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Die Dienstboten

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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berlinisches oder aber aus dem zehnmeiligen Umkreise genommenes 
maͤrkisches Landesgewaͤchs, waͤhrend jetzt der starke Zuzug aus Pommern, 
Mecklenburg, Sachsen und Schlesien fuͤr eine wesentliche Verbesserung 
gesorgt hat. Nicht die Bildung und Gesittung der aus diesen Provinzen 
Einwandernden ist groͤßer, aber die Rasse ist im ganzen genommen 
um ein erhebliches feiner. Am frappantesten zeigt sich dies an der ganzen 
baltischen Kuͤstenbevoͤlkerung. Was das Rat Kummer'sche Haus damals 
beherbergte, stand auf einer allerniedrigsten Stufe. Der Rat selber war von 
Mittag an ausgeflogen. Erschien dann der soldatische Liebhaber, so wurde 
das arme, dem Dienstmaͤdchen anvertraute Kind an einen Bettpfosten ge— 
bunden, und als sich dies auf die Dauer als untunlich herausstellte, sah sich 
die Kleine mit in die Kaserne genommen, wo sie nun auf dem großen 
quadratisch von Hinter- und Seitenfluͤgeln umstellten Hofe herumstand, bis 
das Liebespaar wieder erschien und den Ruͤckzug antrat. Es praͤgten sich die 
waͤhrend dieses Umherstehens und Wartens empfangenen Bilder dem Kinde 
so tief ein, daß es sich, als es viele Jahre spaͤter am Nervenfieber darniederlag, 
in seinen Phantasien im— 
mer wieder auf dem 
furchtbaren Kasernenhofe 
sah, aus dessen hundert 
Fenstern eben so viele 
Grenadiere hernieder— 
grinsten.“ 
Aber neben solchen 
gewissenlosen und herz— 
losen Menschen gab es 
doch auch unter den 
Dienstboten von Anno da— 
zumal „Juwele“. Im 
Hause des Berliners 
Schriftstellers Nicolai 
lebte ein altes Haus— 
maͤdchen, das schon um 
1800 an vierzig Jahre 
in der Familie zugebracht 
hatte. Sie hatte die 
Kinder aufwachsen, sich 
verheiraten und sterben 
schen, sich selbst aber nie 
verheiraten wollen; ihr 
In der Tabagie. (Mitte des 19. Jahrhunderts.)
	        
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