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Von Bürgern und Kindern

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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Philipp Frank: Interieur. 
aͤhnlichen Tanzstuͤckchen auffuͤhren, wie die Zirkusse sie bieten. Auch 
berzichten diese buͤrgerlichen Frauen oft auf die Theaterbesuche — 
nicht immer gern. Aber dies Vergnuͤgen ist jetzt so teuer geworden — Fritz 
Engel schaͤtzt es fuͤr zwei Personen auf 20—30 Mk. —, daß manche Frau 
es sich uͤberlegt, ob sie das von ihrem Manne verlangen soll. Auch macht sich 
eine gewisse Theatermuͤdigkeit bemerkbar. Die Menschen wollen nicht mehr 
erregt werden — das Großstadtleben ist schon so erregend. Sie ziehen leichte 
Genuͤsse, Operette und Kinematographen vor — und gehen am liebsten hinaus 
ins Freie. An jedem schoͤnen Tage ist die Berliner Umgebung uͤberschwemmt 
mit Menschen. Sie wollen Sonnenschein und Baumgruͤn, einen freien Blick 
uͤber weites Wasser, Waldstille und reine Luft genießen. Das alles brauchen 
sie notwendiger als Theatererregungen. Und wenn auch die zertrampelten 
Waldwege, die fortgeworfenen Stullenpapiere und der grelle Gesang uͤber—⸗ 
froͤhlicher Leute manch feineres Gefuͤhl stoͤren — diese Sehnsucht ins Freie 
ist das Beste am Buͤrgertum. In diesen gediegenen Kreisen des Buͤrgertums 
werden auch noch die alten derben Berliner Gerichte — Erbsen mit Poͤkel— 
fleisch und Sauerkohl, Rotkohl und Bratwurst, Karpfen in Bier, die „jut je— 
bratene Jans“, braun gebraten und mit Apfel gefuͤllt — sehr geschaͤtzt. Wo 
das alles mit einem kuͤnstlerischen Anstrich, mit Scherz und geistvoller Unter— 
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