik ausgeben. Aufgestockt wird darüber hinaus die Förderung von E-Bussen und -Lkw (1,2 Milliarden Euro). • Der Bund unterstützt Länder und Kommunen mit drei Milliarden Euro zusätzlich bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes. Das Programm „Smart City“ wird um 500 Millionen Euro aufgestockt. • Der Bund soll mit den Ländern und Kommunen einen „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst“ schließen. Dieser sieht zusätzliches Personal für die Gesundheitsämter vor, sowie eine bessere technische und digitale Ausrüstung. Die Koalition geht von einem Finanzbedarf in Höhe von vier Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren aus. Anzeige 18 BLICKPUNKT DEMO 05-06/2020 Ein Pakt für den Gesundheitsdienst Bund will Kommunen vier Milliarden Euro geben Autoren Carl-Friedrich Höck, Karin Billanitsch zusätzlich erforderlichen Stellen in den Gesundheitsämtern für die kommenden fünf Jahre zu finanzieren. Auch eine Gehaltsverbesserung ist vorgesehen, um mit dem ärztlichen Gehalt in anderen Bereichen des Gesundheitswesens besser mithalten zu können. Förderprogramm für Digitales Geplant ist zudem ein Förderprogramm, mit dem der Bund die Gesundheitsämter in der technischen und digitalen Aufund Ausrüstung unterstützt. Auch hier sollen gemeinsame Standards in einer „Muster-Ausstattung“ für Digitales vereinbart werden, um die Zusammenarbeit der Ämter zu erleichtern. Insgesamt vier Milliarden Euro will der Bund für diesen „Pakt für den ÖGD“ bereitstellen. Weitere Details wollte das Bundesgesundheitsministerium auf DEMO-Nachfrage noch nicht bekanntgeben. Diese würden gerade ausgearbeitet, hieß es. Erfreut hat der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD) auf die Fällt der Corona-Test positiv aus, müssen die Gesundheitsämter Kontakte des Infizierten nachverfolgen. In der CoronaPandemie zeigt sich, wie wichtig die Arbeit der kommunalen Gesundheitsämter ist. Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Nur wenige nutzen die Hilfe Giffey prüft Rechtsanspruch auf Schutz gegen häusliche Gewalt K ein Mensch, keine Frau, kein Kind in unserem Land soll Gewalt ertragen müssen“, betont Franziska Giffey (SPD). Die Bundesfamilienministerin fährt fort: „Und wenn es zu Gewalt kommt, müssen sich die Betroffenen (...) darauf verlassen können, dass sie schnell Schutz finden, fachlich gut beraten werden und die Unterstützung bekommen, die ihnen in ihrer konkreten Lebenssituation weiterhilft“. In der Realität gibt es oft zu wenig Plätze in Schutzhäusern, wohin Betroffene gehen können. Und laut einer neuen Studie der TH München zum Hilfesystem während der Corona-Pandemie nutzten nur wenige Frauen zuletzt die bestehenden Angebote: 48,2 Prozent der Opfer kannten die Telefonseelsorge, aber nur 3,9 Prozent hatten dort angerufen. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) will von Gewalt betroffene Frauen wirksamer unterstützen. Die Ministerin will deshalb einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung vor Gewalt prüfen, wie sie nach der vierten Zusammenkunft des Runden Tisches „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ verkündete. Gleichstellungsbeauftragte und Träger von Frauenhäusern begrüßten das: Das werde „noch mehr Betroffenen erleichtern, sich aus Gewaltsituationen zu befreien“, erklärte Heike Herold, Geschäftsführerin der Frauenhauskoordinierung. Christina Runge von der Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen betonte: „Gewaltschutz ist bislang in jedem Bundesland unterschiedlich umgesetzt.“ Auch finanziell gebe es große Differenzen. Das mache es schwer für die Beratungslandschaft in den Kommunen. KB Vereinbarung reagiert. Nach jahrzehntelangen Versäumnissen und kontinuierlichem Personalabbau würden jetzt endlich entscheidende Weichen gestellt, sagte die Vorsitzende Ute Teichert. „Damit wird eine dauerhafte personelle und strukturelle Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes und damit auch der Bevölkerungsmedizin in Deutschland auf den Weg gebracht.“ Ämter vor neuen Aufgaben Lobende Worte findet auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Helmut Dedy. Es sei richtig, dass die Koalition die Arbeit der Kommunen im Gesundheitsbereich finanziell unterstützen wolle, auch wenn bislang nur eine Laufzeit von fünf Jahren vereinbart sei. Das könne helfen, um zusätzlich erforderliche Stellen in den Gesundheitsämtern vor Ort zu finanzieren. „Noch ist nicht bekannt, wie die Bundesmittel über die Länder an die Kommunen konkret verteilt werden sollen“, merkt Dedy gegenüber der DEMO an. „Wir werden die Umsetzung intensiv begleiten, um sicherzustellen, dass das zugesagte Geld in Höhe von vier Milliarden Euro auch verzögerungsfrei, zielgenau und vollständig bei den Kommunen für die Gesundheitsämter ankommt.“ In der Corona-Pandemie zeige sich, wie wichtig die Arbeit der kommunalen Gesundheitsämter sei. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten unter noch nie gekannten Bedingungen hervorragende Arbeit: Sie befragen Infizierte und Kontaktpersonen, ermitteln Infektionsketten, geben Auskunft zur Quarantäne und organisieren CoronaTests. Aber es kommen noch weitere Aufgaben auf die Städte zur Bewältigung der Pandemie zu, etwa mit der Corona-Warn-App und wenn die Testreihen intensiviert werden.“ Weitere Informationen demo-online.de FOTOS: THOMAS IMO/PHOTOTHEK.NET; XANDER HEINL /PHOTOTHEK.NET I m Kampf gegen die Corona-Pandemie spielen die Gesundheitsämter eine zentrale Rolle. Sie sollen neue Infektionsfälle schnell aufspüren, um weitere Ansteckungen zu verhindern. Aus Sicht der schwarz-roten Koalition hat das Ausbruchsgeschehen gezeigt, „dass eine Verstärkung dieser unverzichtbaren Säule des Gesundheitswesens dringend notwendig ist“. So steht es im Koalitionsbeschluss zum Konjunkturpaket vom 3. Juni. Der Bund soll deshalb mit den Ländern und Kommunen einen „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst“ schließen. Ziel ist es, das Personal aufzustocken. Konkret heißt es: Das Personal im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) solle künftig in der Gesundheitspersonalrechnung des Statistischen Bundesamtes erfasst werden. Unter definierten Kriterien werde eine Personalmindestausstattung für ein Mustergesundheitsamt definiert. Der Bund werde den Ländern in Form von Umsatzsteuerfestbeträgen die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, um die 05-06/2020 Anzeigen-Sonderveröffentlichung Zurück zu den Wurzeln Kommunen müssen wieder treibende Kraft beim Windkraftausbau werden Autor Johann Saathoff Und jetzt, wo die Windkraft fast so günstig ist wie Kohlestrom, allerdings ohne Co2-Emissionen, bremsen wir sie aus. In den nächsten Jahren werden viele Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, das letzte Atomkraftwerk geht 2022 vom Netz. Gleichzeitig hat die Bundesregierung gerade eine Wasserstoffstrategie verabschiedet, die sehr viel EE-Strom zur Produktion von grünem Wasserstoff braucht. Daraus muss ein verstärkter Ausbau der Erneuerbaren Energien resultieren. Die aktuelle Regierungskoalition hat sich im Koalitionsvertrag ein Ziel von 65 Prozent Erneuerbaren am Bruttostromverbrauch in 2030 gegeben. Einzig, gesetzlich verankert ist es immer noch nicht! Wie damals in der Gemeinde Krummhörn sind einige Koalitionspolitiker wieder gegen den Ausbau der Windkraft – mit den gleichen Argumenten wie damals. Impuls aus den Gemeinden Die SPD will mehr Zustimmung zur Energiewende und wieder ein stärkeres „Wir-Gefühl“ bei Windkraftprojekten erzeugen. FOTOS: STOCK.ADOBE.COM/FOKUSSIERT; PRIVAT E ine kleine Gemeinde betreibt selbst eine Windkraftanlage. Richtig gelesen – sie betreibt die Anlage selbst. Eine absolute Seltenheit und in der heutigen öffentlichen Debatte beinahe undenkbar. Als ich Bürgermeister der Küstengemeinde Krummhörn in Ostfriesland wurde, zu einer Zeit, als Gerhard Schröder gerade die Agenda 2010 ausrief, war die allgemeine Stimmung der Windenergie gegenüber eher ablehnend – ähnlich wie vielerorts heute. Schon damals wollten sich einige Einwohner und auch Mitglieder des Gemeinderats am Anblick der Windräder stören, der ja angeblich schädlich für den Tourismus und die Einnahmen sei. Viele Diskussionen später stand eine 2,5-MW-Anlage eines ostfriesischen Herstellers auf dem Gemeindegebiet, Betreiber war und ist die gemeindeeigene Touristik GmbH. Und was haben die Gegner gemacht? Ursprüngliche Gegner von Windenergie im Gemeinderat riefen plötzlich bei mir an, wenn unsere Anlage mal stillstand. Sie erkundigten sich, warum „unsere“ Anlage denn stillsteht und wann sie endlich wieder zu laufen anfängt – sie wurden von Gegnern zu Beteiligten! Die Stimmung in unserer Gemeinde hatte sich völlig gedreht. Aus einer ablehnenden Haltung entstand ein neues Wir-Gefühl, denn für die zusätzlichen Einnahmen aus der Windkraft hatten wir auch immer Verwendung. Die positive Stimmung gab es nicht nur in Ostfriesland, auch in anderen Regionen schossen die Windkraftanlagen wie Spargel aus dem Boden. Einige Jahre ging das so, bis sich der Wind irgendwann drehte. Die Menschen störten sich mehr und mehr an Windkraftanlagen, an der EEG-Umlage – und die Zahl neu installierter Windkraftanlagen ging deutlich zurück. Genehmigungszeiten verlängerten sich immer mehr, gegen Genehmigungen wurde vermehrt geklagt, Bayern hat mit seiner 10H-Regelung zum Mindestabstand den dortigen Windkraftausbau quasi unmöglich gemacht. Kurz: Der Windkraftausbau hat deutlich an