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Die Damen

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

Im Kroll'schen Tunnel um 1860 
paar zu Bette gebracht wurde. Dabei wurde das Hemde der Braut von der 
Mutter, dem Braͤutigam vom Brautvater uͤberreicht, worauf die Braut das 
eine ihrer Strumpfbaͤnder ihrem Schwiegervater, das andere ihrem Vater 
herehrte, die sie der Braut zu Ehren um ihre Degen wanden. .. 
Aus eigenem Drang und Sehnsucht nach Hoͤherem hatte der Mann der 
Sophie Charlotte wohl nicht ihrem Trieb nach der Bereicherung des Hofes 
mit Gelehrten und Kuͤnstlern nachgegeben. Ihm war es wohl mehr um eine 
moͤglichst getreue Nachahmung des blendenden und bewunderten Hofes von 
Paris zu tun. Er glaubte auch verpflichtet zu sein, wenigstens eine Schein⸗ 
maͤtresse sich zu halten. Mehr soll ja nach dem Zeugnis des sonst nicht pruͤden 
Herrn von Poellnitz die bekannte Graͤfin Wartenberg nicht gewesen sein. 
Sie war die Tochter eines Weinhaͤndlers Rickers zu Cleve, dann Ehefrau des 
Kurfuͤrstlichen Kammerdieners, hierauf Geliebte und nach dem Tode ihres 
ersten Ehemannes Gemahlin des Oberkaͤmmerers und Ministers Grafen 
von Kolbe-Wartenberg. Trotzdem niemals ein vertrautes Verhaͤltnis zwischen 
ihr und dem Koͤnige bestanden haben soll, hatte sie doch einen gewissen Einfluß 
auf ihn, wenigstens naͤhrte Friedrich durch große Nachgiebigkeit und Ge— 
faͤlligkeit die laͤcherliche Rangsucht der hoffaͤrtigen Frau. Nicht nur wurde 
die Herzogin von Holstein-Beck durch zehntausend Thaler, die der Koͤnig ihr 
auszahlen ließ, bewogen, der Graͤfin den Vortritt zu lassen, sondern die 
Wartenberg soll sogar den Rang vor der Schwester des Koͤnigs erhalten haben. 
Waͤhrend Sophie Charlotte in Charlottenburg ihr heiteres Hoflager hielt 
und nicht ohne Intelligenz manchen bedeutenden Kopf zu fesseln wußte, umgab 
sich der Koͤnig mit selbstgefaͤlligem Gepraͤnge und beschaͤftigte sich, wahr— 
scheinlich nur aus Repraͤsentationsgruͤnden, stundenlang mit einer ziemlich
	        
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