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Von Bürgern und Kindern

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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War die Toilette beendigt, so 
vurde die bis zur Mittagsmahlzeit 
noch vorhandene Zeit gewoͤhnlich 
nit geringen Handarbeiten oder 
dem Lesen schlechter Romane ver— 
hracht. Haͤusliche Dienstleistungen 
berrichteten die Bordelldirnen nie— 
mals, diese uͤberließen sie dem in 
den Bordellen gewoͤhnlich zahlreich 
oorhandenen Gesinde, und in der 
Befreiung von diesen Arbeiten 
fanden sie sogar einen gewissen 
Stolz. 
Die Mittagsmahlzeit wurde 
wieder in Gemeinschaft mit der 
Kupplerin in dem großen Ver— 
sammlungszimmer des Bordells 
eingenommen. Fleischspeisen bil— 
deten jedesmal einen Hauptbe— 
standteil des Mittags. Die Zeit 
bis zum Abend wurde durch Schla— 
fen, Muͤßiggang und Kartenlegen 
verbracht. Mit dem Anbruch der 
Dunkelheit fingen die Besucher 
der Bordelle an, sich einzufinden. 
Einzelne kamen auch schon ab und 
zu waͤhrend der Tagesstunden, und 
aamentlich die Geliebten der Bor— 
delldirnen fanden sich schon des 
Vormittags ein, weil sie dann am 
ungestoͤrtesten bei den Maͤdchen verweilen konnten. 
Mit dem Beginn der Abendstunden trat auch in jedem Bordell ein 
foͤrmlich geregelter Nachtdienst ins Leben. Obwohl es naͤmlich gesetzlich 
streng verboten war, voruͤbergehende Maͤnner durch Zeichen und Winke in 
die Bordelle hineinzulocken oder einzelne Dirnen vor den Bordellen zur Schau 
zu stellen, so kehrte sich doch niemand an diese Vorschrift. So lange es nur das 
Tageslicht erlaubte, wurden die Voruͤbergehenden von den Lohndirnen aus 
den Fenstern angerufen, und waͤhrend des groͤßten Teils des Abends und der 
Nacht stand eine Dirne vor der Tuͤr des Bordells Wache, um als Lockspeise 
zu dienen. Da dieser Wachtdienst, namentlich im Winter, sehr beschwerlich
	        
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