ERGÄNZENDER LÄNDERBERICHT BERLINS ZUR
AKTUALISIERUNG DES BEWIRTSCHAFTUNGSPLANS UND DES MAßNAHMENPROGRAMMS
DER FLUSSGEBIETSGEMEINSCHAFT ELBE FÜR
DEN ZEITRAUM 2022 BIS 2027
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
IMPRESSUM
HERAUSGEBERIN
Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz
Abteilung II – Integrativer Umweltschutz
Referat II B – Wasserwirtschaft, Wasserrecht, Geologie
Brückenstraße 6
10179 Berlin
BEARBEITUNG
Frauke Bathe
Dr. Johannes Birner
Dr. Jens Bölscher
Doris Glase
Leonie Goll
Fabian Hecht
Kerstin Kernbach
Antje Köhler
Sabine May
Matthias Rehfeld-Klein
Dörthe von Seggern
Dr. Jakob Sohrt
Michael Wagner
REDAKTION
Frauke Bathe
TITELBILD
SenUMVK/D. Laubner
STAND
Dezember 2021
2
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
INHALTSVERZEICHNIS
1
Veranlassung.........................................................................................................................5
2 Allgemeine Beschreibung
des Berliner Gewässersystems.............................................................................................. 7
2.1 Naturräumliche Gegebenheiten .........................................................................................7
2.2 Wasserwirtschaftliche Rahmenbedingungen .....................................................................8
2.2.1 Stauhaltung ...............................................................................................................8
2.2.2 Braunkohlebergbau..................................................................................................9
2.2.3 Abwasserbeseitigung und Trinkwasserversorgung ............................................. 10
3 Einteilung der Gewässer in
Wasserkörper und Gewässertypen ..................................................................................... 13
3.1 Oberflächenwasserkörper ................................................................................................. 13
3.2 Grundwasserkörper ............................................................................................................ 14
3.3 Gewässertypen ................................................................................................................... 16
3.4 Künstliche und erheblich veränderte Gewässer .............................................................. 18
4 Gewässermonitoring ..........................................................................................................20
4.1 Oberflächengewässer ....................................................................................................... 20
4.1.1 Biologisches Monitoring ......................................................................................... 21
4.1.2 Chemisches Monitoring .........................................................................................22
4.2 Grundwasser .......................................................................................................................22
4.2.1 Chemisches Monitoring .........................................................................................22
4.2.2 Monitoring des mengenmäßigen Grundwasserzustands ...................................23
5 Belastungen und Zustand der Berliner Gewässer ..............................................................25
5.1 Oberflächengewässer ........................................................................................................25
5.1.1 Ökologischer Zustand /Ökologisches Potenzial .................................................25
5.1.1.1 Biologische Qualitätskomponenten ..........................................................25
5.1.1.2 Flussgebietsspezifische Schadstoffe .........................................................32
5.1.1.3 Gesamtbewertung des ökologischen Zustands oder Potenzials .......... 33
5.1.2 Bewertung des chemischen Zustands ................................................................. 34
5.2 Grundwasser ...................................................................................................................... 35
5.2.1 Mengenmäßiger Zustand ..................................................................................... 35
5.2.1.1 Grundwasserentnahmen und künstliche
Grundwasseranreicherungen ................................................................... 35
5.2.1.2 Grundwasserströmungsrichtung und Austausch zwischen
Grund- und Oberflächengewässern ........................................................ 40
5.2.1.3 Bewertung des mengenmäßigen Zustands des Grundwassers ............ 43
5.2.1.4 Grundwasserabhängige Landökosysteme .............................................. 55
5.2.2 Bewertung des chemischen Zustands des Grundwassers ................................. 60
6 Umweltziele und Fristverlängerungen ................................................................................69
3
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
7 Maßnahmen .........................................................................................................................71
7.1 Maßnahmen zur Verbesserung des Zustands der
Oberflächengewässer ........................................................................................................ 71
7.1.1
Verbesserung von Gewässerstruktur und Durchgängigkeit................................ 71
7.1.1.1 Panke............................................................................................................72
7.1.1.2 Tegeler Fließ ................................................................................................73
7.1.1.3 Wuhle und Neue Wuhle ..............................................................................73
7.1.1.4 Erpe ..............................................................................................................74
7.1.1.5 Wasserstraßen .............................................................................................75
7.1.1.6 Seen .............................................................................................................77
7.1.2 Reduzierung der Belastungen durch Nähr- und Schadstoffe sowie
durch hydraulische Beeinträchtigungen ............................................................. 78
7.1.2.1 Nährstoffreduzierungskonzept/Maßnahmen auf Kläranlagen .............. 78
7.1.2.2 Dezentrale Regenwasserbewirtschafung .................................................79
7.1.2.3 Maßnahmen im Bereich der Mischwasserkanalisation .......................... 80
7.1.2.4 Maßnahmen im Bereich der Trennkanalisation ........................................ 81
7.1.2.5 Sonstige schadstoffbezogene Maßnahmen ............................................ 82
7.1.3 Einschätzung der Maßnahmenwirkung................................................................ 83
7.1.3.1 Verzögerungszeit bei der ökologischen Regeneration –
Maßnahmenbereich Nährstoffe ................................................................ 83
7.1.3.2 Verzögerungszeit bei der ökologischen Regeneration –
Maßnahmenbereich Hydromorphologie ................................................. 84
7.1.3.3 Wirkung der Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung ............................ 86
7.2 Grundwasserbezogene Maßnahmen .............................................................................. 86
7.3 Der Masterplan Wasser – Aufstellung einer Zukunftsstrategie für die
Berliner Wasserwirtschaft .................................................................................................. 88
8 Zusammenfassung und Ausblick ....................................................................................... 90
9 Literatur ...............................................................................................................................92
10 Anhang ................................................................................................................................95
10.1 Steckbriefe der Berliner Wasserkörper ........................................................................... 95
10.2 Grundwassermessstellen zur Bewertung der bedeutenden
grundwasserabhängigen Landökosysteme......................................................................97
4
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
1
VERANLASSUNG
Im Jahr 2000 wurde die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der
Wasserpolitik, kurz Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verabschiedet. Sie markiert eine grundsätzliche Neuausrichtung der Gewässerpolitik in der Europäischen Union. Alle EU-Mitgliedstaaten
arbeiten an dem gemeinsamen Ziel, ihre Gewässer in einen guten ökologischen, chemischen
und mengenmäßigen Zustand zu versetzen.
In Deutschland werden die WRRL und ihre Tochterrichtlinien über das Wasserhaushaltsgesetz
(WHG) in nationales Recht umgesetzt. Die Umsetzung wichtiger Detailaspekte ist auf der Verordnungsebene geregelt, für die Oberflächengewässer in der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) und für das Grundwasser in der Grundwasserverordnung (GrwV).
Seit Verabschiedung der Richtlinie wurden im Dezember 2021 nunmehr zum dritten Mal die
Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme für die Flusseinzugsgebiete vorgelegt.
Berlin ist Teil der Flussgebietsgemeinschaft Elbe (FGG Elbe), innerhalb derer die Bundesländer
im Elbeeinzugsgebiet ihre Bewirtschaftungs- und Maßnahmenplanung koordinieren. Auf internationaler Ebene erfolgt die Koordinierung im Rahmen der Internationalen Kommission zum
Schutz der Elbe (IKSE).
Die Bewirtschaftungspläne auf internationaler und nationaler Ebene, die auch der Europäischen Kommission vorgelegt werden, tragen im Sinne des Flussgebietsansatzes der WRRL
einer überregionalen wasserwirtschaftlichen Betrachtung Rechnung. Die lokalen und regionalen Aspekte können in diesen Plänen jedoch nicht vertieft abgebildet werden. Der vorliegende
Länderbericht soll daher in Ergänzung und Konkretisierung des Bewirtschaftungsplans und des
Maßnahmenprogramms der FGG Elbe (FGG Elbe 2021a, FGG Elbe 2021b) eine Übersicht
über den Zustand der Berliner Grund- und Oberflächengewässer und die geplanten Maßnahmen zur Verwirklichung der Umweltziele der WRRL geben. Diese Maßnahmen sind auch
in das Maßnahmenprogramm der FGG Elbe aufgenommen worden, für das eine strategische
Umweltprüfung (SUP) durchgeführt wurde. Damit sind diese Maßnahmen behördenverbindlich
und bei allen Planungen, die die Belange der Wasserwirtschaft betreffen, zu berücksichtigen.
Hierbei ist zu beachten, dass das Maßnahmenprogramm eine fachliche Rahmenplanung darstellt und nicht den jeweils erforderlichen Verwaltungsverfahren und -entscheidungen vorgreift.
Die Maßnahmen des Maßnahmenprogramms werden in Form geeigneter Einzelmaßnahmen
im Rahmen der weiteren Planung konkretisiert, die von den jeweiligen Maßnahmen betroffenen privaten und öffentlichen Interessen im Einzelnen geprüft und gemäß den rechtlichen
Vorschriften in den jeweils erforderlichen Genehmigungsverfahren umgesetzt. Das Maßnahmenprogramm entfaltet somit noch keine direkte Wirkung gegenüber Dritten.
Die in Berlin für die Umsetzung der WRRL zuständige Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz (SenUMVK) hat – anknüpfend an die Bewirtschaftungs- und
Maßnahmenplanung für die Zeiträume 2009 bis 2015 und 2016 bis 2021 – aus der Betrachtung der spezifischen Belastungssituation des Berliner Gewässersystems, des Zustands der
Wasserkörper und der vielschichtigen Nutzungsansprüche den Handlungsbedarf und die erforderlichen Maßnahmen abgeleitet. Der Bericht umfasst darüber hinaus auch Einschätzungen
zur Umsetzbarkeit und Wirksamkeit der geplanten Maßnahmen für Berlin. Da der Handlungsbedarf weiterhin erheblich ist und die Regeneration der Gewässer und ihrer Lebensgemeinschaften mitunter lange Zeiträume benötigt, müssen auch im dritten Bewirtschaftungszeitraum
2022 bis 2027 Fristverlängerungen für die Berliner Grund- und Oberflächenwasserkörper in
Anspruch genommen werden.
5
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Die WRRL misst der Beteiligung der Öffentlichkeit einen hohen Stellenwert bei. Seit Erlass
der Richtlinie fanden in Berlin zahlreiche Veranstaltungen statt, in denen Bürgerinnen und
Bürger, Verbände und andere Interessensvertretungen, Verwaltungen und Politik sich über
den Fortgang ihrer Umsetzung in Berlin informieren konnten und in den Gestaltungsprozess
einbezogen wurden. Zu den Entwürfen des Bewirtschaftungsplans und Maßnahmenprogramms
der FGG Elbe sowie zum Entwurf des vorliegenden Berliner Länderberichts zur Umsetzung
der WRRL für den Zeitraum für den Zeitraum 2022 bis 2027 bestand für die Berlinerinnen und
Berliner die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Sofern möglich, wurden die Anmerkungen in den
jeweiligen Dokumenten berücksichtigt. Mit den interessierten Verbänden, Vereinen, Initiativen,
Interessengruppen beziehungsweise Stakeholdern wurde im Sommer 2021 eine Diskussionsveranstaltung zum Entwurf des ergänzenden Länderberichts und zur Umsetzung der WRRL in
Berlin durchgeführt.
Im Zuge der Erarbeitung der Gewässerentwicklungskonzepte für Panke, Tegeler Fließ, Wuhle,
Erpe sowie Müggelsee und Müggelspree fand eine Vielzahl an Informationsforen und Beteiligungswerkstätten statt. In diesen Verfahren wurden die Maßnahmen mit allen Stakeholdern
abgestimmt und es gilt nun, diese Maßnahmen an den Gewässern schrittweise umzusetzen. Im
Rahmen der erforderlichen Genehmigungsverfahren finden erneute Beteiligungsprozesse statt.
Bürgerinnen und Bürger, Vereine, Schulklassen und andere haben auch die Möglichkeit, sich
als Bachpaten für einen Gewässerabschnitt zu engagieren (Blaues Klassenzimmer, Müllentfernung etc.). Durch die Senatsverwaltung wird das Gewässerpädagogische Netzwerk unterstützt,
das insbesondere die Vernetzung von Aktiven und den Austausch zu Bildungsangeboten zum
Thema Wasser/Gewässer zum Schwerpunkt hat. Weiterhin fanden und finden im Rahmen der
Aufstellung des Berliner „Masterplans Wasser“, mit dem eine Zukunftsstrategie für die Berliner
Wasserwirtschaft aufgestellt wird, Beteiligungsformate statt (vergleiche Kapitel 7.3).
Die interessierte Öffentlichkeit ist aufgerufen, sich auch weiterhin aktiv in den Prozess für die
Verbesserung des Zustandes der Berliner Gewässer einzubringen.
6
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
2 ALLGEMEINE BESCHREIBUNG
DES BERLINER GEWÄSSERSYSTEMS
Berlin ist Teil des Elbeeinzugsgebiets und wird von einem weitverzweigen Gewässernetz durchzogen. Das Stadtbild wird wesentlich durch Dahme, Spree und Havel sowie durch die innerstädtischen Kanäle geprägt. Grundlegend lassen sich die Berliner Gewässer unterteilen in
— Fließgewässer und Flussseen, die in das überregionale Fließsystem von Spree, Dahme und
Havel eingebunden sind,
— kleinere natürliche Fließgewässer, die in das überregionale Fließsystem einmünden und
teilweise als Vorfluter für die Ableitung von Klärwerksabläufen und Niederschlagswasser
dienen (Panke, Tegeler Fließ, Wuhle, Erpe (Neuenhagener Mühlenfließ), Lake, Fließgraben)
sowie künstliche Gewässer (Lietzengrabensystem, Nordgraben, Marzahn-Hohenschönhausener Grenzgraben),
— grundwassergespeiste Landseen, die nicht oder nur mittelbar in das überregionale Fließsystem eingebunden sind sowie
— grundwassergespeiste oder künstliche, zum Teil abgedichtete Teiche oder Pfuhle, die in der
Regel vom überregionalen Fließsystem unabhängig sind und deren Zuflüsse häufig durch
die städtische Regenentwässerung beeinflusst werden [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2001, S. 16–17].
2.1
Naturräumliche Gegebenheiten
Die Geomorphologie des Berliner Raumes ist maßgeblich durch die Weichsel-Eiszeit, die
jüngste der drei großen quartären Inlandvereisungen geprägt. Die wichtigsten geomorphologischen Einheiten sind
— das vorwiegend aus sandigen und kiesigen Ablagerungen bestehende Warschau-Berliner
Urstromtal, welches die Stadt von Südost nach Nordwest durchzieht, mit dem Nebental der
Panke,
— die im Norden und Süden angrenzenden Grundmoränenflächen – die Barnim-Hochfläche
im Norden sowie die Teltow-Hochfläche und die Nauener Platte im Süden, die zu weiten
Teilen mit Geschiebemergeln und Geschiebelehmen bedeckt sind (vergleiche Abbildung 1).
Die Berliner Spree- und Havelabschnitte weisen die für Flachlandflüsse typischen geringen
natürlichen Gefälleverhältnisse auf.
Besondere Bedeutung für die Trinkwasserversorgung Berlins besitzen die im Durchschnitt
circa 150 Meter mächtigen Lockersedimente des jüngeren Tertiärs und des Pleistozäns
(Ablagerungen der Elster-, Saale- und Weichseleiszeit). Sie bilden das Süßwasserstockwerk,
das zum überwiegenden Teil aus Sanden und Kiesen besteht, die ein großes Porenvolumen
mit guter Wasserleitfähigkeit besitzen. Aus ihm wird das gesamte Rohwasser der Stadt gefördert. Das Süßwasserstockwerk wird durch eine circa 80 Meter mächtige tertiäre Tonschicht
(Rupelton) unterlagert und ist dadurch gegen das Eindringen von Salzwasser aus dem darunter liegenden, mehrere 100 Meter mächtigen Salzwasserstockwerk geschützt [Limberg &
Thierbach, 1997] [Rehfeld-Klein, 2002, S. 320]; vergleiche Kapitel 3.2.
Klimatisch befindet sich die Region Berlin-Brandenburg im Übergang zwischen dem maritimen
und dem kontinentalen Klima, wobei der Einfluss der Kontinentalität von West nach Ost zunimmt. Die mittlere jährliche Niederschlagshöhe beträgt in Berlin etwa 600 Millimeter.
7
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Die geomorphologischen, hydrogeologischen und klimatischen Verhältnisse bedingen die
Hydrologie der Berliner Gewässer, deren natürliche Verhältnisse aber massiv durch anthropogene Einflüsse überprägt werden. Zu nennen sind hier insbesondere die Folgen der Stauregulierung von Spree und Havel, die Einflüsse des Braunkohletagebaus im mittleren Spreeeinzugsgebiet sowie die Auswirkungen der Abwasserbeseitigung und Trinkwasserversorgung in
der Hauptstadtregion. Diese Einflüsse wirken sich zudem erheblich auf die Güte der Berliner
Gewässer aus.
Geologische Skizze von Berlin
W
Nauener
Platte
ar
See- und Moorablagerungen:
Sand mit Torf und Mudde
Urstromtal und Nebentäler:
Sand
Hochflächen:
Geschiebelehm, Geschiebemergel
Hochflächen:
Sand
Gewässer
ke
Pan
sc
ha
Barnim-Hochfläche
u-
B
er
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ne
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rs
tr
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Ha
om
Spree
ta
l
Teltow-Hochfläche
0
Abbildung 1: Naturräumlich-geomorphologische Unterteilung Berlins
[Umweltatlas Berlin, Ausgabe 2013 (SenSW und SenUVK 2020)]
2.2
Wasserwirtschaftliche Rahmenbedingungen
2.2.1
Stauhaltung
Die Abflussverhältnisse von Spree und Dahme sowie der von der Spree durchflossenen Kanäle
(Teltowkanal, Landwehrkanal, Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal) werden weitgehend von
der Wasserstandsteuerung an den Stauanlagen Mühlendamm (Spree) und Kleinmachnow
(Teltowkanal) bestimmt. Die Durchflussaufteilung zwischen dem Teltowkanal und der Stadtspree richtet sich nach engen Stauzielvorgaben, die einerseits eine ausreichende Wassertiefe
sowie andererseits die notwendigen Brückendurchfahrtshöhen sicherstellen. Sie bestimmen
auch die Abflussverhältnisse in den weiteren innerstädtischen Stauhaltungen. Die Obere Havel
unterliegt einer Stauregulierung durch die Schleuse Spandau. Das Berliner Unterhavelbecken
liegt innerhalb der Stauwurzel der Schleuse Brandenburg. Durch die Stauhaltung ist das
Berliner Hauptfließgewässersystem extrem langsam fließend und gleicht vor allem im Sommer
limnologisch einem System flacher Flussseen. Gegenüber stofflichen Belastungen ist es somit
außerordentlich empfindlich, insbesondere herrschen ideale Bedingungen für die Umsetzung
von Pflanzennährstoffen zu Algenbiomasse [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.),
2001, S. 18] [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2004, S. 21].
8
2
4
6
8
10 km
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
2.2.2 Braunkohlebergbau
Darüber hinaus werden die natürlichen Abflussverhältnisse der Spree durch den Braunkohlebergbau in der Niederlausitz überprägt. Zu dessen Höchstzeiten in den Achtzigerjahren wurde
der Abfluss der Spree durch die Einleitung von Sümpfungswässern künstlich massiv erhöht.
Besonders deutlich wird dies anhand der Niedrigwasserführung. So betrug der Anteil der eingeleiteten Sümpfungsmengen am natürlichen Niedrigwasserabfluss der Spree im bergbaulich
beeinflussten Gebiet zu Extremzeiten bis zu 90 Prozent [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
(Hrsg.), 2001, S. 18]. Mit dem anhaltenden Rückgang der Einleitung der Sümpfungswässer
seit 1990 in Folge des Rückgangs der Kohleförderung verschärft sich die Niedrigwasserproblematik. Nur durch umfassende Maßnahmen zur Speicherung von Wasser in Talsperren und
steuerbaren Tagebaurestseen in Kombination mit den eingeleiteten Sümpfungswässern kann
aktuell eine Mindestwasserführung bis nach Berlin gewährleistet werden. Solange die Auffüllung des großflächigen Absenkungstrichters in der Lausitz einschließlich der Flutung der
Tagebaurestlöcher nicht abgeschlossen ist, werden sich die Abflüsse der Spree auf einem sehr
niedrigen Niveau bewegen. Abflussverhältnisse, die den natürlichen Bedingungen zumindest
ansatzweise näherkommen, sind erst in Jahrzehnten wieder denkbar. Durch die zusätzlichen
Verdunstungsverluste der Tagebaurestseen werden die ursprünglichen Verhältnisse aber nie
mehr vollends wiederhergestellt werden können [Kaden et al., 2002, S. 61].
Über die Grubenwasserreinigungsanlagen des aktiven Bergbaus (Sümpfungswässer), über die
Tagebaurestseen sowie diffus als Folge des flächenhaften Grundwasseranstiegs gelangen
darüber hinaus erhebliche Sulfatfrachten in die Spree. Der für den Zufluss der Spree nach
Berlin relevante Pegel Rahnsdorf zeigt seit 2013 eine signifikante Zunahme der Sulfatkonzentrationen und übersteigt phasenweise den länderübergreifend vereinbarten Immissionszielwert
zur Sicherung der Trinkwasserversorgung Berlins (vergleiche Abbildung 2). Eine Überschreitung
des Trinkwassergrenzwertes im am stärksten betroffenem Wasserwerk Friedrichshagen konnte
bislang nicht festgestellt werden.
350
Sulfatkonzentration in mg/l
300
250
200
150
100
50
01.01.2021
01.01.2020
01.01.2019
01.01.2018
01.01.2017
01.01.2016
01.01.2015
01.01.2014
01.01.2013
01.01.2012
01.01.2011
01.01.2010
01.01.2009
01.01.2008
01.01.2007
01.01.2006
01.01.2005
01.01.2004
01.01.2003
01.01.2002
01.01.2001
01.01.2000
0
Zeitraum
Abbildung 2: Entwicklung der Sulfatkonzentrationen am Pegel Rahnsdorf
9
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Im Rahmen der kontinuierlichen Zusammenarbeit der Länder Sachsen, Brandenburg und
Berlin in der Arbeitsgruppe „Flussgebietsbewirtschaftung Spree, Schwarze Elster und Lausitzer
Neiße“ werden Maßnahmen zur Begrenzung der Sulfatkonzentrationen, wie Zugabe von Verdünnungswasser und Überleitung zur Neiße, vereinbart und umgesetzt. Zudem finden seit 2015
Sulfatgespräche auf Staatssekretärsebene statt. In diesen Gesprächen wurde insbesondere
die Prüfung weitergehender Maßnahmen der bergbaubetreibenden Länder Brandenburg und
Sachsen zur Stützung der festgelegten Immissionszielwerte vereinbart. Es wurde bekräftigt,
dass die Bewältigung der bergbaubedingten Sulfatkonzentrationen in der Spree eine gemeinschaftliche Aufgabe der Bundesländer Berlin, Brandenburg und Sachsen sowie der Akteure
des Bergbaus und der Wasserwirtschaft ist.
Im Gegensatz zur Sulfatproblematik, die mit dem vereinbarten Kohleausstieg bis 2038 in der
Lausitz entschärft wird, stellt das Wassermengenproblem eine langfristige Herausforderung
dar. Es zeichnet sich ab, dass nach Einstellung der Tagebausümpfung als Folge des Kohleausstiegs die verfügbaren Speicherkapazitäten mit dem fortschreitenden Klimawandel perspektivisch nicht ausreichen werden, um die ökologische Funktionsfähigkeit angemessen aufrecht
zu halten. Auch für die Sicherung der Trinkwasserversorgung ist die Gewährleistung der
Mindestwasserführung nach Berlin von hoher Relevanz. Ein frühzeitiger Kohleausstieg ist der
Ausgangspunkt für eine dringend gebotene, mittel- bis langfristige nachhaltige Sanierung des
gesamten Wasserhaushaltes der Spree, gestützt durch technische Maßnahmen zur Mengenbewirtschaftung in Niedrigwasserzeiten. Die Beherrschung dieses Problems kann nur gelingen,
wenn die Bundesländer Berlin, Brandenburg und Sachsen auch weiterhin zur Problematik eng
zusammenarbeiten, sich auch in der Zukunft gemeinsam mit dem Bund zu den erforderlichen
Maßnahmen austauschen sowie eine verursachergerechte Flankierung des Kohleausstiegs
sicherstellen. Wie sich die Zuflusssituation nach Berlin vor dem Hintergrund des umfassenden
Strukturwandels in der Lausitz und dem Klimawandel letztendlich entwickeln wird, kann derzeit
noch nicht hinreichend quantifiziert werden. Die Bundesregierung hat daher ein Projekt zum
Thema „Wasserwirtschaftliche Folgen des Braunkohleausstiegs in der Lausitz“ aufgelegt, das
im Sommer 2020 begann. Im Rahmen dieses Projektes sollen auch die Folgen des Klimawandels näher untersucht werden. Erste Ergebnisse sind in zwei bis drei Jahren zu erwarten.
2.2.3 Abwasserbeseitigung und Trinkwasserversorgung
Die Abwasserreinigung Berlins erfolgt in sechs Großkläranlagen (Schönerlinde, Münchehofe,
Waßmannsdorf, Stahnsdorf, Ruhleben, Wansdorf), die sich sowohl im Stadtgebiet als auch im
Umland befinden (vergleiche Abbildung 3). Im Jahr 2020 wurden rund 258 Millionen Kubikmeter Abwasser in den Klärwerken gereinigt.
Die Ableitung der Abwässer der circa 7.000 Industrie- und Gewerbetriebe erfolgt ausschließlich in die Misch- beziehungsweise Trennkanalisation (Indirekteinleitung) und fließt so ebenfalls
den Klärwerken (Direkteinleiter) zu. Etwa drei Viertel der kanalisierten Gebiete Berlins werden
über das Trennsystem, etwa ein Viertel über das Mischsystem entwässert (vergleiche Abbildung 4). Der hohe Anteil versiegelter und kanalisierter Flächen hat erheblichen Einfluss auf die
Abflussbildung und Abflussdynamik insbesondere der kleineren Fließgewässer im Stadtgebiet.
Das gesamte Rohwasser für die Trinkwasserversorgung wird durch neun Wasserwerke (Stolpe, Spandau, Tegel, Tiefwerder, Kladow, Beelitzhof, Wuhlheide, Kaulsdorf, Friedrichshagen)
aus dem eigenen Stadtgebiet gefördert. Damit nimmt Berlin im Vergleich mit vielen anderen
europäischen Ballungsräumen, die ihr Trinkwasser aus historischen, qualitativen oder hydrologischen Gründen zu großen Anteilen über Fernwasserversorgungsleitungen beziehen, eine
wasserwirtschaftliche Sonderstellung ein. Im Jahr 2020 wurden durch die Wasserwerke rund
223 Millionen Kubikmeter Trinkwasser gewonnen.
10
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Abbildung 3: Wasserver- und Abwasserentsorgung Berlins
[Berliner Wasserbetriebe]
Abbildung 4: Misch- und Trennsystem in Berlin
[Berliner Wasserbetriebe]
11
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Da die Grundwasserneubildung für die Trinkwasserversorgung Berlins nicht ausreicht, wurden
für die Rohwassergewinnung Brunnengalerien entlang der Oberflächengewässer angelegt,
um das Grundwasser über die Uferpassage (Uferfiltration) aus dem Oberflächenwasser anzureichern. Die Höhe des Uferfiltrationsanteils an der Gesamtförderung hängt von der Lage
der Brunnen zum Gewässer, von der Fördermenge und von den hydrogeologischen Gegebenheiten ab. Insgesamt werden rund 60 Prozent des Berliner Rohwassers über Uferfiltration
gewonnen, 30 Prozent stammen aus der natürlichen Grundwasserneubildung. Rund 10 Prozent
der benötigten Rohwassermenge werden mit Hilfe künstlicher Grundwasseranreicherung gewonnen. Damit tragen die Oberflächengewässer erheblich zur Stabilisierung des Wasserdargebots für die Trinkwasserversorgung der Stadt bei. Die bei der Uferfiltration im Verhältnis zum
landseitigen Anstrom deutlich kürzeren Laufzeiten des Oberflächenwassers zu den Brunnengalerien verdeutlichen die extrem sensible Abhängigkeit der Trinkwasserversorgung von der
Beschaffenheit des Oberflächenwassers. Von besonderer Bedeutung im urbanen Wasserkreislauf Berlin sind in diesem Zusammenhang die Anteile gereinigten Abwassers in den Berliner
Oberflächengewässern [Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz,
2007] [Rehfeld-Klein, 2002, S. 325–328] [Möller & Burgschweiger, 2008].
Vor dem Hintergrund der oben genannten naturräumlichen und wasserwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den vielfältigen Nutzungsansprüchen, stellt das Erreichen der Umweltziele der WRRL im Gewässersystem Berlins die Stadt vor große Herausforderungen. In den
nachfolgenden Kapiteln wird ein grundlegender Überblick über den Stand der Umsetzung der
Richtlinie in Berlin gegeben. Nach einer Erläuterung der Einteilung der Gewässer in berichtspflichtige Wasserkörper und Gewässertypen sowie der Ausweisung künstlicher und erheblich
veränderter Wasserkörper (Kapitel 3), wird in Kapitel 4 das Monitoring der Gewässer beschrieben. Die maßgeblichen Belastungen und der aktuelle Zustand der Wasserkörper sind in
Kapitel 5 dargelegt. Kapitel 6 erläutert die festgelegten Umweltziele und die in Anspruch genommenen Fristverlängerungen für den dritten Bewirtschaftungszeitraum. Kapitel 7 zeigt auf,
mit welchen Maßnahmen die Ziele der Richtlinie erreicht werden sollen. Abschließend werden
in Kapitel 8 die Inhalte des vorliegenden Berichts zusammengefasst und ein Ausblick auf den
weiteren Umsetzungsprozess der WRRL in Berlin gegeben.
12
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
3 EINTEILUNG DER GEWÄSSER IN
WASSERKÖRPER UND GEWÄSSERTYPEN
Zur besseren Handhabung der Umweltziele der WRRL und der daran ausgerichteten Bewirtschaftung werden die Oberflächengewässer und das Grundwasser in Wasserköper eingeteilt. Die Wasserkörper bilden als kleinste zu bewirtschaftende Einheit die Bezugsebene der
Anforderungen der WRRL – für jeden Wasserkörper sind die Ziele der Richtlinie zu erreichen
(vergleiche hierzu auch Kapitel 10).
3.1
Oberflächenwasserkörper
Ein Oberflächenwasserkörper ist gemäß Art. 2 Nr. 10 WRRL ein einheitlicher und bedeutender
Abschnitt eines Oberflächengewässers. In Berlin wurden 34 Oberflächenwasserkörper abgegrenzt. Davon sind 20 Wasserkörper als natürlich, acht Wasserkörper als erheblich verändert
und sechs Wasserkörper als künstlich ausgewiesen. Zwölf der natürlichen Wasserkörper sind
Seen, davon neun Flussseen mit Aufenthaltszeiten zwischen 3 bis 30 Tagen.
Die Einteilung der Oberflächenwasserkörper in Berlin (vergleiche Abbildung 5) richtet sich
nach den Gewässerkategorien (Bach, Fluss, See) und den Gewässertypen der Bund/LänderArbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) (vergleiche Kapitel 3.3). Die Einteilung der Spree in
Müggelspree, Vorstadtspree und Stadtspree folgt dem Wechsel von einem Gebiet mit Trennkanalisation (Vorstadtspree) zur Mischkanalisation (Stadtspree). Die ebenfalls separat betrachtete Müggelspree liegt vor den Toren Berlins als Fortführung des Wasserkörpers Müggelspree
in Brandenburg. Wasserkörper gleichen Typus und ähnlicher Belastung wurden zusammengefasst (zum Beispiel Kanäle südlich der Spree und Kanäle nördlich der Spree, Teltowkanal 1
und 2). Kleinere Gewässerabschnitte, die als ökologisch relevanter Eintragspfad oder Refugium fungieren können, werden bei der Bewirtschaftung in den Wasserkörper einbezogen
(unter anderem Hellersdorfer Graben, Bänke). Prägende Querbauwerke, hydraulische Veränderungen sowie die Einzugsgebietsgröße führen ebenfalls zur Abgrenzung der Wasserkörper, trotz gleichen Gewässertyps (zum Beispiel Wuhle, Neue Wuhle). Die Panke wird durch
das Verteilerbauwerk Blankenburg in zwei Wasserkörper getrennt.
Berlin und Brandenburg haben länderübergreifende Wasserkörper, für die jeweils ein Land
die Federführung übernimmt. So hat beispielsweise Brandenburg die Federführung für das
gesamte Fredersdorfer Mühlenfließ und den Krossinsee, Berlin übernimmt das Tegeler Fließ
und alle Seen, bei denen die Landesgrenze mittig verläuft (Dämeritzsee, Seddinsee, Groß
Glienicker See, Zeuthener See, Niederneuendorfer See). Die Federführung umfasst das Gewässermonitoring, die ökologische Zustandsbewertung und Berichterstattung an die Europäische Kommission. Die Maßnahmenplanungen in den Wasserkörpern werden abgestimmt,
die Umsetzung und Finanzierung der Maßnahmen wird innerhalb der Ländergrenzen eigenverantwortlich durchgeführt.
13
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Wasserkörper (WRRL)
Berliner Oberhavel
Berliner Unterhavel 1
Berliner Unterhavel 2
Dämeritzsee
Groß Glienicker See
Großer Müggelsee
Großer Wannsee
Langer See
Nieder-Neuendorfer See
Seddinsee
Tegeler See
Zeuthener See
Berliner Unterhavel
Fließgraben
Gosener Graben
Kanäle nördlich der Spree
Kanäle südlich der Spree
Kuhlake
Laake
Lietzengraben
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Müggelspree, Rahnsdorf
Neue Wuhle
Abbildung 5: Einteilung der Oberflächenwasserkörper Berlins
Neuenhagener Mühlenfließ
Panke oberhalb Verteilerbauwerk
Panke unterhalb Verteilerbauwerk
Stadtspree 1
Stadtspree 2
Tegeler Fließ 1
Tegeler Fließ 2
Teltowkanal 1
Teltowkanal 2
Wuhle, Oberlauf
Wuhle-Mündung
3.2
Grundwasserkörper
Berlin hat Anteile an vier Grundwasserkörpern (vergleiche Abbildung 6):
— Untere Spree (DEGB_DEBE_HAV_US_1),
— Obere Havel (DEGB_DEBE_HAV_OH_1),
— Untere Havel (DEGB_DEBE_HAV_UH_1) und
— Dahme (DEGB_DEBE_HAV_DA_3).
Drei Grundwasserkörper liegen bezüglich der Überwachung, Bewertung und Berichterstattung
in der Zuständigkeit des Landes Berlin. Der Grundwasserkörper Dahme obliegt der Federführung des Landes Brandenburg, so dass die Berichterstattung zu diesem Wasserkörper durch
Brandenburg erfolgt. Die Abgrenzung der Grundwasserkörper wurde in Abstimmung mit dem
Land Brandenburg belastungsorientiert vorgenommen. Alle Berliner Anteile der ausgewiesenen Grundwasserkörper zeigen eine anthropogene Beeinflussung. Größere zusammenhängende Gebiete ohne städtischen Einfluss konnten nicht abgegrenzt werden [Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2004].
14
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
±
Grundwasserkörper (Stand 2019)
Obere Havel 1 Berlin
(DEGB_DEBE_HAV_OH_1)
Untere Havel 1 Berlin
(DEGB_DEBE_HAV_UH_1)
Untere Spree 1 Berlin
(DEGB_DEBE_HAV_US_1)
Tegel
Dahme 3 Brandenburg
Spandau
(DEGB_DEBB_HAV_DA_3)
Staaken
Wasserfassungen Brandenburg
Tiefwerder
Stadtgrenze
Kaulsdorf
Gewässer
Wuhlheide
Kladow
betriebsbereite Brunnen BWB
Friedrichshagen
Beelitzhof
(Stand September 2021)
Johannisthal
Erkner
Kleinmachnow
Friedrichshagen
Teltow
Eichwalde
0
2.5
5
10 Kilometer
Esri, HERE,
Abbildung 6: Grundwasserkörper und Lage der Wasserfassungen
Die vier Berliner Grundwasserkörperanteile liegen in der Norddeutschen Tiefebene und sind
aus pleistozänem und tertiärem Lockergestein aufgebaut. Das Gebiet ist morphologisch überwiegend durch die letzte Vereisung, die Weichsel-Kaltzeit geprägt worden. Das west-nordwestostsüdost verlaufende Warschau-Berliner Urstromtal ist überwiegend sandig bis kiesig ausgebildet, während die Barnim-Hochfläche im Norden, die Teltow-Hochfläche und die Nauener
Platte im Süden zum großen Teil durch bindigen Geschiebelehm der Grundmoränen bedeckt
sind (vergleiche Kapitel 2.1, Abbildung 1).
Hydrostratigrafisch lassen sich nach [Limberg & Thierbach, 2002] im Land Berlin fünf Grundwasserleiter differenzieren. Die oberen Grundwasserleiter bilden glazifluviatile Sande der
Saale- und Weichsel-Kaltzeit. Im Liegenden folgen die pleistozänen Schichten der HolsteinWarmzeit und der Elster-Kaltzeit sowie tertiäre Sedimente des Miozäns und Oberoligozäns.
Der circa 80 Meter mächtige mitteloligozäne Rupelton in 100 bis 200 Metern Tiefe bildet die
hydraulische Barriere zum darunterliegenden Salzwasserstockwerk. Aus der Abbildung 7 ist zu
ersehen, dass der Hauptgrundwasserleiter (GWL 1 und GWL 2) innerhalb des Süßwasserstockwerks lokal zwar durch Grundwassergeringleiter von den tieferen Grundwasserleitern (GWL 3
und GWL 4) getrennt ist, insgesamt jedoch immer wieder durch hydraulische Kontakte mit
ihnen in Verbindung steht. Somit werden die tieferen Bereiche nicht als separate Grundwasserkörper, sondern das gesamte System als ein zusammenhängender geschichteter Grundwasserkörper ausgewiesen.
Das Grundwasser kommt im Urstromtal überwiegend unbedeckt vor, während es auf den
Hochflächen vielfach von bindigen Grundmoränen bedeckt ist und dann dort auch meist gespannt vorliegt. Eine detaillierte Beschreibung der Geologie und Hydrogeologie der einzelnen Berliner Grundwasserkörper findet sich in [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.),
2004].
15
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Hydrogeologischer Schnitt durch Berlin
(40-fach überhöht)
Teltow-Hochfläche
Süden
Urstromtal
m NHN
Spree
qw
qsWA
Hauptgrundwasserleiter
qsD
0
GWL 2
qhol - qs - qw
GWL 3
tmi - qe - qhol
qe
tmiBRu
qe
qe
tmiBRo
tmiBRu
tmiBRu
tmiMIu
tmiMO
-100
qw - qh
qh
qe
GWL 4
qsD
tmiBRu
Süßwasserstockwerk
tolCO - tmi
qhol
qe
qe
qe
tolCO
Barnim-Hochfläche
qw
qsWA
Hauptgrundwasserleiter
qsD
qhol
-50
GWL 1
Panketal
tolRT
qe
-150
tolRT
GWL 5
Prätertiär - teo
Salzwasserstockwerk
-200
Prätertiär - teo
0
5 km
Das nicht überhöhte Profil zum Vergleich
-250
0
Quartär
-100
Tertiär
Tertiär
Quartär
Quartär
Grundwassergeringleiter
(Geschiebemergel, Tone, Schluffe, Mudden)
GWL 1
qw - qh
GWL 2
qhol - qs - qw
GWL 3
tmi - qe - qhol
GWL 4
tolCO - tmi
Grundwasserdruckfläche Panketal
und oberflächennahe Grundwasserleiter
GWL 5
Prätertiär - Eozän
Grundwasserdruckfläche Hauptgrundwasserleiter
qh
qw
qs
qsWA
qsD
qhol
qe
Holozän
Weichsel - Kaltzeit
Saale - Kaltzeit
Warthe Stadium
Drenthe Stadium
Holstein - Warmzeit
Elster - Kaltzeit
t Tertiär
Grundwasserleiter
(zusammengefasst)
q Quartär
(Sande und Kiese)
-200
tmi
tmiBRo
tmiBRu
tmiMIu
tmiMO
tolCO
tolRT
teo
Abbildung 7: Hydrogeologischer Schnitt durch Berlin
[Limberg 2013]
3.3
Gewässertypen
Gemäß Anhang II Nr. 1.1 und 1.2 der WRRL sind die Oberflächenwasserkörper in Gewässertypen zu unterteilen. Die Einteilung erfolgt auf Grundlage spezifischer Eigenschaften. Gewässer mit ähnlichen Merkmalen werden zu Typen zusammengefasst. Für die Umsetzung der
Anforderungen der WRRL ist die Einteilung in Gewässertypen von großer Bedeutung, da diese
den Ausgangspunkt für die Beurteilung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers bilden.