Schwung verloren. Gerade in Süddeutschland bräuchte es einen verstärkten Ausbau der Windkraft, aber die spezielle Thematik der Teilung Deutschlands in mehrere Stromhandelsund damit Strompreiszonen ist hier nicht das Thema. Deutschland hat viel Geld in die Entwicklung der Erneuerbaren Energien – vor allem der Windenergie – investiert. Johann Saathoff ist Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Energie. Was also muss passieren? Wie damals muss auch heute wieder ein Impuls aus den Gemeinden kommen. Die Menschen müssen wieder von „unserer Anlage“ sprechen. Das wollen wir mit einer neuen Form der Gemeindebeteiligung erreichen. Die Gemeinden sollen von jeder neuen Windkraftanlage auf ihrem Gebiet eine – nicht kreisumlagepflichtige – Zahlung in den Gemeindehaushalt erhalten. Außerdem sollen die Menschen vor Ort auch einen vergünstigten Stromtarif bekommen, also quasi den Strom von „ihrer Anlage“ beziehen. So wollen wir ein neues Wir-Gefühl und wieder mehr Zustimmung zur Energiewende erzeugen. Hauptverwaltungsbeamte und Ehrenamtliche in den Städten und Gemeinden werden wir von den vielen juristischen Fallstricken befreien, die sich in den letzten Jahren im Planungsrecht entwickelt haben. Außerdem sollen sie sich nicht länger einer kleinen und lautstarken Schar von Protestlern allein gegenübersehen, sondern guten Gewissens ihre Hand für Windkraftprojekte nicht nur in, sondern auch für ihre Gemeinde heben können, getragen von breiter Zustimmung Die Akzeptanz der Energiewende ist nach wie vor überragend. Nur ist die Mehrheit der Menschen eine schweigende. Wir wollen diese Mehrheit wieder aktivieren. Das werden wir mit der EEG-Novelle tun, die wir im Herbst dieses Jahres im Deutschen Bundestag verabschieden werden. V.i.S.d.P.: Carsten Schneider, 1. Parlamentarischer Geschäftsführer, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, Tel.: (030) 227-744 20, carsten.schneider@spdfraktion.de 20 NEWS DEMO 05-06/2020 Spiegler wird neuer DStGB-Präsident Stadtluft wird sauberer D er Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) hat eine neue Verbandsspitze gewählt. Wie der DStGB mitteilt, votierte der Hauptausschuss für Ralph Spiegler als neuen Präsidenten. Er tritt sein Amt am 1. Juli 2020 an und wird den Verband zweieinhalb Jahre lang führen. Der Ralph Spiegler 59-Jährige Sozialdemokrat ist seit 1994 Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nieder-Olm in Rheinland-Pfalz. Auch im DStGB ist Spiegler seit vielen Jahren aktiv, er ist seit 2014 Vizepräsident. Er wolle sich „mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Interessen der Städte und Gemeinden gehört werden”, versprach Spiegler. Er tritt die Nachfolge von Uwe Brandl (CSU) an, der nun turnusgemäß zum 1. Vizepräsidenten gewählt wurde. In die Riege der Vizepräsidenten ist auch Christoph Landscheidt aufgestiegen. Der SPD-Politiker amtiert seit dem Jahr 1999 als Bürgermeister der Stadt Kamp-Lintfort im Kreis Wesel. Die bisherigen Vizepräsidenten Roger Kehle und Bernward Küper wurden laut DStGB in ihren Ämtern bestätigt. Der Verband hat außerdem seinen langjährigen Präsidenten und Vizepräsidenten Roland Schäfer zum Ehrenpräsidenten ernannt. Schäfer gehörte dem Präsidium mehr als 20 Jahre lang an. „Die Wahl zum Ehrenpräsidenten ist Zeichen der besonderen Anerkennung für seinen unermüdlichen Einsatz für die deutschen Städte und Gemeinden“, betont Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des DStGB. Der SPD-Politiker Schäfer ist seit 1998 Bürgermeister der Ruhrgebiets-Stadt Bergkamen. CFH Mehr Informationen dstgb.de Drei Fragen an … Frank Baranowski, Vorsitzender der Bundes-SGK Wird sich unser Mobilitätsverhalten durch die CoronaPandemie verändern? Erlebt das Auto eine Renaissance? Der Verkehr insgesamt hat sich innerhalb kürzester Zeit grundlegend verändert. Nachdem Pendlerströme, Schulverkehr und auch der Freizeitverkehr nahezu auf null heruntergefahren wurden, erleben wir nun eine schrittweise Normalisierung der Bewegungen – noch sind wir aber nicht auf das alte Niveau hochgefahren. Sicherlich gilt, dass das Bewusstsein für Mobilität sich in den vergangenen Wochen noch einmal verstärkt hat. Wer unterwegs sein muss, ist lieber individuell unterwegs. Das kann – muss aber nicht – mit dem Auto sein, es ist auch zu beobachten, dass mehr Menschen auf das Fahrrad umgestiegen sind. Die Verkehrsunternehmen halten – trotz der gesunkenen Nachfrage und um die Einhaltung von Abstandsregeln zu gewährleisten, ihr Angebot wo immer möglich aufrecht. Wer auf die Beförderung durch öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, bleibt so mobil. Was erwarten Sie von Bund und Ländern, um den kommunalen Verkehrsunternehmen zu helfen? Die Beschlüsse der Bundesregierung zum Konjunkturpaket sind ein guter Anfang. Sie müssen aber konsequent zu Ende gedacht werden. Mit dem Einbruch bei den Einnahmen – in einigen Fällen bis zu 90 Prozent – ist die wirtschaftliche Grundlage der Verkehrsunternehmen in Frage gestellt. Wir hoffen natürlich auf ein baldiges Ende der Einschränkungen. Dem öffentlichen Verkehr muss nun der Rücken gestärkt werden. Auch weil er eine entscheidende Rolle bei der Erreichung der Klimaziele spielt. Ich begrüße die einmalige Aufstockung der Regionalisierungsmittel um 2,5 Milliarden Euro. Wichtig ist jetzt, dass sich auch die Länder am ÖPNV-Rettungsschirm beteiligen, denn wir rechnen in 2020 mit Verlusten von etwa fünf Milliarden Euro. Was wäre zu tun, um kollektiv genutzte Verkehrsmittel wieder attraktiver zu machen? Spätestens, wenn die Wirtschaft wieder das Niveau vor der Krise erreicht und die Schulen zum Regelunterricht übergegangen sind, werden die Busse und Bahnen wieder viel voller werden. Das ist zum einen eine positive Entwicklung zum anderen aber müssen wir weiterhin gesundheitliche Aspekte beachten. Um Beides gewährleisten zu können, brauchen wir ein intelligentes Mobilitätsmanagement, das unter Einschluss von Instrumenten wie dem Homeoffice und flexibleren Arbeitszeiten sichere Mobilität ermöglicht, die Auslastung von Bahnen und Bussen über den Tag verteilt und dichtes Gedränge zur Rushhour verhindert. Nutzungsspitzen müssen geglättet werden. Das können Kommunen, Verkehrsbetriebe und Unternehmen aber nicht allein leisten, hier müssen auch die Wirtschaft bzw. die Sozialpartner mit ins Boot. demo-online.de Neuregelung fürs Parken Anwohner-Parkausweise könnten in Zukunft teurer werden. Der Bundesrat hat im Juni einer Gesetzesänderung zugestimmt, die es den Ländern erlaubt, Gebührensätze für das Ausstellen von Parkausweisen für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel selbst zu regeln. Die Länder können diese Aufgabe an die Kommunen übertragen. Bisher durfte ein Bewohnerparkausweis zwischen 10,20 Euro und 30,70 Euro pro Jahr kosten. Der Deutsche Städtetag bemängelte, dass die niedrigen Gebühren oft nicht einmal den Verwaltungsaufwand decken. In den Gebührenordnungen können laut Gesetz auch die Bedeutung der Parkmöglichkeiten, deren wirtschaftlicher Wert oder der sonstige Nutzen für die Bewohner angemessen berücksichtigt werden. CFH Zeitungen in Gefahr? Der Bundesverband der Zeitungsverleger BDZV warnt, dass der Zugang zu gedruckten Tageszeitungen in weiten Teilen Deutschlands gefährdet sei. Laut einer BDZV-Studie konnten die Verlagshäuser 2014 noch alle deutschen Gemeinden zu betriebswirtschaftlich sinnvollen Konditionen mit Abonnements beliefern. Heute sei dies für fast 720 Gemeinden nicht mehr der Fall. In fünf Jahren wären von dem Versorgungsengpass bereits 4.400 Gemeinden betroffen, prognostiziert der Verband. Gründe seien steigende Zustellungskosten und sinkende Abo-Zahlen. Der BDZV fordert deshalb eine stärkere Förderung durch die Politik. CFH bdzv.de FOTOS: CARSTEN COSTARD; DIRK BLEICKER Roland Schäfer zum Ehrenpräsidenten ernannt Die Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid (NO2) ist in deutschen Städten zurückgegangen. Das geht aus einer Datenauswertung für 2019 hervor, die das Umweltbundesamt (UBA) vorgelegt hat. Demnach wurde der Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel nur noch in 25 Städten überschritten. Im Vorjahr seien es noch 57 Städte gewesen, so das UBA. Die ersten Daten für 2020 zeigten schon jetzt: Die Beschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie hätten an manchen Orten einen weiteren Rückgang der NO2-Belastungen um bis zu 40 Prozent bewirkt. CFH GEMEINSAM GEGEN RECHTS 21 05-06/2020 DEMO Quicklebendiges Bündnis Die Stadt Wedel ist seit 30 Jahren „Weltoffene Gemeinde“ Autor Ulf Buschmann W enn es so etwas wie einen Dreh- und Angelpunkt gibt, ist es Irmgard Jasker. Die ehemalige Realschuldirektorin macht mit ihrem Mann „seit 47 Jahren Friedensarbeit“, wie sie sagt: „Das hält uns jung.