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1861: Freundinnen nähen gemeinsam das Kleid der Braut.
aus der Gesellschaft vor den zahlreich zuschauenden jungen Damen und Back—
fischen ihre Ubungen machten und mit den Offizieren kokettierten. Aus dem
Skating Ring, der in der Bernburger Straße erbaut worden war, entstand
schließlich die Philharmonie, weil die Rollschuhlauferei nicht genuͤgte, die
Ausgaben fuͤr das große Etablissement zu decken. Eine große, reiche Schicht
existierte ja auch noch nicht, die solche Saͤle fuͤllen konnte. Und der gebildete
Mittelstand mußte sehr genau mit seinem Geld rechnen — wie auch heute
noch. Seine Frauen holen meist selbst ein, greifen in der Kuͤche zu, naͤhen
manche Kleidungsstuͤcke, putzen sich selbst die Huͤte und haben mit dem
„Vater“ erst einen Kampf zu bestehen, wenn sie sich ein neues Kleid kaufen
wollen. Gewoͤhnlich wird wegen der Wohnung, der Kleidung, der Schul—
gelder und des „standesgemaͤßen“ Auftretens die Ernaͤhrung uͤber Gebuͤhr
geschmaͤlert. Die Portierfrau in den Haͤusern des Mittelstandes kauft mehr
Fleisch beim Schlaͤchter und mehr Gaͤnse auf dem Marlt als die Frau des
Redakteurs. Waren Toͤchter im Hause, so mußten die Kraͤnzchenkleider
vom Munde abgespart werden. Jetzt ist das ja anders geworden Die Maͤdchen
des Mittelstandes sitzen nicht mehr unnuͤtz zu Hause, wo sie das Klavier
und ihre Umgebung quaͤlten. Sie gehen jetzt in die Bureaus oder verdienen
sich ihr Brot als Lehrerinnen. Die Frau im Mittelstand muß eben tuͤchtig