Die Typisierung der Berliner Oberflächengewässer (vergleiche Abbildung 8) erfolgte nach
dem Gewässertypenatlas Deutschlands und den Steckbriefen zu den biozönotisch relevanten Gewässertypen des Norddeutschen Tieflandes beziehungsweise zu den Steckbriefen der
Seentypen [Pottgiesser, T. , 2018] [Mathes , 2002]. Die Einteilung der Typen ist in der OGewV
(Anlage 1) verankert. Grundlage für die Typisierung und die Definition des sehr guten ökologischen Zustands ist der Referenzzustand der Gewässer. Dieser beschreibt einen Zustand,
in dem der Mensch die Ökosysteme in ihrem Charakter und ihrer Funktion noch nicht einschneidend verändert hat. Den Ökoregionen und den darin vorkommenden Fließgewässerlandschaften wurden typische Lebensgemeinschaften zugeordnet, die diesen Zustand
beschreiben. Dem Typisierungsansatz der Seen liegen Ökoregionen, Morphologie, Verweilzeit,
Durchmischungsregime und Einzugsgebietsgrößen zu Grunde.
16
Miozän
Obere Briesker Schichten
Untere Briesker Schichten
Untere Mittenwalder Schichten
Mölliner Schichten
Cottbusser Schichten
Rupelton
Eozän
Norden
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Gewässertypen (WRRL)
geschichter See, großes EZG
ungeschichter See, großes EZG
Flusssee
geschichter See, kleines EZG
sonstige
organisch geprägter Bach
organisch geprägter Fluss
sandgeprägter Bach
sandgeprägter Fluss, großes EZG
Niederungsfließgewässer
sonstige
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abbildung 8: Typisierung der Berliner Oberflächengewässer
Die Berliner Gewässerlandschaft ist Teil der Ökoregion Norddeutsches Tiefland und geprägt
durch Flussseen von Dahme, Spree und Havel. Diese Flussseen sind flach, weitestgehend
ungeschichtet und haben eine kurze Verweilzeit zwischen 3 und 30 Tagen (Typ 12: Flusssee
im Tiefland). Der von der Spree durchflossene Große Müggelsee hat eine größere Verweilzeit von circa 60 Tagen und ist ebenfalls überwiegend ungeschichtet (Typ 11: Polymiktischer
Tieflandsee mit relativ großem Einzugsgebiet). Durch ihre großen Einzugsgebiete und die
häufige Durchmischung sind alle Flussseen in ihrem Referenzzustand nährstoffreich. Neben
wasserpflanzenreichen Zuständen mit hoher Sichttiefe können in den Seenketten auch größere
temporäre Phytoplanktonentwicklungen auftreten. Der tiefere und damit thermisch geschichtete Groß Glienicker See ist mit seinem kleinen Einzugsgebiet als nährstoffarm einzustufen
(Typ 13: Geschichteter Tieflandsee mit relativ kleinem Einzugsgebiet). Diese nährstoffarmen
Seen werden auch als „klare Hecht und Schleie-Seen“ beschrieben, die Flussseen als „trübe
Zanderseen“. Dem ebenfalls thermisch geschichteten Tegeler See kommt durch sein großes
Einzugsgebiet (Oberhavel) wiederum eine höhere „Referenztrophie“ zu (Typ 10: Geschichteter
Tieflandsee mit relativ großem Einzugsgebiet 2 – Subtyp 10.2).
Die Spree war ursprünglich ein sand- und kiesgeprägter Tieflandfluss mit großem Einzugsgebiet (Typ 15 g: Große sand- und lehmgeprägte Tieflandflüsse). Die bis zur Müggelspree
rückwirkende Stauhaltung an der Mühlendammschleuse verringert die Fließgeschwindigkeit
und damit die Habitatvielfalt an Sohle und Ufer. Die von der Spree durchflossenen innerstädtischen Kanäle werden als stark veränderte Gewässer eingestuft und ebenfalls dem Typ 15 g
zugeordnet. Die Dahme in Köpenick wurde aufgrund gleicher morphologischer und biozönotischer Eigenschaften als Flusssee dem Wasserkörper Langer See zugeordnet.
17
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Die der Spree zufließenden Bäche sind je nach Talbodengefälle entweder überwiegend
organisch geprägt (Typ 11: Organisch geprägte Bäche) oder sandgeprägt (Typ 14: Sandgeprägte Tieflandbäche). Im urbanen Raum kommt es in Abhängigkeit vom Wasserdargebot
oft zu Überlagerungen dieser Substratverhältnisse. Der Wechsel vom organischen Bach zum
organischen Fluss (Erpe, Typ 12: Organisch geprägte Flüsse) hängt mit der Größe des Einzugsgebietes zusammen. Zwischen Seddinsee und Dämeritzsee fließt der Gosener Graben
als typisches natürliches Niederungsgewässer des Typs 19 (Kleine Niederungsfließgewässer in
Fluss- und Stromtälern) in der Spreeaue.
3.4
Künstliche und erheblich veränderte Gewässer
Die Wasserrahmenrichtlinie unterscheidet natürliche Gewässer, erheblich veränderte Gewässer und künstliche Gewässer. Das Bewirtschaftungsziel für die natürlichen Gewässer ist der
gute ökologische Zustand, für die erheblich veränderten Gewässer (HMWB = Heavily Modified
Water Body) und künstlichen Gewässer (AWB = Artificial Water Body) das gute ökologische
Potenzial. Künstliche Wasserkörper sind solche, die durch den Menschen geschaffen wurden.
Gewässer, die durch den Menschen nutzungsbedingt in erheblicher Weise hydromorphologisch verändert wurden, können unter bestimmten Voraussetzungen als HMWB eingestuft
werden.
Die Ausweisung als HMWB erfolgte nur, wenn die „prägende Nutzung“ beziehungsweise der
damit verbundene morphologische Stressor nicht durch Maßnahmen aufgehoben werden
kann, ohne die Nutzung signifikant zu beeinträchtigen. Prägende Nutzungen im urbanen und
periurbanen Berliner Raum sind (vergleiche Abbildung 9):
— Schifffahrt auf staugeregelten Gewässern beziehungsweise Kanälen,
— Landentwässerung und Hochwasserschutz,
— Urbanisierung und Hochwasserschutz mit beziehungsweise ohne Vorland.
Inklusive aller Kanäle beträgt die Länge der Berliner Fließgewässer rund 220 Kilometer. Doch
nur der kleinste Teil ist noch in einem relativ naturnahen Zustand. Die Kanäle und die innerstädtische Spree sind fast durchgehend mit Spundwänden unterschiedlicher Bauweisen oder
Wasserbausteinen befestigt. Steile Böschungen überwiegen gegenüber gewässertypischen
flachen Uferzonen, die für die naturnahe Besiedlung mit flusstypischen Arten notwendig wären.
Solche als Bundeswasserstraße genutzte Spree-Abschnitte wurden als erheblich veränderte
Gewässer ausgewiesen. Als Bundeswasserstraße genutzte durchflossene Seen werden wie
natürliche Wasserkörper behandelt. Hier wird davon ausgegangen, dass der gute ökologische
Zustand erreicht werden kann, da die Berufsschifffahrt in diesen Gewässern an Bedeutung
verliert und die Freizeitschifffahrt ökologisch maßvoll ausgerichtet werden könnte. Bei den
kleinen Fließgewässern wurden Wasserkörper als stark verändert ausgewiesen, wenn Be- und
Entwässerung im urbanen Raum beziehungsweise der Hochwasserschutz im Fokus stehen oder
der Mündungsbereich zu urban überprägt ist. Insgesamt wurden acht Wasserkörper als HMWB
und sechs Wasserkörper als AWB ausgewiesen, das sind 40 Prozent aller Wasserkörper.
Für diese erheblich veränderten Gewässer gelten modifizierte Bewertungsverfahren der
Biokomponenten (Makrozoobenthos, Fische), bei denen die Auswirkungen der jeweiligen
Nutzungsform auf die Lebensgemeinschaft berücksichtigt werden. So werden zum Beispiel
bei der Bewertung des Makrozoobenthos in staugeregelten Wasserstraßen ohne Vorland die
naturgemäß vorkommenden strömungsliebenden „Zeigerarten“ des sandgeprägten Tieflandflusses nicht berücksichtigt, sondern vorrangig die Arten im Uferbereich beziehungsweise an
der Sohle.
18
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Nutzung gemäß HMWB-Handbuch (2013)
Urbanisierung und Hochwasserschutz (ohne Vorland)
Urbanisierung und Hochwasserschutz (mit Vorland)
Landentwässerung und Hochwasserschutz
Landentwässerung und Hochwasserschutz, Urbanisierung und
Hochwasserschutz (mit Vorland)
Landentwässerung und Hochwasserschutz, Urbanisierung und
Hochwasserschutz (ohne Vorland)
Schifffahrt auf frei fließenden Gewässern
Schifffahrt auf frei fließenden Gewässern (Schifffahrt auf staugeregelten Gewässern)
Schifffahrt auf Kanälen
Schifffahrt auf staugeregelten Gewässern
Schifffahrt auf staugeregelten Gewässern, Urbanisierung und Hochwasserschutz (ohne Vorland)
keine Zuordnung
( ) alternative Nutzung
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abbildung 9: Zuordnung der Nutzungen an den Wasserkörpern Berlins gemäß HMWB-Handbuch, Version 2.0
[Universität Duisburg-Essen & Planungsbüro Koenzen, 2013] als Bewertungsgrundlage des ökologischen Potenzials
19
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
4
GEWÄSSERMONITORING
4.1
Oberflächengewässer
Zur Überwachung der Oberflächenwasserkörper hinsichtlich ihres ökologischen Zustands oder
ihres ökologischen Potenzials sowie ihres chemischen Zustandes wird ein Überwachungsprogramm erstellt, das jährlich überprüft und gegebenenfalls aktualisiert wird. Für die Überwachung der allgemeinen physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten, der flussgebietsspezifischen und der prioritären Stoffe ist jedem Wasserkörper (mindestens) eine repräsentative Messstelle zugeordnet (vergleiche Abbildung 10). Für die Biokomponenten werden
zusätzlich – je nach Methode – mehrere Messstrecken, Transekte oder Messpunkte untersucht
und ausgewertet.
Die WRRL unterscheidet zwischen der überblicksweisen Überwachung, der operativen Überwachung und der Überwachung zu Ermittlungszwecken. Die Überblicksmessstellen bewerten
den Zustand großer Einzugsgebiete und erfassen langfristige Trends. Für das Einzugsgebiet
der Elbe sind in Berlin vier Überblicksmessstellen festgelegt (vergleiche Abbildung 10):
— Dahme – Schmöckwitzer Brücke → Dahme oberhalb der Mündung in die Spree,
— Spree – Sophienwerder → Spree oberhalb der Mündung in die Havel,
— Oberhavel – Schleuse Spandau → Oberhavel oberhalb der Mündung der Spree,
— Großer Müggelsee.
Die operative Überwachung wird an allen anderen Wasserkörpern durchgeführt. Für die Überwachung zu Ermittlungszwecken (investigatives Monitoring) werden in einigen Wasserkörpern
zusätzliche Messstellen untersucht. Die Überwachungsfrequenzen sind in der OGewV (Anlage 10) vorgegeben.
Für die Zustandsbewertung im Rahmen der vorliegenden Aktualisierung des Bewirtschaftungsplanes für den Zeitraum von 2022 bis 2027 wurden Monitoringdaten aus den Jahren 2015 bis
2019 verwendet. In Einzelfällen wurden ergänzend Daten aus den Jahren 2013 und/oder 2014
berücksichtigt.
20
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Messstellen
OPE
SUR
SUR, TRE
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abbildung 10: Wasserkörper und Messstellenverteilung an den Berliner Oberflächengewässern
OPE = Operative Messstelle ; SUR = Überblicksmessstelle ; SUR/TRE = Überblicks- und Trendmessstelle
4.1.1
Biologisches Monitoring
Das Monitoring der biologischen Qualitätskomponenten richtet sich nach den Vorgaben der
OGewV. Es werden die interkalibrierten biologischen Bewertungsverfahren angewandt (siehe
www.gewaesser-bewertung.de).
Das Phytoplankton wird (ebenso wie die chemischen Parameter, siehe Kapitel 4.1.2) in der
größten Seetiefe beziehungsweise der Flussmitte erfasst. Untersuchungen der wirbellosen
Fauna (Makrozoobenthos) erfolgen in Abschnitten der Uferzone. Makrophytenbetauchungen
werden an Transekten in Seen vorgenommen. Benthische Diatomeen werden an Hartsubstraten beziehungsweise am Sediment aufgenommen. Für Fischuntersuchungen in Fließgewässern wurden Befischungsstrecken festgelegt, die elektrisch befischt werden. Die Seen werden
zusätzlich mit Reusen und gegebenenfalls mit Kiemennetzen befischt. Zur Validierung der Ergebnisse der Phytoplanktonbewertung und zur Einschätzung des Fischbestandes wird in Seen
zusätzlich Zooplankton untersucht.
Grundsätzlich werden Biokomponenten mehrmals jährlich (Phytoplankton) oder mindestens
einmal im Bewirtschaftungszeitraum (Makrozoobenthos, Fische, benthische Diatomeen, Makrophyten) erhoben. Dabei werden in der Frequenz Änderungen von Stressoren berücksichtigt.
Ändert sich das Ergebnis nicht, sind im operationellen Monitoring größere Bewertungsabstände möglich. Bei der Erarbeitung von Gewässerentwicklungskonzepten (GEK) wird das Monitoring verdichtet und Stressoren bezogen differenziert untersucht. Solche GEK wurden bislang
an Panke, Wuhle, Erpe, dem Tegeler Fließ und im Müggelseegebiet durchgeführt. Naturschutzfachliche Belange wurden in Absprache mit der Obersten Naturschutzbehörde bei der Probenahme berücksichtigt und die Daten zur Verfügung gestellt.
21
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Ein investigatives Monitoring wird zum Beispiel nach Renaturierungsmaßnahmen in Seen
durchgeführt (Groß Glienicker See, Tegeler See, Schlachtensee) oder beim Umbruch von Seen
in einen anderen Zustand (zum Beispiel Wechsel von der Phytoplanktondominanz zur Makrophytendominanz im Großen Müggelsee). Hier erfolgt eine Verdichtung der Tauchkartierung,
um die Prozesse und natürlichen Schwankungsbreiten der Artenverschiebungen besser verstehen und die Bewirtschaftungsmaßnahmen entsprechend anpassen zu können.
4.1.2
Chemisches Monitoring
Im Rahmen des chemischen Monitorings werden sowohl die allgemeinen chemisch-physikalischen Qualitätskomponenten als auch die flussgebietsspezifischen Schadstoffe und die
prioritären Stoffe überwacht.
Die chemisch-physikalischen Qualitätskomponenten werden an allen Überblicksmessstellen
und operativen Messstellen untersucht. Die Untersuchungen der prioritären Stoffe und der
flussgebietsspezifischen Schadstoffe dienen der Überwachung der Einhaltung von Umweltqualitätsnormen (UQN), die in der OGewV geregelt sind. Welche Stoffe an welchen Messstellen untersucht werden, richtet sich nach den Einleitungen und Einträgen im Einzugsgebiet.
An den Überblicksmessstellen in den Fließgewässern werden die Stoffe mindestens einmal in
sechs Jahren und an den operativen Messstellen mindestens einmal in drei Jahren untersucht.
Für einige UQN sind besondere Anforderungen an die Untersuchungsmatrix zu berücksichtigen. Neben den Untersuchungen in der Wasserphase werden daher bestimmte Schadstoffe
an ausgewählten Messstellen auch in Schwebstoffen (zum Beispiel Kupfer, Zink, Polychlorierte
Biphenyle) oder Biota (Fische beziehungsweise Muscheln, zum Beispiel Quecksilber, Bromierte
Diphenylether beziehungsweise Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) analysiert. Die
Untersuchungen in der Wasserphase werden je Messstelle in der Regel 12-mal pro Jahr (1-mal
pro Monat) durchgeführt. Messungen im Schwebstoff erfolgen 6-mal pro Jahr, während Biota
1-mal pro Jahr untersucht werden.
Für die Überwachung der JD-UQN wird der Jahresdurchschnittswert (arithmetischer Mittelwert) der Messungen an einer Messstelle herangezogen. Die Überwachung der ZHK-UQN
(ZHK = Zulässige Höchstkonzentration) erfolgt durch Vergleich mit dem maximalen Messwert
einer Jahresreihe.
4.2
Grundwasser
4.2.1
Chemisches Monitoring
Die Vorgaben zur Überwachung des chemischen sowie des mengenmäßigen Grundwasserzustands sind in der Grundwasserverordnung (GrwV) verankert. Sie dient der Umsetzung der
EG-Grundwasserrichtlinie 2006/118/EG, einer Tochterrichtlinie der WRRL.
Die umfassende operative Beprobung des Berliner Grundwassermessnetzes findet jährlich
wiederkehrend in zwei Messkampagnen statt (Frühjahr, Herbst). In 2019 wurden an 139 Messstellen im Hauptgrundwasserleiter (GWL 2) aller vier Grundwasserkörper (GWK) Untersuchungen für Parameter gemäß Anlage 2 der GrwV durchgeführt. An 15 der Messstellen wurden insbesondere Pflanzenschutzmittel und deren Metaboliten untersucht. Die Beprobung erfolgte an
Verfilterungen in Tiefen zwischen 1 und 91 Meter NHN. Das Augenmerk der Überwachung liegt
in der Betrachtung der Gesamtsituation der Berliner Grundwasserkörper. Die Messstellen erfassen in ihrer räumlichen Verteilung möglichst viele unterschiedliche berlintypische räumliche
Ausstattungsmerkmale, weitergehende Fragenstellungen erfordern hingegen die Errichtung
von zusätzlichen Sondermessnetzen. Einen Überblick zur Verteilung der in 2019 untersuchten
Standorte des Berliner Grundwassergütemessnetzes gibt Abbildung 11. Informationen über
Messstellen außerhalb des Berliner Landesgebietes werden durch das Land Brandenburg zur
Verfügung gestellt.
22
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Grundwassergüte – 2019
Messpunkte WRRL –
Landesmessnetz Berlin
Messpunkte WRRL –
Landesmessnetz Berlin
Monitoring von Pflanzenschutzmitteln und deren Metaboliten
Grundwasserkörper Dahme
Grundwasserkörper Untere Spree
Grundwasserkörper Obere Spree
Grundwasserkörper Untere Havel
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abbildung 11: Überwachung der Grundwassergüte durch das Landesmessnetz Berlin
4.2.2 Monitoring des mengenmäßigen Grundwasserzustands
Das Messnetz zur Überwachung der Grundwasserstände, welches zur Bewertung des mengenmäßigen Zustandes der Grundwasserkörper im Berliner Stadtgebiet herangezogen wird (siehe
Kapitel 5.2.1), besteht aus insgesamt 72 Messstellen. Es entspricht den generellen Anforderungen der FGG-Elbe zur Überwachung des mengenmäßigen Zustandes. Grenzübergreifende
Veränderungen beziehungsweise Einflüsse wurden entsprechend der Zuständigkeiten ermittelt,
sind aber im Länderbericht nicht dokumentiert, da sich dieser nur auf die Berliner Landesfläche bezieht.
Bei der Messstellenauswahl für Berlin kamen folgende Kriterien zur Anwendung:
— Lage im Hauptgrundwasserleiter (Grundwasserleiter 1 und 2 im Urstromtal sowie Grundwasserleiter 2 im Bereich der Hochflächen),
— Vorhandensein einer mindestens 30jährigen Messreihe (mindestens ab 1990) ohne längere
Unterbrechungen sowie plausiblen Werten,
— eine möglichst gleichmäßige Verteilung über die Fläche, jedoch ohne signifikante Beeinflussung durch Wasserwerksentnahmen und Eigenwasserversorgungen und
— Vorliegen der Daten zum Messstellenausbau.
Von den 72 Messstellen zur Überwachung der Grundwasserstände liegen 23 Messstellen
gleichmäßig verteilt im Grundwasserkörper Untere Havel. Im nördlich angrenzenden Grundwasserkörper Obere Havel sind insgesamt 19 geeignete Messstellen vorhanden, die jedoch
durch die Einflussbereiche der Wasserwerke Tegel, Spandau und Staaken nicht so regelmäßig
angeordnet sind wie im Grundwasserkörper Untere Havel.
Von den 32 Messstellen im flächenmäßig größten Grundwasserkörper Untere Spree ist die
Mehrheit relativ gleichmäßig im Urstromtal und auf der Teltow-Hochfläche verteilt. Im Einflussbereich der Wasserwerke Johannisthal, Wuhlheide, Kaulsdorf und Friedrichshagen ist die
Verteilung entsprechend weniger homogen und auf der Barnim-Hochfläche nimmt Messstelledichte analog zum Grundwasserkörper Obere Havel ab.
23
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Im Grundwasserkörper Dahme mit dem geringsten Flächenanteil steht nur eine geeignete
Messstelle, die unbeeinflusst von den Wasserwerksentnahmen ist sowie eine ausreichend lange
Messreihe aufweist, für die Beobachtung des Grundwasserstandes zur Verfügung.
Einen Überblick zur Lage und Ausdehnung der Grundwasserkörper im Berliner Stadtgebiet
einschließlich des ausgewählten Messnetzes gibt die Abbildung 23 (Kapitel 5.2.1.3).
24
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
5 BELASTUNGEN UND ZUSTAND DER
BERLINER GEWÄSSER
5.1
Oberflächengewässer
5.1.1
Ökologischer Zustand /Ökologisches Potenzial
Die Bewertung des ökologischen Zustands beziehungsweise Potenzials erfolgt in erster Linie
über biologische Qualitätskomponenten (Biokomponenten). Unterstützend werden zudem
hydromorphologische und allgemeine physikalisch-chemische Parameter herangezogen. Für
eine Einstufung in den guten ökologischen Zustand müssen zudem die Umweltqualitätsnormen
(UQN) für flussgebietsspezifische Schadstoffe eingehalten werden (siehe unten).
Über die Betrachtung jeder Biokomponente, die spezifische Stressoren widerspiegelt, lässt
sich ein Handlungsbedarf ableiten. Beispielsweise wird die Trophie vorrangig über das Phytoplanktonwachstum bewertet, punktförmige Nährstoffeinträge und Salzbelastungen werden
über benthische Diatomeen abgebildet, auf Strukturdefizite an der Sohle und den Ufern von
Seen und Fließgewässern sowie organische Belastung (Saprobie) reagieren Makrozoobenthos
und Fische. Alle Biokomponenten unterliegen national und international abgestimmten Bewertungsverfahren und sind deshalb länderübergreifend vergleichbar. Sie werden einzeln ausgewertet und geben in der Summe ein Bild über den ökologischen Zustand. Für die Einstufung
des Wasserkörpers in eine ökologische Zustandsklasse ist die jeweils schlechteste Komponente maßgeblich („one out- all out“-Prinzip).
Nach Anwendung dieser stringenten Regel erreicht derzeit kein Wasserkörper bei allen Biokomponenten den guten ökologischen Zustand beziehungsweise das gute ökologische Potenzial. Betrachtet man einzelne Biokomponenten, erhält man ein differenziertes Ergebnis.
5.1.1.1 Biologische Qualitätskomponenten
MAKROZOOBENTHOS
Fließgewässer:
Die Lebensgemeinschaft des Makrozoobenthos indiziert sowohl die organische Belastung (Saprobie) als auch die Qualität des Lebensraums mit seinen hydromorphologischen und hydraulischen Verhältnissen (Allgemeine Degradation). Die Summe ergibt die Gesamtbewertung des
Makrozoobenthos. Während 70 Prozent der Wasserköper nicht mehr organisch belastet sind,
weist bei allen Wasserkörpern die Bewertung der „allgemeinen Degradation“ Abweichungen
zur ökologischen Zielstellung auf. Hier spiegeln sich die erheblichen Strukturdefizite durch Begradigung, Abflusssteuerung und urbane Nutzung im Stadtgebiet wider. Die Habitatverarmung
(zum Beispiel durch Uferverbau, gleichförmiges Sohlensubstrat, Faulschlamm infolge von
Stauregulierung) bietet nur Spezialisten eine sichere Lebensgrundlage. 78 Prozent der kleinen
Fließgewässer-Wasserkörper sind im mäßigen ökologischen Zustand beziehungsweise an den
Unterläufen im mäßigen ökologischen Potenzial. Klimatische Veränderungen wirken sich auf
die Durchflüsse, Sohlbeschaffenheit, Wassertemperatur und Sauerstoffverhältnisse aus und
schränken die gewässertypische Artenvielfalt zusätzlich ein. Das betrifft vor allem die Oberläufe der Fließgewässer mit geringem Wasserdargebot. Die Obere Wuhle fiel 2018 bis 2020
im Sommer trocken.
Die innerstädtischen und periurbanen Gewässer erreichen in keiner Weise ein gutes ökologisches Potenzial. Nur 33 Prozent wurden der Zustandsklasse 3 (mäßig), sogar 58 Prozent der
Zustandsklassen 4 und 5 (unbefriedigend und schlecht) zugeordnet. Die Kanäle der Spree
wurden zu relativ großen Wasserkörpern zusammengefasst, in denen abschnittweise Sauerstoff-Schwankungen in der Jahresdynamik auftreten können.
25
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Vor allem im Mischsystem der Regenwasserbewirtschaftung in Teilen der Stadtspree und in
Kanälen südlich der Spree (Landwehrkanal, Neuköllner Schifffahrtskanal) ist die Saprobie
aufgrund von kurzzeitigen Sauerstoffdefiziten abschnittsweise für viele Organismen lebensfeindlich. Insbesondere heimische Großmuschelarten reagieren negativ auf Sauerstoffdefizite,
die infolge von Starkregenereignissen im Sommer auftreten können. Insgesamt haben sich im
Untersuchungszeitraum vier Wasserkörper verschlechtert (Fließgraben, Lake, Panke-Unterlauf,
Stadtspree).
Die schlechte Bewertung der großen Gewässer, die an die Spree und Havel angebunden
sind, beruht auch auf dem wachsenden Anteil an eingewanderten Arten (Neozoen), die bis zu
70 Prozent der Bestandsdichte in den innerstädtischen Gewässern ausmachen können. Sie
breiten sich als „genügsame“ Arten invasiv aus und nehmen den heimischen Arten den
Lebensraum. Dazu gehören Muscheln (Quaggamuschel Dreissena rostriformis, Körbchenmuschel Corbicula fluminea, Neuseeländische Zwergdeckelschnecke Potamopyrgus antipodarum), aber auch diverse Kleinkrebse (unter anderem Dicerogammarus, Echinogammarus).
Das Vorkommen invasiver Arten wirkt sich negativ auf die Zustandsbewertung aus. Über ihre
Ökologie ist noch wenig bekannt.
Seen:
Insgesamt werden die meisten Seen mit „mäßig“ bewertet. Einige Abschnitte der Unterhavel,
des Langen Sees, und einige Bereiche des Müggelsee-Gebietes erreichen die Zielvorgaben.
Durch die Zunahme der Wasserpflanzen und ausbleibende Planktonmassenentwicklungen
(unter anderem fehlende Blaualgenblüten) profitieren viele Arten, unter anderem Schneckenarten (Radix, Lymnea Posthörnchen, Mützenschnecke) sowie diverse Libellen. Wellenschlag
durch Schifffahrt und Freizeitnutzung wirkt sich jedoch negativ auf seetypische Arten im ungeschützten Litoral aus (Unterhavel, Großer Müggelsee). Während die organische Belastung
(Saprobie) unbedeutend ist, sind vor allem durch Wassersport und andere Freizeitnutzungen
die Habitate der wirbellosen Fauna (unter anderem Schilf, Flachwasserzonen, Totholz, wurzelnde Wasserpflanzenbestände) oftmals so gestört, das wertgebende Arten fehlen. Der Rückgang des Wasserspiegels in warmen Sommern (zum Beispiel Groß Glienicker See) und Temperaturerhöhungen im Flachwasserbereich größer 25 Grad Celsius beeinflussen die Lebensgemeinschaften (zum Beispiel Großmuscheln) ebenfalls negativ. Die massive Ausbreitung der
Quaggamuschel in allen Flussseen verbessert zwar phasenweise die Filtration im Gewässer,
verdrängt aber massiv die heimischen Großmuscheln und andere benthisch lebende Arten.
Seen mit höherer Trophie (Großer Wannsee, Oberhavel, Unterhavel) sind anfälliger gegenüber Sauerstoffschwankungen und Schlammauflagen durch sedimentierende Biomasse. Sie
weisen abschnittsweise verarmte Uferbereiche auf. Durch eine langjährige Unterhaltung und
Förderung der Schilfbestände und dem Verbleib von Fallbäumen im Uferbereich haben sich
die Habitatstrukturen jedoch deutlich verbessert und wurden als Lebensraum angenommen. In
wellenschlagsberuhigten Bereichen im Müggelseegebiet (inklusive Kleiner Müggelsee, Bänke),
am Dämeritzsee, Seddinsee und Teilen der Unterhavel konnten auch Abschnitte mit „gut“ bewertet werden.
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BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Ökologischer Zustand der OWK (WRRL)
Qualitätskomponente Makrozoobenthos
gut
mäßig
unbefriedigend
gut
mäßig
unbefriedigend
schlecht
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abbildung 12: Zustandsbewertung der Qualitätskomponente Makrozoobenthos
FISCHE
Fließgewässer:
Die Fischfauna wurde in keinem der Fließgewässer mit „gut“ bewertet. Mitteldistanzwanderfische (potamodrome Fischarten) werden zwar in einigen Gewässern vereinzelt nachgewiesen, aber in der Regel fehlen die für die Ökoregion zu erwartenden Zielarten (unter anderem
Barbe, Wels, Quappe, Rapfen, Hasel). Die stärksten Defizite ergeben sich durch die Stauhaltungen und Wehre im Einzugsgebiet von Spree und Havel. In den innerstädtischen Gewässern traten in den letzten Jahren durch lange Perioden mit erhöhter Wassertemperatur, heiße
Sommertage und vermehrte Starkregenereignisse Sauerstoffdefizite auf, die abschnittsweise
zu temporären Fischsterben führten, vorrangig in den Kanälen südlich der Spree (Landwehrkanal, Neuköllner Schifffahrtskanal). Durch das geringe Wasserdargebot aus dem Einzugsgebiet erhöhte sich die Aufenthaltszeit in der Stauhaltung, so dass organische Einträge jeglicher
Art länger im Wasserkörper verblieben und damit insgesamt Verschlammung und Sauerstoffarmut verschärften. Auch in den kleinen Fließgewässern wirkt sich das geringere Wasserdargebot als Stressor auf die Fische aus (Tegeler Fließ, Obere Wuhle). Der Anteil belasteten Wassers
aus dem urbanen Bereich wird damit größer. Mangelhafte Laichhabitate und Querbauwerke,
fehlende Unterstände und trockenfallende Abschnitte sind Ursachen für die relativ schlechte
Bewertung. Insgesamt werden 33 Prozent der Wasserköper als schlecht bewertet, 24 Prozent
als unbefriedigend und 43 Prozent als mäßig. Durch Verbesserung der Fischdurchgängigkeit
im Lietzengrabensystem (unter anderem Fischtreppe, Sohlgleiten) wird der Wasserkörper um
2 Stufen besser bewertet. Sieben Wasserkörper wurden schlechter bewertet (Panke, südliche
Kanäle, Stadtspree, Oberlauf Wuhle).
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BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Seen:
Die Bewertung hat sich bei 75 Prozent der Wasserköper verschlechtert. Eine geringere Biomasse insgesamt, eine Verringerung der Referenzarten und ein geringer Anteil von Jungfischen
bei den Referenzarten führten zur Abwertung in fast allen Flussseen. Ausnahme ist der Große
Müggelsee, der mit „gut“ bewertet wird. Die Abnahme der Fischdichte fällt zusammen mit der
Verringerung der Trophie (Gesamtphosphor) und dem Wechsel von Phytoplanktondominanz
mit Cyanobakterien-Massenentwicklungen zu pflanzenreichen, klaren Gewässern. Entsprechend änderte sich die Zusammensetzung der Fischgemeinschaft. Durch das Missverhältnis
zwischen Fried- und Raubfischen und den Nährstoffreichtum im Sediment überwiegen noch
wenig anspruchsvolle Weißfische. Die Artenvielfalt stieg noch nicht an. Die Sauerstoffverhältnisse haben sich in den Seen insgesamt weiter verbessert.
Im Groß Glienicker See wird das Bewertungsergebnis vorrangig durch ein Übermaß an
Cypriniden mit geringer Artenvielfalt geprägt. Parallel trat im Untersuchungszeitraum eine
Massenentwicklung von Marmorkrebsen auf, deren Auswirkungen auf die Lebensgemeinschaft
noch untersucht werden muss.
Ökologischer Zustand der OWK (WRRL)
Qualitätskomponente Fischfauna
gut
mäßig
unbefriedigend
gut
mäßig
unbefriedigend
schlecht
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abbildung 13: Zustandsbewertung der Qualitätskomponente Fischfauna
MAKROPHYTEN UND PHYTOBENTHOS
Als Primärproduzenten stehen sowohl die Makrophyten als auch das Phytobenthos in enger
Beziehung zur Trophie eines Gewässers. Unter Phytobenthos versteht man benthische Diatomeen und die übrige benthische Flora (zum Beispiel Fadenalgen und so weiter). Der Begriff
Makrophyten beinhaltet im weiten Sinne alle unter der Mittelwasserlinie wurzelnden oder frei
im Wasser flutenden Gefäßpflanzen sowie die makroskopisch sichtbaren Moose und Armleuchteralgen (Characeen). Unter den aquatischen Makrophyten werden die vollständig
untergetaucht lebenden größeren Pflanzen sowie Schwimmblattpflanzen zusammengefasst.
Neben Eutrophierungserscheinungen spiegeln Wasserpflanzen auch strukturelle Defizite wider.
Diatomeen sind vor allem gute Indikatoren für die punktuelle Nährstoffbelastung. Typische
Anzeiger von zu hohen Stickstoffkonzentrationen sind Massenentwicklungen von Fadenalgen in
kleinen Fließgewässern und Seen.
28
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
In die Bewertung gemäß WRRL gehen sowohl die Ergebnisse der Wasserpflanzenkartierung
als auch der Bewertung der benthischen Diatomeen als wesentliche Vertreter des Phytobenthos ein. Das übrige Phytobenthos (Phytobenthos ohne Diatomeen = POD) geht nur in die
Bewertung der kleinen Fließgewässer mit ein. Bei der ökologischen Bewertung der Seen dient
die Artenzusammensetzung des „POD“ nur zur Plausibilisierung der Untersuchungsergebnisse.
Fließgewässer:
Die strukturelle Degradierung, temporäres Trockenfallen durch fehlende Niederschläge,
Nährstoffreichtum sowie umfangreiche Nutzungen wirken sich negativ auf die Wasserpflanzenbestände der kleinen Fließgewässer aus. Sie werden überwiegend mäßig (Zustandsklasse 3)
bis unbefriedigend (Klasse 4) bewertet. Lediglich der Gosener Graben profitiert als Verbindungsgewässer zwischen Dämeritzsee und Seddinsee von einem Nährstoffrückgang, einem
Befahrungsverbot von Motorbooten und einer extensiven Gewässerunterhaltung, so dass sich
ausgedehnte Krebsschärenbestände und andere Makrophyten etablieren konnten. Im urbanen
Raum begrenzen Trübungen nach Regenereignissen, stoffliche Belastungen und die Schifffahrt
das Vorkommen von Makrophyten. Im klaren Wasser etablieren sich zunehmend auch Aufwuchsalgen, die zeitweise Wasserpflanzen überziehen und damit ihr Wachstum beeinträchtigen können.
Seen:
Wasserpflanzen werden in allen Seen regelmäßig durch Tauchkartierungen in mehreren Transekten untersucht. Neben der Bedeckung und Artenvielfalt spielt die untere Ausbreitungstiefe
der Wasserpflanzen eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der Seen. Viele der durchflossenen
Seen im Berlin-Brandenburger Raum befinden sich im Umbruch zu einem makrophytenreichen
See, der weniger durch Phytoplankton getrübt wird. Nachdem der Groß Glienicker See und
der Tegeler See nach erfolgreich verlaufenen Restaurierungsmaßnahmen Ausbreitungstiefen
von Wasserpflanzen von 5 beziehungsweise 6 Meter erreicht haben, weist nun auch der Große
Müggelsee eine stabile Gewässerflora auf. Lediglich die Artenzusammensetzung spiegelt die
hohe Trophie der letzten Jahrzehnte wider. Gewässertypische Armleuchteralgen (Characeen)
treten nur vereinzelt im Tegeler See und Groß Glienicker See auf. In den (noch) nährstoffreichen Sedimenten wurzeln eutraphente Arten, es können sich aber auch in wellenschlagsberuhigten Zonen umfangreiche Schwimmblattpflanzengürtel ausbreiten (Müggelsee, Seddinsee,
seenartige Erweiterungen der Müggelspree, Havel). Diese Seen werden mit „mäßig“ bewertet.
Durch Massenentwicklungen einzelner Arten (zum Beispiel Hornkraut Ceratophyllum demersum, Nutalls Wasserpest Elodea nuttallii) wird hier noch kein guter Zustand erreicht. In Flussseen der Dahme und der Oberhavel sowie im Unterhavelbecken treten seit 2015 ebenfalls
vermehrt Wasserpflanzen (Schwimmblattzonen, Hornkrautbestände) durch höhere Sichttiefen
auf. Durch die Artenarmut werden die Havelgewässer und die beiden Dahme-Gewässer
aber mit „unbefriedigend“ bewertet. Das Wachstum der submersen Makrophyten wird durch
motorgetriebene Freizeitboote und die Schifffahrt aber auch durch Fraßfeinde (Graskarpfen,
wühlende Cypriniden, invasive Krebse und Ansammlungen von Wasservögeln) beeinträchtigt.
29
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Ökologischer Zustand der OWK (WRRL)
Qualitätskomponente Makrophyten und
Phytobenthos
gut
mäßig
unbefriedigend
gut
mäßig
unbefriedigend
nicht anwendbar
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abbildung 14: Zustandsbewertung der Qualitätskomponenten Makrophyten und Phytobenthos
BENTHISCHE DIATOMEEN UND ÜBRIGES PHYTOBENTHOS
Die aufwachsenden Kieselalgen wurden in Seen, innerstädtischen Fließgewässern und kleinen
Fließgewässern untersucht. Neben einer „diffusen Grundbelastung“ an Nährstoffen, indizieren aufwachsende Kieselalgen hervorragend punktförmige Eintragsquellen von Nährstoffen
und Salzbelastungen. Im Vergleich zum vorangegangenen Bewirtschaftungszeitraum gab
es einige Verbesserungen in den Bewertungen der Wasserkörper. Der Gosener Graben (gut)
und der Lietzengraben (mäßig) wurden jeweils um eine Stufe besser bewertet. Bei den Seen
führt die Verbesserung der benthischen Diatomeen und der Wasserpflanzen insgesamt zur
Verbesserung um eine Zustandsklasse in der Unterhavel (insgesamt mäßig). In den innerstädtischen Gewässern wurden nur die Diatomeen in die Bewertung einbezogen. Hier dominiert die
Zustandsklasse 4 (unbefriedigend). Das gilt auch für die kleinen Fließgewässer Lake, Fließgraben, Erpe und den Unterlauf der Panke. In allen kleinen Fließgewässern wurde das übrige
Phytobenthos (Aufwuchsalgen ohne Diatomeen) erfasst. Es ist mit der Diatomeenbewertung
vergleichbar.
PHYTOPLANKTON
Eine weitere Ursache für die Zielverfehlung der WRRL ist die Eutrophierung der Berliner Gewässer. Das überwiegend große, landwirtschaftlich genutzte Einzugsgebiet der Flussseen
und die hohe Besiedlungsdichte führten zu hohen Nährstoffeinträgen in der Vergangenheit.
Planktonblüten mit Blaualgenmassenentwicklungen trübten das Wasser und verhinderten
Makrophytenwachstum.