“ Der größte Teil des Wirkens von Irmgard Jasker gilt dem „Arbeitskreis der Stadt Wedel gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit“. Gegründet wurde er am 21. Mai 1990. Damals wie heute gilt: In diesem Gremium engagieren sich ganz unterschiedliche Menschen und Einrichtungen – die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker aller Parteien, Kirchen, Religionsgemeinschaften, Kaufleute und Schulen. „Gutes soziales Klima“ Ein Banner kündet vom 30. Jahrestag Wedels als „Weltoffene Gemeinde“ FOTO: STADT WEDEL /K AMIN Hilfsbereite Bürger Diesem breiten Bündnis ist es zu verdanken, dass die zum Landkreis Pinneberg gehörende Stadt mit ihren rund 35.000 Einwohnerinnen und Einwohnern seit 30 Jahren den Titel „Weltoffene Gemeinde“ trägt. Verliehen wurde er Wedel im Rahmen des bundesweiten Projekts „Eine Welt für alle“ – übrigens mit nur sechs weiteren Kommunen. Dass sich Wedel im wahrsten Sinne des Wortes als weltoffene Gemeinde sieht, zeigte sich auch vor fünf Jahren: Auf dem Höhepunkt der Zuwanderung durch Flüchtlinge rief eine Handvoll engagierter Menschen zur Hilfe auf, und Hunderte Wedeler brachten sich zum 25. Jahrestag der Auszeichnung ein. Damals nahm allein Wedel knapp 180 Menschen auf. An diese und andere Aktionen ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger erinnert sich nicht nur Irmgard Jasker gern. Auch Heidi Keck, stellvertretende Pinneberger Kreisvorsitzende der SPD und nach eigenen Worten unter anderem triebe gestellt hatte: „Der Rat der Stadt Wedel (Holstein) und die in ihm vertretenen Parteien werden (...) alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten ausschöpfen, den Bestrebungen und Zielen dieser Gruppierungen in Wedel entgegenzuwirken. (…) Die politische Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus dient auch dem Schutz von Minderheiten“. DEMO-SERIE Immer häufiger sind Amts- und Mandatsträger Drohungen und Beleidigungen ausgesetzt. Zuletzt gaben ehrenamtliche Kommunalpolitikerinnen und -politiker sogar auf. Wie mit den Anfeindungen umgehen? Welche Netzwerke für Betroffene existieren, was leisten staatliche Förderprogramme? Welche guten Aktionen gegen Hass und Hetze gibt es in den Kommunen? „Gemeinsam gegen rechts“ heißt die neue Artikelserie, die diese Themen beleuchtet. „Flüchtlingskoordinatorin“ innerhalb der Partei, freut sich noch heute über die Hilfsbereitschaft der Bürger. Keck erinnert daran, dass vor fünf Jahren alle im Wedeler Rat vertretenen Parteien an einem Strang gezogen hätten – mit Ausnahme der hiesigen CDU-Führung. „Doch das ist ihr ziemlich schnell auf die Füße gefallen.“ Teile der Partei hätten sich von ihrer Führung distanziert. Mit Blick auf die aktuelle Situation könne sie es allerdings nicht verstehen, dass sich Wedel nicht zum sicheren Hafen erklärt habe. Das Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ macht sich dafür stark, aus Seenot gerettete Flüchtlinge aufnehmen zu können. Die Grundlage für die Arbeit Wedels als weltoffene Gemeinde legte die Stadt mit ihrem Ratsbeschluss vom 27. April 1990. Das Gremium bezog sich auf die Arbeit der Friedenswerkstatt, die sich schon 1989 gegen rechte Um- Um den Beschluss in die Tat umzusetzen, lud der damalige, inzwischen verstorbene Bürgermeister Jörg Balack (SPD) alle Bürgerinnen und Bürger zur Mitarbeit ein – sie gründeten den „Arbeitskreis der Stadt Wedel gegen Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit“ und wurden dafür ausgezeichnet. Balacks Linie vertritt auch Wedels heutiger, seit 16 Jahren im Amt befindlicher Bürgermeister Niels Schmidt ebenso offensiv. Er hebt das „gute soziale Klima“ der Stadt hervor. Und: „Für mich ist es ganz wichtig, dass man Respekt zeigt.“ Natürlich gebe es in Wedel auch Vorbehalte gegen Flüchtlinge. Aber Diskussionen darüber laufen laut Schmidt „in zivilisiertem Rahmen ab“. In Wedel, gibt sich der Bürgermeister überzeugt, sei „kein Nährboden für extreme Erscheinungen vorhanden“. Damit es so bleibt, hat der Bürgermeister ein Rezept: „Es wird weiterhin wichtig sein, die Menschen zu integrieren.“ Natürlich gebe es in der Stadt die zehn Prozent der Wähler, die eher nach rechts orientiert seien. Wenn es doch einmal Auffälligkeiten gebe, arbeiteten mehrere Institutionen beziehungsweise Behörden zusammen. Dass sich an der weltoffenen Atmosphäre Wedels in Zukunft etwas ändert, glauben die Akteure nicht. Besonders Irmgard Jasker ist optimistisch. Sie verweist unter anderem darauf, dass sich zahlreiche Wedeler Schülerinnen und Schüler für den Gedenktag zur Befreiung des KZ Auschwitz engagiert hätten. „Ich wüsste niemanden, der gegen unser gutes Klima verstößt“, sagt Jasker. Anzeige „Überlassen Sie die Besetzung “ von Führungspositionen nicht dem Zufall … – Edmund Mastiaux, Inhaber zfm • Seit 25 Jahren Personalberatung für Verwaltungen und kommunale Unternehmen www.zfm-bonn.de 22 REPORT Anzeigen-Sonderveröffentlichung 05-06/2020 ÖPNV-Rettungsschirm ist Verpflichtung – für Länder und Unternehmen Branchenverband setzt sich erfolgreich für Unternehmen im kommunalen Bereich ein Gastbeitrag von Ingo Wortmann, Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) Report Mobilität S elten waren die Zeiten für unsere Branche derart unbeständig. Unseren Unternehmen brach Anfang des Jahres quasi über Nacht das Geschäft weg. Und auch die Verkehrswende war plötzlich kein Thema mehr. Wir wurden unverschuldet mit der Pandemie-Krise konfrontiert: Dramatische Einbrüche bei den Fahrgastzahlen waren die Folge. Wir fuhren auf hohem Niveau weiter, im Schnitt 80 Prozent des normalen Fahrplanprogramms – obwohl die Fahrgeldeinnahmen ausblieben und die Finanzierung ungewiss war. Im ländlichen Raum, wo hauptsächlich Schüler den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nutzen, betrug der Fahrgastrückgang teilweise 90 Prozent, in den Städten 60 bis 80 Prozent. Bei zahlreichen Unternehmern machten sich Existenzsorgen breit, erste Gedankenspiele, den Fahr- plan demnächst auszudünnen und Linien einzustellen, wurden angestellt. Der Bund hilft dem ÖPNV Der VDV führte intensive Gespräche mit Bund und Ländern. Wir haben die schwierige Lage frühzeitig und transparent dargestellt und belastbare Szenarien für die Finanzierung erarbeitet. Jetzt ist der erste Teil des ÖPNV-Rettungsschirms da. Es ist nicht selbstverständlich, dass der Bund sich mit 2,5 Milliarden Euro an den Ausgleichszahlungen beteiligt. Zum einen sind zunächst die Länder und Kommunen für den Nahverkehr zuständig. Zum anderen hatten einige Akteure anfangs ein kommunales Entlastungspaket im Blick, dies hätte jedoch der Branche insgesamt nicht ausreichend geholfen. Der VDV machte sich daher von Anfang an für eine Lösung für alle Verkehrsunternehmen – öffentlich wie privat – stark. Der halbe Weg ist jetzt geschafft. Nun kommt es darauf an, dass die Länder zu ihrem Wort stehen und die andere Hälfte der fünf Milliarden übernehmen. Bei der Lektüre des Konjunkturprogramms fällt auf, dass der Großteil der finanziellen Mittel nicht einzelnen Branchen zugutekommt, sondern der Weg über allgemeine Unterstützungen gegangen wird, etwa der MehrwertsteuerAbsenkung. Die Verluste der Güterbahnen fanden keine Berücksichtigung, das ist unbefriedigend. Es ist aber auch nicht zu einer Auto-Kaufprämie alten Stils gekommen. Eine Ausnahme gibt es: den ÖPNV. Das ist ein herausragendes Ergebnis für die Bus- und Bahnunternehmen. Ich möchte darüber hinaus eine kleine Auswahl der Beschlüsse hervor- FOTO: STOCK.ADOBE.COM/SELIGA A Fast leere Bahnen und Busse: Das Fahrgastaufkommen im Öffentlichen Personennahverkehr ging während der Pandemie teilweise um bis zu 90 Prozent zurück. REPORT 23 FOTO: VDV 05-06/2020 Anzeigen-Sonderveröffentlichung heben, die sich auch in den Kommunen vor Ort bemerkbar machen werden: • Die EEG-Umlage wird durch zusätzlich elf Milliarden Euro mit einer Höhe von 6,5 ct/kWh für 2021 sowie 6 ct/kWh für 2022 abgesenkt – wichtig für Züge und Straßenbahnen. • Die Nutzbarkeit von KfW-Krediten wird auch für kommunale Unternehmen erleichtert. • Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft soll dafür genutzt werden, die vorgesehene Beschleunigung des Planungsrechts sowie die Vereinfachung des Vergaberechts auf EU-Ebene anzustoßen. • Um den Verkehr umweltfreundlicher zu gestalten, sollen unter anderem die Busflotten mit alternativen Antrieben im Nah- und Fernverkehr zusätzlich mit 600 Millionen Euro gefördert werden. • Neben der bereits beschlossenen Eigenkapitalerhöhung der Deutschen Bahn AG von einer Milliarde Euro jährlich bis 2030 im Rahmen des Klimaschutzprogramms wird das Eigenkapital für 2020 und 2021 um weitere rund fünf Milliarden Euro erhöht, um zusätzlich in die Modernisierung, den Ausbau und die Elektrifizierung des Schienennetzes zu investieren. • Durch das Vorziehen von Aufträgen und Investitionen sollen zudem rund 200 Millionen Euro in die Bahnhofssanierung investiert werden Es werden 150 Millionen Euro bereitgestellt, um die 450 in Deutschland zugelassenen Eisenbahnverkehrsunternehmen bei der Umrüstung der Zugendgeräte auf GSM-R zu unterstützen und so den Mobilfunk-Empfang entlang der 39.000 Kilometer Schienenwege zu verbessern. • Hilfreich für die Digitalisierung des Eisenbahnverkehrs ist auch der angedachte Ersatz von konventionellen Stellwerken durch eine digitale Leitund Sicherungstechnik. Bis zu 500 Millionen Euro zusätzlich sollen hierfür zur Verfügung gestellt werden. • Die angekündigte Förderung des Bundes in Höhe von 100 Millionen Euro für die Entwicklung neuer Bahnbetriebstechnik auf 5G-Basis schafft die Voraussetzung für Echtzeitinformationen oder etwa die Schnittstelle Schiene-Fahrzeuge. Nun kommt es darauf an, dass die Länder zu ihrem Wort stehen und die andere Hälfte der 5 Milliarden übernehmen. • Für moderne Planung und Planfeststellung im Verkehrsbereich wird das Eisenbahn-Bundesamt mit zehn Millionen Euro als Vorreiterbehörde weiterentwickelt. Diese Beschlüsse verpflichten die Kommunen und die Unternehmen, wieder in die Spur zu kommen für die weiterhin wichtigen Herausforderungen bei Klimaschutz und Verkehrswende. Denn die Fahrgastzahlen steigen, sind aber noch lange nicht auf dem