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geschminkte Schoͤnheit und die Rokokomode der Franzoͤsin uͤberwinden.
Auf Deutschland, das sich noch in vielen Dingen das Ausland zum Vorbild
nahm, wirkte die englische Mode bald ein. Auꝙ in Berlin, dem Wohnsitz des
Verbuͤndeten der britischen Pfeffersaͤcke, machte sie sich geltend — aber sie
mußte stets die franzoͤsische Mode neben sich dulden. Ein anderer Reisender
schrieb jedenfalls:
„Die Trompeusen oder gorges postiches mit hochstehendem Kragen sind
noch immer die Lieblingsmode der hiesigen Damen. Sie geben zwar ein
stattliches Ansehen, allein der Freund der Natur und der Wahrheit muß
ihnen seinen Beifall versagen.
Einer der naivsten Anzuͤge sind die Karakos von Linon oder dergleichen.
Sie werden jetzt sehr viel getragen und verleihen einer schoͤnen Taille einen
unwiderstehlichen Reiz. Die Roͤcke dazu von Linon, Mousseline und dergleichen
sind mit Band garniert oder mit Kanten von Eichenlaub gestickt. Man traͤgt
auch farbige Roͤcke darunter, was sehr gut aussieht.
Fast alles wird jetzt mit blauem und rotem Garn gestickt: dadurch ist die
brillante seidene Stickerei fast ganz verdraͤngt worden. Tuͤrkisches Garn kann
man hier in allen Farben echt haben. Im Winter ist die Hauptfarbe der
Damenkleidung Schwarz. Man beobachtet denselben Wechsel je nach der
Tageszeit, oder wechselt auch ebenso wenig wie im Sommer. Außerdem
werden Capots, lange Pelzmaͤntel, wattierte Enveloppen, lange Leibpelze,
Atlas, Grosdetours und Taft getragen.“
Nicht nur Tadler gab es, wie den Osterreicher, die uͤber die ÜUbertreibung
im Anzug der tigkeit und Un—
Berliner Da— gezwungenheit
men ein La— herrschte in der
mentoerhoben. Kleidung. Nur
Andere Rei— wurde die Fri⸗
sende bemerk— sur oft unna—
ten, daß es tuͤrlich aufge—
neben Damen, bauscht. Die
die sich in Über— Kopfputze tru⸗
treibung ge— gen ganz aben⸗
fielen, auch teuerliche Na—
oiele gab, die men: Hamlet,
sich außer⸗ Turk, Arab,
ordentlich rei⸗— Cosak usw. Sie
zend zu kleiden waren so un—
wußten. Eine geheuer, daß
gewisse Leich— sie auf den
Chodiwiecki: Satire auf die Mode 1790.