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Wasserfahrten nach
den Vororten sind von je
beliebt gewesen. Soschnell
und so weit wie heute mit
den Spree- und Havel—
dampfern kam man fruͤher
natuͤrlich nicht. Aber der
groͤßte Reiz der maͤrkischen
Landschaft liegt ja in ihren
Seen und in den weit
ausgebuchteten Strom—
landschaften. Das ist nicht
erst eine Erkenntnis von
heute. Die lebenslustigen
Damen der Zeit Fried—
richs II. wußten das schon
und ließen sich, reich ge—
schmuͤckt und geputzt, zu
Wasserpartien nach den
Vororten einladen. Auch
waren damals Ausfahrten
in den prunkvollen Chaisen
und den vergoldeten Ka—
rossen sehr beliebt. Das Kleinbuͤrgertum begnuͤgte sich mit Fußwanderungen
nach den Nachbarorten. Die naͤchsten Doͤrfer Schoͤneberg, Franzoͤsisch⸗
Buchholz, Treptow, Stralau, Orte, die heute in das weltstaͤdtische Stadt—
bild von Groß-Berlin aufgegangen und mit ihm verwachsen sind, wurden
besucht. Solch ein Ausflug war ein wichtiges Ereignis. Die Familien—
mitglieder wurden mit Proviant beladen, als gaͤlte es, eine wochenlange
Wallfahrt anzutreten. Der derbe reale Sinn des genußfrohen Zeitalters
hatte in den deutschen Buͤrgern frohe Proselyten gefunden. Sie schwaͤrmten
wohl fuͤr die Idylle, fuͤr Spaziergaͤnge im Gruͤnen. Aber diese Spazier—
gaͤnge mußten auch Gelegenheit zu einem reich ausgestatteten Piäcknick
geben. So konnte denn Chodowiccki die Kleinbuͤrger mit ihrer Wallfahrt
nach Franzoͤsisch-Buchholz verspotten. Die jungen Maͤnner zogen mit blauen
Roͤcken, gelben Westen und Schnallenschuhen hinaus ins Freie. Die
schoͤnen und zierlichen Maͤdchen aber schmuͤckten sich mit plissierten Reif—
roͤcken, feinen Handschuhen, Blumen, Federn und Baͤndern, als ginge es zu
einem großen Tanzfest, aber nicht in Wald und Feld hinaus. — Einige Zeit
spaͤter zeigten sich schon die ersten Anfaͤnge der romantischen Natur—