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Die Damen

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

192 — 
Heiratsabsichten gerichteten Geschlechts 
oerfallen und koͤnnen daher fuͤr die Ver— 
nittelung solider Bekanntschaften von 
den besorgten Hausmuͤttern nicht benutzt 
werden. Der Winter bringt deren zwar 
in Konzerten und auf Privatbaͤllen, aber 
doch nicht in noͤtiger Anzahl. So ent— 
pricht denn das Schlittschuhlaufen sowohl 
dem angenehmen Zweck der Bewegung 
fuͤr die gesunden Maͤdchen, als auch dem 
azuͤtzlichen, mit irgend einem achtbaren 
sjungen Mann zusammenzurennen und 
derart die große Schwierigkeit eines ersten 
Anknuͤpfungspunktes fuͤr weitere Ziele 
eichter als irgendwo zu beheben. Wenn 
er will, wird er schon um dieselbe Stunde 
alle Tage auf die Eisbahn kommen; er 
gruͤßt erst, dann begleitet er das Fraͤulein, 
dann bietet er ihm einen Schlitten an; 
ist er ein Mann, wie man ihn wuͤnscht, 
so darf er auch das Maͤdchen mit der es 
bewachenden Schwester nach Hause be— 
gleiten uswp. usp. Man wird gestehen, 
daß die Eisbahn also ein sehr wohltaͤtiges Institut ist und schon manchem 
Ehepaar das Leben gegeben hat. Ach, und die Maͤdchen haben so brennende 
Blicke! Da mag die Temperatur noch so kalt sein, nur zu leicht faͤngt so 
ein armes Ding von Maͤnnerherz Feuer und dann ists geschehen. 
Die Eisbahn im Tiergarten liegt uͤberhaupt in dem Reviere, wo die 
geheimraͤtlichen Maͤdchen massenhaft wohnen und das Bewußtsein ihrer 
Lage einen ordentlichen Corpsgeist in sie gebracht hat. Eine Geheimrats— 
tochter oder dergleichen ist am allerschwersten an den Mann zu bringen; 
sie steht zwischen Buͤrgertum und Aristokratie und das liebe Geld fehlt ge— 
woͤhnlich. Nach unten hin mag sie nicht, nach oben hin geht es zu schwer mit 
dem Heiraten, und alte Jungfer will sie doch um keinen Preis werden. 
Es ist also natuͤrlich, daß jede anstaͤndige Gelegenheit eifrig benutzt wird, 
die Tochter des Hauses rechtzeitig den pruͤfenden Augen der Maͤnner, und 
waͤren es die eines Leutenants, zu praͤsentiren. Darunter ist nun die Eis— 
bahn eine sehr willkommene; sie gehoͤrt Mittags der eleganten Welt, im 
UÜbrigen dem „gemischten Publikum“. — Eine nicht minder eifrig benutzte 
Gelegenheit zur Unterhaltung eines noblen Heiratsbureaus hat das Ge—
	        
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