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fiel, so ging alle viertel oder halbe Stunde eine Abloͤsung vor sich. Sobald
sich ein Polizeibeamter hinter der Koͤnigsmauer blicken ließ, wurden alle diese
Wachtposten sofort eingezogen; kaum hatte der Beamte aber den Ruͤcken
gedreht, so kamen sie auch wieder zum Vorschein.
Mit den Gaͤsten stellten sich auch in den meisten Bordellen Gitarrenspieler
ein, deren Geklimper den ganzen Abend hindurch waͤhrte. Zu diesem Spiele
erhoben fast alle Maͤdchen und Gaͤste ihre Stimmen, so daß gewoͤhnlich in dem
Versammlungssaal ein bedeutender Laͤrm herrschte, den ein einzelner schwer
zu uͤbertoͤnen vermochte. Die Dirnen saßen entweder an den Waͤnden zur
Schau, oder sie gingen paarweise in dem Saale umher oder endlich taͤndelten
sie mit den anwesenden Gaͤsten. Grobe Unsittlichkeiten durften jedoch in dem
Saale niemals vorgenommen werden; es herrschte sogar in ihnen, namentlich
in den besseren Bordellen, ein gewisser anstaͤndiger Ton. Die Betraͤge fuͤr
die verzehrten Getraͤnke mußten aber gleich am Ladentische an die Wirtin
oder die Aufwaͤrterin entrichtet werden. Diese Betraͤge waren meist
sehr hoch, und uͤberstiegen den wahren Wert der gelieferten Getraͤnke
nicht selten um das Sechsfache. Ein kleines Glas Weisbier kostete z. B.
drei Silbergroschen.
Mit dem Eintritt der Mitternacht wurden die Bordelle zwar dem
aͤußeren Anschein nach geschlossen, indem man die Haustuͤren ver—
riegelte und die Fensterladen heranzog, im Innern waͤhrte aber das
Treiben noch bis gegen Zund 4 Uhr morgens fort. Um die Kommunika—
tion nach außen bis zu dieser Zeit noch fortdauern lassen zu koͤnnen,
waren in den Fensterlaͤden kleine Klappen angebracht, an denen ein
Maͤdchen als Wache ausgestellt war. Naͤherte sich ein Nachtschwaͤrmer,
so wurde er von ihr angerufen und zum Eintritt eingeladen; kam aber
ein Unberufener, namentlich ein Betrunkener, oder witterte man die Naͤhe
eines Polizeibeamten, so schloß sich die Klappe hermetisch fest. Wenn es
dem Polizeibeamten endlich nach langem Klopfen gelang, den Eintritt
zu gewinnen, so lag scheinbar alles im tiefsten Schlaf, und man war nicht
wenig geneigt, ihm seine Wahrnehmung an der Klappe als eine Geister—
erscheinung oder einen Irrtum auszulegen.
UÜber die Tanzsaͤle von damals wurde viel geschrieben. Hier eine kleine
Probe von solchen Schilderungen:
„Der Tanzsaal und das Bordell Legers in der Friedrichsstadt in der
franzoͤsischen und Canonierstraßen Ecke. Vorne steht ein Billard, dann tritt
man in einen kleinen, durch ein doppeltes Gelaͤnder abgesonderten Raum,
wo gespeist wird. Aus diesem Raum geht nun wieder eine kleine Treppe
herunter, worauf man in einen ziemlich langen und niedrigen Saal kommt.
An den Seiten dieses Saals stehen lauter kleine Tische — in der Mitte haͤngt