Dem Rückgang der Nährstoffkonzentrationen in den letzten 25 Jahren folgten nach einer gewissen Verzögerung rückläufige Planktondichten in fast allen durchflossenen Seen von Spree
und Havel. Der Betrieb der Phosphateliminierungsanlage Tegel am Tegeler See [Chorus et al.,
2020] und die nachhaltige seeinterne Phosphorfällung im Groß Glienicker See führten bereits
im letzten Bewirtschaftungszeitraum zur Zielerreichung (Zustandsklasse 2). Massenentwicklungen von Cyanobakterien kamen in den letzten 4 Jahren nur kurzzeitig in warmen Sommern vor,
vorrangig im Zeuthener See und in den seenartigen Erweiterungen der Unterhavel vor.
30
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Die fortschreitende Entwicklung der Wasserpflanzen und eine großflächige Etablierung der
Quagga-Muschel, sowie die Festlegung von Phosphor im Sediment führten zur weiteren
Abnahme der Phytoplanktonbiomassen und zum Rückgang der Cyanobakterien. Dadurch
werden nur noch Wasserkörper der Unterhavel (Großer Wannsee, Unterhavel 1), die DahmeGewässer (Zeuthener See, Langer See) und der Niederneuendorfer See mit „mäßig“ bewertet. Die anderen Seen befinden sich hinsichtlich des Phytoplanktons im guten ökologischen
Zustand. Durch Nährstoff-Rücklösungen und punktuelle Einträge werden bei den planktondominierten Fließgewässern die innerstädtischen Kanäle, die Stromhavel und die Spree mit
„mäßig“ bewertet.
Die rückgestauten Fließgewässer sind durch diffuse Einträge im Stadtgebiet meist nährstoffreich und die Planktonentwicklung mäßig. Der Teltowkanal führt seit Jahren sehr wenig
Plankton trotz hoher Nährstoffgehalte. Im gesamten Stadtbereich filtrieren große Mengen von
eingewanderten Dreikantmuscheln zeitweise das Phytoplankton effektiv aus dem Wasser. Die
Massenverbreitung dieser Neozoen ist allerdings langfristig als instabil zu betrachten.
Ökologischer Zustand der OWK (WRRL)
Qualitätskomponente Phytoplankton
gut
mäßig
unbefriedigend
gut
mäßig
unbefriedigend
nicht anwendbar
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abbildung 15: Zustandsbewertung der Qualitätskomponente Phytoplankton
ZOOPLANKTON
Für die Seenbewertung spielt das Zooplankton eine wesentliche Rolle. Es kontrolliert Algenblüten, Bakteriendichten, ist Nahrungsgrundlage für Fische und andere Wasserlebewesen und
gibt Aufschluss über die Zusammensetzung des Fischbestandes im Gewässer. Es trägt zur
Absicherung und Plausibilisierung der Bewertung des Phytoplanktons bei. In Berlin wird das
Zooplankton an ausgewählten Seen untersucht (Groß Glienicker See, Seddinsee, Langer See,
Tegeler See, Zeuthener See). Neben der Nährstoffreduktion ist die Förderung des Zooplanktons eine Möglichkeit zur Verbesserung der Wasserqualität.
31
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
UNTERSTÜTZENDE QUALITÄTSKOMPONENTEN
Neben der Bewertung der Biokomponenten werden zudem unterstützende Qualitätskomponenten gemäß WRRL untersucht.
Das betrifft zunächst die Gewässerstrukturgüte, welche die Naturnähe des durchflossenen
Gewässerbettes einschließlich der umgebenden Aue klassifiziert. Dazu werden Parameter
des Umfeldes, des Ufers und der Sohle erhoben, welche die vorhandene Gewässerstruktur beschreiben. An Seen wird zusätzlich die Flachwasserzone untersucht. Die Strukturgüte
beschreibt die Qualität der gewässertypischen Habitate für die Biokomponenten. Die Fließgewässer Berlins sind überwiegend „stark verändert“. Die Seen weisen durch Schilfschutzmaßnahmen und abschnittsweisem Belassen von Totholz eine etwas bessere Strukturgüte auf.
Durch den starken Wellenschlag, harten Uferverbau und starke Nutzung durch Erholungssuchende sind dennoch weite Abschnitte verödet.
Weitere unterstützende Qualitätskomponenten sind die sogenannten Orientierungswerte der
OGewV, die die Anforderungen an den guten ökologischen Zustand beschreiben. Für die Seen
sind das vorrangig Phosphor und die Sichttiefe, die Ausdruck der Eutrophierung sind.
Tabelle 1: Anforderungen an den guten ökologischen Zustand: Werte der allgemeinen physikalischchemischen Komponenten der Seetypen (April bis Oktober)
Seetyp
(gemäß OGewV)
10.2
11.2
12
13
Trophie
Mesotroph 2
Eutroph 1
Eutroph 1
Mesotroph 1
Phosphor
(µg/l TP)
30 bis 45
35 bis 55
60 bis 90
25 bis 35
Sichttiefe
(m)
3,0 bis 2,0
2,0 bis 1,3
1,2 bis 0,8
3,5 bis 2,5
Seen
(eingehalten)
Tegeler See
Großer Müggelsee
Dämeritzsee, Seddinsee
Groß Glienicker See
Die Sichttiefen entsprechen in allen Seen von März bis April den Orientierungswerten. In
Oberhavel und Unterhavel gibt es starke saisonale und jährliche Schwankungen. Die Seen
können als Phosphor-Quelle und Phosphorsenke wirken. Die Dahme-Seen überschreiten noch
die gewässertypischen Phosphorkonzentrationen. Die Spree-Seen sind Teil von durchströmten
Seenketten und unterliegen damit je nach dem Wasserdargebot und lokalen Bewirtschaftungen im Einzugsgebiet besonderen jährlichen Schwankungen.
Die Fließgewässer überschreiten in der Regel mindestens einen Orientierungswert der Nährstoffe (Phosphor, Ammonium). Sie zeigen wenige, aber einflussreiche Maxima bei den organischen Belastungen, vorrangig nach Starkregenereignissen. Lokale Einträge von Chlorid treten
nur nach strengen Wintern auf (Tausalz) und haben keinen Einfluss auf die Zustandsbewertung.
Sulfat ist punktuell erhöht und kann nach Austritt von Grundwasser in kleine Fließgewässer
Auswirkungen auf die Biozönosen haben (Auftreten von Schwefelbakterien und Schwefelwasserstoff). Die Auswirkungen der erhöhten Sulfatkonzentrationen durch den Braunkohlebergbau
in der Lausitz auf die Gewässersedimente und eine mögliche Nährstoffrücklösung in Seen ist
noch Gegenstand der Forschung. Orientierungswerte (unter anderem Phosphor) sind Hilfen bei
Planungen zur Reduktion der Nährstoffbelastungen und bei der Auslegung der Großklärwerke.
5.1.1.2 Flussgebietsspezifische Schadstoffe
Neben den biologischen Qualitätskomponenten (und unterstützend den hydromorphologischen und allgemeinen physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten) sind bei der Einstufung des ökologischen Zustands beziehungsweise des ökologischen Potenzials chemische
Qualitätskomponenten, die sogenannten flussgebietsspezifischen Schadstoffe, zu berücksichtigen. Die Einhaltung der in der Anlage 6 der OGewV für diese 67 Schadstoffe festgelegten
Umweltqualitätsnormen (UQN) ist zu prüfen. Wird eine UQN oder werden mehrere UQN nicht
eingehalten, kann der ökologische Zustand oder das ökologische Potenzial höchstens als
mäßig eingestuft werden. Die flussgebietsspezifischen Schadstoffe werden im Gegensatz zu
den Stoffen der chemischen Zustandsbewertung auf nationaler Ebene, das heißt, bundesweit
geregelt.
32
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Für Berlin werden in einigen Wasserkörpern UQN-Überschreitungen für die Schwermetalle
Kupfer und Zink (zehn beziehungsweise neun Wasserkörper), für die Industriechemikalien Polychlorierte Biphenyle (PCB) (sieben Wasserkörper) sowie für das Insektizid Imidacloprid (sieben
Wasserkörper) festgestellt. Bei Kupfer, Zink und den PCB bezieht sich die UQN auf Schwebstoffe beziehungsweise Sedimente.
Die maßgeblichen Einträge in die Gewässer ergeben sich für Berlin aus dem Regenwasserabfluss von versiegelten Flächen. Kupfer wird zum Beispiel aus Bremsbelägen und Kupferdächern freigesetzt, Quellen für Zink sind verzinkte Baumaterialien (zum Beispiel Metalldächer, Regenrinnen) und Reifenabrieb. Die emittierten Stofffrachten aus den kommunalen
Kläranlagen beziehungsweise den Mischwasserüberläufen sind von vergleichsweise geringer
Bedeutung [Wicke et al., 2016]. Daneben können auch kupferhaltige Antifouling-Anstriche von
Sportbooten und Schiffen zur Belastung der Gewässer beitragen [Feibicke et al., 2018].
Polychlorierte Biphenyle (PCB) wurden in der Vergangenheit vielseitig angewandt, unter
anderem als Kühl- und Isoliermittel in der Elektroindustrie, als Hydraulikflüssigkeit in der
Maschinenindustrie, als Weichmacher und Brandverzögerer für Lacke, Farben, Beschichtungen, Klebstoffe, Dichtungsmassen, Kunststoffe, Kabelisolierungen und Verpackungsmittel.
Seit 1989 ist die Verwendung von PCB in Deutschland, seit 2001 auch weltweit verboten. Da
die Schadstoffe sehr schlecht abbaubar sind, werden sie nach wie vor in der Umwelt nachgewiesen. Aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften können sie sich in der Nahrungskette
anreichern. In den Gewässern reichern sich PCB in Schwebstoffen und Sedimenten an. Für
Berlin ist davon auszugehen, dass die Einträge der Vergangenheit, die sich mittlerweile in den
Sedimenten der betroffenen Gewässer diffus verbreitet haben, für die aktuellen UQN-Überschreitungen verantwortlich sind. Die Anreicherung von Schadstoffen in den Sedimenten wird
durch die geringen Fließgeschwindigkeiten des staugeregelten Berliner Gewässersystems
begünstigt.
Imidacloprid wird in Wasserkörpern nachgewiesen, die von den Einleitungen der kommunalen
Kläranlagen beeinflusst sind. Die Untersuchungsergebnisse von zwei Berliner Kläranlagen bestätigen diesen Eintragspfad. Das Insektizid gehört zur Gruppe der Neonicotinoide. Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff dürfen nur noch in dauerhaft errichteten Gewächshäusern
und zur Behandlung von Saatgut, das zur Ausbringung im Gewächshaus bestimmt ist, angewendet werden. Als Biozid wird Imidacloprid zum Beispiel in Köderdosen gegen Ameisen oder
Schaben eingesetzt. Darüber hinaus enthalten einige Präparate zur Behandlung von Hunden
und Katzen gegen Flöhe Imidacloprid als Wirkstoff. Die Substanz ist in der Umwelt schwer abbaubar.
Auf die ökologische Zustandsbewertung wirken sich die genannten UQN-Überschreitungen für
die Berliner Wasserkörper nicht aus, da keiner der betroffenen Wasserkörper besser als mäßig
eingestuft ist.
5.1.1.3 Gesamtbewertung des ökologischen Zustands oder Potenzials
Bei der Gesamtbewertung auf Basis aller ermittelten biologischen Qualitätskomponenten ist
zu beachten, dass die Gewässer und somit die aquatischen Lebensgemeinschaften natürlichen Schwankungen unterliegen. Der Untersuchungszeitraum war durch zwei außergewöhnlich warme Jahre und heiße Sommer mit sehr geringem Niederschlag und wenigen, aber sehr
intensiven Starkregenereignissen geprägt. Insgesamt erreicht kein Wasserkörper für alle Biokomponenten den guten Zustand. Acht der 22 Fließgewässerkörper sind im mäßigen, sieben
im unbefriedigenden und weitere sieben im schlechten ökologischen Zustand beziehungsweise Potenzial. Bei den Seen befindet sich die Hälfte der 12 Wasserkörper im mäßigen und
die andere Hälfte im unbefriedigenden ökologischen Zustand. Etwa ein Drittel der mit „mäßig“
bewerteten Oberflächenwasserkörper hat eine Tendenz zum guten Zustand (zum Beispiel
Tegeler See, Groß Glienicker See, Flussseen der Spree, Gosener Graben, Kuhlake).
33
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Ökologischer Zustand der OWK (WRRL)
Gesamt
gut
mäßig
unbefriedigend
gut
mäßig
unbefriedigend
schlecht
nicht klassifiziert
MODIFIED
veränderte Gewässer
Ökologisches Potential
gut
mäßig
unbefriedigend
schlecht
nicht klassifiziert
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abbildung 16: Bewertung des ökologischen Zustands beziehungsweise des ökologischen Potenzials der Oberflächenwasserkörper Berlins und grenzüberschreitender Wasserkörper
5.1.2
Bewertung des chemischen Zustands
Die Bewertung des chemischen Zustandes richtet sich nach den von der Europäischen Union
mit der Richtlinie 2008/105/EG beziehungsweise der Änderungsrichtlinie 2013/39/EG für
prioritäre Stoffe und bestimmte andere Schadstoffe festgelegten Umweltqualitätsnormen
(UQN). Die in das nationale Recht überführte Stoffliste mit 45 Stoffen beziehungsweise Stoffgruppen einschließlich der zu prüfenden UQN ist in der Anlage 8 der OGewV 2016 enthalten.
Werden in einem Oberflächenwasserkörper die UQN eingehalten, gilt der chemische Zustand
als „gut“. Bei Überschreitung mindestens einer UQN, wird der chemische Zustand des Wasserkörpers als „nicht gut“ eingestuft.
In Berlin erreicht kein Oberflächenwasserkörper den guten chemischen Zustand. Der Grund
dafür sind die Bewertungen für Quecksilber und die Bromierten Diphenylether (BDE). Für beide
Stoffe gelten UQN, die in Biota zu überwachen sind (siehe Kapitel 4.1.2). Bundesweite Untersuchungen haben gezeigt, dass diese UQN bis auf sehr wenige Ausnahmen flächendeckend
überschritten werden. Die Bundesländer haben sich darauf verständigt, für alle Oberflächenwasserkörper eine Überschreitung anzugeben, sofern keine Befunde vorliegen, die eine
Einhaltung der UQN belegen. Die für die chemische Zustandsbewertung untersuchten Berliner
Messstellen bestätigen die Überschreitung der Biota-UQN.
Als chemisches Element kommt Quecksilber natürlich in der Umwelt vor. Es ist beispielsweise
ein typischer Bestandteil von Steinkohle. Die Verbrennung von Kohle zur Energiegewinnung
sowie der atmosphärische Ferntransport sorgen für eine globale Verbreitung des toxischen
Schwermetalls. Dementsprechend ist Quecksilber als ubiquitärer Stoff eingestuft [OGewV
2016, Anlage 8, Tabelle 1]. Quecksilber zeichnet sich durch eine hohes Bioakkumulationspotenzial aus und reichert sich in der Nahrungskette an.
34
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Für die Stoffgruppe der Bromierten Diphenylether (BDE) sind sechs sogenannte Kongenere geregelt, die als Summenparameter zu bewerten sind. BDE werden vor allem als Flammschutzmittel eingesetzt. Sie zeichnen sich durch eine hohe Persistenz, das heißt, eine geringe biologische Abbaubarkeit aus und sind ebenso wie Quecksilber gemäß ihrer weiten Verbreitung als
ubiquitäre Stoffe eingestuft [OGewV 2016, Anlage 8, Tabelle 1]. Es gibt bereits weitreichende
Verwendungs- beziehungsweise Herstellungsverbote.
Neben den flächendeckenden Überschreitungen werden in neun Berliner Oberflächenwasserkörpern Überschreitungen der UQN für Tributylzinn-Verbindungen (TBT) festgestellt. TBT-Verbindungen wurden in der Vergangenheit als Biozidwirkstoff in Antifouling-Beschichtungen von
Schiffen verwendet. Dieser Einsatz ist seit 2008 international verboten. TBT neigt stark zur
Sorption an Feststoffpartikel im Gewässersystem. Die aktuell nachgewiesenen Befunde lassen
sich daher zum einen auf die schlechte Abbaubarkeit und Remobilisierung der Substanz aus
den Gewässersedimenten zurückführen. Darüber hinaus kann der Schadstoff aus noch vorhandenen Altanstrichen von Schiffen freigesetzt werden. TBT ist ebenso wie Quecksilber und die
BDE als ubiquitärer Stoff eingestuft [OGewV 2016, Anlage 8, Tabelle 1].
Bei vier Wasserkörpern werden zudem Überschreitungen der ZHK-UQN (ZHK = Zulässige
Höchstkonzentration, siehe Kapitel 4.1.2) für die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe [PAK, Stoff-Nr. 28 gemäß OGewV 2016, Anlage 8, Tabelle 2] insbesondere für den
Stoff Benzo(g,h,i)perylen mit der niedrigsten ZHK-UQN nachgewiesen. PAK entstehen bei
der unvollständigen Verbrennung von organischem Material (zum Beispiel Holz, Kohle, Öl).
Darüber hinaus sind die Verbindungen ein natürlicher Bestandteil von Kohle und Erdöl. Über
Verbrennungsprozesse und den Einsatz verschiedenster PAK-haltiger Produkte (zum Beispiel
als Weichmacheröle in Autoreifen, im Dachbau verwendete Teer und Teerpappen, Asphalt mit
Teer- oder Bitumenzusätzen) werden PAK in der Umwelt verbreitet. Ebenso wie Quecksilber,
die BDE und TBT gehören PAK zu den ausgewiesenen ubiquitären Stoffen. Im urbanen Berliner
Stadtgebiet gelangen PAK vor allem mit dem Regenwasserabfluss von versiegelten Flächen
in die Gewässer. Als Ursachen sind insbesondere die atmosphärische Deposition und der
Straßenverkehr (Abrieb von Reifen, Bremsen und Asphalt, Abgase) zu nennen.
Die Verfehlung des guten chemischen Zustandes der Berliner Oberflächengewässer ist demnach ausschließlich auf ubiquitäre Stoffe beziehungsweise Schadstoffe, deren maßgebliche
Einträge in der Vergangenheit liegen, zurückzuführen. Darüber hinaus tragen aktuelle Emissionen aus der Niederschlagsentwässerung bei einigen Oberflächenwasserkörpern zu dem
schlechten chemischen Zustand bei. Dabei ist zu beachten, dass beispielsweise umweltrelevante Arzneistoffe, die über die kommunalen Kläranlagen in die Gewässer gelangen, bislang
nicht gesetzlich geregelt wurden und damit bei der chemischen Zustandsbewertung gemäß
WRRL nicht unmittelbar berücksichtigt werden.
5.2
Grundwasser
5.2.1
Mengenmäßiger Zustand
5.2.1.1 Grundwasserentnahmen und künstliche
Grundwasseranreicherungen
Seit über hundert Jahren wird in Berlin Grundwasser für die Trinkwasserversorgung genutzt. Zusätzlich wird Grundwasser für Eigenwasserversorgungsanlagen, Bauwasserhaltungen, Kellertrockenhaltungsmaßnahmen und Grundwassersanierungen aus dem Untergrund entnommen.
Eine künstliche Grundwasseranreicherung erfolgte über viele Jahrzehnte durch das Aufbringen
von Abwasser auf Rieselfelder am Rande der Stadt. Die Abwasseraufbereitung erfolgt heute
ausschließlich durch Klärwerke. Seit 2010 sind alle Rieselfeldbewirtschaftungen eingestellt.
Künstliche Grundwasseranreicherungen mit gereinigtem Oberflächenwasser finden aber auch
heute noch statt, um den Wasserhaushalt zu stützen.
35
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Hohe Grundwasserentnahmen bewirkten in den 1960- und Anfang der 1970-Jahre stadtweit
sinkende Grundwasserstände. Den steigenden Entnahmen wurde durch angeordnete Erhöhung der künstlichen Grundwasseranreicherung Mitte der siebziger Jahre sowie durch die Einführung eines Grundwasserentnahmeentgelts, durch Reglementierungen bei großen Bauwasserhaltungen und nicht zuletzt durch den Einsatz wassersparender Geräte entgegengewirkt.
In den 1990er-Jahren ging der Wasserverbrauch in Berlin vereinigungsbedingt, aber auch dem
bundesweiten Trend folgend, deutlich zurück. Seit 2000 ist die Rohwasserförderung der Berliner Wasserwerke mit Entnahmen von 205 bis 225 Millionen Kubikmeter pro Jahr relativ konstant, wobei in den letzten Jahren ein leichter Anstieg zu beobachten ist. Ein großer Anteil des
geförderten Rohwassers wird über Uferfiltration gewonnen. In den nachfolgenden Abschnitten
wird jedoch immer auf die gesamte Rohwasserförderung in den einzelnen Grundwasserkörpern eingegangen und nicht zwischen Uferfiltrat, Grundwasseranreicherung und landseitigem
Grundwasser differenziert. Eine anteilige Berücksichtigung des landseitigen Grundwasserförderanteils in Abhängigkeit des Anteils der Einzugsgebietsfläche der Wasserwerke am jeweiligen Grundwasserkörper wird ebenso zunächst vernachlässigt. Eine ausführliche Betrachtung,
welche die einzelnen Förderanteile je Grundwasserkörper ausweist als auch die Anteile der
Einzugsgebiete in den Grundwasserkörpern berücksichtigt, erfolgt in der Grundwasserbilanzierung im Kapitel 5.2.1.3).
Die Betrachtung für das Grundwasser erfolgt auf Basis unterirdischer Einzugsgebiete, die im
Folgenden als Grundwasserkörper (GWK) bezeichnet werden. Diese umfassen den Teil des
Untergrundes, aus dem Grundwasser einem bestimmten Oberflächengewässer, zum Beispiel
der Spree oder der Havel, zufließt. Der Verlauf der Grenze der Grundwassereinzugsgebiete
wird durch den geologischen Aufbau, die Durchlässigkeit des Untergrundes, die Grundwasserneubildung aber auch durch die Höhe der Grundwasserentnahmen beeinflusst und entspricht
daher nicht zwangsläufig den Einzugsgebieten der Oberflächengewässer.
In der Zuständigkeit des Landes Berlins liegen folgende GWK:
— Untere Havel (DEGB_DEBE_HAV_UH_1),
— Obere Havel (DEGB_DEBE_HAV_OH_1) und
— Untere Spree (DEGB_DEBE_HAV_US_1).
Zuständigkeit bedeutet dabei im Sinne der WRRL, dass die Bewertungen des mengenmäßigen
und chemischen Zustandes (siehe auch Kapitel 3.2) der genannten GWK in der Verantwortlichkeit des Landes Berlin liegen. Dies schließt ebenfalls die geringen außerhalb Berlins befindlichen Flächenanteile der GWK mit ein.
Neben den drei in der Zuständigkeit Berlins liegenden GWK wird ein geringer Anteil der
Berliner Landesfläche vom GWK Dahme (DEGB_BEBB_HAV_DA_3) eingenommen. Dieser fällt
jedoch aufgrund seines deutlich größeren Flächenanteils im Land Brandenburg (97 Prozent)
in dessen Zuständigkeit. Dennoch werden für den in Berlin liegenden Bereich, soweit möglich,
Aussagen zu seinem mengenmäßigen und chemischen Zustand getroffen. Eine Übersicht zur
Lage und Ausdehnung der GWK ist in der Abbildung 6, Kapitel 3.2 dargestellt.
GRUNDWASSERKÖRPER UNTERE HAVEL
Die Abbildung 17 zeigt die Entwicklung der Grundwasserentnahmen der Wasserwerke Belitzhof, Tiefwerder, Kladow, Kleinmachnow und Teltow aus dem GWK Untere Havel seit 2000
(Lage der Brunnenstandorte siehe Abbildung 6, Kapitel 3.2).
Unter dem Begriff „weitere Grundwasserentnahmen“ sind alle Grundwasserförderungen für
Eigenwasserversorgungsanlagen, Bauwasserhaltungen und zur Grundwassersanierung (Altlasten) zusammengefasst.
36
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Die Rohwasserförderung der Wasserwerke im GWK Untere Havel variierte im Betrachtungszeitraum von minimal 54 Millionen Kubikmeter im Jahr 2009 bis zu fast 66 Millionen Kubikmeter im Trockenjahr 2003. Im Durchschnitt wurden in den letzten 20 Jahren 59,1 Millionen Kubikmeter pro Jahr Rohwasser gefördert und damit deutlich weniger als in den Jahren bis 1992
mit Spitzenförderungen bis zu maximal 85 Millionen Kubikmeter (1973). In den 1990er-Jahren
wurden allerdings zum Teil noch geringere Mengen gefördert (Minimum: 44 Millionen Kubikmeter im Jahr 1995). Die weiteren Grundwasserentnahmen aus diesem GWK für Bauwasserhaltungen, Eigenwasserversorgungsanlagen und Altlastensanierungen liegen im Durchschnitt
bei 2,7 Millionen Kubikmeter.
120
Beelitzhof
110
Tiefwerder
100
Kladow
Rohwasser in Mio. m3
90
80
Kleinmachnow
70
Teltow
60
50
weitere Grundwasserentnahmen
40
30
20
10
2019
2018
2017
2016
2015
2014
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
0
Fördermenge Grundwasserkörper Untere Havel BE
Abbildung 17: Rohwasserförderung der Wasserwerke und weitere Grundwasserentnahmen im GWK Untere Havel
Die künstliche Grundwasseranreicherung im GWK Untere Havel erfolgt durch das Wasserwerk Beelitzhof mittels Havelwasser, das durch eine Oberflächenwasseraufbereitungsanlage
mechanisch und chemisch gereinigt wird. Es wird zur Stützung der Seewasserspiegel (Schlachtensee, Krumme Lanke, Grunewaldsee) und damit zur Grundwasseranreicherung in die Grunewaldseenrinne eingeleitet. Die Anreicherungsmengen von 2000 bis 2008 lagen im Bereich
von 2,2 Millionen Kubikmeter pro Jahr bis zu 3,8 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Seit 2009
werden zwischen 3,3 und 4,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr Grundwasser künstlich angereichert. Die Aufleitung von jährlich 1,0 Millionen Kubikmeter (2008) bis 2,2 Millionen Kubikmeter
(2000) geklärtem Abwasser auf das Rieselfeld Karolinenhöhe endete 2010.
GRUNDWASSERKÖRPER OBERE HAVEL
Die Abbildung 18 zeigt die Entwicklung der Grundwasserentnahmen der Wasserwerke Tegel,
Spandau und Staaken aus dem GWK Obere Havel der letzten 20 Jahre (Lage der Brunnenstandorte siehe Abbildung 6, Kapitel 3.2). Die mittlere Rohwasserförderung aller Wasserwerke
im GWK Obere Havel liegt im Betrachtungszeitraum bei 76,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr.
Die Rohwasserfördermengen der Wasserwerke an der Oberhavel zeigen einen ähnlichen
Verlauf wie die Wasserwerke an der Unterhavel mit Spitzenwerten in trockenen Jahren (2003,
2018). Die Rohwasserfördermengen variieren von lediglich 70,4 Millionen Kubikmeter im Jahr
2014 bis zu 88,6 Millionen Kubikmeter im Jahr 2003. Doch auch dieser Spitzenwert liegt noch
weit unterhalb der maximalen Fördermenge von 109 Millionen Kubikmeter aus dem Jahr 1989.
Die Grundwasserentnahmen für Eigenwasserversorgungsanlagen und Bauwasserhaltungen
lagen im Mittel bei 1,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr.
37
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
120
Tegel
110
Spandau
100
Staaken
Rohwasser in Mio. m3
90
80
weitere Grundwasserentnahmen
70
60
50
40
30
20
10
2019
2018
2017
2016
2015
2014
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
0
Fördermenge Grundwasserkörper Obere Havel BE
Abbildung 18: Rohwasserförderung der Wasserwerke und weitere Grundwasserentnahmen im GWK Obere
Havel
Die künstliche Grundwasseranreicherung im GWK Obere Havel erfolgt durch die Wasserwerke
Tegel und Spandau mittels Oberflächenwasser aus dem Tegeler See und der Oberhavel. Das
durch Aufbereitungsanlagen mechanisch und chemisch gereinigte Oberflächenwasser wird
auf Sickerbecken in Saatwinkel, Spandau und auf der Insel Baumwerder sowie in einem TeichGraben System im Spandauer Forst (Kuhlake) versickert. Die Anreicherungsmengen wurden
Mitte der 1970er-Jahre und dann noch einmal Mitte der 1980er-Jahre deutlich erhöht und
betrugen in den 1990er-Jahren über 35 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Seit 1998 findet eine
Reduzierung der Grundwasseranreicherungsmenge statt. Bis zum Jahr 2003 wurden im Mittel
noch fast 30 Millionen Kubikmeter pro Jahr angereichert. Seitdem schwanken die Anreicherungsmengen zwischen 15,7 Millionen Kubikmeter pro Jahr (2014) und 27,2 Millionen Kubikmeter pro Jahr (2019) und liegen im Durchschnitt bei 23 Millionen Kubikmeter pro Jahr.
GRUNDWASSERKÖRPER UNTERE SPREE
Die Abbildung 19 zeigt die Entwicklung der Rohwasserentnahmen aus dem GWK Untere Spree
der letzten 20 Jahre (Lage der Brunnenstandorte siehe Abbildung 6, Kapitel 3.2). In diesem
GWK liegen die Wasserwerke Friedrichshagen (Galerie A bis F), Wuhlheide, Kaulsdorf, Jungfernheide, Johannisthal und die Wasserfassung Nord des Wasserwerks Erkner. Auffällig ist der
hohe Anteil an Grundwasserentnahmen für Eigenwasserversorgungsanlagen, Bauwasserhaltungen und Grundwassersanierungsmaßnahmen von durchschnittlich 18,6 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Der Anteil der Grundwasserentnahmen für Bauwasserhaltungen ist in diesem
Grundwasserleiter vergleichsweise hoch (8,2 Millionen Kubikmeter pro Jahr), weil der Anteil an
urbanen Flächen (unter anderem Stadtmitte) mit geringen Flurabständen in diesem GWK überproportional groß ist. Auch Eigenversorgungsanlagen fördern aus diesem Grundwasser erhebliche Mengen (7,3 bis 9,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr). Die mittlere Rohwasserförderung
aller Wasserwerke liegt im Betrachtungszeitraum bei 68,4 Millionen Kubikmeter pro Jahr und
damit weit unterhalb der Spitzenförderung von maximal 179 Millionen Kubikmeter aus dem
Jahr 1976. Das von den Wasserwerken Johannisthal und Jungfernheide geförderte Grundwasser wird seit 2001 nicht mehr zur Trinkwasserversorgung genutzt. Die Rohwasserförderung aller
Wasserwerke im GWK Untere Spree schwankt seit dem Jahr 2000 von 65,4 Millionen Kubikmeter pro Jahr (2014) bis zu 83,3 Millionen Kubikmeter pro Jahr (2006).
38
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Eine Grundwasseranreicherung im GWK Untere Spree fand bis zur Einstellung der Trinkwassergewinnung im Jahr 2001 am Wasserwerk Jungfernheide statt. Im Jahr 2013 wurde die Grundwasserförderung am Wasserwerk Jungfernheide komplett eingestellt.
120
Friedrichshagen Galerien
(A, B, C, D, E, F)
110
Wuhlheide
100
Rohwasser in Mio. m3
90
Kaulsdorf
80
Johannisthal
70
60
Jungfernheide
50
Erkner Nordfassung (BB)
40
weitere Grundwasserentnahmen
30
20
10
2019
2018
2017
2016
2015
2014
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
0
Fördermenge Grundwasserkörper Untere Spree BE
Abbildung 19: Rohwasserförderung der Wasserwerke und weitere Grundwasserentnahmen im GWK Untere
Spree (Wasserwerk Friedrichshagen ohne die Galerien G bis M)
GRUNDWASSERKÖRPER DAHME
Die Abbildung 20 zeigt die Entwicklung der Grundwasserentnahmen aus dem Berliner Anteil des GWK Dahme der letzten 20 Jahre (Lage der Brunnenstandorte siehe Abbildung 6,
Kapitel 3.2). An der Dahme und dem Seddinsee liegen im GWK die Galerien G, K, L und M
des Wasserwerks Friedrichshagen. Ferner befindet sich östlich von Schmöwitz ebenfalls an
der Dahme an der Landesgrenze zu Brandenburg das Wasserwerk Eichwalde. Durch den Bau
und die Inbetriebnahme der Brunnengalerien G bis M seit 1984 stieg die Rohwasserförderung
aus dem GWK Dahme im Berliner Stadtgebiet drastisch an. Die Spitzenförderung im Jahr
1986 lag bei 27 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Ende 1997 wurde der Betrieb dieser Galerien
vorübergehend eingestellt. Im Jahr 2007 wurde die Förderung in der Galerie G wieder in Betrieb genommen. In den Jahren 2008 folgte die Galerie K und 2010 die Galerien L und M. Die
Gesamtfördermengen der 4 Galerien liegen bei maximal 9,7 Millionen Kubikmeter pro Jahr
im Jahr 2018. Im Durchschnitt fördern die Galerien G, K, L und M seit 2011 circa 7,8 Millionen
Kubikmeter pro Jahr. Die Rohwasserfördermengen des Wasserwerks Eichwalde sind im Mittel
mit 3,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr über den gesamten Zeitraum relativ konstant.
39
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
120
Eichwalde (BB)
110
Friedrichshagen Galerien
(G, K, L, M)
100
Rohwasser in Mio. m3
90
weitere Grundwasserentnahmen
80
70
60
50
40
30
20
10
2019
2018
2017
2016
2015
2014
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
0
Fördermenge Grundwasserkörper Dahme BB
Abbildung 20: Rohwasserförderung der Wasserwerke und weiterer Grundwasserentnahmen im Berliner Anteil
des GWK Dahme (Galerien G, K, L und M des Wasserwerks Friedrichshagen)
5.2.1.2 Grundwasserströmungsrichtung und Austausch zwischen
Grund- und Oberflächengewässern
Die natürlichen Grundwasserströmungsverhältnisse sind in den Grundwasserkörpern (GWK)
Untere und Obere Havel, Untere Spree und Dahme (Berliner Flächenanteil) durch die Trinkwasserförderung und Eigenwasserversorgungsanlagen sowie durch den Gewässerausbau
teilweise stark anthropogen überprägt.
Grundsätzlich ist die natürliche Grundwasserfließrichtung ausgehend von der Barnim-Hochfläche im Nordosten und der Teltow-Hochfläche im Süden in Richtung Spree, Dahme und Oberhavel gerichtet. Im Südwesten strömt es ferner aus Richtung Teltow-Hochfläche und Nauener
Platte in Richtung Unterhavel.
Unterbrochen werden die natürlichen Strömungsrichtungen von den Absenktrichtern der
Wasserwerke. Durch die Brunnengalerien entlang der Oberflächengewässern wird die Grundwasseroberfläche soweit abgesenkt, dass in diesen Bereichen influente Verhältnisse herrschen.
Dies bedeutet, dass Oberflächenwasser in den Untergrund versickert und mit einer Verweilzeit von 50 Tagen bis zu mehreren Monaten den Brunnen zuströmt. Dieser Prozess wird als
Uferfiltration bezeichnet. Seitens des Wasserhaushalts wird Uferfiltrat als Oberflächenwasser
betrachtet, da es weitgehend die Eigenschaften des Oberflächenwassers aufweist und kein
Grundwasser im engeren Sinne darstellt.
GRUNDWASSERKÖRPER UNTERE HAVEL
Die Fließrichtung ist im GWK Untere Havel von der Teltow-Hochfläche und der Nauener Platte
beidseitig zur Unterhavel gerichtet. Hier fördern die Wasserwerke Beelitzhof, Tiefwerder und
Kladow und verursachen entsprechend lokale Absenktrichter. Im Brandenburger Anteil des
GWK Untere Havel liegen die Wasserwerke Teltow und Kleinmachnow, die aufgrund ihrer
vergleichsweise geringen Entnahme keinen signifikanten Einfluss auf die Fließrichtung zeigen
(siehe Abbildung 21).
Im Bereich der südwestlichen Teltow-Hochfläche hat der Teltow-Kanal eine lokale Vorflutfunktion und unterbricht damit das großräumige Fließgeschehen.
40
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
GRUNDWASSERKÖRPER OBERE HAVEL
Ausgehend von der Barnim-Hochfläche fließt das Grundwasser über das Urstromtal in Richtung Oberhavel. Durch die Absenktrichter des Wasserwerks Tegel weicht die Fließrichtung
lokal ab und ist auf die Wasserfassungen gerichtet. Auf der Westseite der Oberhavel ist das
Fließgeschehen durch den Absenktrichter der Wasserwerke Spandau und Staaken bestimmt.
Die natürliche Strömungsrichtung würde dem Verlauf des Warschau-Berliner-Urstromtals
folgen (siehe Abbildung 21).
GRUNDWASSERKÖRPER UNTERE SPREE
Die Fließrichtung im GWK Untere Spree ist ebenfalls ausgehend von den Hochflächen auf die
Spree gerichtet. Auch hier führen die Wasserwerksentnahmen zu lokalen Absenktrichtern beziehungsweise Änderungen der Fließrichtung (siehe Abbildung 21).
GRUNDWASSERKÖRPER DAHME
Die Fließrichtung des Grundwassers im Berliner Anteil des GWK Dahme ist allseitig auf den
Verlauf der Dahme und ihrer seeartigen Verbreiterungen wie dem Zeuthener See und dem
Krossinsee gerichtet (siehe Abbildung 21).
2007 wurde die Förderung in den Galerien G, K, L und M des Wasserwerks Friedrichshagen
wiederaufgenommen. Diese und das Wasserwerk Eichwalde an der unmittelbaren Berliner
Stadtgrenze erzeugen entsprechend lokale Absenktrichter.
41
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Grundwassergleichen Mai 2020
24 bis 27 m NHN
27 bis 30 m NHN
30 bis 33 m NHN
33 bis 36 m NHN
36 bis 39 m NHN
39 bis 42 m NHN
42 bis 45 m NHN
45 bis 48 m NHN
Friedrichshagen
57 bis 60 m NHN
60 bis 63 m NHN
Wasserfassungen BWB
Grundwasserkörper Stand 2019
Stadtgrenze
betriebsbereite Brunnen BWB
Abbildung 21: Grundwassergleichenplan im Mai 2020
42
10 Kilometer
5
2.5
0
Kleinmachnow
Beelitzhof
Kladow
Staaken
±
Spandau
Tiefwerder
Tegel
Teltow
Johannisthal
(Stand September 2021)
Wuhlheide
Kaulsdorf
Gewässer
Esri, HERE,
54 bis 57 m NHN
Eichwalde
51 bis 54 m NHN
Friedrichshagen
Erkner
48 bis 51 m NHN
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
5.2.1.3 Bewertung des mengenmäßigen Zustands des Grundwassers
Die natürlichen regionalen Grundwasserströmungsverhältnisse des Hauptgrundwasserleiters
sind im Großteil des Stadtgebietes von Berlin durch die Entnahmen aus dem Grundwasser
zur Trinkwasserversorgung überprägt. Weitere lokale Einflussfaktoren sind Eigenwasserversorgungsanlagen, Grundwasserhaltungsmaßnahmen, Grundwasseranreicherungsanlagen sowie
die frühere Rieselfeldbewirtschaftung. Diese anthropogenen Einflüsse bestimmen neben der
Grundwasserneubildung maßgeblich den mengenmäßigen Zustand des Grundwassers in Berlin. Für die Bewertung des mengenmäßigen Zustands wurde im Folgenden eine Grundwasserbilanzierung für die im Stadtgebiet vorkommenden Grundwasserkörper (GWK) durchgeführt.
Für die in der Zuständigkeit Berlins liegenden GWK erfolgte die Grundwasserbilanzierung für
die jeweiligen Gesamtflächen, also auch für die in Brandenburg liegenden Flächenanteile. Lediglich für den GWK Dahme wurde nur eine anteilige Bilanzierung für den Berliner Flächenanteil durchgeführt. Dieser ist mit 3 Prozent an der Gesamtfläche des GWK Dahme sehr gering.
Die resultierenden Ergebnisse sind damit nicht als repräsentativ für den gesamten GWK zu
betrachten.
