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Full text: Ergänzender Länderbericht Berlins zur Aktualisierung des Bewirtschaftungsplans und des Maßnahmenprogramms der Flussgebietsgemeinschaft Elbe für den Zeitraum 2022 bis 2027 (Rights reserved)

ERGÄNZENDER LÄNDERBERICHT BERLINS ZUR AKTUALISIERUNG DES BEWIRTSCHAFTUNGSPLANS UND DES MAßNAHMENPROGRAMMS DER FLUSSGEBIETSGEMEINSCHAFT ELBE FÜR DEN ZEITRAUM 2022 BIS 2027 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE IMPRESSUM HERAUSGEBERIN Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz Abteilung II – Integrativer Umweltschutz Referat II B – Wasserwirtschaft, Wasserrecht, Geologie Brückenstraße 6 10179 Berlin BEARBEITUNG Frauke Bathe Dr. Johannes Birner Dr. Jens Bölscher Doris Glase Leonie Goll Fabian Hecht Kerstin Kernbach Antje Köhler Sabine May Matthias Rehfeld-Klein Dörthe von Seggern Dr. Jakob Sohrt Michael Wagner REDAKTION Frauke Bathe TITELBILD SenUMVK/D. Laubner STAND Dezember 2021 2 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE INHALTSVERZEICHNIS 1 Veranlassung.........................................................................................................................5 2 Allgemeine Beschreibung des Berliner Gewässersystems.............................................................................................. 7 2.1 Naturräumliche Gegebenheiten .........................................................................................7 2.2 Wasserwirtschaftliche Rahmenbedingungen .....................................................................8 2.2.1 Stauhaltung ...............................................................................................................8 2.2.2 Braunkohlebergbau..................................................................................................9 2.2.3 Abwasserbeseitigung und Trinkwasserversorgung ............................................. 10 3 Einteilung der Gewässer in Wasserkörper und Gewässertypen ..................................................................................... 13 3.1 Oberflächenwasserkörper ................................................................................................. 13 3.2 Grundwasserkörper ............................................................................................................ 14 3.3 Gewässertypen ................................................................................................................... 16 3.4 Künstliche und erheblich veränderte Gewässer .............................................................. 18 4 Gewässermonitoring ..........................................................................................................20 4.1 Oberflächengewässer ....................................................................................................... 20 4.1.1 Biologisches Monitoring ......................................................................................... 21 4.1.2 Chemisches Monitoring .........................................................................................22 4.2 Grundwasser .......................................................................................................................22 4.2.1 Chemisches Monitoring .........................................................................................22 4.2.2 Monitoring des mengenmäßigen Grundwasserzustands ...................................23 5 Belastungen und Zustand der Berliner Gewässer ..............................................................25 5.1 Oberflächengewässer ........................................................................................................25 5.1.1 Ökologischer Zustand /Ökologisches Potenzial .................................................25 5.1.1.1 Biologische Qualitätskomponenten ..........................................................25 5.1.1.2 Flussgebietsspezifische Schadstoffe .........................................................32 5.1.1.3 Gesamtbewertung des ökologischen Zustands oder Potenzials .......... 33 5.1.2 Bewertung des chemischen Zustands ................................................................. 34 5.2 Grundwasser ...................................................................................................................... 35 5.2.1 Mengenmäßiger Zustand ..................................................................................... 35 5.2.1.1 Grundwasserentnahmen und künstliche Grundwasseranreicherungen ................................................................... 35 5.2.1.2 Grundwasserströmungsrichtung und Austausch zwischen Grund- und Oberflächengewässern ........................................................ 40 5.2.1.3 Bewertung des mengenmäßigen Zustands des Grundwassers ............ 43 5.2.1.4 Grundwasserabhängige Landökosysteme .............................................. 55 5.2.2 Bewertung des chemischen Zustands des Grundwassers ................................. 60 6 Umweltziele und Fristverlängerungen ................................................................................69 3 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 7 Maßnahmen .........................................................................................................................71 7.1 Maßnahmen zur Verbesserung des Zustands der Oberflächengewässer ........................................................................................................ 71 7.1.1 Verbesserung von Gewässerstruktur und Durchgängigkeit................................ 71 7.1.1.1 Panke............................................................................................................72 7.1.1.2 Tegeler Fließ ................................................................................................73 7.1.1.3 Wuhle und Neue Wuhle ..............................................................................73 7.1.1.4 Erpe ..............................................................................................................74 7.1.1.5 Wasserstraßen .............................................................................................75 7.1.1.6 Seen .............................................................................................................77 7.1.2 Reduzierung der Belastungen durch Nähr- und Schadstoffe sowie durch hydraulische Beeinträchtigungen ............................................................. 78 7.1.2.1 Nährstoffreduzierungskonzept/Maßnahmen auf Kläranlagen .............. 78 7.1.2.2 Dezentrale Regenwasserbewirtschafung .................................................79 7.1.2.3 Maßnahmen im Bereich der Mischwasserkanalisation .......................... 80 7.1.2.4 Maßnahmen im Bereich der Trennkanalisation ........................................ 81 7.1.2.5 Sonstige schadstoffbezogene Maßnahmen ............................................ 82 7.1.3 Einschätzung der Maßnahmenwirkung................................................................ 83 7.1.3.1 Verzögerungszeit bei der ökologischen Regeneration – Maßnahmenbereich Nährstoffe ................................................................ 83 7.1.3.2 Verzögerungszeit bei der ökologischen Regeneration – Maßnahmenbereich Hydromorphologie ................................................. 84 7.1.3.3 Wirkung der Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung ............................ 86 7.2 Grundwasserbezogene Maßnahmen .............................................................................. 86 7.3 Der Masterplan Wasser – Aufstellung einer Zukunftsstrategie für die Berliner Wasserwirtschaft .................................................................................................. 88 8 Zusammenfassung und Ausblick ....................................................................................... 90 9 Literatur ...............................................................................................................................92 10 Anhang ................................................................................................................................95 10.1 Steckbriefe der Berliner Wasserkörper ........................................................................... 95 10.2 Grundwassermessstellen zur Bewertung der bedeutenden grundwasserabhängigen Landökosysteme......................................................................97 4 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 1 VERANLASSUNG Im Jahr 2000 wurde die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, kurz Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) verabschiedet. Sie markiert eine grundsätzliche Neuausrichtung der Gewässerpolitik in der Europäischen Union. Alle EU-Mitgliedstaaten arbeiten an dem gemeinsamen Ziel, ihre Gewässer in einen guten ökologischen, chemischen und mengenmäßigen Zustand zu versetzen. In Deutschland werden die WRRL und ihre Tochterrichtlinien über das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) in nationales Recht umgesetzt. Die Umsetzung wichtiger Detailaspekte ist auf der Verordnungsebene geregelt, für die Oberflächengewässer in der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) und für das Grundwasser in der Grundwasserverordnung (GrwV). Seit Verabschiedung der Richtlinie wurden im Dezember 2021 nunmehr zum dritten Mal die Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme für die Flusseinzugsgebiete vorgelegt. Berlin ist Teil der Flussgebietsgemeinschaft Elbe (FGG Elbe), innerhalb derer die Bundesländer im Elbeeinzugsgebiet ihre Bewirtschaftungs- und Maßnahmenplanung koordinieren. Auf internationaler Ebene erfolgt die Koordinierung im Rahmen der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe (IKSE). Die Bewirtschaftungspläne auf internationaler und nationaler Ebene, die auch der Europäischen Kommission vorgelegt werden, tragen im Sinne des Flussgebietsansatzes der WRRL einer überregionalen wasserwirtschaftlichen Betrachtung Rechnung. Die lokalen und regionalen Aspekte können in diesen Plänen jedoch nicht vertieft abgebildet werden. Der vorliegende Länderbericht soll daher in Ergänzung und Konkretisierung des Bewirtschaftungsplans und des Maßnahmenprogramms der FGG Elbe (FGG Elbe 2021a, FGG Elbe 2021b) eine Übersicht über den Zustand der Berliner Grund- und Oberflächengewässer und die geplanten Maßnahmen zur Verwirklichung der Umweltziele der WRRL geben. Diese Maßnahmen sind auch in das Maßnahmenprogramm der FGG Elbe aufgenommen worden, für das eine strategische Umweltprüfung (SUP) durchgeführt wurde. Damit sind diese Maßnahmen behördenverbindlich und bei allen Planungen, die die Belange der Wasserwirtschaft betreffen, zu berücksichtigen. Hierbei ist zu beachten, dass das Maßnahmenprogramm eine fachliche Rahmenplanung darstellt und nicht den jeweils erforderlichen Verwaltungsverfahren und -entscheidungen vorgreift. Die Maßnahmen des Maßnahmenprogramms werden in Form geeigneter Einzelmaßnahmen im Rahmen der weiteren Planung konkretisiert, die von den jeweiligen Maßnahmen betroffenen privaten und öffentlichen Interessen im Einzelnen geprüft und gemäß den rechtlichen Vorschriften in den jeweils erforderlichen Genehmigungsverfahren umgesetzt. Das Maßnahmenprogramm entfaltet somit noch keine direkte Wirkung gegenüber Dritten. Die in Berlin für die Umsetzung der WRRL zuständige Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz (SenUMVK) hat – anknüpfend an die Bewirtschaftungs- und Maßnahmenplanung für die Zeiträume 2009 bis 2015 und 2016 bis 2021 – aus der Betrachtung der spezifischen Belastungssituation des Berliner Gewässersystems, des Zustands der Wasserkörper und der vielschichtigen Nutzungsansprüche den Handlungsbedarf und die erforderlichen Maßnahmen abgeleitet. Der Bericht umfasst darüber hinaus auch Einschätzungen zur Umsetzbarkeit und Wirksamkeit der geplanten Maßnahmen für Berlin. Da der Handlungsbedarf weiterhin erheblich ist und die Regeneration der Gewässer und ihrer Lebensgemeinschaften mitunter lange Zeiträume benötigt, müssen auch im dritten Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 Fristverlängerungen für die Berliner Grund- und Oberflächenwasserkörper in Anspruch genommen werden. 5 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Die WRRL misst der Beteiligung der Öffentlichkeit einen hohen Stellenwert bei. Seit Erlass der Richtlinie fanden in Berlin zahlreiche Veranstaltungen statt, in denen Bürgerinnen und Bürger, Verbände und andere Interessensvertretungen, Verwaltungen und Politik sich über den Fortgang ihrer Umsetzung in Berlin informieren konnten und in den Gestaltungsprozess einbezogen wurden. Zu den Entwürfen des Bewirtschaftungsplans und Maßnahmenprogramms der FGG Elbe sowie zum Entwurf des vorliegenden Berliner Länderberichts zur Umsetzung der WRRL für den Zeitraum für den Zeitraum 2022 bis 2027 bestand für die Berlinerinnen und Berliner die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Sofern möglich, wurden die Anmerkungen in den jeweiligen Dokumenten berücksichtigt. Mit den interessierten Verbänden, Vereinen, Initiativen, Interessengruppen beziehungsweise Stakeholdern wurde im Sommer 2021 eine Diskussionsveranstaltung zum Entwurf des ergänzenden Länderberichts und zur Umsetzung der WRRL in Berlin durchgeführt. Im Zuge der Erarbeitung der Gewässerentwicklungskonzepte für Panke, Tegeler Fließ, Wuhle, Erpe sowie Müggelsee und Müggelspree fand eine Vielzahl an Informationsforen und Beteiligungswerkstätten statt. In diesen Verfahren wurden die Maßnahmen mit allen Stakeholdern abgestimmt und es gilt nun, diese Maßnahmen an den Gewässern schrittweise umzusetzen. Im Rahmen der erforderlichen Genehmigungsverfahren finden erneute Beteiligungsprozesse statt. Bürgerinnen und Bürger, Vereine, Schulklassen und andere haben auch die Möglichkeit, sich als Bachpaten für einen Gewässerabschnitt zu engagieren (Blaues Klassenzimmer, Müllentfernung etc.). Durch die Senatsverwaltung wird das Gewässerpädagogische Netzwerk unterstützt, das insbesondere die Vernetzung von Aktiven und den Austausch zu Bildungsangeboten zum Thema Wasser/Gewässer zum Schwerpunkt hat. Weiterhin fanden und finden im Rahmen der Aufstellung des Berliner „Masterplans Wasser“, mit dem eine Zukunftsstrategie für die Berliner Wasserwirtschaft aufgestellt wird, Beteiligungsformate statt (vergleiche Kapitel 7.3). Die interessierte Öffentlichkeit ist aufgerufen, sich auch weiterhin aktiv in den Prozess für die Verbesserung des Zustandes der Berliner Gewässer einzubringen. 6 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 2 ALLGEMEINE BESCHREIBUNG DES BERLINER GEWÄSSERSYSTEMS Berlin ist Teil des Elbeeinzugsgebiets und wird von einem weitverzweigen Gewässernetz durchzogen. Das Stadtbild wird wesentlich durch Dahme, Spree und Havel sowie durch die innerstädtischen Kanäle geprägt. Grundlegend lassen sich die Berliner Gewässer unterteilen in — Fließgewässer und Flussseen, die in das überregionale Fließsystem von Spree, Dahme und Havel eingebunden sind, — kleinere natürliche Fließgewässer, die in das überregionale Fließsystem einmünden und teilweise als Vorfluter für die Ableitung von Klärwerksabläufen und Niederschlagswasser dienen (Panke, Tegeler Fließ, Wuhle, Erpe (Neuenhagener Mühlenfließ), Lake, Fließgraben) sowie künstliche Gewässer (Lietzengrabensystem, Nordgraben, Marzahn-Hohenschönhausener Grenzgraben), — grundwassergespeiste Landseen, die nicht oder nur mittelbar in das überregionale Fließsystem eingebunden sind sowie — grundwassergespeiste oder künstliche, zum Teil abgedichtete Teiche oder Pfuhle, die in der Regel vom überregionalen Fließsystem unabhängig sind und deren Zuflüsse häufig durch die städtische Regenentwässerung beeinflusst werden [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2001, S. 16–17]. 2.1 Naturräumliche Gegebenheiten Die Geomorphologie des Berliner Raumes ist maßgeblich durch die Weichsel-Eiszeit, die jüngste der drei großen quartären Inlandvereisungen geprägt. Die wichtigsten geomorphologischen Einheiten sind — das vorwiegend aus sandigen und kiesigen Ablagerungen bestehende Warschau-Berliner Urstromtal, welches die Stadt von Südost nach Nordwest durchzieht, mit dem Nebental der Panke, — die im Norden und Süden angrenzenden Grundmoränenflächen – die Barnim-Hochfläche im Norden sowie die Teltow-Hochfläche und die Nauener Platte im Süden, die zu weiten Teilen mit Geschiebemergeln und Geschiebelehmen bedeckt sind (vergleiche Abbildung 1). Die Berliner Spree- und Havelabschnitte weisen die für Flachlandflüsse typischen geringen natürlichen Gefälleverhältnisse auf. Besondere Bedeutung für die Trinkwasserversorgung Berlins besitzen die im Durchschnitt circa 150 Meter mächtigen Lockersedimente des jüngeren Tertiärs und des Pleistozäns (Ablagerungen der Elster-, Saale- und Weichseleiszeit). Sie bilden das Süßwasserstockwerk, das zum überwiegenden Teil aus Sanden und Kiesen besteht, die ein großes Porenvolumen mit guter Wasserleitfähigkeit besitzen. Aus ihm wird das gesamte Rohwasser der Stadt gefördert. Das Süßwasserstockwerk wird durch eine circa 80 Meter mächtige tertiäre Tonschicht (Rupelton) unterlagert und ist dadurch gegen das Eindringen von Salzwasser aus dem darunter liegenden, mehrere 100 Meter mächtigen Salzwasserstockwerk geschützt [Limberg & Thierbach, 1997] [Rehfeld-Klein, 2002, S. 320]; vergleiche Kapitel 3.2. Klimatisch befindet sich die Region Berlin-Brandenburg im Übergang zwischen dem maritimen und dem kontinentalen Klima, wobei der Einfluss der Kontinentalität von West nach Ost zunimmt. Die mittlere jährliche Niederschlagshöhe beträgt in Berlin etwa 600 Millimeter. 7 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Die geomorphologischen, hydrogeologischen und klimatischen Verhältnisse bedingen die Hydrologie der Berliner Gewässer, deren natürliche Verhältnisse aber massiv durch anthropogene Einflüsse überprägt werden. Zu nennen sind hier insbesondere die Folgen der Stauregulierung von Spree und Havel, die Einflüsse des Braunkohletagebaus im mittleren Spreeeinzugsgebiet sowie die Auswirkungen der Abwasserbeseitigung und Trinkwasserversorgung in der Hauptstadtregion. Diese Einflüsse wirken sich zudem erheblich auf die Güte der Berliner Gewässer aus. Geologische Skizze von Berlin W Nauener Platte ar See- und Moorablagerungen: Sand mit Torf und Mudde Urstromtal und Nebentäler: Sand Hochflächen: Geschiebelehm, Geschiebemergel Hochflächen: Sand Gewässer ke Pan sc ha Barnim-Hochfläche u- B er li ne r U rs tr l ve Ha om Spree ta l Teltow-Hochfläche 0 Abbildung 1: Naturräumlich-geomorphologische Unterteilung Berlins [Umweltatlas Berlin, Ausgabe 2013 (SenSW und SenUVK 2020)] 2.2 Wasserwirtschaftliche Rahmenbedingungen 2.2.1 Stauhaltung Die Abflussverhältnisse von Spree und Dahme sowie der von der Spree durchflossenen Kanäle (Teltowkanal, Landwehrkanal, Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal) werden weitgehend von der Wasserstandsteuerung an den Stauanlagen Mühlendamm (Spree) und Kleinmachnow (Teltowkanal) bestimmt. Die Durchflussaufteilung zwischen dem Teltowkanal und der Stadtspree richtet sich nach engen Stauzielvorgaben, die einerseits eine ausreichende Wassertiefe sowie andererseits die notwendigen Brückendurchfahrtshöhen sicherstellen. Sie bestimmen auch die Abflussverhältnisse in den weiteren innerstädtischen Stauhaltungen. Die Obere Havel unterliegt einer Stauregulierung durch die Schleuse Spandau. Das Berliner Unterhavelbecken liegt innerhalb der Stauwurzel der Schleuse Brandenburg. Durch die Stauhaltung ist das Berliner Hauptfließgewässersystem extrem langsam fließend und gleicht vor allem im Sommer limnologisch einem System flacher Flussseen. Gegenüber stofflichen Belastungen ist es somit außerordentlich empfindlich, insbesondere herrschen ideale Bedingungen für die Umsetzung von Pflanzennährstoffen zu Algenbiomasse [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2001, S. 18] [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2004, S. 21]. 8 2 4 6 8 10 km BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 2.2.2 Braunkohlebergbau Darüber hinaus werden die natürlichen Abflussverhältnisse der Spree durch den Braunkohlebergbau in der Niederlausitz überprägt. Zu dessen Höchstzeiten in den Achtzigerjahren wurde der Abfluss der Spree durch die Einleitung von Sümpfungswässern künstlich massiv erhöht. Besonders deutlich wird dies anhand der Niedrigwasserführung. So betrug der Anteil der eingeleiteten Sümpfungsmengen am natürlichen Niedrigwasserabfluss der Spree im bergbaulich beeinflussten Gebiet zu Extremzeiten bis zu 90 Prozent [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2001, S. 18]. Mit dem anhaltenden Rückgang der Einleitung der Sümpfungswässer seit 1990 in Folge des Rückgangs der Kohleförderung verschärft sich die Niedrigwasserproblematik. Nur durch umfassende Maßnahmen zur Speicherung von Wasser in Talsperren und steuerbaren Tagebaurestseen in Kombination mit den eingeleiteten Sümpfungswässern kann aktuell eine Mindestwasserführung bis nach Berlin gewährleistet werden. Solange die Auffüllung des großflächigen Absenkungstrichters in der Lausitz einschließlich der Flutung der Tagebaurestlöcher nicht abgeschlossen ist, werden sich die Abflüsse der Spree auf einem sehr niedrigen Niveau bewegen. Abflussverhältnisse, die den natürlichen Bedingungen zumindest ansatzweise näherkommen, sind erst in Jahrzehnten wieder denkbar. Durch die zusätzlichen Verdunstungsverluste der Tagebaurestseen werden die ursprünglichen Verhältnisse aber nie mehr vollends wiederhergestellt werden können [Kaden et al., 2002, S. 61]. Über die Grubenwasserreinigungsanlagen des aktiven Bergbaus (Sümpfungswässer), über die Tagebaurestseen sowie diffus als Folge des flächenhaften Grundwasseranstiegs gelangen darüber hinaus erhebliche Sulfatfrachten in die Spree. Der für den Zufluss der Spree nach Berlin relevante Pegel Rahnsdorf zeigt seit 2013 eine signifikante Zunahme der Sulfatkonzentrationen und übersteigt phasenweise den länderübergreifend vereinbarten Immissionszielwert zur Sicherung der Trinkwasserversorgung Berlins (vergleiche Abbildung 2). Eine Überschreitung des Trinkwassergrenzwertes im am stärksten betroffenem Wasserwerk Friedrichshagen konnte bislang nicht festgestellt werden. 350 Sulfatkonzentration in mg/l 300 250 200 150 100 50 01.01.2021 01.01.2020 01.01.2019 01.01.2018 01.01.2017 01.01.2016 01.01.2015 01.01.2014 01.01.2013 01.01.2012 01.01.2011 01.01.2010 01.01.2009 01.01.2008 01.01.2007 01.01.2006 01.01.2005 01.01.2004 01.01.2003 01.01.2002 01.01.2001 01.01.2000 0 Zeitraum Abbildung 2: Entwicklung der Sulfatkonzentrationen am Pegel Rahnsdorf 9 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Im Rahmen der kontinuierlichen Zusammenarbeit der Länder Sachsen, Brandenburg und Berlin in der Arbeitsgruppe „Flussgebietsbewirtschaftung Spree, Schwarze Elster und Lausitzer Neiße“ werden Maßnahmen zur Begrenzung der Sulfatkonzentrationen, wie Zugabe von Verdünnungswasser und Überleitung zur Neiße, vereinbart und umgesetzt. Zudem finden seit 2015 Sulfatgespräche auf Staatssekretärsebene statt. In diesen Gesprächen wurde insbesondere die Prüfung weitergehender Maßnahmen der bergbaubetreibenden Länder Brandenburg und Sachsen zur Stützung der festgelegten Immissionszielwerte vereinbart. Es wurde bekräftigt, dass die Bewältigung der bergbaubedingten Sulfatkonzentrationen in der Spree eine gemeinschaftliche Aufgabe der Bundesländer Berlin, Brandenburg und Sachsen sowie der Akteure des Bergbaus und der Wasserwirtschaft ist. Im Gegensatz zur Sulfatproblematik, die mit dem vereinbarten Kohleausstieg bis 2038 in der Lausitz entschärft wird, stellt das Wassermengenproblem eine langfristige Herausforderung dar. Es zeichnet sich ab, dass nach Einstellung der Tagebausümpfung als Folge des Kohleausstiegs die verfügbaren Speicherkapazitäten mit dem fortschreitenden Klimawandel perspektivisch nicht ausreichen werden, um die ökologische Funktionsfähigkeit angemessen aufrecht zu halten. Auch für die Sicherung der Trinkwasserversorgung ist die Gewährleistung der Mindestwasserführung nach Berlin von hoher Relevanz. Ein frühzeitiger Kohleausstieg ist der Ausgangspunkt für eine dringend gebotene, mittel- bis langfristige nachhaltige Sanierung des gesamten Wasserhaushaltes der Spree, gestützt durch technische Maßnahmen zur Mengenbewirtschaftung in Niedrigwasserzeiten. Die Beherrschung dieses Problems kann nur gelingen, wenn die Bundesländer Berlin, Brandenburg und Sachsen auch weiterhin zur Problematik eng zusammenarbeiten, sich auch in der Zukunft gemeinsam mit dem Bund zu den erforderlichen Maßnahmen austauschen sowie eine verursachergerechte Flankierung des Kohleausstiegs sicherstellen. Wie sich die Zuflusssituation nach Berlin vor dem Hintergrund des umfassenden Strukturwandels in der Lausitz und dem Klimawandel letztendlich entwickeln wird, kann derzeit noch nicht hinreichend quantifiziert werden. Die Bundesregierung hat daher ein Projekt zum Thema „Wasserwirtschaftliche Folgen des Braunkohleausstiegs in der Lausitz“ aufgelegt, das im Sommer 2020 begann. Im Rahmen dieses Projektes sollen auch die Folgen des Klimawandels näher untersucht werden. Erste Ergebnisse sind in zwei bis drei Jahren zu erwarten. 2.2.3 Abwasserbeseitigung und Trinkwasserversorgung Die Abwasserreinigung Berlins erfolgt in sechs Großkläranlagen (Schönerlinde, Münchehofe, Waßmannsdorf, Stahnsdorf, Ruhleben, Wansdorf), die sich sowohl im Stadtgebiet als auch im Umland befinden (vergleiche Abbildung 3). Im Jahr 2020 wurden rund 258 Millionen Kubikmeter Abwasser in den Klärwerken gereinigt. Die Ableitung der Abwässer der circa 7.000 Industrie- und Gewerbetriebe erfolgt ausschließlich in die Misch- beziehungsweise Trennkanalisation (Indirekteinleitung) und fließt so ebenfalls den Klärwerken (Direkteinleiter) zu. Etwa drei Viertel der kanalisierten Gebiete Berlins werden über das Trennsystem, etwa ein Viertel über das Mischsystem entwässert (vergleiche Abbildung 4). Der hohe Anteil versiegelter und kanalisierter Flächen hat erheblichen Einfluss auf die Abflussbildung und Abflussdynamik insbesondere der kleineren Fließgewässer im Stadtgebiet. Das gesamte Rohwasser für die Trinkwasserversorgung wird durch neun Wasserwerke (Stolpe, Spandau, Tegel, Tiefwerder, Kladow, Beelitzhof, Wuhlheide, Kaulsdorf, Friedrichshagen) aus dem eigenen Stadtgebiet gefördert. Damit nimmt Berlin im Vergleich mit vielen anderen europäischen Ballungsräumen, die ihr Trinkwasser aus historischen, qualitativen oder hydrologischen Gründen zu großen Anteilen über Fernwasserversorgungsleitungen beziehen, eine wasserwirtschaftliche Sonderstellung ein. Im Jahr 2020 wurden durch die Wasserwerke rund 223 Millionen Kubikmeter Trinkwasser gewonnen. 10 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Abbildung 3: Wasserver- und Abwasserentsorgung Berlins [Berliner Wasserbetriebe] Abbildung 4: Misch- und Trennsystem in Berlin [Berliner Wasserbetriebe] 11 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Da die Grundwasserneubildung für die Trinkwasserversorgung Berlins nicht ausreicht, wurden für die Rohwassergewinnung Brunnengalerien entlang der Oberflächengewässer angelegt, um das Grundwasser über die Uferpassage (Uferfiltration) aus dem Oberflächenwasser anzureichern. Die Höhe des Uferfiltrationsanteils an der Gesamtförderung hängt von der Lage der Brunnen zum Gewässer, von der Fördermenge und von den hydrogeologischen Gegebenheiten ab. Insgesamt werden rund 60 Prozent des Berliner Rohwassers über Uferfiltration gewonnen, 30 Prozent stammen aus der natürlichen Grundwasserneubildung. Rund 10 Prozent der benötigten Rohwassermenge werden mit Hilfe künstlicher Grundwasseranreicherung gewonnen. Damit tragen die Oberflächengewässer erheblich zur Stabilisierung des Wasserdargebots für die Trinkwasserversorgung der Stadt bei. Die bei der Uferfiltration im Verhältnis zum landseitigen Anstrom deutlich kürzeren Laufzeiten des Oberflächenwassers zu den Brunnengalerien verdeutlichen die extrem sensible Abhängigkeit der Trinkwasserversorgung von der Beschaffenheit des Oberflächenwassers. Von besonderer Bedeutung im urbanen Wasserkreislauf Berlin sind in diesem Zusammenhang die Anteile gereinigten Abwassers in den Berliner Oberflächengewässern [Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, 2007] [Rehfeld-Klein, 2002, S. 325–328] [Möller & Burgschweiger, 2008]. Vor dem Hintergrund der oben genannten naturräumlichen und wasserwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den vielfältigen Nutzungsansprüchen, stellt das Erreichen der Umweltziele der WRRL im Gewässersystem Berlins die Stadt vor große Herausforderungen. In den nachfolgenden Kapiteln wird ein grundlegender Überblick über den Stand der Umsetzung der Richtlinie in Berlin gegeben. Nach einer Erläuterung der Einteilung der Gewässer in berichtspflichtige Wasserkörper und Gewässertypen sowie der Ausweisung künstlicher und erheblich veränderter Wasserkörper (Kapitel 3), wird in Kapitel 4 das Monitoring der Gewässer beschrieben. Die maßgeblichen Belastungen und der aktuelle Zustand der Wasserkörper sind in Kapitel 5 dargelegt. Kapitel 6 erläutert die festgelegten Umweltziele und die in Anspruch genommenen Fristverlängerungen für den dritten Bewirtschaftungszeitraum. Kapitel 7 zeigt auf, mit welchen Maßnahmen die Ziele der Richtlinie erreicht werden sollen. Abschließend werden in Kapitel 8 die Inhalte des vorliegenden Berichts zusammengefasst und ein Ausblick auf den weiteren Umsetzungsprozess der WRRL in Berlin gegeben. 12 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 3 EINTEILUNG DER GEWÄSSER IN WASSERKÖRPER UND GEWÄSSERTYPEN Zur besseren Handhabung der Umweltziele der WRRL und der daran ausgerichteten Bewirtschaftung werden die Oberflächengewässer und das Grundwasser in Wasserköper eingeteilt. Die Wasserkörper bilden als kleinste zu bewirtschaftende Einheit die Bezugsebene der Anforderungen der WRRL – für jeden Wasserkörper sind die Ziele der Richtlinie zu erreichen (vergleiche hierzu auch Kapitel 10). 3.1 Oberflächenwasserkörper Ein Oberflächenwasserkörper ist gemäß Art. 2 Nr. 10 WRRL ein einheitlicher und bedeutender Abschnitt eines Oberflächengewässers. In Berlin wurden 34 Oberflächenwasserkörper abgegrenzt. Davon sind 20 Wasserkörper als natürlich, acht Wasserkörper als erheblich verändert und sechs Wasserkörper als künstlich ausgewiesen. Zwölf der natürlichen Wasserkörper sind Seen, davon neun Flussseen mit Aufenthaltszeiten zwischen 3 bis 30 Tagen. Die Einteilung der Oberflächenwasserkörper in Berlin (vergleiche Abbildung 5) richtet sich nach den Gewässerkategorien (Bach, Fluss, See) und den Gewässertypen der Bund/LänderArbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) (vergleiche Kapitel 3.3). Die Einteilung der Spree in Müggelspree, Vorstadtspree und Stadtspree folgt dem Wechsel von einem Gebiet mit Trennkanalisation (Vorstadtspree) zur Mischkanalisation (Stadtspree). Die ebenfalls separat betrachtete Müggelspree liegt vor den Toren Berlins als Fortführung des Wasserkörpers Müggelspree in Brandenburg. Wasserkörper gleichen Typus und ähnlicher Belastung wurden zusammengefasst (zum Beispiel Kanäle südlich der Spree und Kanäle nördlich der Spree, Teltowkanal 1 und 2). Kleinere Gewässerabschnitte, die als ökologisch relevanter Eintragspfad oder Refugium fungieren können, werden bei der Bewirtschaftung in den Wasserkörper einbezogen (unter anderem Hellersdorfer Graben, Bänke). Prägende Querbauwerke, hydraulische Veränderungen sowie die Einzugsgebietsgröße führen ebenfalls zur Abgrenzung der Wasserkörper, trotz gleichen Gewässertyps (zum Beispiel Wuhle, Neue Wuhle). Die Panke wird durch das Verteilerbauwerk Blankenburg in zwei Wasserkörper getrennt. Berlin und Brandenburg haben länderübergreifende Wasserkörper, für die jeweils ein Land die Federführung übernimmt. So hat beispielsweise Brandenburg die Federführung für das gesamte Fredersdorfer Mühlenfließ und den Krossinsee, Berlin übernimmt das Tegeler Fließ und alle Seen, bei denen die Landesgrenze mittig verläuft (Dämeritzsee, Seddinsee, Groß Glienicker See, Zeuthener See, Niederneuendorfer See). Die Federführung umfasst das Gewässermonitoring, die ökologische Zustandsbewertung und Berichterstattung an die Europäische Kommission. Die Maßnahmenplanungen in den Wasserkörpern werden abgestimmt, die Umsetzung und Finanzierung der Maßnahmen wird innerhalb der Ländergrenzen eigenverantwortlich durchgeführt. 13 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Wasserkörper (WRRL) Berliner Oberhavel Berliner Unterhavel 1 Berliner Unterhavel 2 Dämeritzsee Groß Glienicker See Großer Müggelsee Großer Wannsee Langer See Nieder-Neuendorfer See Seddinsee Tegeler See Zeuthener See Berliner Unterhavel Fließgraben Gosener Graben Kanäle nördlich der Spree Kanäle südlich der Spree Kuhlake Laake Lietzengraben 0 2,5 5 10 15 Kilometer Müggelspree, Rahnsdorf Neue Wuhle Abbildung 5: Einteilung der Oberflächenwasserkörper Berlins Neuenhagener Mühlenfließ Panke oberhalb Verteilerbauwerk Panke unterhalb Verteilerbauwerk Stadtspree 1 Stadtspree 2 Tegeler Fließ 1 Tegeler Fließ 2 Teltowkanal 1 Teltowkanal 2 Wuhle, Oberlauf Wuhle-Mündung 3.2 Grundwasserkörper Berlin hat Anteile an vier Grundwasserkörpern (vergleiche Abbildung 6): — Untere Spree (DEGB_DEBE_HAV_US_1), — Obere Havel (DEGB_DEBE_HAV_OH_1), — Untere Havel (DEGB_DEBE_HAV_UH_1) und — Dahme (DEGB_DEBE_HAV_DA_3). Drei Grundwasserkörper liegen bezüglich der Überwachung, Bewertung und Berichterstattung in der Zuständigkeit des Landes Berlin. Der Grundwasserkörper Dahme obliegt der Federführung des Landes Brandenburg, so dass die Berichterstattung zu diesem Wasserkörper durch Brandenburg erfolgt. Die Abgrenzung der Grundwasserkörper wurde in Abstimmung mit dem Land Brandenburg belastungsorientiert vorgenommen. Alle Berliner Anteile der ausgewiesenen Grundwasserkörper zeigen eine anthropogene Beeinflussung. Größere zusammenhängende Gebiete ohne städtischen Einfluss konnten nicht abgegrenzt werden [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2004]. 14 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE ± Grundwasserkörper (Stand 2019) Obere Havel 1 Berlin (DEGB_DEBE_HAV_OH_1) Untere Havel 1 Berlin (DEGB_DEBE_HAV_UH_1) Untere Spree 1 Berlin (DEGB_DEBE_HAV_US_1) Tegel Dahme 3 Brandenburg Spandau (DEGB_DEBB_HAV_DA_3) Staaken Wasserfassungen Brandenburg Tiefwerder Stadtgrenze Kaulsdorf Gewässer Wuhlheide Kladow betriebsbereite Brunnen BWB Friedrichshagen Beelitzhof (Stand September 2021) Johannisthal Erkner Kleinmachnow Friedrichshagen Teltow Eichwalde 0 2.5 5 10 Kilometer Esri, HERE, Abbildung 6: Grundwasserkörper und Lage der Wasserfassungen Die vier Berliner Grundwasserkörperanteile liegen in der Norddeutschen Tiefebene und sind aus pleistozänem und tertiärem Lockergestein aufgebaut. Das Gebiet ist morphologisch überwiegend durch die letzte Vereisung, die Weichsel-Kaltzeit geprägt worden. Das west-nordwestostsüdost verlaufende Warschau-Berliner Urstromtal ist überwiegend sandig bis kiesig ausgebildet, während die Barnim-Hochfläche im Norden, die Teltow-Hochfläche und die Nauener Platte im Süden zum großen Teil durch bindigen Geschiebelehm der Grundmoränen bedeckt sind (vergleiche Kapitel 2.1, Abbildung 1). Hydrostratigrafisch lassen sich nach [Limberg & Thierbach, 2002] im Land Berlin fünf Grundwasserleiter differenzieren. Die oberen Grundwasserleiter bilden glazifluviatile Sande der Saale- und Weichsel-Kaltzeit. Im Liegenden folgen die pleistozänen Schichten der HolsteinWarmzeit und der Elster-Kaltzeit sowie tertiäre Sedimente des Miozäns und Oberoligozäns. Der circa 80 Meter mächtige mitteloligozäne Rupelton in 100 bis 200 Metern Tiefe bildet die hydraulische Barriere zum darunterliegenden Salzwasserstockwerk. Aus der Abbildung 7 ist zu ersehen, dass der Hauptgrundwasserleiter (GWL 1 und GWL 2) innerhalb des Süßwasserstockwerks lokal zwar durch Grundwassergeringleiter von den tieferen Grundwasserleitern (GWL 3 und GWL 4) getrennt ist, insgesamt jedoch immer wieder durch hydraulische Kontakte mit ihnen in Verbindung steht. Somit werden die tieferen Bereiche nicht als separate Grundwasserkörper, sondern das gesamte System als ein zusammenhängender geschichteter Grundwasserkörper ausgewiesen. Das Grundwasser kommt im Urstromtal überwiegend unbedeckt vor, während es auf den Hochflächen vielfach von bindigen Grundmoränen bedeckt ist und dann dort auch meist gespannt vorliegt. Eine detaillierte Beschreibung der Geologie und Hydrogeologie der einzelnen Berliner Grundwasserkörper findet sich in [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2004]. 