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Kleinbürgertum und Proletariat

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

steigt aus und wandelt 
die kurze Allee hin— 
unter bis zur „gruͤnen 
Wiese“, beschattet von 
dichtbelaubten Eichen 
und Linden und belebt 
durch unschuldige 
Spiele und froͤhlichen 
Gesang. 
Die Baͤume tragen 
hier ganz besondere 
Fruͤchte: Leibroͤcke und 
Umschlagetuͤcher, 
Stroh- und Filzhuͤte, 
Hauben- und Strick— 
beutel, von allen ist aber 
nur die letztere Frucht, 
deren eine Menge Ab— 
arten vorkommen, genießbar. Sobald die Schale geoͤffnet, stoͤßt man zuerst 
auf das Fleisch dieser Frucht, naͤmlich auf ein Stuͤck Hammelfleisch, Kalbs— 
oder Rinderbraten, von der Natur oder von der Koͤchin sorgfaͤltig in ein 
Blatt der Berliner Intelligenz eingewickelt ... 
„Wer eine Gans gestohlen hat, 
Der ist ein Dieb, 
Und wer sie mir dann wiederbringt, 
Den hab' ich lieb, 
Da steht der Gaͤnsedieb!“ 
singt dort ein Kreis von Herren und Damen, wie sie sich nennen, ein bewegter 
Kreis von buntgeschmuͤckten Koͤchinnen und fruͤchtetragenden Maͤdchen, von 
Gesellen und Bedienten aller Art. So lange der Gesang dieser fuͤnf Verse 
waͤhrt, dreht sich die menschliche Kette um den Gaͤnsedieb, der in der Mitte steht, 
dann lassen sie sich ploͤtzlich soos, das Maͤnnchen greift nach einem fremden 
Weibchen, das Weibchen nach einem fremden Maͤnnchen, und das Wesen, 
das nicht so gluͤcklich war, ein andres Geschlecht zu erwischen, ist der Gaͤnse— 
dieb — oft eben der, der keine Gans genommen hat. Ich haͤtte genuͤgende 
Gruͤnde, dieses Spiel langweilig zu nennen, aber ich will nicht in den Fehler 
unsrer meisten Autoren verfallen, die eigentlich nur kritisieren, wo sie darstellen 
sollten und wollten.
	        
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