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Die Dienstboten

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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Nicolais, Contwier, aus der 
franzoͤsischen Kolonie hatte 
eine Tochter Loth — ein kraͤf⸗ 
tiges Maͤdchen, das viel be— 
wundert wurde, wenn es mit 
denObstkoͤrben auf den Markt 
ging. Sie sprach gelaͤufig 
franzoͤsisch, was den vielen 
im Gartenhaus Einquartier— 
ten sehr behagte; konnten sie 
sich doch endlich mal in ihrer 
Sprache unterhalten. Zwar 
haßte Loth die Feinde. Aber 
auf die Dauer konnte auch 
sie der angebornen Freiheit 
nicht widerstehen und folgte 
im Jahre 1812 als Marke— 
tenderin einem nach Rußland 
weiterruͤckenden Regiment, 
unter dem besonderen Schutz 
eines schwarzbaͤrtigen Tam— 
bourmajors. So erzaͤhlt von 
Parey, dem Erben Nicolais. 
Nicht nur Nicolais hatten 
gute Dienstboten. Auch Felix 
Eberty berichtet in seinen 
Jugenderinnerungen von 
einem jener Dienstboten, um die jede Hausfrau beneidet wird, die eine 
solche treue Seele besitzt. Eberty meint: 
„Ein denkwuͤrdiger und segensreicher Tag fuͤr meine Schwester und 
mich war der 13. September 1816, an welchem, nach Ausweis einer noch 
vorhandenen Anzeige, ein junges sechzehnjaͤhriges Maͤdchen zur Unterstuͤtzung 
meiner Mutter und zur Mitbeaufsichtigung der Kinder ins Haus genommen 
wurde. Sie hieß Bertha Gendrich, war die Tochter eines Foͤrsters in Neu— 
strehlitz, und gehoͤrte einer Familie an, deren Mitglieder seit hundert Jahren 
fast alle in herzoglichem Hofdienst gestanden hatten. Wahrscheinlich wurde 
durch irgend einen Zusammenhang mit der Dienerschaft der Koͤnigin Louise 
die so uͤberaus gluͤckliche Wahl meiner Eltern vermittelt, welche in dieser 
Bertha die treueste und liebevollste Hausgenossin erwarben. Sie ist bis zu 
hrem 1836 erfolgten Tode bei uns geblieben. 
* 
Herr Fischer ist nativnalversammelt und setzt alles daran, 
jenes Mißtrauen zu besiegen, welches Wirths Röschen, Jul— 
chens Nachfolgerin, gegen sein neues Zweikammersystem heat.
	        
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