265
gesinde die guͤtigste Herrin sein. Sie
behandelte ihre Untergebenen mit dem—
selben Vertrauen und der gleichen
Freundlichkeit wie ihre Freunde, re—
dete mit ihnen wie mit Gleichge—
stellten. Besonders ihre alte treue
Dore stand ihr nahe wie eine Freun—
din; Rahel pflegte sie selbst in Krank—
heit; und sie hielt sich nicht fuͤr zu
fein, neben ihr vorn im ersten Rang
des Koͤnigstaͤdter Theater zu sitzen und
die „sieben Maͤdchen in Uniform“ zu
sehen. Karolinens, des zweiten Maͤd—
chens, Leidenschaft war das Blumen—
verkaufen: „Sie kauft sie immer erst
fuͤr ihr Geld“, bemerkte Rahel, „und
das ist immer mein Geld, die Freiheit
bat sie obenein. „Sind Herr oder
Herrin auf Reisen, so werden zwischen
ihnen und den Dienstboten oft Gruͤße
gewechselt. Varnhagen nimmt in
kalter Winterszeit Johann vom Bock
zu sich in den Wagen; er gewinnt es nicht uͤber sich, den vornehmen Herrn
zu spielen. Kam je eine Unregelmaͤßigkeit oder Rachlaͤssigkeit vor, so tat
Nahel den bezeichnenden Ausspruch: „Ich glaube, es ist unnatuͤrlich, ein
Domestik zu sein; und wir alle waͤren uͤnd taͤten wie sie, wenn wir dienten.“
Solche idealen Zustaͤnde zwischen Herrschaft und Dienenden waren
aber auch damals sehr selten — wie eben ideale Dienstboten eine Seltenheit
sind. Selbst Glaßbrenner, der doch oft fuͤr die Kuͤchensklaven eintrat, gießt
manchmal seinen Spott uͤber sie aus, wie in folgendem Zwiegespraͤch, in dem
allerdings auch die Hausfrauen nicht gut wegkommen.
Frau: Aber Friederike, Du hast schon wieder den Braten anbrennen
lassen!
Koͤchin: Nece, Madam, der is janz alleene anjebrennt!
Frau: Was, Du willst mich noch zum Besten haben?
Koͤchin: Zum Besten? J davor huͤte mir der Himmel! Nec, ick spaße
1760: Am Fenster
lJa man.
Frau (außer sich): Verdammtes Mensch, mach mir nich boͤse!
Koͤchin (ganz gleichguͤltigß : Wozuden det noch. Sie scheinen mir
schon etwas boͤfse zu sind.