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Von Bürgern und Kindern

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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ten Treppen, unter diesem 
Heer von rechnenden und 
schreibenden Comptoiristen, 
oon verkaufenden Commis 
und Ladenjungfern, von be— 
gehrlichen, verschwenderisch 
freigebigen oder aͤngstlich 
feilschenden Kaͤufern!“ 
So hatte sich Berlin 
zur Weltstadt entwickelt. In 
den Kriegen hatten beson— 
ders die buͤrgerlichen Frauen 
ihre weibliche Pflicht getan 
und die Wunden gelindert. 
Nach den Kriegen und Sie— 
gen, als Berlin eine richtige 
Millionenstadt geworden 
war, hoͤrte das UÜbergewicht 
des behaͤbigen und intelli— 
genten Kleinbuͤrgerlichen 
auf, das so lange noch immer 
das Berlinertum beherrscht 
hatte. Am deutlichsten trat 
das im Kult der Bierpalaͤste 
zu Tage. Die kleineren Knei— 
pen mit ihren Stammtischen 
gingen ein. Ein unpersoͤn— 
liches Verhaͤltnis zwischen Wirt und Gaͤsten entstand. Schon in den achtziger Jahren 
wohnten viele Geschaͤftsleute, Beamte und Schriftsteller in den Vorstaͤdten und 
Vororten —weil dort die Mieten niedriger waren und die Kinder gesunde Spiel—⸗ 
plaͤtze fanden. Die Vaͤter gewoͤhnten sich tagsuͤber an die Kneipen und gingen 
auch abends hincin. Die Frauen, zu Hause der Langenweile uͤberlassen, 
gingen schließlich mit in die Kneipe. Und weil die Kneipraͤume reicher und 
reicher wurden, fuͤhlte man sich nicht wohl in den engen Wohnungen und gab 
in den Kneipen mehr aus als fuͤr die Wohnung. Auch gingen die Frauen nach 
dem Theater und dem Konzert ins Kaffeehaus. Im Fasching saßen sie dort 
wohl in Ballkostuͤmen neben den Kokotten bis morgens. Das war die Zeit, 
als die Maskenbaͤlle immer prunkvoller wurden und als die Kuͤnstler ihre 
historischen Feste veranstalteten. In jenen Jahren entstand auch die erste Roll— 
schubbahn, auf der eine kleine Zahl von Angehoͤrigen der Kuͤnstlerkreise und
	        
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