Vorkrisenniveau. Nach der Schönwetter-Periode, dem Arbeiten von zu Hause und der intensiven Pandemie-Berichterstattung sind die Menschen nicht mehr gewohnt, teils verunsichert, mit Bus und Bahn zu fahren. Das Vertrauen bei den Fahrgästen ist noch nicht vollständig zurück. Diesen Ängsten werden wir Aufklärungsmaßnahmen entgegensetzen – und wir werden weiterhin gute Qualität liefern müssen. Dann schaffen wir es, den erfolgreichen Weg weiterzugehen, den wir vor der Corona-Krise bereits eingeschlagen hatten. Ingo Wortmann Präsident des VDV vdv.de Anzeige Ökostrom für mehr Fahrspaß. Bei uns sind Sie mit Ladestrom aus erneuerbaren Energien unterwegs. enbw.com/emob 24 REPORT Anzeigen-Sonderveröffentlichung 05-06/2020 Verkehrswende in Corona-Zeiten Ein Kraftakt für eine gebeutelte ÖPNV-Branche Noch vor einigen Monaten waren wir auf einem guten Weg hin zu einer Verkehrswende, die den ÖPNV stärker in den Fokus nimmt und die unterschiedlichen Verkehrsträger intermodal verknüpft. Dann kam die Corona-Pandemie, die sich auf unser aller Alltag auswirkt, auf unser Arbeiten und Lernen, unsere Freizeit und auch in besonderem Maße auf unsere Mobilität: Abstandsregeln, Zugangsbeschränkungen, besondere Anforderungen an die Hygiene, Homeoffice, Kurzarbeit, kein oder nur eingeschränkter Schul- und Universitätsbetrieb, die Absage von Großveranstaltungen und steigende Arbeitslosenzahlen sorgen dafür, dass deutlich weniger Menschen mobil sind. Dies wirkt sich insbesondere negativ auf die Fahrgastzahlen des Öffentlichen Personennahverkehrs aus. Trotzdem leistet der Nahverkehr in Deutschland seinen gesellschaftlichen Beitrag und hat die Kapazitäten nicht vollkommen reduziert und Kurzarbeit beantragt. Vielmehr hat er sein Verkehrsangebot aufrechterhalten und ist nach einer kurzzeitigen Reduktion jetzt wieder bei 100 Prozent des Verkehrsangebotes – und das bei sehr niedrigen Fahrgastzahlen. Entsprechend groß sind die finanziellen Einbußen bei den Verkehrsunternehmen und damit die immensen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die gesamte Nahverkehrsbranche. Unter diesen Voraussetzungen trotzdem eine Verkehrswende zu ermöglichen ist eine große Herausforderung, aber nötig. Denn auch Corona ändert nichts daran, dass eine zukunftsfähige Mobilität klima- und umweltfreundlich sein muss. Wir müssen den ÖPNV stärken und auf die besonderen Anforderungen einstellen, denen Mobilität in diesen schwierigen Zeiten gerecht werden muss. Und wir brauchen finanzielle Hilfen des Bundes, ohne die es für viele Branchenakteure schwer werden wird, die Corona-Pandemie zu überstehen. Wie dramatisch die Lage ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen. Nach steigenden Fahrgastzahlen in NRW in den letzten Jahren gingen im März vielerorts die Fahrgastzahlen um bis zu 90 Prozent zurück. Ab April erholte sich die Situation langsam und die Fahrgastzahlen lagen bei einem Minus von 30 bis 50 Prozent. Die Einnahmen sind in diesem Zeitraum dramatisch eingebrochen: Aktuelle Prognosen gehen von einem Verlust nur für 2020 von einer Milliarden Euro in NRW aus. Mit den vom Land beschlossenen Lockerungen der Corona-Regularien haben sich seit Mai 2020 die Fahrgastzahlen wieder leicht verbessert. Allerdings gehen aktuelle Schätzungen davon aus, dass der Nahverkehr Gastautor: VRR-Vorstand José Luis Castrillo José Luis Castrillo ist seit 1. Januar 2014 Vorstand der VRR AöR. Zu seinem Ressort gehören die Abteilungen „Marketing“ und „Information/ Innovation“, die Stabsstellen „Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ und „Technische Steuerung, Beratung und Konzeption (IKT)“ sowie die Kompetenzcenter Digitalisierung und Sicherheit des Landes NRW. Der studierte Betriebswirt wurde 1970 geboren und arbeitete zunächst mehrere Jahre in der Telekommunikationsbranche im Bereich Marketing. Bevor er Anfang 2014 in den Vorstand der VRR AöR wechselte, war er bereits mehr als zehn Jahre in der Nahverkehrsbranche tätig – zuletzt als Prokurist und Bereichsleiter des Kundenmanagements bei der Via Verkehrsgesellschaft mbH. José Luis Castrillo engagiert sich im Preis- und Vertriebsausschuss sowie im Wirtschaftsausschuss des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Zudem ist er seit 2018 Mitglied des VDV-Präsidiums als stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates in der Sparte Verbund- und Aufgabenträgerorganisationen. im Verkehrsverbund RheinRuhr noch lange durch Covid 19 beeinträchtigt sein wird. Basis dieser Trendberechnungen sind Online-Befragungen, die die Verkehrsverbünde in NRW kontinuierlich durchführen und die durch externe Studien bestätigt werden. Die Branche stellt sich auf eine „neue“ Normalität nach Corona ein, erweitert beispielsweise Hygiene-Konzepte und setzt auf mehr Digitalisierung im Kundenservice. Auf jeden Fall wird der Nahverkehr eine zentrale Rolle für die nachhaltige Metropolenmobilität in einem der größten europäischen Ballungsräume, der Rhein-Ruhr-Region, spielen. Die Misere der Branche ist groß Selbstverständlich sind dies nur Annahmen, basierend auf diversen Variablen, die überprüft und hinterfragt werden müssen. Eines zeigt sich jedoch sehr deutlich: Die Misere der Branche ist groß. Nicht nur im VRR, sondern in allen Teilen Nordrhein-Westfalens und bundesweit. Während Unternehmen, ja ganze Wirtschaftszweige über Wochen Betrieb und Produktion einstellten, waren Busse und Bahnen trotzdem unterwegs, um die Menschen von A nach B zu bringen und vor allem den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in systemrelevanten Berufen den Weg zur Arbeit zu ermöglichen. Wer es also bisher nicht wusste: Der Nahverkehr in Deutschland ist systemrelevant und auch in dieser Krise leistungsstark. Ohne staatliche Hilfen wird REPORT 25 05-06/2020 Anzeigen-Sonderveröffentlichung Fotos es perspektivisch allerdings nicht möglich sein, den Status quo zu halten. Die bereits eingetretenen und noch zu erwartenden Einnahmeverluste durch die Corona-Pandemie sind zu hoch. Um die Liquidität der Verkehrsunternehmen zu erhöhen, wurden im Frühjahr Fördermittel gem. § 11 (2) und 11a ÖPNVG NRW abweichend vom sonst üblichen Turnus ausgezahlt. Einen entsprechenden Erlass hatte das Land NRW am 19. März 2020 auf den Weg gebracht. So konnten bis Ende April rund 46 Prozent der Fördermittel an die Verkehrsunternehmen ausgezahlt werden, fast 53 Millionen Euro. Doch weitere Bundesmittel und Förderkonzepte werden nötig sein, um die Folgen der Corona-Krise überwinden und das Leistungsangebot im ÖPNV halten zu können. Das Vertrauen der Kundinnen und Kunden zurückgewinnen Ungeachtet dessen müssen wir in den nächsten Wochen, Monaten, vielleicht sogar Jahren das Vertrauen der Kundinnen und Kunden zurückzugewinnen, um die Situation im ÖPNV zu verbessern und denen zu helfen, die von der Krise besonders hart getroffen sind den t dten und Kreisen als Aufgabenträger für den ÖPNV, Verbundorganisationen, den unter finanziellen Druck geratenen kommunalen Verkehrsunternehmen und Eisenbahnverkehrsunternehmen und allen, die unmittelbar oder mittelbar mit der Branche verbunden sind. Allein in NRW arbeiten für den Nahverkehr 50.000 Menschen. Bus und Bahn sind gerade in Zeiten einer Pandemie sichere und besonders klimafreundliche Verkehrsmittel. Als Teil der ffentlichen aseins orsorge bieten sie den Menschen eine erl ssliche obilit t sie fahren früh morgens bis spät abends oder nachts, sie bringen uns zur Arbeit, zur Schule, ins Grüne, zu Freunden, zu unserer Familie und wieder nach Hause. Sie fahren in der Hauptverkehrszeit und auch dann, wenn die Nachfrage gering ist. So ermöglicht der ÖPNV allen Menschen in der Region gesellschaftliche Teilhabe und bleibt auch als Wirtschaftsfaktor erhalten. Denn die Pandemie wirkt sich nachhaltig in vielen Bereichen aus. Wie gelingt es beispielsweise, die Hygiene in Bus und Bahn noch weiter zu erbessern ie schaffen wir Raum, damit Fahrgäste leichter Abstand zueinander halten können? Der Einsatz von Technologien zum bargeld- und kontaktlosen Bezahlen, dynamische Echtzeitinformationen zur Auslastung öffentlicher Verkehrsmittel und ein kontinuierliches Monitoring der Verkehrsmittelwahl und des Mobilitätsverhaltens können hier einen wertvollen Beitrag leisten. Und natürlich brauchen wir auch zukünftig ein attraktives Verkehrsangebot und verlässliche Echtzeitinformationen. Als Mobilitätsdienstleister für die Region werden wir uns hierfür gemeinsam mit unseren Partnern in NRW nach Kräften einsetzen und hoffen au die finanzielle Unterst tzung der Landes- und Bundespolitik, um die Folgen der CoronaKrise zu überwinden und das Leistungsangebot im nordrhein-westfälischen ÖPNV halten zu können. 26 REPORT Anzeigen-Sonderveröffentlichung 05-06/2020 Gute Mobilität in ländlichen Räumen Mobilität ist eine zentrale Voraussetzung zur Teilnahme am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben Autoren Maximilian Rohs und Gabriel Flore, PricewaterhouseCoopers GmbH WPG (PwC) D ie Qualität des Mobilitätsangebots nimmt einen bedeutenden Einfluss auf die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger und ist gleichzeitig ein wichtiger Standortfaktor für Unternehmen, etwa bei der Gewinnung und Bindung qualifizierten Personals. Herausforderungen der Mobilität In den deutschen Metropolräumen ist die Mobilität aufgrund des gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsangebots, der wachsenden Radwegeinfrastruktur und neuer Mobilitätsangebote nicht unmittelbar an die Verfügbarkeit eines eigenen Pkw gebunden. Im Gegensatz dazu besteht in ländlichen Räumen, in denen mehr als die Hälfte unserer Bevölkerung lebt und viele der sehr erfolgreichen Unternehmen – „Hidden Champions“ – ansässig sind, weiterhin eine große Pkw-Abhängigkeit. Aufgrund der meist dispersen Siedlungsstrukturen und der damit einhergehenden eingeschränkten Nachfrage und Bündelungspotenziale kann in vielen ländlichen Räumen kein flächendeckendes ÖPNVAngebot in hoher Qualität angeboten werden. Gleichzeitig besteht aber ein steigender Bedarf an Mobilitätsalternativen zum Pkw. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des zunehmenden Anteils an mobilitätseingeschränkten Personen sowie der ambitionierten Umwelt- und Klimaschutzbestrebungen. Zudem ist die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse gesetzlich in § 1 Abs. 2 verankert. Daher stellt sich die Frage, wie die Kommunen in ländlichen Räumen den Wunsch einer guten Mobilität Wirklichkeit werden lassen können. Mobilität hat einen bedeutenden Einfluss auf die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger. Maximilian Rohs Gabriel Flore 1. Schaffung eines attraktiven ÖPNVAngebots auf den Hauptachsen Beispiel: Qualitativ hochwertige Schnellbusse ergänzen bestehende Verkehre entlang nachfragestarker Relationen. 2. Aufwertung der Zubringerverkehre Beispiel: (E-)Bike-Boxen oder On-DemandVerkehre, zukünftig auch unter Einsatz automatisierter Kleinbusse, ermöglichen inter- bzw. multimodale Verkehre. 3. Ergänzung des ÖPNV-Angebots um Sharing-Angebote Beispiel: Flexibel nutzbare (E-)BikeSharing-Angebote oder Dorfautos schließen noch bestehende Bedarfslücken. 4. Nutzung des bürgerschaftlichen Engagements Beispiel: Bürgerbusangebote oder ehrenamtliche Fahrdienste mit Dorfautos verbessern die gesellschaftliche Teilhabe von mobilitätseingeschränkten Personen. 5. Digitalisierung als Grundlage zur Verknüpfung der Mobilitätsangebote Beispiel: App-gestützte Mobilitätsplattformen vereinfachen den Zugang zu den verschiedenen Mobilitätsangeboten und deren nutzerfreundliche Integration. Im Fokus der Erstellung eines ganzheitlichen Mobilitätskonzeptes sollte ein kooperativer Planungsprozess unter Beteiligung der verschiedenen Akteure sowie insbesondere der Bürger und Unternehmen stehen. Dabei gilt es, die Mobilitätsbedürfnisse der verschiedenen Nutzergruppen zu erfassen und aufzugreifen. Zur Umsetzung des Konzepts bedarf es zudem einer auskömmlichen Finanzierung. Daher sind verschiedene Finanzierungssäulen wie Förderprogramme, Sponsoring oder Modelle zur Drittnutzerfinanzierung zu beleuchten. Gleichzeitig sollten auch die positiven Effekte neuer Mobilitätsangebote auf die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit einer Region und die damit verbundenen mittelbaren finanziellen Auswirkungen (z. B. auf das Steueraufkommen) hervorgehoben werden. Hier steht nicht zuletzt der volkswirtschaftliche Nutzen im Fokus. Der Erfolg solcher Mobilitätskonzepte für gute Mobilität in ländlichen Räumen erfordert Mut und Veränderungswillen der Politik und der Verwaltung. Es gilt, innovative und zum Teil auch steinige Wege zu beschreiten und Neues auszuprobieren. Oftmals stehen hinter erfolgreich umgesetzten Konzepten einzelne Akteure, die das Thema treiben und die anderen Akteure in der Region mitreißen. Aber auch der Austausch mit und das Lernen von anderen Kommunen ist hierbei bedeutend, damit Lernkurven nicht erneut durchlaufen werden müssen. Damit kann der Wunsch nach guter Mobilität in ländlichen Räumen Wirklichkeit werden. maximilian.rohs@de.pwc.com gabriel.flore@pwc.com Um die Mobilität zu verbessern, bedarf es eines abgestimmten multimodalen Gesamtsystems in hoher und verlässlicher Qualität. Die ländliche Mobilität erfordert einen neuartigen Ansatz aus fünf miteinander verknüpften Bausteinen: GRAFIK: PWC Integrierte Handlungsansätze zur Verbesserung der Mobilität Zentrale Bausteine eines attraktiven multimodalen Mobilitätsangebots in ländlichen Räumen REPORT 27 05-06/2020 Anzeigen-Sonderveröffentlichung Verkehrswissenschaftler der TU Dresden untersuchen das Verhalten von Einwohnern und Pendlern im Mai und Juni Autor Harald Lachmann W enn das öffentliche Leben selbst in einer pulsierenden Landeshauptstadt fast zum Erliegen kommt, weil ein großer Teil der Einwohner ins Homeoffice geschickt wurde, Schulen und Kitas schließen mussten und damit auch Tausende Autos nicht bewegt werden – wie schlägt sich das in der urbanen Mobilität nieder? Und wie kommt die Stadt wieder in Bewegung, wenn die CoronaBeschränkungen langsam gelockert werden? Beförderten die Wochen der Quarantäne auch ein Umdenken beim Verkehrsverhalten gegenüber den normalen Zeiten zuvor? Smartphonebasierte Erhebung Diese und weitere Fragen untersuchen gegenwärtig Verkehrswissenschaftler der Forschungsgruppe Mobilität der TU Dresden. Alle erwachsenen Einwohner der Stadt aber auch regelmäßige Einpendler waren von Anfang Mai bis Ende Juni gebeten worden, sich freiwillig an einer smartphonebasierten Mobilitätserhebung „Dresden in Bewegung – Stadtverkehr in besonderen Zeiten“ zu beteiligen. Ziel sei es, so Projektleiter Stefan Hubrich, „wichtige Daten für einen klimafreundlichen Stadtverkehr zu gewinnen“. Als informationstechnische Grundlage diente die eigens hierfür vom schwedischen Unternehmen Trivector entwickelte App TravelVu. Dank dieser könne man, so führt Hubrich aus, „in anschaulichem App-Design nachverfolgen, wie man sich inner- und außerhalb von Dresden fortbewegt und wie viel Zeit dabei mit verschiedenen Aktivitäten verbracht wird“. Lernende Algorithmen sowie Sensoren im Smartphone unterstützen die Erfassung und schlagen den Teilnehmern zugleich Verkehrsmittel und Aktivitäten vor. Darüber hinaus ist es möglich, eigene Wege und Aktivitäten in einer interaktiven Karte nachzuvollziehen und gegebenenfalls anzupassen. Der Trend geht zu mehr Fußgängern und Radfahrern. Gelegentlich befördern sogar Kutscher ihre Fahrgäste umweltfreundlich durch die Dresdner Innenstadt. Ziel ist es, wichtige Daten für einen klimafreundlichen Stadtverkehr zu ermitteln. Stefan Hubrich, Projektleiter „Dresden in Bewegung – Stadtverkehr in besonderen Zeiten“, TU Dresden Die Forscher betonen, dass sowohl alle hierbei erhobenen Daten anonym erfasst werden, als auch dass mit diesem Programm keinerlei Registrierung von Corona-Infektionen oder Corona-Verbreitungswegen verbunden gewesen sei. Alle Ergebnisse würden nach Projektende zusammengefasst dargestellt, so dass Rückschlüsse auf einzelne Personen unmöglich wären. Bereits im Mai beteiligten sich über 500 Interessenten wenigstens eine Woche lang an dem Projekt, und im Juni erhöhte sich diese Zahl offenbar noch. Die Wissenschaftler erwarten damit ein „belastbares Ergebnis“. Gerade mit den Juni-Daten könnten verschiedene Lockerungsphasen nach dem CoronaLockdown abgebildet werden, so Hub- Datenbasis für die Verkehrsplanung Die Stadt Dresden, in deren Auftrag die Wissenschaftler tätig sind, erhofft sich letztlich eine einmalige Datenbasis, um die künftige Verkehrsplanung auf Grundlage des alltäglichen Mobilitätsverhaltens im Stadtgebiet „besser und krisensicherer gestalten zu können“, so Verkehrsbürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne). Immerhin wächst die sächsische Metropole – sie zählt derzeit 545.000 Einwohner – im Jahr um rund fünf Prozent. Zudem verzeichnet sie ein jährliches Einpendlerwachstum von 15 Prozent. Mithin wird die Stadt immer dichter, was auch zu kürzeren Verkehrswegen führt. „Dresden in Bewegung“ ist überdies Bestandteil eines internationalen Projektes, das vom Netzwerk EIT Climate-KIC am Europäischen Institut für Innovation und Technologie mit Sitz in Budapest finanziert wird. Parallel finden auch Erhebungen in Norwegen, Dänemark und Italien statt. Und es ist auch nicht die erste Erhebung dieser Art durch die Experten der TU Dresden. Bereits 2013 und 2018 gab es ähnliche Projekte in der Stadt. Dabei registrierten sie in Auswertung der Analysen von 2018, dass der „Umwelt verbund aus Fußverkehr, Radverkehr und ÖPNV seit 20 Jahren ungebrochen wächst“. Dessen Anteil liegt nun bei 64 Prozent, wobei größter Gewinner der Radverkehr sei: Von 2013 bis 2018 war die Anzahl der Fahrten per Rad im Dresdner Stadtgebiet um 70 Prozent auf täglich 362.000 gestiegen. Pkw würden dagegen seltener und kürzer benutzt. Einen weiteren Trend in diese Richtung erwarten die Experten nun auch aus dieser jüngsten Erhebung. Fragen per E-Mail an verkehrsentwicklungsplanung@dresden.de IMPRESSUM ASK. Agentur für Sales und Kommunikation GmbH, Bülowstraße 66, 10783 Berlin Tel. (030) 740 73 16-00, Fax (030) 740 73 16-75 E-Mail: info@ask-berlin.de Projektleitung/Anzeigen: Henning Witzel, Tel. (030) 740 73 16-36 Redaktion: Carl-Friedrich Höck Layout: Heidemarie Lehmann Litho: Satzstudio Neue Westfälische GmbH & Co. KG Druck: J.D. Küster Nachf. + Pressedruck GmbH & Co. KG, Industriestraße 20, 33689 Bielefeld FOTO: HARALD LACHMANN Städtischer Verkehr in Zeiten von und nach Corona rich. Damit werde sich „zeigen, ob das Verkehrsverhalten in Dresden anders als in normalen Zeiten ist und welche Verkehrsmittel mit weiteren Lockerungen der Corona-Beschränkungen genutzt“ würden. 