15 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Hydrogeologischer Schnitt durch Berlin (40-fach überhöht) Teltow-Hochfläche Süden Urstromtal m NHN Spree qw qsWA Hauptgrundwasserleiter qsD 0 GWL 2 qhol - qs - qw GWL 3 tmi - qe - qhol qe tmiBRu qe qe tmiBRo tmiBRu tmiBRu tmiMIu tmiMO -100 qw - qh qh qe GWL 4 qsD tmiBRu Süßwasserstockwerk tolCO - tmi qhol qe qe qe tolCO Barnim-Hochfläche qw qsWA Hauptgrundwasserleiter qsD qhol -50 GWL 1 Panketal tolRT qe -150 tolRT GWL 5 Prätertiär - teo Salzwasserstockwerk -200 Prätertiär - teo 0 5 km Das nicht überhöhte Profil zum Vergleich -250 0 Quartär -100 Tertiär Tertiär Quartär Quartär Grundwassergeringleiter (Geschiebemergel, Tone, Schluffe, Mudden) GWL 1 qw - qh GWL 2 qhol - qs - qw GWL 3 tmi - qe - qhol GWL 4 tolCO - tmi Grundwasserdruckfläche Panketal und oberflächennahe Grundwasserleiter GWL 5 Prätertiär - Eozän Grundwasserdruckfläche Hauptgrundwasserleiter qh qw qs qsWA qsD qhol qe Holozän Weichsel - Kaltzeit Saale - Kaltzeit Warthe Stadium Drenthe Stadium Holstein - Warmzeit Elster - Kaltzeit t Tertiär Grundwasserleiter (zusammengefasst) q Quartär (Sande und Kiese) -200 tmi tmiBRo tmiBRu tmiMIu tmiMO tolCO tolRT teo Abbildung 7: Hydrogeologischer Schnitt durch Berlin [Limberg 2013] 3.3 Gewässertypen Gemäß Anhang II Nr. 1.1 und 1.2 der WRRL sind die Oberflächenwasserkörper in Gewässertypen zu unterteilen. Die Einteilung erfolgt auf Grundlage spezifischer Eigenschaften. Gewässer mit ähnlichen Merkmalen werden zu Typen zusammengefasst. Für die Umsetzung der Anforderungen der WRRL ist die Einteilung in Gewässertypen von großer Bedeutung, da diese den Ausgangspunkt für die Beurteilung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers bilden. Die Typisierung der Berliner Oberflächengewässer (vergleiche Abbildung 8) erfolgte nach dem Gewässertypenatlas Deutschlands und den Steckbriefen zu den biozönotisch relevanten Gewässertypen des Norddeutschen Tieflandes beziehungsweise zu den Steckbriefen der Seentypen [Pottgiesser, T. , 2018] [Mathes , 2002]. Die Einteilung der Typen ist in der OGewV (Anlage 1) verankert. Grundlage für die Typisierung und die Definition des sehr guten ökologischen Zustands ist der Referenzzustand der Gewässer. Dieser beschreibt einen Zustand, in dem der Mensch die Ökosysteme in ihrem Charakter und ihrer Funktion noch nicht einschneidend verändert hat. Den Ökoregionen und den darin vorkommenden Fließgewässerlandschaften wurden typische Lebensgemeinschaften zugeordnet, die diesen Zustand beschreiben. Dem Typisierungsansatz der Seen liegen Ökoregionen, Morphologie, Verweilzeit, Durchmischungsregime und Einzugsgebietsgrößen zu Grunde. 16 Miozän Obere Briesker Schichten Untere Briesker Schichten Untere Mittenwalder Schichten Mölliner Schichten Cottbusser Schichten Rupelton Eozän Norden BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Gewässertypen (WRRL) geschichter See, großes EZG ungeschichter See, großes EZG Flusssee geschichter See, kleines EZG sonstige organisch geprägter Bach organisch geprägter Fluss sandgeprägter Bach sandgeprägter Fluss, großes EZG Niederungsfließgewässer sonstige 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abbildung 8: Typisierung der Berliner Oberflächengewässer Die Berliner Gewässerlandschaft ist Teil der Ökoregion Norddeutsches Tiefland und geprägt durch Flussseen von Dahme, Spree und Havel. Diese Flussseen sind flach, weitestgehend ungeschichtet und haben eine kurze Verweilzeit zwischen 3 und 30 Tagen (Typ 12: Flusssee im Tiefland). Der von der Spree durchflossene Große Müggelsee hat eine größere Verweilzeit von circa 60 Tagen und ist ebenfalls überwiegend ungeschichtet (Typ 11: Polymiktischer Tieflandsee mit relativ großem Einzugsgebiet). Durch ihre großen Einzugsgebiete und die häufige Durchmischung sind alle Flussseen in ihrem Referenzzustand nährstoffreich. Neben wasserpflanzenreichen Zuständen mit hoher Sichttiefe können in den Seenketten auch größere temporäre Phytoplanktonentwicklungen auftreten. Der tiefere und damit thermisch geschichtete Groß Glienicker See ist mit seinem kleinen Einzugsgebiet als nährstoffarm einzustufen (Typ 13: Geschichteter Tieflandsee mit relativ kleinem Einzugsgebiet). Diese nährstoffarmen Seen werden auch als „klare Hecht und Schleie-Seen“ beschrieben, die Flussseen als „trübe Zanderseen“. Dem ebenfalls thermisch geschichteten Tegeler See kommt durch sein großes Einzugsgebiet (Oberhavel) wiederum eine höhere „Referenztrophie“ zu (Typ 10: Geschichteter Tieflandsee mit relativ großem Einzugsgebiet 2 – Subtyp 10.2). Die Spree war ursprünglich ein sand- und kiesgeprägter Tieflandfluss mit großem Einzugsgebiet (Typ 15 g: Große sand- und lehmgeprägte Tieflandflüsse). Die bis zur Müggelspree rückwirkende Stauhaltung an der Mühlendammschleuse verringert die Fließgeschwindigkeit und damit die Habitatvielfalt an Sohle und Ufer. Die von der Spree durchflossenen innerstädtischen Kanäle werden als stark veränderte Gewässer eingestuft und ebenfalls dem Typ 15 g zugeordnet. Die Dahme in Köpenick wurde aufgrund gleicher morphologischer und biozönotischer Eigenschaften als Flusssee dem Wasserkörper Langer See zugeordnet. 17 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Die der Spree zufließenden Bäche sind je nach Talbodengefälle entweder überwiegend organisch geprägt (Typ 11: Organisch geprägte Bäche) oder sandgeprägt (Typ 14: Sandgeprägte Tieflandbäche). Im urbanen Raum kommt es in Abhängigkeit vom Wasserdargebot oft zu Überlagerungen dieser Substratverhältnisse. Der Wechsel vom organischen Bach zum organischen Fluss (Erpe, Typ 12: Organisch geprägte Flüsse) hängt mit der Größe des Einzugsgebietes zusammen. Zwischen Seddinsee und Dämeritzsee fließt der Gosener Graben als typisches natürliches Niederungsgewässer des Typs 19 (Kleine Niederungsfließgewässer in Fluss- und Stromtälern) in der Spreeaue. 3.4 Künstliche und erheblich veränderte Gewässer Die Wasserrahmenrichtlinie unterscheidet natürliche Gewässer, erheblich veränderte Gewässer und künstliche Gewässer. Das Bewirtschaftungsziel für die natürlichen Gewässer ist der gute ökologische Zustand, für die erheblich veränderten Gewässer (HMWB = Heavily Modified Water Body) und künstlichen Gewässer (AWB = Artificial Water Body) das gute ökologische Potenzial. Künstliche Wasserkörper sind solche, die durch den Menschen geschaffen wurden. Gewässer, die durch den Menschen nutzungsbedingt in erheblicher Weise hydromorphologisch verändert wurden, können unter bestimmten Voraussetzungen als HMWB eingestuft werden. Die Ausweisung als HMWB erfolgte nur, wenn die „prägende Nutzung“ beziehungsweise der damit verbundene morphologische Stressor nicht durch Maßnahmen aufgehoben werden kann, ohne die Nutzung signifikant zu beeinträchtigen. Prägende Nutzungen im urbanen und periurbanen Berliner Raum sind (vergleiche Abbildung 9): — Schifffahrt auf staugeregelten Gewässern beziehungsweise Kanälen, — Landentwässerung und Hochwasserschutz, — Urbanisierung und Hochwasserschutz mit beziehungsweise ohne Vorland. Inklusive aller Kanäle beträgt die Länge der Berliner Fließgewässer rund 220 Kilometer. Doch nur der kleinste Teil ist noch in einem relativ naturnahen Zustand. Die Kanäle und die innerstädtische Spree sind fast durchgehend mit Spundwänden unterschiedlicher Bauweisen oder Wasserbausteinen befestigt. Steile Böschungen überwiegen gegenüber gewässertypischen flachen Uferzonen, die für die naturnahe Besiedlung mit flusstypischen Arten notwendig wären. Solche als Bundeswasserstraße genutzte Spree-Abschnitte wurden als erheblich veränderte Gewässer ausgewiesen. Als Bundeswasserstraße genutzte durchflossene Seen werden wie natürliche Wasserkörper behandelt. Hier wird davon ausgegangen, dass der gute ökologische Zustand erreicht werden kann, da die Berufsschifffahrt in diesen Gewässern an Bedeutung verliert und die Freizeitschifffahrt ökologisch maßvoll ausgerichtet werden könnte. Bei den kleinen Fließgewässern wurden Wasserkörper als stark verändert ausgewiesen, wenn Be- und Entwässerung im urbanen Raum beziehungsweise der Hochwasserschutz im Fokus stehen oder der Mündungsbereich zu urban überprägt ist. Insgesamt wurden acht Wasserkörper als HMWB und sechs Wasserkörper als AWB ausgewiesen, das sind 40 Prozent aller Wasserkörper. Für diese erheblich veränderten Gewässer gelten modifizierte Bewertungsverfahren der Biokomponenten (Makrozoobenthos, Fische), bei denen die Auswirkungen der jeweiligen Nutzungsform auf die Lebensgemeinschaft berücksichtigt werden. So werden zum Beispiel bei der Bewertung des Makrozoobenthos in staugeregelten Wasserstraßen ohne Vorland die naturgemäß vorkommenden strömungsliebenden „Zeigerarten“ des sandgeprägten Tieflandflusses nicht berücksichtigt, sondern vorrangig die Arten im Uferbereich beziehungsweise an der Sohle. 18 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Nutzung gemäß HMWB-Handbuch (2013) Urbanisierung und Hochwasserschutz (ohne Vorland) Urbanisierung und Hochwasserschutz (mit Vorland) Landentwässerung und Hochwasserschutz Landentwässerung und Hochwasserschutz, Urbanisierung und Hochwasserschutz (mit Vorland) Landentwässerung und Hochwasserschutz, Urbanisierung und Hochwasserschutz (ohne Vorland) Schifffahrt auf frei fließenden Gewässern Schifffahrt auf frei fließenden Gewässern (Schifffahrt auf staugeregelten Gewässern) Schifffahrt auf Kanälen Schifffahrt auf staugeregelten Gewässern Schifffahrt auf staugeregelten Gewässern, Urbanisierung und Hochwasserschutz (ohne Vorland) keine Zuordnung ( ) alternative Nutzung 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abbildung 9: Zuordnung der Nutzungen an den Wasserkörpern Berlins gemäß HMWB-Handbuch, Version 2.0 [Universität Duisburg-Essen & Planungsbüro Koenzen, 2013] als Bewertungsgrundlage des ökologischen Potenzials 19 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 4 GEWÄSSERMONITORING 4.1 Oberflächengewässer Zur Überwachung der Oberflächenwasserkörper hinsichtlich ihres ökologischen Zustands oder ihres ökologischen Potenzials sowie ihres chemischen Zustandes wird ein Überwachungsprogramm erstellt, das jährlich überprüft und gegebenenfalls aktualisiert wird. Für die Überwachung der allgemeinen physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten, der flussgebietsspezifischen und der prioritären Stoffe ist jedem Wasserkörper (mindestens) eine repräsentative Messstelle zugeordnet (vergleiche Abbildung 10). Für die Biokomponenten werden zusätzlich – je nach Methode – mehrere Messstrecken, Transekte oder Messpunkte untersucht und ausgewertet. Die WRRL unterscheidet zwischen der überblicksweisen Überwachung, der operativen Überwachung und der Überwachung zu Ermittlungszwecken. Die Überblicksmessstellen bewerten den Zustand großer Einzugsgebiete und erfassen langfristige Trends. Für das Einzugsgebiet der Elbe sind in Berlin vier Überblicksmessstellen festgelegt (vergleiche Abbildung 10): — Dahme – Schmöckwitzer Brücke → Dahme oberhalb der Mündung in die Spree, — Spree – Sophienwerder → Spree oberhalb der Mündung in die Havel, — Oberhavel – Schleuse Spandau → Oberhavel oberhalb der Mündung der Spree, — Großer Müggelsee. Die operative Überwachung wird an allen anderen Wasserkörpern durchgeführt. Für die Überwachung zu Ermittlungszwecken (investigatives Monitoring) werden in einigen Wasserkörpern zusätzliche Messstellen untersucht. Die Überwachungsfrequenzen sind in der OGewV (Anlage 10) vorgegeben. Für die Zustandsbewertung im Rahmen der vorliegenden Aktualisierung des Bewirtschaftungsplanes für den Zeitraum von 2022 bis 2027 wurden Monitoringdaten aus den Jahren 2015 bis 2019 verwendet. In Einzelfällen wurden ergänzend Daten aus den Jahren 2013 und/oder 2014 berücksichtigt. 20 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Messstellen OPE SUR SUR, TRE 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abbildung 10: Wasserkörper und Messstellenverteilung an den Berliner Oberflächengewässern OPE = Operative Messstelle ; SUR = Überblicksmessstelle ; SUR/TRE = Überblicks- und Trendmessstelle 4.1.1 Biologisches Monitoring Das Monitoring der biologischen Qualitätskomponenten richtet sich nach den Vorgaben der OGewV. Es werden die interkalibrierten biologischen Bewertungsverfahren angewandt (siehe www.gewaesser-bewertung.de). Das Phytoplankton wird (ebenso wie die chemischen Parameter, siehe Kapitel 4.1.2) in der größten Seetiefe beziehungsweise der Flussmitte erfasst. Untersuchungen der wirbellosen Fauna (Makrozoobenthos) erfolgen in Abschnitten der Uferzone. Makrophytenbetauchungen werden an Transekten in Seen vorgenommen. Benthische Diatomeen werden an Hartsubstraten beziehungsweise am Sediment aufgenommen. Für Fischuntersuchungen in Fließgewässern wurden Befischungsstrecken festgelegt, die elektrisch befischt werden. Die Seen werden zusätzlich mit Reusen und gegebenenfalls mit Kiemennetzen befischt. Zur Validierung der Ergebnisse der Phytoplanktonbewertung und zur Einschätzung des Fischbestandes wird in Seen zusätzlich Zooplankton untersucht. Grundsätzlich werden Biokomponenten mehrmals jährlich (Phytoplankton) oder mindestens einmal im Bewirtschaftungszeitraum (Makrozoobenthos, Fische, benthische Diatomeen, Makrophyten) erhoben. Dabei werden in der Frequenz Änderungen von Stressoren berücksichtigt. Ändert sich das Ergebnis nicht, sind im operationellen Monitoring größere Bewertungsabstände möglich. Bei der Erarbeitung von Gewässerentwicklungskonzepten (GEK) wird das Monitoring verdichtet und Stressoren bezogen differenziert untersucht. Solche GEK wurden bislang an Panke, Wuhle, Erpe, dem Tegeler Fließ und im Müggelseegebiet durchgeführt. Naturschutzfachliche Belange wurden in Absprache mit der Obersten Naturschutzbehörde bei der Probenahme berücksichtigt und die Daten zur Verfügung gestellt. 21 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Ein investigatives Monitoring wird zum Beispiel nach Renaturierungsmaßnahmen in Seen durchgeführt (Groß Glienicker See, Tegeler See, Schlachtensee) oder beim Umbruch von Seen in einen anderen Zustand (zum Beispiel Wechsel von der Phytoplanktondominanz zur Makrophytendominanz im Großen Müggelsee). Hier erfolgt eine Verdichtung der Tauchkartierung, um die Prozesse und natürlichen Schwankungsbreiten der Artenverschiebungen besser verstehen und die Bewirtschaftungsmaßnahmen entsprechend anpassen zu können. 4.1.2 Chemisches Monitoring Im Rahmen des chemischen Monitorings werden sowohl die allgemeinen chemisch-physikalischen Qualitätskomponenten als auch die flussgebietsspezifischen Schadstoffe und die prioritären Stoffe überwacht. Die chemisch-physikalischen Qualitätskomponenten werden an allen Überblicksmessstellen und operativen Messstellen untersucht. Die Untersuchungen der prioritären Stoffe und der flussgebietsspezifischen Schadstoffe dienen der Überwachung der Einhaltung von Umweltqualitätsnormen (UQN), die in der OGewV geregelt sind. Welche Stoffe an welchen Messstellen untersucht werden, richtet sich nach den Einleitungen und Einträgen im Einzugsgebiet. An den Überblicksmessstellen in den Fließgewässern werden die Stoffe mindestens einmal in sechs Jahren und an den operativen Messstellen mindestens einmal in drei Jahren untersucht. Für einige UQN sind besondere Anforderungen an die Untersuchungsmatrix zu berücksichtigen. Neben den Untersuchungen in der Wasserphase werden daher bestimmte Schadstoffe an ausgewählten Messstellen auch in Schwebstoffen (zum Beispiel Kupfer, Zink, Polychlorierte Biphenyle) oder Biota (Fische beziehungsweise Muscheln, zum Beispiel Quecksilber, Bromierte Diphenylether beziehungsweise Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) analysiert. Die Untersuchungen in der Wasserphase werden je Messstelle in der Regel 12-mal pro Jahr (1-mal pro Monat) durchgeführt. Messungen im Schwebstoff erfolgen 6-mal pro Jahr, während Biota 1-mal pro Jahr untersucht werden. Für die Überwachung der JD-UQN wird der Jahresdurchschnittswert (arithmetischer Mittelwert) der Messungen an einer Messstelle herangezogen. Die Überwachung der ZHK-UQN (ZHK = Zulässige Höchstkonzentration) erfolgt durch Vergleich mit dem maximalen Messwert einer Jahresreihe. 4.2 Grundwasser 4.2.1 Chemisches Monitoring Die Vorgaben zur Überwachung des chemischen sowie des mengenmäßigen Grundwasserzustands sind in der Grundwasserverordnung (GrwV) verankert. Sie dient der Umsetzung der EG-Grundwasserrichtlinie 2006/118/EG, einer Tochterrichtlinie der WRRL. Die umfassende operative Beprobung des Berliner Grundwassermessnetzes findet jährlich wiederkehrend in zwei Messkampagnen statt (Frühjahr, Herbst). In 2019 wurden an 139 Messstellen im Hauptgrundwasserleiter (GWL 2) aller vier Grundwasserkörper (GWK) Untersuchungen für Parameter gemäß Anlage 2 der GrwV durchgeführt. An 15 der Messstellen wurden insbesondere Pflanzenschutzmittel und deren Metaboliten untersucht. Die Beprobung erfolgte an Verfilterungen in Tiefen zwischen 1 und 91 Meter NHN. Das Augenmerk der Überwachung liegt in der Betrachtung der Gesamtsituation der Berliner Grundwasserkörper. Die Messstellen erfassen in ihrer räumlichen Verteilung möglichst viele unterschiedliche berlintypische räumliche Ausstattungsmerkmale, weitergehende Fragenstellungen erfordern hingegen die Errichtung von zusätzlichen Sondermessnetzen. Einen Überblick zur Verteilung der in 2019 untersuchten Standorte des Berliner Grundwassergütemessnetzes gibt Abbildung 11. Informationen über Messstellen außerhalb des Berliner Landesgebietes werden durch das Land Brandenburg zur Verfügung gestellt. 22 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Grundwassergüte – 2019 Messpunkte WRRL – Landesmessnetz Berlin Messpunkte WRRL – Landesmessnetz Berlin Monitoring von Pflanzenschutzmitteln und deren Metaboliten Grundwasserkörper Dahme Grundwasserkörper Untere Spree Grundwasserkörper Obere Spree Grundwasserkörper Untere Havel 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abbildung 11: Überwachung der Grundwassergüte durch das Landesmessnetz Berlin 4.2.2 Monitoring des mengenmäßigen Grundwasserzustands Das Messnetz zur Überwachung der Grundwasserstände, welches zur Bewertung des mengenmäßigen Zustandes der Grundwasserkörper im Berliner Stadtgebiet herangezogen wird (siehe Kapitel 5.2.1), besteht aus insgesamt 72 Messstellen. Es entspricht den generellen Anforderungen der FGG-Elbe zur Überwachung des mengenmäßigen Zustandes. Grenzübergreifende Veränderungen beziehungsweise Einflüsse wurden entsprechend der Zuständigkeiten ermittelt, sind aber im Länderbericht nicht dokumentiert, da sich dieser nur auf die Berliner Landesfläche bezieht. Bei der Messstellenauswahl für Berlin kamen folgende Kriterien zur Anwendung: — Lage im Hauptgrundwasserleiter (Grundwasserleiter 1 und 2 im Urstromtal sowie Grundwasserleiter 2 im Bereich der Hochflächen), — Vorhandensein einer mindestens 30jährigen Messreihe (mindestens ab 1990) ohne längere Unterbrechungen sowie plausiblen Werten, — eine möglichst gleichmäßige Verteilung über die Fläche, jedoch ohne signifikante Beeinflussung durch Wasserwerksentnahmen und Eigenwasserversorgungen und — Vorliegen der Daten zum Messstellenausbau. Von den 72 Messstellen zur Überwachung der Grundwasserstände liegen 23 Messstellen gleichmäßig verteilt im Grundwasserkörper Untere Havel. Im nördlich angrenzenden Grundwasserkörper Obere Havel sind insgesamt 19 geeignete Messstellen vorhanden, die jedoch durch die Einflussbereiche der Wasserwerke Tegel, Spandau und Staaken nicht so regelmäßig angeordnet sind wie im Grundwasserkörper Untere Havel. Von den 32 Messstellen im flächenmäßig größten Grundwasserkörper Untere Spree ist die Mehrheit relativ gleichmäßig im Urstromtal und auf der Teltow-Hochfläche verteilt. Im Einflussbereich der Wasserwerke Johannisthal, Wuhlheide, Kaulsdorf und Friedrichshagen ist die Verteilung entsprechend weniger homogen und auf der Barnim-Hochfläche nimmt Messstelledichte analog zum Grundwasserkörper Obere Havel ab. 23 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Im Grundwasserkörper Dahme mit dem geringsten Flächenanteil steht nur eine geeignete Messstelle, die unbeeinflusst von den Wasserwerksentnahmen ist sowie eine ausreichend lange Messreihe aufweist, für die Beobachtung des Grundwasserstandes zur Verfügung. Einen Überblick zur Lage und Ausdehnung der Grundwasserkörper im Berliner Stadtgebiet einschließlich des ausgewählten Messnetzes gibt die Abbildung 23 (Kapitel 5.2.1.3). 24 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 5 BELASTUNGEN UND ZUSTAND DER BERLINER GEWÄSSER 5.1 Oberflächengewässer 5.1.1 Ökologischer Zustand /Ökologisches Potenzial Die Bewertung des ökologischen Zustands beziehungsweise Potenzials erfolgt in erster Linie über biologische Qualitätskomponenten (Biokomponenten). Unterstützend werden zudem hydromorphologische und allgemeine physikalisch-chemische Parameter herangezogen. Für eine Einstufung in den guten ökologischen Zustand müssen zudem die Umweltqualitätsnormen (UQN) für flussgebietsspezifische Schadstoffe eingehalten werden (siehe unten). Über die Betrachtung jeder Biokomponente, die spezifische Stressoren widerspiegelt, lässt sich ein Handlungsbedarf ableiten. Beispielsweise wird die Trophie vorrangig über das Phytoplanktonwachstum bewertet, punktförmige Nährstoffeinträge und Salzbelastungen werden über benthische Diatomeen abgebildet, auf Strukturdefizite an der Sohle und den Ufern von Seen und Fließgewässern sowie organische Belastung (Saprobie) reagieren Makrozoobenthos und Fische. Alle Biokomponenten unterliegen national und international abgestimmten Bewertungsverfahren und sind deshalb länderübergreifend vergleichbar. Sie werden einzeln ausgewertet und geben in der Summe ein Bild über den ökologischen Zustand. Für die Einstufung des Wasserkörpers in eine ökologische Zustandsklasse ist die jeweils schlechteste Komponente maßgeblich („one out- all out“-Prinzip). Nach Anwendung dieser stringenten Regel erreicht derzeit kein Wasserkörper bei allen Biokomponenten den guten ökologischen Zustand beziehungsweise das gute ökologische Potenzial. Betrachtet man einzelne Biokomponenten, erhält man ein differenziertes Ergebnis. 5.1.1.1 Biologische Qualitätskomponenten MAKROZOOBENTHOS Fließgewässer: Die Lebensgemeinschaft des Makrozoobenthos indiziert sowohl die organische Belastung (Saprobie) als auch die Qualität des Lebensraums mit seinen hydromorphologischen und hydraulischen Verhältnissen (Allgemeine Degradation). Die Summe ergibt die Gesamtbewertung des Makrozoobenthos. Während 70 Prozent der Wasserköper nicht mehr organisch belastet sind, weist bei allen Wasserkörpern die Bewertung der „allgemeinen Degradation“ Abweichungen zur ökologischen Zielstellung auf. Hier spiegeln sich die erheblichen Strukturdefizite durch Begradigung, Abflusssteuerung und urbane Nutzung im Stadtgebiet wider. Die Habitatverarmung (zum Beispiel durch Uferverbau, gleichförmiges Sohlensubstrat, Faulschlamm infolge von Stauregulierung) bietet nur Spezialisten eine sichere Lebensgrundlage. 78 Prozent der kleinen Fließgewässer-Wasserkörper sind im mäßigen ökologischen Zustand beziehungsweise an den Unterläufen im mäßigen ökologischen Potenzial. Klimatische Veränderungen wirken sich auf die Durchflüsse, Sohlbeschaffenheit, Wassertemperatur und Sauerstoffverhältnisse aus und schränken die gewässertypische Artenvielfalt zusätzlich ein. Das betrifft vor allem die Oberläufe der Fließgewässer mit geringem Wasserdargebot. Die Obere Wuhle fiel 2018 bis 2020 im Sommer trocken. Die innerstädtischen und periurbanen Gewässer erreichen in keiner Weise ein gutes ökologisches Potenzial. Nur 33 Prozent wurden der Zustandsklasse 3 (mäßig), sogar 58 Prozent der Zustandsklassen 4 und 5 (unbefriedigend und schlecht) zugeordnet. Die Kanäle der Spree wurden zu relativ großen Wasserkörpern zusammengefasst, in denen abschnittweise Sauerstoff-Schwankungen in der Jahresdynamik auftreten können. 25 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Vor allem im Mischsystem der Regenwasserbewirtschaftung in Teilen der Stadtspree und in Kanälen südlich der Spree (Landwehrkanal, Neuköllner Schifffahrtskanal) ist die Saprobie aufgrund von kurzzeitigen Sauerstoffdefiziten abschnittsweise für viele Organismen lebensfeindlich. Insbesondere heimische Großmuschelarten reagieren negativ auf Sauerstoffdefizite, die infolge von Starkregenereignissen im Sommer auftreten können. Insgesamt haben sich im Untersuchungszeitraum vier Wasserkörper verschlechtert (Fließgraben, Lake, Panke-Unterlauf, Stadtspree). Die schlechte Bewertung der großen Gewässer, die an die Spree und Havel angebunden sind, beruht auch auf dem wachsenden Anteil an eingewanderten Arten (Neozoen), die bis zu 70 Prozent der Bestandsdichte in den innerstädtischen Gewässern ausmachen können. Sie breiten sich als „genügsame“ Arten invasiv aus und nehmen den heimischen Arten den Lebensraum. Dazu gehören Muscheln (Quaggamuschel Dreissena rostriformis, Körbchenmuschel Corbicula fluminea, Neuseeländische Zwergdeckelschnecke Potamopyrgus antipodarum), aber auch diverse Kleinkrebse (unter anderem Dicerogammarus, Echinogammarus). Das Vorkommen invasiver Arten wirkt sich negativ auf die Zustandsbewertung aus. Über ihre Ökologie ist noch wenig bekannt. Seen: Insgesamt werden die meisten Seen mit „mäßig“ bewertet. Einige Abschnitte der Unterhavel, des Langen Sees, und einige Bereiche des Müggelsee-Gebietes erreichen die Zielvorgaben. Durch die Zunahme der Wasserpflanzen und ausbleibende Planktonmassenentwicklungen (unter anderem fehlende Blaualgenblüten) profitieren viele Arten, unter anderem Schneckenarten (Radix, Lymnea Posthörnchen, Mützenschnecke) sowie diverse Libellen. Wellenschlag durch Schifffahrt und Freizeitnutzung wirkt sich jedoch negativ auf seetypische Arten im ungeschützten Litoral aus (Unterhavel, Großer Müggelsee). Während die organische Belastung (Saprobie) unbedeutend ist, sind vor allem durch Wassersport und andere Freizeitnutzungen die Habitate der wirbellosen Fauna (unter anderem Schilf, Flachwasserzonen, Totholz, wurzelnde Wasserpflanzenbestände) oftmals so gestört, das wertgebende Arten fehlen. Der Rückgang des Wasserspiegels in warmen Sommern (zum Beispiel Groß Glienicker See) und Temperaturerhöhungen im Flachwasserbereich größer 25 Grad Celsius beeinflussen die Lebensgemeinschaften (zum Beispiel Großmuscheln) ebenfalls negativ. Die massive Ausbreitung der Quaggamuschel in allen Flussseen verbessert zwar phasenweise die Filtration im Gewässer, verdrängt aber massiv die heimischen Großmuscheln und andere benthisch lebende Arten. Seen mit höherer Trophie (Großer Wannsee, Oberhavel, Unterhavel) sind anfälliger gegenüber Sauerstoffschwankungen und Schlammauflagen durch sedimentierende Biomasse. Sie weisen abschnittsweise verarmte Uferbereiche auf. Durch eine langjährige Unterhaltung und Förderung der Schilfbestände und dem Verbleib von Fallbäumen im Uferbereich haben sich die Habitatstrukturen jedoch deutlich verbessert und wurden als Lebensraum angenommen. In wellenschlagsberuhigten Bereichen im Müggelseegebiet (inklusive Kleiner Müggelsee, Bänke), am Dämeritzsee, Seddinsee und Teilen der Unterhavel konnten auch Abschnitte mit „gut“ bewertet werden. 26 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Ökologischer Zustand der OWK (WRRL) Qualitätskomponente Makrozoobenthos gut mäßig unbefriedigend gut mäßig unbefriedigend schlecht 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abbildung 12: Zustandsbewertung der Qualitätskomponente Makrozoobenthos FISCHE Fließgewässer: Die Fischfauna wurde in keinem der Fließgewässer mit „gut“ bewertet. Mitteldistanzwanderfische (potamodrome Fischarten) werden zwar in einigen Gewässern vereinzelt nachgewiesen, aber in der Regel fehlen die für die Ökoregion zu erwartenden Zielarten (unter anderem Barbe, Wels, Quappe, Rapfen, Hasel). Die stärksten Defizite ergeben sich durch die Stauhaltungen und Wehre im Einzugsgebiet von Spree und Havel. In den innerstädtischen Gewässern traten in den letzten Jahren durch lange Perioden mit erhöhter Wassertemperatur, heiße Sommertage und vermehrte Starkregenereignisse Sauerstoffdefizite auf, die abschnittsweise zu temporären Fischsterben führten, vorrangig in den Kanälen südlich der Spree (Landwehrkanal, Neuköllner Schifffahrtskanal). Durch das geringe Wasserdargebot aus dem Einzugsgebiet erhöhte sich die Aufenthaltszeit in der Stauhaltung, so dass organische Einträge jeglicher Art länger im Wasserkörper verblieben und damit insgesamt Verschlammung und Sauerstoffarmut verschärften. Auch in den kleinen Fließgewässern wirkt sich das geringere Wasserdargebot als Stressor auf die Fische aus (Tegeler Fließ, Obere Wuhle). Der Anteil belasteten Wassers aus dem urbanen Bereich wird damit größer. Mangelhafte Laichhabitate und Querbauwerke, fehlende Unterstände und trockenfallende Abschnitte sind Ursachen für die relativ schlechte Bewertung. Insgesamt werden 33 Prozent der Wasserköper als schlecht bewertet, 24 Prozent als unbefriedigend und 43 Prozent als mäßig. Durch Verbesserung der Fischdurchgängigkeit im Lietzengrabensystem (unter anderem Fischtreppe, Sohlgleiten) wird der Wasserkörper um 2 Stufen besser bewertet. Sieben Wasserkörper wurden schlechter bewertet (Panke, südliche Kanäle, Stadtspree, Oberlauf Wuhle). 27 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Seen: Die Bewertung hat sich bei 75 Prozent der Wasserköper verschlechtert. Eine geringere Biomasse insgesamt, eine Verringerung der Referenzarten und ein geringer Anteil von Jungfischen bei den Referenzarten führten zur Abwertung in fast allen Flussseen. Ausnahme ist der Große Müggelsee, der mit „gut“ bewertet wird. Die Abnahme der Fischdichte fällt zusammen mit der Verringerung der Trophie (Gesamtphosphor) und dem Wechsel von Phytoplanktondominanz mit Cyanobakterien-Massenentwicklungen zu pflanzenreichen, klaren Gewässern. Entsprechend änderte sich die Zusammensetzung der Fischgemeinschaft. Durch das Missverhältnis zwischen Fried- und Raubfischen und den Nährstoffreichtum im Sediment überwiegen noch wenig anspruchsvolle Weißfische. Die Artenvielfalt stieg noch nicht an. Die Sauerstoffverhältnisse haben sich in den Seen insgesamt weiter verbessert. Im Groß Glienicker See wird das Bewertungsergebnis vorrangig durch ein Übermaß an Cypriniden mit geringer Artenvielfalt geprägt. Parallel trat im Untersuchungszeitraum eine Massenentwicklung von Marmorkrebsen auf, deren Auswirkungen auf die Lebensgemeinschaft noch untersucht werden muss. Ökologischer Zustand der OWK (WRRL) Qualitätskomponente Fischfauna gut mäßig unbefriedigend gut mäßig unbefriedigend schlecht 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abbildung 13: Zustandsbewertung der Qualitätskomponente Fischfauna MAKROPHYTEN UND PHYTOBENTHOS Als Primärproduzenten stehen sowohl die Makrophyten als auch das Phytobenthos in enger Beziehung zur Trophie eines Gewässers. Unter Phytobenthos versteht man benthische Diatomeen und die übrige benthische Flora (zum Beispiel Fadenalgen und so weiter). Der Begriff Makrophyten beinhaltet im weiten Sinne alle unter der Mittelwasserlinie wurzelnden oder frei im Wasser flutenden Gefäßpflanzen sowie die makroskopisch sichtbaren Moose und Armleuchteralgen (Characeen). Unter den aquatischen Makrophyten werden die vollständig untergetaucht lebenden größeren Pflanzen sowie Schwimmblattpflanzen zusammengefasst. Neben Eutrophierungserscheinungen spiegeln Wasserpflanzen auch strukturelle Defizite wider. Diatomeen sind vor allem gute Indikatoren für die punktuelle Nährstoffbelastung. Typische Anzeiger von zu hohen Stickstoffkonzentrationen sind Massenentwicklungen von Fadenalgen in kleinen Fließgewässern und Seen. 28 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE In die Bewertung gemäß WRRL gehen sowohl die Ergebnisse der Wasserpflanzenkartierung als auch der Bewertung der benthischen Diatomeen als wesentliche Vertreter des Phytobenthos ein. Das übrige Phytobenthos (Phytobenthos ohne Diatomeen = POD) geht nur in die Bewertung der kleinen Fließgewässer mit ein. Bei der ökologischen Bewertung der Seen dient die Artenzusammensetzung des „POD“ nur zur Plausibilisierung der Untersuchungsergebnisse. Fließgewässer: Die strukturelle Degradierung, temporäres Trockenfallen durch fehlende Niederschläge, Nährstoffreichtum sowie umfangreiche Nutzungen wirken sich negativ auf die Wasserpflanzenbestände der kleinen Fließgewässer aus. Sie werden überwiegend mäßig (Zustandsklasse 3) bis unbefriedigend (Klasse 4) bewertet. Lediglich der Gosener Graben profitiert als Verbindungsgewässer zwischen Dämeritzsee und Seddinsee von einem Nährstoffrückgang, einem Befahrungsverbot von Motorbooten und einer extensiven Gewässerunterhaltung, so dass sich ausgedehnte Krebsschärenbestände und andere Makrophyten etablieren konnten. Im urbanen Raum begrenzen Trübungen nach Regenereignissen, stoffliche Belastungen und die Schifffahrt das Vorkommen von Makrophyten. Im klaren Wasser etablieren sich zunehmend auch Aufwuchsalgen, die zeitweise Wasserpflanzen überziehen und damit ihr Wachstum beeinträchtigen können. Seen: Wasserpflanzen werden in allen Seen regelmäßig durch Tauchkartierungen in mehreren Transekten untersucht. Neben der Bedeckung und Artenvielfalt spielt die untere Ausbreitungstiefe der Wasserpflanzen eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der Seen. Viele der durchflossenen Seen im Berlin-Brandenburger Raum befinden sich im Umbruch zu einem makrophytenreichen See, der weniger durch Phytoplankton getrübt wird. Nachdem der Groß Glienicker See und der Tegeler See nach erfolgreich verlaufenen Restaurierungsmaßnahmen Ausbreitungstiefen von Wasserpflanzen von 5 beziehungsweise 6 Meter erreicht haben, weist nun auch der Große Müggelsee eine stabile Gewässerflora auf. Lediglich die Artenzusammensetzung spiegelt die hohe Trophie der letzten Jahrzehnte wider. Gewässertypische Armleuchteralgen (Characeen) treten nur vereinzelt im Tegeler See und Groß Glienicker See auf. In den (noch) nährstoffreichen Sedimenten wurzeln eutraphente Arten, es können sich aber auch in wellenschlagsberuhigten Zonen umfangreiche Schwimmblattpflanzengürtel ausbreiten (Müggelsee, Seddinsee, seenartige Erweiterungen der Müggelspree, Havel). Diese Seen werden mit „mäßig“ bewertet. Durch Massenentwicklungen einzelner Arten (zum Beispiel Hornkraut Ceratophyllum demersum, Nutalls Wasserpest Elodea nuttallii) wird hier noch kein guter Zustand erreicht. In Flussseen der Dahme und der Oberhavel sowie im Unterhavelbecken treten seit 2015 ebenfalls vermehrt Wasserpflanzen (Schwimmblattzonen, Hornkrautbestände) durch höhere Sichttiefen auf. Durch die Artenarmut werden die Havelgewässer und die beiden Dahme-Gewässer aber mit „unbefriedigend“ bewertet. Das Wachstum der submersen Makrophyten wird durch motorgetriebene Freizeitboote und die Schifffahrt aber auch durch Fraßfeinde (Graskarpfen, wühlende Cypriniden, invasive Krebse und Ansammlungen von Wasservögeln) beeinträchtigt. 