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In diesen ernsten Kreisen gibt es auch Damen, die nicht nur in 
altmodischen und haͤßlichen Kleidern herumlaufen. Wenn sie im Zoo die 
alten Kriegsinvaliden zu einem opulenten Wohltaͤtigkeitsmahle fuͤhren und 
mit ihnen zu Tisch sitzen, prangen sie gern in ihrer neuen Schoͤnheit. Sie 
treiben Sport, um schlank zu bleiben, essen nur ein halbes Ei, leben rein 
und keusch — alles um des aͤsthetischen Zieles willen: andern als die 
neue Schoͤnheit zu erscheinen. Ihre große Regsamkeit erlaubt ihnen nicht 
immer, die Schoͤnheitspflege mit Muße zu treiben. Anstatt der um— 
staͤndlichen Naͤgelpolierfeile traͤufeln sie einen Tropfen Koͤlnisch-Wasser 
und ein wenig Creme auf die innere Handflaͤche und reiben rasch die 
Naͤgel der andern Hand uͤber diese beste und natuͤrlichste Polierfeile. 
Einige von ihnen benutzen auch nicht mehr den bleich machenden weißen 
Puder. Sind sie in Gesellschaft und fuͤhlen sie ihr Gesicht feucht oder 
glaͤnzend werden, fahren sie mit feinem braunen „Sonnenstaub“ daruͤber. 
Der Sport hat sie gelehrt, daß auch die Naturfarbe schoͤn ist. Und nun gilt 
weiß und blaß fuͤr ordinaͤr, ungebildet. Keine huͤbsche Frau will die 
kalte Farbe des Todes tragen. Manche wollen auch wieder gute Muͤtter 
werden. Die vielen Bilder, auf denen die Damen mit ihrem Kind ab— 
gebildet sind, weisen hin auf die neue Verehrung der Madonna. — 
Ja, wer heute uͤber die Berliner Dame etwas erfahren will, wird auf 
eine Fuͤlle von Gestalten, Geistern, Persoͤnlichkeiten und Schoͤnheiten geraten, 
daß sich ihm nur schwer ein Bild formen kann. Viele Eigenschaften wird er 
finden: Praktische Veranlagung, Regsamkeit, Zug zur Einfachheit und 
Geistigkeit, Lust am Luxus, am Trubel, am Glanz und an Goselligkeit, an 
Pracht und Kunst, oft Geschmack, der noch nicht gelaͤutert ist, viel Hang zum 
leichten Vergnuͤgen. Aber in allem: ein starker Lebenswille. 
Und wenn die Berliner Dame noch mehr dem Lebenswillen nachgibt, 
mehr nach ihrer eigenen Veranlagung, als nach guten oder boͤsen Beispielen 
leben will, dann wird sie selbst das gute und viel nachgeahmte Beispiel werden.