05-06/2020 Anzeigen-Sonderveröffentlichung Ein Bündel sozialer Sicherungsmaßnahmen soll Mieterinnen und Mieter, die Zahlungsschwierigkeiten haben, schützen – Absicherung auch für die Vermieterseite Autorin Ulli Nissen M Mieterinnen und Mieter wie auch Vermieterinnen und Vermieter sind wegen der Corona-Krise oft von massiven Einkommens verlusten betroffen. Hier greifen soziale Sicherungsmaßnahmen. Zusätzlich haben wir gehandelt und Folgendes beschlossen: 1. Anspruch auf Wohngeld und die vereinfachte Antragstellung/-bearbeitung Grundsätzlich gilt zunächst einmal folgender Automatismus: Wer wegen der Corona-Krise die laufenden Wohnkosten nicht mehr begleichen kann, der kann unter bestimmten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Wohngeld geltend machen. Wohngeld ist in Deutschland eine Sozialleistung für Bürgerinnen und Bürger, die aufgrund ihres geringen Einkommens einen Zuschuss zur Miete oder zu den Kosten selbst genutzten Wohneigentums erhalten. Beschäftigte in Kurzarbeit und selbstständig tätige Personen wie zum Beispiel Gewerbetreibende erwerben erstmalig einen Wohngeldanspruch oder haben Anspruch auf ein höheres Wohngeld. Beschäftigte in dauerhafter Kurzarbeit, die Wohngeld beziehen und nur für einen verkürzten Bewilligungszeitraum (BWZ) Wohngeld bewilligt bekommen haben, können nunmehr eine Verlängerung formlos beantragen. Voraussetzung ist der Nachweis, dass die Kurzarbeit weiter anhalten wird. Außerdem wurden die Verwaltungsstrukturen im Bereich Wohngeld deutlich verbessert, um die Auszahlung zeitlich zu vereinfachen. Zum 1. Januar 2020 wurde das Wohngeld ohnehin deutlich erhöht und damit an die Miet- und Einkommensentwicklung seit 2016 angepasst. Außerdem haben wir eine Erhöhung des Wohngelds als Ausgleich der CO2Bepreisung verabschiedet. Die Entlastung erfolgt zum 1. Januar 2021 in Form einer CO2-Komponente und wird nach der Haushaltsgröße gestaffelt. Niemand soll seine Wohnung in diesen schwierigen Zeiten unverschuldet verlieren. Selbstständig Tätige, die infolge der geltenden Beschränkungen keine Einnahmen erzielen können und denen keine anderweitigen Einkünfte oder Vermögen zur Verfügung stehen, können unter Umständen statt des Wohngelds auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beantragen (Arbeitslosengeld II). Das Sozialschutz-Paket der Bundesregierung sieht vor, dass Antragsstellern auf ALG II im Zeitraum 1. März bis 30. Juni 2020 die Kosten der Unterkunft vorübergehend für sechs Monate in tatsächlicher Höhe anerkannt werden können. 2. Verbesserter Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter Wegen Corona-bedingter Mietschulden aus dem Zeitraum zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen. Die Verpflichtung der Mieterinnen und 3. Absicherung für Vermieter und Vermieterinnen bei ausbleibenden Mieteinnahmen Sollten Privatvermieterinnen und -vermieter ihren Immobilienkredit nicht weiter in bisheriger Höhe tilgen können, dann können die Raten ausgesetzt und zu einem späteren Zeitpunkt gezahlt werden. Für Verbraucherdarlehensverträge, die vor dem 15. März 2020 geschlossen wurden, werden Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlungs-, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig werden, gestundet. Fazit: In dieser schwierigen Zeit wollen wir allen Mieterinnen und Mietern sowohl von Wohnraum als auch von Gewerberäumen die Sicherheit geben, dass sie ihre Wohnung oder ihre Firmenräume nicht wegen unverschuldeter COVID-19-bedingter Einkommenseinbußen verlieren. Es geht jetzt darum, Mieterinnen und Mietern sowie Firmen ein größtmögliches Maß an Sicherheit zu bieten. Dazu gehören auch die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen wie die Ausweitung des Kurzarbeitergelds oder Hilfen für kleine Unternehmen und SoloSelbstständige. Ulli Nissen ist Mitglied des Bundestags. V.i.S.d.P.: Carsten Schneider, 1. Parlamentarischer Geschäftsführer, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, Tel.: (030) 227-744 20, carsten.schneider@spdfraktion.de FOTOS: FLORIAN GAERTNER /PHOTOTHEK.NET; PRIVAT Schutz in der Corona-Krise Mieter zur fristgerechten Zahlung ihrer Miete bleibt jedoch bestehen. Die Regelungen gelten zunächst bis zum 30. Juni 2020 und können unter bestimmten Voraussetzungen verlängert werden. Die Miete bleibt für diesen Zeitraum weiterhin fällig; es können auch Verzugszinsen entstehen. Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 müssen bis zum 30. Juni 2022 beglichen werden, sonst kann den Mietern wieder gekündigt werden. Mieter müssen im Streitfall glaubhaft machen, dass die Nichtleistung der Miete auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Darüber hinaus darf niemandem Gas, Wasser oder Strom abgestellt werden, da Verbraucherinnen und Verbraucher einen zeitlich befristetes Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt bekommen haben, wenn sie wegen der Corona-Pandemie in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Das Leistungsverweigerungsrecht hat zur Folge, dass sie trotz Nichtzahlung nicht in Verzug kommen. Es ist zunächst bis zum 30. Juni 2020 befristet. BÜCHER / TERMINE 05-06/2020 DEMO Smart-City-Kaleidoskop Leitfaden für Führungskräfte Ein neues Buch bietet viele Perspektiven auf das Thema Eine Masterthesis mit Mehrwert für die Praxis „Smart City“ ist ein Sammelbegriff für Konzepte, Städte mit den neuen Möglichkeiten der Technik (vor allem Informations- und Kommunikationstechnik) zu modernisieren. Wie weit dieser Begriff mittlerweile reicht, zeigt das Buch „Smart City – Made in Germany“. Es widmet sich dem Thema Smart City aus einer deutschen Perspektive. Herausgegeben wurde es von Chirine Etezadzadeh, Leiterin des SmartCity. institute. Sie hat zahlreiche Expertinnen und Experten aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft gebeten, jeweils einen Aspekt kurz und verständlich zu beschreiben. Nicht im Stile eines Lexikon-Eintrages, sondern aus ihrer individuellen Perspektive. Die gesammelten Aufsätze und Interviews sortiert Etezadzadeh unter Oberbegriffen wie „Governance“, „Bildung“, „Stadtbegrünung“ oder „Energiewirtschaft“ ein. So entsteht ein Kaleidoskop von Sichtweisen auf das jeweilige Thema. Die kompakten Texte ermögli- Wer Entscheidungen trifft, muss dafür auch geradestehen. Der rechtlichen Verantwortung komme in Kommunalverwaltungen eine wachsende Bedeutung zu, schreibt Conrad Rudolf Finger. Denn Führungskräfte stünden unter verschärfter Beobachtung, bei den Strafverfolgungsbehörden sei eine erhöhte Ermittlungstätigkeit zu verzeichnen. Das sei zwar zu begrüßen, könne die Entscheidungsträger aber auch verunsichern. Dabei seien „mutig, kreativ und entschlossen handelnde Führungskräfte unverzichtbar“. Ihnen will Finger mit seinem nun vorgelegten Buch zur Seite stehen. (Es handelt sich um eine Masterthesis, die an der Hochschule Osnabrück eingereicht wurde.) Im ersten Teil untersucht Finger die rechtliche Verantwortlichkeit kommunaler Führungskräfte im typischen Dienstalltag – mit Blick auf Straf-, Zivil- und öffentliches Recht. Auf dieser Grundlage entwirft er im zweiten Teil einen „Leitfaden chen es den Leserinnen und Lesern, das Gesamtwerk als Handbuch zu nutzen. Jedem Text ist eine kurze Zusammenfassung vorangestellt. Das erleichtert den Zugang und die Orientierung. Der Nachteil des Ansatzes, Unternehmer oder Verbandsmitarbeiter über ihre Arbeit schreiben zu lassen, liegt auf der Hand: Manche Beiträge gleiten ins Werbliche ab. Etwa, wenn zwei Autoren von Volkswagen in ihrem Beitrag zu urbanen Logistikanforderungen „maßgeschneiderte Produkte für besondere Kunden” anpreisen. CFH Chirine Etezadzadeh (Hrsg.): Smart City – Made in Germany Springer-Verlag 2020, 921 Seiten, 99,99 Euro, ISBN 978-3-658-27231-9 Soziales Wohnen der Zukunft Ein Ausblick auf die IBA in Wien 2022 Wien gilt als Vorreiter des sozialen Wohnungsbaus. Im vergangenen Jahr feierte die österreichische Hauptstadt „100 Jahre Rotes Wien“, das Jubiläum des Gemeindebaus. Es lehre, „dass der Erfolg dieser Tradition nicht im Festhalten an Details, sondern an Grundsätzen besteht“, schreibt Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im Vorwort zum Buch „Neues soziales Wohnen“. Die Prozesse und Formen des sozialen Wohnens müssten immer wieder an neue Entwicklungen und Anforderungen angepasst werden. Aktuell seien das etwa Fragen der sozialen Gerechtigkeit, technologischer Neuentwicklungen oder des Klimawandels. Die wunderschön gestaltete Publikation ist eine Zwischenpräsentation zur Internationalen Bauausstellung (IBA) in Wien 2022, die passenderweise unter dem Motto „Neues soziales Wohnen“ steht. Das Buch soll erste Einblicke in die bereits laufenden Aktivitäten und Projekte geben. Es stellt zum einen konkrete Stadt- entwicklungsprojekte vor. Zum Beispiel die „Biotope City Wienerberg“, die „Gegensätze zwischen Stadt und Natur, Dichte und Grünraum“ vereinen soll. Zum anderen wird zahlreichen Autoren Platz geboten, um grundsätzliche Überlegungen darzustellen. Etwa: Wohin entwickelt sich die Bodenpolitik? Welche internationalen Trends gibt es beim Thema Wohnungsbau? Wie verändert die Digitalisierung die Stadtgesellschaft? Eine breit gefächerte und spannende Publikation. CFH IBA Wien 2022 und future.lab (Hrsg.): Neues soziales Wohnen. Positionen zur IBA Wien 2022 Jovis Verlag 2020, 256 Seiten, 35,00 Euro, ISBN 978-3-86859-619-9 Termine für gutes, verantwortungsvolles Führungsverhalten kommunaler Führungskräfte“. Dieser ist kurz und prägnant gefasst und enthält unter anderem 18 Empfehlungen für das persönliche Führungsverhalten. Zum Beispiel: „Trennen Sie konsequent Ihre dienstliche und Ihre private Sphäre“, „Legen Sie Fehler offen und analysieren