fand sich ein kleiner Kreis zusammen. Von der noch recht stillen Straße kam
kaum ein Laut herauf. Von dem Tisch aus gab eine hohe Schirmlampe ge—
daͤmpftes Licht. Rund herum saßen die Damen: Die Frau, die Tochter und
andere junge Bekannte des Hauses. Allzu warm muß es wohl nicht ge—⸗
wesen sein. Denn ein Gast saß fast stets in der Naͤhe des Ofens auf einem
Holzkorb. Zur Teestunde erschien Kugler selbst und setzte sich an das Klavier,
uͤber dem eine gute Kopie des heiligen Franziskus von Murillo hing. Und
nun spielte und sang er in bunter Reihenfolge deutsche und daͤnische, venezia—
nische und neapolitanische Volkslieder. Jeder wuͤnschte sein besonderes
Lieblingsstuͤk. In seiner unvirtuosenhaften, anspruchslosen Art erhob er
keinen Anspruch, mit Gesang und Spiel Vollkommenes zu geben. Aber diese
Art entsprach der wohltuenden Geselligkeit einer Zeit, wo noch die Holzkoͤrbe
in den Zimmern standen und man sich an den Kacheloͤfen waͤrmen konnte.
Das heißt: Nicht in allen Wohnungen, nicht in allen Zimmern gab's
Kacheloͤfen. Die Heizvorrichtungen waren noch sehr mangelhaft. Viele
Ofen hatten nur eine rauhe Oberflaͤche von Gyps, die bunt bemalt worden
war. Nur in den besseren Zimmern standen weiße Kacheloͤfen, in den anderen
standen braune oder gruͤne, die oft noch, wie in alten Schloͤssern, vom Flur
aus geheizt wurden. Durch diese Heizmethode fehlte den Zimmern die noͤtige
Ventilation. Um nun die rasch verdorbene Luft ertraͤglich zu machen, wurde
geraͤuchert mit Kerzen oder Essenzen. Die vornehmeren Damen sammelten
Rosen oder andere wohlriechende Blaͤtter, salzten sie und stellten diese Mischung
in Vasen auf, die dann einen milden, gleichmaͤßigen Duft verbreiteten.
Auch die großen literarischen und politischen Salons der ersten Haͤlfte
des 19. Jahrhunderts wurden nicht etwa in großartigen Prunkraͤumen ab—
gehalten. Die Herzogin von Kurland, die im ersten Jahrzehnt Unter den
Linden in ihrem Palais empfing, konnte allerdings fuͤrstliche Raͤume oͤffnen.
Aber andere Frauen, die nicht uͤber die großen Einkuͤnfte einer Herzogin ver—
fuͤgen konnten, waren aus solchen Gruͤnden nicht von der Moͤglichkeit aus—
geschlossen, einen Salon zu unterhalten. Rahel Varnhagen, bei der alle
literarischen, politischen und wissenschaftlichen Beruͤhmtheiten jener Zeit
verkehrten, konnte nur in einfachen Raͤumen empfangen. Einer ihrer Besucher
kam einmal zu ihr, als sie auf einem Sofa saß, neben sich ein schlafendes Kind,
eine Nichte. Rahel schob den Tisch ein wenig beiseite und erhob sich, um dem
Besucher entgegenzugehen. Hier haben wir also das bescheidene altvaͤterliche
Sofa mit dem Tisch davor. Nicht nur in Spießbuͤrgerwohnungen war es zu
finden. Selbst die Geistreichen der Zeit wußten seine Gemuͤtlichkeit zu
schaͤtzen.
Der Geist und das Behagen, die in solchen schlichten Raͤumen walteten,
die seelische Regsamkeit und das seelische Gleichgewicht unserer Vorfahren