29 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Ökologischer Zustand der OWK (WRRL) Qualitätskomponente Makrophyten und Phytobenthos gut mäßig unbefriedigend gut mäßig unbefriedigend nicht anwendbar 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abbildung 14: Zustandsbewertung der Qualitätskomponenten Makrophyten und Phytobenthos BENTHISCHE DIATOMEEN UND ÜBRIGES PHYTOBENTHOS Die aufwachsenden Kieselalgen wurden in Seen, innerstädtischen Fließgewässern und kleinen Fließgewässern untersucht. Neben einer „diffusen Grundbelastung“ an Nährstoffen, indizieren aufwachsende Kieselalgen hervorragend punktförmige Eintragsquellen von Nährstoffen und Salzbelastungen. Im Vergleich zum vorangegangenen Bewirtschaftungszeitraum gab es einige Verbesserungen in den Bewertungen der Wasserkörper. Der Gosener Graben (gut) und der Lietzengraben (mäßig) wurden jeweils um eine Stufe besser bewertet. Bei den Seen führt die Verbesserung der benthischen Diatomeen und der Wasserpflanzen insgesamt zur Verbesserung um eine Zustandsklasse in der Unterhavel (insgesamt mäßig). In den innerstädtischen Gewässern wurden nur die Diatomeen in die Bewertung einbezogen. Hier dominiert die Zustandsklasse 4 (unbefriedigend). Das gilt auch für die kleinen Fließgewässer Lake, Fließgraben, Erpe und den Unterlauf der Panke. In allen kleinen Fließgewässern wurde das übrige Phytobenthos (Aufwuchsalgen ohne Diatomeen) erfasst. Es ist mit der Diatomeenbewertung vergleichbar. PHYTOPLANKTON Eine weitere Ursache für die Zielverfehlung der WRRL ist die Eutrophierung der Berliner Gewässer. Das überwiegend große, landwirtschaftlich genutzte Einzugsgebiet der Flussseen und die hohe Besiedlungsdichte führten zu hohen Nährstoffeinträgen in der Vergangenheit. Planktonblüten mit Blaualgenmassenentwicklungen trübten das Wasser und verhinderten Makrophytenwachstum. Dem Rückgang der Nährstoffkonzentrationen in den letzten 25 Jahren folgten nach einer gewissen Verzögerung rückläufige Planktondichten in fast allen durchflossenen Seen von Spree und Havel. Der Betrieb der Phosphateliminierungsanlage Tegel am Tegeler See [Chorus et al., 2020] und die nachhaltige seeinterne Phosphorfällung im Groß Glienicker See führten bereits im letzten Bewirtschaftungszeitraum zur Zielerreichung (Zustandsklasse 2). Massenentwicklungen von Cyanobakterien kamen in den letzten 4 Jahren nur kurzzeitig in warmen Sommern vor, vorrangig im Zeuthener See und in den seenartigen Erweiterungen der Unterhavel vor. 30 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Die fortschreitende Entwicklung der Wasserpflanzen und eine großflächige Etablierung der Quagga-Muschel, sowie die Festlegung von Phosphor im Sediment führten zur weiteren Abnahme der Phytoplanktonbiomassen und zum Rückgang der Cyanobakterien. Dadurch werden nur noch Wasserkörper der Unterhavel (Großer Wannsee, Unterhavel 1), die DahmeGewässer (Zeuthener See, Langer See) und der Niederneuendorfer See mit „mäßig“ bewertet. Die anderen Seen befinden sich hinsichtlich des Phytoplanktons im guten ökologischen Zustand. Durch Nährstoff-Rücklösungen und punktuelle Einträge werden bei den planktondominierten Fließgewässern die innerstädtischen Kanäle, die Stromhavel und die Spree mit „mäßig“ bewertet. Die rückgestauten Fließgewässer sind durch diffuse Einträge im Stadtgebiet meist nährstoffreich und die Planktonentwicklung mäßig. Der Teltowkanal führt seit Jahren sehr wenig Plankton trotz hoher Nährstoffgehalte. Im gesamten Stadtbereich filtrieren große Mengen von eingewanderten Dreikantmuscheln zeitweise das Phytoplankton effektiv aus dem Wasser. Die Massenverbreitung dieser Neozoen ist allerdings langfristig als instabil zu betrachten. Ökologischer Zustand der OWK (WRRL) Qualitätskomponente Phytoplankton gut mäßig unbefriedigend gut mäßig unbefriedigend nicht anwendbar 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abbildung 15: Zustandsbewertung der Qualitätskomponente Phytoplankton ZOOPLANKTON Für die Seenbewertung spielt das Zooplankton eine wesentliche Rolle. Es kontrolliert Algenblüten, Bakteriendichten, ist Nahrungsgrundlage für Fische und andere Wasserlebewesen und gibt Aufschluss über die Zusammensetzung des Fischbestandes im Gewässer. Es trägt zur Absicherung und Plausibilisierung der Bewertung des Phytoplanktons bei. In Berlin wird das Zooplankton an ausgewählten Seen untersucht (Groß Glienicker See, Seddinsee, Langer See, Tegeler See, Zeuthener See). Neben der Nährstoffreduktion ist die Förderung des Zooplanktons eine Möglichkeit zur Verbesserung der Wasserqualität. 31 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE UNTERSTÜTZENDE QUALITÄTSKOMPONENTEN Neben der Bewertung der Biokomponenten werden zudem unterstützende Qualitätskomponenten gemäß WRRL untersucht. Das betrifft zunächst die Gewässerstrukturgüte, welche die Naturnähe des durchflossenen Gewässerbettes einschließlich der umgebenden Aue klassifiziert. Dazu werden Parameter des Umfeldes, des Ufers und der Sohle erhoben, welche die vorhandene Gewässerstruktur beschreiben. An Seen wird zusätzlich die Flachwasserzone untersucht. Die Strukturgüte beschreibt die Qualität der gewässertypischen Habitate für die Biokomponenten. Die Fließgewässer Berlins sind überwiegend „stark verändert“. Die Seen weisen durch Schilfschutzmaßnahmen und abschnittsweisem Belassen von Totholz eine etwas bessere Strukturgüte auf. Durch den starken Wellenschlag, harten Uferverbau und starke Nutzung durch Erholungssuchende sind dennoch weite Abschnitte verödet. Weitere unterstützende Qualitätskomponenten sind die sogenannten Orientierungswerte der OGewV, die die Anforderungen an den guten ökologischen Zustand beschreiben. Für die Seen sind das vorrangig Phosphor und die Sichttiefe, die Ausdruck der Eutrophierung sind. Tabelle 1: Anforderungen an den guten ökologischen Zustand: Werte der allgemeinen physikalischchemischen Komponenten der Seetypen (April bis Oktober) Seetyp (gemäß OGewV) 10.2 11.2 12 13 Trophie Mesotroph 2 Eutroph 1 Eutroph 1 Mesotroph 1 Phosphor (µg/l TP) 30 bis 45 35 bis 55 60 bis 90 25 bis 35 Sichttiefe (m) 3,0 bis 2,0 2,0 bis 1,3 1,2 bis 0,8 3,5 bis 2,5 Seen (eingehalten) Tegeler See Großer Müggelsee Dämeritzsee, Seddinsee Groß Glienicker See Die Sichttiefen entsprechen in allen Seen von März bis April den Orientierungswerten. In Oberhavel und Unterhavel gibt es starke saisonale und jährliche Schwankungen. Die Seen können als Phosphor-Quelle und Phosphorsenke wirken. Die Dahme-Seen überschreiten noch die gewässertypischen Phosphorkonzentrationen. Die Spree-Seen sind Teil von durchströmten Seenketten und unterliegen damit je nach dem Wasserdargebot und lokalen Bewirtschaftungen im Einzugsgebiet besonderen jährlichen Schwankungen. Die Fließgewässer überschreiten in der Regel mindestens einen Orientierungswert der Nährstoffe (Phosphor, Ammonium). Sie zeigen wenige, aber einflussreiche Maxima bei den organischen Belastungen, vorrangig nach Starkregenereignissen. Lokale Einträge von Chlorid treten nur nach strengen Wintern auf (Tausalz) und haben keinen Einfluss auf die Zustandsbewertung. Sulfat ist punktuell erhöht und kann nach Austritt von Grundwasser in kleine Fließgewässer Auswirkungen auf die Biozönosen haben (Auftreten von Schwefelbakterien und Schwefelwasserstoff). Die Auswirkungen der erhöhten Sulfatkonzentrationen durch den Braunkohlebergbau in der Lausitz auf die Gewässersedimente und eine mögliche Nährstoffrücklösung in Seen ist noch Gegenstand der Forschung. Orientierungswerte (unter anderem Phosphor) sind Hilfen bei Planungen zur Reduktion der Nährstoffbelastungen und bei der Auslegung der Großklärwerke. 5.1.1.2 Flussgebietsspezifische Schadstoffe Neben den biologischen Qualitätskomponenten (und unterstützend den hydromorphologischen und allgemeinen physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten) sind bei der Einstufung des ökologischen Zustands beziehungsweise des ökologischen Potenzials chemische Qualitätskomponenten, die sogenannten flussgebietsspezifischen Schadstoffe, zu berücksichtigen. Die Einhaltung der in der Anlage 6 der OGewV für diese 67 Schadstoffe festgelegten Umweltqualitätsnormen (UQN) ist zu prüfen. Wird eine UQN oder werden mehrere UQN nicht eingehalten, kann der ökologische Zustand oder das ökologische Potenzial höchstens als mäßig eingestuft werden. Die flussgebietsspezifischen Schadstoffe werden im Gegensatz zu den Stoffen der chemischen Zustandsbewertung auf nationaler Ebene, das heißt, bundesweit geregelt. 32 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Für Berlin werden in einigen Wasserkörpern UQN-Überschreitungen für die Schwermetalle Kupfer und Zink (zehn beziehungsweise neun Wasserkörper), für die Industriechemikalien Polychlorierte Biphenyle (PCB) (sieben Wasserkörper) sowie für das Insektizid Imidacloprid (sieben Wasserkörper) festgestellt. Bei Kupfer, Zink und den PCB bezieht sich die UQN auf Schwebstoffe beziehungsweise Sedimente. Die maßgeblichen Einträge in die Gewässer ergeben sich für Berlin aus dem Regenwasserabfluss von versiegelten Flächen. Kupfer wird zum Beispiel aus Bremsbelägen und Kupferdächern freigesetzt, Quellen für Zink sind verzinkte Baumaterialien (zum Beispiel Metalldächer, Regenrinnen) und Reifenabrieb. Die emittierten Stofffrachten aus den kommunalen Kläranlagen beziehungsweise den Mischwasserüberläufen sind von vergleichsweise geringer Bedeutung [Wicke et al., 2016]. Daneben können auch kupferhaltige Antifouling-Anstriche von Sportbooten und Schiffen zur Belastung der Gewässer beitragen [Feibicke et al., 2018]. Polychlorierte Biphenyle (PCB) wurden in der Vergangenheit vielseitig angewandt, unter anderem als Kühl- und Isoliermittel in der Elektroindustrie, als Hydraulikflüssigkeit in der Maschinenindustrie, als Weichmacher und Brandverzögerer für Lacke, Farben, Beschichtungen, Klebstoffe, Dichtungsmassen, Kunststoffe, Kabelisolierungen und Verpackungsmittel. Seit 1989 ist die Verwendung von PCB in Deutschland, seit 2001 auch weltweit verboten. Da die Schadstoffe sehr schlecht abbaubar sind, werden sie nach wie vor in der Umwelt nachgewiesen. Aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften können sie sich in der Nahrungskette anreichern. In den Gewässern reichern sich PCB in Schwebstoffen und Sedimenten an. Für Berlin ist davon auszugehen, dass die Einträge der Vergangenheit, die sich mittlerweile in den Sedimenten der betroffenen Gewässer diffus verbreitet haben, für die aktuellen UQN-Überschreitungen verantwortlich sind. Die Anreicherung von Schadstoffen in den Sedimenten wird durch die geringen Fließgeschwindigkeiten des staugeregelten Berliner Gewässersystems begünstigt. Imidacloprid wird in Wasserkörpern nachgewiesen, die von den Einleitungen der kommunalen Kläranlagen beeinflusst sind. Die Untersuchungsergebnisse von zwei Berliner Kläranlagen bestätigen diesen Eintragspfad. Das Insektizid gehört zur Gruppe der Neonicotinoide. Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff dürfen nur noch in dauerhaft errichteten Gewächshäusern und zur Behandlung von Saatgut, das zur Ausbringung im Gewächshaus bestimmt ist, angewendet werden. Als Biozid wird Imidacloprid zum Beispiel in Köderdosen gegen Ameisen oder Schaben eingesetzt. Darüber hinaus enthalten einige Präparate zur Behandlung von Hunden und Katzen gegen Flöhe Imidacloprid als Wirkstoff. Die Substanz ist in der Umwelt schwer abbaubar. Auf die ökologische Zustandsbewertung wirken sich die genannten UQN-Überschreitungen für die Berliner Wasserkörper nicht aus, da keiner der betroffenen Wasserkörper besser als mäßig eingestuft ist. 5.1.1.3 Gesamtbewertung des ökologischen Zustands oder Potenzials Bei der Gesamtbewertung auf Basis aller ermittelten biologischen Qualitätskomponenten ist zu beachten, dass die Gewässer und somit die aquatischen Lebensgemeinschaften natürlichen Schwankungen unterliegen. Der Untersuchungszeitraum war durch zwei außergewöhnlich warme Jahre und heiße Sommer mit sehr geringem Niederschlag und wenigen, aber sehr intensiven Starkregenereignissen geprägt. Insgesamt erreicht kein Wasserkörper für alle Biokomponenten den guten Zustand. Acht der 22 Fließgewässerkörper sind im mäßigen, sieben im unbefriedigenden und weitere sieben im schlechten ökologischen Zustand beziehungsweise Potenzial. Bei den Seen befindet sich die Hälfte der 12 Wasserkörper im mäßigen und die andere Hälfte im unbefriedigenden ökologischen Zustand. Etwa ein Drittel der mit „mäßig“ bewerteten Oberflächenwasserkörper hat eine Tendenz zum guten Zustand (zum Beispiel Tegeler See, Groß Glienicker See, Flussseen der Spree, Gosener Graben, Kuhlake). 33 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Ökologischer Zustand der OWK (WRRL) Gesamt gut mäßig unbefriedigend gut mäßig unbefriedigend schlecht nicht klassifiziert MODIFIED veränderte Gewässer Ökologisches Potential gut mäßig unbefriedigend schlecht nicht klassifiziert 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abbildung 16: Bewertung des ökologischen Zustands beziehungsweise des ökologischen Potenzials der Oberflächenwasserkörper Berlins und grenzüberschreitender Wasserkörper 5.1.2 Bewertung des chemischen Zustands Die Bewertung des chemischen Zustandes richtet sich nach den von der Europäischen Union mit der Richtlinie 2008/105/EG beziehungsweise der Änderungsrichtlinie 2013/39/EG für prioritäre Stoffe und bestimmte andere Schadstoffe festgelegten Umweltqualitätsnormen (UQN). Die in das nationale Recht überführte Stoffliste mit 45 Stoffen beziehungsweise Stoffgruppen einschließlich der zu prüfenden UQN ist in der Anlage 8 der OGewV 2016 enthalten. Werden in einem Oberflächenwasserkörper die UQN eingehalten, gilt der chemische Zustand als „gut“. Bei Überschreitung mindestens einer UQN, wird der chemische Zustand des Wasserkörpers als „nicht gut“ eingestuft. In Berlin erreicht kein Oberflächenwasserkörper den guten chemischen Zustand. Der Grund dafür sind die Bewertungen für Quecksilber und die Bromierten Diphenylether (BDE). Für beide Stoffe gelten UQN, die in Biota zu überwachen sind (siehe Kapitel 4.1.2). Bundesweite Untersuchungen haben gezeigt, dass diese UQN bis auf sehr wenige Ausnahmen flächendeckend überschritten werden. Die Bundesländer haben sich darauf verständigt, für alle Oberflächenwasserkörper eine Überschreitung anzugeben, sofern keine Befunde vorliegen, die eine Einhaltung der UQN belegen. Die für die chemische Zustandsbewertung untersuchten Berliner Messstellen bestätigen die Überschreitung der Biota-UQN. Als chemisches Element kommt Quecksilber natürlich in der Umwelt vor. Es ist beispielsweise ein typischer Bestandteil von Steinkohle. Die Verbrennung von Kohle zur Energiegewinnung sowie der atmosphärische Ferntransport sorgen für eine globale Verbreitung des toxischen Schwermetalls. Dementsprechend ist Quecksilber als ubiquitärer Stoff eingestuft [OGewV 2016, Anlage 8, Tabelle 1]. Quecksilber zeichnet sich durch eine hohes Bioakkumulationspotenzial aus und reichert sich in der Nahrungskette an. 34 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Für die Stoffgruppe der Bromierten Diphenylether (BDE) sind sechs sogenannte Kongenere geregelt, die als Summenparameter zu bewerten sind. BDE werden vor allem als Flammschutzmittel eingesetzt. Sie zeichnen sich durch eine hohe Persistenz, das heißt, eine geringe biologische Abbaubarkeit aus und sind ebenso wie Quecksilber gemäß ihrer weiten Verbreitung als ubiquitäre Stoffe eingestuft [OGewV 2016, Anlage 8, Tabelle 1]. Es gibt bereits weitreichende Verwendungs- beziehungsweise Herstellungsverbote. Neben den flächendeckenden Überschreitungen werden in neun Berliner Oberflächenwasserkörpern Überschreitungen der UQN für Tributylzinn-Verbindungen (TBT) festgestellt. TBT-Verbindungen wurden in der Vergangenheit als Biozidwirkstoff in Antifouling-Beschichtungen von Schiffen verwendet. Dieser Einsatz ist seit 2008 international verboten. TBT neigt stark zur Sorption an Feststoffpartikel im Gewässersystem. Die aktuell nachgewiesenen Befunde lassen sich daher zum einen auf die schlechte Abbaubarkeit und Remobilisierung der Substanz aus den Gewässersedimenten zurückführen. Darüber hinaus kann der Schadstoff aus noch vorhandenen Altanstrichen von Schiffen freigesetzt werden. TBT ist ebenso wie Quecksilber und die BDE als ubiquitärer Stoff eingestuft [OGewV 2016, Anlage 8, Tabelle 1]. Bei vier Wasserkörpern werden zudem Überschreitungen der ZHK-UQN (ZHK = Zulässige Höchstkonzentration, siehe Kapitel 4.1.2) für die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe [PAK, Stoff-Nr. 28 gemäß OGewV 2016, Anlage 8, Tabelle 2] insbesondere für den Stoff Benzo(g,h,i)perylen mit der niedrigsten ZHK-UQN nachgewiesen. PAK entstehen bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material (zum Beispiel Holz, Kohle, Öl). Darüber hinaus sind die Verbindungen ein natürlicher Bestandteil von Kohle und Erdöl. Über Verbrennungsprozesse und den Einsatz verschiedenster PAK-haltiger Produkte (zum Beispiel als Weichmacheröle in Autoreifen, im Dachbau verwendete Teer und Teerpappen, Asphalt mit Teer- oder Bitumenzusätzen) werden PAK in der Umwelt verbreitet. Ebenso wie Quecksilber, die BDE und TBT gehören PAK zu den ausgewiesenen ubiquitären Stoffen. Im urbanen Berliner Stadtgebiet gelangen PAK vor allem mit dem Regenwasserabfluss von versiegelten Flächen in die Gewässer. Als Ursachen sind insbesondere die atmosphärische Deposition und der Straßenverkehr (Abrieb von Reifen, Bremsen und Asphalt, Abgase) zu nennen. Die Verfehlung des guten chemischen Zustandes der Berliner Oberflächengewässer ist demnach ausschließlich auf ubiquitäre Stoffe beziehungsweise Schadstoffe, deren maßgebliche Einträge in der Vergangenheit liegen, zurückzuführen. Darüber hinaus tragen aktuelle Emissionen aus der Niederschlagsentwässerung bei einigen Oberflächenwasserkörpern zu dem schlechten chemischen Zustand bei. Dabei ist zu beachten, dass beispielsweise umweltrelevante Arzneistoffe, die über die kommunalen Kläranlagen in die Gewässer gelangen, bislang nicht gesetzlich geregelt wurden und damit bei der chemischen Zustandsbewertung gemäß WRRL nicht unmittelbar berücksichtigt werden. 5.2 Grundwasser 5.2.1 Mengenmäßiger Zustand 5.2.1.1 Grundwasserentnahmen und künstliche Grundwasseranreicherungen Seit über hundert Jahren wird in Berlin Grundwasser für die Trinkwasserversorgung genutzt. Zusätzlich wird Grundwasser für Eigenwasserversorgungsanlagen, Bauwasserhaltungen, Kellertrockenhaltungsmaßnahmen und Grundwassersanierungen aus dem Untergrund entnommen. Eine künstliche Grundwasseranreicherung erfolgte über viele Jahrzehnte durch das Aufbringen von Abwasser auf Rieselfelder am Rande der Stadt. Die Abwasseraufbereitung erfolgt heute ausschließlich durch Klärwerke. Seit 2010 sind alle Rieselfeldbewirtschaftungen eingestellt. Künstliche Grundwasseranreicherungen mit gereinigtem Oberflächenwasser finden aber auch heute noch statt, um den Wasserhaushalt zu stützen. 35 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Hohe Grundwasserentnahmen bewirkten in den 1960- und Anfang der 1970-Jahre stadtweit sinkende Grundwasserstände. Den steigenden Entnahmen wurde durch angeordnete Erhöhung der künstlichen Grundwasseranreicherung Mitte der siebziger Jahre sowie durch die Einführung eines Grundwasserentnahmeentgelts, durch Reglementierungen bei großen Bauwasserhaltungen und nicht zuletzt durch den Einsatz wassersparender Geräte entgegengewirkt. In den 1990er-Jahren ging der Wasserverbrauch in Berlin vereinigungsbedingt, aber auch dem bundesweiten Trend folgend, deutlich zurück. Seit 2000 ist die Rohwasserförderung der Berliner Wasserwerke mit Entnahmen von 205 bis 225 Millionen Kubikmeter pro Jahr relativ konstant, wobei in den letzten Jahren ein leichter Anstieg zu beobachten ist. Ein großer Anteil des geförderten Rohwassers wird über Uferfiltration gewonnen. In den nachfolgenden Abschnitten wird jedoch immer auf die gesamte Rohwasserförderung in den einzelnen Grundwasserkörpern eingegangen und nicht zwischen Uferfiltrat, Grundwasseranreicherung und landseitigem Grundwasser differenziert. Eine anteilige Berücksichtigung des landseitigen Grundwasserförderanteils in Abhängigkeit des Anteils der Einzugsgebietsfläche der Wasserwerke am jeweiligen Grundwasserkörper wird ebenso zunächst vernachlässigt. Eine ausführliche Betrachtung, welche die einzelnen Förderanteile je Grundwasserkörper ausweist als auch die Anteile der Einzugsgebiete in den Grundwasserkörpern berücksichtigt, erfolgt in der Grundwasserbilanzierung im Kapitel 5.2.1.3). Die Betrachtung für das Grundwasser erfolgt auf Basis unterirdischer Einzugsgebiete, die im Folgenden als Grundwasserkörper (GWK) bezeichnet werden. Diese umfassen den Teil des Untergrundes, aus dem Grundwasser einem bestimmten Oberflächengewässer, zum Beispiel der Spree oder der Havel, zufließt. Der Verlauf der Grenze der Grundwassereinzugsgebiete wird durch den geologischen Aufbau, die Durchlässigkeit des Untergrundes, die Grundwasserneubildung aber auch durch die Höhe der Grundwasserentnahmen beeinflusst und entspricht daher nicht zwangsläufig den Einzugsgebieten der Oberflächengewässer. In der Zuständigkeit des Landes Berlins liegen folgende GWK: — Untere Havel (DEGB_DEBE_HAV_UH_1), — Obere Havel (DEGB_DEBE_HAV_OH_1) und — Untere Spree (DEGB_DEBE_HAV_US_1). Zuständigkeit bedeutet dabei im Sinne der WRRL, dass die Bewertungen des mengenmäßigen und chemischen Zustandes (siehe auch Kapitel 3.2) der genannten GWK in der Verantwortlichkeit des Landes Berlin liegen. Dies schließt ebenfalls die geringen außerhalb Berlins befindlichen Flächenanteile der GWK mit ein. Neben den drei in der Zuständigkeit Berlins liegenden GWK wird ein geringer Anteil der Berliner Landesfläche vom GWK Dahme (DEGB_BEBB_HAV_DA_3) eingenommen. Dieser fällt jedoch aufgrund seines deutlich größeren Flächenanteils im Land Brandenburg (97 Prozent) in dessen Zuständigkeit. Dennoch werden für den in Berlin liegenden Bereich, soweit möglich, Aussagen zu seinem mengenmäßigen und chemischen Zustand getroffen. Eine Übersicht zur Lage und Ausdehnung der GWK ist in der Abbildung 6, Kapitel 3.2 dargestellt. GRUNDWASSERKÖRPER UNTERE HAVEL Die Abbildung 17 zeigt die Entwicklung der Grundwasserentnahmen der Wasserwerke Belitzhof, Tiefwerder, Kladow, Kleinmachnow und Teltow aus dem GWK Untere Havel seit 2000 (Lage der Brunnenstandorte siehe Abbildung 6, Kapitel 3.2). Unter dem Begriff „weitere Grundwasserentnahmen“ sind alle Grundwasserförderungen für Eigenwasserversorgungsanlagen, Bauwasserhaltungen und zur Grundwassersanierung (Altlasten) zusammengefasst. 36 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Die Rohwasserförderung der Wasserwerke im GWK Untere Havel variierte im Betrachtungszeitraum von minimal 54 Millionen Kubikmeter im Jahr 2009 bis zu fast 66 Millionen Kubikmeter im Trockenjahr 2003. Im Durchschnitt wurden in den letzten 20 Jahren 59,1 Millionen Kubikmeter pro Jahr Rohwasser gefördert und damit deutlich weniger als in den Jahren bis 1992 mit Spitzenförderungen bis zu maximal 85 Millionen Kubikmeter (1973). In den 1990er-Jahren wurden allerdings zum Teil noch geringere Mengen gefördert (Minimum: 44 Millionen Kubikmeter im Jahr 1995). Die weiteren Grundwasserentnahmen aus diesem GWK für Bauwasserhaltungen, Eigenwasserversorgungsanlagen und Altlastensanierungen liegen im Durchschnitt bei 2,7 Millionen Kubikmeter. 120 Beelitzhof 110 Tiefwerder 100 Kladow Rohwasser in Mio. m3 90 80 Kleinmachnow 70 Teltow 60 50 weitere Grundwasserentnahmen 40 30 20 10 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 0 Fördermenge Grundwasserkörper Untere Havel BE Abbildung 17: Rohwasserförderung der Wasserwerke und weitere Grundwasserentnahmen im GWK Untere Havel Die künstliche Grundwasseranreicherung im GWK Untere Havel erfolgt durch das Wasserwerk Beelitzhof mittels Havelwasser, das durch eine Oberflächenwasseraufbereitungsanlage mechanisch und chemisch gereinigt wird. Es wird zur Stützung der Seewasserspiegel (Schlachtensee, Krumme Lanke, Grunewaldsee) und damit zur Grundwasseranreicherung in die Grunewaldseenrinne eingeleitet. Die Anreicherungsmengen von 2000 bis 2008 lagen im Bereich von 2,2 Millionen Kubikmeter pro Jahr bis zu 3,8 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Seit 2009 werden zwischen 3,3 und 4,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr Grundwasser künstlich angereichert. Die Aufleitung von jährlich 1,0 Millionen Kubikmeter (2008) bis 2,2 Millionen Kubikmeter (2000) geklärtem Abwasser auf das Rieselfeld Karolinenhöhe endete 2010. GRUNDWASSERKÖRPER OBERE HAVEL Die Abbildung 18 zeigt die Entwicklung der Grundwasserentnahmen der Wasserwerke Tegel, Spandau und Staaken aus dem GWK Obere Havel der letzten 20 Jahre (Lage der Brunnenstandorte siehe Abbildung 6, Kapitel 3.2). Die mittlere Rohwasserförderung aller Wasserwerke im GWK Obere Havel liegt im Betrachtungszeitraum bei 76,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Die Rohwasserfördermengen der Wasserwerke an der Oberhavel zeigen einen ähnlichen Verlauf wie die Wasserwerke an der Unterhavel mit Spitzenwerten in trockenen Jahren (2003, 2018). Die Rohwasserfördermengen variieren von lediglich 70,4 Millionen Kubikmeter im Jahr 2014 bis zu 88,6 Millionen Kubikmeter im Jahr 2003. Doch auch dieser Spitzenwert liegt noch weit unterhalb der maximalen Fördermenge von 109 Millionen Kubikmeter aus dem Jahr 1989. Die Grundwasserentnahmen für Eigenwasserversorgungsanlagen und Bauwasserhaltungen lagen im Mittel bei 1,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr. 37 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 120 Tegel 110 Spandau 100 Staaken Rohwasser in Mio. m3 90 80 weitere Grundwasserentnahmen 70 60 50 40 30 20 10 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 0 Fördermenge Grundwasserkörper Obere Havel BE Abbildung 18: Rohwasserförderung der Wasserwerke und weitere Grundwasserentnahmen im GWK Obere Havel Die künstliche Grundwasseranreicherung im GWK Obere Havel erfolgt durch die Wasserwerke Tegel und Spandau mittels Oberflächenwasser aus dem Tegeler See und der Oberhavel. Das durch Aufbereitungsanlagen mechanisch und chemisch gereinigte Oberflächenwasser wird auf Sickerbecken in Saatwinkel, Spandau und auf der Insel Baumwerder sowie in einem TeichGraben System im Spandauer Forst (Kuhlake) versickert. Die Anreicherungsmengen wurden Mitte der 1970er-Jahre und dann noch einmal Mitte der 1980er-Jahre deutlich erhöht und betrugen in den 1990er-Jahren über 35 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Seit 1998 findet eine Reduzierung der Grundwasseranreicherungsmenge statt. Bis zum Jahr 2003 wurden im Mittel noch fast 30 Millionen Kubikmeter pro Jahr angereichert. Seitdem schwanken die Anreicherungsmengen zwischen 15,7 Millionen Kubikmeter pro Jahr (2014) und 27,2 Millionen Kubikmeter pro Jahr (2019) und liegen im Durchschnitt bei 23 Millionen Kubikmeter pro Jahr. GRUNDWASSERKÖRPER UNTERE SPREE Die Abbildung 19 zeigt die Entwicklung der Rohwasserentnahmen aus dem GWK Untere Spree der letzten 20 Jahre (Lage der Brunnenstandorte siehe Abbildung 6, Kapitel 3.2). In diesem GWK liegen die Wasserwerke Friedrichshagen (Galerie A bis F), Wuhlheide, Kaulsdorf, Jungfernheide, Johannisthal und die Wasserfassung Nord des Wasserwerks Erkner. Auffällig ist der hohe Anteil an Grundwasserentnahmen für Eigenwasserversorgungsanlagen, Bauwasserhaltungen und Grundwassersanierungsmaßnahmen von durchschnittlich 18,6 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Der Anteil der Grundwasserentnahmen für Bauwasserhaltungen ist in diesem Grundwasserleiter vergleichsweise hoch (8,2 Millionen Kubikmeter pro Jahr), weil der Anteil an urbanen Flächen (unter anderem Stadtmitte) mit geringen Flurabständen in diesem GWK überproportional groß ist. Auch Eigenversorgungsanlagen fördern aus diesem Grundwasser erhebliche Mengen (7,3 bis 9,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr). Die mittlere Rohwasserförderung aller Wasserwerke liegt im Betrachtungszeitraum bei 68,4 Millionen Kubikmeter pro Jahr und damit weit unterhalb der Spitzenförderung von maximal 179 Millionen Kubikmeter aus dem Jahr 1976. Das von den Wasserwerken Johannisthal und Jungfernheide geförderte Grundwasser wird seit 2001 nicht mehr zur Trinkwasserversorgung genutzt. Die Rohwasserförderung aller Wasserwerke im GWK Untere Spree schwankt seit dem Jahr 2000 von 65,4 Millionen Kubikmeter pro Jahr (2014) bis zu 83,3 Millionen Kubikmeter pro Jahr (2006). 38 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Eine Grundwasseranreicherung im GWK Untere Spree fand bis zur Einstellung der Trinkwassergewinnung im Jahr 2001 am Wasserwerk Jungfernheide statt. Im Jahr 2013 wurde die Grundwasserförderung am Wasserwerk Jungfernheide komplett eingestellt. 120 Friedrichshagen Galerien (A, B, C, D, E, F) 110 Wuhlheide 100 Rohwasser in Mio. m3 90 Kaulsdorf 80 Johannisthal 70 60 Jungfernheide 50 Erkner Nordfassung (BB) 40 weitere Grundwasserentnahmen 30 20 10 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 0 Fördermenge Grundwasserkörper Untere Spree BE Abbildung 19: Rohwasserförderung der Wasserwerke und weitere Grundwasserentnahmen im GWK Untere Spree (Wasserwerk Friedrichshagen ohne die Galerien G bis M) GRUNDWASSERKÖRPER DAHME Die Abbildung 20 zeigt die Entwicklung der Grundwasserentnahmen aus dem Berliner Anteil des GWK Dahme der letzten 20 Jahre (Lage der Brunnenstandorte siehe Abbildung 6, Kapitel 3.2). An der Dahme und dem Seddinsee liegen im GWK die Galerien G, K, L und M des Wasserwerks Friedrichshagen. Ferner befindet sich östlich von Schmöwitz ebenfalls an der Dahme an der Landesgrenze zu Brandenburg das Wasserwerk Eichwalde. Durch den Bau und die Inbetriebnahme der Brunnengalerien G bis M seit 1984 stieg die Rohwasserförderung aus dem GWK Dahme im Berliner Stadtgebiet drastisch an. Die Spitzenförderung im Jahr 1986 lag bei 27 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Ende 1997 wurde der Betrieb dieser Galerien vorübergehend eingestellt. Im Jahr 2007 wurde die Förderung in der Galerie G wieder in Betrieb genommen. In den Jahren 2008 folgte die Galerie K und 2010 die Galerien L und M. Die Gesamtfördermengen der 4 Galerien liegen bei maximal 9,7 Millionen Kubikmeter pro Jahr im Jahr 2018. Im Durchschnitt fördern die Galerien G, K, L und M seit 2011 circa 7,8 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Die Rohwasserfördermengen des Wasserwerks Eichwalde sind im Mittel mit 3,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr über den gesamten Zeitraum relativ konstant. 39 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 120 Eichwalde (BB) 110 Friedrichshagen Galerien (G, K, L, M) 100 Rohwasser in Mio. m3 90 weitere Grundwasserentnahmen 80 70 60 50 40 30 20 10 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 0 Fördermenge Grundwasserkörper Dahme BB Abbildung 20: Rohwasserförderung der Wasserwerke und weiterer Grundwasserentnahmen im Berliner Anteil des GWK Dahme (Galerien G, K, L und M des Wasserwerks Friedrichshagen) 5.2.1.2 Grundwasserströmungsrichtung und Austausch zwischen Grund- und Oberflächengewässern Die natürlichen Grundwasserströmungsverhältnisse sind in den Grundwasserkörpern (GWK) Untere und Obere Havel, Untere Spree und Dahme (Berliner Flächenanteil) durch die Trinkwasserförderung und Eigenwasserversorgungsanlagen sowie durch den Gewässerausbau teilweise stark anthropogen überprägt. Grundsätzlich ist die natürliche Grundwasserfließrichtung ausgehend von der Barnim-Hochfläche im Nordosten und der Teltow-Hochfläche im Süden in Richtung Spree, Dahme und Oberhavel gerichtet. Im Südwesten strömt es ferner aus Richtung Teltow-Hochfläche und Nauener Platte in Richtung Unterhavel. Unterbrochen werden die natürlichen Strömungsrichtungen von den Absenktrichtern der Wasserwerke. Durch die Brunnengalerien entlang der Oberflächengewässern wird die Grundwasseroberfläche soweit abgesenkt, dass in diesen Bereichen influente Verhältnisse herrschen. Dies bedeutet, dass Oberflächenwasser in den Untergrund versickert und mit einer Verweilzeit von 50 Tagen bis zu mehreren Monaten den Brunnen zuströmt. Dieser Prozess wird als Uferfiltration bezeichnet. Seitens des Wasserhaushalts wird Uferfiltrat als Oberflächenwasser betrachtet, da es weitgehend die Eigenschaften des Oberflächenwassers aufweist und kein Grundwasser im engeren Sinne darstellt. GRUNDWASSERKÖRPER UNTERE HAVEL Die Fließrichtung ist im GWK Untere Havel von der Teltow-Hochfläche und der Nauener Platte beidseitig zur Unterhavel gerichtet. Hier fördern die Wasserwerke Beelitzhof, Tiefwerder und Kladow und verursachen entsprechend lokale Absenktrichter. Im Brandenburger Anteil des GWK Untere Havel liegen die Wasserwerke Teltow und Kleinmachnow, die aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Entnahme keinen signifikanten Einfluss auf die Fließrichtung zeigen (siehe Abbildung 21). Im Bereich der südwestlichen Teltow-Hochfläche hat der Teltow-Kanal eine lokale Vorflutfunktion und unterbricht damit das großräumige Fließgeschehen. 40 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE GRUNDWASSERKÖRPER OBERE HAVEL Ausgehend von der Barnim-Hochfläche fließt das Grundwasser über das Urstromtal in Richtung Oberhavel. Durch die Absenktrichter des Wasserwerks Tegel weicht die Fließrichtung lokal ab und ist auf die Wasserfassungen gerichtet. Auf der Westseite der Oberhavel ist das Fließgeschehen durch den Absenktrichter der Wasserwerke Spandau und Staaken bestimmt. Die natürliche Strömungsrichtung würde dem Verlauf des Warschau-Berliner-Urstromtals folgen (siehe Abbildung 21). GRUNDWASSERKÖRPER UNTERE SPREE Die Fließrichtung im GWK Untere Spree ist ebenfalls ausgehend von den Hochflächen auf die Spree gerichtet. Auch hier führen die Wasserwerksentnahmen zu lokalen Absenktrichtern beziehungsweise Änderungen der Fließrichtung (siehe Abbildung 21). GRUNDWASSERKÖRPER DAHME Die Fließrichtung des Grundwassers im Berliner Anteil des GWK Dahme ist allseitig auf den Verlauf der Dahme und ihrer seeartigen Verbreiterungen wie dem Zeuthener See und dem Krossinsee gerichtet (siehe Abbildung 21). 2007 wurde die Förderung in den Galerien G, K, L und M des Wasserwerks Friedrichshagen wiederaufgenommen. Diese und das Wasserwerk Eichwalde an der unmittelbaren Berliner Stadtgrenze erzeugen entsprechend lokale Absenktrichter. 