Die Grundwasserbilanzierung erfolgte auf Grundlage der mittleren Wasserwerksdaten (Rohwasserförderung, Grundwasseranreicherung und Uferfiltratanteile) und der Daten der weiteren
Grundwasserentnahmen (Eigenwasserversorgungsanlagen, Bauwasserhaltungen, etc.) für
den Zeitraum 2000 bis 2019 (siehe Kapitel 5.2.1.1) sowie den Daten zur mittleren flächendifferenzierten Grundwasserneubildung für denselben Zeitraum. Grundlage für die verwendeten
Grundwasserneubildungswerte sind die Ergebnisse der Bodenwasserhaushaltsmodellierung
für den Zeitraum 1961 bis 2020 auf Basis von ArcEGMO (Büro für Angewandte Hydrologie,
2021). Ferner bilden die in den UVU-Gutachten ausgewiesenen Einzugsgebiete der Berliner
Wasserwerke (DHI-WASY, 2014 und 2016 sowie GCI 2013 und 2015) sowie die veröffentlichten
Einzugsgebiete der Brandenburger Wasserwerke (https://data.geobasis-bb.de/geofachdaten/
Wasser/Gewaesserbewirtschaftung/¬ww¬_ezg.zip) die Grundlage zur Quantifizierung der
landseitigen Förderanteile in den GWK.
Die Verwendung der mittleren Grundwasserförderdaten als auch mittleren Grundwasserneubildung im gewählten Bilanzzeitraum erfolgte übereinstimmend zu den Empfehlungen des
Sachstandsberichts der LAWA „Fachliche Umsetzung der EG-WRRL, Teil 5, Bundesweit einheitliche Methode zur Beurteilung des mengenmäßigen Zustands“ (LAWA, 2011).
Im Folgenden wird die Methodik zur Grundwasserbilanzierung der einzelnen GWK beschrieben:
1. Bestimmung des landseitigen Grundwasserförderanteils für die in den GWK liegenden
Wasserwerke (Differenz aus Rohwasserförderung minus Grundwasseranreicherung minus
Uferfiltration),
2. Bestimmung der Wasserwerkseinzugsgebietsflächen je GWK,
3. Ermittlung des landseitigen Grundwasserförderanteils für den in den GWK liegenden Anteil
der Wasserwerkseinzugsgebietsflächen
4. Vergleich dieser anteiligen landseitigen Grundwasserförderanteile mit der Grundwasserneubildung in den GWK und Ausweisung der Differenzen
Zusätzlich wird die Vorgehensweise für die Punkte 1 bis 3 nochmal am Beispiel des Wasserwerks Tegel im Detail erläutert:
Die mittlere geförderte Rohwassermenge des Wasserwerks Tegel betrug im Zeitraum 2000
bis 2019 45,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Die mittlere Grundwasseranreicherung lag bei
9,2 Millionen Kubikmeter pro Jahr und der Uferfiltratanteil bei 28,4 Millionen Kubikmeter pro
Jahr. Aus der Differenz ergibt sich ein landseitiger Grundwasserförderanteil von 7,9 Millionen
Kubikmeter pro Jahr (siehe Tabelle 2), der aus der Grundwasserneubildung im Einzugsgebiet
des Wasserwerks Tegel gespeist wird.
43
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Das Einzugsgebiet des Wasserwerks Tegel weist eine Fläche von etwa 52,4 Quadratkilometer
auf. Es liegt mit 46,3 Quadratkilometer und damit zu 88 Prozent im GWK Obere Havel. Die
verbleibenden 6,1 Quadratkilometer und damit 12 Prozent entfallen auf den benachbarten
GWK Untere Spree (siehe Abbildung 22). Für die Grundwasserbilanzierung des GWK Obere
Havel resultiert daraus ein landseitiger Grundwasserförderanteil für das Wasserwerk Tegel
von 7,0 Millionen Kubikmeter pro Jahr (88 Prozent von 7,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr). Die
verbleibenden 0,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr landseitiger Grundwasserentnahme entfallen
entsprechend auf die Flächenanteile des benachbarten GWK Untere Spree.
Tabelle 2: Mittlere Förderanteile für das Wasserwerk Tegel im Zeitraum 2000 bis 2019 und landseitige Grundwasserförderanteile in den GWK
Rohwassermenge
— Grundwasseranreicherung
— Uferfiltration
= landseitiges Grundwasser
davon 88 Prozent im GWK Obere Havel
davon 12 Prozent GWK Untere Spree
±
45,5 Mio. m³/a
9,2 Mio. m³/a
28,4 Mio. m³/a
7,9 Mio. m³/a
7,0 Mio. m³/a
0,9 Mio. m³/a
DEGB_DEBB_HAV_OH_3
DEGB_DEBB_HAV_OH_1
DEGB_DEBB_HAV_OH_3
Grundwasserkörper (Stand 2019)
Einzugsgebiet WW Tegel (Grundlage: Ref.-Zustand 2010 aus UVU
(DHI-WASY, 2014))
DEGB_DEBB_HAV_UH_9
Obere Havel 1 Berlin
(DEGB_DEBE_HAV_OH_1)
Untere Havel 1 Berlin
(DEGB_DEBE_HAV_UH_1)
Untere Spree 1 Berlin
DEGB_DEBE_HAV_OH_1
(DEGB_DEBE_HAV_US_1)
46,3 km²
Dahme 3 Brandenburg
(DEGB_DEBB_HAV_DA_3)
Tegel
Weitere
Spandau
DEGB_DEBE_HAV_US_1
6,1 km²
Tiefwerder
DEGB_DEBE_HAV_UH_1
0
1.5
3
6 Kilometer
Esri, HERE,
Abbildung 22: Einzugsgebiet des Wasserwerks Tegel mit Flächenanteilen in den GWK
[Grundlage: Referenzvariante 2010 aus UVU-Gutachten (DHI-WASY, 2014)]
Diese Vorgehensweise wurde für alle Wasserwerkseinzugsgebiete. Berücksichtigt wurden bei
der Grundwasserbilanzierung jedoch nur Flächenanteile ab 10 Prozent. Lag ein Wasserwerkseinzugsgebiet mit weniger als 10 Prozent seines Flächenanteils im GWK wurde kein entsprechender Förderanteil in der Grundwasserbilanzierung berücksichtigt. Die Flächenanteile von
> 10 Prozent wurden dann den jeweils benachbarten größeren Flächenanteilen zugeschlagen.
In den nachfolgenden Tabelle 3 bis Tabelle 6 sind die auf Basis der beschriebenen Vorgehensweise resultierenden Grundwasserbilanzen für die GWK Obere Havel (DEGB_DEBE_HAV_
OH_1), Untere Havel (DEGB_DEBE_HAV_UH_1), Untere Spree (DEGB_DEBE_HAV_US1) und
für den Berliner Flächenanteil am GWK Dahme (DEGB_DEBB_HAV_DA_3) für das Mittel im
Zeitraum 2000 bis 2019 dokumentiert. Negative Bilanzkomponenten wurden in den Tabelle 3
bis Tabelle 6 mit einem entsprechend negativen Vorzeichen versehen.
44
betriebsbereite Brunnen BWB
(Stand September 2021)
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Tabelle 3: Mittlere Grundwasserbilanz für den GWK Obere Havel im Zeitraum 2000 bis 2019
Mittel im Zeitraum
WW
WW
WW
2000 bis 2019
Spandau
Tegel
Staaken
Rohwassermenge
–27,4
–45,5
–4,0
(Mio. m³/a)
Uferfiltratanteil (%)
24,3
62,4
0
Uferfiltratanteil
6,6
28,4
0
(Mio. m³/a)
Grundwasser13,8
9,2
0
anreicherung
(Mio. m³/a)
Landseitige GW–7,0
–7,9
–4,0
Förderung im
WW-EZG
(Mio. m³/a)
Anteil der WW-EZG
62
88
73
im GWK (%)
Anteil der landseiti–4,3
–7,0
–2,9
gen GW-Förderung
im GWK (Mio. m³/a)
Grundwasserneubildung im GWK (Mio. m³/a)
Differenz Grundwasserneubildung –
Anteil der landseitigen Grundwasserförderung im GWK (Mio. m³/a)
Weitere
Entnahmen
–1,5
Summe
–78,4
0
0
–
35,0
0
23,0
–1,5
–20,4
100
–
–1,5
–15,7
19,1
3,4
Tabelle 4: Mittlere Grundwasserbilanz für den GWK Untere Havel im Zeitraum 2000 bis 2019
Mittel im Zeitraum
2000 bis 2019
WW
Tiefwerder
WW
Kladow
WW
Beelitzhof
Rohwassermenge
–14,9
–4,5
–34,1
(Mio. m³/a)
Uferfiltratanteil (%)
64,0
58,0
49,0
Uferfiltratanteil
9,5
2,6
16,7
(Mio. m³/a)
Grundwasser0
0
3,5
anreicherung
(Mio. m³/a)1
–5,4
–1,9
–13,9
Landseitige GW-Förderung im
WW-EZG
(Mio. m³/a)
Anteil der WW-EZG
100
100
80
im GWK (%)
Anteil der landseiti–5,4
–1,9
–11,1
gen GW-Förderung
im GWK (Mio. m³/a)
Grundwasserneubildung im GWK (Mio. m³/a)
Differenz Grundwasserneubildung –
Anteil der landseitigen Grundwasserförderung im GWK (Mio. m³/a)
WW
Kleinmachnow
–0,9
WW
Teltow
Weitere
Entnahmen
Summe
–2,0
–2,7
–59,1
0
0
0
0
0
0
–
28,8
0
0
0
3,5
–0,9
–2,0
–2,7
–26,8
48
16
100
–
–0,4
–0,3
–2,7
–21,8
29,5
7,7
1 GW-Anreicherung ohne Berücksichtigung der Rieselfeldbewirtschaftung
45
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Tabelle 5: Mittlere Grundwasserbilanz für den GWK Obere Spree Havel im Zeitraum 2000 bis 2019
Mittel im Zeitraum
2000 bis 2019
WW
Friedrichshagen
Galerie A
bis F und M
–50,01
WW
Wuhlheide
WW
Kaulsdorf
WW
Johannisthal
WW
Tegel
Weitere
Entnahmen
–2,8
–8,4
–45,5
–18,6
–140,5
0
0
55,0
4,6
62,4
28,4
0
0
–
63,1
0
0
9,2
0
9,2
–2,8
–3,8
–7,9
–18,6
–68,3
100
100
12
100
–
–2,8
–3,8
–0,9
–18,6
–40,4
WW
Erkner
Nordfassung
–8,8
–6,4
Rohwassermenge
(Mio. m³/a)
Uferfiltratanteil (%)
55,22
27,6
0,2
Uferfiltratanteil
27,6
2,4
0,01
(Mio. m³/a)
Grundwasser0
0
0
anreicherung
(Mio. m³/a)4
–22,6
–6,4
–6,4
Landseitige GW-Förderung im
WW-EZG
(Mio. m³/a)
Anteil der WW-EZG
345
64
41
im GWK (%)
Anteil der landseiti–7,6
–4,1
–2,6
gen GW-Förderung
im GWK (Mio. m³/a)
Grundwasserneubildung im GWK (Mio. m³/a)
Differenz Grundwasserneubildung –
Anteil der landseitigen Grundwasserförderung im GWK (Mio. m³/a)
1 Der Mittelwert wurde basierend auf den tatsächlichen Förderjahren gebildet.
2 gewichteter Mittelwert der galeriebezogenen Uferfiltratanteile in Anhängigkeit der jeweiligen Rohwasserförderung (Galerie A bis F und M)
3 Förderung des WW Jungfernheide nicht in Mengenbilanz berücksichtigt (seit 2013 eingestellt)
4 GW-Anreicherung ohne Berücksichtigung der Rieselfeldbewirtschaftung
5 gewichteter Mittelwert der galeriebezogenen Einzugsgebiets-Anteile im GWK in Anhängigkeit der jeweiligen
landseitigen GW-Förderung im Gesamt-Einzugsgebiet (Galerie A bis F und M)
46
Summe3
61,9
21,5
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Tabelle 6: Mittlere Grundwasserbilanz für den GWK Dahme (Flächenanteil Berlin) im Zeitraum 2000 bis 2019
Mittel im Zeitraum
2000 bis 2019
WW
Friedrichshagen
Galerie E, F, G, K, L und M
–21,81
WW
Eichwalde
Rohwassermenge
–3,1
(Mio. m³/a)
Uferfiltratanteil (%)
70,4
30,0
Uferfiltratanteil
15,4
0,9
(Mio. m³/a)
Grundwasseranrei0
0
cherung
(Mio. m³/a)
–6,4
–2,2
Landseitige GW-Förderung im
WW-EZG
(Mio. m³/a)
Anteil der WW-EZG
38
16
im GWK (%)
Anteil der landseiti–2,4
–0,4
gen GW-Förderung
im GWK (Mio. m³/a)
Grundwasserneubildung im GWK (Mio. m³/a)
Differenz Grundwasserneubildung –
Anteil der landseitigen Grundwasserförderung im GWK (Mio. m³/a)
Weitere
Entnahmen
Summe
–0,2
–25,1
0
0
–
16,3
0
0
–0,2
–8,8
100
–
–0,2
–3,0
2,1
–0,9
1 Der Mittelwert wurde basierend auf den tatsächlichen Förderjahren gebildet.
2 gewichteter Mittelwert der galeriebezogenen Uferfiltratanteile in Anhängigkeit der jeweiligen Rohwasserförderung (Galerie E, F, G, K, L und M)
3 gewichteter Mittelwert der galeriebezogenen Einzugsgebiets-Anteile im GWK in Anhängigkeit der jeweiligen
landseitigen GW-Förderung im Gesamt-Einzugsgebiet (Galerie E, F, G, K, L und M)
Die in den Tabelle 3 bis Tabelle 5 dokumentierten Werte zeigen, dass trotz hoher Grundwasserentnahmen die Grundwasserbilanz in den GWK im betrachteten Zeitraum 2000 bis 2019
ausgeglichen bis positiv ist. Im GWK Obere Havel verbleibt ein landseitiges Grundwasserdargebot von etwa 3,4 Millionen Kubikmeter pro Jahr (18 Prozent), im GWK Untere Havel von
7,7 Millionen Kubikmeter pro Jahr (26 Prozent) und im GWK untere Spree von 21,5 Millionen
Kubikmeter pro Jahr (35 Prozent). Da die Wasserwerkseinzugsgebiete große Flächenanteile
der GWK einnehmen, das trifft insbesondere für den GWK Obere Havel zu, wird das vorhandene landseitige Grundwasserdargebot zu einem großen Teil ausgeschöpft. Die ausgeglichene
bis positive Bilanz für das landseitige Grundwasserdargebot in den GWK Obere und Untere
Havel sowie Untere Spree wird in Verbindung mit den im Nachfolgenden beschriebenen
Ergebnissen der Trendanalyse als guter mengenmäßiger Zustand gewertet. Dabei sei angemerkt, dass Bewertungsansätze aus Flächenländern nicht auf die besondere Situation Berlins
als dichtbesiedelter Stadtstaat, welcher sein Trinkwasser fast vollständig aus dem Stadtgebiet
fördert, übertragbar sind.
Die Grundwasserbilanzierung für den Berliner Anteil am GWK Dahme ergibt unter Verwendung der aktuellen Ergebnisse aus Bodenwasserhaushaltsmodellierung mit ArcEGMO eine
Übernutzung des landseitigen Grundwasserdargebots von 0,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr
(–43 Prozent). Aufgrund des mit 3 Prozent sehr geringen Berliner Flächenanteils am GWK Dahme sind die Ergebnisse jedoch nicht repräsentativ für den gesamten GWK (DEGB_DEBE_HAV_
DA_3). Der mengenmäßige Zustand für den gesamten GWK wurde durch das Land Brandenburg als gut bewertet (https://geoportal.bafg.de/birt_viewer/frameset?__report=GW_WKSB.
rptdesign&__navigationbar=false¶m_wasserkoerper=DE_GB_DEBB_HAV_DA_3). Neben
der mengenmäßigen Bewertung gemäß WRRL, liegt zudem eine aktuelle Veröffentlichung
zur Wasserversorgungsplanung Brandenburgs vor (https://lfu.brandenburg.de/sixcms/media.
php/9/Wasserversorgungsplan_barrierefrei.pdf).
47
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Die Bilanzgebiete weichen hier zwar von den betrachteten GWK ab, dennoch ist für den relevanten Bereich auch hier eine günstige Dargebotssituation mit mittlerer Auslastung dokumentiert.
Ergänzend zu den durchgeführten Grundwasserbilanzbetrachtungen erfolgte gemäß den
Empfehlungen des Sachstandsberichts der LAWA „Fachliche Umsetzung der EG-WRRL, Teil 5,
Bundesweit einheitliche Methode zur Beurteilung des mengenmäßigen Zustands“ (LAWA, 2011)
eine Trendanalyse auf Basis langjähriger Grundwasserganglinien, um die aus der Bilanzierung
resultierenden Ergebnisse zu verifizieren. Dazu wurden die bereits in der Bestandsaufnahme
2004 [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2004] ausgewerteten 42 Messstellen
herangezogen und entsprechend der optimierten Datenlage um 30 Messstellen ergänzt.
Eine Auswertung der Brandenburger Messstellen in den Flächenanteilen der GWK Obere und
Untere Havel sowie untere Spree außerhalb von Berlin war Bestandteil der Auswertung, jedoch
werden im Länderbericht nur die Ergebnisse der Berliner Messstellen dokumentiert. Für die
Einstufung der GWK hinsichtlich ihres mengenmäßigen Zustands ergeben sich keine Veränderungen durch die Berücksichtigung der Ergebnisse an den Brandenburger Messstellen.
Die Auswertung erfolgte gemäß Vorgabe der GrwV auf Basis einer linearen Regression in
Verbindung mit einem Ausreißertest für den Zeitraum 1990 bis 2019. Anwendung fand das Verfahren nach (Grimm-Strehle, 2003) für die Bewertung der Ganglinien. Dieses sieht folgende
Vorgaben für die Bearbeitung vor:
— Lokale Effekte sind nicht relevant, das heißt, die Messstellen müssen außerhalb des unmittelbaren Entnahmebereichs der Wasserwerke und der Eigenwasserversorgungsanlagen
liegen.
— Die Messstellen sollen sich über einen Zeitraum von 30 Jahren erstrecken.
— Die Datenreihen haben keine signifikanten zeitlichen Lücken.
— Zur Bewertung wird folgendes Verhältnis gebildet (entspricht Prozent pro Jahr):
Steigung der Regressionsgeraden (in Zentimeter pro Jahr)
Spannweite der Extremwerte in der Zeitreihe (in Meter)
— Bewertungsmatrix:
unter –2 Prozent pro Jahr:
stark fallend
von –2 bis –1 Prozent pro Jahr: fallend
von –1 bis +1 Prozent pro Jahr: gleichbleibend
von +1 bis +2 Prozent pro Jahr: steigend
über +2 Prozent pro Jahr:
stark steigend
In Abbildung 23 sind alle in der Analyse berücksichtigten Messstellen mit ihrem Ergebnis
hinsichtlich ihres Trends für den ausgewerteten Zeitraum 1990 bis 2019 dargestellt. Von den
insgesamt 72 ausgewerteten Grundwassermessstellen weisen gemäß oben aufgeführter Bewertungsmatrix 45 Messstellen einen gleichbleibenden Trend, 21 Messstellen einen steigenden
und 3 Messstellen einen stark steigenden Trend auf, was zusammengefasst einem Anteil von
95,8 Prozent entspricht. Nur an drei Messstellen (4,2 Prozent) westlich der Unteren Havel ist
lokal begrenzt ein Negativtrend vorhanden, auf dessen Ursache im folgenden Abschnitt näher
eingegangen wird.
48
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Im Bereich des Grundwasserkörpers Untere Havel BE ergibt sich aus der Summe der positiven
Bilanzglieder von Grundwasserneubildung, Uferfiltrat und GW-Anreicherung ein Grundwasserdargebot von etwa 63,8 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Dieses steht einer Nutzung von
insgesamt 56,2 Millionen Kubikmeter pro Jahr gegenüber. Damit ergibt sich ein Überschuss
von circa 12 Prozent. Im Grundwasserkörper Obere Havel BE liegt der Anteil des ungenutzten
Grundwasserdargebots bei etwa 6,5 Prozent. Hier steht der Summe der positiven Bilanzglieder von 81,7 Millionen Kubikmeter pro Jahr eine Gesamtentnahme von 74,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr gegenüber. Im Bereich des Grundwasserkörpers Untere Spree BE betrug das
Grundwasserdargebot etwa 108,8 Millionen Kubikmeter pro Jahr und die Entnahme etwa 87,1
Millionen Kubikmeter pro Jahr. Der ungenutzte Anteil des Grundwasserdargebots betrug damit
circa 20 Prozent.
Im Grundwasserkörper Dahme BB (Flächenanteil Berlin) liegt die ungenutzte Grundwasserreserve bei etwa 7 Prozent. Hier steht der Summe aller positiven Bilanzglieder von 10,4 Millionen
Kubikmeter pro Jahr eine Gesamtentnahme von 9,6 Millionen Kubikmeter pro Jahr gegenüber.
Die Zahlen belegen, dass trotz hoher Grundwasserentnahmen die Bilanz in den einzelnen
Grundwasserkörpern ausgeglichen bis positiv ist.
Ergänzend zu den durchgeführten Bilanzbetrachtungen erfolgte eine Trendanalyse auf Basis
langjähriger Grundwasserganglinien, um die aus der Bilanzierung resultierenden Ergebnisse
zu verifizieren. Dazu wurden die bereits in der Bestandsaufnahme 2004 [Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2004] ausgewerteten 42 Messstellen herangezogen und entsprechend der optimierten Datenlage um 30 Messstellen ergänzt.
Die Auswertung erfolgte gemäß Vorgabe der GrwV auf Basis einer linearen Regression in
Verbindung mit einem Ausreißertest für den Zeitraum 1990 bis 2019. Anwendung fand das Verfahren nach [Grimm-Strehle, 2003] für die Bewertung der Ganglinien. Dieses sieht folgende
Vorgaben für die Bearbeitung vor:
— Lokale Effekte sind nicht relevant, das heißt, die Messstellen müssen außerhalb des unmittelbaren Entnahmebereichs der Wasserwerke und der Eigenwasserversorgungsanlagen
liegen.
— Die Messstellen sollen sich über einen Zeitraum von 30 Jahren erstrecken.
— Die Datenreihen haben keine signifikanten zeitlichen Lücken.
— Zur Bewertung wird folgendes Verhältnis gebildet (entspricht Prozent pro Jahr):
Steigung der Regressionsgeraden (in Zentimeter pro Jahr)
Spannweite der Extremwerte in der Zeitreihe (in Meter)
— Bewertungsmatrix:
unter −2 Prozent pro Jahr:
stark fallend
von −2 bis −1 Prozent pro Jahr: fallend
von −1 bis +1 Prozent pro Jahr: gleichbleibend
von +1 bis +2 Prozent pro Jahr: steigend
über +2 Prozent pro Jahr:
stark steigend
In Abbildung 22 sind alle in der Analyse berücksichtigten Messstellen mit ihrem Ergebnis
hinsichtlich ihres Trends für den ausgewerteten Zeitraum 1990 bis 2019 dargestellt. Von den
insgesamt 72 ausgewerteten Grundwassermessstellen weisen gemäß oben aufgeführter Bewertungsmatrix 45 Messstellen einen gleichbleibenden Trend, 21 Messstellen einen steigenden
und 3 Messstellen einen stark steigenden Trend auf, was zusammengefasst einem Anteil von
95,8 Prozent entspricht. Nur an drei Messstellen (4,2 Prozent) westlich der Unteren Havel ist
lokal begrenzt ein Negativtrend vorhanden, auf dessen Ursache im folgenden Abschnitt näher
eingegangen wird.
49
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
WRRL GWM (mengenmäßiger Zustand)
30jähriger Trend nach Grimm-Stehle
–2 bis –1 % (fallend)
–1 bis 1 % (gleichbleibend)
1 bis 2 % (steigend)
Friedrichshagen
Obere Havel 1 Berlin
(DEGB_DEBE_HAV_OH_1)
Untere Havel 1 Berlin
(DEGB_DEBE_HAV_UH_1)
8977
9588
153
79 Johannisthal
797
Teltow
132
Abbildung 23: Grundwassermessstellen mit Trendauswertung
50
0
±
2.5
5
1295
1228
728
1296
Kleinmachnow
97175
775
Kladow
Beelitzhof
4013
4005
4003 1667
Tiefwerder
7050
1733
700
711
833
426
767
147
522
440
520
1540
Spandau
Staaken
129
231
130
744
749
214
561
760
34
1079
Tegel
6023
810
1154
1526
902
903
1146
1
6108
1135
145
176
3 201
200
26
777
88
795
8464
5150
5351
8226
5169
8213
(Stand September 2021)
10 Kilometer
betriebsbereite Brunnen BWB
95
Gewässer
800
Stadtgrenze
Wuhlheide
Wasserfassungen Brandenburg
9909
8349
(DEGB_DEBB_HAV_DA_3)
5430
Kaulsdorf
Dahme 3 Brandenburg
5428
8979
(DEGB_DEBE_HAV_US_1)
Esri, HERE,
Untere Spree 1 Berlin
Eichwalde
8287
Grundwasserkörper (Stand 2019)
Erkner
9331
> 1 % (stark steigend)
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Nachfolgend sind die Ergebnisse der Trendanalyse getrennt für die in Berlin vorkommenden
Grundwasserkörper (GWK) beschrieben.
GRUNDWASSERKÖRPER UNTERE HAVEL
Im Bereich des GWK Untere Havel wurden die langjährigen Ganglinien für 20 Messstellen,
die weitgehend unbeeinflusst von den Absenktrichtern der Wasserwerke und Eigenwasserversorgungsanlagen sind, für den Zeitraum 1990 bis 2019 ausgewertet. Für zwölf der Messstellen
ergab die Analyse einen gleichbleibenden Trend, fünf Messstellen weisen einen steigenden
Trend und drei Messstellen einen fallenden Trend auf.
30,5
4.500
30,0
3.600
29,5
2.700
29,0
1.800
28,5
900
linear (1667 (30 Jahre))
Verrieselung
0
Dez. 2019
Dez. 2017
Dez. 2015
Dez. 2013
Dez. 2011
Dez. 2009
Dez. 2007
Dez. 2005
Dez. 2003
Dez. 1999
Dez. 1997
Dez. 1995
Dez. 1993
Jan. 1992
Jan. 1990
Dez. 2001
Linearer Trend (30 Jahre): y = 8,4E−05x + 3,2E+01
32,5
1667 (30 Jahre)
jährliche Verrieselung in 1.000 m2/a
Sulfatkonzentration in mg/l
Letztere liegen westlich der Havel im Ortsteil Kladow. Der Rückgang ist nicht auf einen Anstieg
der Förderung in den nahegelegenen Wasserwerken Kladow und Beelitzhof zurückzuführen
(vergleiche Abbildung 17). Naheliegend ist ein Zusammenhang mit der Einstellung der nördlich
angrenzenden Rieselfeldbewirtschaftung Karolinenhöhe im Jahr 2010. In der folgenden Abb.
24 ist die jährliche aufgebrachte Wassermenge den Grundwasserständen an der Messstelle
1667 gegenübergestellt (Lage siehe Abbildung 23). Mit dem Rückgang der Verrieselung ist
ebenfalls ein Abfall des Grundwasserstands in den nahegelegenen Grundwassermessstellen
zu verzeichnen. Als weiterer Einfluss für die nach 2010 weiter fallenden Grundwasserstände
können die sehr warmen Jahre ab 2014 verbunden mit geringen Niederschlägen mit Ausnahme von 2017 angesehen werden. Vergleichbare Phänomene werden ebenfalls im DWD-Klimareport für einige Standorte in Brandenburg beschrieben (DWD, 2019).
Grundwasserstelle Nr. 1667
Abbildung 24: 30jährige Grundwasserstandsentwicklung an der Messstelle 1667 (1990 bis 2019) mit linearem
Trend und Trendbewertung nach Grimm-Strehle −1,9 Prozent pro Jahr = fallend (GWK Untere Havel)
Nördlich und südlich von Kladow in den Ortsteilen Wilhelmstadt und Wannsee sowie östlich
der Havel zeigen die langjährigen Ganglinien überwiegend einen gleichbleibenden Trend.
Im Bereich der Teltow-Hochfläche zwischen der Grunewaldseenkette und dem Teltowkanal
ist in fünf Messstellen ein ansteigender Trend zu verzeichnen. Als Ursache wird der generelle
Rückgang der Trinkwasserförderung in den 1990er-Jahren insbesondere in dem Wasserwerk
Beelitzhof angesehen. Zusätzlich wurde die, wenn auch geringe, Förderung im Wasserwerk
Riemeisterfenn, Mitte der 1990er-Jahre eingestellt.
Gesamtheitlich betrachtet ist der mengenmäßige Zustand des GWK Untere Havel trotz lokal
vorhandenem Negativtrend als gut zu bewerten.
51
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
GRUNDWASSERKÖRPER OBERE HAVEL
Für den GWK Obere Havel wurden die langjährigen Ganglinien an 19 Messstellen für den
Zeitraum 1990 bis 2019 ausgewertet. Für zwölf der Messstellen ergab die Analyse einen
gleichbleibenden Trend und sieben Messstellen weisen einen steigenden Trend auf (vergleiche
Abbildung 25).
Die Messstellen mit gleichbleibendem Trend liegen in den Ortsteilen Staaken, Hakenfelde und
im Spandauer Forst sowie nordwestlich bis nördlich des Tegeler Sees in den Ortsteilen Konradshöhe, Heiligensee und Frohnau. Etwa östlich und nordöstlich des Tegeler Sees im Umfeld
des Flughafens Tegel sowie in den Ortsteilen Wittenau und Hermsdorf weisen die langjährigen
Ganglinien einen steigenden Trend auf. Letzterer ist auf die rückläufige Trinkwasserförderung
im Wasserwerk Tegel in den 1990er-Jahren zurückzuführen. Seit 2000 unterliegt die Förderung
des Wasserwerks Tegel nur noch geringeren saisonalen Schwankungen, was sich auch in den
entsprechenden Ganglinien widerspiegelt. Exemplarisch ist in der folgenden Abbildung 25 die
Ganglinie der Messstelle 201 dargestellt.
34,5
201 (30 Jahre)
34,0
33,5
33,0
Dez. 2019
Dez. 2017
Dez. 2015
Dez. 2013
Dez. 2011
Dez. 2009
Dez. 2007
Dez. 2001
Dez. 1999
Dez. 1997
Dez. 1995
Dez. 1993
Jan. 1992
Jan. 1990
Dez. 2005
Linearer Trend (30 Jahre): y = 4,0E−05x + 3,2E+01
32,5
Dez. 2003
Sulfatkonzentration in mg/l
linear (201 (30 Jahre))
Grundwasserstelle Nr. 201
Abbildung 25: 30jährige Grundwasserstandsentwicklung an der Messstelle 201 (1990 bis 2019) mit linearem
Trend und Trendbewertung nach Grimm-Strehle +1,2 Prozent pro Jahr = steigend (GWK Obere Havel)
Sowohl die Ergebnisse der Trendanalyse als auch die Bilanz für den GWK Obere Havel weisen
einen guten mengenmäßigen Zustand nach.
GRUNDWASSERKÖRPER UNTERE SPREE
Für den flächenmäßig größten GWK Untere Spree wurden die langjährigen Ganglinien von
32 Messstellen ausgewertet. Davon weisen 20 Messstellen einen gleichbleibenden, 9 Messstellen einen steigenden und 3 Messstellen einen stark steigenden Trend auf. Die Messstellen
mit steigenden Grundwasserständen konzentrieren sich überwiegend auf den westlichen Bereich des GWK Untere Spree (Ortsteile Charlottenburg, Schöneberg, Tiergarten, Moabit). Hier
weisen die nahegelegenen Messstellen in den angrenzenden GWK Obere und Untere Havel
ebenfalls steigende Grundwasserstände auf (siehe Abbildung 23). Die Ganglinien steigen
nahezu alle ab etwa Ende 1992 bis Mitte 1993. Dies korrespondiert, wie bereits in vorgegangenen Anschnitten zu den GWK Untere und Obere Havel ausgeführt, mit der rückläufigen
Trinkwassergewinnung der Berliner Wasserbetriebe mit Beginn der 1990er-Jahre. Darüber
hinaus wurde 2001 die Förderung im Wasserwerk Jungfernheide deutlich reduziert und der Betrieb 2013 vollständig eingestellt (siehe auch Kapitel 5.2.1.1).
52
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Eine weitere Ursache für den Anstieg dürfte im Rückgang der Grundwasserförderung für Bauwasserhaltungen liegen. Insbesondere im Umfeld des Tiergartens wurden Anfang der 2000erJahre zahlreiche Baumaßnahmen fertiggestellt und damit verbundene Bauwasserhaltungen
beendet (Abbildung 26).
32,0
760 (30 Jahre)
31,5
31,0
30,5
Dez. 2019
Dez. 2017
Dez. 2015
Dez. 2013
Dez. 2011
Dez. 2009
Dez. 2007
Dez. 2001
Dez. 1999
Dez. 1997
Dez. 1995
Dez. 1993
Jan. 1992
Jan. 1990
Dez. 2005
Linearer Trend (30 Jahre): y = 3,8E−05x + 3,0E+01
30,0
Dez. 2003
Sulfatkonzentration in mg/l
linear (760 (30 Jahre))
Grundwasserstelle Nr. 760
Abbildung 26: 30jährige Grundwasserstandsentwicklung an der Messstelle 760 (1990 bis 2019) mit linearem
Trend und Trendbewertung nach Grimm-Strehle +1,3 Prozent pro Jahr = steigend (GWK Obere Spree)
Im restlichen Bereich des GWK Untere Spree weisen die Messstellen überwiegend einen
gleichbleibenden Trend auf. Der stark steigende Trend an der am nördlichen Stadtrand gelegenen Messstelle 8213 ist durch die Abschaltung des Wasserwerks Buch (Ende 1997) bedingt.
Sowohl die Ergebnisse der Trendanalyse als auch die Bilanz für den GWK Untere Spree weisen
einen guten mengenmäßigen Zustand nach.
GRUNDWASSERKÖRPER DAHME
Für den mit 3 Prozent sehr geringen Flächenanteil des GWK Dahme auf dem Berliner Stadtgebiet gibt es nur eine Messstelle, die unbeeinflusst von den Wasserwerksentnahmen ist und
eine ausreichend lange Messreihe aufweist. Sie zeigt einen gleichbleibenden Trend (siehe
Abbildung 27).
Auf gleichbleibende Verhältnisse deuten ebenfalls die an der Grenze des GWK Untere Spree
liegenden Messstellen 153, 800, 8979, 5428 und 9331 (vergleiche Abbildung 23).
Die Grundwasserbilanz für den Berliner Flächenanteil des GWK Dahme fällt basierend auf der
neu berechneten Grundwasserneubildung mit ArcEGMO zwar negativ aus, ist jedoch aufgrund
des sehr geringen Flächenanteils nicht repräsentativ für den gesamten GWK. Das Land Brandenburg bewertet den mengenmäßigen Zustand des GWK Dahme als gut (https://geoportal.
bafg.de/birt_viewer/frameset?__report=GW_WKSB.rptdesign&__navigationbar=false¶m_wasserkoerper=DE_GB_DEBB_HAV_DA_3).
53
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
34,5
5430 (30 Jahre)
34,0
33,5
33,0
Dez. 2019
Dez. 2017
Dez. 2015
Dez. 2013
Dez. 2011
Dez. 2009
Dez. 2007
Dez. 2001
Dez. 1999
Dez. 1997
Dez. 1995
Dez. 1993
Jan. 1992
Jan. 1990
Dez. 2005
Linearer Trend (30 Jahre): y = 1,3E−05x + 3,3E+01
32,5
Dez. 2003
Sulfatkonzentration in mg/l
linear (5430 (30 Jahre))
Grundwasserstelle Nr. 5430
Abbildung 27: 30jährige Grundwasserstandsentwicklung an der Messstelle 5430 (1990 bis 2019) mit linearem
Trend und Trendbewertung nach Grimm-Strehle +0,5 Prozent pro Jahr = gleichbleibend (GWK Dahme)
ZUSAMMENFASSENDE BEWERTUNG DES MENGENMÄSSIGEN ZUSTANDS
Gemäß [LAWA, 2011] liegt ein Risiko bezüglich der Menge für den Grundwasserleiter vor,
wenn mehr als 33 Prozent der Messstellen in einem GWK einen fallenden oder stark fallenden Trend aufweisen sowie die Grundwasserbilanz nicht ausgeglichen ist. Dies ist in keinem
der in der Zuständigkeit Berlins liegenden GWK der Fall. Die Grundwasserbilanz ist in den
GWK Obere und Untere Havel sowie Untere Spree ausgeglichen bis positiv. Fallende Grundwasserstände werden im gesamten Stadtgebiet lediglich an drei Grundwassermessstellen im
GWK Untere Havel beobachtet. Bezogen auf die 20 Grundwassermessstellen in diesem GWK
entspricht dies einem Anteil von 15 Prozent mit fallendem Trend. Entsprechend liegt auch hier
nach LAWA (2011) kein mengenmäßiges Risiko vor. Dennoch wird in den kommenden Jahren
in diesem Gebiet das Monitoring der Grund- und Oberflächenwasserstände intensiviert, um
die Ursachen der fallenden Grundwasserstände detailliert zu untersuchen und gegebenenfalls
geeignete Maßnahmen einzuleiten.
Trotz des guten mengenmäßigen Zustands der GWK Obere und Untere Havel sowie Untere
Spree mit derzeit ausgeglichenen bis positiven Wasserbilanzen bestehen Unsicherheiten,
ob der gute mengenmäßige Zustand auch zukünftig gewahrt werden kann. Insbesondere
mit Blick auf die bereits erfolgten und zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels besteht
Untersuchungsbedarf. Durch den bereits zu beobachtenden und zukünftig prognostizierten
An-stieg der Temperaturen in der Atmosphäre und der damit einhergehenden Verlängerung
der Vegetationsperiode wird die Evapotranspiration entsprechend ansteigen. Bei gleichzeitiger Stagnation oder Verringerung der Niederschläge hat dies zwangsläufig eine Reduzierung
der natürlichen Grundwasserneubildung zu Folge, welche durch langanhaltenden Trockenperioden noch verstärkt wird. Um die Einflüsse des Klimawandels auf den aktuellen Zustand zu
untersuchen, wurde eine zusätzliche Trendberechnung auf Basis der Grundwasserstände der
letzten 20 Jahren (statt der im vorliegenden Bericht gemäß den LAWA-Handlungsempfehlungen (2011) zugrunde gelegten 30 Jahre) durchgeführt. Diese lässt eine deutliche Zunahme von
Messstellen mit fallendem Trend erkennen, auch wenn der Anteil an Messstellen mit fallendem
Trend den Grenzwert von 33 Prozent auch bei dieser Betrachtung noch nicht überschreiten.
54
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Im Rahmen der Aufstellung des Berliner „Masterplans Wasser“ (siehe Kapitel 7.3) wurden erste,
überschlägige Bilanzen zur Entwicklung des Grundwasserdargebots für die Einzugsgebiete
der Berliner Wasserwerke berechnet. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass in einigen Wasserwerkseinzugsgebieten bereits heute das Grundwasserdargebot vollständig oder nahezu
ausgeschöpft ist. Diesen überschlägigen Bilanzen sind jedoch mit einer Reihe an Unsicherheiten verbunden. Darüber hinaus können aus der Betrachtung der Wasserwerkseinzugsgebiete
keine belastbaren Rückschlüsse auf die Dargebotsentwicklung in den GWK gezogen werden.
Dennoch geben die Ergebnisse deutliche Hinweise, dass der Druck auf die Grundwasserressourcen angesichts einer wachsenden Bevölkerung bei gleichzeitig abnehmender Grundwasserneubildung spürbar steigen wird. Auf den vorliegenden Ergebnissen zur Grundwasserneubildung aus der Bodenwasserhaushaltsmodellierung für den Zeitraum 1961 bis 2020 auf Basis
von ArcEGMO sollen weitere vertiefte Analysen mit numerischen Modellen zur potenziellen
Entwicklung des Grundwasserdargebots unter veränderten zukünftigen Rahmenbedingungen
durchgeführt werden.
5.2.1.4 Grundwasserabhängige Landökosysteme
Der gute Zustand des Grundwassers erfordert nach WRRL auch den Schutz grundwasserabhängiger Landökosysteme (gwaLös). Gemäß Anhang V WRRL darf der Grundwasserstand
keinen anthropogenen Veränderungen unterliegen, die zu einer signifikanten Schädigung der
gwaLös führen. Ebenso muss die chemische Zusammensetzung des Grundwasserkörpers so
beschaffen sein, dass diese Ökosysteme nicht signifikant geschädigt werden. Als bedeutende
grundwasserabhängige Ökosysteme wurden in Berlin grundwasserabhängige Biotope und
Lebensraumtypen in den FFH- und Vogelschutzgebieten sowie Natur- und Landschaftsschutzgebieten identifiziert.