Sie diese“ oder „Beteiligen Sie sich während des Dienstes nicht an politischen Initiativen oder Kampagnen”. CFH Conrad Rudolf Finger: Die Verantwortlichkeit kommunaler Führungskräfte KSV Kommunalpraxis 2020, 174 Seiten, 19,80 Euro, ISBN 978-3-8293-1519-7 Angekündigte Termine können sich aufgrund der Pandemie kurzfristig ändern. Messe FeuerTrutz 2020 – vorbeugender Brandschutz 30.09.2020 – 01.10.2020 feuertrutz.de Expertengespräch Auswirkungen von Corona auf die kommunalen Haushalte 02.07.2020, online fes.de/kommunalakademie Konferenz Environmental Aspects in Public Procurement in Europe 01.10.2020, Berlin umweltbundesamt.de Erste virtuelle kommunalpolitische Sommerakademie 17.07.2020 – 18.07.2020, online fes.de/kommunalakademie/ Expo REAL 05.10.2020 – 07.10.2020, München exporeal.net Rhetorik I – souveräne freie Rede 04.09.2020 – 05.09.2020, Hagen fes.de/kommunalakademie/ Webinar zur Digitalisierung für Wirtschaftsförderungen 08.09.2020, online dstgb.de GaLaBau 16.09.2020 – 19.09.2020, Nürnberg https://www.galabau-messe.com/de/besucher Webinar Kinderschutz durch die Jugendhilfe aus rechtlicher Sicht 18.09.2020, online kommunalpraxis.de/webinare DLT-ExperConsult-Seminar für Wirtschaftsförderer 30.09.2020, online landkreistag.de Fiberdays20 – Die Glasfasermesse 13.10.2020 – 14.10.2020, Wiesbaden fiberdays.de Smart Country Convention 27.10.2020 – 29.10.2020, Berlin smartcountry.berlin 15. DEMO-Kommunalkongress 30.10.2020, online demo-kommunalkongress.de Kommunales Haushaltsrecht 06.11.2020 – 07.11.2020, Dortmund fes.de/kommunalakademie/ Rhetorik II – schlagfertig diskutieren 06.11.2020 – 07.11.2020, Bielefeld fes.de/kommunalakademie/ Forum deutscher Wirtschaftsförderer 19.11.2020 – 20.11.2020, Ort noch unbekannt städtetag.de 30 DAS LETZTE DEMO 05-06/2020 Entenarmee im Anwatscheln Autorin Karin Billanitsch Z wei Jahrzehnte ist es her, da halfen Hausenten der nordwestchinesischen Region Xinjiang aus einer Notlage: Heuschreckenschwärme drohten, die Ernte zu vernichten. Die gefiederten weißen Vögel – eigentlich selbst dafür bestimmt, als Pekingenten auf dem Esstisch zu landen – rückten an und fraßen die Schädlinge auf. Was anschließend mit ihnen geschah, ist nicht überliefert. 200 Heuschrecken pro Tag Jetzt soll die chinesische HausentenArmee wieder anwatscheln: Pakistan wird derzeit von Heuschreckenschwärmen überfallen und China hat angeboten, 100.000 Enten zu schicken. 200 Heuschrecken vertilgt eine Ente laut chinesischen Wissenschaftlern pro Tag, ein Huhn schafft nur 70. Die Umwelt dankt es: Pestizide, die sonst gegen Heuschrecken eingesetzt werden, werden überflüssig. Auch in Deutschland machen sich viele Tiere in Kommunen nützlich. So setzt das Klinikum Stuttgart auf natürliche Abschreckung, indem es Falken einfliegen lässt, wenn die Taubenplage in der Stadt überhandnimmt. So kreist jetzt regelmäßig ein Greifvogel über den Hospitälern. In der Regel erbeutet er die Tauben nicht, sie werden allein durch seine Präsenz verscheucht. Heuschrecken sind Leckerbissen für Enten – in China wurden diese schon erfolgreich gegen eine Plage eingesetzt. dem amtlichen Segen der Kommune und des Landes auf „wilden Weiden“, damit der Rheinwald lichter wird. In der Dellbrücker Heide, einem städtischen Naturschutzgebiet in Köln, hilft eine Eselherde, Wildbienen zu retten. Der Lebensraum dieser Insekten ist bedroht, weil es immer weniger Biotope gibt, wo sie leben können. Die Esel leisten ganze Arbeit, indem sie in stark mit Gebüsch bewachsenen Gebieten herumtrampeln und sich wälzen. Schon jetzt breiten sich die Heidegebiete wieder aus, auch Eidechsen oder Heuschrecken bekommen so neue Lebensräume. Es sei denn, sie werden von Enten gefressen. Fischchen in der Verwaltung? Büffel sind nicht nur auf der schwäbischen Alb los, sondern auch in Berlin-Spandau. In der Voralbgemeinde Heiningen weiden imposante Wasserbüffel und halten so ein renaturiertes Feuchtgebiet von allzu stark wuchernder Vegetation frei. In Spandau fressen sich die Tiere gar schon seit 2011 durch 14 Hektar Gras. Und wer im Rheinauenwald in Südbaden bei Kappel-Grafenhausen spazieren geht, sollte sich ein wenig in Acht nehmen. Gelegentlich kann der Wanderer dort recht wild aussehenden französischen Salers-Kühen mit kastanienrotem Fell und spitzen Hörnern begegnen. Sie leben mit DEMO 07-08/2020 erscheint am 21. August 2020 mit folgenden Themen: Mit der Corona-Krise mussten plötzlich für die Kommunikation im Rat neue Wege gefunden werden. Nicht nur das: Auch für die Verständigung innerhalb der Verwaltung und mit den Bürgerinnen und Bürgern waren neue Regeln aufzustellen. Genauso betroffen ist die Wahlkampfkommunikation. Diese Fragen beleuchtet der Schwerpunkt Kommunikation in den Kommunen. Um Wirtschaftsförderung geht es im Report. Bislang unerprobt ist der Einsatz von nützlichen Tierarten in der Verwaltung. Dabei haben die lichtscheuen Papierfischchen das Potenzial, die Digitalisierung in den Amtsstuben zu beschleunigen. Gelangen diese Insekten in Bücherregale oder Archive, können sie innerhalb weniger Jahre alles Papiermaterial zerstören. Nicht auszudenken, was sie in den Aktenbergen anrichten könnten, die in manchen allzu gemächlich arbeitenden Behörden auf den Schreibtischen lagern. Gegen eine durchgehend digitale Aktenbearbeitung hätten sie keine Chance. Aber so könnten die Papierfischchen lahm trabende Verwaltungshengste vor sich hertreiben. Impressum Demokratische Gemeinde, Fachorgan der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (Bundes-SGK) Stresemannstraße 30, 10963 Berlin Postfach 61 03 22, 10925 Berlin Telefon: (030) 255 94- 200 Telefax: (030) 255 94- 290 E-Mail: redaktion@demo-online.de Internet: www.demo-online.de Herausgeber: Frank Baranowski, Vorsitzender der Bundes-SGK Redaktion: Karin Nink (Chefredakteurin), Karin Billanitsch (Leitende Redakteurin), Carl-Friedrich Höck (Redakteur) Telefon: (030) 255 94- 355 Produktionsleitung: Dagmar Günther Layout/Sekretariat: Heidemarie Lehmann Telefon: (030) 255 94- 200 Verlag: Berliner vorwärts Verlagsgesellschaft mbH, Stresemannstraße 30, 10963 Berlin, Postfach 61 03 22, 10925 Berlin Telefon: (030) 255 94- 100 Telefax: (030) 255 94- 192 Geschäftsführung: Karin Nink, Kerstin Thomberg Anzeigen/Vertrieb: ASK. Agentur für Sales und Kommunikation GmbH, Gewerbehof Bülowbogen,Hof D, Eingang D1, Bülowstraße 66, 10783 Berlin Telefon: (030) 740 73 16- 00 Telefax: (030) 740 73 16- 20 Anzeigen: Henning Witzel (Verkauf/Projektleitung) Telefon: (030) 740 73 16- 36 Gültige Anzeigen-Preisliste: Nr. 37 vom 1. Januar 2020 Vertrieb: Stefanie Martin Telefon: (030) 740 73 16- 61 Die DEMO erscheint mit sechs Ausgaben im Jahr Abonnementverwaltung: IPS Datenservice GmbH, Carl-Zeiss-Str. 5, 53340 Meckenheim Telefon: (02225) 70 85 -366 Telefax: (02225) 70 85 -399 E-Mail: abo-vorwaerts@ips-d.de Einzelverkaufspreis: 10 € Jahres-Abonnement: 60 € (inkl. Versand und 7 % MwSt.); für Schüler und Studenten (Nachweis erforderlich) 40 € Jahres-Abonnement (Ausland): 60 € zzgl. Versandkosten Die Abonnements verlängern sich jeweils um ein Jahr, sofern nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. Bei Nichterscheinen der Zeitung oder Nichtlieferung ohne Verschulden des Verlages und im Falle höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Leistung, Schadenersatz oder auf Minderung des Bezugspreises. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Haftung übernommen. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Quellenangabe. Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Litho: Satzstudio Neue Westfälische Gmbh & Co KG Druck: J.D. Küster Nachf. + Pressedruck GmbH & Co. KG, Industriestraße 20, 33689 Bielefeld, Telefon: (05205) 14 700 Telefax: (05205) 14 704 E-Mail: kontakt@kuester-pressedruck.de Zugleich Versandanschrift für Beilagen und Beihefter mit Zusatz „Warenannahme“. FOTOS: STOCK.ADOBE.COM/ANATOLII; STOCK.ADOBE.COM/METAMORWORKS China bekämpft die Heuschreckenplage mit Federvieh. Auch in deutschen Kommunen werden viele Tiere als Helfer eingesetzt LIEBER DIGITAL LESEN 75.000 sind schon dabei. Komm auch DU dazu – entdecke das vorwärts-E-Paper! Melde Dich jetzt hier an: spd.de/vorwaerts-epaper Sobald eine neue Ausgabe veröffentlicht ist, wirst Du ganz bequem per E-Mail informiert. Viel Spaß beim Lesen! ALTE, H N I R ME H E HR M ION E N T K N U F BER ALL UND Ü BEI! DA 22 KU LTU R vorwärts 2/2020 DIE DIGI TALE BÜH NE IM WOH NZIM MER GRENZENLOS Die bedroht die KulturKrise – und die reagiert kreativ Von Benedikt Dittrich D KA PI TA LISM US – ZU RZ EI T GESCHL OSSE N vor wärts E: DIE DEBAT TENSE Aboprei s 2.20 € – A 07665 DER DEUT SCH EN SOZIA LDE M O K R AT I E ■ GEGRÜND 1 2/2020 ET 1876 FOTOS:MATH IAS BÖHLER & CHRISTIAN ORENDT|GIV E US, DEAR|2013; #WIRBLIBENZ DIE ZEITU NG A ITE! UHAUSE VORWÄRTS.D 2/2020 vorwärts as Konzert der Lieblingsband muss man erlebt, Der gestürzte Riese: Ein Sinnbild die leuchtenfür die Ausbeutung der den Farben eines natürlichen Ressourc Picasso-Kunstim Kapitalismus? werks in Realität en Den Eindruck gesehen haben kann man als Betracht – dennoch trotzt die er des Kunstwe Kultur der Krise: rks „Give us, Dear“ Popmusiker bis Vom von Mathias Böhler zum Kurator Christian Orendt und der Natiogewinnen. nalgalerie haben Künstler und Veranstalter in den vergangenen Wochen eine Vielzahl digitale r Angebote geschaf fen. Mit Beginn der Kontakt sperre machte in sozialen Medien der tag #wirble Hashibenzuhause Stillstandes ein die