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Gemahlin den Kaffee fertig finden, und
die Kinder nicht zu spaͤt nach der Schule
kommen. „Steh auf, es ist Zeit!“ Da
schreckt die Dienende aus ihren Traͤumen
auf und blickt mit stieren Augen in die
rauhe Wirklichkeit. All' die zarten Ge—
bilde ihres spielenden Geistes hat der
Donnerruf hinweggescheucht, sie macht
den bisher geschlossenen Mund weit auf,
gaͤhnt und reckt sich die Muͤdigkeit aus den
Augen und — erhebt sich endlich. Ich
ziehe mich bescheiden zuruͤck.
In wenigen Minuten steht sie, wie
die Schoͤpfung die fuͤr alles Gemieteten
haben wollte, im buntkattunenen Kleide,
durch eine schwarze Schuͤrze verwahrt,
und den gelblichen Nacken mit einem leich—
ten Tuche bedeckt, vor uns. Das Brunnen—
wasser hat Augen und Wangen ins Leben
gerufen, und die letzteren bluͤhen so rot
von innerem Feuer, wie die Arme von
dem des Herdes; in die fliegenden Haare
sind die hemmenden Zaͤhne des Kammes
gesteckt, die strumpfumhuͤllten Fuͤße in die Pantoffel, und diese klappern
jetzt laut auf, und vermelden dem aufmerksamen Haushahn die Wirkung
seines tobenden Kikriki's.
Nachdem unsere Heldin in ihre Spiegel-Scheiben gesehen, und
natuͤrlicher Weise wohlgefaͤllig das Bild aufgenommen hat, welches er ihr
zeigt, greift sie unter den Herd, holt das gestern Abend kleingehauene Holz
hervor und macht Feuer zum Kaffee. Ehe dasselbe gehoͤrig um sich gegriffen,
bleibt ihr eine kurze Frist, die sie zum heraufholen des frischen Wassers be—
stimmt, sie nimmt den Ring des Eimers in die Hand, eilt hinunter nach dem
Hofe und schwengt pumpend den eisernen Schwengel.
Da watschelt eine Collegin zum naͤmlichen Geschaͤft herbei: „Jun
Morgen, Lotte,“ „jun Morgen Rieke!“
„Sag mal, wat war denn noch jestern Abend so spaͤt bei Euch los!“
„J, der Alte hat sich mal wieder mit ihr jezankt. Er ging um Sechse
in de Tabagie, un kurz druf ging sie fort und blieb zu lange, un wie er zu
Hause kommt, legt er sich aus't Fenster un sieht denn, wie se wieder mit den
Leitnant anjespaziert kommt. Da haben se sich denn wieder jekappelt.“