Mit Blick auf Veränderungen des Grundwasserstandes berücksichtigt die WRRL keine bereits
lange zurückliegenden „historischen“ Zustände oder Veränderungen [LAWA, 2012]. Das bedeutet, dass die vor Inkrafttreten der WRRL im Jahr 2000 bestehenden Veränderungen des
Grundwasserstandes (in Berlin etwa aufgrund der seit Jahrzehnten bestehenden flächenhaften
Absenkung des Grundwasserstandes durch die Förderung von Rohwasser zur Trinkwassergewinnung) und die damit verbundenen negative Veränderung der gwaLös bei der Bewertung
des mengenmäßigen Grundwasserzustands nicht berücksichtigt werden. Im Sinne der Richtlinie von Bedeutung sind wohlgleich jegliche weiteren Veränderungen nach Verabschiedung
der Richtlinie, durch die eine signifikante Schädigung hervorgerufen wurde oder wird. Dabei
ist eine Gefährdung bereits dann zu konstatieren, wenn die Schädigung eines Ökosystems
beginnt oder zu erwarten ist [Erftverband, 2003].
Der Großteil der in Berlin ausgewiesenen gwaLös liegt in den Einzugsgebieten der Wasserwerke. Viele der betroffenen Ökosysteme unterliegen daher bereits jahrzehntelang zurückliegenden Schädigungen, welche als fortwährender Prozess weiterwirken und durch klimatische
Veränderungen verstärkt und überlagert werden.
Die SenUMVK hat die Entwicklung der Grundwasserstände mit Blick auf ihre hydrogeologischen Auswirkungen auf grundwasserabhängige Biotope und Lebensraumtypen in den FFHund Vogelschutzgebieten sowie Natur- und Landschaftsschutzgebieten geprüft. Der Zeitraum
für die Trendbetrachtung beträgt dabei gemäß Handlungsempfehlung der LAWA [Erftverband,
2003] 30 Jahre (1990 bis 2019). Einige Grundwassermessstellen umfassen jedoch nur kürzere
Zeitreihen. Daher werden neben den Auswertungen von Zeitreihen über 30 Jahre auch kürzere
Zeitreihen (20 Jahre) nach dem Verfahren von Grimm-Strele ausgewertet. Der Bezugszeitraum
für Grundwasserstandsveränderungen wird ebenfalls gemäß der oben genannte Handlungsempfehlungen der LAWA mit dem Zeitraum vor Inkrafttreten der WRRL (1991 bis einschließlich
2000) festgelegt.
55
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Ausgewertet und als relevant charakterisiert wurden Grundwassermessstellen (GWMS), die
folgenden Kriterien entsprechen:
— Filterstrecke der GWMS oberflächennah (bis auf wenige begründbare Ausnahmen unter
10 Meter unter Geländeoberkante, zum Beispiel im Grunewald aufgrund der Lage der
gwaLös in morphologischen Senken);
— Filterstrecke oberhalb eventuell vorhandener bindiger Schichten;
— ausreichende Datenlage (möglichst mindestens 1 Wert pro Monat) über die betrachteten
Zeiträume (1991 bis 2000 und 2000 bis 2019);
— die GWMS befinden sich im Nahbereich der gwaLös (Abstand unter 500 Meter);
— die GWMS liegen außerhalb des unmittelbaren Einflusses von Grundwasserabsenkungen
beziehungsweise außerhalb des unmittelbaren Absenkungstrichters einer Grundwasserentnahme (keine Betrachtung von GWMS im Fassungsbereich (Zone I von Wasserschutzgebieten) und im engeren Wasserschutzgebiet (Zone II)).
Gemäß LAWA-Handlungsempfehlung liegt eine signifikante Schädigung vor, wenn sich ab
dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der WRRL der mittlere jährliche Grundwasserflurabstand
gegenüber dem langjährigen Mittel (1991 bis 2000) um mehr als 0,3 Meter in empfindlichen
oder mehr als 0,5 Meter in weniger empfindlichen Ökosystemen verändert. Gebiete, in denen
der Grundwasserstand bereits vor Inkrafttreten der WRRL durch die jahrzehntelange Grundwasserabsenkung zur Trinkwassergewinnung außerhalb des biotoptypverträglichen Bereichs
lag, werden nicht in die Betrachtung einbezogen. Als Referenzwert wird hierbei der Mittelwert
der letzten zehn Jahre vor Inkrafttreten der WRRL (1991 bis einschließlich 2000) herangezogen
[Erftverband, 2003]. Ebenfalls nicht betrachtet wurden Standorte, für die aktuell noch keine
gesicherten Erkenntnisse zur Grundwasserabhängigkeit der Ökosysteme vorliegen.
Eine Liste der für die Bewertung der bedeutenden gwaLös verwendeten GWMS mit dem jeweiligen Ergebnis der Trendauswertung sowie der Abweichung des mittleren jährliche Grundwasserflurabstands (ab 2000) gegenüber dem langjährigen Mittel im Zeitraum von 1991 bis 2000
enthält Tabelle 15 in Anlage 10.2.
Im Bereich Spandauer Forst zeigt die Auswertung der relevanten Grundwassermessstellen
einen gleichbleibenden Trend für den Zeitraum 1990 bis 2019 (Trendanalyse nach dem Verfahren nach GRIMM-STRELE (2003)). Die Lage der Grundwassermessstellen und grundwasserabhängigen Landökosysteme ist in Abbildung 28 dargestellt. Es wird an keiner der relevanten Grundwassermessstellen eine Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes
im Betrachtungszeitraum (2000 bis 2019) von über 0,3 Meter im Vergleich zum mittleren
Grundwasserstand des Referenzzeitraumes (1991 bis 2000) verzeichnet. Es kann daher für den
Spandauer Forst davon ausgegangen werden, dass im Betrachtungszeitraum keine signifikanten Schädigungen aufgrund von Veränderungen des Grundwasserstandes nach Inkrafttreten
der WRRL aufgetreten sind.
56
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
0
1.250
2.500
5.000
Meter
Abbildung 28: Lage der verwendeten Grundwassermessstellen für die Beurteilung der hydrogeologischen Auswirkungen auf grundwasserabhängige Landökosysteme im Bereich Spandauer Forst und Grunewald (GWMS
als rote Punkte, gwaLös als grüne Flächen)
57
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Im Bereich Köpenick befinden sich bedeutende gwaLös in den Bereichen Gosener Kanal,
Krumme Lake Müggelspreeniederung, Teufelsmoor, Krumme Lake Grünau, Neue Wiesen und
im Erpetal (Abbildung 29).
GOSENER KANAL
Für den Bereich südöstlich des Gosener Kanals liegen weder geeignete Messstellen, noch ausreichend langen Messreihen vor, um eine Trendanalyse vorzunehmen. Aufgrund der hydrogeologischen Situation kann aber davon ausgegangen werden, dass östlich des Gosener Kanals
keine signifikante Beeinflussung durch die Galerien westlich des Kanals erfolgt, da sich die
Absenkungstrichter der Galerien aufgrund der hydraulischen Situation (Uferfiltration) nicht bis
auf die Gebiete südöstlich des Gosener Kanals erstrecken (vergleiche unter anderem Grundwassergleichenplan von Berlin im Geoportal Berlin (FIS Broker)).
KRUMME LAKE MÜGGELSPREENIEDERUNG
Für den Bereich der Krummen Lake in der Müggelspreeniederung südlich der Müggelspree
zeigen fünf von sechs (83 Prozent) der relevanten Messstellen einen gleichbleibenden Trend
an. Für zwei der fünf GWMS mit gleichbleibendem Trend liegen ausreichend lange Messreihen
vor, um eine Trendbetrachtung über 30 Jahre durchzuführen (1990 bis 2019) und für drei der
fünf GWMS wird der Trend anhand von 20 Jahren berechnet (2000 bis 2019). An einer der
sechs GWMS wurde ein fallender Trend bei einer Trendbetrachtung über 20 Jahre festgestellt.
An keiner der untersuchten Grundwassermessstellen ist eine Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes im Betrachtungszeitraum (2000 bis 2019) von über 0,3 Meter im
Vergleich zum mittleren Grundwasserstand des Referenzzeitraumes (1991 bis 2000) festzustellen. In Ermangelung ausreichend langer Messreihen wurde bei zwei GWMS der Zeitraum
1996 bis 2000 als Referenzzeitraum herangezogen. Es kann daher für diesen Bereich davon
ausgegangen werden, dass keine signifikanten Schädigungen aufgrund von Veränderungen
des Grundwasserstandes nach Inkrafttreten der WRRL aufgetreten sind.
TEUFELSMOOR
Für den Bereich des Teufelsmoors zeigen beide relevanten Messstellen einen gleichbleibenden Trend für den Zeitraum 1990 bis 2019 an. An keiner der beiden Messstellen ist eine
Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes im Betrachtungszeitraum (2000
bis 2019) von über 0,3 Meter im Vergleich zum mittleren Grundwasserstand des Referenzzeitraumes (1991 bis 2000) festzustellen. Es kann daher für den Bereich des Teufelsmoors davon
ausgegangen werden, dass keine signifikanten Schädigungen aufgrund von Veränderungen
des Grundwasserstandes nach Inkrafttreten der WRRL aufgetreten sind.
KRUMME LAKE GRÜNAU
Für den Bereich der Krumme Lake Grünau liegt für die Bewertung lediglich eine geeignete
Grundwassermessstelle vor. Diese zeigt einen gleichbleibenden Trend für den Zeitraum 2000
bis 2019 an. Es ist an dieser GWMS keine Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes im Betrachtungszeitraum (2000 bis 2019) von über 0,3 Meter im Vergleich zum mittleren Grundwasserstand des Referenzzeitraumes (1991 bis 2000) festzustellen. Es kann daher für
den Bereich der Krummen Lake Grünau davon ausgegangen werden, dass keine signifikanten
Schädigungen aufgrund von Veränderungen des Grundwasserstandes nach Inkrafttreten der
WRRL aufgetreten sind.
NEUE WIESEN
Für den Bereich Neue Wiesen liegt für die Bewertung lediglich eine geeignete Messstelle vor.
Diese zeigt einen fallenden Trend für den Zeitraum 2000 bis 2019. Allerdings ist an dieser
GWMS keine Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes im Betrachtungszeitraum (2000 bis 2019) von über 0,3 Meter im Vergleich zum mittleren Grundwasserstand des
Referenzzeitraumes (1991 bis 2000) festzustellen. Es kann daher für den Bereich der Neuen
Wiesen davon ausgegangen werden, dass keine signifikanten Schädigungen aufgrund von
Veränderungen des Grundwasserstandes nach Inkrafttreten der WRRL aufgetreten sind.
58
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
0
500
1.000
2.000
Meter
Abbildung 29: Lage der verwendeten Grundwassermessstellen für die Beurteilung der hydrogeologischen Auswirkungen auf grundwasserabhängige Landökosysteme im Bereich Friedrichshagen bis Seddinsee (GWMS als
rote Punkte, gwaLös als grüne Flächen)
ERPETAL
Für eine Bewertung der hydrogeologischen Situation des Erpetals liegen keine geeigneten
Messstellen vor, um eine Bewertung vorzunehmen, da diese in sehr geringer Entfernung (unter
400 Meter) zur Galerie A des Wasserwerks Friedrichshagen liegen. Anhand der Grundwasserstandsdaten ist der deutliche Einfluss der Förderaktivität der Galerie A zu erkennen und es
ist ersichtlich, dass die Förderung zum Ende des Jahres 2016 wiederaufgenommen und ab
Anfang 2017 auf konstantem Niveau beibehalten wird. Die GWMS liegen somit im unmittelbaren Absenkbereich der Brunnengalerie und können nicht für eine Bewertung herangezogen
werden. Im Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 sind hier vertiefte Untersuchungen erforderlich, insbesondere mit Blick auf die Auswirkungen der Wiederinbetriebnahme der A-Galerie
des Wasserwerks Friedrichshagen.
Insgesamt ist für den Bereich Köpenick das Erfordernis zusätzlicher Grundwassermessstellen
zur Bewertung von Grundwasserstandsveränderungen im Bereich bedeutender gwaLös im Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 zu prüfen.
59
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Im Bereich Grunewald zeigt die Auswertung der relevanten Grundwassermessstellen bei
sechs GWMS (43 Prozent der GWMS) einen gleichbleibenden Trend für den Zeitraum 1990
bis 2019. Ein fallender Trend wurde an drei GWMS (21 Prozent der GWMS) und ein steigender
Trend an fünf GWMS (36 Prozent der GWMS) beobachtet. Eine Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes um mehr als 0,3 Meter in den Jahren 2000 bis 2019 im Vergleich
zum Referenzzeitraum 1991 bis 2000 wurde an 50 Prozent der GWMS beobachtet. Dabei wurde bei fünf GWMS eine negative Abweichung von über –0,3 Meter und bei zwei GWMS eine
positive Abweichung von mehr als +0,3 Meter festgestellt. Bei 7 GWMS wurde keine relevante
Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes verzeichnet.
Es ist allerdings festzustellen, dass sich die Grundwasserstände im Grunewald bis auf vereinzelte, kleine Gebiete in tief gelegenen Senken (Sandgrube im Jagen 86, zentrale Bereiche von
Barssee und Pechsee, Senke nordwestlich des Teufelssees) bereits vor Inkrafttreten der WRRL
außerhalb der biotoptypverträglichen Bereiche befanden. Diese bereits vor Inkrafttreten der
WRRL seit Jahrzehnten im Bereich des Grunewalds bestehenden Veränderungen des Grundwasserstands werden bei der Bewertung des mengenmäßigen Grundwasserzustands gemäß
WRRL nicht berücksichtigt. Derzeit wird in einem Pilotprojekt der BWB geprüft, ob eine Beregnung des Schwingrasenmoores Barssee im Grunewald zur Stützung des Moorwasserstandes
beitragen kann.
Wie bereits im vorangehenden Kapitel beschrieben, wird der Druck auf die Grundwasserressourcen angesichts einer wachsenden Bevölkerung bei gleichzeitig abnehmender oder
stagnierender Grundwasserneubildung voraussichtlich deutlich steigen. Es bestehen daher
Unsicherheiten, ob anthropogen bedingte signifikante Schädigungen der gwaLös gemäß
WRRL in Zukunft vermieden werden können. Im Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027
werden durch die SenUMVK daher vertiefte Untersuchungen, insbesondere zur potenziellen
Entwicklung des Grundwasserdargebots unter veränderten zukünftigen Rahmenbedingungen
(vergleiche Kapitel 5.2.1.3), durchgeführt und die Auswirkungen auf die gwaLös geprüft und
bewertet.
5.2.2 Bewertung des chemischen Zustands des Grundwassers
Die Bewertung des chemischen Zustandes der Grundwasserkörper in Zuständigkeit des
Landes Berlin erfolgt auf Basis von Grundwassermessstellen, welche das Landesgebiet und
den für die Beurteilung relevanten Hauptgrundwasserleiter (GWL 2) engmaschig abdecken
(vergleiche Kapitel 4.2.1, Abbildung 11). Basierend auf den Untersuchungen aus dem Jahr 2019
wurden zunächst sowohl die Betrachtung von Schwellenwertüberschreitungen gemäß Anlage 2 der GrwV als auch die daraus resultierenden Berechnungen der räumlichen Verteilung
auffälliger Stoffe anhand von 139 Messpunkten in allen vier Grundwasserkörpern durchgeführt.
Für diese Flächenberechnung (das heißt die räumliche Verteilung) wurden zusätzliche Messpunkte des Landes Brandenburg als Interpolationsstützstellen hinzugezogen, um die äußeren
Randbereiche plausibel darstellen zu können.
Die hierauf aufbauende Ermittlung der prozentualen Flächenanteile einzelner Stoffkonzentrationen erfolgte jeweils für die drei Grundwasserkörper Untere Spree, Obere Havel und Untere
Havel. Die Zustandsbewertung des Grundwasserkörpers Dahme (GWK Dahme 3, HAV_DA_3)
erfolgte federführend durch das zuständige Bundesland Brandenburg. In den folgenden
kartographischen Darstellungen werden allerdings sowohl die Ergebnisse der räumlichen
Konzentrationsverteilung ausgewählter Stoffe als auch die Trendbetrachtung der zeitlichen
Konzentrationsentwicklung an den Messpunkten des GWK Dahme berücksichtigt, um die Gesamtsituation für das Land Berlin vollständig abzubilden.
Die Voraussetzung für die sich anschließende statistische Trendbetrachtung relevanter Stoffkonzentrationen in den durch das Land Berlin zu bewertenden Grundwasserkörpern, ist das
Vorliegen von möglichst durchgängigen und langjährigen Messreihen für den Zeitraum von
2009 bis 2019. Messpunkte mit durchgängigen Zeitreihen bis 2018 wurden ebenfalls berücksichtigt. Somit konnten für die Trendbetrachtung und den Gesamtzeitraum insgesamt
148 Messstellen in den drei zu beurteilenden Grundwasserkörpern berücksichtigt werden.
60
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Grundlage für die Beurteilung des chemischen Grundwasserzustands sind die in Anlage 2
der GrwV aufgeführten Stoffe, Stoffgruppen und zugehörigen Schwellenwerte. Unter einem
Schwellenwert ist die Konzentration eines Schadstoffes oder einer Schadstoffgruppe zu verstehen, die zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt festgelegt wird. Für Stoffe
oder Stoffgruppen, die im Grundwasser natürlich vorkommen, sind gegebenfalls Hintergrundwerte zu berechnen. Der Hintergrundwert ist der in einem Grundwasserkörper nicht oder nur
unwesentlich durch menschliche Tätigkeit beeinflusste Konzentrationswert eines Stoffes. Der
Vergleich der Schwellenwerte mit Hintergrundwerten ist besonders dann relevant, wenn die
zuständigen Behörden abweichende Schwellenwerte festlegen, weil der in Anlage 2 GrwV angegebene Schwellenwert für einen Stoff oder eine Stoffgruppe niedriger als der Hintergrundwert ist.
In den Berliner Grundwasserkörpern werden die in Tabelle 7 dargestellten Schwellenwerte und
Hintergrundwerte für die Bewertung des chemischen Zustands herangezogen. Gemäß Vorgabe der GrwV definiert die Bundesanstalt für Geowissenschaften für die Hochflächen Teltow
und Barnim einen Ammonium-Hintergrundwert von 0,695 Milligramm pro Liter [BGR, 2020].
Dieser wurde statt des Schwellenwertes von 0,5 Milligramm pro Liter der Zustandsbeurteilung
zugrunde gelegt. Eine Besonderheit der Bewertung ist die zusätzliche Betrachtung nicht relevanter Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln. Tabelle 8 gibt einen Überblick über die 51 analysierten Pflanzenschutzmittel (inklusive relevanter und nicht relevanter Metaboliten).
Tabelle 7: Kriterien zur Beurteilung des chemischen Zustandes der Berliner Grundwasserkörper (gemäß
Grundwasserverordnung)
Stoffe und Stoffgruppen
Nitrat (NO3)
Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln einschließlich relevanter
und nicht-relevanter Metaboliten, Biozid-Wirkstoffe einschließlich relevanter Stoffwechsel- oder Abbau- beziehungsweise Reaktionsprodukte sowie bedenkliche Stoffe in
Biozidprodukten
Arsen (As)
Cadmium (Cd)
Blei (Pb)
Quecksilber (Hg)
Ammonium (NH4+)
Chlorid (Cl−)
Nitrit
Ortho-Phosphat (PO43−)
Sulfat (SO42-)
Summe aus Tri- und Tetrachlorethen
Schwellenwert nach Anlage
2 GrwV
50,0 mg/l
spezifische Hintergrundwerte
nach § 5 Abs. 2 der GrwV
jeweils 0,1 μg/l
insgesamt 0,5 μg/l
10,0 μg/l
0,5 μg/l
10,0 μg/l
0,2 μg/l
0,5 mg/l
250,0 mg/l
0,5 mg/l
0,5 mg/l
250,0 mg/l
10,0 μg/l
0,695 mg/l1
1 Quelle: BGR 2020: Geoviewer der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2020. Hintergrundwerte im Grundwasser (HGW); 90 Prozent Perzentil der hydrogeochemischen Einheit 01R14c.
Der chemische Grundwasserzustand ist gemäß § 7 GrwV gut,
— wenn der Schwellenwert an keiner Messstelle im Grundwasserkörper überschritten wird
oder durch die Überwachung festgestellt wird, dass es keine Anzeichen für Einträge von
Schadstoffen auf Grund menschlicher Tätigkeiten gibt,
— die Grundwasserbeschaffenheit keine signifikante Verschlechterung des ökologischen oder
chemischen Zustands der Oberflächengewässer zur Folge hat und dementsprechend nicht
zu einem Verfehlen der Bewirtschaftungsziele in den mit dem Grundwasser in hydraulischer
Verbindung stehenden Oberflächengewässern führt und
— die Grundwasserbeschaffenheit nicht zu einer signifikanten Schädigung unmittelbar von
dem Grundwasserkörper abhängender Landökosysteme führt.
61
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
— Der chemische Grundwasserzustand kann noch als gut eingestuft werden, wenn die in § 7
Abs. 3 GrwV genannten Kriterien (unter anderem Flächenkriterien, Anforderungen an den
Trinkwasserschutz und weitere Nutzungsmöglichkeiten des Grundwassers) erfüllt sind. Das
flächenbezogene Kriterium besagt unter anderem, dass die nach § 6 Absatz 2 für jeden
relevanten Stoff oder jede relevante Stoffgruppe ermittelte Flächensumme weniger als ein
Fünftel der Fläche des Grundwasserkörpers betragen darf, um trotz der Überschreitung
von Schwellenwerten noch einen guten Zustand ausweisen zu können. Ziel ist es, Belastungsgebiete zu identifizieren und Regionen ohne Risiko sicher ausschließen zu können. Für
Belastungsquellen, die so geringfügig sind, dass sie den Grundwasserkörper nicht gefährden können, dürfen „Bagatellgrenzen“ abgeleitet werden (vergleiche [LAWA, 2019a]).
Tabelle 8: Liste analysierter Pflanzenschutzmittel (inklusive relevanter und nicht-relevanter Metaboliten)
alpha-Endosulfan
beta-Endosulfan
alpha-HCH
beta-HCH
delta-HCH
gamma-HCH (Lindan)
epsilon-HCH
DDT (para,para)
DDE (para,para)
DDD (para,para)
DDT (ortho,para)
DDE (ortho,para)
DDD (ortho,para)
DDMU (para,para)
Endosulfansulfat
Bentazon
Trifuralin
Atrazin
Simazin
Desethylatrazin
Desisopropylatrazin
Terbutryn
Desethylterbutylazin
Isoproturon
Diuron
2,4_D
Dichlorprop
MCPA
Mecoprop
Propoxur
Pirimicarb
Deltamethrin
Dichlofluanid
Iprodion
Propyzamid
Chlorpyrifos
Glyphosat
AMPA
2,6-Dichlorbenzamid
Dimethachlor-Metabolit CGA 369873
Dimethachlor-Metabolit CGA 373464
Dimethachlorsäure CGA 50266
Metazachlor-Sulfonsäure BH 479-8
Metazachlor-Oxalsäure BH 479-4
Methyl-Desphenylchloridazon (Metabolit B1)
S-Metolachlor Metabolit NOA 413173
S-Metolachlor-Metabolit CGA 357704
S-Metolachlor-Metabolit CGA 368208
S-Metolachlor-Sulfonsäure CGA 380168 /
CGA 354743
S-Metolachlorsäure CGA 351916 / CGA
51202
Lenacil
Bei allen verbleibenden Grundwasserkörpern mit Überschreitung der Schwellenwerte ist von
einer signifikanten Gefährdung der Umwelt auszugehen und der chemische Grundwasserzustand als schlecht einzustufen. Nach § 10 Abs. 1 GrwV wird für jeden Grundwasserkörper,
der gemäß § 3 als „gefährdet“ eingestuft worden ist, nach Maßgabe der Anlage 6 GrwV jeder
signifikante und anhaltende steigende Trend im Grundwasserkörper ermittelt.
Für die aktuelle Bewertung des chemischen Grundwasserzustands wurde das Jahr 2019 als
Bezugszeitraum gewählt und für alle oben genannten Stoffe und Stoffgruppen an jeder der
139 Messstellen eine Überschreitung der Schwellenwerte nach Anlage 2 der Grundwasserverordnung geprüft. Spezifische Hintergrundwerte fanden an dieser Stelle zunächst noch keine
Berücksichtigung. Stoffe, die nur an einzelnen Messstellen nachzuweisen waren, wurden lediglich hinsichtlich der Konzentrationsniveaus ausgewertet. Ebenso Stoffe, die an räumlich sehr
weit auseinanderliegenden Messpunkten in erhöhter Konzentration auftraten. Auch diese wurden hinsichtlich ihrer flächenhaften Ausbreitung nicht weiter untersucht, da sich bei punktuellen
Belastungen aus fachlichen Gründen eine räumliche Interpolation versagt.
62
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Bei einer Überschreitung von Schwellenwerten an einer genügend großen Anzahl von Messstellen, wurde die flächenhafte Ausdehnung für jeden relevanten Stoff ermittelt und eine Trendanalyse durchgeführt.
ÜBERSCHREITUNG VON SCHWELLENWERTEN
Eine Überschreitung der Schwellenwerte gemäß Anlage 2 der GrwV wurde für Nitrat, Pflanzenschutzmittel (einzeln und in der Summe), Arsen, Ammonium, Chlorid, Ortho-Phosphat, Sulfat,
Tri- und Tetrachlorethen (einzeln und Summe) festgestellt. Es fanden sich an 47 Messstellen
(33,8 Prozent) erhöhte Ammoniumkonzentrationen (zunächst ohne Berücksichtigung eines spezifischen Hintergrundwertes) und an 36 Messstellen (25,9 Prozent) ebenfalls über dem Schwellenwert liegende Sulfatkonzentrationen. Während somit für Ammonium und Sulfat von einer flächenrelevanten Überschreitung der Schwellenwerte ausgegangen werden konnte, waren von
den weiteren erhöhten Stoffkonzentrationen nur jeweils ein bis vier Messstellen betroffen. Eine
Ausnahme bildete Ortho-Phosphat mit insgesamt 10 betroffenen Messstellen (7,2 Prozent), die
jedoch räumlich so heterogen über das gesamte Stadtgebiet verteilt waren, dass auch hier
eine flächenhafte Belastung ausgeschlossen werden konnte (siehe Tabelle 9).
Die Stoffe Ammonium und Sulfat wurden aufgrund oben genannter Befunde einer genaueren
Prüfung unterzogen (Berechnung der Flächenanteile pro Grundwasserkörper und statistische
Trendanalyse für alle Messstellen).
Tabelle 9: Anzahl von Messstellen mit Schwellenwertüberschreitungen im Jahresmittel 2019
Stoffe, Stoffgruppen
Einheit
Schwellenwerte
Anlage 2 GrwV 2010 mit Änderung 2017
Nitrat
PSM, Biozide einzeln *1
PSM, Biozide Summe *1
Arsen
Cadmium
Blei
Quecksilber
Ammonium
Chlorid
Nitrit
Ortho-Phosphat
Sulfat
Trichlorethen
Tetrachlorethen
Summe Trichlorethen + Tetrachlorethen
mg/l
µg/l
µg/l
µg/l
µg/l
µg/l
µg/l
mg/l
mg/l
mg/l
mg/l
mg/l
µg/l
µg/l
µg/l
50,0
0,1
0,5
10,0
0,5
10,0
0,2
0,5
250,0
0,5
0,5
250,0
10,0
10,0
10,0
Analyseergebnisse
Maximum
Mittelwert
73,05
0,32
0,5637
22,00
0,25
0,52
0,05
21,90
342,00
0,21
3,08
1.217,00
19,35
24,60
43,95
2,7300
0,0016
0,0031
1,3943
0,0192
0,0722
0,0068
0,8100
67,0000
0,0222
0,1738
213,0000
0,2130
0,2780
0,4900
Messstellen: 139
Anzahl von Messstellen mit einer
Schwellenwertüberschreitung im
Jahresmittel 2019
2
1
1
4
0
0
0
47
2
0
10
36
1
1
1
BERECHNUNG DER FLÄCHENANTEILE
Die mittlere Ammoniumkonzentration lag 2019 bei 0,81 Milligramm pro Liter und damit knapp
0,3 Milligramm pro Liter über dem festgelegten Schwellenwert von 0,5 Milligramm pro Liter
(Maximalwert Jahresmittel 21,9 Milligramm pro Liter). Hingegen wurde für Sulfat im Grundwasser eine mittlere Konzentration von 213 Milligramm pro Liter gemessen, hier lag das Maximum
mit 1.217 Milligramm pro Liter sehr deutlich über dem Schwellenwert von 250 Milligramm pro
Liter.
Für die Berechnung der flächenhaften Ausdehnung von Sulfat und Ammonium wurde die
Grundgesamtheit der genannten Berliner Messstellen um Messwerte aus Brandenburger
Grundwassermessstellen ergänzt, welche sich in den Randbereichen der drei Berliner Grundwasserkörper befinden und nicht weiter als 10 Kilometer von der Berliner Landesgrenze entfernt liegen.
63
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Zur Flächenberechnung (Regionalisierung) wurde das Invers Distance Weighted-Verfahren
(IDW) ausgewählt und mit Hilfe des Kriging-Verfahrens plausibilisiert.
Grundüberlegung dieser Verfahren ist die Ableitung von Werten für Zellen ohne Messung in
einem geographischen Raster aus einer begrenzt zur Verfügung stehenden Anzahl von Messpunkten. Details zu den Verfahren sind der einschlägigen Literatur zu entnehmen [Kappas,
2012; Schafmeister, 1999]. Die Berechnung der Flächenanteile mit einer Überschreitung des
Schwellenwertes für Ammonium und Sulfat erfolgte unter Berücksichtigung eines geogenen
Hintergrundwertes für Ammonium. Gemäß der Vorgabe der GrwV definiert die Bundesanstalt
für Geowissenschaften für die Hochflächen Teltow und Barnim einen Ammonium-Hintergrundwert von 0,695 Milligramm pro Liter [BGR, 2020]. Die Berücksichtigung dieser geogenen
Hintergrundkonzentration resultierte in einem erhöhten Schwellenwert für Ammonium in Höhe
von 0,695 Milligramm pro Liter. Für Sulfat wurde gemäß der Grundwasserverordnung ein
Schwellenwerte von 250 Milligramm pro Liter zugrunde gelegt.
Die Berechnungen zeigen für den Grundwasserkörper Obere Havel (OH_1), dass für 30 Prozent der Fläche Überschreitungen des Schwellenwertes (> 0,695 Milligramm pro Liter) für Ammonium vorliegen, lediglich 1 Prozent der Fläche weisen erhöhte Sulfatwerte auf. Der Grundwasserkörper Untere Havel (UH_1) ist hingegen primär durch Sulfatkonzentrationen oberhalb
des Schwellenwertes von 250 Milligramm pro Liter gekennzeichnet (Flächenanteil 35 Prozent).
Es sind sekundär auf 17 Prozent der Fläche erhöhte Ammoniumkonzentrationen (> 0,695 Milligramm pro Liter) nachweisbar.
Die Auswertungen zeigen weiterhin, dass der größte und östlich angrenzende Grundwasserkörper Untere Spree (GWK US_1) auf 32 Prozent der Fläche und damit primär durch Ammonium belastet ist. Darüber hinaus werden auf 20 Prozent der Fläche Sulfatkonzentration oberhalb des Schwellenwertes von 250 Milligramm pro Liter nachgewiesen.
In der Gesamtbetrachtung sind unter Berücksichtigung des anzunehmenden geogenen Hintergrundwertes zwei von drei Grundwasserkörpern primär durch Ammonium und in einem Fall
primär durch Sulfat belastet. Der chemische Zustand wurde daher in allen drei Grundwasserkörpern als „nicht gut“ eingestuft.
Tabelle 10: Anteil von Flächen mit Überschreitung des Schwellenwertes für Ammonium und Sulfat
GrundwasserKörper GWK
HAV_OH_1
HAV_UH_1
HAV_US_1
mit geogenem
Hintergrund
(HGW)
Schwellenwert auf Basis
HGW BGR:
0,695 mg/l
Berechnungsverfahren: IDW
NH4
NH4
NH4
Flächenanteil
GWK
ohne geogenen
Hintergrund
Flächenanteil
GWK
%
Schwellenwert
nach GrwV:
250 mg/l
%
primäre
Belastung
sekundäre
Belastung
1
35
20
NH4
SO4
NH4
nein
NH4
SO4
30
17
32
Berechnungsverfahren: IDW
SO4
SO4
SO4
Ergebnis mit Berücksichtigung
von Hintergrundwerten
Es kann festgehalten werden, dass die räumliche Verteilung einer erhöhten Ammoniumkonzentration sich über eine großräumig zusammenhängende Fläche erstreckt, die sich einerseits stark auf den innerstädtischen Bereich konzentriert und dort insbesondere, jedoch nicht
ausschließlich, die Niederungsbereiche des Berliner Urstromtals betroffen sind. Weiterhin
finden sich lokale Konzentrationserhöhungen nordwestlich der Havel (Forst Spandau), nördlich
im Bereich von Blankenfelde/Französisch Buchholz, südöstlich des Müggelsees und im Süden
im Dreieck Zehlendorf, Lichterfelde, Lankwitz. Diese Punkte markieren die Endpunkte zweier
Linien einer erhöhten Ammoniumkonzentration mit einer Erstreckung Südost-Nordwest beziehungsweise Südwest-Nordost.
64
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Der Kreuzungspunkt liegt im zentralen Bereich der Stadt (Charlottenburg, Moabit). Typisch ist
auch, dass mit zunehmender Entfernung vom Stadtzentrum und mit Zunahme der morphologisch-geologischen Ausprägung der Barnim- und Teltowhochfläche die Ammoniumkonzentration deutlich abnimmt (vergleiche Abbildung 30). Es ist aber auch anzunehmen, dass Bereiche
des Urstromtals noch deutlich höhere als die hier berücksichtigten geogenen Hintergrundwerte
aufweisen können [BGR, 2020]). Eine zusätzliche Prüfung aller Messwerte anhand der Überschreitung eines definierten Konzentrationsbereiches von Nitrat, Kalium, Chlorid und Bor zeigt
jedoch auch, dass die erhöhten Ammoniumkonzentrationen nicht ausschließlich über geogene
Anteile erklärt werden können, sondern ein anthropogener Einfluss anzunehmen ist (vergleiche
Jahnke, 2014).
Die räumliche Verteilung von Sulfat im Grundwasser unterscheidet sich sehr deutlich vom Ammonium. Mit wenigen lokalen Ausnahmen liegt die Sulfatkonzentration in der Regel über 50 Milligramm pro Liter. Selbst die meisten Stadtrandbereiche weisen schon Konzentrationen von bis
zu 180 Milligramm pro Liter auf, die mit Nähe zum Zentrum auf mindestens 250 Milligramm pro
Liter zunehmen. Die Bereiche einer stark erhöhten Sulfatkonzentration von über 250 Milligramm
pro Liter lokalisieren sich im Bereich des Grunewalds, dort beginnend, entlang einer sich Nordost erstreckenden Achse zwischen dem Großen Wannsee, dem Teufelsberg und östlich des ehemaligen Flughafen Tegel im Bereich Reinickendorf, Wedding. Eine parallel verlaufende zweite
Achse befindet sich entlang der Linie Marienfelde – Mitte – Prenzlauer Berg. Lokale Hot Spots
befinden sich beispielsweise im Bereich des Dreiecks Neukölln, Kreuzberg, Treptow beziehungsweise Wedding, Mitte, Prenzlauer Berg (vergleiche Abbildung 31).
Die räumlichen Verteilungsmuster von Ammonium und Sulfat sind hinsichtlich der Dateninterpretation von Bedeutung. Insbesondere bedürfen sie der Verschneidung mit weiteren Geoinformationen, da den Mustern höchstwahrscheinlich multikausale Ursachen eines hochverdichteten urbanen Raumes zugrunde liegen, welcher insbesondere in den letzten 150 Jahren eine
rasante Entwicklung und vielfältige Umbrüche erlebt hat, die sich bis heute im Chemismus des
Grundwassers wiederfinden.
Grundwassergüte – 2019
Messpunkte WRRL –
Landesmessnetz Berlin
Messpunkte WRRL –
Landesmessnetz Berlin
Monitoring von Pflanzenschutzmitteln und deren Metaboliten
Ammoniumkonzentration
bis 0,50 mg/l
> 0,50 bis 0,695 mg/l
> 0,695 bis 0,90 mg/l
> 0,90 mg/l
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abbildung 30: Verteilung der Ammoniumkonzentration im Berliner Grundwasser (Jahresmittel 2019)
65
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Grundwassergüte – 2019
Messpunkte WRRL –
Landesmessnetz Berlin
Messpunkte WRRL –
Landesmessnetz Berlin
Monitoring von Pflanzenschutzmitteln und deren Metaboliten
Sulfatkonzentration
bis 0,50 mg/l
> 0,50 bis 120 mg/l
> 120 bis 180 mg/l
> 180 mg/l bis 250 mg/l
> 250 bis 360 mg/l
> 360 mg/l
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abbildung 31: Verteilung der Sulfatkonzentration im Berliner Grundwasser (Jahresmittel 2019)
TRENDANALYSE UND TRENDUMKEHRBETRACHTUNG
Die Ermittlung steigender Trends und die Ermittlung von Trendumkehrpunkten wurde für
Ammonium und Sulfat in den drei Grundwasserkörpern an insgesamt 148 Messstellen durchgeführt. Betrachteter Zeitraum waren die Jahre 2009 bis 2019. Die Trendbetrachtung dient
dem Erkennen langfristiger, steigender oder fallender Trends und ermöglicht darüber hinaus
die Identifizierung von Trendumkehrpunkten. Darunter ist eine signifikante Veränderung eines
zuvor bestehenden abgesicherten Trends zu verstehen. Markante Veränderungen an einzelnen
Messstellen können derart sichtbar gemacht werden. Trendumkehrpunkte dienen entweder zur
Erfolgsprüfung eingeleiteter Maßnahmen oder zeigen bei steigenden Trends notwendige Maßnahmen und auch Änderungen im hydrochemischen Milieu an. Weiterhin wird geprüft, ob sich
nach Veränderung eines Trends eine signifikante Neuentwicklung (neuer Trend) eingestellt hat.
Die Berechnung erfolgt ausreißerbereinigt mit Hilfe einer linearen Regression über gleitende
6-Jahres Intervalle. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen von einer Periode über mindestens
6 Messjahre. Die Ergebnisse der messstellenbezogenen Trendbetrachtung wurden für die einzelnen Grundwasserkörper aggregiert, um für diese eine Gesamtaussage hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen treffen zu können.
Die Ermittlung langfristiger Trends für Sulfat zeigt in der Übersicht für alle betrachteten Grundwasserkörper, dass für 14 Prozent der Messstellen mangels ausreichender Länge der Zeitreihe
keine Trendberechnung durchführbar war. 33 Prozent der 148 Messstellen zeigen einen signifikant fallenden und 28 Prozent einen steigenden Trend. Für 25 Prozent der Messstellen ist kein
fallender oder steigender Trend identifizierbar. Legt man als Berechnungsbasis nur noch die
Messstellen zugrunde, an denen eine Trendberechnung möglich war (128 Messstellen), dann
konnte für 38 Prozent der Messstellen ein signifikant fallender Trend, für 33 Prozent ein steigender Trend und für 29 Prozent kein signifikanter Trend festgestellt werden. Hierbei entfallen auf
den GWK Obere Havel (OH_1) 40 Prozent und auf die GWK Untere Havel und Untere Spree
jeweils 38 Prozent an Messstellen mit einer signifikant fallenden Sulfatkonzentration.
66
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Hingegen sind die meisten Messstellen mit steigenden Trends im Bereich Untere Havel zu verzeichnen (41 Prozent der Messstellen), auf die GWK Obere Havel und Untere Spree entfallen
jeweils 30 Prozent Bedingt durch die große Anzahl von Messstellen aller drei Grundwasserkörper (zwischen 21 und 32 Prozent), welche keinen eindeutigen Trend verzeichnen, kann für
die langfristige Trendentwicklung der Sulfatkonzentration keine eindeutige Aussage gemacht
werden, da weder die signifikant fallenden noch die steigenden Trends mehr als 50 Prozent
aller Messstellen betreffen. Die Bewertung aller Grundwasserkörper resultiert darin, dass keiner der signifikanten Trends überwiegt und damit auch die zukünftige Entwicklung der Konzentrationsverläufe für Sulfat nicht eindeutig ist. Aussagen zur weiteren Entwicklung sind in erster
Linie auf lokaler Ebene für einzelne Messstellen möglich.
