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Kleinbürgertum und Proletariat

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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zu danken, und sieht zu, welche 
Eile diejenigen Menschen haben, 
die nicht Rentiers; eine Schwalbe 
fliegt schnell uͤber seine Nase. 
Einige truͤbe Wolken draͤngen 
sich zusammen und scheinen die 
Sonne verdunkeln zu wollen, 
von Zeit zu Zeit blaͤst ein kalter 
Wind uͤber die sandigen Flu— 
ren der Mark Brandenburg; 
ganz in der Ferne laͤßt sich ein 
Gendarm sehen. Nun wird es 
lebendiger und immer lebendi— 
ger. Die Eckensteher taumeln 
schon vor den Schnapslaͤden, 
die Brauerknechte jagen mit 
langen tonnenbeladenen Wagen 
durch die Stadt und bringen den 
Tabagiewirten und Viktualien— 
haͤndlern das vortreffliche Weiß— 
bier, auch die Destillateure, die Priester Bachus II, laden ihre Faͤsser auf 
und sorgen fuͤr Witz und Roheit, Militaͤr zieht mit laͤrmender Musik durch 
die Straßen, zu Fuß und zu Pferde. Die huͤbschen Taͤnzerinnen fahren 
zur Probe, damit sie sich nicht erkaͤlten und abends ihre Fuͤße nicht 
heißer werden. Die Zettelankleber, mit kleiner Leiter und Kleisterfaß, benach— 
richtigen die Berliner durch große Affichen „wat heute los is“, „wat jejeben 
wird“ und „wo se heute den Dollen ausdreiben“. Musikanten, blinde und 
lahme, gehen in die Hoͤfe und erspielen oder ersingen sich ein paar Pfennige, 
die ihnen bald aus diesem, bald aus jenem Fenster zufliegen, jener Schneider— 
bursche, welcher soeben von seiner Meisterin eine Maulschelle empfing und 
zur Tuͤr hinausgeworfen wurde, hoͤrt zu einer alten Harfe von kreischender 
Stimme das Lied: 
1864: Im Konzertgarten. 
Was soll ich in der Fremde tun? 
Es ist ja hier so schoͤn! 
Sie reichte mir die zarte Hand 
Und sprach: Nun kannst du gehen! 
Die Hoͤker und Hoͤkerinnen rufen ihre Waren aus, die Maͤnner im tiefsten 
Basse, die Weiber mit heiser kreischender Stimme, je nachdem die Jahres— 
zeiten wechseln, hoͤrt man: „Becren, Beeren, Beeren!“ „Kiirsch, Kiirsch!“ 
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