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wußten doch auch viele in der beginnenden Reaktion der spionierenden
Polizei ein Schnippchen zu schlagen und sie kaltbluͤtig um die konfiskations—
faͤhigen Sachen herumzufuͤhren. Manche, die das ganze Getriebe nicht emp—
funden hatten, waren allerdings froh, daß der Unruhe gewaltsam ein Ende
gemacht wurde. Sie lieferten selbst die Waffen ab, oder denunzierten, in
der Haustuͤr stehend, einzelne Bewohner.
So hatten die Frauen denn auch ihren Anteil an wichtigen Zeitereig—
nissen genommen. In der Offentlichkeit traten sie dann lange Zeit nur als
das schoͤnere Geschlecht auf. In den vielen Konzertgaͤrten am Rande der
alten Stadt suchten die Toͤchter der Kleinbuͤrger ihre maͤdchenhaften Siege.
Auch als Zuschauerinnen beim Korso und bei andern gesellschaftlichen Er—
eignissen hofften sie Beziehungen mit jungen Maͤnnern aus hoͤheren Klassen
anknuͤpfen zu koͤnnen. Denn das war schon immer ein Charakterzug der
Berlinerin: sie strebte auf frauliche Weise hinauf. Die werdende Millionen—
stadt bot dazu viele Gelegenheiten.
Diese werdende Millionenstadt, die 1861 fast 550 000 Menschen, 1877
atsaͤchlich schon eine Million zaͤhlte, brachte auch ganz neue Verhaͤltnisse her—
Vor dem Schaufenster des Optikers. 1860- 70.