41 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Grundwassergleichen Mai 2020 24 bis 27 m NHN 27 bis 30 m NHN 30 bis 33 m NHN 33 bis 36 m NHN 36 bis 39 m NHN 39 bis 42 m NHN 42 bis 45 m NHN 45 bis 48 m NHN Friedrichshagen 57 bis 60 m NHN 60 bis 63 m NHN Wasserfassungen BWB Grundwasserkörper Stand 2019 Stadtgrenze betriebsbereite Brunnen BWB Abbildung 21: Grundwassergleichenplan im Mai 2020 42 10 Kilometer 5 2.5 0 Kleinmachnow Beelitzhof Kladow Staaken ± Spandau Tiefwerder Tegel Teltow Johannisthal (Stand September 2021) Wuhlheide Kaulsdorf Gewässer Esri, HERE, 54 bis 57 m NHN Eichwalde 51 bis 54 m NHN Friedrichshagen Erkner 48 bis 51 m NHN BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 5.2.1.3 Bewertung des mengenmäßigen Zustands des Grundwassers Die natürlichen regionalen Grundwasserströmungsverhältnisse des Hauptgrundwasserleiters sind im Großteil des Stadtgebietes von Berlin durch die Entnahmen aus dem Grundwasser zur Trinkwasserversorgung überprägt. Weitere lokale Einflussfaktoren sind Eigenwasserversorgungsanlagen, Grundwasserhaltungsmaßnahmen, Grundwasseranreicherungsanlagen sowie die frühere Rieselfeldbewirtschaftung. Diese anthropogenen Einflüsse bestimmen neben der Grundwasserneubildung maßgeblich den mengenmäßigen Zustand des Grundwassers in Berlin. Für die Bewertung des mengenmäßigen Zustands wurde im Folgenden eine Grundwasserbilanzierung für die im Stadtgebiet vorkommenden Grundwasserkörper (GWK) durchgeführt. Für die in der Zuständigkeit Berlins liegenden GWK erfolgte die Grundwasserbilanzierung für die jeweiligen Gesamtflächen, also auch für die in Brandenburg liegenden Flächenanteile. Lediglich für den GWK Dahme wurde nur eine anteilige Bilanzierung für den Berliner Flächenanteil durchgeführt. Dieser ist mit 3 Prozent an der Gesamtfläche des GWK Dahme sehr gering. Die resultierenden Ergebnisse sind damit nicht als repräsentativ für den gesamten GWK zu betrachten. Die Grundwasserbilanzierung erfolgte auf Grundlage der mittleren Wasserwerksdaten (Rohwasserförderung, Grundwasseranreicherung und Uferfiltratanteile) und der Daten der weiteren Grundwasserentnahmen (Eigenwasserversorgungsanlagen, Bauwasserhaltungen, etc.) für den Zeitraum 2000 bis 2019 (siehe Kapitel 5.2.1.1) sowie den Daten zur mittleren flächendifferenzierten Grundwasserneubildung für denselben Zeitraum. Grundlage für die verwendeten Grundwasserneubildungswerte sind die Ergebnisse der Bodenwasserhaushaltsmodellierung für den Zeitraum 1961 bis 2020 auf Basis von ArcEGMO (Büro für Angewandte Hydrologie, 2021). Ferner bilden die in den UVU-Gutachten ausgewiesenen Einzugsgebiete der Berliner Wasserwerke (DHI-WASY, 2014 und 2016 sowie GCI 2013 und 2015) sowie die veröffentlichten Einzugsgebiete der Brandenburger Wasserwerke (https://data.geobasis-bb.de/geofachdaten/ Wasser/Gewaesserbewirtschaftung/¬ww¬_ezg.zip) die Grundlage zur Quantifizierung der landseitigen Förderanteile in den GWK. Die Verwendung der mittleren Grundwasserförderdaten als auch mittleren Grundwasserneubildung im gewählten Bilanzzeitraum erfolgte übereinstimmend zu den Empfehlungen des Sachstandsberichts der LAWA „Fachliche Umsetzung der EG-WRRL, Teil 5, Bundesweit einheitliche Methode zur Beurteilung des mengenmäßigen Zustands“ (LAWA, 2011). Im Folgenden wird die Methodik zur Grundwasserbilanzierung der einzelnen GWK beschrieben: 1. Bestimmung des landseitigen Grundwasserförderanteils für die in den GWK liegenden Wasserwerke (Differenz aus Rohwasserförderung minus Grundwasseranreicherung minus Uferfiltration), 2. Bestimmung der Wasserwerkseinzugsgebietsflächen je GWK, 3. Ermittlung des landseitigen Grundwasserförderanteils für den in den GWK liegenden Anteil der Wasserwerkseinzugsgebietsflächen 4. Vergleich dieser anteiligen landseitigen Grundwasserförderanteile mit der Grundwasserneubildung in den GWK und Ausweisung der Differenzen Zusätzlich wird die Vorgehensweise für die Punkte 1 bis 3 nochmal am Beispiel des Wasserwerks Tegel im Detail erläutert: Die mittlere geförderte Rohwassermenge des Wasserwerks Tegel betrug im Zeitraum 2000 bis 2019 45,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Die mittlere Grundwasseranreicherung lag bei 9,2 Millionen Kubikmeter pro Jahr und der Uferfiltratanteil bei 28,4 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Aus der Differenz ergibt sich ein landseitiger Grundwasserförderanteil von 7,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr (siehe Tabelle 2), der aus der Grundwasserneubildung im Einzugsgebiet des Wasserwerks Tegel gespeist wird. 43 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Das Einzugsgebiet des Wasserwerks Tegel weist eine Fläche von etwa 52,4 Quadratkilometer auf. Es liegt mit 46,3 Quadratkilometer und damit zu 88 Prozent im GWK Obere Havel. Die verbleibenden 6,1 Quadratkilometer und damit 12 Prozent entfallen auf den benachbarten GWK Untere Spree (siehe Abbildung 22). Für die Grundwasserbilanzierung des GWK Obere Havel resultiert daraus ein landseitiger Grundwasserförderanteil für das Wasserwerk Tegel von 7,0 Millionen Kubikmeter pro Jahr (88 Prozent von 7,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr). Die verbleibenden 0,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr landseitiger Grundwasserentnahme entfallen entsprechend auf die Flächenanteile des benachbarten GWK Untere Spree. Tabelle 2: Mittlere Förderanteile für das Wasserwerk Tegel im Zeitraum 2000 bis 2019 und landseitige Grundwasserförderanteile in den GWK Rohwassermenge — Grundwasseranreicherung — Uferfiltration = landseitiges Grundwasser davon 88 Prozent im GWK Obere Havel davon 12 Prozent GWK Untere Spree ± 45,5 Mio. m³/a 9,2 Mio. m³/a 28,4 Mio. m³/a 7,9 Mio. m³/a 7,0 Mio. m³/a 0,9 Mio. m³/a DEGB_DEBB_HAV_OH_3 DEGB_DEBB_HAV_OH_1 DEGB_DEBB_HAV_OH_3 Grundwasserkörper (Stand 2019) Einzugsgebiet WW Tegel (Grundlage: Ref.-Zustand 2010 aus UVU (DHI-WASY, 2014)) DEGB_DEBB_HAV_UH_9 Obere Havel 1 Berlin (DEGB_DEBE_HAV_OH_1) Untere Havel 1 Berlin (DEGB_DEBE_HAV_UH_1) Untere Spree 1 Berlin DEGB_DEBE_HAV_OH_1 (DEGB_DEBE_HAV_US_1) 46,3 km² Dahme 3 Brandenburg (DEGB_DEBB_HAV_DA_3) Tegel Weitere Spandau DEGB_DEBE_HAV_US_1 6,1 km² Tiefwerder DEGB_DEBE_HAV_UH_1 0 1.5 3 6 Kilometer Esri, HERE, Abbildung 22: Einzugsgebiet des Wasserwerks Tegel mit Flächenanteilen in den GWK [Grundlage: Referenzvariante 2010 aus UVU-Gutachten (DHI-WASY, 2014)] Diese Vorgehensweise wurde für alle Wasserwerkseinzugsgebiete. Berücksichtigt wurden bei der Grundwasserbilanzierung jedoch nur Flächenanteile ab 10 Prozent. Lag ein Wasserwerkseinzugsgebiet mit weniger als 10 Prozent seines Flächenanteils im GWK wurde kein entsprechender Förderanteil in der Grundwasserbilanzierung berücksichtigt. Die Flächenanteile von > 10 Prozent wurden dann den jeweils benachbarten größeren Flächenanteilen zugeschlagen. In den nachfolgenden Tabelle 3 bis Tabelle 6 sind die auf Basis der beschriebenen Vorgehensweise resultierenden Grundwasserbilanzen für die GWK Obere Havel (DEGB_DEBE_HAV_ OH_1), Untere Havel (DEGB_DEBE_HAV_UH_1), Untere Spree (DEGB_DEBE_HAV_US1) und für den Berliner Flächenanteil am GWK Dahme (DEGB_DEBB_HAV_DA_3) für das Mittel im Zeitraum 2000 bis 2019 dokumentiert. Negative Bilanzkomponenten wurden in den Tabelle 3 bis Tabelle 6 mit einem entsprechend negativen Vorzeichen versehen. 44 betriebsbereite Brunnen BWB (Stand September 2021) BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Tabelle 3: Mittlere Grundwasserbilanz für den GWK Obere Havel im Zeitraum 2000 bis 2019 Mittel im Zeitraum WW WW WW 2000 bis 2019 Spandau Tegel Staaken Rohwassermenge –27,4 –45,5 –4,0 (Mio. m³/a) Uferfiltratanteil (%) 24,3 62,4 0 Uferfiltratanteil 6,6 28,4 0 (Mio. m³/a) Grundwasser13,8 9,2 0 anreicherung (Mio. m³/a) Landseitige GW–7,0 –7,9 –4,0 Förderung im WW-EZG (Mio. m³/a) Anteil der WW-EZG 62 88 73 im GWK (%) Anteil der landseiti–4,3 –7,0 –2,9 gen GW-Förderung im GWK (Mio. m³/a) Grundwasserneubildung im GWK (Mio. m³/a) Differenz Grundwasserneubildung – Anteil der landseitigen Grundwasserförderung im GWK (Mio. m³/a) Weitere Entnahmen –1,5 Summe –78,4 0 0 – 35,0 0 23,0 –1,5 –20,4 100 – –1,5 –15,7 19,1 3,4 Tabelle 4: Mittlere Grundwasserbilanz für den GWK Untere Havel im Zeitraum 2000 bis 2019 Mittel im Zeitraum 2000 bis 2019 WW Tiefwerder WW Kladow WW Beelitzhof Rohwassermenge –14,9 –4,5 –34,1 (Mio. m³/a) Uferfiltratanteil (%) 64,0 58,0 49,0 Uferfiltratanteil 9,5 2,6 16,7 (Mio. m³/a) Grundwasser0 0 3,5 anreicherung (Mio. m³/a)1 –5,4 –1,9 –13,9 Landseitige GW-Förderung im WW-EZG (Mio. m³/a) Anteil der WW-EZG 100 100 80 im GWK (%) Anteil der landseiti–5,4 –1,9 –11,1 gen GW-Förderung im GWK (Mio. m³/a) Grundwasserneubildung im GWK (Mio. m³/a) Differenz Grundwasserneubildung – Anteil der landseitigen Grundwasserförderung im GWK (Mio. m³/a) WW Kleinmachnow –0,9 WW Teltow Weitere Entnahmen Summe –2,0 –2,7 –59,1 0 0 0 0 0 0 – 28,8 0 0 0 3,5 –0,9 –2,0 –2,7 –26,8 48 16 100 – –0,4 –0,3 –2,7 –21,8 29,5 7,7 1 GW-Anreicherung ohne Berücksichtigung der Rieselfeldbewirtschaftung 45 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Tabelle 5: Mittlere Grundwasserbilanz für den GWK Obere Spree Havel im Zeitraum 2000 bis 2019 Mittel im Zeitraum 2000 bis 2019 WW Friedrichshagen Galerie A bis F und M –50,01 WW Wuhlheide WW Kaulsdorf WW Johannisthal WW Tegel Weitere Entnahmen –2,8 –8,4 –45,5 –18,6 –140,5 0 0 55,0 4,6 62,4 28,4 0 0 – 63,1 0 0 9,2 0 9,2 –2,8 –3,8 –7,9 –18,6 –68,3 100 100 12 100 – –2,8 –3,8 –0,9 –18,6 –40,4 WW Erkner Nordfassung –8,8 –6,4 Rohwassermenge (Mio. m³/a) Uferfiltratanteil (%) 55,22 27,6 0,2 Uferfiltratanteil 27,6 2,4 0,01 (Mio. m³/a) Grundwasser0 0 0 anreicherung (Mio. m³/a)4 –22,6 –6,4 –6,4 Landseitige GW-Förderung im WW-EZG (Mio. m³/a) Anteil der WW-EZG 345 64 41 im GWK (%) Anteil der landseiti–7,6 –4,1 –2,6 gen GW-Förderung im GWK (Mio. m³/a) Grundwasserneubildung im GWK (Mio. m³/a) Differenz Grundwasserneubildung – Anteil der landseitigen Grundwasserförderung im GWK (Mio. m³/a) 1 Der Mittelwert wurde basierend auf den tatsächlichen Förderjahren gebildet. 2 gewichteter Mittelwert der galeriebezogenen Uferfiltratanteile in Anhängigkeit der jeweiligen Rohwasserförderung (Galerie A bis F und M) 3 Förderung des WW Jungfernheide nicht in Mengenbilanz berücksichtigt (seit 2013 eingestellt) 4 GW-Anreicherung ohne Berücksichtigung der Rieselfeldbewirtschaftung 5 gewichteter Mittelwert der galeriebezogenen Einzugsgebiets-Anteile im GWK in Anhängigkeit der jeweiligen landseitigen GW-Förderung im Gesamt-Einzugsgebiet (Galerie A bis F und M) 46 Summe3 61,9 21,5 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Tabelle 6: Mittlere Grundwasserbilanz für den GWK Dahme (Flächenanteil Berlin) im Zeitraum 2000 bis 2019 Mittel im Zeitraum 2000 bis 2019 WW Friedrichshagen Galerie E, F, G, K, L und M –21,81 WW Eichwalde Rohwassermenge –3,1 (Mio. m³/a) Uferfiltratanteil (%) 70,4 30,0 Uferfiltratanteil 15,4 0,9 (Mio. m³/a) Grundwasseranrei0 0 cherung (Mio. m³/a) –6,4 –2,2 Landseitige GW-Förderung im WW-EZG (Mio. m³/a) Anteil der WW-EZG 38 16 im GWK (%) Anteil der landseiti–2,4 –0,4 gen GW-Förderung im GWK (Mio. m³/a) Grundwasserneubildung im GWK (Mio. m³/a) Differenz Grundwasserneubildung – Anteil der landseitigen Grundwasserförderung im GWK (Mio. m³/a) Weitere Entnahmen Summe –0,2 –25,1 0 0 – 16,3 0 0 –0,2 –8,8 100 – –0,2 –3,0 2,1 –0,9 1 Der Mittelwert wurde basierend auf den tatsächlichen Förderjahren gebildet. 2 gewichteter Mittelwert der galeriebezogenen Uferfiltratanteile in Anhängigkeit der jeweiligen Rohwasserförderung (Galerie E, F, G, K, L und M) 3 gewichteter Mittelwert der galeriebezogenen Einzugsgebiets-Anteile im GWK in Anhängigkeit der jeweiligen landseitigen GW-Förderung im Gesamt-Einzugsgebiet (Galerie E, F, G, K, L und M) Die in den Tabelle 3 bis Tabelle 5 dokumentierten Werte zeigen, dass trotz hoher Grundwasserentnahmen die Grundwasserbilanz in den GWK im betrachteten Zeitraum 2000 bis 2019 ausgeglichen bis positiv ist. Im GWK Obere Havel verbleibt ein landseitiges Grundwasserdargebot von etwa 3,4 Millionen Kubikmeter pro Jahr (18 Prozent), im GWK Untere Havel von 7,7 Millionen Kubikmeter pro Jahr (26 Prozent) und im GWK untere Spree von 21,5 Millionen Kubikmeter pro Jahr (35 Prozent). Da die Wasserwerkseinzugsgebiete große Flächenanteile der GWK einnehmen, das trifft insbesondere für den GWK Obere Havel zu, wird das vorhandene landseitige Grundwasserdargebot zu einem großen Teil ausgeschöpft. Die ausgeglichene bis positive Bilanz für das landseitige Grundwasserdargebot in den GWK Obere und Untere Havel sowie Untere Spree wird in Verbindung mit den im Nachfolgenden beschriebenen Ergebnissen der Trendanalyse als guter mengenmäßiger Zustand gewertet. Dabei sei angemerkt, dass Bewertungsansätze aus Flächenländern nicht auf die besondere Situation Berlins als dichtbesiedelter Stadtstaat, welcher sein Trinkwasser fast vollständig aus dem Stadtgebiet fördert, übertragbar sind. Die Grundwasserbilanzierung für den Berliner Anteil am GWK Dahme ergibt unter Verwendung der aktuellen Ergebnisse aus Bodenwasserhaushaltsmodellierung mit ArcEGMO eine Übernutzung des landseitigen Grundwasserdargebots von 0,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr (–43 Prozent). Aufgrund des mit 3 Prozent sehr geringen Berliner Flächenanteils am GWK Dahme sind die Ergebnisse jedoch nicht repräsentativ für den gesamten GWK (DEGB_DEBE_HAV_ DA_3). Der mengenmäßige Zustand für den gesamten GWK wurde durch das Land Brandenburg als gut bewertet (https://geoportal.bafg.de/birt_viewer/frameset?__report=GW_WKSB. rptdesign&__navigationbar=false¶m_wasserkoerper=DE_GB_DEBB_HAV_DA_3). Neben der mengenmäßigen Bewertung gemäß WRRL, liegt zudem eine aktuelle Veröffentlichung zur Wasserversorgungsplanung Brandenburgs vor (https://lfu.brandenburg.de/sixcms/media. php/9/Wasserversorgungsplan_barrierefrei.pdf). 47 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Die Bilanzgebiete weichen hier zwar von den betrachteten GWK ab, dennoch ist für den relevanten Bereich auch hier eine günstige Dargebotssituation mit mittlerer Auslastung dokumentiert. Ergänzend zu den durchgeführten Grundwasserbilanzbetrachtungen erfolgte gemäß den Empfehlungen des Sachstandsberichts der LAWA „Fachliche Umsetzung der EG-WRRL, Teil 5, Bundesweit einheitliche Methode zur Beurteilung des mengenmäßigen Zustands“ (LAWA, 2011) eine Trendanalyse auf Basis langjähriger Grundwasserganglinien, um die aus der Bilanzierung resultierenden Ergebnisse zu verifizieren. Dazu wurden die bereits in der Bestandsaufnahme 2004 [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2004] ausgewerteten 42 Messstellen herangezogen und entsprechend der optimierten Datenlage um 30 Messstellen ergänzt. Eine Auswertung der Brandenburger Messstellen in den Flächenanteilen der GWK Obere und Untere Havel sowie untere Spree außerhalb von Berlin war Bestandteil der Auswertung, jedoch werden im Länderbericht nur die Ergebnisse der Berliner Messstellen dokumentiert. Für die Einstufung der GWK hinsichtlich ihres mengenmäßigen Zustands ergeben sich keine Veränderungen durch die Berücksichtigung der Ergebnisse an den Brandenburger Messstellen. Die Auswertung erfolgte gemäß Vorgabe der GrwV auf Basis einer linearen Regression in Verbindung mit einem Ausreißertest für den Zeitraum 1990 bis 2019. Anwendung fand das Verfahren nach (Grimm-Strehle, 2003) für die Bewertung der Ganglinien. Dieses sieht folgende Vorgaben für die Bearbeitung vor: — Lokale Effekte sind nicht relevant, das heißt, die Messstellen müssen außerhalb des unmittelbaren Entnahmebereichs der Wasserwerke und der Eigenwasserversorgungsanlagen liegen. — Die Messstellen sollen sich über einen Zeitraum von 30 Jahren erstrecken. — Die Datenreihen haben keine signifikanten zeitlichen Lücken. — Zur Bewertung wird folgendes Verhältnis gebildet (entspricht Prozent pro Jahr): Steigung der Regressionsgeraden (in Zentimeter pro Jahr) Spannweite der Extremwerte in der Zeitreihe (in Meter) — Bewertungsmatrix: unter –2 Prozent pro Jahr: stark fallend von –2 bis –1 Prozent pro Jahr: fallend von –1 bis +1 Prozent pro Jahr: gleichbleibend von +1 bis +2 Prozent pro Jahr: steigend über +2 Prozent pro Jahr: stark steigend In Abbildung 23 sind alle in der Analyse berücksichtigten Messstellen mit ihrem Ergebnis hinsichtlich ihres Trends für den ausgewerteten Zeitraum 1990 bis 2019 dargestellt. Von den insgesamt 72 ausgewerteten Grundwassermessstellen weisen gemäß oben aufgeführter Bewertungsmatrix 45 Messstellen einen gleichbleibenden Trend, 21 Messstellen einen steigenden und 3 Messstellen einen stark steigenden Trend auf, was zusammengefasst einem Anteil von 95,8 Prozent entspricht. Nur an drei Messstellen (4,2 Prozent) westlich der Unteren Havel ist lokal begrenzt ein Negativtrend vorhanden, auf dessen Ursache im folgenden Abschnitt näher eingegangen wird. 48 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Im Bereich des Grundwasserkörpers Untere Havel BE ergibt sich aus der Summe der positiven Bilanzglieder von Grundwasserneubildung, Uferfiltrat und GW-Anreicherung ein Grundwasserdargebot von etwa 63,8 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Dieses steht einer Nutzung von insgesamt 56,2 Millionen Kubikmeter pro Jahr gegenüber. Damit ergibt sich ein Überschuss von circa 12 Prozent. Im Grundwasserkörper Obere Havel BE liegt der Anteil des ungenutzten Grundwasserdargebots bei etwa 6,5 Prozent. Hier steht der Summe der positiven Bilanzglieder von 81,7 Millionen Kubikmeter pro Jahr eine Gesamtentnahme von 74,9 Millionen Kubikmeter pro Jahr gegenüber. Im Bereich des Grundwasserkörpers Untere Spree BE betrug das Grundwasserdargebot etwa 108,8 Millionen Kubikmeter pro Jahr und die Entnahme etwa 87,1 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Der ungenutzte Anteil des Grundwasserdargebots betrug damit circa 20 Prozent. Im Grundwasserkörper Dahme BB (Flächenanteil Berlin) liegt die ungenutzte Grundwasserreserve bei etwa 7 Prozent. Hier steht der Summe aller positiven Bilanzglieder von 10,4 Millionen Kubikmeter pro Jahr eine Gesamtentnahme von 9,6 Millionen Kubikmeter pro Jahr gegenüber. Die Zahlen belegen, dass trotz hoher Grundwasserentnahmen die Bilanz in den einzelnen Grundwasserkörpern ausgeglichen bis positiv ist. Ergänzend zu den durchgeführten Bilanzbetrachtungen erfolgte eine Trendanalyse auf Basis langjähriger Grundwasserganglinien, um die aus der Bilanzierung resultierenden Ergebnisse zu verifizieren. Dazu wurden die bereits in der Bestandsaufnahme 2004 [Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (Hrsg.), 2004] ausgewerteten 42 Messstellen herangezogen und entsprechend der optimierten Datenlage um 30 Messstellen ergänzt. Die Auswertung erfolgte gemäß Vorgabe der GrwV auf Basis einer linearen Regression in Verbindung mit einem Ausreißertest für den Zeitraum 1990 bis 2019. Anwendung fand das Verfahren nach [Grimm-Strehle, 2003] für die Bewertung der Ganglinien. Dieses sieht folgende Vorgaben für die Bearbeitung vor: — Lokale Effekte sind nicht relevant, das heißt, die Messstellen müssen außerhalb des unmittelbaren Entnahmebereichs der Wasserwerke und der Eigenwasserversorgungsanlagen liegen. — Die Messstellen sollen sich über einen Zeitraum von 30 Jahren erstrecken. — Die Datenreihen haben keine signifikanten zeitlichen Lücken. — Zur Bewertung wird folgendes Verhältnis gebildet (entspricht Prozent pro Jahr): Steigung der Regressionsgeraden (in Zentimeter pro Jahr) Spannweite der Extremwerte in der Zeitreihe (in Meter) — Bewertungsmatrix: unter −2 Prozent pro Jahr: stark fallend von −2 bis −1 Prozent pro Jahr: fallend von −1 bis +1 Prozent pro Jahr: gleichbleibend von +1 bis +2 Prozent pro Jahr: steigend über +2 Prozent pro Jahr: stark steigend In Abbildung 22 sind alle in der Analyse berücksichtigten Messstellen mit ihrem Ergebnis hinsichtlich ihres Trends für den ausgewerteten Zeitraum 1990 bis 2019 dargestellt. Von den insgesamt 72 ausgewerteten Grundwassermessstellen weisen gemäß oben aufgeführter Bewertungsmatrix 45 Messstellen einen gleichbleibenden Trend, 21 Messstellen einen steigenden und 3 Messstellen einen stark steigenden Trend auf, was zusammengefasst einem Anteil von 95,8 Prozent entspricht. Nur an drei Messstellen (4,2 Prozent) westlich der Unteren Havel ist lokal begrenzt ein Negativtrend vorhanden, auf dessen Ursache im folgenden Abschnitt näher eingegangen wird. 49 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE WRRL GWM (mengenmäßiger Zustand) 30jähriger Trend nach Grimm-Stehle –2 bis –1 % (fallend) –1 bis 1 % (gleichbleibend) 1 bis 2 % (steigend) Friedrichshagen Obere Havel 1 Berlin (DEGB_DEBE_HAV_OH_1) Untere Havel 1 Berlin (DEGB_DEBE_HAV_UH_1) 8977 9588 153 79 Johannisthal 797 Teltow 132 Abbildung 23: Grundwassermessstellen mit Trendauswertung 50 0 ± 2.5 5 1295 1228 728 1296 Kleinmachnow 97175 775 Kladow Beelitzhof 4013 4005 4003 1667 Tiefwerder 7050 1733 700 711 833 426 767 147 522 440 520 1540 Spandau Staaken 129 231 130 744 749 214 561 760 34 1079 Tegel 6023 810 1154 1526 902 903 1146 1 6108 1135 145 176 3 201 200 26 777 88 795 8464 5150 5351 8226 5169 8213 (Stand September 2021) 10 Kilometer betriebsbereite Brunnen BWB 95 Gewässer 800 Stadtgrenze Wuhlheide Wasserfassungen Brandenburg 9909 8349 (DEGB_DEBB_HAV_DA_3) 5430 Kaulsdorf Dahme 3 Brandenburg 5428 8979 (DEGB_DEBE_HAV_US_1) Esri, HERE, Untere Spree 1 Berlin Eichwalde 8287 Grundwasserkörper (Stand 2019) Erkner 9331 > 1 % (stark steigend) BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Nachfolgend sind die Ergebnisse der Trendanalyse getrennt für die in Berlin vorkommenden Grundwasserkörper (GWK) beschrieben. GRUNDWASSERKÖRPER UNTERE HAVEL Im Bereich des GWK Untere Havel wurden die langjährigen Ganglinien für 20 Messstellen, die weitgehend unbeeinflusst von den Absenktrichtern der Wasserwerke und Eigenwasserversorgungsanlagen sind, für den Zeitraum 1990 bis 2019 ausgewertet. Für zwölf der Messstellen ergab die Analyse einen gleichbleibenden Trend, fünf Messstellen weisen einen steigenden Trend und drei Messstellen einen fallenden Trend auf. 30,5 4.500 30,0 3.600 29,5 2.700 29,0 1.800 28,5 900 linear (1667 (30 Jahre)) Verrieselung 0 Dez. 2019 Dez. 2017 Dez. 2015 Dez. 2013 Dez. 2011 Dez. 2009 Dez. 2007 Dez. 2005 Dez. 2003 Dez. 1999 Dez. 1997 Dez. 1995 Dez. 1993 Jan. 1992 Jan. 1990 Dez. 2001 Linearer Trend (30 Jahre): y = 8,4E−05x + 3,2E+01 32,5 1667 (30 Jahre) jährliche Verrieselung in 1.000 m2/a Sulfatkonzentration in mg/l Letztere liegen westlich der Havel im Ortsteil Kladow. Der Rückgang ist nicht auf einen Anstieg der Förderung in den nahegelegenen Wasserwerken Kladow und Beelitzhof zurückzuführen (vergleiche Abbildung 17). Naheliegend ist ein Zusammenhang mit der Einstellung der nördlich angrenzenden Rieselfeldbewirtschaftung Karolinenhöhe im Jahr 2010. In der folgenden Abb. 24 ist die jährliche aufgebrachte Wassermenge den Grundwasserständen an der Messstelle 1667 gegenübergestellt (Lage siehe Abbildung 23). Mit dem Rückgang der Verrieselung ist ebenfalls ein Abfall des Grundwasserstands in den nahegelegenen Grundwassermessstellen zu verzeichnen. Als weiterer Einfluss für die nach 2010 weiter fallenden Grundwasserstände können die sehr warmen Jahre ab 2014 verbunden mit geringen Niederschlägen mit Ausnahme von 2017 angesehen werden. Vergleichbare Phänomene werden ebenfalls im DWD-Klimareport für einige Standorte in Brandenburg beschrieben (DWD, 2019). Grundwasserstelle Nr. 1667 Abbildung 24: 30jährige Grundwasserstandsentwicklung an der Messstelle 1667 (1990 bis 2019) mit linearem Trend und Trendbewertung nach Grimm-Strehle −1,9 Prozent pro Jahr = fallend (GWK Untere Havel) Nördlich und südlich von Kladow in den Ortsteilen Wilhelmstadt und Wannsee sowie östlich der Havel zeigen die langjährigen Ganglinien überwiegend einen gleichbleibenden Trend. Im Bereich der Teltow-Hochfläche zwischen der Grunewaldseenkette und dem Teltowkanal ist in fünf Messstellen ein ansteigender Trend zu verzeichnen. Als Ursache wird der generelle Rückgang der Trinkwasserförderung in den 1990er-Jahren insbesondere in dem Wasserwerk Beelitzhof angesehen. Zusätzlich wurde die, wenn auch geringe, Förderung im Wasserwerk Riemeisterfenn, Mitte der 1990er-Jahre eingestellt. Gesamtheitlich betrachtet ist der mengenmäßige Zustand des GWK Untere Havel trotz lokal vorhandenem Negativtrend als gut zu bewerten. 51 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE GRUNDWASSERKÖRPER OBERE HAVEL Für den GWK Obere Havel wurden die langjährigen Ganglinien an 19 Messstellen für den Zeitraum 1990 bis 2019 ausgewertet. Für zwölf der Messstellen ergab die Analyse einen gleichbleibenden Trend und sieben Messstellen weisen einen steigenden Trend auf (vergleiche Abbildung 25). Die Messstellen mit gleichbleibendem Trend liegen in den Ortsteilen Staaken, Hakenfelde und im Spandauer Forst sowie nordwestlich bis nördlich des Tegeler Sees in den Ortsteilen Konradshöhe, Heiligensee und Frohnau. Etwa östlich und nordöstlich des Tegeler Sees im Umfeld des Flughafens Tegel sowie in den Ortsteilen Wittenau und Hermsdorf weisen die langjährigen Ganglinien einen steigenden Trend auf. Letzterer ist auf die rückläufige Trinkwasserförderung im Wasserwerk Tegel in den 1990er-Jahren zurückzuführen. Seit 2000 unterliegt die Förderung des Wasserwerks Tegel nur noch geringeren saisonalen Schwankungen, was sich auch in den entsprechenden Ganglinien widerspiegelt. Exemplarisch ist in der folgenden Abbildung 25 die Ganglinie der Messstelle 201 dargestellt. 34,5 201 (30 Jahre) 34,0 33,5 33,0 Dez. 2019 Dez. 2017 Dez. 2015 Dez. 2013 Dez. 2011 Dez. 2009 Dez. 2007 Dez. 2001 Dez. 1999 Dez. 1997 Dez. 1995 Dez. 1993 Jan. 1992 Jan. 1990 Dez. 2005 Linearer Trend (30 Jahre): y = 4,0E−05x + 3,2E+01 32,5 Dez. 2003 Sulfatkonzentration in mg/l linear (201 (30 Jahre)) Grundwasserstelle Nr. 201 Abbildung 25: 30jährige Grundwasserstandsentwicklung an der Messstelle 201 (1990 bis 2019) mit linearem Trend und Trendbewertung nach Grimm-Strehle +1,2 Prozent pro Jahr = steigend (GWK Obere Havel) Sowohl die Ergebnisse der Trendanalyse als auch die Bilanz für den GWK Obere Havel weisen einen guten mengenmäßigen Zustand nach. GRUNDWASSERKÖRPER UNTERE SPREE Für den flächenmäßig größten GWK Untere Spree wurden die langjährigen Ganglinien von 32 Messstellen ausgewertet. Davon weisen 20 Messstellen einen gleichbleibenden, 9 Messstellen einen steigenden und 3 Messstellen einen stark steigenden Trend auf. Die Messstellen mit steigenden Grundwasserständen konzentrieren sich überwiegend auf den westlichen Bereich des GWK Untere Spree (Ortsteile Charlottenburg, Schöneberg, Tiergarten, Moabit). Hier weisen die nahegelegenen Messstellen in den angrenzenden GWK Obere und Untere Havel ebenfalls steigende Grundwasserstände auf (siehe Abbildung 23). Die Ganglinien steigen nahezu alle ab etwa Ende 1992 bis Mitte 1993. Dies korrespondiert, wie bereits in vorgegangenen Anschnitten zu den GWK Untere und Obere Havel ausgeführt, mit der rückläufigen Trinkwassergewinnung der Berliner Wasserbetriebe mit Beginn der 1990er-Jahre. Darüber hinaus wurde 2001 die Förderung im Wasserwerk Jungfernheide deutlich reduziert und der Betrieb 2013 vollständig eingestellt (siehe auch Kapitel 5.2.1.1). 52 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Eine weitere Ursache für den Anstieg dürfte im Rückgang der Grundwasserförderung für Bauwasserhaltungen liegen. Insbesondere im Umfeld des Tiergartens wurden Anfang der 2000erJahre zahlreiche Baumaßnahmen fertiggestellt und damit verbundene Bauwasserhaltungen beendet (Abbildung 26). 32,0 760 (30 Jahre) 31,5 31,0 30,5 Dez. 2019 Dez. 2017 Dez. 2015 Dez. 2013 Dez. 2011 Dez. 2009 Dez. 2007 Dez. 2001 Dez. 1999 Dez. 1997 Dez. 1995 Dez. 1993 Jan. 1992 Jan. 1990 Dez. 2005 Linearer Trend (30 Jahre): y = 3,8E−05x + 3,0E+01 30,0 Dez. 2003 Sulfatkonzentration in mg/l linear (760 (30 Jahre)) Grundwasserstelle Nr. 760 Abbildung 26: 30jährige Grundwasserstandsentwicklung an der Messstelle 760 (1990 bis 2019) mit linearem Trend und Trendbewertung nach Grimm-Strehle +1,3 Prozent pro Jahr = steigend (GWK Obere Spree) Im restlichen Bereich des GWK Untere Spree weisen die Messstellen überwiegend einen gleichbleibenden Trend auf. Der stark steigende Trend an der am nördlichen Stadtrand gelegenen Messstelle 8213 ist durch die Abschaltung des Wasserwerks Buch (Ende 1997) bedingt. Sowohl die Ergebnisse der Trendanalyse als auch die Bilanz für den GWK Untere Spree weisen einen guten mengenmäßigen Zustand nach. GRUNDWASSERKÖRPER DAHME Für den mit 3 Prozent sehr geringen Flächenanteil des GWK Dahme auf dem Berliner Stadtgebiet gibt es nur eine Messstelle, die unbeeinflusst von den Wasserwerksentnahmen ist und eine ausreichend lange Messreihe aufweist. Sie zeigt einen gleichbleibenden Trend (siehe Abbildung 27). Auf gleichbleibende Verhältnisse deuten ebenfalls die an der Grenze des GWK Untere Spree liegenden Messstellen 153, 800, 8979, 5428 und 9331 (vergleiche Abbildung 23). Die Grundwasserbilanz für den Berliner Flächenanteil des GWK Dahme fällt basierend auf der neu berechneten Grundwasserneubildung mit ArcEGMO zwar negativ aus, ist jedoch aufgrund des sehr geringen Flächenanteils nicht repräsentativ für den gesamten GWK. Das Land Brandenburg bewertet den mengenmäßigen Zustand des GWK Dahme als gut (https://geoportal. bafg.de/birt_viewer/frameset?__report=GW_WKSB.rptdesign&__navigationbar=false¶m_wasserkoerper=DE_GB_DEBB_HAV_DA_3). 53 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 34,5 5430 (30 Jahre) 34,0 33,5 33,0 Dez. 2019 Dez. 2017 Dez. 2015 Dez. 2013 Dez. 2011 Dez. 2009 Dez. 2007 Dez. 2001 Dez. 1999 Dez. 1997 Dez. 1995 Dez. 1993 Jan. 1992 Jan. 1990 Dez. 2005 Linearer Trend (30 Jahre): y = 1,3E−05x + 3,3E+01 32,5 Dez. 2003 Sulfatkonzentration in mg/l linear (5430 (30 Jahre)) Grundwasserstelle Nr. 5430 Abbildung 27: 30jährige Grundwasserstandsentwicklung an der Messstelle 5430 (1990 bis 2019) mit linearem Trend und Trendbewertung nach Grimm-Strehle +0,5 Prozent pro Jahr = gleichbleibend (GWK Dahme) ZUSAMMENFASSENDE BEWERTUNG DES MENGENMÄSSIGEN ZUSTANDS Gemäß [LAWA, 2011] liegt ein Risiko bezüglich der Menge für den Grundwasserleiter vor, wenn mehr als 33 Prozent der Messstellen in einem GWK einen fallenden oder stark fallenden Trend aufweisen sowie die Grundwasserbilanz nicht ausgeglichen ist. Dies ist in keinem der in der Zuständigkeit Berlins liegenden GWK der Fall. Die Grundwasserbilanz ist in den GWK Obere und Untere Havel sowie Untere Spree ausgeglichen bis positiv. Fallende Grundwasserstände werden im gesamten Stadtgebiet lediglich an drei Grundwassermessstellen im GWK Untere Havel beobachtet. Bezogen auf die 20 Grundwassermessstellen in diesem GWK entspricht dies einem Anteil von 15 Prozent mit fallendem Trend. Entsprechend liegt auch hier nach LAWA (2011) kein mengenmäßiges Risiko vor. Dennoch wird in den kommenden Jahren in diesem Gebiet das Monitoring der Grund- und Oberflächenwasserstände intensiviert, um die Ursachen der fallenden Grundwasserstände detailliert zu untersuchen und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen einzuleiten. Trotz des guten mengenmäßigen Zustands der GWK Obere und Untere Havel sowie Untere Spree mit derzeit ausgeglichenen bis positiven Wasserbilanzen bestehen Unsicherheiten, ob der gute mengenmäßige Zustand auch zukünftig gewahrt werden kann. Insbesondere mit Blick auf die bereits erfolgten und zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels besteht Untersuchungsbedarf. Durch den bereits zu beobachtenden und zukünftig prognostizierten An-stieg der Temperaturen in der Atmosphäre und der damit einhergehenden Verlängerung der Vegetationsperiode wird die Evapotranspiration entsprechend ansteigen. Bei gleichzeitiger Stagnation oder Verringerung der Niederschläge hat dies zwangsläufig eine Reduzierung der natürlichen Grundwasserneubildung zu Folge, welche durch langanhaltenden Trockenperioden noch verstärkt wird. Um die Einflüsse des Klimawandels auf den aktuellen Zustand zu untersuchen, wurde eine zusätzliche Trendberechnung auf Basis der Grundwasserstände der letzten 20 Jahren (statt der im vorliegenden Bericht gemäß den LAWA-Handlungsempfehlungen (2011) zugrunde gelegten 30 Jahre) durchgeführt. Diese lässt eine deutliche Zunahme von Messstellen mit fallendem Trend erkennen, auch wenn der Anteil an Messstellen mit fallendem Trend den Grenzwert von 33 Prozent auch bei dieser Betrachtung noch nicht überschreiten. 54 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Im Rahmen der Aufstellung des Berliner „Masterplans Wasser“ (siehe Kapitel 7.3) wurden erste, überschlägige Bilanzen zur Entwicklung des Grundwasserdargebots für die Einzugsgebiete der Berliner Wasserwerke berechnet. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass in einigen Wasserwerkseinzugsgebieten bereits heute das Grundwasserdargebot vollständig oder nahezu ausgeschöpft ist. Diesen überschlägigen Bilanzen sind jedoch mit einer Reihe an Unsicherheiten verbunden. Darüber hinaus können aus der Betrachtung der Wasserwerkseinzugsgebiete keine belastbaren Rückschlüsse auf die Dargebotsentwicklung in den GWK gezogen werden. Dennoch geben die Ergebnisse deutliche Hinweise, dass der Druck auf die Grundwasserressourcen angesichts einer wachsenden Bevölkerung bei gleichzeitig abnehmender Grundwasserneubildung spürbar steigen wird. Auf den vorliegenden Ergebnissen zur Grundwasserneubildung aus der Bodenwasserhaushaltsmodellierung für den Zeitraum 1961 bis 2020 auf Basis von ArcEGMO sollen weitere vertiefte Analysen mit numerischen Modellen zur potenziellen Entwicklung des Grundwasserdargebots unter veränderten zukünftigen Rahmenbedingungen durchgeführt werden. 5.2.1.4 Grundwasserabhängige Landökosysteme Der gute Zustand des Grundwassers erfordert nach WRRL auch den Schutz grundwasserabhängiger Landökosysteme (gwaLös). Gemäß Anhang V WRRL darf der Grundwasserstand keinen anthropogenen Veränderungen unterliegen, die zu einer signifikanten Schädigung der gwaLös führen. Ebenso muss die chemische Zusammensetzung des Grundwasserkörpers so beschaffen sein, dass diese Ökosysteme nicht signifikant geschädigt werden. Als bedeutende grundwasserabhängige Ökosysteme wurden in Berlin grundwasserabhängige Biotope und Lebensraumtypen in den FFH- und Vogelschutzgebieten sowie Natur- und Landschaftsschutzgebieten identifiziert. Mit Blick auf Veränderungen des Grundwasserstandes berücksichtigt die WRRL keine bereits lange zurückliegenden „historischen“ Zustände oder Veränderungen [LAWA, 2012]. Das bedeutet, dass die vor Inkrafttreten der WRRL im Jahr 2000 bestehenden Veränderungen des Grundwasserstandes (in Berlin etwa aufgrund der seit Jahrzehnten bestehenden flächenhaften Absenkung des Grundwasserstandes durch die Förderung von Rohwasser zur Trinkwassergewinnung) und die damit verbundenen negative Veränderung der gwaLös bei der Bewertung des mengenmäßigen Grundwasserzustands nicht berücksichtigt werden. Im Sinne der Richtlinie von Bedeutung sind wohlgleich jegliche weiteren Veränderungen nach Verabschiedung der Richtlinie, durch die eine signifikante Schädigung hervorgerufen wurde oder wird. Dabei ist eine Gefährdung bereits dann zu konstatieren, wenn die Schädigung eines Ökosystems beginnt oder zu erwarten ist [Erftverband, 2003]. Der Großteil der in Berlin ausgewiesenen gwaLös liegt in den Einzugsgebieten der Wasserwerke. Viele der betroffenen Ökosysteme unterliegen daher bereits jahrzehntelang zurückliegenden Schädigungen, welche als fortwährender Prozess weiterwirken und durch klimatische Veränderungen verstärkt und überlagert werden. Die SenUMVK hat die Entwicklung der Grundwasserstände mit Blick auf ihre hydrogeologischen Auswirkungen auf grundwasserabhängige Biotope und Lebensraumtypen in den FFHund Vogelschutzgebieten sowie Natur- und Landschaftsschutzgebieten geprüft. Der Zeitraum für die Trendbetrachtung beträgt dabei gemäß Handlungsempfehlung der LAWA [Erftverband, 2003] 30 Jahre (1990 bis 2019). Einige Grundwassermessstellen umfassen jedoch nur kürzere Zeitreihen. Daher werden neben den Auswertungen von Zeitreihen über 30 Jahre auch kürzere Zeitreihen (20 Jahre) nach dem Verfahren von Grimm-Strele ausgewertet. Der Bezugszeitraum für Grundwasserstandsveränderungen wird ebenfalls gemäß der oben genannte Handlungsempfehlungen der LAWA mit dem Zeitraum vor Inkrafttreten der WRRL (1991 bis einschließlich 2000) festgelegt. 