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Die Dienstboten

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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Bortha, oder wie wir sie nannten, unsere Bertha, war eine der treff— 
lichsten weiblichen Erscheinungen, die mir im Leben begegnet sind. Ihr Außeres 
konnte man nichts weniger als schoͤn nennen; doch blickte man gerne in ihr gutes 
Gesicht. Vollstaͤndig und ausschließlich ihren Pflichten lebend, nachsichtig 
und liebevoll gegen andere, strenge gegen sich selbst, verstaͤndig, fleißig und 
sparsam, war sie treu im schoͤnsten Sinne des Wortes. Nach dem fruͤhen Tode 
ihrer Eltern hatte eine alte Großmutter das Kind in Froͤmmigkeit und Gottes— 
furcht auferzogen; ihr Gesangbuch lag bestaͤndig neben ihr; in Stunden des 
Zweifels und der Bekuͤmmernis fand sie Trost in den alten Liederversen. 
Von dem Tage an, wo sie unser Haus betrat, suchte sie meiner Mutter 
sjede Muͤhe und Sorge abzunehmen, meine Schwester Mathilde und mich 
gewann sie bald lieb, und wir hingen an ihr mit groͤßter Zaͤrtlichkeit. — Wenn 
spaͤter einmal die Rede davon war, daß sie heiraten, oder aus irgend einem 
anderen Grunde unser Haus verlassen koͤnnte, so erhob sich ein unstillbares 
Weinen und Wehklagen der Kinder, in das sie dann selbst mit einstimmte, 
und unter Thraͤnen versprach, 
bis an ihren Tod bei uns zu 
bleiben. — Bald betrachteten 
wir sie alle wie ein Glied 
der Familie und nicht blos 
meine Eltern, sondern auch 
Freunde und Verwandten 
des Hauses befragten sie um 
ihre Meinung in Wirtschafts⸗ 
und allen anderen Angelegen— 
heiten. Den Scherznamen 
Geheimrat, den wir ihr bei— 
legten, verdiente sie im 
besten Sinne, denn sie war 
ebenso verschwiegen wie ver— 
staͤndig, und ein anvertrautes 
Geheimnis wurde nirgends 
besser bewahrt als in ihrer 
treuen Brust. Sie hat viel 
Freude und Schmerz, Krank— 
heit und Genesung, auch 
Todesfaͤlle in unserem Hause 
miterlebt, stets sich gleich— 
bleibend in aufopfernder 
Pflege, und Tag und Nacht 
1829
	        
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