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Die Dienstboten

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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4 Wochen Gefaͤngnis, Zucht- oder Arbeits— 
haus bestraft werden. Und eine Magd, die 
vier oder acht Groschen Handgeld genommen 
hatte, den Dienst aber nicht antrat, wurde 
ins Arbeits- oder Spinnhaus gebracht. Jeden 
Dienst, den die Herrschaft verlangte, mußte 
das Maͤdchen ohne Widerspruch verrichten, 
bekam den Lohn erst bei Ablauf der Dienst— 
zeit und konnte wegen der geringsten Verun— 
treuung gefaͤnglich eingezogen werden. Vor 
Ablauf der langfristigen Vertraͤge durfte es 
nicht den Dienst verlassen, wenn es auch oft 
aus gewichtigen Ursachen heiraten wollte. 
Wohl aber durfte die Herrschaft das 
Maͤdchen entlassen, wenn sie ihr den Lohn 
fuͤr das laufende Vierteljahr zahlte. 
Noch fruͤher, etwa um 1740, muͤssen aller— 
dings recht eigenartige Zustaͤnde im Gesinde— 
wesen geherrscht haben. Alte Troͤdelfrauen 
beherbergten bis zu einem Dutzend Maͤgde, 
die eifrig uͤber die Herrschaften klatschten und 
fuͤr die Alte strickkten und spannen. Alle vier Wochen zogen sie zu einer neuen 
Herrschaft — und die Alte erntete stets ihren Teil von dem Handgeld. Ein Edikt 
des Koͤnigs von Preußen ging mit diesen Zustaͤnden ins Gericht. Es verbot 
auch den Maͤgden seidene Kleidung. Solchen, die trotzdem Seide trugen, 
sollte sie oͤffentlich abgenommen werden. Dennoch zierte sich auch damals 
manche Kammerzofe und anderes Gesinde mit gestaͤrkten Bruͤstchen, echten 
Spitzen, Gold- und Silberborten, mit bunten Pantoͤffelchen, in denen die mit 
feinen Struͤmpfen bezogenen Fuͤße steckten, und mit vielem andern Tand — 
den es sich wohl von heimlichen Pfennigen, die beim Einkauf eruͤbrigt worden, 
angeschafft hatte. Kamen solche Unterschlagungen ans Tageslicht, so wurde 
der Magd wohl das Halseisen umgelegt. Aber mit solchen abschreckenden 
Beispielen erzog man auch kein ideales Gesinde. Denn an Klagen uͤber faule 
Maͤgde, die zu spaͤt aufstehen, keine Stube kehren, uͤber die Maßen naschten, 
mit den Handwerksgesellen und Soldaten schaͤkerten, anstatt auf die ihnen 
anvertrauten Kinder zu achten — an Klagen derart hat es nie gefehlt, seitdem 
Gesinde existiert. Alle solche Klagen aber fruchteten wenig, solange die 
Herrschaft mit gar zu verfuͤhrerischen Beispielen voranging. Denn die Damen 
huldigten immer der lieben und reizvollen, unuͤberwindlichen Mode und 
allerlei Torheiten. So konnten damals durch die strengen Strafen und durch 
aterucke un Aactecke Ao- 
Chodowiecki: Satire auf die 
reichen Mütter. (Vorführung der Amme.)
	        
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