26
Sophie Dorothee, Mutter Friedrich II.
willigen Krittlern zu Mißdeutungen Anlaß geben konnten. Neben ernsthaften
Unterhaltungen liebte sie aber auch den Umgang mit geistreichen und schoͤnen
Frauen und waͤhlte zu ihren Hofdamen nur Schoͤnheiten. Sie bevorzugte
auch die schoͤnen Kuͤnste, und an ihrem Hofe wurde viel musiziert und Theater
gespielt. Wenn es auch vorkam, daß ihr Gemahl auf Draͤngen von lebens⸗
feindlichen Geistlichen einmal die Buͤhne im Schloß vor einer Vorstellung
abbrechen ließ, so war doch die Hofgesellschaft bemuͤht, sich einen Fonds von
feinerem Geist und feinen Umgangsformen anzueignen. Viele Hofdamen
und Herren nahmen Unterricht in Gesang bei beruͤhmten Meistern und suchten
ihre Sitten zu verbessern. Das wirkte auch auf andere Gesellschaftskreise
der Hauptstadt ein, in denen der Geist feinerer Geselligkeit und Liebe zur
Bildung geweckt wurde. Die rohen ritterlichen Turnierspiele des Mittelalters
waren in der neuen halb absolutistisch, halb buͤrgerlich gerichteten Zeit abge—