55 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Ausgewertet und als relevant charakterisiert wurden Grundwassermessstellen (GWMS), die folgenden Kriterien entsprechen: — Filterstrecke der GWMS oberflächennah (bis auf wenige begründbare Ausnahmen unter 10 Meter unter Geländeoberkante, zum Beispiel im Grunewald aufgrund der Lage der gwaLös in morphologischen Senken); — Filterstrecke oberhalb eventuell vorhandener bindiger Schichten; — ausreichende Datenlage (möglichst mindestens 1 Wert pro Monat) über die betrachteten Zeiträume (1991 bis 2000 und 2000 bis 2019); — die GWMS befinden sich im Nahbereich der gwaLös (Abstand unter 500 Meter); — die GWMS liegen außerhalb des unmittelbaren Einflusses von Grundwasserabsenkungen beziehungsweise außerhalb des unmittelbaren Absenkungstrichters einer Grundwasserentnahme (keine Betrachtung von GWMS im Fassungsbereich (Zone I von Wasserschutzgebieten) und im engeren Wasserschutzgebiet (Zone II)). Gemäß LAWA-Handlungsempfehlung liegt eine signifikante Schädigung vor, wenn sich ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der WRRL der mittlere jährliche Grundwasserflurabstand gegenüber dem langjährigen Mittel (1991 bis 2000) um mehr als 0,3 Meter in empfindlichen oder mehr als 0,5 Meter in weniger empfindlichen Ökosystemen verändert. Gebiete, in denen der Grundwasserstand bereits vor Inkrafttreten der WRRL durch die jahrzehntelange Grundwasserabsenkung zur Trinkwassergewinnung außerhalb des biotoptypverträglichen Bereichs lag, werden nicht in die Betrachtung einbezogen. Als Referenzwert wird hierbei der Mittelwert der letzten zehn Jahre vor Inkrafttreten der WRRL (1991 bis einschließlich 2000) herangezogen [Erftverband, 2003]. Ebenfalls nicht betrachtet wurden Standorte, für die aktuell noch keine gesicherten Erkenntnisse zur Grundwasserabhängigkeit der Ökosysteme vorliegen. Eine Liste der für die Bewertung der bedeutenden gwaLös verwendeten GWMS mit dem jeweiligen Ergebnis der Trendauswertung sowie der Abweichung des mittleren jährliche Grundwasserflurabstands (ab 2000) gegenüber dem langjährigen Mittel im Zeitraum von 1991 bis 2000 enthält Tabelle 15 in Anlage 10.2. Im Bereich Spandauer Forst zeigt die Auswertung der relevanten Grundwassermessstellen einen gleichbleibenden Trend für den Zeitraum 1990 bis 2019 (Trendanalyse nach dem Verfahren nach GRIMM-STRELE (2003)). Die Lage der Grundwassermessstellen und grundwasserabhängigen Landökosysteme ist in Abbildung 28 dargestellt. Es wird an keiner der relevanten Grundwassermessstellen eine Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes im Betrachtungszeitraum (2000 bis 2019) von über 0,3 Meter im Vergleich zum mittleren Grundwasserstand des Referenzzeitraumes (1991 bis 2000) verzeichnet. Es kann daher für den Spandauer Forst davon ausgegangen werden, dass im Betrachtungszeitraum keine signifikanten Schädigungen aufgrund von Veränderungen des Grundwasserstandes nach Inkrafttreten der WRRL aufgetreten sind. 56 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 0 1.250 2.500 5.000 Meter Abbildung 28: Lage der verwendeten Grundwassermessstellen für die Beurteilung der hydrogeologischen Auswirkungen auf grundwasserabhängige Landökosysteme im Bereich Spandauer Forst und Grunewald (GWMS als rote Punkte, gwaLös als grüne Flächen) 57 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Im Bereich Köpenick befinden sich bedeutende gwaLös in den Bereichen Gosener Kanal, Krumme Lake Müggelspreeniederung, Teufelsmoor, Krumme Lake Grünau, Neue Wiesen und im Erpetal (Abbildung 29). GOSENER KANAL Für den Bereich südöstlich des Gosener Kanals liegen weder geeignete Messstellen, noch ausreichend langen Messreihen vor, um eine Trendanalyse vorzunehmen. Aufgrund der hydrogeologischen Situation kann aber davon ausgegangen werden, dass östlich des Gosener Kanals keine signifikante Beeinflussung durch die Galerien westlich des Kanals erfolgt, da sich die Absenkungstrichter der Galerien aufgrund der hydraulischen Situation (Uferfiltration) nicht bis auf die Gebiete südöstlich des Gosener Kanals erstrecken (vergleiche unter anderem Grundwassergleichenplan von Berlin im Geoportal Berlin (FIS Broker)). KRUMME LAKE MÜGGELSPREENIEDERUNG Für den Bereich der Krummen Lake in der Müggelspreeniederung südlich der Müggelspree zeigen fünf von sechs (83 Prozent) der relevanten Messstellen einen gleichbleibenden Trend an. Für zwei der fünf GWMS mit gleichbleibendem Trend liegen ausreichend lange Messreihen vor, um eine Trendbetrachtung über 30 Jahre durchzuführen (1990 bis 2019) und für drei der fünf GWMS wird der Trend anhand von 20 Jahren berechnet (2000 bis 2019). An einer der sechs GWMS wurde ein fallender Trend bei einer Trendbetrachtung über 20 Jahre festgestellt. An keiner der untersuchten Grundwassermessstellen ist eine Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes im Betrachtungszeitraum (2000 bis 2019) von über 0,3 Meter im Vergleich zum mittleren Grundwasserstand des Referenzzeitraumes (1991 bis 2000) festzustellen. In Ermangelung ausreichend langer Messreihen wurde bei zwei GWMS der Zeitraum 1996 bis 2000 als Referenzzeitraum herangezogen. Es kann daher für diesen Bereich davon ausgegangen werden, dass keine signifikanten Schädigungen aufgrund von Veränderungen des Grundwasserstandes nach Inkrafttreten der WRRL aufgetreten sind. TEUFELSMOOR Für den Bereich des Teufelsmoors zeigen beide relevanten Messstellen einen gleichbleibenden Trend für den Zeitraum 1990 bis 2019 an. An keiner der beiden Messstellen ist eine Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes im Betrachtungszeitraum (2000 bis 2019) von über 0,3 Meter im Vergleich zum mittleren Grundwasserstand des Referenzzeitraumes (1991 bis 2000) festzustellen. Es kann daher für den Bereich des Teufelsmoors davon ausgegangen werden, dass keine signifikanten Schädigungen aufgrund von Veränderungen des Grundwasserstandes nach Inkrafttreten der WRRL aufgetreten sind. KRUMME LAKE GRÜNAU Für den Bereich der Krumme Lake Grünau liegt für die Bewertung lediglich eine geeignete Grundwassermessstelle vor. Diese zeigt einen gleichbleibenden Trend für den Zeitraum 2000 bis 2019 an. Es ist an dieser GWMS keine Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes im Betrachtungszeitraum (2000 bis 2019) von über 0,3 Meter im Vergleich zum mittleren Grundwasserstand des Referenzzeitraumes (1991 bis 2000) festzustellen. Es kann daher für den Bereich der Krummen Lake Grünau davon ausgegangen werden, dass keine signifikanten Schädigungen aufgrund von Veränderungen des Grundwasserstandes nach Inkrafttreten der WRRL aufgetreten sind. NEUE WIESEN Für den Bereich Neue Wiesen liegt für die Bewertung lediglich eine geeignete Messstelle vor. Diese zeigt einen fallenden Trend für den Zeitraum 2000 bis 2019. Allerdings ist an dieser GWMS keine Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes im Betrachtungszeitraum (2000 bis 2019) von über 0,3 Meter im Vergleich zum mittleren Grundwasserstand des Referenzzeitraumes (1991 bis 2000) festzustellen. Es kann daher für den Bereich der Neuen Wiesen davon ausgegangen werden, dass keine signifikanten Schädigungen aufgrund von Veränderungen des Grundwasserstandes nach Inkrafttreten der WRRL aufgetreten sind. 58 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 0 500 1.000 2.000 Meter Abbildung 29: Lage der verwendeten Grundwassermessstellen für die Beurteilung der hydrogeologischen Auswirkungen auf grundwasserabhängige Landökosysteme im Bereich Friedrichshagen bis Seddinsee (GWMS als rote Punkte, gwaLös als grüne Flächen) ERPETAL Für eine Bewertung der hydrogeologischen Situation des Erpetals liegen keine geeigneten Messstellen vor, um eine Bewertung vorzunehmen, da diese in sehr geringer Entfernung (unter 400 Meter) zur Galerie A des Wasserwerks Friedrichshagen liegen. Anhand der Grundwasserstandsdaten ist der deutliche Einfluss der Förderaktivität der Galerie A zu erkennen und es ist ersichtlich, dass die Förderung zum Ende des Jahres 2016 wiederaufgenommen und ab Anfang 2017 auf konstantem Niveau beibehalten wird. Die GWMS liegen somit im unmittelbaren Absenkbereich der Brunnengalerie und können nicht für eine Bewertung herangezogen werden. Im Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 sind hier vertiefte Untersuchungen erforderlich, insbesondere mit Blick auf die Auswirkungen der Wiederinbetriebnahme der A-Galerie des Wasserwerks Friedrichshagen. Insgesamt ist für den Bereich Köpenick das Erfordernis zusätzlicher Grundwassermessstellen zur Bewertung von Grundwasserstandsveränderungen im Bereich bedeutender gwaLös im Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 zu prüfen. 59 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Im Bereich Grunewald zeigt die Auswertung der relevanten Grundwassermessstellen bei sechs GWMS (43 Prozent der GWMS) einen gleichbleibenden Trend für den Zeitraum 1990 bis 2019. Ein fallender Trend wurde an drei GWMS (21 Prozent der GWMS) und ein steigender Trend an fünf GWMS (36 Prozent der GWMS) beobachtet. Eine Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes um mehr als 0,3 Meter in den Jahren 2000 bis 2019 im Vergleich zum Referenzzeitraum 1991 bis 2000 wurde an 50 Prozent der GWMS beobachtet. Dabei wurde bei fünf GWMS eine negative Abweichung von über –0,3 Meter und bei zwei GWMS eine positive Abweichung von mehr als +0,3 Meter festgestellt. Bei 7 GWMS wurde keine relevante Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserstandes verzeichnet. Es ist allerdings festzustellen, dass sich die Grundwasserstände im Grunewald bis auf vereinzelte, kleine Gebiete in tief gelegenen Senken (Sandgrube im Jagen 86, zentrale Bereiche von Barssee und Pechsee, Senke nordwestlich des Teufelssees) bereits vor Inkrafttreten der WRRL außerhalb der biotoptypverträglichen Bereiche befanden. Diese bereits vor Inkrafttreten der WRRL seit Jahrzehnten im Bereich des Grunewalds bestehenden Veränderungen des Grundwasserstands werden bei der Bewertung des mengenmäßigen Grundwasserzustands gemäß WRRL nicht berücksichtigt. Derzeit wird in einem Pilotprojekt der BWB geprüft, ob eine Beregnung des Schwingrasenmoores Barssee im Grunewald zur Stützung des Moorwasserstandes beitragen kann. Wie bereits im vorangehenden Kapitel beschrieben, wird der Druck auf die Grundwasserressourcen angesichts einer wachsenden Bevölkerung bei gleichzeitig abnehmender oder stagnierender Grundwasserneubildung voraussichtlich deutlich steigen. Es bestehen daher Unsicherheiten, ob anthropogen bedingte signifikante Schädigungen der gwaLös gemäß WRRL in Zukunft vermieden werden können. Im Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 werden durch die SenUMVK daher vertiefte Untersuchungen, insbesondere zur potenziellen Entwicklung des Grundwasserdargebots unter veränderten zukünftigen Rahmenbedingungen (vergleiche Kapitel 5.2.1.3), durchgeführt und die Auswirkungen auf die gwaLös geprüft und bewertet. 5.2.2 Bewertung des chemischen Zustands des Grundwassers Die Bewertung des chemischen Zustandes der Grundwasserkörper in Zuständigkeit des Landes Berlin erfolgt auf Basis von Grundwassermessstellen, welche das Landesgebiet und den für die Beurteilung relevanten Hauptgrundwasserleiter (GWL 2) engmaschig abdecken (vergleiche Kapitel 4.2.1, Abbildung 11). Basierend auf den Untersuchungen aus dem Jahr 2019 wurden zunächst sowohl die Betrachtung von Schwellenwertüberschreitungen gemäß Anlage 2 der GrwV als auch die daraus resultierenden Berechnungen der räumlichen Verteilung auffälliger Stoffe anhand von 139 Messpunkten in allen vier Grundwasserkörpern durchgeführt. Für diese Flächenberechnung (das heißt die räumliche Verteilung) wurden zusätzliche Messpunkte des Landes Brandenburg als Interpolationsstützstellen hinzugezogen, um die äußeren Randbereiche plausibel darstellen zu können. Die hierauf aufbauende Ermittlung der prozentualen Flächenanteile einzelner Stoffkonzentrationen erfolgte jeweils für die drei Grundwasserkörper Untere Spree, Obere Havel und Untere Havel. Die Zustandsbewertung des Grundwasserkörpers Dahme (GWK Dahme 3, HAV_DA_3) erfolgte federführend durch das zuständige Bundesland Brandenburg. In den folgenden kartographischen Darstellungen werden allerdings sowohl die Ergebnisse der räumlichen Konzentrationsverteilung ausgewählter Stoffe als auch die Trendbetrachtung der zeitlichen Konzentrationsentwicklung an den Messpunkten des GWK Dahme berücksichtigt, um die Gesamtsituation für das Land Berlin vollständig abzubilden. Die Voraussetzung für die sich anschließende statistische Trendbetrachtung relevanter Stoffkonzentrationen in den durch das Land Berlin zu bewertenden Grundwasserkörpern, ist das Vorliegen von möglichst durchgängigen und langjährigen Messreihen für den Zeitraum von 2009 bis 2019. Messpunkte mit durchgängigen Zeitreihen bis 2018 wurden ebenfalls berücksichtigt. Somit konnten für die Trendbetrachtung und den Gesamtzeitraum insgesamt 148 Messstellen in den drei zu beurteilenden Grundwasserkörpern berücksichtigt werden. 60 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Grundlage für die Beurteilung des chemischen Grundwasserzustands sind die in Anlage 2 der GrwV aufgeführten Stoffe, Stoffgruppen und zugehörigen Schwellenwerte. Unter einem Schwellenwert ist die Konzentration eines Schadstoffes oder einer Schadstoffgruppe zu verstehen, die zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt festgelegt wird. Für Stoffe oder Stoffgruppen, die im Grundwasser natürlich vorkommen, sind gegebenfalls Hintergrundwerte zu berechnen. Der Hintergrundwert ist der in einem Grundwasserkörper nicht oder nur unwesentlich durch menschliche Tätigkeit beeinflusste Konzentrationswert eines Stoffes. Der Vergleich der Schwellenwerte mit Hintergrundwerten ist besonders dann relevant, wenn die zuständigen Behörden abweichende Schwellenwerte festlegen, weil der in Anlage 2 GrwV angegebene Schwellenwert für einen Stoff oder eine Stoffgruppe niedriger als der Hintergrundwert ist. In den Berliner Grundwasserkörpern werden die in Tabelle 7 dargestellten Schwellenwerte und Hintergrundwerte für die Bewertung des chemischen Zustands herangezogen. Gemäß Vorgabe der GrwV definiert die Bundesanstalt für Geowissenschaften für die Hochflächen Teltow und Barnim einen Ammonium-Hintergrundwert von 0,695 Milligramm pro Liter [BGR, 2020]. Dieser wurde statt des Schwellenwertes von 0,5 Milligramm pro Liter der Zustandsbeurteilung zugrunde gelegt. Eine Besonderheit der Bewertung ist die zusätzliche Betrachtung nicht relevanter Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln. Tabelle 8 gibt einen Überblick über die 51 analysierten Pflanzenschutzmittel (inklusive relevanter und nicht relevanter Metaboliten). Tabelle 7: Kriterien zur Beurteilung des chemischen Zustandes der Berliner Grundwasserkörper (gemäß Grundwasserverordnung) Stoffe und Stoffgruppen Nitrat (NO3) Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln einschließlich relevanter und nicht-relevanter Metaboliten, Biozid-Wirkstoffe einschließlich relevanter Stoffwechsel- oder Abbau- beziehungsweise Reaktionsprodukte sowie bedenkliche Stoffe in Biozidprodukten Arsen (As) Cadmium (Cd) Blei (Pb) Quecksilber (Hg) Ammonium (NH4+) Chlorid (Cl−) Nitrit Ortho-Phosphat (PO43−) Sulfat (SO42-) Summe aus Tri- und Tetrachlorethen Schwellenwert nach Anlage 2 GrwV 50,0 mg/l spezifische Hintergrundwerte nach § 5 Abs. 2 der GrwV jeweils 0,1 μg/l insgesamt 0,5 μg/l 10,0 μg/l 0,5 μg/l 10,0 μg/l 0,2 μg/l 0,5 mg/l 250,0 mg/l 0,5 mg/l 0,5 mg/l 250,0 mg/l 10,0 μg/l 0,695 mg/l1 1 Quelle: BGR 2020: Geoviewer der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2020. Hintergrundwerte im Grundwasser (HGW); 90 Prozent Perzentil der hydrogeochemischen Einheit 01R14c. Der chemische Grundwasserzustand ist gemäß § 7 GrwV gut, — wenn der Schwellenwert an keiner Messstelle im Grundwasserkörper überschritten wird oder durch die Überwachung festgestellt wird, dass es keine Anzeichen für Einträge von Schadstoffen auf Grund menschlicher Tätigkeiten gibt, — die Grundwasserbeschaffenheit keine signifikante Verschlechterung des ökologischen oder chemischen Zustands der Oberflächengewässer zur Folge hat und dementsprechend nicht zu einem Verfehlen der Bewirtschaftungsziele in den mit dem Grundwasser in hydraulischer Verbindung stehenden Oberflächengewässern führt und — die Grundwasserbeschaffenheit nicht zu einer signifikanten Schädigung unmittelbar von dem Grundwasserkörper abhängender Landökosysteme führt. 61 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE — Der chemische Grundwasserzustand kann noch als gut eingestuft werden, wenn die in § 7 Abs. 3 GrwV genannten Kriterien (unter anderem Flächenkriterien, Anforderungen an den Trinkwasserschutz und weitere Nutzungsmöglichkeiten des Grundwassers) erfüllt sind. Das flächenbezogene Kriterium besagt unter anderem, dass die nach § 6 Absatz 2 für jeden relevanten Stoff oder jede relevante Stoffgruppe ermittelte Flächensumme weniger als ein Fünftel der Fläche des Grundwasserkörpers betragen darf, um trotz der Überschreitung von Schwellenwerten noch einen guten Zustand ausweisen zu können. Ziel ist es, Belastungsgebiete zu identifizieren und Regionen ohne Risiko sicher ausschließen zu können. Für Belastungsquellen, die so geringfügig sind, dass sie den Grundwasserkörper nicht gefährden können, dürfen „Bagatellgrenzen“ abgeleitet werden (vergleiche [LAWA, 2019a]). Tabelle 8: Liste analysierter Pflanzenschutzmittel (inklusive relevanter und nicht-relevanter Metaboliten) alpha-Endosulfan beta-Endosulfan alpha-HCH beta-HCH delta-HCH gamma-HCH (Lindan) epsilon-HCH DDT (para,para) DDE (para,para) DDD (para,para) DDT (ortho,para) DDE (ortho,para) DDD (ortho,para) DDMU (para,para) Endosulfansulfat Bentazon Trifuralin Atrazin Simazin Desethylatrazin Desisopropylatrazin Terbutryn Desethylterbutylazin Isoproturon Diuron 2,4_D Dichlorprop MCPA Mecoprop Propoxur Pirimicarb Deltamethrin Dichlofluanid Iprodion Propyzamid Chlorpyrifos Glyphosat AMPA 2,6-Dichlorbenzamid Dimethachlor-Metabolit CGA 369873 Dimethachlor-Metabolit CGA 373464 Dimethachlorsäure CGA 50266 Metazachlor-Sulfonsäure BH 479-8 Metazachlor-Oxalsäure BH 479-4 Methyl-Desphenylchloridazon (Metabolit B1) S-Metolachlor Metabolit NOA 413173 S-Metolachlor-Metabolit CGA 357704 S-Metolachlor-Metabolit CGA 368208 S-Metolachlor-Sulfonsäure CGA 380168 / CGA 354743 S-Metolachlorsäure CGA 351916 / CGA 51202 Lenacil Bei allen verbleibenden Grundwasserkörpern mit Überschreitung der Schwellenwerte ist von einer signifikanten Gefährdung der Umwelt auszugehen und der chemische Grundwasserzustand als schlecht einzustufen. Nach § 10 Abs. 1 GrwV wird für jeden Grundwasserkörper, der gemäß § 3 als „gefährdet“ eingestuft worden ist, nach Maßgabe der Anlage 6 GrwV jeder signifikante und anhaltende steigende Trend im Grundwasserkörper ermittelt. Für die aktuelle Bewertung des chemischen Grundwasserzustands wurde das Jahr 2019 als Bezugszeitraum gewählt und für alle oben genannten Stoffe und Stoffgruppen an jeder der 139 Messstellen eine Überschreitung der Schwellenwerte nach Anlage 2 der Grundwasserverordnung geprüft. Spezifische Hintergrundwerte fanden an dieser Stelle zunächst noch keine Berücksichtigung. Stoffe, die nur an einzelnen Messstellen nachzuweisen waren, wurden lediglich hinsichtlich der Konzentrationsniveaus ausgewertet. Ebenso Stoffe, die an räumlich sehr weit auseinanderliegenden Messpunkten in erhöhter Konzentration auftraten. Auch diese wurden hinsichtlich ihrer flächenhaften Ausbreitung nicht weiter untersucht, da sich bei punktuellen Belastungen aus fachlichen Gründen eine räumliche Interpolation versagt. 62 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Bei einer Überschreitung von Schwellenwerten an einer genügend großen Anzahl von Messstellen, wurde die flächenhafte Ausdehnung für jeden relevanten Stoff ermittelt und eine Trendanalyse durchgeführt. ÜBERSCHREITUNG VON SCHWELLENWERTEN Eine Überschreitung der Schwellenwerte gemäß Anlage 2 der GrwV wurde für Nitrat, Pflanzenschutzmittel (einzeln und in der Summe), Arsen, Ammonium, Chlorid, Ortho-Phosphat, Sulfat, Tri- und Tetrachlorethen (einzeln und Summe) festgestellt. Es fanden sich an 47 Messstellen (33,8 Prozent) erhöhte Ammoniumkonzentrationen (zunächst ohne Berücksichtigung eines spezifischen Hintergrundwertes) und an 36 Messstellen (25,9 Prozent) ebenfalls über dem Schwellenwert liegende Sulfatkonzentrationen. Während somit für Ammonium und Sulfat von einer flächenrelevanten Überschreitung der Schwellenwerte ausgegangen werden konnte, waren von den weiteren erhöhten Stoffkonzentrationen nur jeweils ein bis vier Messstellen betroffen. Eine Ausnahme bildete Ortho-Phosphat mit insgesamt 10 betroffenen Messstellen (7,2 Prozent), die jedoch räumlich so heterogen über das gesamte Stadtgebiet verteilt waren, dass auch hier eine flächenhafte Belastung ausgeschlossen werden konnte (siehe Tabelle 9). Die Stoffe Ammonium und Sulfat wurden aufgrund oben genannter Befunde einer genaueren Prüfung unterzogen (Berechnung der Flächenanteile pro Grundwasserkörper und statistische Trendanalyse für alle Messstellen). Tabelle 9: Anzahl von Messstellen mit Schwellenwertüberschreitungen im Jahresmittel 2019 Stoffe, Stoffgruppen Einheit Schwellenwerte Anlage 2 GrwV 2010 mit Änderung 2017 Nitrat PSM, Biozide einzeln *1 PSM, Biozide Summe *1 Arsen Cadmium Blei Quecksilber Ammonium Chlorid Nitrit Ortho-Phosphat Sulfat Trichlorethen Tetrachlorethen Summe Trichlorethen + Tetrachlorethen mg/l µg/l µg/l µg/l µg/l µg/l µg/l mg/l mg/l mg/l mg/l mg/l µg/l µg/l µg/l 50,0 0,1 0,5 10,0 0,5 10,0 0,2 0,5 250,0 0,5 0,5 250,0 10,0 10,0 10,0 Analyseergebnisse Maximum Mittelwert 73,05 0,32 0,5637 22,00 0,25 0,52 0,05 21,90 342,00 0,21 3,08 1.217,00 19,35 24,60 43,95 2,7300 0,0016 0,0031 1,3943 0,0192 0,0722 0,0068 0,8100 67,0000 0,0222 0,1738 213,0000 0,2130 0,2780 0,4900 Messstellen: 139 Anzahl von Messstellen mit einer Schwellenwertüberschreitung im Jahresmittel 2019 2 1 1 4 0 0 0 47 2 0 10 36 1 1 1 BERECHNUNG DER FLÄCHENANTEILE Die mittlere Ammoniumkonzentration lag 2019 bei 0,81 Milligramm pro Liter und damit knapp 0,3 Milligramm pro Liter über dem festgelegten Schwellenwert von 0,5 Milligramm pro Liter (Maximalwert Jahresmittel 21,9 Milligramm pro Liter). Hingegen wurde für Sulfat im Grundwasser eine mittlere Konzentration von 213 Milligramm pro Liter gemessen, hier lag das Maximum mit 1.217 Milligramm pro Liter sehr deutlich über dem Schwellenwert von 250 Milligramm pro Liter. Für die Berechnung der flächenhaften Ausdehnung von Sulfat und Ammonium wurde die Grundgesamtheit der genannten Berliner Messstellen um Messwerte aus Brandenburger Grundwassermessstellen ergänzt, welche sich in den Randbereichen der drei Berliner Grundwasserkörper befinden und nicht weiter als 10 Kilometer von der Berliner Landesgrenze entfernt liegen. 63 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Zur Flächenberechnung (Regionalisierung) wurde das Invers Distance Weighted-Verfahren (IDW) ausgewählt und mit Hilfe des Kriging-Verfahrens plausibilisiert. Grundüberlegung dieser Verfahren ist die Ableitung von Werten für Zellen ohne Messung in einem geographischen Raster aus einer begrenzt zur Verfügung stehenden Anzahl von Messpunkten. Details zu den Verfahren sind der einschlägigen Literatur zu entnehmen [Kappas, 2012; Schafmeister, 1999]. Die Berechnung der Flächenanteile mit einer Überschreitung des Schwellenwertes für Ammonium und Sulfat erfolgte unter Berücksichtigung eines geogenen Hintergrundwertes für Ammonium. Gemäß der Vorgabe der GrwV definiert die Bundesanstalt für Geowissenschaften für die Hochflächen Teltow und Barnim einen Ammonium-Hintergrundwert von 0,695 Milligramm pro Liter [BGR, 2020]. Die Berücksichtigung dieser geogenen Hintergrundkonzentration resultierte in einem erhöhten Schwellenwert für Ammonium in Höhe von 0,695 Milligramm pro Liter. Für Sulfat wurde gemäß der Grundwasserverordnung ein Schwellenwerte von 250 Milligramm pro Liter zugrunde gelegt. Die Berechnungen zeigen für den Grundwasserkörper Obere Havel (OH_1), dass für 30 Prozent der Fläche Überschreitungen des Schwellenwertes (> 0,695 Milligramm pro Liter) für Ammonium vorliegen, lediglich 1 Prozent der Fläche weisen erhöhte Sulfatwerte auf. Der Grundwasserkörper Untere Havel (UH_1) ist hingegen primär durch Sulfatkonzentrationen oberhalb des Schwellenwertes von 250 Milligramm pro Liter gekennzeichnet (Flächenanteil 35 Prozent). Es sind sekundär auf 17 Prozent der Fläche erhöhte Ammoniumkonzentrationen (> 0,695 Milligramm pro Liter) nachweisbar. Die Auswertungen zeigen weiterhin, dass der größte und östlich angrenzende Grundwasserkörper Untere Spree (GWK US_1) auf 32 Prozent der Fläche und damit primär durch Ammonium belastet ist. Darüber hinaus werden auf 20 Prozent der Fläche Sulfatkonzentration oberhalb des Schwellenwertes von 250 Milligramm pro Liter nachgewiesen. In der Gesamtbetrachtung sind unter Berücksichtigung des anzunehmenden geogenen Hintergrundwertes zwei von drei Grundwasserkörpern primär durch Ammonium und in einem Fall primär durch Sulfat belastet. Der chemische Zustand wurde daher in allen drei Grundwasserkörpern als „nicht gut“ eingestuft. Tabelle 10: Anteil von Flächen mit Überschreitung des Schwellenwertes für Ammonium und Sulfat GrundwasserKörper GWK HAV_OH_1 HAV_UH_1 HAV_US_1 mit geogenem Hintergrund (HGW) Schwellenwert auf Basis HGW BGR: 0,695 mg/l Berechnungsverfahren: IDW NH4 NH4 NH4 Flächenanteil GWK ohne geogenen Hintergrund Flächenanteil GWK % Schwellenwert nach GrwV: 250 mg/l % primäre Belastung sekundäre Belastung 1 35 20 NH4 SO4 NH4 nein NH4 SO4 30 17 32 Berechnungsverfahren: IDW SO4 SO4 SO4 Ergebnis mit Berücksichtigung von Hintergrundwerten Es kann festgehalten werden, dass die räumliche Verteilung einer erhöhten Ammoniumkonzentration sich über eine großräumig zusammenhängende Fläche erstreckt, die sich einerseits stark auf den innerstädtischen Bereich konzentriert und dort insbesondere, jedoch nicht ausschließlich, die Niederungsbereiche des Berliner Urstromtals betroffen sind. Weiterhin finden sich lokale Konzentrationserhöhungen nordwestlich der Havel (Forst Spandau), nördlich im Bereich von Blankenfelde/Französisch Buchholz, südöstlich des Müggelsees und im Süden im Dreieck Zehlendorf, Lichterfelde, Lankwitz. Diese Punkte markieren die Endpunkte zweier Linien einer erhöhten Ammoniumkonzentration mit einer Erstreckung Südost-Nordwest beziehungsweise Südwest-Nordost. 64 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Der Kreuzungspunkt liegt im zentralen Bereich der Stadt (Charlottenburg, Moabit). Typisch ist auch, dass mit zunehmender Entfernung vom Stadtzentrum und mit Zunahme der morphologisch-geologischen Ausprägung der Barnim- und Teltowhochfläche die Ammoniumkonzentration deutlich abnimmt (vergleiche Abbildung 30). Es ist aber auch anzunehmen, dass Bereiche des Urstromtals noch deutlich höhere als die hier berücksichtigten geogenen Hintergrundwerte aufweisen können [BGR, 2020]). Eine zusätzliche Prüfung aller Messwerte anhand der Überschreitung eines definierten Konzentrationsbereiches von Nitrat, Kalium, Chlorid und Bor zeigt jedoch auch, dass die erhöhten Ammoniumkonzentrationen nicht ausschließlich über geogene Anteile erklärt werden können, sondern ein anthropogener Einfluss anzunehmen ist (vergleiche Jahnke, 2014). Die räumliche Verteilung von Sulfat im Grundwasser unterscheidet sich sehr deutlich vom Ammonium. Mit wenigen lokalen Ausnahmen liegt die Sulfatkonzentration in der Regel über 50 Milligramm pro Liter. Selbst die meisten Stadtrandbereiche weisen schon Konzentrationen von bis zu 180 Milligramm pro Liter auf, die mit Nähe zum Zentrum auf mindestens 250 Milligramm pro Liter zunehmen. Die Bereiche einer stark erhöhten Sulfatkonzentration von über 250 Milligramm pro Liter lokalisieren sich im Bereich des Grunewalds, dort beginnend, entlang einer sich Nordost erstreckenden Achse zwischen dem Großen Wannsee, dem Teufelsberg und östlich des ehemaligen Flughafen Tegel im Bereich Reinickendorf, Wedding. Eine parallel verlaufende zweite Achse befindet sich entlang der Linie Marienfelde – Mitte – Prenzlauer Berg. Lokale Hot Spots befinden sich beispielsweise im Bereich des Dreiecks Neukölln, Kreuzberg, Treptow beziehungsweise Wedding, Mitte, Prenzlauer Berg (vergleiche Abbildung 31). Die räumlichen Verteilungsmuster von Ammonium und Sulfat sind hinsichtlich der Dateninterpretation von Bedeutung. Insbesondere bedürfen sie der Verschneidung mit weiteren Geoinformationen, da den Mustern höchstwahrscheinlich multikausale Ursachen eines hochverdichteten urbanen Raumes zugrunde liegen, welcher insbesondere in den letzten 150 Jahren eine rasante Entwicklung und vielfältige Umbrüche erlebt hat, die sich bis heute im Chemismus des Grundwassers wiederfinden. Grundwassergüte – 2019 Messpunkte WRRL – Landesmessnetz Berlin Messpunkte WRRL – Landesmessnetz Berlin Monitoring von Pflanzenschutzmitteln und deren Metaboliten Ammoniumkonzentration bis 0,50 mg/l > 0,50 bis 0,695 mg/l > 0,695 bis 0,90 mg/l > 0,90 mg/l 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abbildung 30: Verteilung der Ammoniumkonzentration im Berliner Grundwasser (Jahresmittel 2019) 65 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Grundwassergüte – 2019 Messpunkte WRRL – Landesmessnetz Berlin Messpunkte WRRL – Landesmessnetz Berlin Monitoring von Pflanzenschutzmitteln und deren Metaboliten Sulfatkonzentration bis 0,50 mg/l > 0,50 bis 120 mg/l > 120 bis 180 mg/l > 180 mg/l bis 250 mg/l > 250 bis 360 mg/l > 360 mg/l 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abbildung 31: Verteilung der Sulfatkonzentration im Berliner Grundwasser (Jahresmittel 2019) TRENDANALYSE UND TRENDUMKEHRBETRACHTUNG Die Ermittlung steigender Trends und die Ermittlung von Trendumkehrpunkten wurde für Ammonium und Sulfat in den drei Grundwasserkörpern an insgesamt 148 Messstellen durchgeführt. Betrachteter Zeitraum waren die Jahre 2009 bis 2019. Die Trendbetrachtung dient dem Erkennen langfristiger, steigender oder fallender Trends und ermöglicht darüber hinaus die Identifizierung von Trendumkehrpunkten. Darunter ist eine signifikante Veränderung eines zuvor bestehenden abgesicherten Trends zu verstehen. Markante Veränderungen an einzelnen Messstellen können derart sichtbar gemacht werden. Trendumkehrpunkte dienen entweder zur Erfolgsprüfung eingeleiteter Maßnahmen oder zeigen bei steigenden Trends notwendige Maßnahmen und auch Änderungen im hydrochemischen Milieu an. Weiterhin wird geprüft, ob sich nach Veränderung eines Trends eine signifikante Neuentwicklung (neuer Trend) eingestellt hat. Die Berechnung erfolgt ausreißerbereinigt mit Hilfe einer linearen Regression über gleitende 6-Jahres Intervalle. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen von einer Periode über mindestens 6 Messjahre. Die Ergebnisse der messstellenbezogenen Trendbetrachtung wurden für die einzelnen Grundwasserkörper aggregiert, um für diese eine Gesamtaussage hinsichtlich zukünftiger Entwicklungen treffen zu können. Die Ermittlung langfristiger Trends für Sulfat zeigt in der Übersicht für alle betrachteten Grundwasserkörper, dass für 14 Prozent der Messstellen mangels ausreichender Länge der Zeitreihe keine Trendberechnung durchführbar war. 33 Prozent der 148 Messstellen zeigen einen signifikant fallenden und 28 Prozent einen steigenden Trend. Für 25 Prozent der Messstellen ist kein fallender oder steigender Trend identifizierbar. Legt man als Berechnungsbasis nur noch die Messstellen zugrunde, an denen eine Trendberechnung möglich war (128 Messstellen), dann konnte für 38 Prozent der Messstellen ein signifikant fallender Trend, für 33 Prozent ein steigender Trend und für 29 Prozent kein signifikanter Trend festgestellt werden. Hierbei entfallen auf den GWK Obere Havel (OH_1) 40 Prozent und auf die GWK Untere Havel und Untere Spree jeweils 38 Prozent an Messstellen mit einer signifikant fallenden Sulfatkonzentration. 66 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Hingegen sind die meisten Messstellen mit steigenden Trends im Bereich Untere Havel zu verzeichnen (41 Prozent der Messstellen), auf die GWK Obere Havel und Untere Spree entfallen jeweils 30 Prozent Bedingt durch die große Anzahl von Messstellen aller drei Grundwasserkörper (zwischen 21 und 32 Prozent), welche keinen eindeutigen Trend verzeichnen, kann für die langfristige Trendentwicklung der Sulfatkonzentration keine eindeutige Aussage gemacht werden, da weder die signifikant fallenden noch die steigenden Trends mehr als 50 Prozent aller Messstellen betreffen. Die Bewertung aller Grundwasserkörper resultiert darin, dass keiner der signifikanten Trends überwiegt und damit auch die zukünftige Entwicklung der Konzentrationsverläufe für Sulfat nicht eindeutig ist. Aussagen zur weiteren Entwicklung sind in erster Linie auf lokaler Ebene für einzelne Messstellen möglich. Hinsichtlich der Trendumkehrberechnung zeigen 71 Prozent der Messstellen keinen Trendumkehrpunkt, bestehende Trends bleiben fortlaufend unverändert. 11 Prozent der Messstellen zeigen nach der Trendumkehr einen signifikant fallenden Trend innerhalb der letzten 6 Jahre. An 2 Prozent der Messstellen konnte eine Trendumkehr identifiziert werden, danach hat sich jedoch bisher kein signifikant fallender oder steigender Trend einstellen können. An 16 Prozent der Messstellen konnte nach der Trendumkehr ein signifikant steigender Trend festgestellt werden. Betrachtet man die einzelnen Grundwasserkörper zeigt sich grundsätzlich ein sehr ähnliches Bild, wonach auch hier zwischen 67 und 78 Prozent der Messstellen keine Trendumkehr aufweisen, 10 bis 24 Prozent einen zuletzt signifikant steigenden Trend verzeichnen und 5 bis 12 Prozent in den letzten Jahren ein Umschwenken auf einen fallenden Trend aufweisen. Weniger als 5 Prozent der Messstellen zeigen nach Erreichen einer Trendumkehr bisher keinen eindeutigen Trend auf. In der Zusammenfassung zeigen sämtliche Grundwasserkörper, dass für den überwiegenden Anteil der Messstellen seit 2009 keine Trendumkehr feststellbar ist und bestehende Trends erhalten bleiben (vergleiche Abbildung 29 ). Die Ermittlung langfristiger Trends für Ammonium zeigt in der Übersicht für alle betrachteten Grundwasserkörper, dass für 13 Prozent der Messstellen mangels ausreichender Länge der Zeitreihe keine Trendberechnung durchführbar war; 23 Prozent der 148 Messstellen zeigen einen signifikant fallenden und 25 Prozent einen steigenden Trend. Für 39 Prozent der Messstellen ist kein fallender oder steigender Trend identifizierbar. Legt man als Berechnungsbasis nur noch die Messstellen zugrunde, an denen eine Trendberechnung möglich war (129 Messstellen), dann konnte für 26 Prozent der Messstellen ein signifikant fallender Trend, für 29 Prozent ein steigender Trend und für 45 Prozent kein signifikanter Trend festgestellt werden. Hierbei entfällt auf den GWK Obere Havel (OH_1) 40 Prozent, auf die GWK Untere Havel 21 Prozent und auf die Untere Spree 25 Prozent an Messstellen mit signifikant fallenden Ammoniumkonzentrationen. Hingegen sind die meisten steigenden Trends im Bereich Untere Havel zu verzeichnen (32 Prozent), auf die GWK Obere Havel und Untere Spree entfallen 25 bis 28 Prozent. Bedingt durch die große Anzahl von Messstellen aller drei Grundwasserkörper (zwischen 35 und 47 Prozent), welche keinen eindeutigen Trend verzeichnen, kann auch für die langfristige Trendentwicklung der Ammoniumkonzentration keine eindeutige Aussage gemacht werden, da weder die signifikant fallenden noch die steigenden Trends mehr als 50 Prozent aller Messstellen betreffen. Die Bewertung aller Grundwasserkörper resultiert erneut darin, dass keiner der signifikanten Trends überwiegt und auch die Entwicklung der Ammoniumkonzentration nicht eindeutig ist. Aussagen zur weiteren Entwicklung sind auch hier in erster Linie auf lokaler Ebene für einzelne Messstellen möglich. Hinsichtlich der Trendumkehrberechnung zeigen 85 Prozent der Messstellen keine Trendumkehr, bestehende Trends bleiben fortlaufend unverändert. 