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Die Dienstboten

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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chen noch schwer hin und lassen sich lieber von den Pfoͤrtnerfrauen aufhetzen 
und heimlich weiter vermieten — wobei die Pfoͤrtnerfrauen stets ihr Miets— 
geld von Herrschaft und Maͤdchen bekommen. 
Nein, mit der besseren Behandlung, mit menschlicher Anteilnahme 
allein ist es nicht getan. Wir leben nicht mehr in patriachalischen Verhaͤltnissen. 
Die Menschen isolieren sich. Hier kann nur die Entwicklung helfen. Viele 
Herrschaften nehmen sich Diener, weil die umsichtiger, gewandter und 
leistungsfaͤhiger als Maͤdchen sind. Auch wird ja den Maͤdchen durch die 
Zentralheizung, Gasherde, Teppichklopfanstalten, Waschinstitute usw. viel 
Arbeit abgenommen. Hier wird wohl die Zukunft liegen: in der Entlastung 
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leisten. Wir werden amerikanisch werden muͤssen. Druͤben ist ja manch wohl⸗ 
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zuͤrstet seine Kleider selbst, reinigt rasch das gebrauchte Geschirr am Ab— 
waschtisch mit fließendem Wasser — und verfaͤllt durchaus nicht der Ver— 
achtung, wird nicht irrsinnig davon. Vielmehr wird der Kopfarbeiter bei dieser 
Taͤtigkeit von seiner Einseitigkeit entlastet und eine Harmonie des Gemuͤts 
stellt sich ein, wie sie sonst nur eifrigen Sportsleuten eigen ist—. 
Soviel uͤber die Dienstboten geklagt wird — das wird doch jeder zu— 
gestehn, daß er auch schon solche gehabt hat, 
die er nur ungern gehen ließ. Eins der 
ersten Dienstmaͤdchen, die wir hatten, war 
die schoͤne Emma. Alle Kuͤnstler lobten ihr 
feines Gesicht, ihre praͤchtigen schwarzen 
Haare und ihre Haltung. Sie besorgte alle 
zrobe Arbeit, hing an unserem ersten Jungen, 
der etwa ein Jahr alt war, mit sonderbarer 
Innigkeit und duldete nicht, daß meine Frau, 
die in einem natuͤrlichen, aber leidenden 
Zustand war, irgendeine schwere Arbeit 
nachte. Und stets hatte sie weiße, gut gepflegte 
Haͤnde! Außerdem kochte sie mit besonderer 
Freude und so gut, daß die verwoͤhnten Wie— 
ner, die uns besuchten, entzuͤckt waren. 
Schließlich aber wurde sie rebellisch. Meine 
Frau mußte sie entlassen. Als sie fort war, 
ließ sie durch die Schlaͤchterfrau bestellen, sie 
haͤtte einen Sohn, der am gleichen Tag wie 
der unsere, nur ein Jahr fruͤher, geboren sei. 
Sie muͤsse mehr Kostgeld als bisher fuͤr ihn
	        
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