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rich Wilhelm II., sich mit der Madame Encke, die spaͤter Graͤfin Lichtenau hieß,
liierte und vielen anderen Abenteuern nachging. Das gesellige Treiben der
Berliner Gesellschaft bekam eine solche Wildheit, daß auf den Redouten
keine Charakermasken mehr geduldet werden konnten. Diese Redou—
ten fanden zweimal woͤchentlich im Opernhaus statt. Seitdem die Cha—
raktermasken brauchte Maͤn⸗
oerboten wa— telchen der
ren, beklagte Liebe um⸗
man sich weni⸗ hingen. Wei—
ger uͤber Unan— berwechsel und
staͤndigkeiten. Hausfreund—⸗
Aber die Zei— schaften weit—
chen des Ver— gehendster Art
falls, der Ent— waren nichts
nervung und Seltenes. Fuͤr
Erschlaffung alle diese Dinge
begannen doch hatte man ein
mmer wieder Trostwort be—
jervorzutreten. reit. Als die
Rousseau, Nichte von Hen⸗
Goethe und riette Herz
Wielandhatten drei Monate
zewirkt — und nach ihrer Hoch⸗
wurden in ei— zeit ein Kind
ner gewissen zur Welt brach⸗
Entstellung die te, klagte die
Schirmherren Tante emp—
einer ziemlich findsam:
bedeutenden „Wiedie
Zuchtlosigkeit Menschen
der hoͤheren durch ihre Un—
Kreise, die maͤßigkeit sich
ihrem Treiben die schoͤnste
das so oft miß⸗ Zeit verderben
— das Erhoͤhen durch Entbehren verstehen die Gemeinen nicht. Die Ver—
schaͤmtheit ist aus der Welt gewichen, und zwar nicht aus dem schoͤnen Grunde,
weil die Welt unschuldig ist.“
Verkehrt waͤre es, aus einem etwas freieren Liebesleben allein auf die
Verderbtheit einer Epoche schließen zu wollen. Mit philisterhafter Eng—
herzigkeit und mit der Forderung des Innehaltens vorgeschriebener strenger
—F. Bolt: Am Kamin.