6 Prozent der Messstellen zeigen einen signifikant fallenden Trend innerhalb der letzten 6 Jahre. An 4 Prozent der Messstellen konnte eine Trendumkehr identifiziert werden, danach hat sich jedoch bisher kein signifikant fallender oder steigender Trend einstellen können. An 5 Prozent der Messstellen konnte nach einer Trendumkehr ein signifikant steigender Trend festgestellt werden. Betrachtet man die einzelnen Grundwasserkörper, zeigt sich grundsätzlich ein sehr ähnliches Bild, wonach auch hier zwischen 81 und 85 Prozent der Messstellen keine Trendumkehr aufweisen, 5 Prozent einen zuletzt signifikant steigenden Trend verzeichnen und 2 bis 10 Prozent der Messstellen in den letzten Jahren eine signifikante Veränderung hin zu einem fallenden Trend durchliefen. 67 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 3 bis 5 Prozent der Messstellen zeigen nach Erreichen einer Trendumkehr bisher keinen eindeutigen Trend auf. In der Zusammenfassung zeigen sämtliche Grundwasserkörper, dass für den überwiegenden Anteil der Messstellen seit 2009 auch für Ammonium keine Trendumkehr feststellbar ist und bestehenden Trends erhalten bleiben (vergleiche Abbildung 30). Trendentwicklung 2009 bis 2019 Sulfat Trendumkehrpunkt und Folgetrend kein Trendumkehrpunkt identifizierbar signifikanter fallender Trend nach Trendumkehrpunkt kein signifikanter Trend nach Trendumkehrpunkt signifikanter steigender Trend nach Trendumkehrpunkt Langfristige Trendentwicklung keine Trendberechnung möglich signifikanter fallender Trend kein signifikanter Trend erkennbar signifikanter steigender Trend Sulfatkonzentration bis 0,50 mg/l > 0,50 bis 120 mg/l > 120 bis 180 mg/l > 180 mg/l bis 250 mg/l > 250 bis 360 mg/l > 360 mg/l 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abbildung 32: Trendberechnungen für Sulfat Trendentwicklung 2009 bis 2019 Ammonium Trendumkehrpunkt und Folgetrend kein Trendumkehrpunkt identifizierbar signifikanter fallender Trend nach Trendumkehrpunkt kein signifikanter Trend nach Trendumkehrpunkt signifikanter steigender Trend nach Trendumkehrpunkt Langfristige Trendentwicklung keine Trendberechnung möglich signifikanter fallender Trend kein signifikanter Trend erkennbar signifikanter steigender Trend Ammoniumkonzentration bis 0,50 mg/l > 0,50 bis 0,695 mg/l > 0,695 bis 0,90 mg/l > 0,90 mg/l 0 2,5 5 10 15 Kilometer Abb. 30: Trendberechnungen für Ammonium Abbildung 33: Trendberechnungen für Ammonium 68 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 6 UMWELTZIELE UND FRISTVERLÄNGERUNGEN Die WRRL legt in Art. 4 für Oberflächengewässer den „guten chemischen und ökologischen Zustand“ als Umweltziel fest, sofern sie nicht als „künstlich“ oder „erheblich verändert“ eingestuft werden. Für Letztere gilt neben dem Ziel des guten chemischen Zustands die Zielsetzung des „guten ökologischen Potenzials“ (Art. 4 Abs. 1a WRRL). Hierbei werden die Bedingungen, die sich aus den bestehenden Nutzungen des Wasserkörpers (wie etwa schifffahrtliche Nutzung) ergeben, bei der Bewertung berücksichtigt. Für Grundwasser muss ein „guter chemischer und mengenmäßiger Zustand“ erreicht werden (Art. 4 Abs. 1b WRRL). Zudem beinhaltet Art. 4 das sogenannte „Verschlechterungsverbot“ für Oberflächengewässer (Art. 4 Abs. 1a lit. i WRRL) und Grundwasser (Art. 4 Abs. 1b lit. i WRRL) sowie das „Verbesserungsgebot“ für Oberflächengewässer (Art. 4 Abs. 1a lit. ii-iv WRRL) und Grundwasser (Art. 4 Abs. 1b lit. ii-iii WRRL). Die Ziele der WRRL waren grundsätzlich bereits im Jahr 2015 zu erreichen. Die WRRL ermöglicht in Art. 4 Abs. 4 eine Verlängerung der Frist zum Erreichen des guten Zustands (beziehungsweise des guten ökologischen Potenzials und des guten chemischen Zustands im Falle künstlicher und erheblich veränderter Wasserkörper) über das Jahr 2015 hinaus, wenn folgende Bedingungen zutreffen: — die erforderlichen Verbesserungen können aus Gründen der technischen Durchführbarkeit nur innerhalb eines längeren Zeitrahmens erreicht werden, — die Verwirklichung der Ziele innerhalb der Frist wäre mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden und/oder — das rechtzeitige Erreichen der Ziele wird durch natürliche Ursachen (zum Beispiel aufgrund langer Regenerationszeiten) verhindert. Die Fristen dürfen grundsätzlich über zwei weitere Bewirtschaftungszyklen, das heißt maximal bis 2027 verlängert werden, es sei denn, die Ziele lassen sich aufgrund der natürlichen Gegebenheiten nicht innerhalb dieses Zeitraums erreichen. Zudem müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass sich der Zustand der betreffenden Wasserkörper nicht verschlechtert. Durch die Änderung von Umweltqualitätsnormen bei den flussgebietsspezifischen und prioritären Stoffen der Anlagen 6 und 8 der OGewV oder durch die Aufnahme von weiteren Stoffen in diese Anlagen gelten unterschiedliche Fristen zur Einhaltung von Umweltqualitätsnormen. Dadurch ergeben sich auch unterschiedliche Zeiträume für die maximale Fristverlängerung. Bis 2015 waren alle Umweltqualitätsnormen der Stoffe einzuhalten, die bereits in der OGewV von 2011 geregelt waren und deren Umweltqualitätsnormen nicht geändert wurden (Stoffgruppe 2015). Für Stoffe der Anlage 8, deren Umweltqualitätsnormen im Vergleich zur OGewV 2011 geändert wurden, gilt eine Frist zur Einhaltung bis 2021 (Stoffgruppe 2021). Für in der OGewV 2016 neu geregelte Stoffe und Stoffe der Anlage 6, deren Umweltqualitätsnormen im Vergleich zur OGewV 2011 geändert wurden, ist die Frist zur Einhaltung bis 2027 festgelegt (Stoffgruppe 2027). Daraus ergeben sich – bei Berücksichtigung der oben genannten Fristverlängerungsmöglichkeiten – maximale Fristverlängerungen bis 2027, 2033 oder 2039. Beim Vorliegen natürlicher Gegebenheiten, die eine Zielerreichung innerhalb der verlängerten Fristen verhindern, auch darüber hinaus. Weniger strenge Umweltziele gemäß Art. 4 Abs. 5 WRRL können dann festgelegt werden, wenn ein Wasserkörper durch menschliche Tätigkeiten so beeinträchtigt ist oder seine natürlichen Gegebenheiten so beschaffen sind, dass ein Erreichen der Ziele — in der Praxis unmöglich oder — unverhältnismäßig teuer ist. Dies gilt allerdings nur, wenn die Ziele, denen diese menschlichen Tätigkeiten dienen, nicht auf eine andere sinnvolle Weise erreicht werden können. 69 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Zudem müssen die Mitgliedsstaaten auch bei der Festlegung weniger strenger Ziele dafür sorgen, dass eine Verschlechterung des Zustands vermieden wird und müssen Maßnahmen ergreifen, um den bestmöglichen Gewässerzustand zu erreichen. Die Festlegung geringerer Umweltziele muss für jeden Bewirtschaftungszyklus neu überprüft werden. Neben Fristverlängerungen und weniger strengen Umweltzielen können gemäß Art. 4 Abs. 6 und Art. 4 Abs. 7 WRRL unter bestimmten Umständen auch Verschlechterungen oder das Nichterreichen des guten Gewässerzustands zugelassen werden. Auch im Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 ist es Ziel für die Berliner Oberflächenwasserkörper, einen guten ökologischen Zustand beziehungsweise ein gutes ökologisches Potenzial sowie einen guten chemischen Zustand zu erreichen. Es werden an keinem Oberflächenwasserkörper weniger strenge Umweltziele festgelegt oder Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 6 oder Abs. 7 angewandt. Da 2021 in Berlin noch kein Oberflächenwasserkörper die Umweltziele der WRRL erreicht, werden erneut Fristverlängerungen in Anspruch genommen werden. An der Mehrheit der Wasserkörper sind dafür verschiedene Gründe ursächlich. Oftmals liegen die Ursachen in der Dauer der Planungs- und Genehmigungsverfahren begründet. Zugleich greifen auch ökonomische Gründe, wie etwa eine erforderliche zeitliche Streckung der Maßnahmenkosten. Zudem sind auch natürliche Gegebenheiten ursächlich für das Verfehlen der Ziele, da die Wirkung vieler Maßnahmen erst mit deutlicher Verzögerung zu einer Zustandsverbesserung der Wasserkörper führt (vergleiche Kapitel 7.1.3). Auch für das Grundwasser ist es weiterhin das Ziel, neben der Sicherung des guten mengenmäßigen Zustands, auch einen guten chemischen Grundwasserzustand zu erreichen. Auch an den Berliner Grundwasserkörpern werden weder weniger strenge Umweltziele festgelegt noch Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 6 oder Abs. 7 angewandt. Aufgrund der Überschreitungen der zulässigen Sulfat- und Ammoniumkonzentrationen in drei der vier Grundwasserkörper, die sich auf Berliner Landesgebiet befinden, werden erneut Fristverlängerungen in Anspruch genommen. Es ist bereits jetzt absehbar, dass auch über 2027 hinaus, anders als von der WRRL vorgesehen, Fristverlängerungen auch aus anderen Gründen als „natürlichen Gegebenheiten“ angewendet werden müssen. Wenngleich große Anstrengungen unternommen werden, um bis Ende 2027 möglichst viele Maßnahmen zu ergreifen, verbleiben Handlungsbereiche, in denen absehbar nicht alle Maßnahmen bis 2027 umgesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund wird im nachfolgenden Kapitel für die maßgeblichen Handlungsbereiche dargelegt, welche Maßnahmen bereits umgesetzt werden konnten und welcher Handlungsbedarf weiterhin besteht. Sofern ein Ergreifen der Maßnahmen bis 2027 voraussichtlich nicht erreichbar ist, werden die Gründe hierfür erläutert und – wenn möglich – eingeschätzt, wann aus heutiger Sicht die Maßnahmen umgesetzt werden können sowie Unsicherheiten bei der Maßnahmenumsetzung beschrieben. 70 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 7 MAßNAHMEN Das Maßnahmenprogramm für die Berliner Grund- und Oberflächenwasserkörper dient der Verwirklichung der Umweltziele gemäß WRRL. Die Maßnahmenplanung für den ersten Bewirtschaftungszeitraum wurde 2009 beschlossen und 2015 für den zweiten Bewirtschaftungszeitraum fortgeschrieben. Das Maßnahmenprogramm für den dritten Bewirtschaftungszeitraum gilt von 2022 bis 2027. Darin wird für die maßgeblichen Handlungsfelder — Verbesserung von Gewässerstruktur und Durchgängigkeit, — Reduzierung der Belastungen durch Nähr- und Schadstoffe sowie durch hydraulische Beeinträchtigungen, — Verbesserung des Grundwasserzustands dargelegt, welche Maßnahmen bereits umgesetzt konnten und welche Maßnahmen nach dem jetzigen Kenntnisstand notwendig sind, um die Ziele für die Berliner Grund- und Oberflächenwasserkörper zu erreichen. Darüber hinaus werden erste Einschätzungen zur Wirksamkeit der Maßnahmen beziehungsweise zur Regenerationszeit der Gewässer getroffen. 7.1 Maßnahmen zur Verbesserung des Zustands der Oberflächengewässer 7.1.1 Verbesserung von Gewässerstruktur und Durchgängigkeit Die Verbesserung der Gewässerstrukturen und der Gewässerdurchgängigkeit ist von hoher Bedeutung für die Erfüllung der Ziele der WRRL. In den vorangegangenen Bewirtschaftungszeiträumen wurden unter umfassender Beteiligung der Öffentlichkeit Gewässerentwicklungskonzepte für Panke, Tegeler Fließ, Wuhle, Erpe und Müggelspree/Müggelsee erarbeitet. Gewässerentwicklungskonzepte sind konzeptionelle Vorplanungen, die im Rahmen weiterer Planungsschritte konkretisiert und – sofern die Maßnahmen einen Gewässerausbau gemäß § 67 WHG darstellen – durch die entsprechenden Zulassungsverfahren (Planfeststellungsverfahren) genehmigt werden müssen, bevor die Umsetzung erfolgen kann. Unter Berücksichtigung der Entwicklungsziele und der vorhandenen Defizite wurden abschnittsweise geeignete Maßnahmen abgeleitet. Mit dem jeweiligen Umfeld sind unterschiedliche Restriktionen beziehungsweise vorhandene räumliche Potenziale verbunden, auf welche die Maßnahmen zur Erreichung des guten ökologischen Zustands beziehungsweise des guten ökologischen Potenzials zuzuschneiden waren. Der gesamte Planungsprozess wurde im Spannungsfeld zwischen ökologischem Anspruch, vorhandenen realen Beschränkungen (vor allem Flächenverfügbarkeiten, Hochwasserschutz), bezirklichen beziehungsweise gesamtstädtischen Anforderungen und Maßnahmenkosten austariert. Dabei wurde der „Strahlwirkungsansatz“ genutzt. Dieser nimmt an, dass von einem Bereich in einem guten bis sehr guten Zustand (Strahlursprung) eine Strahlwirkung für die angrenzenden, strukturell degradierten Abschnitte (Strahlwege) ausgeht und sich somit auch dort der Zustand verbessern kann. Trittsteine sind kleine, ökologisch aufgewertete Abschnitte, die diese Wirkung verlängern können. Für die stark veränderten beziehungsweise künstlichen Gewässer Spree, Teltowkanal, Landwehrkanal, Neuköllner Schifffahrtskanal, Spreekanal, Charlottenburger Verbindungskanal und Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal wurde ein Konzept erstellt, in dem der Bedarf an Maßnahmen hergeleitet wurde, um das gute ökologische Potenzial (GÖP) zu erreichen. Am Lietzengraben sowie an verschiedenen Wasserkörpern wurden bereits Maßnahmen umgesetzt. Der Fokus liegt nunmehr auf der Umsetzung der identifizierten strukturverbessernden Maßnahmen sowie der Planung von Maßnahmen in der Regen- und Mischwasserbewirtschaftung. Die Umsetzung von Maßnahmen an weiteren Wasserkörpern sowie an Kleingewässern wird in Zusammenarbeit mit der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung, dem Naturschutz und im Rahmen anderer Projekte (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 17, Gesamtstädtische Ausgleichskonzeption etc.) vorangetrieben. 71 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 2021 stellt sich der Planungs- und Umsetzungsstand der Maßnahmen zur Verbesserung von Gewässerstruktur- und Durchgängigkeit an den Berliner Gewässern wie folgt dar: 7.1.1.1 Panke Die Panke verläuft auf den circa 18 Kilometer von der Landesgrenze bis zur Mündung in den Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal zunächst durch eher ländliche Gebiete, vorbei an Kleingarten- sowie durch Parkanlagen, bevor sie den hochurban geprägten Ortsteil Wedding erreicht. Von der Landesgrenze bis zum Verteilerbauwerk Blankenburg, wo der Nordgraben abzweigt, ist die Panke als natürlicher, unterhalb als stark veränderter Wasserkörper ausgewiesen. Da das Umfeld der Panke in der Vergangenheit mehrfach von Ausuferungen bei Hochwasser betroffen war, wurden die betroffenen Bereiche als Überschwemmungsgebiete gemäß WHG festgesetzt. Voraussetzung für die gewässerökologischen Maßnahmen ist daher ihre Hochwasserneutralität, eine Verringerung des Hochwasserrisikos wurde angestrebt. Folgende Maßnahmenarten sind Teil der in 2019 planfestgestellten Maßnahmenplanung: — Herstellen der Durchgängigkeit an den verbliebenen Querbauwerken; — Einbau von Strukturen wie Totholz, Gabionen und Störsteinen im vorhandenen Profil (Ersatzstrukturen); — einseitige Aufweitungen, Anlage von Sekundärauen; — Fördern der eigendynamischen Entwicklung; — Neuprofilierung eines typgemäßen Gewässerlaufs; — Reaktivierung der Aue. Im urbanen Unterlauf sind die Maßnahmen dabei im Wesentlichen auf den Einbau von Ersatzstrukturen und die lokale Anlage von Sekundärauen beschränkt. Im Mittellauf sollen im Bereich bestehender Hochwasserrückhaltebecken Trittsteine entwickelt sowie Profilaufweitungen vorgenommen werden. Die Nutzung der Flächenpotenziale in den Parkanlagen ist aufgrund der Vorgaben des Denkmalschutzes nur sehr eingeschränkt möglich. Im Oberlauf südlich und nördlich von Buch sollen Strahlursprünge sowohl durch die Anlage eines typgemäßen Gewässerlaufs als auch durch die Förderung von Eigendynamik entwickelt werden. Das Querbauwerk im Schlosspark Schönhausen wurde 2012 durch einen Raugerinne-Beckenpass, der Absturz im Schlosspark Buch 2013 durch eine raue Sohlgleite ersetzt. Ein Teil des gereinigten Abwassers aus dem Klärwerk Schönerlinde wird seit 2015 wieder verstärkt über die Panke abgeleitet, um den Tegeler See und somit das Wasserwerk Tegel vor zu hohen Spurenstoffeinträgen zu schützen. Hintergrund sind zunehmende Erkenntnisse zum Belastungsniveau des teilgeschlossenen Wasserkreislaufs im Norden Berlins mit Spurenstoffen in Kombination mit der Ableitung von gesundheitlichen Orientierungswerten für Trinkwasser durch das Umweltbundesamt. Die Gesamtstrategie der Bewirtschaftung des gesamten wasserwirtschaftlichen Systems hat sich seit 2015 gravierend geändert. Vorrangig sind zum Schutz von Panke und Tegeler See umfassende Maßnahmen auf dem Klärwerk Schönerlinde in Vorbereitung. Das Klärwerk Schönerlinde wird um weitere Verfahrensstufen zur Entfernung von Spurenstoffen und Nährstoffen erweitert (Ozonung und Flockungsfiltration). Die Arbeiten werden voraussichtlich im Jahr 2023 (Ozonung) und 2027 (Flockungsfiltration) abgeschlossen sein. Mit Umsetzung dieser Maßnahmen wird eine verträgliche, alle Schutzziele berücksichtigende Ableitung möglich. Eine Teilableitung über die Panke konnte aus zeitlichen und fachlichen Gründen in den bisherigen Planungen noch nicht berücksichtigt werden. Derzeit erfolgt die Ausführungsplanung der oben beschriebenen Maßnahmen für den Abschnitt der Panke oberhalb der Mündung des Buchholzer Grabens sowie von Maßnahmen, die durch die Ableitung nicht wesentlich betroffen sind. Für die anderen Abschnitte beziehungsweise Maßnahmen erfolgt in derzeit eine Überprüfung des Planänderungsbedarfs. Hieraus ergeben sich für die Umsetzung der strukturverbessernden Maßnahmen an der Panke Zwangspunkte, die eine realistische Aussage zum Abschluss der Arbeiten derzeit nicht ermöglichen. Eine Umsetzung bis 2027 wird angestrebt. 72 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 7.1.1.2 Tegeler Fließ Das Tegeler Fließ entspringt aus zwei Quellen in Brandenburg, entwässert Teile der BarnimHochfläche in südwestlicher Richtung und mündet im Berliner Urstromtal in den Tegeler See. Das Land Berlin hat einen Anteil von circa 14,5 Kilometer Lauflänge. Entwicklungsziel für das Tegeler Fließ ist der gute ökologische Zustand. Am Tegeler Fließ wurde mit Fertigstellung des Gewässerentwicklungskonzepts die Gewässerunterhaltung angepasst. Zweimal jährlich erfolgt eine Stromrinnenmahd, umgestürzte Bäume werden im Uferbereich abgelegt und gesichert. Vegetation wird nur bei Bedarf (zur Sicherung des Abflusses oder für die Arbeitsfreiheit) zurückgeschnitten. Der Biber ist am Tegeler Fließ sehr aktiv und gestaltete die bislang frei fließenden Bereiche zu gestauten Pools um. In Abstimmung mit dem Artenschutz der Oberen Naturschutzbehörde werden bei Bedarf vorsichtige Maßnahmen im Bereich von oder an Biberdämmen ergriffen, so etwa die Regulierung der Wasserstände mittels Drainage oder ein maßvolles Abtragen von Gehölz am Damm. Es ist abzuwarten, ob sich die Fließgewässer zum Typ „Niederungsbach in der Aue“ entwickeln. Für die Bewertung von Biberstauen existiert noch kein Bewertungsverfahren. Um einer Verlandung des Hermsdorfer Sees im Tegeler Fließ entgegen zu wirken, ist eine Entschlammung der Sedimente vorgesehen. Es soll bis auf eine generelle Wassertiefe von 3,5 bis 4,0 Meter entschlammt werden. Die Maßnahme dient der Wiederherstellung einer naturnahen Seenmorphologie, Schadstoffeliminierungen stehen hier nicht im Vordergrund. Die Uferbereiche werden als ökologisch wertvoll eingeschätzt und bleiben unberührt. Ausgehend von den Uferschonstreifen kann eine Wiederbesiedlung des Profundals erfolgen. Die Arbeiten beginnen im Frühjahr 2022. Die Bauzeit beträgt circa vier Jahre. Die Durchgängigkeit des Tegeler Fließes in Berlin wird vor allem durch zwei Querbauwerke behindert, den Absturz unter der ehemaligen Humboldtmühle sowie das Wehr am Entnahmebauwerk zur Oberflächenwasseraufbereitungsanlage (OWA) Tegel. Für beide Querbauwerke wurden durch die Senatsverwaltung Vorstudien mit Variantenuntersuchungen zur Herstellung der Durchgängigkeit erstellt und Vorzugsvarianten festgelegt. Am OWA-Entnahmebauwerk ist ein Schlitzpass im vorhandenen Gewässerprofil vorgesehen. Vorzugsvariante für die Humboldtmühle ist die Herstellung einer Sohlgleite mit Niedrigwasserrinne in geschütteter Bauweise, da sie nicht nur die Durchgängigkeit am besten gewährleistet, sondern auch Habitatpotenziale bietet. Die Gesamtlänge der Gleite beträgt mindestens 70 Meter und erstreckt sich über die oberhalb liegenden Flurstücke. Diese Variante ist nur in Verbindung mit einem Neubau der Brücke realisierbar, so dass die Umsetzung der Variante hauptsächlich auf Flächen des Landes Berlin erfolgt. Beide Querbauwerke sind jedoch nicht im Eigentum des Landes. Der Neubau der Sohlgleite kann nur realisiert werden, wenn das Gewässer entsprechend ausgebaut wird. Dafür ist, auch im Hinblick auf den Brückenneubau, ein förmliches Genehmigungsverfahren durchzuführen. Im Zuge dieses Verfahrens ist auch der Eigentümer in die Planung und Realisierung einzubeziehen. Die Wiederherstellung der Durchgängigkeit bis 2027 wird angestrebt. 7.1.1.3 Wuhle und Neue Wuhle Die Wuhle verläuft vom brandenburgischen Ahrensfelde kommend zunächst auf der Landesgrenze von der Barnimhochfläche durch die Bezirke Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick, wo sie nach 16,5 Kliometer in die Spree mündet. Der Verlauf der Wuhle unterliegt einem starken Wechsel zwischen siedlungsfernen und siedlungsdominierten Abschnitten, bietet aber vor allem im Oberlauf von der Landesgrenze bis zur Unterquerung der Bundesstraße B1/B5 viel Potenzial für eine naturnahe Entwicklung. Entwicklungsziel für die Wuhle im Oberlauf ist der gute ökologische Zustand. Unterhalb des Wuhleteichs ist die Wuhle als erheblich veränderter Wasserkörper eingestuft. Hier gilt ebenso wie für die Neue Wuhle das Entwicklungsziel gutes ökologisches Potenzial. 73 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE An Wuhle und Neuer Wuhle, die 1984 als Klärwerksableiter angelegt und 2003 mit der Stilllegung des Klärwerks diese Funktion verloren hat und durch Regenwassereinleitungen gespeist wird, wurden von 2006 bis 2008 drei Querbauwerke durch Fischwanderhilfen ersetzt, belastete Böden ausgetauscht, abschnittsweise die Sohle angehoben und das Profil naturnäher gestaltet. Es besteht jedoch weiterer Handlungsbedarf, weshalb aufbauend auf dem Gewässerentwicklungskonzept die Vorplanung für strukturverbessernde Maßnahmen an Neuer Wuhle und Wuhle erstellt wurde. Die Planung sieht für die Neue Wuhle vor allem den Einbau von Bermen zur Retention von Abflussspitzen vor, um so naturnähere Abflussverhältnisse in der Wuhle zu erzielen. Im Oberlauf der Wuhle sieht die Planung die Anlage von Sekundärauen vor, in denen die Wuhle sich eigendynamisch entwickeln kann. Die Wuhle verläuft hier auf der Landesgrenze zwischen Berlin und Brandenburg. Auch auf Brandenburger Landesgebiet ist die Anlage von Sekundärauen geplant. Die Entwicklung im Bereich des Kienbergs soll durch das punktuelle Einbringen von Totholz unterstützt werden. Südlich des Wuhleteichs soll das Flächenpotenzial zur Neutrassierung genutzt werden, so dass die Wuhle sich hier eigendynamisch entwickeln kann. Im Bereich des Griesinger Parks ist die Reaktivierung der Aue und die Abflachung von Uferabschnitten vorgesehen. Im Unterlauf soll das Profil durch den Bau von Bermen eingeschränkt werden, um so die Fließgeschwindigkeit zu erhöhen und naturraumtypische Ufer- und Sohlbereiche zu schaffen. Im gesamten Gewässerverlauf soll Totholz zur Erhöhung der Strömungsdiversität eingebaut und gewässerbegleitend ein durchgehender Uferstreifen zur Gehölzentwicklung gesichert werden. Das Querbauwerk an der Heesestraße soll durch einen Raugerinne-Beckenpass ersetzt werden. Die Herstellung der Durchgängigkeit entsprechend den Anforderungen der WRRL ist hier nur in Verbindung mit dem Neubau der Brücke möglich. Der damit verbundene erhöhte Kostenaufwand ist in der Planung berücksichtigt. In den sehr trockenen Jahren 2018, 2019 und 2020 sind Abschnitte und angeschlossene Feuchtgebiete der Wuhle über längere Perioden trockengefallen. Um die Auswirkungen dieser künftig voraussichtlich häufiger auftretenden Trockenperioden zu reduzieren, wird aktuell durch die Wasserwirtschaft in Erwägung gezogen, eine breitere Debatte zum Umgang mit den klimawandelbedingten Herausforderungen für das gesamte Wuhletal anzustoßen, um so Möglichkeiten zur Stützung des Wasserhaushalts beziehungsweise von Kompensationsmaßnahmen (wie zum Beispiel einer vorrangigen Entwicklung der Wuhle gegenüber der Neuen Wuhle) zu diskutieren. Das Ergebnis dieser Debatte kann Auswirkungen auf die weitere Planung von Maßnahmen entfalten. Auf der Grundlage der Vorplanung und Umweltverträglichkeitsvorprüfung wird die weitere Bauplanung erstellt. Die Fragen zur Stützung des Wasserhaushalts, die größeren Betroffenheiten im Bereich der Landesgrenze zwischen Berlin und Brandenburg sowie durch Brückenbaumaßnahmen sind Aspekte, die sich auf die erforderlichen Genehmigungsverfahren und den Zeitbedarf bis zur Umsetzung auswirken. Eine Umsetzung der Maßnahmen bis 2027 wird angestrebt. 7.1.1.4 Erpe Die Erpe, auch Neuenhagener Mühlenfließ genannt, weist von der Quelle bis zur Mündung in die Spree im Bezirk Köpenick eine Länge von circa 31,0 Kilometer auf, wovon circa 3,5 Kilometer auf Berliner Gebiet liegen. Sie ist durch ihre Funktion als Ableiter des Klärwerks Münchehofe geprägt, der auf Brandenburger Gebiet in die Erpe mündet. Langanhaltende Niederschläge im Brandenburger Einzugsgebiet führen in Berlin zu Hochwasser mit Ausuferungen bis in Kleingarten- und Siedlungsbereiche, weshalb die betroffenen Bereiche als Überschwemmungsgebiet festgesetzt wurden. Entwicklungsziel für die Erpe ist der gute ökologische Zustand. Voraussetzung zur Umsetzung und Effektivität strukturverbessernder Maßnahmen in Berlin sind daher eine Reinigungsstufe zur weiteren Nährstoffelimination im Klärwerk sowie retendierende Maßnahmen im Gewässerverlauf oberhalb der Landesgrenze. 74 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Das Gewässerentwicklungskonzept für die Erpe sieht im Unterlauf eine Aufwertung des Profils durch den Einbau von Totholz vor. Im Abschnitt zwischen Landesgrenze und Abzweig der Alten Erpe sind ein- oder beidseitige Aufweitungen und Sekundärauen anzulegen. Oberhalb der Ravensteiner Mühle (Brandenburger Landesgebiet) sollte die Sohle angehoben werden, so dass die Erpe hier entsprechend ihres Gewässertyps nur geringfügig eingeschnitten durch die Aue mäandrieren kann. Auch hier ist im gesamten Gewässerverlauf Totholz einzubringen, ein Uferstreifen mit Gehölzentwicklung zu sichern und die Gewässerunterhaltung anzupassen. Eine erste Teilmaßnahme ist durch die Gewässerunterhaltung realisiert worden: In Fließrichtung unterhalb der S-Bahntrasse der S3 sind zur Erhöhung der Strömungsdiversität Strömungslenker eingebaut worden. Neu gepflanzte hochstämmige Erlen sorgen für eine natürliche Uferbefestigung und Beschattung in diesem Abschnitt. Es wird geprüft, ob weitere Maßnahmen unter Berücksichtigung der oben beschriebenen Abhängigkeiten umgesetzt werden können. Da diese nur eingeschränkt beeinflusst werden können, ist der Zeitrahmen bis zur Umsetzung mit Unsicherheiten verbunden. Es wird eine Umsetzung bis 2027 angestrebt. In Absprache mit dem Land Brandenburg und unter Berücksichtigung neuer bedeutender industrieller Ansiedlungen im Einzugsgebiet sollen Teile des Gewässerentwicklungskonzeptes planerisch im Bewirtschaftungszeitraum umgesetzt werden. Dazu gehört auch der Ausbau des Klärwerks Münchehofe mit einer erweiterten Phosphoreliminierung (Flockungsfiltration), für den bereits eine Genehmigung vorliegt. 7.1.1.5 Wasserstraßen Die Gewässer Spree und Havel sowie die Kanäle Teltowkanal, Landwehrkanal, Neuköllner Schifffahrtskanal, Spreekanal, Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal, Charlottenburger Verbindungskanal und Westhafenkanal sind schiffbar und werden in unterschiedlichem Maße sowohl für den Gütertransport, die Fahrgast- als auch Freizeitschifffahrt genutzt. Mit Ausnahme des Neuköllner Schifffahrtskanals, der sich im Eigentum des Landes befindet, handelt es sich um Bundeswasserstraßen. Nicht nur durch die Schifffahrt, sondern auch durch das urbane Umfeld, die Freizeit- und Erholungsnutzung sowie den Hochwasserschutz, sind die Gewässer aktuell deutlich anthropogen überprägt. Dementsprechend sind die Gewässerstrukturen aktuell sehr einförmig mit stark degradierten Gewässerbetten ohne Strömungs- oder Tiefenvarianz und Substratdiversität. Typgemäße Gewässerstrukturen, wie zum Beispiel Bankstrukturen oder Totholz, fehlen. Querbauwerke verhindern die Durchwanderbarkeit. In den Uferbereichen fehlen besiedelbare Strukturen für das Makrozoobenthos und die Fischfauna. Aufgrund der dichten Bebauung bis an die Gewässeroberkante sind nur noch an wenigen Abschnitten weitgehend nutzungsfreie Randstreifen vorhanden. Einige Abschnitte der Havel oder der Müggelspree mit Flachwasserbereichen, Uferröhrichten und durchströmten Kiessubstraten bieten auch heute naturnähere Ausprägungen von Uferstrukturen, die nachweislich eine höhere Artenvielfalt aufweisen. Naturraumtypisch gehören alle Gewässer dem LAWA-Fließgewässertyp 15_g: Große, sand- und lehmgeprägte Tieflandflüsse an (vergleiche Kapitel 3.3). Bei den Kanälen handelt es sich um künstliche Wasserkörper, die Spree ist stark verändert, weshalb hier das gute ökologische Potenzial zu erreichen ist. Die Wiederherstellung der Durchgängigkeit an den drei im Land Berlin liegenden Querbauwerken in den Bundeswasserstraßen (Standorte Spandau (Havel), Mühlendamm und Charlottenburg (Spree)) ist Aufgabe der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV). Am Standort Mühlendammwehr soll in Zusammenhang mit dem Neubau des Wehres am Südufer der Wehrstrecke ein Schlitzpass hergestellt werden. Als größter Bemessungsfisch wird der Wels berücksichtigt. Der nach Anhang IV der FFH-RL streng geschützte Europäische Stör ist eine sehr langsam wachsende Art, der seine Geschlechtsreife bei einer mittleren Größe von 1,20 Meter erreicht. Mit einer Bemessung auf den 1,60 Meter langen Wels können somit auch geschlechtsreife Störe aufsteigen. Sollten die Ergebnisse des Monitorings Durchgangsdefizite aufweisen, werden weitergehende Maßnahmen geprüft [MLUK, SenUVK, MULE & WSV, 2020]. 75 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Diese Maßnahme ist Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens „Herstellung der Ökologischen Durchgängigkeit einschließlich Ersatzneubau des Wehres Mühlendamm“, das voraussichtlich 2021 abgeschlossen wird. Der Baubeginn ist für 2022 vorgesehen. Die Planungen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit an den Standorten Charlottenburg und Spandau mussten aufgrund von dringlichen Maßnahmen an systemkritischen Bauwerken zunächst zurückgestellt werden, sollen aber nach Auskunft der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt jetzt wiederaufgenommen werden. Die WSV strebt an, die Maßnahmen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit an beiden Standorten bis 2027 zu ergreifen. Im Rahmen des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 17 (VDE 17) beabsichtigt der Bund eine durchgehende Befahrbarkeit der Unteren Havel-Wasserstraße und der Spree-Oder-Wasserstraße bis zum Berliner Westhafen für Schubverbände und Großmotorgüterschiffe herzustellen („Fahrrinnenanpassung Berliner Nordtrasse“). Hierzu ist die abschnittsweise Vertiefung der Ausbautiefe auf 3,50 Meter (statt der Regeltiefe von 4,00 Meter), die Erneuerung von Uferbefestigungen, die Errichtung von Wartestellen sowie eine Uferrückverlegung am Spandauer Horn erforderlich. Um den Ausbaubedarf zu reduzieren, ist ein nur eingeschränkter Begegnungsverkehr beziehungsweise im Bereich des Spandauer Horns ein Richtungsverkehr vorgesehen. In Abstimmung mit der Senatsverwaltung wurde der Trassenverlauf sowie die Gestaltung der Ufersicherung so optimiert, dass Eingriffe in Uferbereiche reduziert und ökologisch wertvolle Flachwasserzonen angelegt werden. Dabei wurden sowohl Flachwasserzonen konzipiert, die technische und ökologische Aspekte miteinander verbinden, als auch solche, die nur ökologischen Zielen dienen und als Ausgleichsmaßnahmen planfestgestellt wurden. Im Bereich der Spree unterhalb der Schleuse Charlottenburg ist die Herstellung von Flachwasserzonen auf einer Länge von knapp 2.000 Meter, im Bereich der Havel zwischen Spreemündung und Pichelsdorfer Gemünd von gut 1.000 Meter vorgesehen. Die Maßnahmen sollen ab 2021 durch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung umgesetzt werden. Für den Abschnitt der Müggelspree zwischen Dämeritzsee und einschließlich Müggelsee wurde ein Gewässerentwicklungskonzept erarbeitet. Für das linksseitige Ufer der Spree im Bereich des Landschaftsschutzgebiets (LGS) Plänterwald liegt eine Vorplanung inklusive Umweltverträglichkeitsvorstudie vor. Für die beiden anderen Spreewasserkörper und die Kanäle (105 Gewässerkilometer) werden die erforderlichen, strukturverbessernden Maßnahmen zur Erreichung des guten ökologischen Potenzials in einem Maßnahmenkonzept hergeleitet. Die angewandte Methodik zur Herleitung des Maßnahmenumfangs basiert auf dem HMWB-Handbuch, Version 3.0 [Universität Duisburg-Essen & Planungsbüro Koenzen, 2015] sowie Ergebnissen des Projekts „Morphologische und biologische Entwicklungspotenziale der Landes- und Bundeswasserstraßen im Elbegebiet. Endbericht PEWA II. Das gute ökologische Potenzial: Methodische Herleitung und Beschreibung“ [Pottgiesser et al. 2008], das unter Federführung des Landes Berlin erarbeitet wurde. Um die Habitatbedingungen für die biologischen Qualitätskomponenten zu verbessern, sind demnach vor allem strömungs- und wellenschlagberuhigte Flachwasserbereiche mit Wasserpflanzen und lagestabile, gut durchlüftete, sauerstoffreiche sandig-kiesige Substrate erforderlich. Die Schaffung von Flachwasserzonen, in denen durch einen vorgelagerten, mit Öffnungen versehenen Wellenschutz Beeinträchtigungen durch schifffahrtsbedingten Wellenschlag, Sunk und Schwall minimiert werden, eine ausreichende Durchströmung jedoch gewährleistet ist, stellt daher die vorrangige Aufgabe dar. Je nach wasser- beziehungsweise landseitigem Entwicklungspotenzial und vorhandenen Restriktionen kann dies der jetzigen Uferbefestigung vorgelagert oder durch eine Versteilung des Ufers landseitig angeordnet werden. Darüber hinaus beziehungsweise in diese integriert sollte die Wasservegetation gefördert sowie Totholz eingebracht werden. In sehr restriktiven Abschnitten sind Mindesthabitate durch Ersatzstrukturen, wie befestigte Reisigbündel als besiedelbares Hartsubstrat für Makrozoobenthos oder Fischunterstände aus Stahlbeton, vorzusehen. Während im Gewässerentwicklungskonzept Müggelspree/-see die Maßnahmen bereits konkret verortet sind, kommen im Maßnahmenkonzept „Suchräume“ zur Anwendung, innerhalb derer die Maßnahmen in folgenden Planungsphasen noch konkret zu verorten und zu dimensionieren sind. Eine Prüfung aller vorhandenen Restriktionen ist im Rahmen der konzeptionellen Planung von mehr als 100 Kilometer und unter anderem sehr heterogenen Eigentums- und Nutzungsverhältnissen nicht möglich. 