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Höker und Hausierer

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

Wetter, bei Sturm und 
Regen, im Sonnenbrand 
und in der Winterkaͤlte 
draußen sitzen mußten, 
konnten wohl empfindlich 
und unfreundlich werden. 
Sie waren uͤbrigens meist 
verheiratet, galten fuͤr 
fromm, trugen sich rein— 
lich, so aͤhnlich wie Baͤue— 
rinnen, in weitem Rock 
mit Falten, Leibchen und 
Kopftuch oder großer 
Schute und hatten ihr 
Geld in der Seitentasche 
der großen buntkatunenen 
Schuͤrze. Sie sahen also 
so aͤhnlich aus, wie heute 
noch die Werderschen, die 
mnit ihrem Obst nach 
Berlin kommen und be— 
sonders am Reichstags— 
ufer ihr Obst feilhalten. Diese Werderschen und die Straßenhaͤndler, 
die an den Ecken bestimmter Straßenzuͤge stehen, sind noch die Überbleibsel 
einer großen Armee von Hoͤkerinnen. Zwar tauchen jetzt auf den 
vielen kleinen Wochenmaͤrkten in den Vororten wieder Hoͤkerinnen auf. 
Aber sie sind nicht von der Art der fruͤheren. Sie sind durch das Leben 
in den uͤberdachten und ummauerten Markthallen, die allerdings durch den 
inzwischen stark entwickelten Detailverkauf in den Laͤden wieder an Bedeutung 
oerlieren, sehr erzogen worden. So klassisch schoͤn schimpfen wie einst koͤnnen 
die heutigen Hoͤkerinnen nicht. Sie sind mehr Geschaͤftsfrauen geworden. 
Die Fleischer, die heute zu Markte ziehen, haben ihre Vorratskammern in den 
Iroßen Kuͤhlhallen, wo sie vor Beginn des Marktes aufladen und nach dem 
Markt wieder abladen. 
Vor allem sind die großen Schaaren der fliegenden Haͤndler von den 
Straßen Berlins verschwunden, die einst das Straßentreiben bunt und 
munter machten. Außer den Buͤcklingswagen fuhren damals auch noch die 
Sandwagen herum, die bis ungefaͤhr 1900 vor jedem Hause und auf jedem 
Hof ihr langgezogenes „Sa —and--weeßen Sa—and“ ausriefen. Sie kamen 
aus den Rehbergen im Norden, vom Kreuzberg aus dem Suͤden und aus
	        
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