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Chodowiecki 1758: Damengesellschaft.
schneiden muß ich, Muster machen auch. Neulich sagte die Frau erst: „Na,
nu bringen Sie mal was Neues!“ Ja — aber bei diesen Kuͤchenblusen! Und
das tut man ja auch gern. Denn wenn Bestellungen da sind, und es ist sauber
gearbeitet, dann hat man wenigstens Arbeit. Dafuͤr sorgt ja dann die Frau.
Acht bis zehn Mark habe ich dann wohl die Woche ... Mein Mann? Ach,
der will die Arbeit schon gar nicht mehr sehen. Er hat mal Haken aufgenaͤht.
Und da hat er sich berechnet, was auf die Stunde kommt. Und da hat er vor
Wut die Arbeit in den Schmutz getrampelt. Den darf ich gar nicht an die
Arbeit lassen. Der besorgt nur die Wirtschaft und kocht. Ob ich rauskomme?
Nein, ich arbeite doch abends bis um zehn, und wenn's fertig werden muß,
dann sitz ich'ne Stunde laͤnger. Und dann wird mir im Ruͤcken heiß. Und dann
schimpft mein Mann, ich soll ins Bett. Und die Schlafburschen wollen doch
auch Ruhe haben. Aber es muß doch fertig werden. Und von elf bis zwoͤlf,
wenn ich da noch sitze — dann spucke ich Blut, wie mein Mann...“
„Wie ist's denn mit dem Luͤften?“
„Ja — das vertrage ich doch nicht. So wie andere Luft reinkommt, muß
ich husten und spucken. Und Sonntags kuͤmmere ich mich um die Wirtschaft.
Da muß ich waschen und stopfen — das habe ich mir vorgenommen; Sonntags
naͤhe ich nicht. Das wird denn am Montag wieder schlecht gemacht. Nein,
den Sonntag mach ich alles ganz und sauber. Rausgehen kann man doch nicht.
Anzuziehen hat man ja nichts mehr. Das ist doch wahr! So kann man sich
nicht sehen lassen. . .“
Trotzdem es bei allen, die ich besuchte, meist nur zu Kartoffeln und
trockenem Brot reichte, waren sie — bei aller Erkenntnis ihrer Lage — doch