76 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Das Maßnahmenkonzept enthält Angaben zum Anteil erforderlicher Substrate und Habitate pro Kartierabschnitt auf Basis des oben genannten HMWB-Handbuchs sowie eine hieraus abgeleitete Quantifizierung der erforderlichen Maßnahmen je Wasserkörper. Das Projekt „Gutes ökologisches Potenzial der Kanäle und der Spree in Berlin: Herleitung des Maßnahmenbedarfs“, in welchem Hinweise von Vertretern des Wasser- und Schifffahrtsamtes Spree-Havel berücksichtigt werden, wird im April 2021 abgeschlossen. Der Bericht wird veröffentlicht und ist Hintergrunddokument für die Abstimmungen zur Einvernehmenserteilung der WSV im 3. Bewirtschaftungszyklus. Bis zum Sommer 2021 war die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) für die Verwaltung der Bundeswasserstraßen als Verkehrswege, die Bundesländer für den wasserwirtschaftlichen Ausbau zur Zielerreichung nach WRRL zuständig. Die sich aus dieser Aufgabenverteilung ergebenden unterschiedlichen Verantwortlichkeiten führten zusammen mit Unterhaltungs- und eigentumsrechtlichen Fragen in der Vergangenheit zu Konflikten, die nicht zufriedenstellend geklärt werden konnten. Die Wasserwirtschaftsverwaltung des Landes hat ihre Kapazitäten daher auf die Planung und Umsetzung von gewässerökologischen Verbesserungen an Gewässern im Eigentum des Landes konzentriert. Mit dem am 09. Juni 2021 in Kraft getretenen „Gesetz über den wasserwirtschaftlichen Ausbau an Bundeswasserstraßen zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele der Wasserrahmenrichtlinie“ wurde die Zuständigkeit für den wasserwirtschaftlichen Ausbau zur Zielerreichung nach WRRL an den Bundeswasserstraßen auf die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) übertragen. Durch die Neuregelung der Zuständigkeit sollen die Synergien zwischen verkehrlicher und wasserwirtschaftlicher Verwaltung der Bundeswasserstraßen zugunsten der Erreichung der Ziele der Wasserrahmenrichtlinie genutzt werden. Mit den konzeptionellen Planungen zur strukturellen Verbesserung der Wasserstraßen in Berlin liegen die Grundlagen für konkrete Maßnahmenplanungen durch die WSV vor. Der Umfang der Maßnahmen in Verbindung mit begrenzten personellen und finanziellen Kapazitäten und umfangreichen Genehmigungsverfahren lässt derzeit keine verlässliche Einschätzung zum Zeitraum der Maßnahmenumsetzung zu. Weitere Unsicherheiten sind die ungeklärte Trägerschaft von Maßnahmen im Bereich von landeseigenen Ufersicherungen sowie die Zuständigkeit für die Unterhaltung der ökologischen Strukturen. Im Zusammenhang mit der erforderlichen Uferinstandsetzung am Landwehrkanal wurden in dem Mediationsverfahren „Zukunft Landwehrkanal“ auch Potenziale zur ökologischen Aufwertung untersucht und konkrete Maßnahmen abgestimmt. Im Bereich der Müller-Breslau Straße ist in 2021 durch das WSA SpreeHavel die Herstellung einer ersten kleinen Flachwasserzone vorgesehen. Bei Uferinstandsetzungen wird auch derzeit geprüft, ob Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung umgesetzt werden können. So wurde zum Beispiel am linksseitigen Spreeufer auf Höhe des Hasselwerder Parks eine schmale Flachwasserzone durch das Einbringen von Pfahlpaketen und Kiessubstrat angelegt. 7.1.1.6 Seen Neben einer weiteren Nährstoffeliminierung im Einzugsgebiet sind Konzepte für einen ökologisch verträglichen Wassertourismus (Förderung von muskelbetriebenem Sport, Besucherlenkung, Umweltbildungsmaßnahmen und so weiter) umzusetzen. In Berlin besteht für den Großen Müggelsee eine gemeinsame Vereinbarung mit den Verbänden und Anliegern, die weiter ausgebaut werden muss. Für andere Seen haben einige Bezirke Ufernutzungskonzepte (für Stege, Wanderwege und so weiter) entwickelt, die schrittweise umgesetzt werden sollen. Darüber hinaus sind geschützte Abschnitte zu entwickeln, die als Strahlursprung für die Besiedlung durch aquatische Organismen geeignet sind. Die baulichen Maßnahmen des Gewässerentwicklungskonzeptes Müggelsee (Laichhabitate für Leitfischarten, Umbau der Mole, Totholzbereiche an den Bänken, Förderung naturnaher Ufertypen an Bänken…) sollen weiter vorangebracht werden. 77 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Durch eine angepasste Gewässerunterhaltung und die Förderung von Schilf und Totholzbereichen an den Seeufern sind Reproduktionszonen und Unterstände für Fische und Habitate für die wirbellose Fauna zu entwickeln, um die Ziele der WRRL zu erreichen. Hierbei werden naturschutzfachliche Festlegungen integriert. In Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg, dem Naturschutz und der Gewässerunterhaltung soll die Strukturverbesserung für die wirbellose Fauna und die Fische an den Ufern der Havel noch stärker in den Fokus gestellt werden. 7.1.2 Reduzierung der Belastungen durch Nähr- und Schadstoffe sowie durch hydraulische Beeinträchtigungen 7.1.2.1 Nährstoffreduzierungskonzept/Maßnahmen auf Kläranlagen Um die Nährstoffbelastungen in Dahme, Spree und Havel weiter zu mindern, haben die Länder Berlin und Brandenburg ein gemeinsames Nährstoffreduzierungskonzept erarbeitet [SenStadtUm & MLUL, 2015]. Eine Reduzierung der Nährstoffeinträge wirkt sich nicht nur ökologisch positiv auf die Gewässer im Spree-Havel-Raum aus, sondern entlastet anteilig darüber hinaus auch den Elbestrom sowie die Übergangsgewässer zur Nordsee. Das Nährstoffreduzierungskonzept leistet somit auch einen Beitrag für das Erreichen der überregionalen Nährstoffminderungsziele der Flussgebietsgemeinschaft Elbe. Es beinhaltet Maßnahmen und Strategien, um die Umweltziele für den trophischen Zustand im Bereich der Unteren Spree sowie der Havel zwischen Hennigsdorf (Obere Havel) und Havelberg (Untere Havel) sowie zwischen Sophienwerder (Untere Spree) und Neu Zittau (Untere Spree) beziehungsweise Neue Mühle (Dahme) mittel- bis langfristig zu erreichen. Maßnahmenschwerpunkt in Berlin bilden die Klärwerke der Berliner Wasserbetriebe. Das Konzept sieht vor, bis 2027 alle Großklärwerke im Berlin-Brandenburger Spree-Havelraum zeitlich gestaffelt mit einer weitergehenden Reinigungsstufe zur Nährstoffelimination auszustatten. Tabelle 8 zeigt den aktuellen Planungsstand. Tabelle 11: Aktueller Planungsstand auf den Großklärwerken zur Errichtung einer weitergehenden Reinigungsstufe zur Nährstoffelimination (Flockungsfiltration) [BWB, 2020] Klärwerk Ruhleben (BWB) Münchehofe (BWB) Waßmannsdorf (BWB) Schönerlinde (BWB) Wansdorf (Klärwerk Wansdorf GmbH) Stahnsdorf (BWB) Baubeginn (geplant) 02/2022 10/2021 seit 08/2020 12/2023 noch offen noch offen (Neubau des Klärwerks geplant) Inbetriebnahme (geplant) 03/2025 02/2024 06/2023 01/2027 10/2027 (Beginn Probebetrieb) nach 2027 Neben Maßnahmen auf Klärwerken zur weitergehenden Nährstoffelimination, sind auch weitere Verfahrensstufen zur Entfernung von Spurenstoffen vor dem Hintergrund der hohen Bedeutung der punktuellen Einträge geboten. Die Verringerung des Eintrags umweltrelevanter chemischer Substanzen ist ein wesentlicher Bestandteil des Schutzes der Gewässerökosysteme und der Trinkwasserressourcen. Dazu wurde eine gemeinsame Strategie der Länder Berlin und Brandenburg zum Umgang mit anthropogenen Spurenstoffen aus Kläranlagen erarbeitet. Vor dem Hintergrund der besonderen naturräumlichen und wasserwirtschaftlichen Ausgangslage mit hohen Abwasseranteilen in den Gewässern, ist die Belastung der Gewässer mit Spurenstoffen in Berlin von hoher Bedeutung. Spurenstoffe können bereits in sehr niedrigen Konzentrationen nachteilige Auswirkungen auf empfindliche Gewässerorganismen haben. Daher verfolgt die Spurenstoffstrategie neben immissionsbasierten Zielen auch einen emissionsbasierten Ansatz: Ziel ist es, für alle Großklärwerke der Berliner Wasserbetriebe mittelfristig die beste verfügbare Technologie zur Entfernung von Spurenstoffen im Sinne eines vorsorgenden Gewässer- und Ressourcenschutzes zu etablieren. Die Strategie versteht sich als Ergänzung zu den laufenden Aktivitäten des Bundes und der EU zur Minderung des Eintrages chemischer Substanzen in die Umwelt. 78 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 7.1.2.2 Dezentrale Regenwasserbewirtschafung Wesentliche Belastungen für die Berliner Gewässer im Hinblick auf den Eintrag von Nähr- und Schadstoffen sowie hydraulische Beeinträchtigungen resultieren aus dem aktuellen Umgang mit Regenwasser in Berlin. Im Bereich der Mischwasserkanalisation kommt es durch eine Überlastung des Kanalsystems infolge von Regenereignissen – insbesondere im Bereich von Pumpwerken – zu kontrollierten Entlastungen von Mischwasser in die Oberflächengewässer. Die dadurch erzeugten Sauerstoffzehrungen führen räumlich und zeitlich begrenzt zu annähernd sauerstofffreien Verhältnissen, was starke Störungen der ansässigen Lebensgemeinschaften zur Folge hat. Weiterhin sind Einträge von humanpathogenen Keimen problematisch für den Badebetrieb. Auch Einleitungen von Regenwasser, das nicht mit Schmutzwasser vermischt ist, sind mit negativen Umwelteffekten verbunden. Insbesondere das von Straßen abfließende und überwiegend ohne Behandlung eingeleitete Regenwasser stellt eine große Belastung für die Gewässer dar. Es führt durch hohe Abflussspitzen bei Regenwetter zu unnatürlichen Abflussverhältnissen. Die mit dem Regenwasser eingetragenen Schwermetalle und organischen Spurenstoffe führen zu Überschreitungen von Umweltqualitätsnormen der OGewV (siehe Kapitel 5.1). Besonders kleine Fließgewässer, Seen und Pfuhle erreichen durch Nährstoffeinträge hocheutrophe Zustände. Die Ablagerung von Partikeln und Feinsedimenten aus dem Einzugsgebiet befördert in Fließgewässern die Kolmation von Kieslaichplätzen, überdeckt ufernahe Schlüsselhabitate für Gewässerorganismen und verhindert in Standgewässern durch Trübung natürliche Ausbreitungstiefen der typischen Flora und Fauna. Als wesentliches Werkzeug zur Verringerung stofflicher und hydraulischer Gewässerbelastungen wird in Berlin die dezentrale Bewirtschaftung von Regenwasser gefördert. Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung, wie Gründächer, begrünte Fassaden, Mulden und Teiche weisen eine Vielzahl positiver Effekte auf. Neben der stofflichen und hydraulischen Entlastung die Gewässer puffern sie Starkregenereignisse ab, verbessern die Wasserversorgung der urbanen Vegetation und somit auch das Stadtklima. Die Neuausrichtung des Umgangs mit Regenwasser – weg von der Regenwasserableitung, hin zu einer Bewirtschaftung des Regenwassers vor Ort – ist ein Prozess, dem sich das Land Berlin aufgrund der gewachsenen Infrastrukturen, bei denen eine schnelle Beseitigung des anfallenden Regenwassers im Vordergrund stand, in den kommenden Jahren und Jahrzehnten intensiv widmen wird. Insbesondere die Umsetzung in Bestandsgebieten erfordert eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit, um Grundstückeigentümer – private wie auch öffentliche – und Investoren für die Umsetzung derartiger Maßnahmen zu gewinnen. Hierzu wurde 2018 die Berliner Regenwasseragentur gegründet, die die Berliner Verwaltung bei der Förderung dezentraler Regenwasserbewirtschaftung unterstützt. Tätigkeitsfelder der Regenwasseragentur sind in erster Linie Information und Sensibilisierung sowie die Unterstützung der Kommunikation zwischen den von der Neuausrichtung der Regenentwässerung betroffenen Stellen in Wirtschaft und Verwaltung. Ein wichtiger Baustein zur Förderung dezentraler Regenwasserbewirtschaftung in Berlin stellt das Hinweisblatt zur Begrenzung von Regenwassereinleitungen bei Bauvorhaben in Berlin [Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, 2018] dar. Dieses regelt seit dem 1. Januar 2018 verbindlich, dass für Neubau- und Sanierungsvorhaben in Berlin die Einleitung von Regenwasser auf 2 Liter pro Sekunde je Hektar n Gewässer 2. Ordnung beziehungsweise 10 Liter pro Sekunde je Hektar in Gewässer 1. Ordnung begrenzt wird. Um auch im Gebäudebestand Anreize zur Umsetzung dezentraler Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen für Eigentümer zu setzen, wurden Maßnahmen zur Abkopplung in die Fördermittelprogramme BENE (Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung) und BEK (Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm) aufgenommen. Zudem wird die Begrünung von Dächern vor allem in dicht bebauten Quartieren über das 1.000 Grüne Dächer Programm gefördert. 79 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Analog zur Neuausrichtung der Regenentwässerung auf Grundstücken findet ein vergleichbarer Prozess auch für Bauvorhaben im öffentlichen Raum – insbesondere im Straßenland – statt. Hier wird jedes einzelne Bauvorhaben (Neubau, Instandsetzung) in Zusammenarbeit von Bezirken, Senatsverwaltung, Berliner Wasserbetrieben und Regenwasseragentur auf Potenziale zur dezentralen Regenwasserbewirtschaftung hin untersucht und umgesetzt. Da Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung überwiegend durch Dritte durchgeführt werden, erschweren mehrere Faktoren eine Einschätzung des weiteren Umsetzungsprozesses: — Nicht alle relevanten Vorhaben sind anzeigepflichtig. Viele Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung sind über die Niederschlagswasserfreistellungsverordnung Berlin vom formalen Genehmigungsprozess ausgenommen. — Genehmigungsprozesse und die zu beteiligenden Stellen unterscheiden sich je nach Vorhaben erheblich. Von den Stadtplanungsämtern der Berliner Bezirke aufgestellte Bebauungspläne sowie Planfeststellungsverfahren erreichen über die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (TÖB-Beteiligung) die Landesverwaltung, während Bauvorhaben nach § 34 BauGB auf der Ebene der Berliner Bezirke bearbeitet werden. — Die Beantragung und Genehmigung eines Vorhabens mit Bezug zur Regenwasserbewirtschaftung gibt keine Auskunft darüber, ob und wann das Vorhaben tatsächlich durchgeführt wird. Ebenso kann eine einmal erteilte Genehmigung zum Umgang mit Regenwasser widerrufen werden, wenn zwischen der Erteilung der Genehmigung und der Ausführung zu viel Zeit vergeht, etwa bei längerfristig ungenutzten Angebots-B-Plänen. Problematisch ist aktuell, dass es keine konsistente Datenbasis zur stadtweiten Erfassung der Effekte der Neuausrichtung der Regenwasserbewirtschaftung (wie zum Beispiel Zu- und Abgänge von angeschlossenen Flächen, Art der Bewirtschaftung) gibt. In Zusammenarbeit mit den Berliner Wasserbetrieben wird aktiv daran gearbeitet, zukünftig den Versiegelungszustand und die Art der Entwässerung in Berlin hoch aufgelöst bilanzieren zu können. Damit soll es – unabhängig von der Art eines Bauvorhabens – ermöglicht werden, Zustand und Veränderungen von versiegelten Flächen und deren Form der Regenentwässerung systematisch zu erfassen, um so den Fortschritt in der Umsetzung erfassen und den Umsetzungsprozess besser evaluieren zu können. 7.1.2.3 Maßnahmen im Bereich der Mischwasserkanalisation Durch das Mischwassersanierungsprogramm des Landes Berlin und der Berliner Wasserbetriebe werden stadtweit insgesamt 300.008 Kubikmeter Stauraum für die Mischwasserspeicherung bis 2025 geschaffen. Ziel ist es, die Anzahl der Mischwasserüberläufe von 30 Mal pro Jahr auf durchschnittlich 10 Mal im Jahr zu begrenzen. Die Reduzierung der Mischwasserüberläufe erfolgt durch Speicherung in Kanalnetz mit anschließender Ableitung zu den Klärwerken. Die Speicherung kann sowohl im bestehenden Kanalnetz (Schwellenanhebungen an den Regenüberlaufbauwerken, Kanalbewirtschaftung) als auch in zusätzlich zu schaffenden Speicherbauwerken (Stauraumkanal, Regenüberlaufbecken) erfolgen. Aus Sicht des Gewässerschutzes werden folgende Effekte erwartet: — Verringerung fischkritischer Zustände, Stabilisierung der Sauerstoffverhältnisse; — Verringerung des Eintrags von Nähr- und Schadstoffen wie Phosphor, Schwermetallen oder organischen Spurenstoffe zum Schutz von Spree und Havel und der Trinkwassergewinnung; — Verringerung des Eintrags von Keimen zum Schutz der Badestellen in der Unterhavel. Durch das laufende Bauprogramm werden die Gewässer bereits deutlich entlastet. Es ist jedoch erkennbar, dass für ausgewählte Gewässerabschnitte weitere Maßnahmen erforderlich sind. Maßstab für einen weitergehenden Bedarf wird die Anzahl erfasster fischkritischer Zustände sein: Es ist geplant, für ökologische Schwerpunktgebiete ein ergänzendes Sanierungsprogramm zum laufenden Programm zu entwickeln. Die Grundlagen dafür schafft das Projekt MiSa (Mischwasserkanalsanierung) (siehe unten). Zu den näher betrachteten Gebieten gehören vor allem der Neuköllner Schifffahrtskanal, der Landwehrkanal und der Spreebereich in Charlottenburg einschließlich der Einzugsgebiete der Kanalisation. 80 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Kurzfristig umzusetzende Maßnahmen wie die Aktivierung von vorhandenem Stauraum sind bei den Berliner Wasserbetrieben derzeit in Prüfung. Es ist geplant, die Umsetzung des ergänzenden Sanierungsprogramms nahtlos ab 2026 an das laufende Programm anzuschließen, sofern die erforderlichen Mittel durch den Landeshaushalt bereitgestellt werden. DAS FORSCHUNGSPROJEKT MiSa Im Rahmen des Projektes MiSa (Mischwasserkanalsanierung) werden in einer gekoppelten Immissions-Emissions-Modellkette Belastungsschwerpunkte in den Oberflächengewässern im Einflussbereich der Mischwasserkanalisation identifiziert. Für diese werden im Weiteren auf konzeptioneller Ebene Maßnahmenpakete zur Verringerung der Gewässerbelastung erstellt und die Effekte modellgestützt untersucht. Diese zielen in erster Linie darauf ab, Gewässerbelastungen durch Mischwasserentlastungen zu verringern. Die Berliner Wasserbetriebe erstellen für die identifizierten Belastungsschwerpunkte auf Basis der geeigneten Maßnahmenpakete Generalentwässerungspläne als Grundlage für das ergänzende Sanierungsprogramm. Gegenstand der Untersuchungen werden aber nicht nur kanalgebundene Maßnahmen sein, sondern auch Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung auf der Stadtoberfläche. Somit können auch weitere stadtökologische und Klimaanpassungseffekte synergetisch erzielt werden. 7.1.2.4 Maßnahmen im Bereich der Trennkanalisation Nach Umsetzung einer Vielzahl von Maßnahmen im Mischsystem sind verstärkt Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung aus dem bestehenden Kanalnetz des Trennsystems zu planen und umzusetzen, sofern die erforderlichen Haushaltsmittel bereitgestellt werden. Aufgrund des umfangreichen Handlungsbedarfs in Berlin ist eine Priorisierung erforderlich. Diese erfolgt zum einen immissionsorientiert über eine Priorisierung der Gewässer und zum anderen über die Identifikation von Hauptbelastungsquellen. Hierzu wird die Menge an abfiltrierbaren Stoffen bilanziert, die bei Regen von einer Fläche abgetragen wird. Da die gewässerbelastenden Stoffe überwiegend am Feinmaterial haften, werden nur die feinen abfiltrierbaren Stoffe (AFSfein) mit einer Korngröße von weniger als 63 Mikrometer betrachtet. Den Herkunftsflächen (Dachflächen, Verkehrsflächen und Mischflächen) wird ein Stoffaufkommen (Orientierungswerte zur mittleren jährlichen Verschmutzung) zugeordnet und die jährlichen AFS63-Frachten je Einleitstelle abgeleitet. Es handelt sich hierbei um Rechenwerte, die als Indikatoren für die Größenordnung der stofflichen Belastung herangezogen werden. Die Ergebnisse werden im Abgleich mit weiteren Kriterien (unter anderem Synergien mit weiteren WRRL-Maßnahmen, Trinkwasserschutz, Badegewässer, Naturschutz) bewertet. Für die Teileinzugsgebiete der so identifizierten prioritären Belastungsquellen werden in der Folge Konzepte zur Regenwasserbewirtschaftung erstellt und geeignete Maßnahmen unter anderem in Abhängigkeit der vorhandenen Flächenpotenziale geplant und umgesetzt. Hierzu gehören sowohl dezentrale Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen der Reinigung und Retention bis hin zur Abkopplung als auch semi- und zentrale Anlagen [Nowak et al., 2018]. Die folgenden Gewässer wurden aufgrund von Synergien mit weiteren WRRL-Maßnahmen, der Lage in einem Schutzgebiet oder ihrer Eigenschaft als Badegewässer als prioritäre Gewässer festgelegt: — Wuhle; — Panke; — Tegeler Fließ; — Erpe; — Rummelsburger See (Marzahn-Hohenschönhausener Grenzgraben/Ruschegraben); — Spree (Einlauf Rudower Straße, Einlauf Spreeschlossstraße); — Flughafensee; — Körnerteich (Wasserschutzzone (WSZ) IIII B); — Kaulsdorfer Teich I (WSZ III A/B); — Weißer See (Badegewässer); — Schlachtensee (WSZ III, Badegewässer); — Krumme Lanke (WSZ I+II+III, Badegewässer); — Nikolassee (WSZ I+II); — Karpfenteich (WSZ III B). 81 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Die Arbeiten zur Identifikation der Hauptbelastungsquellen und Ermittlung der jährlichen AFS63-Frachten je Einleitstelle sind abgeschlossen. In Abstimmung mit den betroffenen Senats- und Bezirksverwaltungen werden geeignete Flächenpotenziale für Regenwasserbewirtschaftungsanlagen ermittelt und gesichert. Dieser Planungsprozess ist mit erheblichen Herausforderungen und Unsicherheiten verbunden. Ein genauer Zeitpunkt für den Abschluss kann daher aktuell noch nicht benannt werden. An Gewässern mit großem Handlungserfordernis wurden in der Vergangenheit bereits Studien erstellt und Flächen für zentrale Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung gesichert. Die im Folgenden aufgezählten Maßnahmen werden derzeit bis zur Umsetzungsreife geplant und werden voraussichtlich ab 2024 umgesetzt. WUHLE — Umbau Regenrückhaltebecken (RRB) CecilienstrAßE (Ost) zum Retentionsbodenfilter (RBF) — Umbau RRB Hellersdorfer Weg zur Hochleistungssedimentationsanlage (HLSA) — Umbau RRB Hohensaatner Straße zur HLS — Neubau RBF Bahndamm — Neubau RBF Buckower Ring — Neubau RBF Pyramidenring RUSCHEGRABEN/RUMMELSBURGER SEE: — Umbau RRB Siegfriedstraße zu HLS — Umbau RRB Josef-Orlopp-Straße zu HLS Die Planung und Umsetzung von zentralen und semizentralen Regenwasserbewirtschaftungsmaßnahmen ist zeit- und kostenintensiv und mit vielen Unsicherheiten behaftet (Flächenverfügbarkeit, Genehmigung, Verfügbarkeit von Investitionsmitteln und anderen). Eine Aussage welche Maßnahmen über das vorgezogene Bauprogramm (siehe oben) hinaus bis zu welchem Jahr umgesetzt sein werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Es ist jedoch das erklärte Ziel des Berliner Abgeordnetenhauses und der Verwaltung, Verbesserungen im Bereich des Gewässerschutzes – insbesondere durch eine umweltverträglichere Bewirtschaftung von Regenwasser – zu erreichen. Um geeignete Flächen für zentrale oder semizentrale RWB-Maßnahmen zu sichern, wird parallel eine Flächenpotenzialkarte erstellt. Nicht an allen Gewässern mit behandlungsbedürftigen Einleitungen sind geeignete Flächen verfügbar. Hier, aber auch in Ergänzung zu zentralen Maßnahmen, müssen die Möglichkeiten der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung genutzt werden. Diese werden im Rahmen von Straßensanierungsplanungen und Generalentwässerungsplänen geprüft. Ist aufgrund der Verkehrsdichte oder der Platzverhältnisse der Einsatz von Mulden, Mulden-Rigolen-Systemen oder ähnlichem nicht möglich, kann die Reinigung über Einsätze in Straßenabläufen erfolgen. Hierzu werden derzeit in Zusammenarbeit von BWB, BSR und Senatsverwaltung die Voraussetzungen geschaffen. 7.1.2.5 Sonstige schadstoffbezogene Maßnahmen Bei verschiedenen Schadstoffen, die zu einer Überschreitung von Umweltqualitätsnormen (UQN) in den Berliner Gewässern führen, liegen die maßgeblichen Einleitungen und Einträge in der Vergangenheit (Polychlorierte Biphenyle, siehe Kapitel 5.1.1.2) beziehungsweise stehen die Überschreitungen in Zusammenhang mit einer ubiquitären Verbreitung (Quecksilber, Bromierte Diphenylether, siehe Kapitel 5.1.2). Zur Reduzierung der Gewässerbelastung können für diese Stoffe nach aktuellem Kenntnisstand über die Herkunftsquellen und die maßgeblichen Prozesse der Verbreitung in der Umwelt landesweit keine effektiven wasserwirtschaftlichen Maßnahmen ergriffen werden. Durch regelmäßige Untersuchungen wird die zeitliche Entwicklung der Schadstoffbelastung überwacht und die Wirkung von nationalen (zum Beispiel für Quecksilber: Ausstieg aus der Kohleverstromung) beziehungsweise internationalen Maßnahmen (Herstellungsund Verwendungsverbote von Stoffen, „Minamata-Konvention“ zur Eindämmung des weltweiten Quecksilberausstoßes) kontrolliert. 82 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Für den ebenfalls als ubiquitär eingestuften Schadstoff Tributylzinn (siehe Kapitel 5.1.2) soll geprüft werden, inwieweit belastete Sedimente durch Remobilisierungsprozesse zu einer diffusen Verbreitung im Gewässersystem und damit auch zu einer Überschreitung der UQN beitragen. In diesem Zusammenhang sind auch Sedimentuntersuchungen in potenziell kontaminierten Hafenbereichen und an Schiffsanlegern vorgesehen. 7.1.3 Einschätzung der Maßnahmenwirkung Aufgrund vielfältiger, sich überlagernden Gewässerbelastungen und der Vielzahl von Einzelmaßnahmen, die kumulativ auf den Gewässerzustand wirken, ist eine hinreichend belastbare Aussage, ob die oben beschriebenen Maßnahmen ausreichen, um die Ziele der WRRL zu erreichen, zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Das regelmäßige Monitoring der Gewässer, ergänzende Überwachungsprogramme und vertiefende Untersuchungen werden den Kenntnisstand sukzessive verbessern. Sind umgesetzte Maßnahmen in ihrer Wirkung unzureichend, werden auch zukünftig noch weitere Maßnahmen in das Berliner Maßnahmenprogramm zur Umsetzung der WRRL aufgenommen. Dabei ist grundsätzlich zu beachten, dass viele der geplanten und umgesetzten Maßnahmen nicht unmittelbar wirken, sondern es mitunter lange Zeiträume benötigt, bis die intendierte Wirkung eintritt. Da konkrete Erfahrungswerte oftmals nicht oder nur vereinzelt vorhanden sind, ist eine Einschätzung von Maßnahmenwirkungen mit Unsicherheiten verbunden. Durch eine Expertengruppe der LAWA wurden für die verschiedenen biologischen Qualitätskomponenten – differenziert nach Gewässertypgruppen und anderen relevanten Einflussfaktoren – erste Angaben zu möglichen Zeitspannen bis zum Wirkungseintritt von Maßnahmenpaketen erarbeitet [LAWA, 2019b]. Mit diesen Angaben zur „Verzögerungszeit“ ist dabei jene Zeitspanne gemeint, die es nach Umsetzung aller erforderlichen Maßnahmen benötigt, bis die jeweilige Qualitätskomponente sich in einem guten Zustand gemäß WRRL befindet. Da der wissenschaftliche Kenntnisstand vergleichsweise gering ist, basieren die Angaben maßgeblich auf Experteneinschätzungen und wenigen Erfahrungswerten. So sind etwa für Seen durch frühere Sanierungsmaßnahmen zur Phosphorreduzierung mehr Erfahrungen zu entsprechenden Zeiträumen vorhanden als bei Fließgewässern und Küstengewässern. Aus diesem Grund sind die Einschätzungen durch ein hohes Maß an Variabilität gekennzeichnet. Es werden daher nachstehend auch die Unsicherheiten bei der Einschätzung der Verzögerungszeit beschrieben. 7.1.3.1 Verzögerungszeit bei der ökologischen Regeneration – Maßnahmenbereich Nährstoffe Neben diffusen und punktuellen Einträgen, die zu erhöhten Nährstofffrachten führen, kann es in Berlins innerstädtischen stauregulierten Systemen und den Flussseen von Dahme, Havel und Spree infolge langer Verweilzeiten zur Remobilisierung von Phosphor aus den Sedimenten kommen. Es kann daher noch Jahrzehnte dauern, bis die Nährstoffkonzentrationen flächendeckend ohne Schwankungen auf ein tieferes Niveau gesenkt werden. Nährstoffeinträge wirken sich primär auf die biologischen Qualitätskomponenten benthische Diatomeen und das Phytoplankton aus, sekundär jedoch auch auf Makrozoobenthos und Fische. BENTHISCHE DIATOMEEN Benthische Diatomeen reagieren auf punktuelle Einträge in kleinen Fließgewässern oft kurzfristig. Jedoch ist fallweise der Umstand festzustellen, dass Trophie anzeigende Kieselalgen in Gewässern weiterhin dominieren können, obwohl die Nährstoffbelastung erheblich verringert worden ist. Beobachtungen dieser Art stützen die Vermutung eines gewissen Beharrungsvermögens einzelner Arten auch unter für sie suboptimaler Nährstoffversorgung und belegen, dass sich Veränderungsprozesse je nach Gegebenheiten über längere Zeiträume erstrecken können. 83 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE PHYTOPLANKTON Das Phytoplankton in Fließgewässern reagiert in Abhängigkeit von der Lichtverfügbarkeit, Wasseraufenthaltszeit, Hydraulik und Beschattung unterschiedlich auf Nährstoffreduktion. Je größer das Einzugsgebiet, desto träger reagiert das System. In Berliner Gewässern konnten Aspektwechsel von Phytoplanktontrübung zu Makrophytendominanz nach Nährstoffreduktion beobachtet werden (Flussseen, Müggelspree). In gestauten Abschnitten sind ebenfalls abschnittsweise Rückgänge im Phytoplankton dokumentiert, wobei diese oft nicht (nur) auf die Nährstofflimitation, sondern auch auf Auswirkungen des Zooplanktons oder filtrierender Muscheln zurückzuführen sind. 7.1.3.2 Verzögerungszeit bei der ökologischen Regeneration – Maßnahmenbereich Hydromorphologie Der Kenntnisstand über die Wirkungen hydromorphologischer Verbesserungsmaßnahmen auf die biologischen Qualitätskomponenten ist weiterhin lückenhaft und es bestehen erhebliche Unsicherheiten, in welchen Zeiträumen sich Zustandsverbesserungen der relevanten Lebensgemeinschaften einstellen werden. Sicher ist, dass die Reaktionszeit der Biozönose stark vom Wiederbesiedlungspotenzial eines Gewässers abhängt. Dieses wiederum wird von der Beschaffenheit des Einzugsgebietes geprägt, also von vorhandenen Wiederbesiedlungsquellen und Ausbreitungskorridoren (vergleiche [Sundermann et al., 2011], [LANUV, 2011]). Unsicherheiten bestehen auch mit Blick auf die Ausbreitung von Neobiota und die Auswirkungen des Klimawandels. Bei der Einschätzung der Zeitverzögerung wird davon ausgegangen, dass die Wiederbesiedlung parallel zur Entwicklung der Gewässerstrukturen und Habitate beginnt und daher grundsätzlich zumindest teilweise parallel abläuft. Die Wahrscheinlichkeit einer zügigen Wiederbesiedlung ist dann am größten, wenn das typspezifische Arteninventar als Besiedlungsquelle für renaturierte Gewässerabschnitte in erreichbarer Nähe vorhanden ist. Grundsätzlich wird die Zeitspanne bis zur Zielerreichung von der Qualitätskomponente bestimmt, die am langsamsten auf die Verbesserung der abiotischen Bedingungen reagiert. FISCHE Aufgrund der höheren Mobilität von Fischen, können diese renaturierte Abschnitte grundsätzlich schneller besiedeln. Durch die im Vergleich zu den anderen biologischen Qualitätskomponenten längeren Generationszeiten von Fischen sowie der für einen guten Zustand erforderlichen Altersstruktur kann eine vollständige Wiederbesiedlung einschließlich des Aufbaus einer selbsterhaltenden Population – auch wenn im Einzugsgebiet die Zielarten vorkommen – jedoch mehrere Jahre dauern. MAKROZOOBENTHOS Neben dem Vorhandensein von Wiederbesiedlungsquellen sind die charakteristischen Ausbreitungsfähigkeiten der wertgebenden Arten für die Wiederbesiedlung von Gewässerabschnitten von Bedeutung. Die Ansiedlung anspruchsvoller Lebensgemeinschaften hängt maßgeblich von Besiedlungsquellen in maximal fünf Kilometer Entfernung ab [Sundermann et al., 2011]. Das bedeutet, dass nur eine sukzessive Ausbreitung der wertgebenden Makrozoobenthos-Fauna von einem zum nächsten renaturierten Gewässerabschnitt erfolgen kann und davon auszugehen ist, dass in Wasserkörpern mit weiter entfernten Wiederbesiedlungsquellen eine entsprechend längere Zeitspanne bis zum Erreichen des guten ökologischen Zustands zu erwarten ist oder eine bislang nicht beschriebene Lebensgemeinschaft durch eingewanderte Neobiota entsteht. PHYTOBENTHOS Für das Phytobenthos – insbesondere für das Phytobenthos ohne Diatomeen – liegen keine Erfahrungen zur Wiederbesiedlung von sanierten Gewässerstrecken vor. Schätzwerte werden für Diatomeen angegeben, da sie kurze Generationszeiten haben und sich die Diatomeengesellschaften in der Regel vergleichsweise schnell auf geänderte beziehungsweise verbesserte Umweltbedingungen anpassen können. Es ist aber davon auszugehen, dass Diatomeen weniger auf die Verbesserung der strukturellen Bedingungen reagieren, als auf die Verbesserung der Nährstoffsituation (siehe oben). 84 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE MAKROPHYTEN Bei Makrophyten steht die passive Ausbreitung insbesondere durch Verdriftung im Vordergrund. Aufgrund ihrer überwiegend vegetativen Vermehrung werden zum Beispiel Sprossfragmente mit der Strömung abwärts transportiert. Eine Ausbreitung kann auch durch Wind und Wasservögel oder durch menschliche Aktivitäten (unter anderem Freizeitnutzungen, Mahd) erfolgen. Auch artspezifische Faktoren spielen eine Rolle, wie die Schwimmfähigkeit der Samen und Sprosse und ihre Fähigkeit zur Einwurzelung [LANUV, 2012]. In Seen entscheidet nach Sanierungsmaßnahmen oftmals das Vorhandensein von Dauerstadien und die Beschaffenheit der Sedimente über die Wiederbesiedlung, besonders bei Armleuchteralgen. Fraßfeinde (Fische, Krebse) können Sanierungserfolge verzögern. PHYTOPLANKTON Die Menge und Artenzusammensetzung von Phytoplankton ist in erster Linie von dem Gehalt an Nährstoffen abhängig (siehe oben). Aber auch Lichtverfügbarkeit und Wasserverweilzeit und das Vorhandensein von submersen Makrophyten spielen eine Rolle. NEOBIOTA Es ist generell nicht sicher vorhersagbar, wie sich Neobiota-Arten in einem Gewässer etablieren, sich invasiv verbreiten oder ob das heimische, typspezifische Arteninventar durch gezielte Renaturierung wieder einen Konkurrenzvorteil bekommt. Die Einordnung der Neobiota in das Nahrungsnetz und die langfristige Etablierung einzelner Arten ist noch Forschungsgegenstand. Einen Überblick über potentielle Zeitspannen bis zum Erreichen des guten ökologischen Zustandes in Seen und Fließgewässern geben Tabelle 12 und Tabelle 13. Tabelle 12: Zeitspannen bis zum Erreichen des guten ökologischen Zustandes bei Seen verändert nach [LAWA, 2019b] Seetypen Zeitspannen bis… Typ 13 Orientierungswert TP eingehalten; PP gut Orientierungswert TP eingehalten; PP gut Orientierungswert TP eingehalten; PP gut Bewertung MP & PB gut Typ 10 Typ 11, 12 Typ 13 wenn P-Rücklösungsrate hoch (a) nach seeinterner Restaurierung (a) relativ gering wenn P-Rücklösungsrate gering bis mittel (a) 10 bis 15 20 bis 25 0 bis 1 mittel 15 bis 20 20 bis 25 2 bis 7 hoch 20 bis 25 20 bis 40 − mittel 10 bis 20 20 bis 30 10 bis 20 Wiederbesiedlungspotenzial? natürliche Variabilität der Qualitätskomponente Typ 10 Typ 11, 12 Alle Typen Bewertung MP & PB gut Bewertung MP & PB gut Bewertung Makrozoobenthos gut hoch hoch hoch Typ 10, 13 Bewertung Fische gut mittel Typ 11, 12 Bewertung Fische gut mittel 10 bis 20 20 bis 30 25 bis 40 30 bis 50 Mit Strukturver20 bis 40 besserung 10 bis 20 reagieren reagieren schneller als PP schneller als PP reagieren reagieren schneller als PP schneller als PP Einfluss Neobiota hoch Typ 13: geschichteter See, kleines EZG, zum Beispiel Groß Glienicker See Typ 10: geschichteter See, großes EZG, zum Beispiel Tegeler See Typ 11, 12: ungeschichteter See, großes EZG, zum Beispiel Großer Müggelsee, Seddinsee, Unterhavel MP & PB: Makrophyten und Phytopbenthos PP: Phytoplankton 85 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Tabelle 13: Zeitspannen bis zum Erreichen des guten ökologischen Zustandes bei Fließgewässern verändert nach [LAWA, 2019b] Ökoregion Reaktionszeit der biologischen Qualitätskomponenten nach Maßnahmenumsetzung (in Jahren) Tiefland Makrozoobenthos Strukturgüteklassen 6 und 7 Strukturgüteklasse 5 Fische Makrophythen Phytobenthos Phytoplankton 10 bis 30 10 bis 30 20 keine Angabe <5 10 bis 20 10 bis 20 10 keine Angabe <5 7.1.3.3 Wirkung der Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung Mit Blick auf den für Berlin ebenfalls hoch relevanten Maßnahmenbereich der Schadstoffreduzierung ist zu betonen, dass die oben genannten Einschätzungen zu den Verzögerungszeiten keine Überlagerungseffekte durch Schadstoffbelastungen berücksichtigen. Die speziellen Auswirkungen von organischen Spurenstoffen in ihrer hohen Variabilität auf einzelne Biokomponenten rücken immer mehr in den wissenschaftlichen Fokus. Diese in ihren Wirkungen komplexen Stoffgruppen können andere Stressoren überlagern und die Zielerreichung weiter hinauszögern oder sogar vereiteln. Die in Kapitel 7.1.2 dargelegten dezentralen und (semi-) zentralen Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung werden in Berlin zu einer deutlichen Reduzierung der Gewässerbelastung mit Kupfer, Zink und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen führen. Eine Übersicht über die Wirksamkeit praxiserprobter Formen der dezentralen und zentralen Regenwasserbewirtschaftung mit Blick auf den Stoffrückhalt gibt [Nowak et al., 2018]. Eine belastbare Einschätzung der kumulativen Wirkung der Maßnahmen ist aufgrund der Vielzahl von Einzelmaßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Auch der Beitrag der diffusen Belastung aus den Gewässersedimenten kann aktuell nicht quantifiziert werden. Hierzu sind vertiefende Untersuchungen im dritten Bewirtschaftungszeitraum vorgesehen. Die Wirkungen von Spurenstoffen aus kommunalen Abwässern auf die aquatischen Organismen (zum Beispiel wirbellose Fauna) im Gewässer sind gegenwärtig noch Gegenstand der angewandten Forschung. Ziel eines LAWA-Projektes unter Berliner Federführung ist es, die Erkenntnisse zu Wirkungen von Spurenstoffen aus dem kommunalen Bereich auf die aquatische Flora und Fauna in Fließgewässern zu bündeln, um sie in das aktuelle Monitoringkonzept einfließen zulassen. Im Fokus stehen die Wirkungen auf das Makrozoobenthos, die nicht ihre Ursache in Strukturarmut und saprobieller Belastung haben. In Zusammenarbeit mit der Freien Universiät Berlin wird derzeit der Einfluss von geklärtem Abwasser in Vorflutern auf die Artendiversität der benthischen Diatomeen mit genetischen Methoden untersucht. 