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Leo von König: Das Frühstück.
bilden und oͤfters sogar zu Beruͤhmtheiten werden wie jene geniale Frau, der
Richard Wagner so viel zu danken hatte. Dazu kommt ferner der garni—
sonierende und pensionierte Schwertadel: die kleine Offiziersfrau, die sich
hoͤchstens dadurch von der Kameradin aus der Provinz unterscheidet, daß sie
einmal einen Platz im Opernhause frei hat, und die hoͤher gestellte, reiche und
vornehme, die als Planet um die Sonne des Hofes kreist und die großen
Jagden mitreitet. Wer die Berliner Aristokratin kennen lernen will, die
gewoͤhnlich keine Berlinerin ist, der muß eine Einfuͤhrung zu den Kavalier—
baͤllen im „Kaiserhof“ haben; wer aber den Ton mehr auf Berlin legt, der
muß zunaͤchst suchen: auf Wohltaͤtigkeitsfesten, in den Premieren, auf dem
Presseball. Und nicht zu vergessen: in den Krankenhaͤusern. Denn auch da ist
sie zu finden. Aber die barmherzige Schwester von Adel geboͤrt nie der
Aristokratie der juͤngsten Vergangenheit an.
Nun koͤnnte ich auch noch vom Typus der Berliner Aristokratin sprechen.
Uradel: meist blond; juͤngerer Adel: doch mehr bruͤnett. Die Einheitlichkeit
des Schlages fehlt uͤberhaupt der Berlinerin. Die Aristokratie kommt meist
aus dem deutschen Nordosten, aus Schlesien, aus Niedersachsen, die juͤngere
oft noch viel weiter her. Neben der Schwaͤbin und Holsteinerin, der Bayerin