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L. Löffler 1860: Privattheaterzirkel
bis zum schlichten Handwerker herab, strebte, einem derartigen Verein an—
zugehoͤren, sich hier vollstaͤndig mit Frau und Kindern dem Teufel zu ver—
schreiben. Gewoͤhnlich war alle Sonntage Theater und nachher Kraͤnzchen;
im Sommer schoben die Alten im Garten Kegel, und die junge Welt trieb
Spielereien und Spiele, die oft zu anstaͤndigen „Verhaͤltnissen“ und dann
gewoͤhnlich zu ehelichen Verbindungen fuͤhrten. Das Theater selbst wurde
heilig gehalten, die Schauspieler und Schauspielerinnen spielten die ersten
Geigen in der Gesellschaft, waren die aristokratische Kaste. Man stattete die
Buͤhne oft sehr reich aus, und unter den Dilettanten war ein Wetteifer, den
Herr von Huͤlsen nur gekannt hat, als er noch nicht Generalintendant der
Koͤniglichen Schauspiele war. Mancher treffliche Kuͤnstler, manche beruͤhmte
Schauspielerin der oͤffentlichen Institute ist aus diesen Pflanzstaͤtten hervor—
gegangen und hat diesen selbst eine hoͤhere Weihe, ein stolzes Selbstbewußtsein
zuruͤckgegeben. Unter diesen Liebhabertheatern Berlins haben namentlich
„Urania“ und „Concordia“ solche Ehrenplaͤtze errungen und auch gluͤcklich bis
heute den Sturm uͤberstanden, der so viele dieser alten Gesellschaften seit 1848
vernichtet hat. Wohl existieren noch viele dergleichen, alte wie neue; aber
der alte Geist ist nicht mehr in ihnen, ihre soziale Seite ist lahm geworden.
Das Theaterleben speziell, sonst in geschlossenen Kreisen mit Enthusiasmus