400 —
War die Toilette beendigt, so
vurde die bis zur Mittagsmahlzeit
noch vorhandene Zeit gewoͤhnlich
nit geringen Handarbeiten oder
dem Lesen schlechter Romane ver—
hracht. Haͤusliche Dienstleistungen
berrichteten die Bordelldirnen nie—
mals, diese uͤberließen sie dem in
den Bordellen gewoͤhnlich zahlreich
oorhandenen Gesinde, und in der
Befreiung von diesen Arbeiten
fanden sie sogar einen gewissen
Stolz.
Die Mittagsmahlzeit wurde
wieder in Gemeinschaft mit der
Kupplerin in dem großen Ver—
sammlungszimmer des Bordells
eingenommen. Fleischspeisen bil—
deten jedesmal einen Hauptbe—
standteil des Mittags. Die Zeit
bis zum Abend wurde durch Schla—
fen, Muͤßiggang und Kartenlegen
verbracht. Mit dem Anbruch der
Dunkelheit fingen die Besucher
der Bordelle an, sich einzufinden.
Einzelne kamen auch schon ab und
zu waͤhrend der Tagesstunden, und
aamentlich die Geliebten der Bor—
delldirnen fanden sich schon des
Vormittags ein, weil sie dann am
ungestoͤrtesten bei den Maͤdchen verweilen konnten.
Mit dem Beginn der Abendstunden trat auch in jedem Bordell ein
foͤrmlich geregelter Nachtdienst ins Leben. Obwohl es naͤmlich gesetzlich
streng verboten war, voruͤbergehende Maͤnner durch Zeichen und Winke in
die Bordelle hineinzulocken oder einzelne Dirnen vor den Bordellen zur Schau
zu stellen, so kehrte sich doch niemand an diese Vorschrift. So lange es nur das
Tageslicht erlaubte, wurden die Voruͤbergehenden von den Lohndirnen aus
den Fenstern angerufen, und waͤhrend des groͤßten Teils des Abends und der
Nacht stand eine Dirne vor der Tuͤr des Bordells Wache, um als Lockspeise
zu dienen. Da dieser Wachtdienst, namentlich im Winter, sehr beschwerlich