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Die Damen

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

Nur ganz „vornehme Frauenzimmer“ trugen 
—A 
den weitabstehenden Reifroͤcken nicht frieren 
wollte, der zog einen engen, mit Pelz ge— 
fuͤtterten Unterrock uͤber das Hemd. 
Selbst lange Kniestruͤmpfe waren nicht 
bei allen Frauen zu finden. Viele banden 
ihre Struͤmpfe unterm Knie oder gar mitten 
auf der Wade — alles aus Koketterie. Denn 
die weiten Reifroͤcke waren meist „fußfrei“ 
und ließen es zu, daß mit den zierlichen 
Fuͤßen ebenso eifrig der Maͤnnerfang betrieben 
wurde wie mit der engen Taille. . .. 
Daß unter solchen Umstaͤnden auch 
die Haͤndler mit Kosmetika und allerlei 
Schoͤnheitsmitteln ihren Vorteil fanden, ist 
nicht zum verwundern. Wasser gegen Finnen 
und Sommersprossen, gegen Warzen und 
haͤßliche Male wurde ebenso eifrig und mit 
lautem Halloh ausgeboten wie heute. Ja, 
auch damals beherrschten schon gewisse 
Menschen die Kunst, aus alten runzligen 
Schachteln wieder „zarte und schoͤne Weibchen“ zu machen. Sonderbarer⸗ 
weise betaͤtigten sich in dieser vielbeschaͤftigten Kunst meist Leute, die sich 
auch als Zahnaͤrzte und Zahntechniker ankuͤndeten. Sie verschoͤnten nicht 
nur den Mund, sondern hatten auch „Augenwasser und kuͤnstliches Wasser, 
das eine schoͤne zarte und weiße Haut machet und sie frisch erhaͤlt — Teig, so 
schoͤne weiße Haͤnde machet“ und viel aͤhnliches Zeug mehr, das doch sehr 
begehrt sein mußte. Denn in der Stadt von noch nicht 100 000 Einwohnern 
hielten sich eine ganze Menge solcher Zahnaͤrzte und Schoͤnheitsdoktoren auf, 
deren Einnahme es vertrug, daß sie eine Reklame machten wie heute manche 
Warenhaͤuser. 
Viele, viele mußten der Schoͤnheit beduͤrfen. .... 
Nachdem solange die Lust am aͤußeren Schmuck des Leibes hatte Be— 
scheidenheit uͤben muͤssen, konnte sie sich endlich so recht nach Herzenslust aus⸗ 
toben. Was der junge Koͤnig seinem Hof vormachte: die Einkleidung aller 
Hofbeamten und Domestiken in praͤchtige Gewaͤnder nach franzoͤsischer Art, 
war fuͤr die Damenwelt eine Aufforderung zum eifrigen Nachahmen. Das 
Pariser Modejournal wurde mit gruͤndlicher Gewissenhaftigkeit studiert, und 
Schminke, Schoͤnpflaͤsterchen, Reifroͤcke, vor allem aber die theatralischen
	        
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