7.2 Grundwasserbezogene Maßnahmen Ammonium und Sulfat dominieren sehr deutlich die Belastungssituation des Berliner Grundwassers. Weitere Stoffe und Stoffgruppen wie zum Beispiel Medikamentenrückstände oder Pflanzenschutzmittel und deren Metaboliten lassen sich in der Regel nicht oder nur seh begrenzt an einzelnen Messstellen nachweisen. Diverse Maßnahmen zur Minimierung und Unterbindung von Spurenstoffeinträgen aus Punkt- und diffusen Quellen sind aufgrund der besonderen Bedeutung des Uferfiltratanteils in Berlin im Bereich der Oberflächengewässer lokalisiert und wirken indirekt auf den qualitativen Zustand des Grundwassers. Eine besondere Bedeutung zur Beseitigung und Minimierung von Belastungsquellen kommt darüber hinaus den seit den 1990er-Jahren laufenden Sanierungsmaßnahmen altlastenrelevanter Flächen im Bereich des ökologischen Großprojekts Berlin zu. 86 Zusatzkriterien, die zu einer zeitlichen Verzögerung der Zielerreichung führen können WiederbeNeobiotasiedlungsEinfluss potenzial gering stark + + BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Die Sulfatverteilung im Grundwasser Berlins zeigt hingegen ein sehr heterogenes, aber flächenhaftes Belastungsbild mit zum Teil sehr hohen Konzentrationen und mit einer Vielzahl von räumlich zu differenzierenden Eintragsquellen. Trümmerberge, diffus verbrachter Trümmerschutt, nachklingende Rieselfeldeinflüsse und Bauschuttdeponien als mehr oder weniger punktuelle Eintragsquellen sowie anthropogen induzierte hydrogeochemische Einflüsse werden als wesentliche Ursachen gesehen (vergleiche Kapitel 5.2.2). Gezielte Maßnahmen zur flächenhaften Sanierung dieser Eintragsquellen sind kaum vorhanden oder unter rechtlich und ökonomisch vertretbaren Bedingungen nicht umsetzbar. Synergieeffekte zur Verringerung des Eintrages in das Grundwasser bestehen zu verschiedenen Programmen und Maßnahmen, auch wenn diese nicht explizit den Grundwasserschutz zum Ziel haben. Langfristig wird es durch Auswaschung aus den maßgeblichen Eintragsquellen zu einer quasi-natürlichen Abmilderung der Sulfatkonzentrationen kommen. Zudem kann unterstellt werden, dass die städtebauliche Nachverdichtung vor allem in der Innenstadt die Stoffausträge aus verbrachtem Trümmerschutt sukzessive verringert, indem dieser zumindest punktuell durch bauliche Tätigkeiten entfernt wird. Um darüber hinaus die Sulfatkonzentrationen zu stabilisieren beziehungsweise zu reduzieren, muss vorrangig der Sulfatgehalt der Spree so niedrig wie möglich gehalten werden, um zusätzliche Sulfateinträge über Uferfiltrate zu minimieren. Kritisch sind nach wie vor die erhöhten Sulfatkonzentrationen im Grunewald zu betrachten. Hier besteht weiterhin Forschungsbedarf. Insbesondere ist im dritten Bewirtschaftungszeitraum zu prüfen, ob lokale geogene Effekte eine Rolle für die erhöhten Konzentrationen spielen, da in räumlicher Nähe Messstellen gegenläufige Trendentwicklungen zeigen. Forschungsbedarf besteht ebenfalls hinsichtlich der Ursachen der erhöhten Ammoniumkonzentrationen. Die unbedeckten Grundwasserleiter im Bereich der Berlin-Brandenburgischen Urstrom- und Nebentäler sind gegenüber flächenhaftem Stoffeintrag nur sehr gering geschützt. Sie weisen in der Regel eine diffuse anthropogene Beeinflussung auf, welche nicht immer eindeutig von geogenen Gehalten zu trennen ist. Es gilt zu klären, ob und welchen Einfluss Faktoren wie — Abwassereinflüsse (zum Beispiel Undichtigkeiten der Abwasserkanalisation beziehungsweise Exfiltrationen aus anderen Abwasserinfrastrukturen), — Einträge aus Rieselfeldern, — Niedermoore mit schwankendem Grundwasserspiegel, — lokale Einträge durch historisch bedingte „wilde“ Hausmülldeponien sowie — weitere Eintragspfade und diffuse Belastungsquellen haben (vergleiche Kapitel 5.2.2). Ein besseres Prozessverständnis über geogen bedingte Ammoniumgehalte im Grundwasser sowie die Differenzierung potenzieller Eintragspfade ist erforderlich. Es ist zu untersuchen, inwieweit eine Veränderung des Grundwasserspiegels und der geochemischen Milieus hier eine Rolle spielen. Hierzu sind gegebenenfalls auch neue Methoden und Techniken zu entwickeln und anzuwenden. Als wichtige Maßnahme ist in diesem Kontext das umfassende langjährige Programm der Berliner Wasserbetriebe zur systematischen Sanierung des Kanalnetzes zu nennen. Dieses führt zu Begrenzungen der Einträge von Abwasser in den Untergrund und dient der Verringerung der stofflichen Belastung des Grundwassers. Weder für Ammonium noch für Sulfat und auch für keinen der drei betroffenen Grundwasserkörper kann zum jetzigen Zeitpunkt eine eindeutige Trendentwicklung identifiziert werden. Dies zeigt unter anderem auch die Schwierigkeit eines einheitlichen Erklärungsansatzes für die flächenhaften Schwellenwertüberschreitungen von Ammonium und Sulfat. Die Ursachen sind heterogener Natur. Die Abbildbarkeit des räumlichen Verlaufs und der zeitlichen Entwicklung der Stoffkonzentrationen dient als Grundvoraussetzung für eine tragfähige Prognose. Für eine flächendifferenzierte Betrachtung der Eintragspfade und der anschließenden Ableitung möglicher Sanierungsstrategien oder Bewirtschaftungsoptionen des Grundwassers bedarf es daher des Aufbaus eines numerischen Stofftransportmodells, welches das gesamte Stadtgebiet umfasst und so ganzheitliche Aussagen zu Grundwasserströmung, Stofftransport und -abbau ermöglicht. 87 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Dazu wird aktuell ein Projekt aufgelegt. Diese konzeptionelle Maßnahme umfasst drei Phasen: 1. Aufbau eines 3-D-Lithomodells des Berliner Untergrundes auf Basis von 250.000 Bohrungen (2021 bis 2023), 2. Weiterentwicklung des Lithomodells zum numerischen Grundwasser-Strömungsmodell, Modellierung der Grundwasserströmung bei unterschiedlichen Bewirtschaftungsoptionen und Klimaszenarien, 3. Modellierung des Stofftransports und Erarbeitung von Sanierungsstrategien bis zum Ende des 3. Bewirtschaftungszyklus der WRRL. Auf Basis dieser Ergebnisse sind weitere ergänzende Maßnahmen abzuleiten und es gilt zu prognostizieren, in welchen Zeiträumen die Umweltziele der WRRL erreicht werden können. Ob weniger strenge Umweltziele festgelegt werden müssen, kann derzeit noch nicht belastbar abgeschätzt werden. Aufgrund der engen Verflechtung von Abwasserableitungen und der Trinkwasserversorgung über Uferfiltration dienen jedoch schon zum jetzigen Zeitpunkt alle Maßnahmen zur Begrenzung und Reduzierung von Schadstoffeinträgen in die Oberflächengewässer auch dem Schutz des Grund- beziehungsweise Trinkwassers. Hierzu zählen insbesondere die in den vorhergehenden Kapiteln behandelten Maßnahmen im Bereich der Regenwasserbewirtschaftung, der Mischwassersysteme und Trennkanalisation sowie der Abwasseraufbereitung (vergleiche Kapitel 7.1.2). 7.3 Der Masterplan Wasser – Aufstellung einer Zukunftsstrategie für die Berliner Wasserwirtschaft Die Berliner Bevölkerung wird seit mehr als hundert Jahren mit Trinkwasser aus dem eigenen Stadtgebiet und dem direkt angrenzenden Umland versorgt. Nach einem langjährigen Rückgang des Trinkwasserverbrauchs seit den 1990er-Jahren steigen seit einigen Jahren die Verbrauchsmengen wieder merklich an. Die weiterhin wachsende Bevölkerung in Berlin und dem Berliner Umland wird zu einem steigenden Trinkwasserbedarf führen. Zugleich werden durch den Klimawandel Trockenphasen voraussichtlich zunehmen und länger andauern. Die Trinkwasserversorgung erfolgt über circa 600 Brunnen in neun Wasserwerken. Da die natürlich gebildeten Grundwasservorräte zur Versorgung nicht ausreichen, werden rund 10 Prozent der benötigten Rohwassermenge mit Hilfe künstlicher Grundwasseranreicherung durch Oberflächenwasser und rund 60 Prozent durch Uferfiltration aus Havel und Spree gewonnen. Es besteht daher eine hohe Abhängigkeit der Berliner Trinkwasserversorgung von der Wasserqualität der Flüsse und Seen. Zugleich fällt mit dem Wachstum der Bevölkerung immer mehr Abwasser an, das nach Behandlung in den Klärwerken in die Oberflächengewässer zurückgeleitet wird. Für die zum Teil engen Wasserkreisläufe aus Abwasserableitung-GewässerUferfiltrat-Grundwasser-Wasserwerk bedeuten die zukünftigen Entwicklungen deutlich höhere Anforderungen an die Wasserreinhaltung. Bereits heute sind die Berliner Gewässer durch Einträge von Nähr- und Schadstoffen, maßgeblich aus Klärwerken und Regenwassereinleitungen, erheblichen Belastungen ausgesetzt. Darüber hinaus stellen die Folgen des Braunkohletagebaus sowie des Kohleausstiegs bis 2038 in der Lausitz die Berliner Wasserwirtschaft vor große Herausforderungen. Neben der Sulfatproblematik rückt zunehmend das Wassermengenproblem in den Fokus. Die Trockenjahre 2018, 2019 und 2020 lassen bereits erahnen, welche bedeutsamen Herausforderungen zur Stützung des Wasserhaushaltes auf Bund, Länder und Verursacher zur Aufrechterhaltung der wasserwirtschaftlichen Mindestanforderungen für das Spreesystem zukommen. Auch im Einzugsgebiet der Havel bestand durch die temperaturbedingt hohe Verdunstung und die geringen Niederschlagsjahressummen in den Jahren 2018 bis 2020 ein Wasserdefizit und die Zuflüsse nach Berlin waren besonders niedrig. Zudem steigt der Druck auf die Grundwasserressourcen angesichts einer wachsenden Bevölkerung bei gleichzeitig abnehmender Grundwasserneubildung spürbar. 88 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Um diesen Herausforderungen zu begegnen, stellt die SenUVMK in enger Zusammenarbeit mit den Berliner Wasserbetrieben und in Abstimmung mit dem Land Brandenburg derzeit den Masterplan Wasser auf. Ziel des Masterplans Wasser ist es, auf Grundlage von Analysen möglicher Veränderungen wasserwirtschaftlich relevanter Rahmenbedingungen und darauf aufbauender Risikobetrachtungen, Strategien und Handlungsoptionen zu erarbeiten, um die Trinkwasserversorgung, den Gewässerschutz und eine angepasste Abwasserentsorgung Berlins und des Berliner Umlands zu sichern. Der Masterplan Wasser bündelt als übergeordnete, strategische Rahmenplanung alle Maßnahmen, die dieser Zielstellung in besonderem Maße dienen. Die Umsetzung der WRRL, die ihrerseits auf die Verbesserung des Gewässerzustands abzielt, unterstützt die übergeordneten Ziele des Masterplans in hohem Maße. Eine Reihe von WRRL-Maßnahmen finden daher auch Eingang in den Masterplan Wasser, da sie für die Zielstellung des Masterplans von herausgehobener Bedeutung sind. Zugleich untermauert der Masterplan Wasser die hohe Relevanz der Umsetzung der WRRL, die in Berlin in besonderem Maße auch dem Schutz der Trinkwasserressourcen dient. Als prioritär werden im Masterplan Wasser vor allem die folgenden Handlungsbereiche eingestuft: — Erhöhung des vorsorgenden Gewässerschutzes, damit die zum Teil engen Wasserkreisläufe und eine zunehmende Kreislaufführung nicht zu einer Beeinträchtigung der Gewässerqualität und der Trinkwasserressourcen führen. Hierzu müssen vorrangig die wasserwirtschaftlichen Infrastrukturen ertüchtigt werden, insbesondere durch • weitere Reinigungsstufen auf den Klärwerken der BWB, • Ausweitung der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung, • Fortführung des Mischwassersanierungsprogramms und forcierte Umsetzung eines Sanierungsprogramms im Trennsystem. — Erschließung neuer/zusätzlicher Wasserressourcen und Maßnahmen zur Abfederung von Verbrauchssteigerungen, vor allem der Spitzenverbräuche, insbesondere durch • Wiederinbetriebnahme ehemaliger Wasserwerksstandorte, • Minderung der Inanspruchnahme der Grundwasserressourcen und Maßnahmen zur Erhöhung der Grundwasserneubildung, • Maßnahmen für einen sparsamen Umgang mit Wasser. In Frage kommen unter anderem optimierte Bewässerungsstrategien für das öffentliche Grün oder Maßnahmen zur Glättung von Spitzenbedarfen, etwa durch Steuerung von Trink-/Grund-/Oberflächenwasserentnahmen in Trockenzeiten. — Intensivierung der Zusammenarbeit mit Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und dem Bund zur Sicherstellung einer paritätischen Bewirtschaftung von Spree und Havel. Der Berliner Senat hat am 20. Juli 2021 den Zwischenbericht zum Stand der Erarbeitung des Masterplans Wasser beschlossen, der auf der Website der SenUMVK veröffentlicht wurde [Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, 2021]. Der Zwischenbericht beleuchtet die potenziellen zukünftigen Veränderungen wasserwirtschaftlich relevanter Rahmenbedingungen und stellt die bislang erzielten Ergebnisse szenarienbasierter Risikobetrachtungen für das Oberflächen- und Grundwasser vor. Er enthält des Weiteren eine Zusammenstellung der erforderlichen sowie zu prüfenden Maßnahmen beziehungsweise Handlungsoptionen und des derzeitigen Umsetzungsstands. Aufbauend auf diesem Zwischenbericht wird derzeit der Entwurf des ersten Berichts zum Masterplan Wasser erarbeitet, der neben einer vertieften Betrachtung der Risiken und Unsicherheiten zudem 32 Steckbriefe der Maßnahmen und Handlungsoptionen enthält. Die identifizierten Maßnahmen und Handlungsoptionen liegen – neben der SenUMVK – im Verantwortungsbereich weiterer Maßnahmenträger, insbesondere den BWB, und weisen in Teilen Querbezüge zu den Verantwortungsbereichen weiterer Ressorts auf. Daher erfolgen derzeit umfassende Abstimmungsprozesse, deren Ergebnisse Eingang in den Berichtsentwurf finden. Anschließend ist geplant, den Bericht im Entwurf zu veröffentlichen und der voraussichtlich erforderlichen strategischen Umweltprüfung zu unterziehen. Eine Finalisierung erfolgt nach Abschluss des zugehörigen Beteiligungsverfahrens. Neben diesem förmlichen Verfahren wird auch im Jahr 2022 die Beteiligung der Stakeholder sowie der interessierten Öffentlichkeit fortgesetzt. 89 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 8 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK Vor dem Hintergrund der naturräumlichen und wasserwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie den vielfältigen Nutzungsansprüchen, stellt das Erreichen der ambitionierten Umweltziele der WRRL im Gewässersystem Berlins die Stadt vor große Herausforderungen. In den vergangenen zwei Bewirtschaftungszeiträumen konnten wichtige Maßnahmen zur Erreichung der Umweltziele der WRRL umgesetzt werden. Weitere bedeutsame Maßnahmen werden in den nächsten Jahren ergriffen. Hervorzuheben sind hier insbesondere die umfassenden Investitionen auf den Klärwerken, die Aktivitäten zum Regenwassermanagement und Maßnahmen zur hydromorphologischen Verbesserung der Gewässer. Dennoch sind die Berliner Gewässer weiterhin einer Vielzahl von Belastungen ausgesetzt. Insgesamt erreicht kein Oberflächenwasserkörper den guten ökologischen Zustand beziehungsweise das gute ökologische Potenzial. Acht der 22 Fließgewässerkörper sind im mäßigen, sieben im unbefriedigenden und weitere sieben im schlechten ökologischen Zustand beziehungsweise Potenzial. Bei den Seen befindet sich die Hälfte der zwölf Wasserkörper im mäßigen und die andere Hälfte im unbefriedigenden ökologischen Zustand. Mit Blick auf die flussgebietsspezifischen Schadstoffe, die bei der Bewertung des ökologischen Zustands berücksichtigt werden, werden in einigen Oberflächenwasserkörpern Überschreitungen der Umweltqualitätsnormen für die Schwermetalle Kupfer und Zink (zehn beziehungsweise neun Wasserkörper), für die Industriechemikalien Polychlorierte Biphenyle (PCB) (sieben Wasserkörper) sowie für das Insektizid Imidacloprid (sieben Wasserkörper) festgestellt. Die Verfehlung des guten chemischen Zustandes der Berliner Oberflächengewässer ist vor allem auf ubiquitäre Stoffe beziehungsweise Schadstoffe, deren maßgebliche Einträge in der Vergangenheit liegen, zurückzuführen. Darüber hinaus tragen aktuelle Emissionen aus der Niederschlagsentwässerung bei einigen Oberflächenwasserkörpern zum Verfehlen des Umweltziels für den chemischen Zustand bei. Beim Grundwasser dominieren Ammonium und Sulfat sehr deutlich die Belastungssituation und führen zu einer Verfehlung des guten chemischen Grundwasserzustands. Weitere Stoffe und Stoffgruppen wie zum Beispiel Pflanzenschutzmittel und deren Metaboliten lassen sich in der Regel nicht oder nur begrenzt an einzelnen Messstellen nachweisen. Trotz der derzeit ausgeglichenen bis positiven Wasserbilanzen der Berliner Grundwasserkörper bestehen Unsicherheiten, ob der gute mengenmäßige Zustand auch zukünftig gewahrt werden kann. Insbesondere mit Blick auf die bereits eingetretenen und potenziellen zukünftigen Auswirkungen des Klimawandels und der Trinkwasser-Bedarfsentwicklung infolge der wachsenden Stadt besteht Untersuchungsbedarf. Wenngleich die Belastungssituation weiterhin hoch ist, werden an keinem Wasserkörper weniger strenge Umweltziele festgelegt. Auch im Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 ist es Ziel für die Berliner Oberflächenwasserkörper, einen guten ökologischen Zustand beziehungsweise ein gutes ökologisches Potenzial sowie einen guten chemischen Zustand zu erreichen. Auch für das Grundwasser ist es weiterhin Ziel, neben der Sicherung des guten mengenmäßigen Zustands, auch einen guten chemischen Grundwasserzustand zu erreichen. Für den Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 werden erneut Fristverlängerungen an den Berliner Wasserkörpern in Anspruch genommen. Es ist bereits jetzt absehbar, dass auch über 2027 hinaus, anders als von der WRRL vorgesehen, Fristverlängerungen auch aus anderen Gründen als „natürlichen Gegebenheiten“ in Anspruch genommen werden müssen. Wenngleich große Anstrengungen unternommen werden, um bis Ende 2027 möglichst viele Maßnahmen zu ergreifen, verbleiben Handlungsbereiche, in denen absehbar nicht alle Maßnahmen bis 2027 umgesetzt werden können. 90 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Im vorliegenden Bericht wird für die maßgeblichen Handlungsfelder — Verbesserung von Gewässerstruktur und Durchgängigkeit, — Reduzierung der Belastungen durch Nähr- und Schadstoffe sowie durch hydraulische Beeinträchtigungen, — Verbesserung des Grundwasserzustands dargelegt, welche Maßnahmen bereits umgesetzt werden konnten und welcher Handlungsbedarf weiterhin besteht. Sofern ein Ergreifen der Maßnahmen bis 2027 voraussichtlich nicht erreichbar ist, werden die Gründe hierfür erläutert und – wenn möglich – eingeschätzt, wann aus heutiger Sicht die Maßnahmen umgesetzt werden können sowie welche Unsicherheiten bei der Maßnahmenumsetzung bestehen. Darüber hinaus werden erste Einschätzungen zur Wirksamkeit der Maßnahmen beziehungsweise zur Regenerationszeit der Gewässer getroffen. In Berlin sind es – neben strukturverbessernden Maßnahmen an den Wasserstraßen – vor allem Maßnahmen der Regen- und Mischwasserbewirtschaftung, die absehbar nicht im erforderlichen Umfang bis 2027 ergriffen werden können. Insbesondere die Planung und Umsetzung von zentralen und semizentralen Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung ist sehr zeit- und kostenintensiv und mit vielen Unsicherheiten behaftet (Flächenverfügbarkeit, Verfügbarkeit von Investitionsmitteln, Planung, Genehmigung und Umsetzung und andere). Nach Umsetzung einer Vielzahl von Maßnahmen im Mischsystem sind verstärkt Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung aus dem bestehenden Kanalnetz des Trennsystems zu planen und umzusetzen. Darüber hinaus treibt die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz (SenUMVK) die dezentrale Bewirtschaftung von Regenwasser als maßgebliches Werkzeug zur Verringerung stofflicher und hydraulischer Gewässerbelastungen mit verschiedenen Instrumenten mit Nachdruck voran. Dennoch bleibt die Neuausrichtung des Umgangs mit Regenwasser ein sehr langfristiger Prozess, dem sich das Land Berlin aufgrund der gewachsenen Infrastrukturen noch über viele Jahre wird widmen müssen. Es kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass Maßnahmen weiterer Handlungsbereiche, wie die Aufrüstung der Kläranlagen mit einer weitergehenden Phosphorentfernung oder die Umsetzung der Gewässerentwicklungskonzepte, nicht abschließend bis 2027 ergriffen werden können. Um die Maßnahmen im kommenden Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 weitestmöglich voranzutreiben, sind die Aktivitäten zur Verbesserung des Gewässerzustands fortzuführen und weiter zu verstärken. Zudem muss – über die Umsetzung der WRRL hinaus – den potenziellen Veränderungen der wasserwirtschaftlichen Rahmenbedingungen begegnet werden. Nach einem langjährigen Rückgang des Trinkwasserverbrauchs seit den 1990er-Jahren steigen seit einigen Jahren die Verbrauchsmengen wieder merklich an. Die weiterhin wachsende Bevölkerung in Berlin und dem Berliner Umland wird zu einem steigenden Trinkwasserbedarf und somit auch einem erhöhten Abwasseranfall führen. Zugleich werden durch den Klimawandel Trockenphasen voraussichtlich zunehmen und länger andauern. Darüber hinaus stellen die Folgen des Braunkohletagebaus sowie des Kohleausstiegs bis 2038 in der Lausitz die Berliner Wasserwirtschaft vor große Herausforderungen. Neben der Sulfatproblematik rückt zunehmend das Wassermengenproblem in den Fokus. Die beiden Trockenjahre 2018/19 und auch das Jahr 2020 lassen bereits erahnen, welche bedeutsamen Herausforderungen zur Stützung des Wasserhaushaltes auf Bund, Länder und Verursacher zur Aufrechterhaltung der wasserwirtschaftlichen Mindestanforderungen für das Spreesystem zukommen. Die SenUMVK stellt derzeit den Masterplan Wasser auf. Ziel ist es, auf Grundlage von Analysen möglicher Veränderungen wasserwirtschaftlich relevanter Rahmenbedingungen und darauf aufbauender Risikobetrachtungen, Strategien und Handlungsoptionen zu erarbeiten, um die Trinkwasserversorgung, den Gewässerschutz und eine angepasste Abwasserentsorgung Berlins und des Berliner Umlands zu sichern. Er soll als mittel- und langfristige Strategie der Wasserwirtschaft in Berlin die Grundlage für darauf aufbauende Konzepte und Planungen von Anpassungsmaßnahmen bilden. Teil des Masterplans Wasser ist auch die Aufstellung einer Spurenstoffstrategie, die gemeinsam mit dem Land Brandenburg erarbeitet wurde. Neben der Verwirklichung immissionsbasierter Ziele ist es Ziel, für alle Großklärwerke der Berliner Wasserbetriebe mittelfristig die beste verfügbare Technologie zur Entfernung von Spurenstoffen im Sinne eines vorsorgenden Gewässer- und Ressourcenschutzes zu etablieren. 91 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 9 LITERATUR BGR – Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (2020): BGR-Geoviewer. https://geoviewer.bgr.de/mapapps4/resources/apps/geoviewer/index.html?lang=de (letzter Abruf: 22. Dezember 2020). Chorus, I.; Köhler, A.; Beulker, C. et al. (2020): Decades needed for ecosystem components to respond to a sharp and drastic phosphorus load reduction. Hydrobiologia 847, 4621–4651. DWD (2019): Klimareport Brandenburg. Fakten bis zur Gegenwart – Erwartungen für die Zukunft. Offenbach am Main. Feibicke, M.; Setzer, S.; Schwanemann, T.; Rissel, R.; Ahting, M.; Nöh, I.; Schmidt, R. (2018): Sind kupferhaltige Antifouling-Anstriche ein Problem für unsere Gewässer? Hintergrund. Umweltbundesamt: Dessau-Roßlau. FGG Elbe – Flussgebietsgemeinschaft Elbe (Hrsg.) (2021a): Zweite Aktualisierung des Bewirtschaftungsplans nach § 83 WHG bzw. Artikel 13 der Richtlinie 2000/60/EG für den deutschen Teil der Flussgebietseinheit Elbe für den Zeitraum von 2022 bis 2027. Magdeburg. FGG Elbe – Flussgebietsgemeinschaft Elbe (Hrsg.) (2021b): Zweite Aktualisierung des Maßnahmenprogramms nach § 82 WHG bzw. Art. 11 der Richtlinie 2000/60/EG für den deutschen Teil der Flussgebietseinheit Elbe für den Zeitraum von 2022 bis 2027. Magdeburg. Glugla, G.; Goedecke, M.; Wessolek, G.; Fürtig, G. (1999): Langjährige Abflussbildung und Wasserhaushalt im urbanen Gebiet Berlin. Wasserwirtschaft 89, 34–41. Grimm-Strehle, J. (2003): WRRL – Mengenmäßiger Zustand des Grundwassers. LAWA-Workshop Bonn, Mai 2003 [unveröff. Sitzungsunterlagen]. GrwV (2017): Grundwasserverordnung vom 9. November 2010 (BGBl. I S. 1513), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 4. Mai 2017 (BGBl. I S. 1044) geändert worden ist. Jahnke, C. (2014): Genetische Interpretation erhöhter Ammoniumkonzentrationen zur Überprüfung der Grundwassergüte und der Analyse anthropogener und geogener Einflüsse. Detailbewertung der Grundwasserkörper „at risk“. Erarbeitet im Auftrag des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg (Hrsg.), Abteilung Ökologie, Naturschutz und Wasser. Abschlussbericht Teil B (unveröffentlicht). Kaden, S.; Kantelberg, G.; Rehfeld-Klein, M.; Sauer, C.; Schumacher, F. & J. Walter (2002): Hydrologie. In: Köhler, J.; Gelbrecht, J. & M. Pusch (Hrsg.): Die Spree – Zustand, Probleme, Entwicklungsmöglichkeiten. Stuttgart: Schweizerbart, 37–61. Kappas, M. (2012): Geographische Informationssysteme (GIS): 2. Auflage. Das Geographische Seminar, Band 14. 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LAWA – Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (2012): Handlungsempfehlungen zur Berücksichtigung grundwasserabhängiger Landökosysteme bei der Risikoanalyse und Zustandsbewertung der Grundwasserkörper. LAWA-Ausschuss „Grundwasser und Wasserversorgung“, Stand: 29. Februar2012. 92 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE LAWA – Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (2019a): Aktualisierung und Anpassung der LAWA-Arbeitshilfe zur Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie, Teil 3, Kapitel II.1.2 – Grundwasser. LAWA-Ausschuss „Grundwasser und Wasserversorgung“, Stand 17. Juni 2019. LAWA – Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (2019b): Empfehlung für die Begründung von Fristverlängerungen auf Grund von „natürlichen Gegebenheiten“ für die Ökologie. LAWA-Ausschuss „Oberirdische Gewässer und Küstengewässer“, Stand: 18. Oktober 2019. Limberg, A.; Thierbach, J. (1997): Gliederung der Grundwasserleiter in Berlin. Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge 4 (2). 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Rigi Kaltbad, Schweiz. 94 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 10 ANHANG 10.1 Steckbriefe der Berliner Wasserkörper Die Wasserwirtschaftsverwaltungen der Länder haben in Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) einheitliche Wasserkörpersteckbriefe entwickelt. Über die Links in der nachfolgenden Tabelle 14 können zu den Berliner Grund- und Oberflächenwasserkörpern ausgewählte Informationen aus dem Datensatz der elektronischen Berichterstattung an die EU zur Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme für den Zeitraum 2022 bis 2027 abgerufen werden. Aufgrund der Vorgaben zur elektronischen EU-Berichterstattung können Angaben in den Steckbriefen von den Angaben im Entwurf des Bewirtschaftungsplans und des Maßnahmenprogramms der FGG Elbe sowie des vorliegenden Länderberichts abweichen. Außerdem werden die Datengrundlagen noch voraussichtlich bis zum 30. September 2021 bei Bedarf fortgeschrieben. 95 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Tabelle 14: Steckbriefe der Berliner Wasserkörper Seewasserkörper Nieder-Neuendorfer See Berliner Oberhavel Dämeritzsee Großer Müggelsee Groß Glienicker See Seddinsee Großer Wannsee Zeuthener See Langer See Tegeler See Berliner Unterhavel 1 Berliner Unterhavel 2 Fließgewässerkörper Berliner Unterhavel Tegeler Fließ 1 Tegeler Fließ 2 Tegeler Fließ 3 Stadtspree 1 Stadtspree 2 Müggelspree, Rahnsdorf Neuenhagener Mühlenfließ Gosener Graben Wuhle-Mündung Wuhle, Oberlauf Neue Wuhle Panke unterhalb Verteilerbauwerk Panke oberhalb Verteilerbauwerk Lietzengraben Laake Fließgraben Kanäle südlich der Spree Kanäle nördlich der Spree Teltowkanal 1 Teltowkanal 2 Kuhlake Grundwasserkörper Obere Havel BE Untere Havel BE Untere Spree BE 96 DELW_DEBE_80001581959 DELW_DEBE_80001581959_2 DELW_DEBE_800015827919 DELW_DEBE_800015827959 DELW_DEBE_80001583583 DELW_DEBE_80002582893 DELW_DEBE_8000258359 DELW_DEBE_80003582879 DELW_DEBE_800045828959 DELW_DEBE_800055819699 DELW_DEBE_8000958359_1 DELW_DEBE_8000958359_2 DERW_DEBE_58_3 DERW_DEBE_58196_1 DERW_DEBE_58196_2 DERW_DEBE_58196_3 DERW_DEBE_582_1 DERW_DEBE_582_2 DERW_DEBE_582_6 DERW_DEBE_582798_1 DERW_DEBE_5828922 DERW_DEBE_58292_1 DERW_DEBE_58292_2 DERW_DEBE_582922 DERW_DEBE_58294_1 DERW_DEBE_58294_2 DERW_DEBE_582942 DERW_DEBE_582944 DERW_DEBE_582946 DERW_DEBE_58296 DERW_DEBE_582984 DERW_DEBE_5838_1 DERW_DEBE_5838_2 DERW_DEBE_585244 DEGB_DEBE_HAV_OH_1 DEGB_DEBE_HAV_UH_1 DEGB_DEBE_HAV_US_1 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE 10.2 Grundwassermessstellen zur Bewertung der bedeutenden grundwasserabhängigen Landökosysteme Tabelle 15: Liste der für die Bewertung der bedeutenden gwaLös verwendeten Grundwassermessstellen BEREICH SPANDAUER FORST GWMS- X-Koordinate Y-Koordinate Filtertiefe in Nr. (ETRS89) (ETRS89) m unter Geländeoberkante 1505 1549 1550 1521 1522 1526 1527 1942 1547 1548 1529 1552 511 374751,91 377830,17 378509,71 375817,03 375779,26 376834,23 376685,90 373667,95 377140,44 377667,87 379535,25 378797,88 379303,30 5828393,49 5826889,94 5827549,97 5828454,20 5828938,90 5828361,84 5827818,69 5827186,19 5827218,06 5827871,98 5825795,54 5827349,49 5825515,70 7,7 bis 8,7 7,1 bis 8,1 8,8 bis 10,8 9,4 bis 12,4 10,7 bis 11,7 30,8 bis 35,8 9,0 bis 10,0 2,3 bis 9,3 9,0 bis 10,0 7,8 bis 8,8 11,6 bis 12,6 8,3 bis 9,3 19,0 bis 25,0 Entfernung zum nächstgelegenen gwaLös in [m] 0 100 382 25 100 100 70 400 55 100 130 80 110 Ergebnis TrendAbweichung des mittleren auswertung [%/a] jährlichen Grundwasserflurfür 30 Jahre abstands ab 2000 gegenüber dem langjährigen Mittel (1991 bis 2000) –0,03 keine Abweichung 0,05 keine Abweichung 0,00 keine Abweichung 0,26 keine Abweichung –0,01 keine Abweichung 0,34 keine Abweichung 0,38 keine Abweichung 0,09 keine Abweichung 0,42 keine Abweichung 0,22 keine Abweichung –0,36 keine Abweichung –0,15 keine Abweichung –0,22 keine Abweichung BEREICH KÖPENICK Krumme Lake Müggelspreeniederung GWMS- X-Koordinate Y-Koordinate Filtertiefe in Entfernung zum Nr. (ETRS89) (ETRS89) [m] unter Ge- nächstgelegenen ländeobergwaLös in [m] kante Ergebnis Trendauswertung [%/a] für 20 Jahre, bzw. 30 Jahre wo gekennzeichnet 0,34 (30 Jahre) –0,69 8287 5039 411010,79 410612,00 5807937,55 14,1 bis 18,4 5808260,70 7,5 bis 9,5 140 0 9564 9573 410074,53 410462,11 400 270 –0,29 –0,33 8675 5042 409825,61 412464,90 5809338,16 8,88 bis 9,88 5808897,86 12,55 bis 13,55 5807183,17 5,0 bis 7,0 5808695,60 7,0 bis 9,0 490 14 0,06 (30 Jahre) –1,64 Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserflurabstands ab 2000 gegenüber dem langjährigen Mittel (1991 bis 2000) keine Abweichung keine Abweichung (Bezugszeitraum 1996 bis 2000) keine Abweichung keine Abweichung keine Abweichung keine Abweichung (Bezugszeitraum 1996 bis 2000) Teufelsmoor Köpenick GWMS- X-Koordinate Y-Koordinate Filtertiefe in Entfernung zum Ergebnis TrendausNr. (ETRS89) (ETRS89) [m] unter Ge- nächstgelegenen wertung [%/a] für ländeobergwaLös in [m] 30 Jahre kante 5036 9374 406836,80 407120,10 5808739,00 5808602,80 6,0 bis 8,0 11,09 bis 12,09 5 10 0,95 1,10 Abweichung des mittleren jährlichen Grundwasserflurabstands ab 2000 gegenüber dem langjährigen Mittel (1991 bis 2000) keine Abweichung keine Abweichung 97 BERLINER BERICHT ZUR UMSETZUNG DER WASSERRAHMENRICHTLINIE Krumme Lake Grünau GWMS- X-Koordinate Y-Koordinate Filtertiefe in Entfernung zum Nr. (ETRS89) (ETRS89) [m] unter Ge- nächstgelegenen ländeobergwaLös in [m] kante 5051 405967,80 5806503,20 7,0 bis 9,0 110 Ergebnis TrendAbweichung des mittleren auswertung [%/a] jährlichen Grundwasserflurfür 20 Jahre abstands ab 2000 gegenüber dem langjährigen Mittel (1991 bis 2000) –0,55 keine Abweichung Neue Wiesen GWMS- X-Koordinate Y-Koordinate Filtertiefe in Entfernung zum Nr. (ETRS89) (ETRS89) [m] unter Ge- nächstgelegenen ländeobergwaLös in [m] kante 5040 405158,60 5809515,20 7,7 bis 9,7 0 Ergebnis TrendAbweichung des mittleren auswertung [%/a] jährlichen Grundwasserflurfür 20 Jahre abstands ab 2000 gegenüber dem langjährigen Mittel (1991 bis 2000) -1,62 keine Abweichung Bereich Grunewald GWMS- X-Koordinate Y-Koordinate Filtertiefe in Entfernung zum Nr. (ETRS89) (ETRS89) [m] unter Ge- nächstgelegenen ländeobergwaLös in [m] kante 642 380649,91 5820946,6 645 380275,39 5820497,75 685 381491,40 5814388,3 693 382099,18 5815244,98 738 381111,80 5813339,6 1604 380130,01 5818269,65 1614 1615 1725 1746 379106,59 378619,99 381437,40 381943,02 5816983,19 5816056,49 5813824,05 5814857,37 1872 380221,06 5817010,99 1934 7041 7053 380009,84 382085,15 378267,40 5820993,78 5815758,61 5815925,8 98 16,17 bis 17,17 27,39 bis 28,39 18,27 bis 19,27 22,65 bis 24,65 24,36 bis 25,36 13,55 bis 15,55 18,5 bis 41,5 22,6 bis 23,6 24,3 bis 25,3 20,49 bis 21,49 22,55 bis 29,55 16,3 bis 17,3 18,6 bis 32,6 27,63 bis 30,58 280 Ergebnis TrendAbweichung des mittleren auswertung [%/a] jährlichen Grundwasserflurfür 30 Jahre abstands ab 2000 gegenüber dem langjährigen Mittel (1991 bis 2000) 1,68 positive Abweichung 30 1,84 positive Abweichung 150 0,37 negative Abweichung 90 1,10 keine Abweichung 40 1,24 keine Abweichung 100 0,64 keine Abweichung 300 40 5 170 -1,07 -1,34 0,81 0,34 negative Abweichung negative Abweichung keine Abweichung keine Abweichung 160 -0,45 negative Abweichung 130 25 300 1,31 0,63 -1,40 keine Abweichung keine Abweichung negative Abweichung
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