J. W. Meil: Der Seidenwirker. 18. Jahrhundert.
frau, zum Hoͤkern aufgeschwungen haben. Das Hoͤkern war noch das Ein—
traͤglichste fuͤr die Frauen des armen Mannes. Und da der Kleinhandel in den
Laͤden noch ganz unentwickelt war, da es nur wenige Fabrikszweige gab, die
Stapelware fertigten, war das Hoͤkern noch allgemein. Alle oͤffentlichen
Plaͤtze, alle Bruͤcken, ja selbst das Zeughaus wurde durch hoͤlzerne, haͤßliche
Krambuden verunstaltet. Das war eine der wenigen Konzessionen, die dem
aͤrmeren Volk gewaͤhrt wurden. Sonst aber wurden die armen Frauen in
harte Zucht genommen. Geoppert schrieb in seiner Chronik daruͤber: Die
Kirchenbuße gehoͤrte auch mit zu den Strafen, die in jener Zeit besonders
haͤufig waren. Sie war nicht nur die Strafe fuͤr gefallene Jungfrauen,
sondern auch fuͤr Frauen, die die Ehe gebrochen hatten. Sie hatte bis dahin
darin bestanden, daß die Delinquenten drei Sonntage hintereinander waͤhrend
der ganzen Predigt vor dem Altar knieen und der versammelten Gemeinde
zum Schauspiel dienen mußten, wodurch dann die Aufmerksamkeit fuͤr die
Predigt sehr gestoͤrt wurde. Der Koͤnig hielt dies noch nicht fuͤr hinlaͤnglich.
Er verordnete am 31. Oktober 1716, daß der Fehltritt an den Verbrecherinnen
noch außerdem besonders geahndet werden sollte, und daß der Ehebruch
ferner nicht mehr durch Geldstrafe gebuͤßt werden duͤrfte. Dieser Fall ist auch