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heimratsviertel aus seiner
Kirche gemacht, welche an
der Lisiere des Tiergartens
liegt, officiell Matthaͤikirche
voulgo aber Polkakirche heißt
und von dem orthodoxen
Superintendenten Buͤchsel
regiert wird. Hier ist Sonn—
tagsvoormittags der uͤppigste
und lieblichste Damenflor
vorhanden, weshalb auch eine
stattliche Maͤnnerwelt die
Raͤume dicht erfuͤllt und
„Vater Wrangel“ die Predigt
so oft besucht.“ — Auch nach
den Kriegen blieb die Tier—
garteneisbahn ein Tummel—⸗
platz der Damen. Der Hof
hatte allerdings sein abge—
grenztes Plaͤtzchen fuͤr sich.
Aber die andere Damenge—
sellschaft mischte sich nun
ziemlich lebhaft. Wenigstens
in den ersten Jahren des
Milliardensegens. Und das
Kronprinzenpaar, das ja
immer in Berlin sich liberal gibt und dem dann alle Hoffnungen ge—
hoͤren, verkehrte auch haͤufig genug in der Finanzaristokratie.
Ihm allein gelangen solche geselligen Feste, wie sie Dernburg ge—
—
wurden vom Kronprinzenpaar gern besucht. Sie waren nicht immer
literarisch, manche gehoͤrten deutlich der juͤdischen Finanzaristokratie an. —
Elise von Hohenhausen, die noch im Salon der Rahel verkehrt hatte und
in Muͤnster die Freundin der Annette Droste von Huͤlshof gewesen und deren
Dichtkunst als erste durchgesetzt hatte, eroͤffnete in den siebziger Jahren in
Berlin wieder einen literarischen Salon. Die Neuberliner hatten aber weder
Sinn noch Zeit dafuͤr, sich fuͤr solche Dinge gruͤndlich zu interessieren. Prinz
Georg von Preußen, der das National-Theater am Weinbergsweg unter—
stuͤtzt hat — mit Geldmitteln und seinen weniger glaͤnzenden Dramen —,
Gutzkow und Albert Lindner, der ungluͤckliche Dichter der „Bluthochzeit“,