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Höker und Hausierer

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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Wachstuchpacket eine sehr brauchbare Ware mit sich fuͤhrte, und heute, 
unter der Konkurrenz der großstaͤdtischen Warenhaͤuser und Spezialgeschaͤfte, 
fast nur auf das platte Land und die Kleinstadt angewiesen ist. Selbst der 
Kolporteur findet, obwohl ja die Hintertreppenliteratur heutzutage mehr 
denn je bluͤht, merkwuͤrdigerweise nicht mehr so oft wie fruͤher den Weg zu 
den Kleinwohnungen hinauf. Hunderte von Ladeninhabern, die dasselbe 
lukrative Geschaͤft betreiben, haben ihm ins Handwerk gepfuscht. Von Ver— 
sicherunggagenten und Naͤhmaschinenreisenden wurde man fruͤher uͤber— 
laufen. Ihre Zahl ist ebenfalls bedeutend geringer geworden, weil dieses 
Arbeitsfeld an der Spree nahezu abgegrast ist. 
Vermehrt hat sich der moderne Typus der „Lumpenfrau“, die an Stelle 
des durch die staubfreie Muͤllabfuhr vom Hofe vertriebenen Lumpensammlers 
getreten ist. Überhaupt ist in neuerer Zeit das weibliche Element unter den 
Hausierern staͤrker als bisher vertreten. Ich bewundere den Mut und die 
Zaͤhigkeit der oft noch recht jugendlichen und huͤbschen Frauen und Maͤdchen, 
die, um sich ehrlich und anstaͤndig durch die Welt zu schlagen, mir eine neue 
Putzstein- und Seifenmarke offerieren oder einen ausgegangenen Haupt— 
schmuck verkaufen oder auch gar zur Anschaffung kuͤnstlicher Beißerchen, auf 
Abzahlung natuͤrlich, uͤberreden wollen. Mein Haus ist schon fuͤnfmal in einem 
Jahre photographiert, aber ganz sicher klingelt mich in allernaͤchster Zeit der 
sechste ungebetene Kame— 
rakuͤnstler vom Schreib— 
tisch weg. Um alle die 
Portraͤtvergroͤßerungs— 
institute, die neuerdings 
eine ungemein starke 
haͤusliche Reklame ent— 
wickeln, zu befriedigen, 
habe ich nicht Bilder und 
Verwandtschaft genug. 
Waͤhrend der naͤchsten 
Monate werden mir auch 
so viel duftende Kinder 
Floras angeboten, daß 
ich meine ganze Wohnung 
in eine Gaͤrtnerei ver— 
wandeln koͤnnte. Und 
an Rettichen und Radies— 
chen, „schoͤnen frischen“, 
darf ich mich krank essen.
	        
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