Hinsichtlich der Trendumkehrberechnung zeigen 71 Prozent der Messstellen keinen Trendumkehrpunkt, bestehende Trends bleiben fortlaufend unverändert. 11 Prozent der Messstellen
zeigen nach der Trendumkehr einen signifikant fallenden Trend innerhalb der letzten 6 Jahre.
An 2 Prozent der Messstellen konnte eine Trendumkehr identifiziert werden, danach hat sich
jedoch bisher kein signifikant fallender oder steigender Trend einstellen können. An 16 Prozent der Messstellen konnte nach der Trendumkehr ein signifikant steigender Trend festgestellt
werden. Betrachtet man die einzelnen Grundwasserkörper zeigt sich grundsätzlich ein sehr
ähnliches Bild, wonach auch hier zwischen 67 und 78 Prozent der Messstellen keine Trendumkehr aufweisen, 10 bis 24 Prozent einen zuletzt signifikant steigenden Trend verzeichnen und
5 bis 12 Prozent in den letzten Jahren ein Umschwenken auf einen fallenden Trend aufweisen.
Weniger als 5 Prozent der Messstellen zeigen nach Erreichen einer Trendumkehr bisher keinen
eindeutigen Trend auf. In der Zusammenfassung zeigen sämtliche Grundwasserkörper, dass
für den überwiegenden Anteil der Messstellen seit 2009 keine Trendumkehr feststellbar ist und
bestehende Trends erhalten bleiben (vergleiche Abbildung 29 ).
Die Ermittlung langfristiger Trends für Ammonium zeigt in der Übersicht für alle betrachteten
Grundwasserkörper, dass für 13 Prozent der Messstellen mangels ausreichender Länge der
Zeitreihe keine Trendberechnung durchführbar war; 23 Prozent der 148 Messstellen zeigen
einen signifikant fallenden und 25 Prozent einen steigenden Trend. Für 39 Prozent der Messstellen ist kein fallender oder steigender Trend identifizierbar. Legt man als Berechnungsbasis nur noch die Messstellen zugrunde, an denen eine Trendberechnung möglich war
(129 Messstellen), dann konnte für 26 Prozent der Messstellen ein signifikant fallender Trend,
für 29 Prozent ein steigender Trend und für 45 Prozent kein signifikanter Trend festgestellt
werden. Hierbei entfällt auf den GWK Obere Havel (OH_1) 40 Prozent, auf die GWK Untere
Havel 21 Prozent und auf die Untere Spree 25 Prozent an Messstellen mit signifikant fallenden
Ammoniumkonzentrationen. Hingegen sind die meisten steigenden Trends im Bereich Untere
Havel zu verzeichnen (32 Prozent), auf die GWK Obere Havel und Untere Spree entfallen 25
bis 28 Prozent. Bedingt durch die große Anzahl von Messstellen aller drei Grundwasserkörper
(zwischen 35 und 47 Prozent), welche keinen eindeutigen Trend verzeichnen, kann auch für die
langfristige Trendentwicklung der Ammoniumkonzentration keine eindeutige Aussage gemacht
werden, da weder die signifikant fallenden noch die steigenden Trends mehr als 50 Prozent
aller Messstellen betreffen. Die Bewertung aller Grundwasserkörper resultiert erneut darin,
dass keiner der signifikanten Trends überwiegt und auch die Entwicklung der Ammoniumkonzentration nicht eindeutig ist. Aussagen zur weiteren Entwicklung sind auch hier in erster Linie
auf lokaler Ebene für einzelne Messstellen möglich.
Hinsichtlich der Trendumkehrberechnung zeigen 85 Prozent der Messstellen keine Trendumkehr, bestehende Trends bleiben fortlaufend unverändert. 6 Prozent der Messstellen zeigen
einen signifikant fallenden Trend innerhalb der letzten 6 Jahre. An 4 Prozent der Messstellen
konnte eine Trendumkehr identifiziert werden, danach hat sich jedoch bisher kein signifikant
fallender oder steigender Trend einstellen können. An 5 Prozent der Messstellen konnte nach
einer Trendumkehr ein signifikant steigender Trend festgestellt werden. Betrachtet man die
einzelnen Grundwasserkörper, zeigt sich grundsätzlich ein sehr ähnliches Bild, wonach auch
hier zwischen 81 und 85 Prozent der Messstellen keine Trendumkehr aufweisen, 5 Prozent einen
zuletzt signifikant steigenden Trend verzeichnen und 2 bis 10 Prozent der Messstellen in den
letzten Jahren eine signifikante Veränderung hin zu einem fallenden Trend durchliefen.
67
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
3 bis 5 Prozent der Messstellen zeigen nach Erreichen einer Trendumkehr bisher keinen eindeutigen Trend auf. In der Zusammenfassung zeigen sämtliche Grundwasserkörper, dass für
den überwiegenden Anteil der Messstellen seit 2009 auch für Ammonium keine Trendumkehr
feststellbar ist und bestehenden Trends erhalten bleiben (vergleiche Abbildung 30).
Trendentwicklung 2009 bis 2019
Sulfat
Trendumkehrpunkt und Folgetrend
kein Trendumkehrpunkt
identifizierbar
signifikanter fallender Trend nach
Trendumkehrpunkt
kein signifikanter Trend nach
Trendumkehrpunkt
signifikanter steigender Trend nach
Trendumkehrpunkt
Langfristige Trendentwicklung
keine Trendberechnung möglich
signifikanter fallender Trend
kein signifikanter Trend erkennbar
signifikanter steigender Trend
Sulfatkonzentration
bis 0,50 mg/l
> 0,50 bis 120 mg/l
> 120 bis 180 mg/l
> 180 mg/l bis 250 mg/l
> 250 bis 360 mg/l
> 360 mg/l
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abbildung 32: Trendberechnungen für Sulfat
Trendentwicklung 2009 bis 2019
Ammonium
Trendumkehrpunkt und Folgetrend
kein Trendumkehrpunkt
identifizierbar
signifikanter fallender Trend nach
Trendumkehrpunkt
kein signifikanter Trend nach
Trendumkehrpunkt
signifikanter steigender Trend nach
Trendumkehrpunkt
Langfristige Trendentwicklung
keine Trendberechnung möglich
signifikanter fallender Trend
kein signifikanter Trend erkennbar
signifikanter steigender Trend
Ammoniumkonzentration
bis 0,50 mg/l
> 0,50 bis 0,695 mg/l
> 0,695 bis 0,90 mg/l
> 0,90 mg/l
0
2,5
5
10
15 Kilometer
Abb. 30: Trendberechnungen für Ammonium
Abbildung 33: Trendberechnungen für Ammonium
68
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
6 UMWELTZIELE UND
FRISTVERLÄNGERUNGEN
Die WRRL legt in Art. 4 für Oberflächengewässer den „guten chemischen und ökologischen
Zustand“ als Umweltziel fest, sofern sie nicht als „künstlich“ oder „erheblich verändert“ eingestuft werden. Für Letztere gilt neben dem Ziel des guten chemischen Zustands die Zielsetzung
des „guten ökologischen Potenzials“ (Art. 4 Abs. 1a WRRL). Hierbei werden die Bedingungen,
die sich aus den bestehenden Nutzungen des Wasserkörpers (wie etwa schifffahrtliche Nutzung) ergeben, bei der Bewertung berücksichtigt. Für Grundwasser muss ein „guter chemischer
und mengenmäßiger Zustand“ erreicht werden (Art. 4 Abs. 1b WRRL). Zudem beinhaltet Art. 4
das sogenannte „Verschlechterungsverbot“ für Oberflächengewässer (Art. 4 Abs. 1a lit. i WRRL)
und Grundwasser (Art. 4 Abs. 1b lit. i WRRL) sowie das „Verbesserungsgebot“ für Oberflächengewässer (Art. 4 Abs. 1a lit. ii-iv WRRL) und Grundwasser (Art. 4 Abs. 1b lit. ii-iii WRRL).
Die Ziele der WRRL waren grundsätzlich bereits im Jahr 2015 zu erreichen. Die WRRL ermöglicht in Art. 4 Abs. 4 eine Verlängerung der Frist zum Erreichen des guten Zustands (beziehungsweise des guten ökologischen Potenzials und des guten chemischen Zustands im Falle
künstlicher und erheblich veränderter Wasserkörper) über das Jahr 2015 hinaus, wenn folgende Bedingungen zutreffen:
— die erforderlichen Verbesserungen können aus Gründen der technischen Durchführbarkeit
nur innerhalb eines längeren Zeitrahmens erreicht werden,
— die Verwirklichung der Ziele innerhalb der Frist wäre mit unverhältnismäßig hohen Kosten
verbunden und/oder
— das rechtzeitige Erreichen der Ziele wird durch natürliche Ursachen (zum Beispiel aufgrund
langer Regenerationszeiten) verhindert.
Die Fristen dürfen grundsätzlich über zwei weitere Bewirtschaftungszyklen, das heißt maximal
bis 2027 verlängert werden, es sei denn, die Ziele lassen sich aufgrund der natürlichen Gegebenheiten nicht innerhalb dieses Zeitraums erreichen. Zudem müssen die Mitgliedstaaten
dafür sorgen, dass sich der Zustand der betreffenden Wasserkörper nicht verschlechtert.
Durch die Änderung von Umweltqualitätsnormen bei den flussgebietsspezifischen und prioritären Stoffen der Anlagen 6 und 8 der OGewV oder durch die Aufnahme von weiteren Stoffen
in diese Anlagen gelten unterschiedliche Fristen zur Einhaltung von Umweltqualitätsnormen.
Dadurch ergeben sich auch unterschiedliche Zeiträume für die maximale Fristverlängerung.
Bis 2015 waren alle Umweltqualitätsnormen der Stoffe einzuhalten, die bereits in der OGewV
von 2011 geregelt waren und deren Umweltqualitätsnormen nicht geändert wurden (Stoffgruppe 2015). Für Stoffe der Anlage 8, deren Umweltqualitätsnormen im Vergleich zur OGewV
2011 geändert wurden, gilt eine Frist zur Einhaltung bis 2021 (Stoffgruppe 2021). Für in der
OGewV 2016 neu geregelte Stoffe und Stoffe der Anlage 6, deren Umweltqualitätsnormen im
Vergleich zur OGewV 2011 geändert wurden, ist die Frist zur Einhaltung bis 2027 festgelegt
(Stoffgruppe 2027). Daraus ergeben sich – bei Berücksichtigung der oben genannten Fristverlängerungsmöglichkeiten – maximale Fristverlängerungen bis 2027, 2033 oder 2039. Beim
Vorliegen natürlicher Gegebenheiten, die eine Zielerreichung innerhalb der verlängerten
Fristen verhindern, auch darüber hinaus.
Weniger strenge Umweltziele gemäß Art. 4 Abs. 5 WRRL können dann festgelegt werden, wenn
ein Wasserkörper durch menschliche Tätigkeiten so beeinträchtigt ist oder seine natürlichen
Gegebenheiten so beschaffen sind, dass ein Erreichen der Ziele
— in der Praxis unmöglich oder
— unverhältnismäßig teuer
ist. Dies gilt allerdings nur, wenn die Ziele, denen diese menschlichen Tätigkeiten dienen, nicht
auf eine andere sinnvolle Weise erreicht werden können.
69
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Zudem müssen die Mitgliedsstaaten auch bei der Festlegung weniger strenger Ziele dafür
sorgen, dass eine Verschlechterung des Zustands vermieden wird und müssen Maßnahmen
ergreifen, um den bestmöglichen Gewässerzustand zu erreichen. Die Festlegung geringerer
Umweltziele muss für jeden Bewirtschaftungszyklus neu überprüft werden.
Neben Fristverlängerungen und weniger strengen Umweltzielen können gemäß Art. 4 Abs. 6
und Art. 4 Abs. 7 WRRL unter bestimmten Umständen auch Verschlechterungen oder das
Nichterreichen des guten Gewässerzustands zugelassen werden.
Auch im Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 ist es Ziel für die Berliner Oberflächenwasserkörper, einen guten ökologischen Zustand beziehungsweise ein gutes ökologisches
Potenzial sowie einen guten chemischen Zustand zu erreichen. Es werden an keinem Oberflächenwasserkörper weniger strenge Umweltziele festgelegt oder Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 6
oder Abs. 7 angewandt. Da 2021 in Berlin noch kein Oberflächenwasserkörper die Umweltziele der WRRL erreicht, werden erneut Fristverlängerungen in Anspruch genommen werden.
An der Mehrheit der Wasserkörper sind dafür verschiedene Gründe ursächlich. Oftmals liegen
die Ursachen in der Dauer der Planungs- und Genehmigungsverfahren begründet. Zugleich
greifen auch ökonomische Gründe, wie etwa eine erforderliche zeitliche Streckung der Maßnahmenkosten. Zudem sind auch natürliche Gegebenheiten ursächlich für das Verfehlen der
Ziele, da die Wirkung vieler Maßnahmen erst mit deutlicher Verzögerung zu einer Zustandsverbesserung der Wasserkörper führt (vergleiche Kapitel 7.1.3).
Auch für das Grundwasser ist es weiterhin das Ziel, neben der Sicherung des guten mengenmäßigen Zustands, auch einen guten chemischen Grundwasserzustand zu erreichen. Auch an
den Berliner Grundwasserkörpern werden weder weniger strenge Umweltziele festgelegt noch
Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 6 oder Abs. 7 angewandt. Aufgrund der Überschreitungen der zulässigen Sulfat- und Ammoniumkonzentrationen in drei der vier Grundwasserkörper, die sich auf
Berliner Landesgebiet befinden, werden erneut Fristverlängerungen in Anspruch genommen.
Es ist bereits jetzt absehbar, dass auch über 2027 hinaus, anders als von der WRRL vorgesehen, Fristverlängerungen auch aus anderen Gründen als „natürlichen Gegebenheiten“
angewendet werden müssen. Wenngleich große Anstrengungen unternommen werden, um bis
Ende 2027 möglichst viele Maßnahmen zu ergreifen, verbleiben Handlungsbereiche, in denen
absehbar nicht alle Maßnahmen bis 2027 umgesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund
wird im nachfolgenden Kapitel für die maßgeblichen Handlungsbereiche dargelegt, welche
Maßnahmen bereits umgesetzt werden konnten und welcher Handlungsbedarf weiterhin
besteht. Sofern ein Ergreifen der Maßnahmen bis 2027 voraussichtlich nicht erreichbar ist,
werden die Gründe hierfür erläutert und – wenn möglich – eingeschätzt, wann aus heutiger
Sicht die Maßnahmen umgesetzt werden können sowie Unsicherheiten bei der Maßnahmenumsetzung beschrieben.
70
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
7
MAßNAHMEN
Das Maßnahmenprogramm für die Berliner Grund- und Oberflächenwasserkörper dient der
Verwirklichung der Umweltziele gemäß WRRL. Die Maßnahmenplanung für den ersten Bewirtschaftungszeitraum wurde 2009 beschlossen und 2015 für den zweiten Bewirtschaftungszeitraum fortgeschrieben. Das Maßnahmenprogramm für den dritten Bewirtschaftungszeitraum
gilt von 2022 bis 2027. Darin wird für die maßgeblichen Handlungsfelder
— Verbesserung von Gewässerstruktur und Durchgängigkeit,
— Reduzierung der Belastungen durch Nähr- und Schadstoffe sowie durch hydraulische Beeinträchtigungen,
— Verbesserung des Grundwasserzustands
dargelegt, welche Maßnahmen bereits umgesetzt konnten und welche Maßnahmen nach dem
jetzigen Kenntnisstand notwendig sind, um die Ziele für die Berliner Grund- und Oberflächenwasserkörper zu erreichen. Darüber hinaus werden erste Einschätzungen zur Wirksamkeit der
Maßnahmen beziehungsweise zur Regenerationszeit der Gewässer getroffen.
7.1
Maßnahmen zur Verbesserung des Zustands der
Oberflächengewässer
7.1.1
Verbesserung von Gewässerstruktur und Durchgängigkeit
Die Verbesserung der Gewässerstrukturen und der Gewässerdurchgängigkeit ist von hoher
Bedeutung für die Erfüllung der Ziele der WRRL. In den vorangegangenen Bewirtschaftungszeiträumen wurden unter umfassender Beteiligung der Öffentlichkeit Gewässerentwicklungskonzepte für Panke, Tegeler Fließ, Wuhle, Erpe und Müggelspree/Müggelsee erarbeitet.
Gewässerentwicklungskonzepte sind konzeptionelle Vorplanungen, die im Rahmen weiterer
Planungsschritte konkretisiert und – sofern die Maßnahmen einen Gewässerausbau gemäß
§ 67 WHG darstellen – durch die entsprechenden Zulassungsverfahren (Planfeststellungsverfahren) genehmigt werden müssen, bevor die Umsetzung erfolgen kann.
Unter Berücksichtigung der Entwicklungsziele und der vorhandenen Defizite wurden abschnittsweise geeignete Maßnahmen abgeleitet. Mit dem jeweiligen Umfeld sind unterschiedliche Restriktionen beziehungsweise vorhandene räumliche Potenziale verbunden, auf welche
die Maßnahmen zur Erreichung des guten ökologischen Zustands beziehungsweise des guten
ökologischen Potenzials zuzuschneiden waren. Der gesamte Planungsprozess wurde im Spannungsfeld zwischen ökologischem Anspruch, vorhandenen realen Beschränkungen (vor allem
Flächenverfügbarkeiten, Hochwasserschutz), bezirklichen beziehungsweise gesamtstädtischen
Anforderungen und Maßnahmenkosten austariert. Dabei wurde der „Strahlwirkungsansatz“
genutzt. Dieser nimmt an, dass von einem Bereich in einem guten bis sehr guten Zustand
(Strahlursprung) eine Strahlwirkung für die angrenzenden, strukturell degradierten Abschnitte
(Strahlwege) ausgeht und sich somit auch dort der Zustand verbessern kann. Trittsteine sind
kleine, ökologisch aufgewertete Abschnitte, die diese Wirkung verlängern können.
Für die stark veränderten beziehungsweise künstlichen Gewässer Spree, Teltowkanal, Landwehrkanal, Neuköllner Schifffahrtskanal, Spreekanal, Charlottenburger Verbindungskanal und
Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal wurde ein Konzept erstellt, in dem der Bedarf an Maßnahmen hergeleitet wurde, um das gute ökologische Potenzial (GÖP) zu erreichen. Am Lietzengraben sowie an verschiedenen Wasserkörpern wurden bereits Maßnahmen umgesetzt.
Der Fokus liegt nunmehr auf der Umsetzung der identifizierten strukturverbessernden Maßnahmen sowie der Planung von Maßnahmen in der Regen- und Mischwasserbewirtschaftung.
Die Umsetzung von Maßnahmen an weiteren Wasserkörpern sowie an Kleingewässern wird in
Zusammenarbeit mit der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, dem Naturschutz und im
Rahmen anderer Projekte (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17, Gesamtstädtische Ausgleichskonzeption etc.) vorangetrieben.
71
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
2021 stellt sich der Planungs- und Umsetzungsstand der Maßnahmen zur Verbesserung von
Gewässerstruktur- und Durchgängigkeit an den Berliner Gewässern wie folgt dar:
7.1.1.1 Panke
Die Panke verläuft auf den circa 18 Kilometer von der Landesgrenze bis zur Mündung in den
Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal zunächst durch eher ländliche Gebiete, vorbei an Kleingarten- sowie durch Parkanlagen, bevor sie den hochurban geprägten Ortsteil Wedding
erreicht. Von der Landesgrenze bis zum Verteilerbauwerk Blankenburg, wo der Nordgraben
abzweigt, ist die Panke als natürlicher, unterhalb als stark veränderter Wasserkörper ausgewiesen. Da das Umfeld der Panke in der Vergangenheit mehrfach von Ausuferungen bei Hochwasser betroffen war, wurden die betroffenen Bereiche als Überschwemmungsgebiete gemäß
WHG festgesetzt. Voraussetzung für die gewässerökologischen Maßnahmen ist daher ihre
Hochwasserneutralität, eine Verringerung des Hochwasserrisikos wurde angestrebt. Folgende
Maßnahmenarten sind Teil der in 2019 planfestgestellten Maßnahmenplanung:
— Herstellen der Durchgängigkeit an den verbliebenen Querbauwerken;
— Einbau von Strukturen wie Totholz, Gabionen und Störsteinen im vorhandenen Profil (Ersatzstrukturen);
— einseitige Aufweitungen, Anlage von Sekundärauen;
— Fördern der eigendynamischen Entwicklung;
— Neuprofilierung eines typgemäßen Gewässerlaufs;
— Reaktivierung der Aue.
Im urbanen Unterlauf sind die Maßnahmen dabei im Wesentlichen auf den Einbau von Ersatzstrukturen und die lokale Anlage von Sekundärauen beschränkt. Im Mittellauf sollen im Bereich
bestehender Hochwasserrückhaltebecken Trittsteine entwickelt sowie Profilaufweitungen
vorgenommen werden. Die Nutzung der Flächenpotenziale in den Parkanlagen ist aufgrund
der Vorgaben des Denkmalschutzes nur sehr eingeschränkt möglich. Im Oberlauf südlich und
nördlich von Buch sollen Strahlursprünge sowohl durch die Anlage eines typgemäßen Gewässerlaufs als auch durch die Förderung von Eigendynamik entwickelt werden. Das Querbauwerk im Schlosspark Schönhausen wurde 2012 durch einen Raugerinne-Beckenpass, der
Absturz im Schlosspark Buch 2013 durch eine raue Sohlgleite ersetzt.
Ein Teil des gereinigten Abwassers aus dem Klärwerk Schönerlinde wird seit 2015 wieder verstärkt über die Panke abgeleitet, um den Tegeler See und somit das Wasserwerk Tegel vor zu
hohen Spurenstoffeinträgen zu schützen. Hintergrund sind zunehmende Erkenntnisse zum Belastungsniveau des teilgeschlossenen Wasserkreislaufs im Norden Berlins mit Spurenstoffen in
Kombination mit der Ableitung von gesundheitlichen Orientierungswerten für Trinkwasser durch
das Umweltbundesamt. Die Gesamtstrategie der Bewirtschaftung des gesamten wasserwirtschaftlichen Systems hat sich seit 2015 gravierend geändert. Vorrangig sind zum Schutz von
Panke und Tegeler See umfassende Maßnahmen auf dem Klärwerk Schönerlinde in Vorbereitung. Das Klärwerk Schönerlinde wird um weitere Verfahrensstufen zur Entfernung von Spurenstoffen und Nährstoffen erweitert (Ozonung und Flockungsfiltration). Die Arbeiten werden
voraussichtlich im Jahr 2023 (Ozonung) und 2027 (Flockungsfiltration) abgeschlossen sein.
Mit Umsetzung dieser Maßnahmen wird eine verträgliche, alle Schutzziele berücksichtigende
Ableitung möglich. Eine Teilableitung über die Panke konnte aus zeitlichen und fachlichen
Gründen in den bisherigen Planungen noch nicht berücksichtigt werden.
Derzeit erfolgt die Ausführungsplanung der oben beschriebenen Maßnahmen für den Abschnitt der Panke oberhalb der Mündung des Buchholzer Grabens sowie von Maßnahmen, die
durch die Ableitung nicht wesentlich betroffen sind. Für die anderen Abschnitte beziehungsweise Maßnahmen erfolgt in derzeit eine Überprüfung des Planänderungsbedarfs. Hieraus
ergeben sich für die Umsetzung der strukturverbessernden Maßnahmen an der Panke Zwangspunkte, die eine realistische Aussage zum Abschluss der Arbeiten derzeit nicht ermöglichen.
Eine Umsetzung bis 2027 wird angestrebt.
72
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
7.1.1.2 Tegeler Fließ
Das Tegeler Fließ entspringt aus zwei Quellen in Brandenburg, entwässert Teile der BarnimHochfläche in südwestlicher Richtung und mündet im Berliner Urstromtal in den Tegeler See.
Das Land Berlin hat einen Anteil von circa 14,5 Kilometer Lauflänge. Entwicklungsziel für das
Tegeler Fließ ist der gute ökologische Zustand.
Am Tegeler Fließ wurde mit Fertigstellung des Gewässerentwicklungskonzepts die Gewässerunterhaltung angepasst. Zweimal jährlich erfolgt eine Stromrinnenmahd, umgestürzte Bäume
werden im Uferbereich abgelegt und gesichert. Vegetation wird nur bei Bedarf (zur Sicherung
des Abflusses oder für die Arbeitsfreiheit) zurückgeschnitten. Der Biber ist am Tegeler Fließ
sehr aktiv und gestaltete die bislang frei fließenden Bereiche zu gestauten Pools um. In Abstimmung mit dem Artenschutz der Oberen Naturschutzbehörde werden bei Bedarf vorsichtige
Maßnahmen im Bereich von oder an Biberdämmen ergriffen, so etwa die Regulierung der
Wasserstände mittels Drainage oder ein maßvolles Abtragen von Gehölz am Damm. Es ist
abzuwarten, ob sich die Fließgewässer zum Typ „Niederungsbach in der Aue“ entwickeln. Für
die Bewertung von Biberstauen existiert noch kein Bewertungsverfahren.
Um einer Verlandung des Hermsdorfer Sees im Tegeler Fließ entgegen zu wirken, ist eine Entschlammung der Sedimente vorgesehen. Es soll bis auf eine generelle Wassertiefe von 3,5 bis
4,0 Meter entschlammt werden. Die Maßnahme dient der Wiederherstellung einer naturnahen
Seenmorphologie, Schadstoffeliminierungen stehen hier nicht im Vordergrund. Die Uferbereiche werden als ökologisch wertvoll eingeschätzt und bleiben unberührt. Ausgehend von den
Uferschonstreifen kann eine Wiederbesiedlung des Profundals erfolgen. Die Arbeiten beginnen
im Frühjahr 2022. Die Bauzeit beträgt circa vier Jahre.
Die Durchgängigkeit des Tegeler Fließes in Berlin wird vor allem durch zwei Querbauwerke
behindert, den Absturz unter der ehemaligen Humboldtmühle sowie das Wehr am Entnahmebauwerk zur Oberflächenwasseraufbereitungsanlage (OWA) Tegel. Für beide Querbauwerke
wurden durch die Senatsverwaltung Vorstudien mit Variantenuntersuchungen zur Herstellung
der Durchgängigkeit erstellt und Vorzugsvarianten festgelegt. Am OWA-Entnahmebauwerk ist
ein Schlitzpass im vorhandenen Gewässerprofil vorgesehen. Vorzugsvariante für die Humboldtmühle ist die Herstellung einer Sohlgleite mit Niedrigwasserrinne in geschütteter Bauweise, da sie nicht nur die Durchgängigkeit am besten gewährleistet, sondern auch Habitatpotenziale bietet. Die Gesamtlänge der Gleite beträgt mindestens 70 Meter und erstreckt sich über
die oberhalb liegenden Flurstücke. Diese Variante ist nur in Verbindung mit einem Neubau
der Brücke realisierbar, so dass die Umsetzung der Variante hauptsächlich auf Flächen des
Landes Berlin erfolgt. Beide Querbauwerke sind jedoch nicht im Eigentum des Landes. Der
Neubau der Sohlgleite kann nur realisiert werden, wenn das Gewässer entsprechend ausgebaut wird. Dafür ist, auch im Hinblick auf den Brückenneubau, ein förmliches Genehmigungsverfahren durchzuführen. Im Zuge dieses Verfahrens ist auch der Eigentümer in die Planung
und Realisierung einzubeziehen. Die Wiederherstellung der Durchgängigkeit bis 2027 wird
angestrebt.
7.1.1.3 Wuhle und Neue Wuhle
Die Wuhle verläuft vom brandenburgischen Ahrensfelde kommend zunächst auf der Landesgrenze von der Barnimhochfläche durch die Bezirke Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick, wo sie nach 16,5 Kliometer in die Spree mündet. Der Verlauf der Wuhle unterliegt einem
starken Wechsel zwischen siedlungsfernen und siedlungsdominierten Abschnitten, bietet aber
vor allem im Oberlauf von der Landesgrenze bis zur Unterquerung der Bundesstraße B1/B5
viel Potenzial für eine naturnahe Entwicklung. Entwicklungsziel für die Wuhle im Oberlauf ist
der gute ökologische Zustand. Unterhalb des Wuhleteichs ist die Wuhle als erheblich veränderter Wasserkörper eingestuft. Hier gilt ebenso wie für die Neue Wuhle das Entwicklungsziel
gutes ökologisches Potenzial.
73
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
An Wuhle und Neuer Wuhle, die 1984 als Klärwerksableiter angelegt und 2003 mit der Stilllegung des Klärwerks diese Funktion verloren hat und durch Regenwassereinleitungen gespeist
wird, wurden von 2006 bis 2008 drei Querbauwerke durch Fischwanderhilfen ersetzt, belastete Böden ausgetauscht, abschnittsweise die Sohle angehoben und das Profil naturnäher
gestaltet. Es besteht jedoch weiterer Handlungsbedarf, weshalb aufbauend auf dem Gewässerentwicklungskonzept die Vorplanung für strukturverbessernde Maßnahmen an Neuer Wuhle
und Wuhle erstellt wurde.
Die Planung sieht für die Neue Wuhle vor allem den Einbau von Bermen zur Retention von Abflussspitzen vor, um so naturnähere Abflussverhältnisse in der Wuhle zu erzielen. Im Oberlauf
der Wuhle sieht die Planung die Anlage von Sekundärauen vor, in denen die Wuhle sich eigendynamisch entwickeln kann. Die Wuhle verläuft hier auf der Landesgrenze zwischen Berlin
und Brandenburg. Auch auf Brandenburger Landesgebiet ist die Anlage von Sekundärauen
geplant. Die Entwicklung im Bereich des Kienbergs soll durch das punktuelle Einbringen von
Totholz unterstützt werden. Südlich des Wuhleteichs soll das Flächenpotenzial zur Neutrassierung genutzt werden, so dass die Wuhle sich hier eigendynamisch entwickeln kann. Im Bereich
des Griesinger Parks ist die Reaktivierung der Aue und die Abflachung von Uferabschnitten
vorgesehen. Im Unterlauf soll das Profil durch den Bau von Bermen eingeschränkt werden,
um so die Fließgeschwindigkeit zu erhöhen und naturraumtypische Ufer- und Sohlbereiche
zu schaffen. Im gesamten Gewässerverlauf soll Totholz zur Erhöhung der Strömungsdiversität
eingebaut und gewässerbegleitend ein durchgehender Uferstreifen zur Gehölzentwicklung
gesichert werden.
Das Querbauwerk an der Heesestraße soll durch einen Raugerinne-Beckenpass ersetzt
werden. Die Herstellung der Durchgängigkeit entsprechend den Anforderungen der WRRL ist
hier nur in Verbindung mit dem Neubau der Brücke möglich. Der damit verbundene erhöhte
Kostenaufwand ist in der Planung berücksichtigt.
In den sehr trockenen Jahren 2018, 2019 und 2020 sind Abschnitte und angeschlossene
Feuchtgebiete der Wuhle über längere Perioden trockengefallen. Um die Auswirkungen dieser
künftig voraussichtlich häufiger auftretenden Trockenperioden zu reduzieren, wird aktuell durch
die Wasserwirtschaft in Erwägung gezogen, eine breitere Debatte zum Umgang mit den klimawandelbedingten Herausforderungen für das gesamte Wuhletal anzustoßen, um so Möglichkeiten zur Stützung des Wasserhaushalts beziehungsweise von Kompensationsmaßnahmen
(wie zum Beispiel einer vorrangigen Entwicklung der Wuhle gegenüber der Neuen Wuhle) zu
diskutieren. Das Ergebnis dieser Debatte kann Auswirkungen auf die weitere Planung von
Maßnahmen entfalten.
Auf der Grundlage der Vorplanung und Umweltverträglichkeitsvorprüfung wird die weitere
Bauplanung erstellt. Die Fragen zur Stützung des Wasserhaushalts, die größeren Betroffenheiten im Bereich der Landesgrenze zwischen Berlin und Brandenburg sowie durch Brückenbaumaßnahmen sind Aspekte, die sich auf die erforderlichen Genehmigungsverfahren und
den Zeitbedarf bis zur Umsetzung auswirken. Eine Umsetzung der Maßnahmen bis 2027 wird
angestrebt.
7.1.1.4 Erpe
Die Erpe, auch Neuenhagener Mühlenfließ genannt, weist von der Quelle bis zur Mündung
in die Spree im Bezirk Köpenick eine Länge von circa 31,0 Kilometer auf, wovon circa
3,5 Kilometer auf Berliner Gebiet liegen. Sie ist durch ihre Funktion als Ableiter des Klärwerks
Münchehofe geprägt, der auf Brandenburger Gebiet in die Erpe mündet. Langanhaltende
Niederschläge im Brandenburger Einzugsgebiet führen in Berlin zu Hochwasser mit Ausuferungen bis in Kleingarten- und Siedlungsbereiche, weshalb die betroffenen Bereiche als Überschwemmungsgebiet festgesetzt wurden. Entwicklungsziel für die Erpe ist der gute ökologische
Zustand. Voraussetzung zur Umsetzung und Effektivität strukturverbessernder Maßnahmen in
Berlin sind daher eine Reinigungsstufe zur weiteren Nährstoffelimination im Klärwerk sowie retendierende Maßnahmen im Gewässerverlauf oberhalb der Landesgrenze.
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Das Gewässerentwicklungskonzept für die Erpe sieht im Unterlauf eine Aufwertung des Profils
durch den Einbau von Totholz vor. Im Abschnitt zwischen Landesgrenze und Abzweig der Alten
Erpe sind ein- oder beidseitige Aufweitungen und Sekundärauen anzulegen. Oberhalb der
Ravensteiner Mühle (Brandenburger Landesgebiet) sollte die Sohle angehoben werden, so
dass die Erpe hier entsprechend ihres Gewässertyps nur geringfügig eingeschnitten durch die
Aue mäandrieren kann. Auch hier ist im gesamten Gewässerverlauf Totholz einzubringen, ein
Uferstreifen mit Gehölzentwicklung zu sichern und die Gewässerunterhaltung anzupassen. Eine
erste Teilmaßnahme ist durch die Gewässerunterhaltung realisiert worden: In Fließrichtung
unterhalb der S-Bahntrasse der S3 sind zur Erhöhung der Strömungsdiversität Strömungslenker
eingebaut worden. Neu gepflanzte hochstämmige Erlen sorgen für eine natürliche Uferbefestigung und Beschattung in diesem Abschnitt.
Es wird geprüft, ob weitere Maßnahmen unter Berücksichtigung der oben beschriebenen
Abhängigkeiten umgesetzt werden können. Da diese nur eingeschränkt beeinflusst werden
können, ist der Zeitrahmen bis zur Umsetzung mit Unsicherheiten verbunden. Es wird eine
Umsetzung bis 2027 angestrebt. In Absprache mit dem Land Brandenburg und unter Berücksichtigung neuer bedeutender industrieller Ansiedlungen im Einzugsgebiet sollen Teile des
Gewässerentwicklungskonzeptes planerisch im Bewirtschaftungszeitraum umgesetzt werden.
Dazu gehört auch der Ausbau des Klärwerks Münchehofe mit einer erweiterten Phosphoreliminierung (Flockungsfiltration), für den bereits eine Genehmigung vorliegt.
7.1.1.5 Wasserstraßen
Die Gewässer Spree und Havel sowie die Kanäle Teltowkanal, Landwehrkanal, Neuköllner
Schifffahrtskanal, Spreekanal, Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal, Charlottenburger Verbindungskanal und Westhafenkanal sind schiffbar und werden in unterschiedlichem Maße sowohl
für den Gütertransport, die Fahrgast- als auch Freizeitschifffahrt genutzt. Mit Ausnahme des
Neuköllner Schifffahrtskanals, der sich im Eigentum des Landes befindet, handelt es sich um
Bundeswasserstraßen.
Nicht nur durch die Schifffahrt, sondern auch durch das urbane Umfeld, die Freizeit- und
Erholungsnutzung sowie den Hochwasserschutz, sind die Gewässer aktuell deutlich anthropogen überprägt. Dementsprechend sind die Gewässerstrukturen aktuell sehr einförmig mit
stark degradierten Gewässerbetten ohne Strömungs- oder Tiefenvarianz und Substratdiversität. Typgemäße Gewässerstrukturen, wie zum Beispiel Bankstrukturen oder Totholz, fehlen.
Querbauwerke verhindern die Durchwanderbarkeit. In den Uferbereichen fehlen besiedelbare
Strukturen für das Makrozoobenthos und die Fischfauna. Aufgrund der dichten Bebauung bis
an die Gewässeroberkante sind nur noch an wenigen Abschnitten weitgehend nutzungsfreie
Randstreifen vorhanden.
Einige Abschnitte der Havel oder der Müggelspree mit Flachwasserbereichen, Uferröhrichten
und durchströmten Kiessubstraten bieten auch heute naturnähere Ausprägungen von Uferstrukturen, die nachweislich eine höhere Artenvielfalt aufweisen. Naturraumtypisch gehören
alle Gewässer dem LAWA-Fließgewässertyp 15_g: Große, sand- und lehmgeprägte Tieflandflüsse an (vergleiche Kapitel 3.3). Bei den Kanälen handelt es sich um künstliche Wasserkörper,
die Spree ist stark verändert, weshalb hier das gute ökologische Potenzial zu erreichen ist.
Die Wiederherstellung der Durchgängigkeit an den drei im Land Berlin liegenden Querbauwerken in den Bundeswasserstraßen (Standorte Spandau (Havel), Mühlendamm und Charlottenburg (Spree)) ist Aufgabe der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV). Am
Standort Mühlendammwehr soll in Zusammenhang mit dem Neubau des Wehres am Südufer
der Wehrstrecke ein Schlitzpass hergestellt werden. Als größter Bemessungsfisch wird der
Wels berücksichtigt. Der nach Anhang IV der FFH-RL streng geschützte Europäische Stör ist
eine sehr langsam wachsende Art, der seine Geschlechtsreife bei einer mittleren Größe von
1,20 Meter erreicht. Mit einer Bemessung auf den 1,60 Meter langen Wels können somit auch
geschlechtsreife Störe aufsteigen. Sollten die Ergebnisse des Monitorings Durchgangsdefizite
aufweisen, werden weitergehende Maßnahmen geprüft [MLUK, SenUVK, MULE & WSV, 2020].
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Diese Maßnahme ist Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens „Herstellung der Ökologischen Durchgängigkeit einschließlich Ersatzneubau des Wehres Mühlendamm“, das voraussichtlich 2021 abgeschlossen wird. Der Baubeginn ist für 2022 vorgesehen. Die Planungen
zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit an den Standorten Charlottenburg und Spandau
mussten aufgrund von dringlichen Maßnahmen an systemkritischen Bauwerken zunächst
zurückgestellt werden, sollen aber nach Auskunft der Generaldirektion Wasserstraßen und
Schifffahrt jetzt wiederaufgenommen werden. Die WSV strebt an, die Maßnahmen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit an beiden Standorten bis 2027 zu ergreifen.
Im Rahmen des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 17 (VDE 17) beabsichtigt der Bund eine
durchgehende Befahrbarkeit der Unteren Havel-Wasserstraße und der Spree-Oder-Wasserstraße bis zum Berliner Westhafen für Schubverbände und Großmotorgüterschiffe herzustellen („Fahrrinnenanpassung Berliner Nordtrasse“). Hierzu ist die abschnittsweise Vertiefung
der Ausbautiefe auf 3,50 Meter (statt der Regeltiefe von 4,00 Meter), die Erneuerung von
Uferbefestigungen, die Errichtung von Wartestellen sowie eine Uferrückverlegung am Spandauer Horn erforderlich. Um den Ausbaubedarf zu reduzieren, ist ein nur eingeschränkter
Begegnungsverkehr beziehungsweise im Bereich des Spandauer Horns ein Richtungsverkehr
vorgesehen. In Abstimmung mit der Senatsverwaltung wurde der Trassenverlauf sowie die Gestaltung der Ufersicherung so optimiert, dass Eingriffe in Uferbereiche reduziert und ökologisch wertvolle Flachwasserzonen angelegt werden. Dabei wurden sowohl Flachwasserzonen
konzipiert, die technische und ökologische Aspekte miteinander verbinden, als auch solche,
die nur ökologischen Zielen dienen und als Ausgleichsmaßnahmen planfestgestellt wurden. Im
Bereich der Spree unterhalb der Schleuse Charlottenburg ist die Herstellung von Flachwasserzonen auf einer Länge von knapp 2.000 Meter, im Bereich der Havel zwischen Spreemündung
und Pichelsdorfer Gemünd von gut 1.000 Meter vorgesehen. Die Maßnahmen sollen ab 2021
durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung umgesetzt werden. Für den Abschnitt der Müggelspree zwischen Dämeritzsee und einschließlich Müggelsee wurde ein Gewässerentwicklungskonzept erarbeitet. Für das linksseitige Ufer der Spree im Bereich des Landschaftsschutzgebiets (LGS) Plänterwald liegt eine Vorplanung inklusive Umweltverträglichkeitsvorstudie vor.