Runde, Grund für die wenige Stunden beinahe gespenstische später gab es das erste Treffsic herheit #wirbleibenzuh unserer Ausstel lung“, ause-„Festival“ sagt Kurator : Max Giesinger, Johanne in Henriet te Pleiger im Gespräc s Oerding und andere Musiker spielten h mit dem „vorwä über Instagra rts“. Inzwischen m live aus versucht die den eigenen vier Bundeskunsthalle, Wänden – mit die Eindrücke Zehntausenden Zuschau zumindest teilweise digital ern im Netz, eine zu vermitteln. Woche später folgte eine BUNDESKUNSTHAL Auf ihrer Homepage hat zweite Ausgab e. sie einen Film Ähnlich aktiv Kapitalismus nicht LE Eine Ausstellung in Bonn darüber und einen Rundga sind die Berliner Clubs: Im Internet auf ng mit den beiden machen. Das war nur darstellen, sondern erlebbsollte unitedwestream ratoren durch Kudie Ausstellung .berlin spielen sie vorers ar t nur veröffentregelmäßig einen Tag lang licht. Auch das elektron Von Jonas Jordan Kapitalismus-G möglich Musik live in ame die Privatwohnung ische noch online zugänglich gemach soll en. Die Plattfor m wird t werauch für Gespräc den. Dennoch fehlt das Wesent he und Filme genutzt liche dieund um Spende ser Schau, das m Anfang ist n zu sameigene räumlic das Handy. Es meln, sowohl he Erleben ist für Menschen des Kapitalismus Teil des „Kapita in Not als und die daran auch zum Erhalt lismus-Games“ anschließende Selbstre der Clubszene. in der Ausstel flexion. lung „Wir Kapitalisten“ in der Bundeskunsth alle in Bonn. Dort soll Kapital Die Perversion ismus für Besuche des Kapitalismus fahrbar gemach r erIn wenigen t werden. Sie Schritte n geht es von laden sich zunächst Ego-Pun Anfängen des den kte auf ihr Kapitalismus Handy. Diese bekomm im Mittelalter hinein in »WIR KAPITAL t, wer bestimm ISTEN – die Phase der te Emotionen wie „angeek IndustrialiVON ANFANG sierung bis hin BIS TURBO« elt“, zum beginne Ein Besuch der „ängstlich“ besonde „überrascht“ oder nden Massenkonsum des Ausstellung rs gut mimisc 20. Jahrhunderts. soll nach einer stellen kann. h darWiederMitte des Raumes In der Darüber entsche eröffnung noch auf schlichten, idet eine bis 12. Juli Gesichtserkenn durchnumerierten, möglich sein. ungssof tware. metallischen Regalen sind Denn auch Emotion die Konsum Weitere Informat objekte aufgere en seien im ionen gibt es pitalismus wichtig iht, sodass Kaman nur noch dazu unter: , so die Begrün zugreifen müsste. Spielte aus seiner 73.300 Ego-Pun dung. www.bundeskun Was gleichze Wohnung in Hamburg kte des Besuche sthalle.de/ itig teilweise für Zehntausende wirkapitalisten rs zeugen von einer einer Perversion gleichko Zuschauer – per gelungenen Darstel der Popmusik Livestream: mmt. Beispiel er Max Giesinger Damit kann er lung. sweise wenn ein Film . im Anschluss über Land-Gr mit einzelnen Ausstel lungsob abbing in Kambodscha die schauderhaften jekten interag Die Elbphilharmoni etwa mit einer ieren, wüchse des e in Hamburg westlichen Konsum AusKaufmannsfrau zwar nicht um muss dem 19. Jahrhun aus verhaltens ihre Existenz zeigt. Darin filmt dert, dem Maschi bangen, trotzdem ruft ein buddhistischer menschen Maria nendas Konzerthaus Mönch, wo aus Fritz Langs Dorfbewohner ebenfalls zu Spenden auf film „Metrop Kultvertrieben wurden und und bringt dafür olis“ oder dem jetzt ein sische Musik klasKapitalismuskritiker schlech ins Netz: Bei ckerkonzern operiert internationaler ZuTwitter thin #Elphiathome unter Karl Marx. Den . „Seit Generat Chat mit dem sind unter anderem war das unser ionen Rauschebartträ Land“, erzählt vierkonzerte von Klager gibt‘s für 2.000 Ego-Pun eine 85-Jährige, den Tränen Brahms und Schuma kte. Der Theoret nahe. – im Saal gespielt nn empfieh lt einem iker – zu finden. „Die Ausstellung die Marx-Engels-G zeigt, dass der Auch Galerie samtausgabe etalismus nicht Kapin und Konzert in 114 Bänden nur ein Wirtsch häuser versuchen möglich und endet mit „Wir sehen aftssystem, sondern st viel online uns bei der Revolut eine Gesellsc bieten – dabei anzuhaftsordnung ion“. Es ist eine Art ist“, erläuter t war die Kunsth Macht euch die der Kurator Wolfger alle in Mannheim eine Erde untertan und Kapitalismuser Kommu nikation Stumpfe im Gespräch der ersten, die : Ausstellu ngsplakat mit mit dem „vorwär fahrung, die zu digitalen Rundgä einem insbesondere für eine ts“. Am ngen einlud, Ende der Ausstel Motiv von Klaus jüngere Zielgrup Staeck. inklusive lung raucht dem persönlicher pe wie Schulklassen Führung durch cher jedenfalls Besuansprec hend die Ausder Kopf, auch stellungsräume hätte sein können. Wenn ohne die . Ein weitere 114 Bände von die Ausstel lung s Beispiel Marx und Engels von vielen: Die gerade mal zwei nicht gelesen zu haben. Doch Alte Nationa Tage nach ihrer lgalerie in Berlin bietet eines fehlt noch: nung coronab Eröffauf ihrer Interne persönliche Auswer die edingt schon tseite Online-Ausstellun tung. Denn je wieder hätte schließen gen an. ■ Konsumverhalte nach müssen. „Für n folgt ein mich ist die ambiva lente persönl zugesch ich Erfahru ng des nittenes Virtualderzeitigen Reality eality Erlebnis Versehen mit . der Botschaft: „Mach‘s gut und lass dich nicht ausbeut en!“ ■ UNSER KOMPAS IN DER CORON S A-ZEIT: SOLIDARISCH DURCH DIE KRISE 2/2020 vorwärts 1 28 KU LTU R 23 SI CH AU CH DE R AN DE REIN DI E LAGE N EI NF ÜH LE N SOLIDARITÄT Auf der einen Seite zeigt Hilfe von Staat die Corona-Krise und Privaten. beeindruckende Auf der anderen Probleme von Seite verschärft Bildungs- und Gender-Ungleich sie die Von Tanja Dückers heit TITELFOTO: SABINE GUDATH/IMA GO IMAGES D em Thema Solidari tät kommt in Zeiten Coronas eine besondere Bedeutu tion scheint ambiva ng zu. Die Situalent zu sein: Auf einen Seite der beeindrucken öffentliche und private Hilfsaktionen. So erstaunt es, dass zum Beispiel in Berlin mittels der Soforthilfe der Investitionsban innerhalb kürzest k IBB er Zeit Tausend en von Kulturschaffen den und anderen unternehmerin Kleinnen und -untern ehmern finanziell unter die Arme gegriffe n den konnte. Rund eine Milliard were Euro wurde in wenige n Tagen überwie sen. Beeindruckend ist auch das private Engagement. Um nur ein Beispiel vielen originel unter len Ideen zu nennen: Einen Berliner Segler hatte die Kritik einer Kranken pflegerin „Euren Applaus könnt ihr Euch sonst wohin stecken“ sehr beschäf tigt; vor allem der Satz darin „Wir wollen auch mal reisen, uns etwas ansparen“. Prompt startete er in seiner Segler-Gemeins chaft eine Spenden tion, um einer Person mit Partner akPartnerin aus oder Gelebte Solidarit dem Pflegebereich ät: Überall in zu einem späteren mal – Deutschland Corona besonde kaufen Mensche Zeitpunkt, wenn rs bedrohten n für ihre von gende wieder Nachbarinnen Pfleund Nachbarn entbehrlicher ein. sind – einen einwöchigen Segeltörn zu ermöglichen. Das angepeilte Mit der Gender Spendenziel gerechtigkeit war schon bald weit übersch wird es derzeit auch schwier ritten. ig: Sogenannte KRAF temrel sys- Sozialpolitik angeht – noch deutlich vor der Vereinbarkeit von Umweltschutz Ökonomie. Die und Sorge ist begründ et, denn die Ungleichheit der Einkommen seit der Wende hat stark zugenom men, bestätigt u. a. auch der im vergang das Jahr erschien ene Verteilungsberi enen cht des Wirtschaftsund Sozialw issensch chen Instituts aftlider Hans-Böckler-St iftung. Mit dem Gini-Ko effizient wird gemeinhin der Grad an Ungleichheit gemessen. Insbesondere zwischen 1998 und 2005 stieg er in Deutsch land stark an. In Folge der Finanzk rise gab es einen leichten Rückgang, da hier gerade Wohlha bende Geld verloren , aber 2019 hatte er einen Rekordwert von 29,5 Prozent. Noch nie seit der Wende gab es solch eine große Kluft zwische n Arm und Reich. Was üblicherweise nur zu Verdruss führt, weil der eine in Martini que am Strand liegt, während der andere auf Balkonien Scrabble spielt, hat jetzt unter Umstän den lebensentscheidende Folgen. Zurückhaltun g ist Rücksicht Besonders beliebt bei wohlhabenden Deutschen sind Immobilien, gern in Form von Zweitw ohnsitzen und Ferienwohnu ngen. In Großstädten fallen jetzt schon die leeren Parkplätze auf. Wer es sich leisten kann, hat sich aufs Land verzogen. Und schickt den Zurückgebliebenen in den Innenstädten, in denen aufgrund der Bevölke die Corona-Fallzah rungsverdichtung len deutlich liegen, nun fröhlich höher e Strandbilder, nenuntergänge Sonaus dem Allgäu, blökende Kuh-Bilder von der Schwäb ischen Alb mit dem Verweis darauf, wie entschl nigt man doch eujetzt leben würde, welche neuen Gedank en die innere Einkeh s 22 28 Infos und Anmeldung unter: www.demo-kommunalkongress.de KOMMUN A LKONGRE SS Treffpunkt sozialdemokratischer Kommunalpolitik Jetzt ! n anmelde 15. DEMO-Kommunalkongress erstmals digital 30. Oktober 2020 interaktive Zoom-Konferenz, im Internet und überall in Deutschland »NACHHALTIG – KONKRET – DIGITAL« THEMENSCHWERPUNKTE NACHHALTIGE KOMMUNE KOMMUNE KONKRET · Umweltschutz in Städten und Gemeinden · Anforderungen an die Mobilität von morgen · Bildung in unserer neuen Normalität · Kommunikation nach Corona: Rat, Verwaltung, Bürger · Digitalisierung von Verwaltung und Politik · Fake News, Hetze, Gewalt: Was Kommunalpolitik dagegen tun kann Freuen Sie sich auf interessante Reden und Impulse u.a. von: KEVIN KÜHNERT Stellv. Vorsitzender der SPD, Juso-Bundesvorsitzender CLAUDIA KEMFERT Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, DIW Berlin BORIS PISTORIUS Minister für Inneres und Sport von Niedersachsen

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