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Die Damen

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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Und als ein Ver— 
wandter von ihr fuͤrch⸗ 
tete, ihre ganze Art 
koͤnne seiner Karriere 
schaden, da entschloß 
sie sich zu einem kecken 
Schritt. 
Auf einem Fest 
traf sie einen hohen 
Militaͤr. Liebens⸗ 
wuͤrdig und ergeben 
laͤchelnd trat sie an 
ihn heran und fragte, 
ob er was dagegen 
habe, wenn seine 
Offiziere bei ihr ver— 
kehrten? 
Er antwortete 
oerbindlich: im Ge— 
genteil; seineOffiziere 
sollten lernen, selb— 
staͤndig zu werden 
und mit allen Men— 
schen umzugehen. 
Bei ihr sei ja solch 
neutraler Boden, auf 
dem sich die verschie— 
densten Menschen 
und Meinungen tref—⸗ 
fen koͤnnten. 
Und der Verwandte, der bei diesem Gespraͤch schon in Gedanken seinen 
Abschied eingereicht hatte, half nun selbst, der Dame die Gesellschaft zusammen 
zu stellen, die an ihren Abenden in dem aͤltlichen, frisch gestrichenen Hause 
sich treffen sollte. 
In den Zimmern der Dame trifft sich wirklich eine merkwuͤrdig interessante 
Gesellschaft. Der Dramatiker mit jesuitischen Schauspielergesicht bringt seine 
junge, blasse, ihn stets aͤngstlich mit den Augen suchende Frau und diskutiert 
mit irgendeinem Geheimrat. Der radikale Naturwissenschaftler im braunen 
Sammtrock spricht verbindlich mit dem Zentrumsabgeordneten uͤber die 
Anhaͤufung der Buͤcher in den Bibliotheken — ob nicht ein alexandrinischer
	        
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