Für die beiden anderen Spreewasserkörper und die Kanäle (105 Gewässerkilometer) werden
die erforderlichen, strukturverbessernden Maßnahmen zur Erreichung des guten ökologischen
Potenzials in einem Maßnahmenkonzept hergeleitet. Die angewandte Methodik zur Herleitung
des Maßnahmenumfangs basiert auf dem HMWB-Handbuch, Version 3.0 [Universität Duisburg-Essen & Planungsbüro Koenzen, 2015] sowie Ergebnissen des Projekts „Morphologische
und biologische Entwicklungspotenziale der Landes- und Bundeswasserstraßen im Elbegebiet.
Endbericht PEWA II. Das gute ökologische Potenzial: Methodische Herleitung und Beschreibung“ [Pottgiesser et al. 2008], das unter Federführung des Landes Berlin erarbeitet wurde.
Um die Habitatbedingungen für die biologischen Qualitätskomponenten zu verbessern, sind
demnach vor allem strömungs- und wellenschlagberuhigte Flachwasserbereiche mit Wasserpflanzen und lagestabile, gut durchlüftete, sauerstoffreiche sandig-kiesige Substrate erforderlich. Die Schaffung von Flachwasserzonen, in denen durch einen vorgelagerten, mit Öffnungen
versehenen Wellenschutz Beeinträchtigungen durch schifffahrtsbedingten Wellenschlag, Sunk
und Schwall minimiert werden, eine ausreichende Durchströmung jedoch gewährleistet ist,
stellt daher die vorrangige Aufgabe dar. Je nach wasser- beziehungsweise landseitigem
Entwicklungspotenzial und vorhandenen Restriktionen kann dies der jetzigen Uferbefestigung
vorgelagert oder durch eine Versteilung des Ufers landseitig angeordnet werden. Darüber
hinaus beziehungsweise in diese integriert sollte die Wasservegetation gefördert sowie Totholz
eingebracht werden. In sehr restriktiven Abschnitten sind Mindesthabitate durch Ersatzstrukturen, wie befestigte Reisigbündel als besiedelbares Hartsubstrat für Makrozoobenthos oder
Fischunterstände aus Stahlbeton, vorzusehen. Während im Gewässerentwicklungskonzept
Müggelspree/-see die Maßnahmen bereits konkret verortet sind, kommen im Maßnahmenkonzept „Suchräume“ zur Anwendung, innerhalb derer die Maßnahmen in folgenden Planungsphasen noch konkret zu verorten und zu dimensionieren sind. Eine Prüfung aller vorhandenen
Restriktionen ist im Rahmen der konzeptionellen Planung von mehr als 100 Kilometer und unter
anderem sehr heterogenen Eigentums- und Nutzungsverhältnissen nicht möglich.
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Das Maßnahmenkonzept enthält Angaben zum Anteil erforderlicher Substrate und Habitate
pro Kartierabschnitt auf Basis des oben genannten HMWB-Handbuchs sowie eine hieraus abgeleitete Quantifizierung der erforderlichen Maßnahmen je Wasserkörper. Das Projekt „Gutes
ökologisches Potenzial der Kanäle und der Spree in Berlin: Herleitung des Maßnahmenbedarfs“, in welchem Hinweise von Vertretern des Wasser- und Schifffahrtsamtes Spree-Havel
berücksichtigt werden, wird im April 2021 abgeschlossen. Der Bericht wird veröffentlicht und ist
Hintergrunddokument für die Abstimmungen zur Einvernehmenserteilung der WSV im 3. Bewirtschaftungszyklus.
Bis zum Sommer 2021 war die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV)
für die Verwaltung der Bundeswasserstraßen als Verkehrswege, die Bundesländer für den
wasserwirtschaftlichen Ausbau zur Zielerreichung nach WRRL zuständig. Die sich aus dieser
Aufgabenverteilung ergebenden unterschiedlichen Verantwortlichkeiten führten zusammen mit
Unterhaltungs- und eigentumsrechtlichen Fragen in der Vergangenheit zu Konflikten, die nicht
zufriedenstellend geklärt werden konnten. Die Wasserwirtschaftsverwaltung des Landes hat
ihre Kapazitäten daher auf die Planung und Umsetzung von gewässerökologischen Verbesserungen an Gewässern im Eigentum des Landes konzentriert. Mit dem am 09. Juni 2021 in
Kraft getretenen „Gesetz über den wasserwirtschaftlichen Ausbau an Bundeswasserstraßen zur
Erreichung der Bewirtschaftungsziele der Wasserrahmenrichtlinie“ wurde die Zuständigkeit für
den wasserwirtschaftlichen Ausbau zur Zielerreichung nach WRRL an den Bundeswasserstraßen auf die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) übertragen. Durch
die Neuregelung der Zuständigkeit sollen die Synergien zwischen verkehrlicher und wasserwirtschaftlicher Verwaltung der Bundeswasserstraßen zugunsten der Erreichung der Ziele der
Wasserrahmenrichtlinie genutzt werden.
Mit den konzeptionellen Planungen zur strukturellen Verbesserung der Wasserstraßen in Berlin
liegen die Grundlagen für konkrete Maßnahmenplanungen durch die WSV vor. Der Umfang
der Maßnahmen in Verbindung mit begrenzten personellen und finanziellen Kapazitäten und
umfangreichen Genehmigungsverfahren lässt derzeit keine verlässliche Einschätzung zum
Zeitraum der Maßnahmenumsetzung zu. Weitere Unsicherheiten sind die ungeklärte Trägerschaft von Maßnahmen im Bereich von landeseigenen Ufersicherungen sowie die Zuständigkeit für die Unterhaltung der ökologischen Strukturen. Im Zusammenhang mit der erforderlichen Uferinstandsetzung am Landwehrkanal wurden in dem Mediationsverfahren „Zukunft
Landwehrkanal“ auch Potenziale zur ökologischen Aufwertung untersucht und konkrete Maßnahmen abgestimmt. Im Bereich der Müller-Breslau Straße ist in 2021 durch das WSA SpreeHavel die Herstellung einer ersten kleinen Flachwasserzone vorgesehen. Bei Uferinstandsetzungen wird auch derzeit geprüft, ob Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung umgesetzt
werden können. So wurde zum Beispiel am linksseitigen Spreeufer auf Höhe des Hasselwerder
Parks eine schmale Flachwasserzone durch das Einbringen von Pfahlpaketen und Kiessubstrat
angelegt.
7.1.1.6 Seen
Neben einer weiteren Nährstoffeliminierung im Einzugsgebiet sind Konzepte für einen ökologisch verträglichen Wassertourismus (Förderung von muskelbetriebenem Sport, Besucherlenkung, Umweltbildungsmaßnahmen und so weiter) umzusetzen. In Berlin besteht für den
Großen Müggelsee eine gemeinsame Vereinbarung mit den Verbänden und Anliegern, die
weiter ausgebaut werden muss. Für andere Seen haben einige Bezirke Ufernutzungskonzepte
(für Stege, Wanderwege und so weiter) entwickelt, die schrittweise umgesetzt werden sollen.
Darüber hinaus sind geschützte Abschnitte zu entwickeln, die als Strahlursprung für die Besiedlung durch aquatische Organismen geeignet sind. Die baulichen Maßnahmen des Gewässerentwicklungskonzeptes Müggelsee (Laichhabitate für Leitfischarten, Umbau der Mole,
Totholzbereiche an den Bänken, Förderung naturnaher Ufertypen an Bänken…) sollen weiter
vorangebracht werden.
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Durch eine angepasste Gewässerunterhaltung und die Förderung von Schilf und Totholzbereichen an den Seeufern sind Reproduktionszonen und Unterstände für Fische und Habitate
für die wirbellose Fauna zu entwickeln, um die Ziele der WRRL zu erreichen. Hierbei werden
naturschutzfachliche Festlegungen integriert. In Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg,
dem Naturschutz und der Gewässerunterhaltung soll die Strukturverbesserung für die wirbellose Fauna und die Fische an den Ufern der Havel noch stärker in den Fokus gestellt werden.
7.1.2 Reduzierung der Belastungen durch Nähr- und Schadstoffe sowie
durch hydraulische Beeinträchtigungen
7.1.2.1 Nährstoffreduzierungskonzept/Maßnahmen auf Kläranlagen
Um die Nährstoffbelastungen in Dahme, Spree und Havel weiter zu mindern, haben die
Länder Berlin und Brandenburg ein gemeinsames Nährstoffreduzierungskonzept erarbeitet
[SenStadtUm & MLUL, 2015]. Eine Reduzierung der Nährstoffeinträge wirkt sich nicht nur
ökologisch positiv auf die Gewässer im Spree-Havel-Raum aus, sondern entlastet anteilig
darüber hinaus auch den Elbestrom sowie die Übergangsgewässer zur Nordsee. Das Nährstoffreduzierungskonzept leistet somit auch einen Beitrag für das Erreichen der überregionalen
Nährstoffminderungsziele der Flussgebietsgemeinschaft Elbe. Es beinhaltet Maßnahmen und
Strategien, um die Umweltziele für den trophischen Zustand im Bereich der Unteren Spree
sowie der Havel zwischen Hennigsdorf (Obere Havel) und Havelberg (Untere Havel) sowie
zwischen Sophienwerder (Untere Spree) und Neu Zittau (Untere Spree) beziehungsweise Neue
Mühle (Dahme) mittel- bis langfristig zu erreichen. Maßnahmenschwerpunkt in Berlin bilden
die Klärwerke der Berliner Wasserbetriebe. Das Konzept sieht vor, bis 2027 alle Großklärwerke
im Berlin-Brandenburger Spree-Havelraum zeitlich gestaffelt mit einer weitergehenden Reinigungsstufe zur Nährstoffelimination auszustatten. Tabelle 8 zeigt den aktuellen Planungsstand.
Tabelle 11: Aktueller Planungsstand auf den Großklärwerken zur Errichtung einer weitergehenden Reinigungsstufe zur Nährstoffelimination (Flockungsfiltration)
[BWB, 2020]
Klärwerk
Ruhleben (BWB)
Münchehofe (BWB)
Waßmannsdorf (BWB)
Schönerlinde (BWB)
Wansdorf (Klärwerk Wansdorf GmbH)
Stahnsdorf (BWB)
Baubeginn (geplant)
02/2022
10/2021
seit 08/2020
12/2023
noch offen
noch offen
(Neubau des Klärwerks geplant)
Inbetriebnahme (geplant)
03/2025
02/2024
06/2023
01/2027
10/2027 (Beginn Probebetrieb)
nach 2027
Neben Maßnahmen auf Klärwerken zur weitergehenden Nährstoffelimination, sind auch
weitere Verfahrensstufen zur Entfernung von Spurenstoffen vor dem Hintergrund der hohen
Bedeutung der punktuellen Einträge geboten. Die Verringerung des Eintrags umweltrelevanter
chemischer Substanzen ist ein wesentlicher Bestandteil des Schutzes der Gewässerökosysteme
und der Trinkwasserressourcen. Dazu wurde eine gemeinsame Strategie der Länder Berlin und
Brandenburg zum Umgang mit anthropogenen Spurenstoffen aus Kläranlagen erarbeitet. Vor
dem Hintergrund der besonderen naturräumlichen und wasserwirtschaftlichen Ausgangslage
mit hohen Abwasseranteilen in den Gewässern, ist die Belastung der Gewässer mit Spurenstoffen in Berlin von hoher Bedeutung. Spurenstoffe können bereits in sehr niedrigen Konzentrationen nachteilige Auswirkungen auf empfindliche Gewässerorganismen haben. Daher
verfolgt die Spurenstoffstrategie neben immissionsbasierten Zielen auch einen emissionsbasierten Ansatz: Ziel ist es, für alle Großklärwerke der Berliner Wasserbetriebe mittelfristig
die beste verfügbare Technologie zur Entfernung von Spurenstoffen im Sinne eines vorsorgenden Gewässer- und Ressourcenschutzes zu etablieren. Die Strategie versteht sich als
Ergänzung zu den laufenden Aktivitäten des Bundes und der EU zur Minderung des Eintrages
chemischer Substanzen in die Umwelt.
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7.1.2.2 Dezentrale Regenwasserbewirtschafung
Wesentliche Belastungen für die Berliner Gewässer im Hinblick auf den Eintrag von Nähr- und
Schadstoffen sowie hydraulische Beeinträchtigungen resultieren aus dem aktuellen Umgang
mit Regenwasser in Berlin.
Im Bereich der Mischwasserkanalisation kommt es durch eine Überlastung des Kanalsystems
infolge von Regenereignissen – insbesondere im Bereich von Pumpwerken – zu kontrollierten
Entlastungen von Mischwasser in die Oberflächengewässer. Die dadurch erzeugten Sauerstoffzehrungen führen räumlich und zeitlich begrenzt zu annähernd sauerstofffreien Verhältnissen, was starke Störungen der ansässigen Lebensgemeinschaften zur Folge hat. Weiterhin sind
Einträge von humanpathogenen Keimen problematisch für den Badebetrieb.
Auch Einleitungen von Regenwasser, das nicht mit Schmutzwasser vermischt ist, sind mit negativen Umwelteffekten verbunden. Insbesondere das von Straßen abfließende und überwiegend
ohne Behandlung eingeleitete Regenwasser stellt eine große Belastung für die Gewässer dar.
Es führt durch hohe Abflussspitzen bei Regenwetter zu unnatürlichen Abflussverhältnissen. Die
mit dem Regenwasser eingetragenen Schwermetalle und organischen Spurenstoffe führen
zu Überschreitungen von Umweltqualitätsnormen der OGewV (siehe Kapitel 5.1). Besonders
kleine Fließgewässer, Seen und Pfuhle erreichen durch Nährstoffeinträge hocheutrophe Zustände. Die Ablagerung von Partikeln und Feinsedimenten aus dem Einzugsgebiet befördert
in Fließgewässern die Kolmation von Kieslaichplätzen, überdeckt ufernahe Schlüsselhabitate
für Gewässerorganismen und verhindert in Standgewässern durch Trübung natürliche Ausbreitungstiefen der typischen Flora und Fauna.
Als wesentliches Werkzeug zur Verringerung stofflicher und hydraulischer Gewässerbelastungen wird in Berlin die dezentrale Bewirtschaftung von Regenwasser gefördert. Maßnahmen
der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung, wie Gründächer, begrünte Fassaden, Mulden
und Teiche weisen eine Vielzahl positiver Effekte auf. Neben der stofflichen und hydraulischen
Entlastung die Gewässer puffern sie Starkregenereignisse ab, verbessern die Wasserversorgung der urbanen Vegetation und somit auch das Stadtklima.
Die Neuausrichtung des Umgangs mit Regenwasser – weg von der Regenwasserableitung, hin
zu einer Bewirtschaftung des Regenwassers vor Ort – ist ein Prozess, dem sich das Land Berlin
aufgrund der gewachsenen Infrastrukturen, bei denen eine schnelle Beseitigung des anfallenden Regenwassers im Vordergrund stand, in den kommenden Jahren und Jahrzehnten intensiv
widmen wird. Insbesondere die Umsetzung in Bestandsgebieten erfordert eine umfangreiche
Öffentlichkeitsarbeit, um Grundstückeigentümer – private wie auch öffentliche – und Investoren für die Umsetzung derartiger Maßnahmen zu gewinnen. Hierzu wurde 2018 die Berliner
Regenwasseragentur gegründet, die die Berliner Verwaltung bei der Förderung dezentraler
Regenwasserbewirtschaftung unterstützt. Tätigkeitsfelder der Regenwasseragentur sind in erster Linie Information und Sensibilisierung sowie die Unterstützung der Kommunikation zwischen
den von der Neuausrichtung der Regenentwässerung betroffenen Stellen in Wirtschaft und
Verwaltung.
Ein wichtiger Baustein zur Förderung dezentraler Regenwasserbewirtschaftung in Berlin stellt
das Hinweisblatt zur Begrenzung von Regenwassereinleitungen bei Bauvorhaben in Berlin
[Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, 2018] dar. Dieses regelt seit dem
1. Januar 2018 verbindlich, dass für Neubau- und Sanierungsvorhaben in Berlin die Einleitung
von Regenwasser auf 2 Liter pro Sekunde je Hektar n Gewässer 2. Ordnung beziehungsweise
10 Liter pro Sekunde je Hektar in Gewässer 1. Ordnung begrenzt wird.
Um auch im Gebäudebestand Anreize zur Umsetzung dezentraler Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen für Eigentümer zu setzen, wurden Maßnahmen zur Abkopplung in die Fördermittelprogramme BENE (Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung) und BEK (Berliner
Energie- und Klimaschutzprogramm) aufgenommen. Zudem wird die Begrünung von Dächern
vor allem in dicht bebauten Quartieren über das 1.000 Grüne Dächer Programm gefördert.
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Analog zur Neuausrichtung der Regenentwässerung auf Grundstücken findet ein vergleichbarer Prozess auch für Bauvorhaben im öffentlichen Raum – insbesondere im Straßenland – statt.
Hier wird jedes einzelne Bauvorhaben (Neubau, Instandsetzung) in Zusammenarbeit von Bezirken, Senatsverwaltung, Berliner Wasserbetrieben und Regenwasseragentur auf Potenziale
zur dezentralen Regenwasserbewirtschaftung hin untersucht und umgesetzt.
Da Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung überwiegend durch Dritte
durchgeführt werden, erschweren mehrere Faktoren eine Einschätzung des weiteren Umsetzungsprozesses:
— Nicht alle relevanten Vorhaben sind anzeigepflichtig. Viele Maßnahmen der dezentralen
Regenwasserbewirtschaftung sind über die Niederschlagswasserfreistellungsverordnung
Berlin vom formalen Genehmigungsprozess ausgenommen.
— Genehmigungsprozesse und die zu beteiligenden Stellen unterscheiden sich je nach
Vorhaben erheblich. Von den Stadtplanungsämtern der Berliner Bezirke aufgestellte Bebauungspläne sowie Planfeststellungsverfahren erreichen über die Beteiligung der Träger
öffentlicher Belange (TÖB-Beteiligung) die Landesverwaltung, während Bauvorhaben nach
§ 34 BauGB auf der Ebene der Berliner Bezirke bearbeitet werden.
— Die Beantragung und Genehmigung eines Vorhabens mit Bezug zur Regenwasserbewirtschaftung gibt keine Auskunft darüber, ob und wann das Vorhaben tatsächlich durchgeführt wird. Ebenso kann eine einmal erteilte Genehmigung zum Umgang mit Regenwasser
widerrufen werden, wenn zwischen der Erteilung der Genehmigung und der Ausführung zu
viel Zeit vergeht, etwa bei längerfristig ungenutzten Angebots-B-Plänen.
Problematisch ist aktuell, dass es keine konsistente Datenbasis zur stadtweiten Erfassung
der Effekte der Neuausrichtung der Regenwasserbewirtschaftung (wie zum Beispiel Zu- und
Abgänge von angeschlossenen Flächen, Art der Bewirtschaftung) gibt. In Zusammenarbeit
mit den Berliner Wasserbetrieben wird aktiv daran gearbeitet, zukünftig den Versiegelungszustand und die Art der Entwässerung in Berlin hoch aufgelöst bilanzieren zu können. Damit soll
es – unabhängig von der Art eines Bauvorhabens – ermöglicht werden, Zustand und Veränderungen von versiegelten Flächen und deren Form der Regenentwässerung systematisch zu
erfassen, um so den Fortschritt in der Umsetzung erfassen und den Umsetzungsprozess besser
evaluieren zu können.
7.1.2.3 Maßnahmen im Bereich der Mischwasserkanalisation
Durch das Mischwassersanierungsprogramm des Landes Berlin und der Berliner Wasserbetriebe werden stadtweit insgesamt 300.008 Kubikmeter Stauraum für die Mischwasserspeicherung bis 2025 geschaffen. Ziel ist es, die Anzahl der Mischwasserüberläufe von 30 Mal pro
Jahr auf durchschnittlich 10 Mal im Jahr zu begrenzen. Die Reduzierung der Mischwasserüberläufe erfolgt durch Speicherung in Kanalnetz mit anschließender Ableitung zu den Klärwerken.
Die Speicherung kann sowohl im bestehenden Kanalnetz (Schwellenanhebungen an den Regenüberlaufbauwerken, Kanalbewirtschaftung) als auch in zusätzlich zu schaffenden Speicherbauwerken (Stauraumkanal, Regenüberlaufbecken) erfolgen. Aus Sicht des Gewässerschutzes
werden folgende Effekte erwartet:
— Verringerung fischkritischer Zustände, Stabilisierung der Sauerstoffverhältnisse;
— Verringerung des Eintrags von Nähr- und Schadstoffen wie Phosphor, Schwermetallen oder
organischen Spurenstoffe zum Schutz von Spree und Havel und der Trinkwassergewinnung;
— Verringerung des Eintrags von Keimen zum Schutz der Badestellen in der Unterhavel.
Durch das laufende Bauprogramm werden die Gewässer bereits deutlich entlastet. Es ist
jedoch erkennbar, dass für ausgewählte Gewässerabschnitte weitere Maßnahmen erforderlich sind. Maßstab für einen weitergehenden Bedarf wird die Anzahl erfasster fischkritischer
Zustände sein: Es ist geplant, für ökologische Schwerpunktgebiete ein ergänzendes Sanierungsprogramm zum laufenden Programm zu entwickeln. Die Grundlagen dafür schafft das
Projekt MiSa (Mischwasserkanalsanierung) (siehe unten). Zu den näher betrachteten Gebieten
gehören vor allem der Neuköllner Schifffahrtskanal, der Landwehrkanal und der Spreebereich
in Charlottenburg einschließlich der Einzugsgebiete der Kanalisation.
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Kurzfristig umzusetzende Maßnahmen wie die Aktivierung von vorhandenem Stauraum sind
bei den Berliner Wasserbetrieben derzeit in Prüfung. Es ist geplant, die Umsetzung des ergänzenden Sanierungsprogramms nahtlos ab 2026 an das laufende Programm anzuschließen,
sofern die erforderlichen Mittel durch den Landeshaushalt bereitgestellt werden.
DAS FORSCHUNGSPROJEKT MiSa
Im Rahmen des Projektes MiSa (Mischwasserkanalsanierung) werden in einer gekoppelten
Immissions-Emissions-Modellkette Belastungsschwerpunkte in den Oberflächengewässern im
Einflussbereich der Mischwasserkanalisation identifiziert. Für diese werden im Weiteren auf
konzeptioneller Ebene Maßnahmenpakete zur Verringerung der Gewässerbelastung erstellt und
die Effekte modellgestützt untersucht. Diese zielen in erster Linie darauf ab, Gewässerbelastungen durch Mischwasserentlastungen zu verringern. Die Berliner Wasserbetriebe erstellen für die
identifizierten Belastungsschwerpunkte auf Basis der geeigneten Maßnahmenpakete Generalentwässerungspläne als Grundlage für das ergänzende Sanierungsprogramm. Gegenstand
der Untersuchungen werden aber nicht nur kanalgebundene Maßnahmen sein, sondern auch
Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung auf der Stadtoberfläche. Somit können auch weitere stadtökologische und Klimaanpassungseffekte synergetisch erzielt werden.
7.1.2.4 Maßnahmen im Bereich der Trennkanalisation
Nach Umsetzung einer Vielzahl von Maßnahmen im Mischsystem sind verstärkt Maßnahmen
zur Reduzierung der Belastung aus dem bestehenden Kanalnetz des Trennsystems zu planen
und umzusetzen, sofern die erforderlichen Haushaltsmittel bereitgestellt werden. Aufgrund des
umfangreichen Handlungsbedarfs in Berlin ist eine Priorisierung erforderlich. Diese erfolgt zum
einen immissionsorientiert über eine Priorisierung der Gewässer und zum anderen über die
Identifikation von Hauptbelastungsquellen. Hierzu wird die Menge an abfiltrierbaren Stoffen
bilanziert, die bei Regen von einer Fläche abgetragen wird. Da die gewässerbelastenden
Stoffe überwiegend am Feinmaterial haften, werden nur die feinen abfiltrierbaren Stoffe
(AFSfein) mit einer Korngröße von weniger als 63 Mikrometer betrachtet. Den Herkunftsflächen
(Dachflächen, Verkehrsflächen und Mischflächen) wird ein Stoffaufkommen (Orientierungswerte zur mittleren jährlichen Verschmutzung) zugeordnet und die jährlichen AFS63-Frachten
je Einleitstelle abgeleitet. Es handelt sich hierbei um Rechenwerte, die als Indikatoren für die
Größenordnung der stofflichen Belastung herangezogen werden. Die Ergebnisse werden im
Abgleich mit weiteren Kriterien (unter anderem Synergien mit weiteren WRRL-Maßnahmen,
Trinkwasserschutz, Badegewässer, Naturschutz) bewertet. Für die Teileinzugsgebiete der so
identifizierten prioritären Belastungsquellen werden in der Folge Konzepte zur Regenwasserbewirtschaftung erstellt und geeignete Maßnahmen unter anderem in Abhängigkeit der
vorhandenen Flächenpotenziale geplant und umgesetzt. Hierzu gehören sowohl dezentrale
Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen der Reinigung und Retention bis hin zur Abkopplung als auch semi- und zentrale Anlagen [Nowak et al., 2018].
Die folgenden Gewässer wurden aufgrund von Synergien mit weiteren WRRL-Maßnahmen, der
Lage in einem Schutzgebiet oder ihrer Eigenschaft als Badegewässer als prioritäre Gewässer
festgelegt:
— Wuhle;
— Panke;
— Tegeler Fließ;
— Erpe;
— Rummelsburger See (Marzahn-Hohenschönhausener Grenzgraben/Ruschegraben);
— Spree (Einlauf Rudower Straße, Einlauf Spreeschlossstraße);
— Flughafensee;
— Körnerteich (Wasserschutzzone (WSZ) IIII B);
— Kaulsdorfer Teich I (WSZ III A/B);
— Weißer See (Badegewässer);
— Schlachtensee (WSZ III, Badegewässer);
— Krumme Lanke (WSZ I+II+III, Badegewässer);
— Nikolassee (WSZ I+II);
— Karpfenteich (WSZ III B).
81
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Die Arbeiten zur Identifikation der Hauptbelastungsquellen und Ermittlung der jährlichen
AFS63-Frachten je Einleitstelle sind abgeschlossen. In Abstimmung mit den betroffenen
Senats- und Bezirksverwaltungen werden geeignete Flächenpotenziale für Regenwasserbewirtschaftungsanlagen ermittelt und gesichert. Dieser Planungsprozess ist mit erheblichen
Herausforderungen und Unsicherheiten verbunden. Ein genauer Zeitpunkt für den Abschluss
kann daher aktuell noch nicht benannt werden.
An Gewässern mit großem Handlungserfordernis wurden in der Vergangenheit bereits Studien
erstellt und Flächen für zentrale Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung gesichert. Die
im Folgenden aufgezählten Maßnahmen werden derzeit bis zur Umsetzungsreife geplant und
werden voraussichtlich ab 2024 umgesetzt.
WUHLE
— Umbau Regenrückhaltebecken (RRB) CecilienstrAßE (Ost) zum Retentionsbodenfilter (RBF)
— Umbau RRB Hellersdorfer Weg zur Hochleistungssedimentationsanlage (HLSA)
— Umbau RRB Hohensaatner Straße zur HLS
— Neubau RBF Bahndamm
— Neubau RBF Buckower Ring
— Neubau RBF Pyramidenring
RUSCHEGRABEN/RUMMELSBURGER SEE:
— Umbau RRB Siegfriedstraße zu HLS
— Umbau RRB Josef-Orlopp-Straße zu HLS
Die Planung und Umsetzung von zentralen und semizentralen Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen ist zeit- und kostenintensiv und mit vielen Unsicherheiten behaftet (Flächenverfügbarkeit, Genehmigung, Verfügbarkeit von Investitionsmitteln und anderen). Eine Aussage
welche Maßnahmen über das vorgezogene Bauprogramm (siehe oben) hinaus bis zu welchem
Jahr umgesetzt sein werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Es ist jedoch das erklärte Ziel des Berliner Abgeordnetenhauses und der Verwaltung, Verbesserungen im Bereich
des Gewässerschutzes – insbesondere durch eine umweltverträglichere Bewirtschaftung von
Regenwasser – zu erreichen.
Um geeignete Flächen für zentrale oder semizentrale RWB-Maßnahmen zu sichern, wird parallel eine Flächenpotenzialkarte erstellt. Nicht an allen Gewässern mit behandlungsbedürftigen Einleitungen sind geeignete Flächen verfügbar. Hier, aber auch in Ergänzung zu zentralen
Maßnahmen, müssen die Möglichkeiten der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung genutzt
werden. Diese werden im Rahmen von Straßensanierungsplanungen und Generalentwässerungsplänen geprüft. Ist aufgrund der Verkehrsdichte oder der Platzverhältnisse der Einsatz
von Mulden, Mulden-Rigolen-Systemen oder ähnlichem nicht möglich, kann die Reinigung
über Einsätze in Straßenabläufen erfolgen. Hierzu werden derzeit in Zusammenarbeit von
BWB, BSR und Senatsverwaltung die Voraussetzungen geschaffen.
7.1.2.5 Sonstige schadstoffbezogene Maßnahmen
Bei verschiedenen Schadstoffen, die zu einer Überschreitung von Umweltqualitätsnormen
(UQN) in den Berliner Gewässern führen, liegen die maßgeblichen Einleitungen und Einträge in
der Vergangenheit (Polychlorierte Biphenyle, siehe Kapitel 5.1.1.2) beziehungsweise stehen die
Überschreitungen in Zusammenhang mit einer ubiquitären Verbreitung (Quecksilber, Bromierte
Diphenylether, siehe Kapitel 5.1.2). Zur Reduzierung der Gewässerbelastung können für diese
Stoffe nach aktuellem Kenntnisstand über die Herkunftsquellen und die maßgeblichen Prozesse
der Verbreitung in der Umwelt landesweit keine effektiven wasserwirtschaftlichen Maßnahmen
ergriffen werden. Durch regelmäßige Untersuchungen wird die zeitliche Entwicklung der Schadstoffbelastung überwacht und die Wirkung von nationalen (zum Beispiel für Quecksilber: Ausstieg aus der Kohleverstromung) beziehungsweise internationalen Maßnahmen (Herstellungsund Verwendungsverbote von Stoffen, „Minamata-Konvention“ zur Eindämmung des weltweiten
Quecksilberausstoßes) kontrolliert.
82
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Für den ebenfalls als ubiquitär eingestuften Schadstoff Tributylzinn (siehe Kapitel 5.1.2) soll geprüft werden, inwieweit belastete Sedimente durch Remobilisierungsprozesse zu einer diffusen
Verbreitung im Gewässersystem und damit auch zu einer Überschreitung der UQN beitragen.
In diesem Zusammenhang sind auch Sedimentuntersuchungen in potenziell kontaminierten
Hafenbereichen und an Schiffsanlegern vorgesehen.
7.1.3
Einschätzung der Maßnahmenwirkung
Aufgrund vielfältiger, sich überlagernden Gewässerbelastungen und der Vielzahl von Einzelmaßnahmen, die kumulativ auf den Gewässerzustand wirken, ist eine hinreichend belastbare
Aussage, ob die oben beschriebenen Maßnahmen ausreichen, um die Ziele der WRRL zu
erreichen, zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Das regelmäßige Monitoring der Gewässer,
ergänzende Überwachungsprogramme und vertiefende Untersuchungen werden den Kenntnisstand sukzessive verbessern. Sind umgesetzte Maßnahmen in ihrer Wirkung unzureichend,
werden auch zukünftig noch weitere Maßnahmen in das Berliner Maßnahmenprogramm zur
Umsetzung der WRRL aufgenommen. Dabei ist grundsätzlich zu beachten, dass viele der
geplanten und umgesetzten Maßnahmen nicht unmittelbar wirken, sondern es mitunter lange
Zeiträume benötigt, bis die intendierte Wirkung eintritt. Da konkrete Erfahrungswerte oftmals
nicht oder nur vereinzelt vorhanden sind, ist eine Einschätzung von Maßnahmenwirkungen mit
Unsicherheiten verbunden.
Durch eine Expertengruppe der LAWA wurden für die verschiedenen biologischen Qualitätskomponenten – differenziert nach Gewässertypgruppen und anderen relevanten Einflussfaktoren – erste Angaben zu möglichen Zeitspannen bis zum Wirkungseintritt von Maßnahmenpaketen erarbeitet [LAWA, 2019b]. Mit diesen Angaben zur „Verzögerungszeit“ ist dabei jene
Zeitspanne gemeint, die es nach Umsetzung aller erforderlichen Maßnahmen benötigt, bis die
jeweilige Qualitätskomponente sich in einem guten Zustand gemäß WRRL befindet. Da der wissenschaftliche Kenntnisstand vergleichsweise gering ist, basieren die Angaben maßgeblich auf
Experteneinschätzungen und wenigen Erfahrungswerten. So sind etwa für Seen durch frühere
Sanierungsmaßnahmen zur Phosphorreduzierung mehr Erfahrungen zu entsprechenden Zeiträumen vorhanden als bei Fließgewässern und Küstengewässern. Aus diesem Grund sind die
Einschätzungen durch ein hohes Maß an Variabilität gekennzeichnet. Es werden daher nachstehend auch die Unsicherheiten bei der Einschätzung der Verzögerungszeit beschrieben.
7.1.3.1 Verzögerungszeit bei der ökologischen Regeneration –
Maßnahmenbereich Nährstoffe
Neben diffusen und punktuellen Einträgen, die zu erhöhten Nährstofffrachten führen, kann es
in Berlins innerstädtischen stauregulierten Systemen und den Flussseen von Dahme, Havel
und Spree infolge langer Verweilzeiten zur Remobilisierung von Phosphor aus den Sedimenten
kommen. Es kann daher noch Jahrzehnte dauern, bis die Nährstoffkonzentrationen flächendeckend ohne Schwankungen auf ein tieferes Niveau gesenkt werden. Nährstoffeinträge
wirken sich primär auf die biologischen Qualitätskomponenten benthische Diatomeen und das
Phytoplankton aus, sekundär jedoch auch auf Makrozoobenthos und Fische.
BENTHISCHE DIATOMEEN
Benthische Diatomeen reagieren auf punktuelle Einträge in kleinen Fließgewässern oft kurzfristig. Jedoch ist fallweise der Umstand festzustellen, dass Trophie anzeigende Kieselalgen in
Gewässern weiterhin dominieren können, obwohl die Nährstoffbelastung erheblich verringert
worden ist. Beobachtungen dieser Art stützen die Vermutung eines gewissen Beharrungsvermögens einzelner Arten auch unter für sie suboptimaler Nährstoffversorgung und belegen,
dass sich Veränderungsprozesse je nach Gegebenheiten über längere Zeiträume erstrecken
können.
83
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
PHYTOPLANKTON
Das Phytoplankton in Fließgewässern reagiert in Abhängigkeit von der Lichtverfügbarkeit,
Wasseraufenthaltszeit, Hydraulik und Beschattung unterschiedlich auf Nährstoffreduktion. Je
größer das Einzugsgebiet, desto träger reagiert das System. In Berliner Gewässern konnten
Aspektwechsel von Phytoplanktontrübung zu Makrophytendominanz nach Nährstoffreduktion beobachtet werden (Flussseen, Müggelspree). In gestauten Abschnitten sind ebenfalls
abschnittsweise Rückgänge im Phytoplankton dokumentiert, wobei diese oft nicht (nur) auf
die Nährstofflimitation, sondern auch auf Auswirkungen des Zooplanktons oder filtrierender
Muscheln zurückzuführen sind.
7.1.3.2 Verzögerungszeit bei der ökologischen Regeneration –
Maßnahmenbereich Hydromorphologie
Der Kenntnisstand über die Wirkungen hydromorphologischer Verbesserungsmaßnahmen auf
die biologischen Qualitätskomponenten ist weiterhin lückenhaft und es bestehen erhebliche
Unsicherheiten, in welchen Zeiträumen sich Zustandsverbesserungen der relevanten Lebensgemeinschaften einstellen werden. Sicher ist, dass die Reaktionszeit der Biozönose stark vom
Wiederbesiedlungspotenzial eines Gewässers abhängt. Dieses wiederum wird von der Beschaffenheit des Einzugsgebietes geprägt, also von vorhandenen Wiederbesiedlungsquellen
und Ausbreitungskorridoren (vergleiche [Sundermann et al., 2011], [LANUV, 2011]). Unsicherheiten bestehen auch mit Blick auf die Ausbreitung von Neobiota und die Auswirkungen des
Klimawandels. Bei der Einschätzung der Zeitverzögerung wird davon ausgegangen, dass die
Wiederbesiedlung parallel zur Entwicklung der Gewässerstrukturen und Habitate beginnt und
daher grundsätzlich zumindest teilweise parallel abläuft. Die Wahrscheinlichkeit einer zügigen
Wiederbesiedlung ist dann am größten, wenn das typspezifische Arteninventar als Besiedlungsquelle für renaturierte Gewässerabschnitte in erreichbarer Nähe vorhanden ist. Grundsätzlich wird die Zeitspanne bis zur Zielerreichung von der Qualitätskomponente bestimmt, die
am langsamsten auf die Verbesserung der abiotischen Bedingungen reagiert.
FISCHE
Aufgrund der höheren Mobilität von Fischen, können diese renaturierte Abschnitte grundsätzlich schneller besiedeln. Durch die im Vergleich zu den anderen biologischen Qualitätskomponenten längeren Generationszeiten von Fischen sowie der für einen guten Zustand erforderlichen Altersstruktur kann eine vollständige Wiederbesiedlung einschließlich des Aufbaus einer
selbsterhaltenden Population – auch wenn im Einzugsgebiet die Zielarten vorkommen – jedoch mehrere Jahre dauern.
MAKROZOOBENTHOS
Neben dem Vorhandensein von Wiederbesiedlungsquellen sind die charakteristischen
Ausbreitungsfähigkeiten der wertgebenden Arten für die Wiederbesiedlung von Gewässerabschnitten von Bedeutung. Die Ansiedlung anspruchsvoller Lebensgemeinschaften hängt
maßgeblich von Besiedlungsquellen in maximal fünf Kilometer Entfernung ab [Sundermann et
al., 2011]. Das bedeutet, dass nur eine sukzessive Ausbreitung der wertgebenden Makrozoobenthos-Fauna von einem zum nächsten renaturierten Gewässerabschnitt erfolgen kann und
davon auszugehen ist, dass in Wasserkörpern mit weiter entfernten Wiederbesiedlungsquellen
eine entsprechend längere Zeitspanne bis zum Erreichen des guten ökologischen Zustands zu
erwarten ist oder eine bislang nicht beschriebene Lebensgemeinschaft durch eingewanderte
Neobiota entsteht.
PHYTOBENTHOS
Für das Phytobenthos – insbesondere für das Phytobenthos ohne Diatomeen – liegen keine
Erfahrungen zur Wiederbesiedlung von sanierten Gewässerstrecken vor. Schätzwerte werden
für Diatomeen angegeben, da sie kurze Generationszeiten haben und sich die Diatomeengesellschaften in der Regel vergleichsweise schnell auf geänderte beziehungsweise verbesserte
Umweltbedingungen anpassen können. Es ist aber davon auszugehen, dass Diatomeen weniger auf die Verbesserung der strukturellen Bedingungen reagieren, als auf die Verbesserung
der Nährstoffsituation (siehe oben).
84
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
MAKROPHYTEN
Bei Makrophyten steht die passive Ausbreitung insbesondere durch Verdriftung im Vordergrund. Aufgrund ihrer überwiegend vegetativen Vermehrung werden zum Beispiel Sprossfragmente mit der Strömung abwärts transportiert. Eine Ausbreitung kann auch durch Wind und
Wasservögel oder durch menschliche Aktivitäten (unter anderem Freizeitnutzungen, Mahd)
erfolgen. Auch artspezifische Faktoren spielen eine Rolle, wie die Schwimmfähigkeit der Samen und Sprosse und ihre Fähigkeit zur Einwurzelung [LANUV, 2012]. In Seen entscheidet nach
Sanierungsmaßnahmen oftmals das Vorhandensein von Dauerstadien und die Beschaffenheit der Sedimente über die Wiederbesiedlung, besonders bei Armleuchteralgen. Fraßfeinde
(Fische, Krebse) können Sanierungserfolge verzögern.
PHYTOPLANKTON
Die Menge und Artenzusammensetzung von Phytoplankton ist in erster Linie von dem Gehalt
an Nährstoffen abhängig (siehe oben). Aber auch Lichtverfügbarkeit und Wasserverweilzeit
und das Vorhandensein von submersen Makrophyten spielen eine Rolle.
NEOBIOTA
Es ist generell nicht sicher vorhersagbar, wie sich Neobiota-Arten in einem Gewässer etablieren, sich invasiv verbreiten oder ob das heimische, typspezifische Arteninventar durch gezielte
Renaturierung wieder einen Konkurrenzvorteil bekommt. Die Einordnung der Neobiota in das
Nahrungsnetz und die langfristige Etablierung einzelner Arten ist noch Forschungsgegenstand.
Einen Überblick über potentielle Zeitspannen bis zum Erreichen des guten ökologischen Zustandes in Seen und Fließgewässern geben Tabelle 12 und Tabelle 13.
Tabelle 12: Zeitspannen bis zum Erreichen des guten ökologischen Zustandes bei Seen verändert nach [LAWA,
2019b]
Seetypen
Zeitspannen bis…
Typ 13
Orientierungswert TP eingehalten;
PP gut
Orientierungswert TP eingehalten;
PP gut
Orientierungswert TP eingehalten;
PP gut
Bewertung MP & PB gut
Typ 10
Typ 11, 12
Typ 13
wenn P-Rücklösungsrate
hoch
(a)
nach
seeinterner
Restaurierung
(a)
relativ gering
wenn P-Rücklösungsrate
gering bis
mittel
(a)
10 bis 15
20 bis 25
0 bis 1
mittel
15 bis 20
20 bis 25
2 bis 7
hoch
20 bis 25
20 bis 40
−
mittel
10 bis 20
20 bis 30
10 bis 20
Wiederbesiedlungspotenzial?
natürliche
Variabilität der
Qualitätskomponente
Typ 10
Typ 11, 12
Alle Typen
Bewertung MP & PB gut
Bewertung MP & PB gut
Bewertung
Makrozoobenthos gut
hoch
hoch
hoch
Typ 10, 13
Bewertung Fische gut
mittel
Typ 11, 12
Bewertung Fische gut
mittel
10 bis 20
20 bis 30
25 bis 40
30 bis 50
Mit Strukturver20 bis 40
besserung
10 bis 20
reagieren
reagieren
schneller als PP schneller als PP
reagieren
reagieren
schneller als PP schneller als PP
Einfluss
Neobiota hoch
Typ 13: geschichteter See, kleines EZG, zum Beispiel Groß Glienicker See
Typ 10: geschichteter See, großes EZG, zum Beispiel Tegeler See
Typ 11, 12: ungeschichteter See, großes EZG, zum Beispiel Großer Müggelsee, Seddinsee, Unterhavel
MP & PB: Makrophyten und Phytopbenthos
PP: Phytoplankton
85
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Tabelle 13: Zeitspannen bis zum Erreichen des guten ökologischen Zustandes bei Fließgewässern verändert
nach [LAWA, 2019b]
Ökoregion
Reaktionszeit der biologischen Qualitätskomponenten nach Maßnahmenumsetzung (in Jahren)
Tiefland
Makrozoobenthos
Strukturgüteklassen
6 und 7
Strukturgüteklasse 5
Fische
Makrophythen
Phytobenthos
Phytoplankton
10 bis 30
10 bis 30
20
keine Angabe
<5
10 bis 20
10 bis 20
10
keine Angabe
<5
7.1.3.3 Wirkung der Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung
Mit Blick auf den für Berlin ebenfalls hoch relevanten Maßnahmenbereich der Schadstoffreduzierung ist zu betonen, dass die oben genannten Einschätzungen zu den Verzögerungszeiten
keine Überlagerungseffekte durch Schadstoffbelastungen berücksichtigen. Die speziellen
Auswirkungen von organischen Spurenstoffen in ihrer hohen Variabilität auf einzelne Biokomponenten rücken immer mehr in den wissenschaftlichen Fokus. Diese in ihren Wirkungen
komplexen Stoffgruppen können andere Stressoren überlagern und die Zielerreichung weiter
hinauszögern oder sogar vereiteln. Die in Kapitel 7.1.2 dargelegten dezentralen und (semi-)
zentralen Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung werden in Berlin zu einer deutlichen Reduzierung der Gewässerbelastung mit Kupfer, Zink und polyzyklischen aromatischen
Kohlenwasserstoffen führen. Eine Übersicht über die Wirksamkeit praxiserprobter Formen der
dezentralen und zentralen Regenwasserbewirtschaftung mit Blick auf den Stoffrückhalt gibt
[Nowak et al., 2018]. Eine belastbare Einschätzung der kumulativen Wirkung der Maßnahmen
ist aufgrund der Vielzahl von Einzelmaßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Auch
der Beitrag der diffusen Belastung aus den Gewässersedimenten kann aktuell nicht quantifiziert werden. Hierzu sind vertiefende Untersuchungen im dritten Bewirtschaftungszeitraum
vorgesehen.
Die Wirkungen von Spurenstoffen aus kommunalen Abwässern auf die aquatischen Organismen (zum Beispiel wirbellose Fauna) im Gewässer sind gegenwärtig noch Gegenstand der
angewandten Forschung. Ziel eines LAWA-Projektes unter Berliner Federführung ist es, die
Erkenntnisse zu Wirkungen von Spurenstoffen aus dem kommunalen Bereich auf die aquatische Flora und Fauna in Fließgewässern zu bündeln, um sie in das aktuelle Monitoringkonzept
einfließen zulassen. Im Fokus stehen die Wirkungen auf das Makrozoobenthos, die nicht ihre
Ursache in Strukturarmut und saprobieller Belastung haben. In Zusammenarbeit mit der Freien
Universiät Berlin wird derzeit der Einfluss von geklärtem Abwasser in Vorflutern auf die Artendiversität der benthischen Diatomeen mit genetischen Methoden untersucht.
7.2
Grundwasserbezogene Maßnahmen
Ammonium und Sulfat dominieren sehr deutlich die Belastungssituation des Berliner Grundwassers. Weitere Stoffe und Stoffgruppen wie zum Beispiel Medikamentenrückstände oder
Pflanzenschutzmittel und deren Metaboliten lassen sich in der Regel nicht oder nur seh
begrenzt an einzelnen Messstellen nachweisen. Diverse Maßnahmen zur Minimierung und
Unterbindung von Spurenstoffeinträgen aus Punkt- und diffusen Quellen sind aufgrund der
besonderen Bedeutung des Uferfiltratanteils in Berlin im Bereich der Oberflächengewässer
lokalisiert und wirken indirekt auf den qualitativen Zustand des Grundwassers. Eine besondere
Bedeutung zur Beseitigung und Minimierung von Belastungsquellen kommt darüber hinaus
den seit den 1990er-Jahren laufenden Sanierungsmaßnahmen altlastenrelevanter Flächen im
Bereich des ökologischen Großprojekts Berlin zu.
86
Zusatzkriterien, die zu einer
zeitlichen Verzögerung
der Zielerreichung führen
können
WiederbeNeobiotasiedlungsEinfluss
potenzial
gering
stark
+
+
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Die Sulfatverteilung im Grundwasser Berlins zeigt hingegen ein sehr heterogenes, aber
flächenhaftes Belastungsbild mit zum Teil sehr hohen Konzentrationen und mit einer Vielzahl
von räumlich zu differenzierenden Eintragsquellen. Trümmerberge, diffus verbrachter Trümmerschutt, nachklingende Rieselfeldeinflüsse und Bauschuttdeponien als mehr oder weniger punktuelle Eintragsquellen sowie anthropogen induzierte hydrogeochemische Einflüsse werden als
wesentliche Ursachen gesehen (vergleiche Kapitel 5.2.2). Gezielte Maßnahmen zur flächenhaften Sanierung dieser Eintragsquellen sind kaum vorhanden oder unter rechtlich und ökonomisch vertretbaren Bedingungen nicht umsetzbar. Synergieeffekte zur Verringerung des Eintrages in das Grundwasser bestehen zu verschiedenen Programmen und Maßnahmen, auch
wenn diese nicht explizit den Grundwasserschutz zum Ziel haben. Langfristig wird es durch
Auswaschung aus den maßgeblichen Eintragsquellen zu einer quasi-natürlichen Abmilderung
der Sulfatkonzentrationen kommen. Zudem kann unterstellt werden, dass die städtebauliche
Nachverdichtung vor allem in der Innenstadt die Stoffausträge aus verbrachtem Trümmerschutt sukzessive verringert, indem dieser zumindest punktuell durch bauliche Tätigkeiten
entfernt wird. Um darüber hinaus die Sulfatkonzentrationen zu stabilisieren beziehungsweise
zu reduzieren, muss vorrangig der Sulfatgehalt der Spree so niedrig wie möglich gehalten
werden, um zusätzliche Sulfateinträge über Uferfiltrate zu minimieren. Kritisch sind nach wie
vor die erhöhten Sulfatkonzentrationen im Grunewald zu betrachten. Hier besteht weiterhin
Forschungsbedarf. Insbesondere ist im dritten Bewirtschaftungszeitraum zu prüfen, ob lokale
geogene Effekte eine Rolle für die erhöhten Konzentrationen spielen, da in räumlicher Nähe
Messstellen gegenläufige Trendentwicklungen zeigen.
Forschungsbedarf besteht ebenfalls hinsichtlich der Ursachen der erhöhten Ammoniumkonzentrationen. Die unbedeckten Grundwasserleiter im Bereich der Berlin-Brandenburgischen
Urstrom- und Nebentäler sind gegenüber flächenhaftem Stoffeintrag nur sehr gering geschützt.
Sie weisen in der Regel eine diffuse anthropogene Beeinflussung auf, welche nicht immer
eindeutig von geogenen Gehalten zu trennen ist. Es gilt zu klären, ob und welchen Einfluss
Faktoren wie
— Abwassereinflüsse (zum Beispiel Undichtigkeiten der Abwasserkanalisation beziehungsweise Exfiltrationen aus anderen Abwasserinfrastrukturen),
— Einträge aus Rieselfeldern,
— Niedermoore mit schwankendem Grundwasserspiegel,
— lokale Einträge durch historisch bedingte „wilde“ Hausmülldeponien sowie
— weitere Eintragspfade und diffuse Belastungsquellen haben (vergleiche Kapitel 5.2.2).
Ein besseres Prozessverständnis über geogen bedingte Ammoniumgehalte im Grundwasser
sowie die Differenzierung potenzieller Eintragspfade ist erforderlich. Es ist zu untersuchen, inwieweit eine Veränderung des Grundwasserspiegels und der geochemischen Milieus hier eine
Rolle spielen. Hierzu sind gegebenenfalls auch neue Methoden und Techniken zu entwickeln
und anzuwenden. Als wichtige Maßnahme ist in diesem Kontext das umfassende langjährige
Programm der Berliner Wasserbetriebe zur systematischen Sanierung des Kanalnetzes zu
nennen. Dieses führt zu Begrenzungen der Einträge von Abwasser in den Untergrund und dient
der Verringerung der stofflichen Belastung des Grundwassers.
Weder für Ammonium noch für Sulfat und auch für keinen der drei betroffenen Grundwasserkörper kann zum jetzigen Zeitpunkt eine eindeutige Trendentwicklung identifiziert werden. Dies
zeigt unter anderem auch die Schwierigkeit eines einheitlichen Erklärungsansatzes für die
flächenhaften Schwellenwertüberschreitungen von Ammonium und Sulfat. Die Ursachen sind
heterogener Natur. Die Abbildbarkeit des räumlichen Verlaufs und der zeitlichen Entwicklung
der Stoffkonzentrationen dient als Grundvoraussetzung für eine tragfähige Prognose. Für eine
flächendifferenzierte Betrachtung der Eintragspfade und der anschließenden Ableitung möglicher Sanierungsstrategien oder Bewirtschaftungsoptionen des Grundwassers bedarf es daher
des Aufbaus eines numerischen Stofftransportmodells, welches das gesamte Stadtgebiet
umfasst und so ganzheitliche Aussagen zu Grundwasserströmung, Stofftransport und -abbau
ermöglicht.
87
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Dazu wird aktuell ein Projekt aufgelegt. Diese konzeptionelle Maßnahme umfasst drei Phasen:
1. Aufbau eines 3-D-Lithomodells des Berliner Untergrundes auf Basis von 250.000 Bohrungen (2021 bis 2023),
2. Weiterentwicklung des Lithomodells zum numerischen Grundwasser-Strömungsmodell,
Modellierung der Grundwasserströmung bei unterschiedlichen Bewirtschaftungsoptionen
und Klimaszenarien,
3. Modellierung des Stofftransports und Erarbeitung von Sanierungsstrategien bis zum Ende
des 3. Bewirtschaftungszyklus der WRRL.
Auf Basis dieser Ergebnisse sind weitere ergänzende Maßnahmen abzuleiten und es gilt zu
prognostizieren, in welchen Zeiträumen die Umweltziele der WRRL erreicht werden können.
Ob weniger strenge Umweltziele festgelegt werden müssen, kann derzeit noch nicht belastbar
abgeschätzt werden.
Aufgrund der engen Verflechtung von Abwasserableitungen und der Trinkwasserversorgung
über Uferfiltration dienen jedoch schon zum jetzigen Zeitpunkt alle Maßnahmen zur Begrenzung und Reduzierung von Schadstoffeinträgen in die Oberflächengewässer auch dem Schutz
des Grund- beziehungsweise Trinkwassers. Hierzu zählen insbesondere die in den vorhergehenden Kapiteln behandelten Maßnahmen im Bereich der Regenwasserbewirtschaftung,
der Mischwassersysteme und Trennkanalisation sowie der Abwasseraufbereitung (vergleiche
Kapitel 7.1.2).
7.3
Der Masterplan Wasser – Aufstellung einer Zukunftsstrategie für
die Berliner Wasserwirtschaft
Die Berliner Bevölkerung wird seit mehr als hundert Jahren mit Trinkwasser aus dem eigenen
Stadtgebiet und dem direkt angrenzenden Umland versorgt. Nach einem langjährigen Rückgang des Trinkwasserverbrauchs seit den 1990er-Jahren steigen seit einigen Jahren die Verbrauchsmengen wieder merklich an. Die weiterhin wachsende Bevölkerung in Berlin und dem
Berliner Umland wird zu einem steigenden Trinkwasserbedarf führen. Zugleich werden durch
den Klimawandel Trockenphasen voraussichtlich zunehmen und länger andauern.
Die Trinkwasserversorgung erfolgt über circa 600 Brunnen in neun Wasserwerken. Da die
natürlich gebildeten Grundwasservorräte zur Versorgung nicht ausreichen, werden rund
10 Prozent der benötigten Rohwassermenge mit Hilfe künstlicher Grundwasseranreicherung
durch Oberflächenwasser und rund 60 Prozent durch Uferfiltration aus Havel und Spree gewonnen. Es besteht daher eine hohe Abhängigkeit der Berliner Trinkwasserversorgung von der
Wasserqualität der Flüsse und Seen. Zugleich fällt mit dem Wachstum der Bevölkerung immer
mehr Abwasser an, das nach Behandlung in den Klärwerken in die Oberflächengewässer zurückgeleitet wird. Für die zum Teil engen Wasserkreisläufe aus Abwasserableitung-GewässerUferfiltrat-Grundwasser-Wasserwerk bedeuten die zukünftigen Entwicklungen deutlich höhere
Anforderungen an die Wasserreinhaltung. Bereits heute sind die Berliner Gewässer durch Einträge von Nähr- und Schadstoffen, maßgeblich aus Klärwerken und Regenwassereinleitungen,
erheblichen Belastungen ausgesetzt.
Darüber hinaus stellen die Folgen des Braunkohletagebaus sowie des Kohleausstiegs bis
2038 in der Lausitz die Berliner Wasserwirtschaft vor große Herausforderungen. Neben der
Sulfatproblematik rückt zunehmend das Wassermengenproblem in den Fokus. Die Trockenjahre 2018, 2019 und 2020 lassen bereits erahnen, welche bedeutsamen Herausforderungen
zur Stützung des Wasserhaushaltes auf Bund, Länder und Verursacher zur Aufrechterhaltung
der wasserwirtschaftlichen Mindestanforderungen für das Spreesystem zukommen. Auch im
Einzugsgebiet der Havel bestand durch die temperaturbedingt hohe Verdunstung und die
geringen Niederschlagsjahressummen in den Jahren 2018 bis 2020 ein Wasserdefizit und die
Zuflüsse nach Berlin waren besonders niedrig. Zudem steigt der Druck auf die Grundwasserressourcen angesichts einer wachsenden Bevölkerung bei gleichzeitig abnehmender Grundwasserneubildung spürbar.
88
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, stellt die SenUVMK in enger Zusammenarbeit
mit den Berliner Wasserbetrieben und in Abstimmung mit dem Land Brandenburg derzeit
den Masterplan Wasser auf. Ziel des Masterplans Wasser ist es, auf Grundlage von Analysen
möglicher Veränderungen wasserwirtschaftlich relevanter Rahmenbedingungen und darauf
aufbauender Risikobetrachtungen, Strategien und Handlungsoptionen zu erarbeiten, um die
Trinkwasserversorgung, den Gewässerschutz und eine angepasste Abwasserentsorgung Berlins und des Berliner Umlands zu sichern.
Der Masterplan Wasser bündelt als übergeordnete, strategische Rahmenplanung alle Maßnahmen, die dieser Zielstellung in besonderem Maße dienen. Die Umsetzung der WRRL, die
ihrerseits auf die Verbesserung des Gewässerzustands abzielt, unterstützt die übergeordneten
Ziele des Masterplans in hohem Maße. Eine Reihe von WRRL-Maßnahmen finden daher auch
Eingang in den Masterplan Wasser, da sie für die Zielstellung des Masterplans von herausgehobener Bedeutung sind. Zugleich untermauert der Masterplan Wasser die hohe Relevanz der
Umsetzung der WRRL, die in Berlin in besonderem Maße auch dem Schutz der Trinkwasserressourcen dient. Als prioritär werden im Masterplan Wasser vor allem die folgenden Handlungsbereiche eingestuft:
— Erhöhung des vorsorgenden Gewässerschutzes, damit die zum Teil engen Wasserkreisläufe
und eine zunehmende Kreislaufführung nicht zu einer Beeinträchtigung der Gewässerqualität und der Trinkwasserressourcen führen. Hierzu müssen vorrangig die wasserwirtschaftlichen Infrastrukturen ertüchtigt werden, insbesondere durch
• weitere Reinigungsstufen auf den Klärwerken der BWB,
• Ausweitung der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung,
• Fortführung des Mischwassersanierungsprogramms und forcierte Umsetzung eines
Sanierungsprogramms im Trennsystem.
— Erschließung neuer/zusätzlicher Wasserressourcen und Maßnahmen zur Abfederung von
Verbrauchssteigerungen, vor allem der Spitzenverbräuche, insbesondere durch
• Wiederinbetriebnahme ehemaliger Wasserwerksstandorte,
• Minderung der Inanspruchnahme der Grundwasserressourcen und Maßnahmen zur
Erhöhung der Grundwasserneubildung,
• Maßnahmen für einen sparsamen Umgang mit Wasser. In Frage kommen unter anderem optimierte Bewässerungsstrategien für das öffentliche Grün oder Maßnahmen zur
Glättung von Spitzenbedarfen, etwa durch Steuerung von Trink-/Grund-/Oberflächenwasserentnahmen in Trockenzeiten.
— Intensivierung der Zusammenarbeit mit Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern
und dem Bund zur Sicherstellung einer paritätischen Bewirtschaftung von Spree und Havel.
Der Berliner Senat hat am 20. Juli 2021 den Zwischenbericht zum Stand der Erarbeitung des
Masterplans Wasser beschlossen, der auf der Website der SenUMVK veröffentlicht wurde
[Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, 2021]. Der Zwischenbericht beleuchtet die potenziellen zukünftigen Veränderungen wasserwirtschaftlich relevanter Rahmenbedingungen und stellt die bislang erzielten Ergebnisse szenarienbasierter Risikobetrachtungen
für das Oberflächen- und Grundwasser vor. Er enthält des Weiteren eine Zusammenstellung
der erforderlichen sowie zu prüfenden Maßnahmen beziehungsweise Handlungsoptionen und
des derzeitigen Umsetzungsstands. Aufbauend auf diesem Zwischenbericht wird derzeit der
Entwurf des ersten Berichts zum Masterplan Wasser erarbeitet, der neben einer vertieften Betrachtung der Risiken und Unsicherheiten zudem 32 Steckbriefe der Maßnahmen und Handlungsoptionen enthält. Die identifizierten Maßnahmen und Handlungsoptionen liegen – neben
der SenUMVK – im Verantwortungsbereich weiterer Maßnahmenträger, insbesondere den
BWB, und weisen in Teilen Querbezüge zu den Verantwortungsbereichen weiterer Ressorts auf.
Daher erfolgen derzeit umfassende Abstimmungsprozesse, deren Ergebnisse Eingang in den
Berichtsentwurf finden. Anschließend ist geplant, den Bericht im Entwurf zu veröffentlichen und
der voraussichtlich erforderlichen strategischen Umweltprüfung zu unterziehen. Eine Finalisierung erfolgt nach Abschluss des zugehörigen Beteiligungsverfahrens. Neben diesem förmlichen Verfahren wird auch im Jahr 2022 die Beteiligung der Stakeholder sowie der interessierten Öffentlichkeit fortgesetzt.
89
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
8 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Vor dem Hintergrund der naturräumlichen und wasserwirtschaftlichen Rahmenbedingungen
sowie den vielfältigen Nutzungsansprüchen, stellt das Erreichen der ambitionierten Umweltziele der WRRL im Gewässersystem Berlins die Stadt vor große Herausforderungen. In den vergangenen zwei Bewirtschaftungszeiträumen konnten wichtige Maßnahmen zur Erreichung der
Umweltziele der WRRL umgesetzt werden. Weitere bedeutsame Maßnahmen werden in den
nächsten Jahren ergriffen. Hervorzuheben sind hier insbesondere die umfassenden Investitionen auf den Klärwerken, die Aktivitäten zum Regenwassermanagement und Maßnahmen zur
hydromorphologischen Verbesserung der Gewässer.
Dennoch sind die Berliner Gewässer weiterhin einer Vielzahl von Belastungen ausgesetzt.
Insgesamt erreicht kein Oberflächenwasserkörper den guten ökologischen Zustand beziehungsweise das gute ökologische Potenzial. Acht der 22 Fließgewässerkörper sind im mäßigen, sieben im unbefriedigenden und weitere sieben im schlechten ökologischen Zustand
beziehungsweise Potenzial. Bei den Seen befindet sich die Hälfte der zwölf Wasserkörper
im mäßigen und die andere Hälfte im unbefriedigenden ökologischen Zustand. Mit Blick auf
die flussgebietsspezifischen Schadstoffe, die bei der Bewertung des ökologischen Zustands
berücksichtigt werden, werden in einigen Oberflächenwasserkörpern Überschreitungen der
Umweltqualitätsnormen für die Schwermetalle Kupfer und Zink (zehn beziehungsweise neun
Wasserkörper), für die Industriechemikalien Polychlorierte Biphenyle (PCB) (sieben Wasserkörper) sowie für das Insektizid Imidacloprid (sieben Wasserkörper) festgestellt. Die Verfehlung
des guten chemischen Zustandes der Berliner Oberflächengewässer ist vor allem auf ubiquitäre Stoffe beziehungsweise Schadstoffe, deren maßgebliche Einträge in der Vergangenheit
liegen, zurückzuführen. Darüber hinaus tragen aktuelle Emissionen aus der Niederschlagsentwässerung bei einigen Oberflächenwasserkörpern zum Verfehlen des Umweltziels für den
chemischen Zustand bei.
Beim Grundwasser dominieren Ammonium und Sulfat sehr deutlich die Belastungssituation
und führen zu einer Verfehlung des guten chemischen Grundwasserzustands. Weitere Stoffe
und Stoffgruppen wie zum Beispiel Pflanzenschutzmittel und deren Metaboliten lassen sich in
der Regel nicht oder nur begrenzt an einzelnen Messstellen nachweisen. Trotz der derzeit ausgeglichenen bis positiven Wasserbilanzen der Berliner Grundwasserkörper bestehen Unsicherheiten, ob der gute mengenmäßige Zustand auch zukünftig gewahrt werden kann. Insbesondere mit Blick auf die bereits eingetretenen und potenziellen zukünftigen Auswirkungen des
Klimawandels und der Trinkwasser-Bedarfsentwicklung infolge der wachsenden Stadt besteht
Untersuchungsbedarf.
Wenngleich die Belastungssituation weiterhin hoch ist, werden an keinem Wasserkörper weniger strenge Umweltziele festgelegt. Auch im Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 ist es
Ziel für die Berliner Oberflächenwasserkörper, einen guten ökologischen Zustand beziehungsweise ein gutes ökologisches Potenzial sowie einen guten chemischen Zustand zu erreichen.
Auch für das Grundwasser ist es weiterhin Ziel, neben der Sicherung des guten mengenmäßigen Zustands, auch einen guten chemischen Grundwasserzustand zu erreichen. Für den
Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 werden erneut Fristverlängerungen an den Berliner
Wasserkörpern in Anspruch genommen. Es ist bereits jetzt absehbar, dass auch über 2027
hinaus, anders als von der WRRL vorgesehen, Fristverlängerungen auch aus anderen Gründen
als „natürlichen Gegebenheiten“ in Anspruch genommen werden müssen. Wenngleich große
Anstrengungen unternommen werden, um bis Ende 2027 möglichst viele Maßnahmen zu ergreifen, verbleiben Handlungsbereiche, in denen absehbar nicht alle Maßnahmen bis 2027
umgesetzt werden können.
90
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Im vorliegenden Bericht wird für die maßgeblichen Handlungsfelder
— Verbesserung von Gewässerstruktur und Durchgängigkeit,
— Reduzierung der Belastungen durch Nähr- und Schadstoffe sowie durch hydraulische Beeinträchtigungen,
— Verbesserung des Grundwasserzustands
dargelegt, welche Maßnahmen bereits umgesetzt werden konnten und welcher Handlungsbedarf weiterhin besteht. Sofern ein Ergreifen der Maßnahmen bis 2027 voraussichtlich nicht
erreichbar ist, werden die Gründe hierfür erläutert und – wenn möglich – eingeschätzt, wann
aus heutiger Sicht die Maßnahmen umgesetzt werden können sowie welche Unsicherheiten bei
der Maßnahmenumsetzung bestehen. Darüber hinaus werden erste Einschätzungen zur Wirksamkeit der Maßnahmen beziehungsweise zur Regenerationszeit der Gewässer getroffen.
In Berlin sind es – neben strukturverbessernden Maßnahmen an den Wasserstraßen – vor
allem Maßnahmen der Regen- und Mischwasserbewirtschaftung, die absehbar nicht im
erforderlichen Umfang bis 2027 ergriffen werden können. Insbesondere die Planung und
Umsetzung von zentralen und semizentralen Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung
ist sehr zeit- und kostenintensiv und mit vielen Unsicherheiten behaftet (Flächenverfügbarkeit,
Verfügbarkeit von Investitionsmitteln, Planung, Genehmigung und Umsetzung und andere).
Nach Umsetzung einer Vielzahl von Maßnahmen im Mischsystem sind verstärkt Maßnahmen
zur Reduzierung der Belastung aus dem bestehenden Kanalnetz des Trennsystems zu planen
und umzusetzen. Darüber hinaus treibt die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz (SenUMVK) die dezentrale Bewirtschaftung von Regenwasser als
maßgebliches Werkzeug zur Verringerung stofflicher und hydraulischer Gewässerbelastungen
mit verschiedenen Instrumenten mit Nachdruck voran. Dennoch bleibt die Neuausrichtung des
Umgangs mit Regenwasser ein sehr langfristiger Prozess, dem sich das Land Berlin aufgrund
der gewachsenen Infrastrukturen noch über viele Jahre wird widmen müssen.
Es kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass Maßnahmen weiterer Handlungsbereiche, wie die Aufrüstung der Kläranlagen mit einer weitergehenden Phosphorentfernung oder die Umsetzung der Gewässerentwicklungskonzepte, nicht abschließend bis 2027
ergriffen werden können. Um die Maßnahmen im kommenden Bewirtschaftungszeitraum 2022
bis 2027 weitestmöglich voranzutreiben, sind die Aktivitäten zur Verbesserung des Gewässerzustands fortzuführen und weiter zu verstärken. Zudem muss – über die Umsetzung der WRRL
hinaus – den potenziellen Veränderungen der wasserwirtschaftlichen Rahmenbedingungen
begegnet werden. Nach einem langjährigen Rückgang des Trinkwasserverbrauchs seit den
1990er-Jahren steigen seit einigen Jahren die Verbrauchsmengen wieder merklich an. Die
weiterhin wachsende Bevölkerung in Berlin und dem Berliner Umland wird zu einem steigenden
Trinkwasserbedarf und somit auch einem erhöhten Abwasseranfall führen. Zugleich werden
durch den Klimawandel Trockenphasen voraussichtlich zunehmen und länger andauern. Darüber hinaus stellen die Folgen des Braunkohletagebaus sowie des Kohleausstiegs bis 2038 in
der Lausitz die Berliner Wasserwirtschaft vor große Herausforderungen. Neben der Sulfatproblematik rückt zunehmend das Wassermengenproblem in den Fokus. Die beiden Trockenjahre
2018/19 und auch das Jahr 2020 lassen bereits erahnen, welche bedeutsamen Herausforderungen zur Stützung des Wasserhaushaltes auf Bund, Länder und Verursacher zur Aufrechterhaltung der wasserwirtschaftlichen Mindestanforderungen für das Spreesystem zukommen.
Die SenUMVK stellt derzeit den Masterplan Wasser auf. Ziel ist es, auf Grundlage von Analysen möglicher Veränderungen wasserwirtschaftlich relevanter Rahmenbedingungen und
darauf aufbauender Risikobetrachtungen, Strategien und Handlungsoptionen zu erarbeiten,
um die Trinkwasserversorgung, den Gewässerschutz und eine angepasste Abwasserentsorgung Berlins und des Berliner Umlands zu sichern. Er soll als mittel- und langfristige Strategie
der Wasserwirtschaft in Berlin die Grundlage für darauf aufbauende Konzepte und Planungen
von Anpassungsmaßnahmen bilden. Teil des Masterplans Wasser ist auch die Aufstellung einer
Spurenstoffstrategie, die gemeinsam mit dem Land Brandenburg erarbeitet wurde. Neben der
Verwirklichung immissionsbasierter Ziele ist es Ziel, für alle Großklärwerke der Berliner Wasserbetriebe mittelfristig die beste verfügbare Technologie zur Entfernung von Spurenstoffen im
Sinne eines vorsorgenden Gewässer- und Ressourcenschutzes zu etablieren.
91
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
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94
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
10 ANHANG
10.1
Steckbriefe der Berliner Wasserkörper
Die Wasserwirtschaftsverwaltungen der Länder haben in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) einheitliche Wasserkörpersteckbriefe entwickelt. Über die
Links in der nachfolgenden Tabelle 14 können zu den Berliner Grund- und Oberflächenwasserkörpern ausgewählte Informationen aus dem Datensatz der elektronischen Berichterstattung
an die EU zur Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme für
den Zeitraum 2022 bis 2027 abgerufen werden. Aufgrund der Vorgaben zur elektronischen
EU-Berichterstattung können Angaben in den Steckbriefen von den Angaben im Entwurf des
Bewirtschaftungsplans und des Maßnahmenprogramms der FGG Elbe sowie des vorliegenden
Länderberichts abweichen. Außerdem werden die Datengrundlagen noch voraussichtlich bis
zum 30. September 2021 bei Bedarf fortgeschrieben.
95
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Tabelle 14: Steckbriefe der Berliner Wasserkörper
Seewasserkörper
Nieder-Neuendorfer See
Berliner Oberhavel
Dämeritzsee
Großer Müggelsee
Groß Glienicker See
Seddinsee
Großer Wannsee
Zeuthener See
Langer See
Tegeler See
Berliner Unterhavel 1
Berliner Unterhavel 2
Fließgewässerkörper
Berliner Unterhavel
Tegeler Fließ 1
Tegeler Fließ 2
Tegeler Fließ 3
Stadtspree 1
Stadtspree 2
Müggelspree, Rahnsdorf
Neuenhagener Mühlenfließ
Gosener Graben
Wuhle-Mündung
Wuhle, Oberlauf
Neue Wuhle
Panke unterhalb Verteilerbauwerk
Panke oberhalb Verteilerbauwerk
Lietzengraben
Laake
Fließgraben
Kanäle südlich der Spree
Kanäle nördlich der Spree
Teltowkanal 1
Teltowkanal 2
Kuhlake
Grundwasserkörper
Obere Havel BE
Untere Havel BE
Untere Spree BE
96
DELW_DEBE_80001581959
DELW_DEBE_80001581959_2
DELW_DEBE_800015827919
DELW_DEBE_800015827959
DELW_DEBE_80001583583
DELW_DEBE_80002582893
DELW_DEBE_8000258359
DELW_DEBE_80003582879
DELW_DEBE_800045828959
DELW_DEBE_800055819699
DELW_DEBE_8000958359_1
DELW_DEBE_8000958359_2
DERW_DEBE_58_3
DERW_DEBE_58196_1
DERW_DEBE_58196_2
DERW_DEBE_58196_3
DERW_DEBE_582_1
DERW_DEBE_582_2
DERW_DEBE_582_6
DERW_DEBE_582798_1
DERW_DEBE_5828922
DERW_DEBE_58292_1
DERW_DEBE_58292_2
DERW_DEBE_582922
DERW_DEBE_58294_1
DERW_DEBE_58294_2
DERW_DEBE_582942
DERW_DEBE_582944
DERW_DEBE_582946
DERW_DEBE_58296
DERW_DEBE_582984
DERW_DEBE_5838_1
DERW_DEBE_5838_2
DERW_DEBE_585244
DEGB_DEBE_HAV_OH_1
DEGB_DEBE_HAV_UH_1
DEGB_DEBE_HAV_US_1
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
10.2 Grundwassermessstellen zur Bewertung der bedeutenden
grundwasserabhängigen Landökosysteme
Tabelle 15: Liste der für die Bewertung der bedeutenden gwaLös verwendeten Grundwassermessstellen
BEREICH SPANDAUER FORST
GWMS- X-Koordinate Y-Koordinate Filtertiefe in
Nr.
(ETRS89)
(ETRS89)
m unter Geländeoberkante
1505
1549
1550
1521
1522
1526
1527
1942
1547
1548
1529
1552
511
374751,91
377830,17
378509,71
375817,03
375779,26
376834,23
376685,90
373667,95
377140,44
377667,87
379535,25
378797,88
379303,30
5828393,49
5826889,94
5827549,97
5828454,20
5828938,90
5828361,84
5827818,69
5827186,19
5827218,06
5827871,98
5825795,54
5827349,49
5825515,70
7,7 bis 8,7
7,1 bis 8,1
8,8 bis 10,8
9,4 bis 12,4
10,7 bis 11,7
30,8 bis 35,8
9,0 bis 10,0
2,3 bis 9,3
9,0 bis 10,0
7,8 bis 8,8
11,6 bis 12,6
8,3 bis 9,3
19,0 bis 25,0
Entfernung zum
nächstgelegenen
gwaLös in [m]
0
100
382
25
100
100
70
400
55
100
130
80
110
Ergebnis TrendAbweichung des mittleren
auswertung [%/a] jährlichen Grundwasserflurfür 30 Jahre
abstands ab 2000 gegenüber dem langjährigen Mittel
(1991 bis 2000)
–0,03
keine Abweichung
0,05
keine Abweichung
0,00
keine Abweichung
0,26
keine Abweichung
–0,01
keine Abweichung
0,34
keine Abweichung
0,38
keine Abweichung
0,09
keine Abweichung
0,42
keine Abweichung
0,22
keine Abweichung
–0,36
keine Abweichung
–0,15
keine Abweichung
–0,22
keine Abweichung
BEREICH KÖPENICK
Krumme Lake Müggelspreeniederung
GWMS- X-Koordinate Y-Koordinate Filtertiefe in Entfernung zum
Nr.
(ETRS89)
(ETRS89)
[m] unter Ge- nächstgelegenen
ländeobergwaLös in [m]
kante
Ergebnis Trendauswertung [%/a]
für 20 Jahre, bzw.
30 Jahre wo gekennzeichnet
0,34 (30 Jahre)
–0,69
8287
5039
411010,79
410612,00
5807937,55 14,1 bis 18,4
5808260,70
7,5 bis 9,5
140
0
9564
9573
410074,53
410462,11
400
270
–0,29
–0,33
8675
5042
409825,61
412464,90
5809338,16 8,88 bis 9,88
5808897,86
12,55 bis
13,55
5807183,17
5,0 bis 7,0
5808695,60
7,0 bis 9,0
490
14
0,06 (30 Jahre)
–1,64
Abweichung des mittleren
jährlichen Grundwasserflurabstands ab 2000 gegenüber dem langjährigen Mittel
(1991 bis 2000)
keine Abweichung
keine Abweichung (Bezugszeitraum 1996 bis 2000)
keine Abweichung
keine Abweichung
keine Abweichung
keine Abweichung (Bezugszeitraum 1996 bis 2000)
Teufelsmoor Köpenick
GWMS- X-Koordinate Y-Koordinate Filtertiefe in Entfernung zum Ergebnis TrendausNr.
(ETRS89)
(ETRS89)
[m] unter Ge- nächstgelegenen wertung [%/a] für
ländeobergwaLös in [m]
30 Jahre
kante
5036
9374
406836,80
407120,10
5808739,00
5808602,80
6,0 bis 8,0
11,09 bis
12,09
5
10
0,95
1,10
Abweichung des mittleren
jährlichen Grundwasserflurabstands ab 2000 gegenüber dem langjährigen Mittel
(1991 bis 2000)
keine Abweichung
keine Abweichung
97
BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE
Krumme Lake Grünau
GWMS- X-Koordinate Y-Koordinate Filtertiefe in Entfernung zum
Nr.
(ETRS89)
(ETRS89)
[m] unter Ge- nächstgelegenen
ländeobergwaLös in [m]
kante
5051
405967,80
5806503,20
7,0 bis 9,0
110
Ergebnis TrendAbweichung des mittleren
auswertung [%/a] jährlichen Grundwasserflurfür 20 Jahre
abstands ab 2000 gegenüber dem langjährigen
Mittel (1991 bis 2000)
–0,55
keine Abweichung
Neue Wiesen
GWMS- X-Koordinate Y-Koordinate Filtertiefe in Entfernung zum
Nr.
(ETRS89)
(ETRS89)
[m] unter Ge- nächstgelegenen
ländeobergwaLös in [m]
kante
5040
405158,60
5809515,20
7,7 bis 9,7
0
Ergebnis TrendAbweichung des mittleren
auswertung [%/a] jährlichen Grundwasserflurfür 20 Jahre
abstands ab 2000 gegenüber dem langjährigen
Mittel (1991 bis 2000)
-1,62
keine Abweichung
Bereich Grunewald
GWMS- X-Koordinate Y-Koordinate Filtertiefe in Entfernung zum
Nr.
(ETRS89)
(ETRS89)
[m] unter Ge- nächstgelegenen
ländeobergwaLös in [m]
kante
642
380649,91
5820946,6
645
380275,39
5820497,75
685
381491,40
5814388,3
693
382099,18
5815244,98
738
381111,80
5813339,6
1604
380130,01
5818269,65
1614
1615
1725
1746
379106,59
378619,99
381437,40
381943,02
5816983,19
5816056,49
5813824,05
5814857,37
1872
380221,06
5817010,99
1934
7041
7053
380009,84
382085,15
378267,40
5820993,78
5815758,61
5815925,8
98
16,17 bis
17,17
27,39 bis
28,39
18,27 bis
19,27
22,65 bis
24,65
24,36 bis
25,36
13,55 bis
15,55
18,5 bis 41,5
22,6 bis 23,6
24,3 bis 25,3
20,49 bis
21,49
22,55 bis
29,55
16,3 bis 17,3
18,6 bis 32,6
27,63 bis
30,58
280
Ergebnis TrendAbweichung des mittleren
auswertung [%/a] jährlichen Grundwasserflurfür 30 Jahre
abstands ab 2000 gegenüber dem langjährigen
Mittel (1991 bis 2000)
1,68
positive Abweichung
30
1,84
positive Abweichung
150
0,37
negative Abweichung
90
1,10
keine Abweichung
40
1,24
keine Abweichung
100
0,64
keine Abweichung
300
40
5
170
-1,07
-1,34
0,81
0,34
negative Abweichung
negative Abweichung
keine Abweichung
keine Abweichung
160
-0,45
negative Abweichung
130
25
300
1,31
0,63
-1,40
keine Abweichung
keine Abweichung
negative Abweichung