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Lebenshaltung — aller—
dings nicht immer aus
geistvoller Verachtung
der Außerlichkeiten, son—
dern nur zu oft aus
Mangel an Mitteln. Wo
er es konnte, umgab er
sich gern mit aller denk—
baren Pracht. Auf den
Festen am neuen Kaiser—
hofe erschienen die
Damen der Aristokratie
gern im hoͤchsten Prunk.
Menzel hat jedenfalls
diesen Eindruck mit
seinen scharfen Maler—
augen aufgefangen und
oft wiedergegeben. Der
Prunk der adligen
Damen unter WilhelmJ.
gab den luxurioͤsesten
Zeitaltern nichts nach.
Siege und Auufstieg
hatten ja auch genug
Reichtum gebracht. Und
die Damen benutzten
die Gelegenheit, ihn zu
zeigen. Nicht immer
waren sie geschmackvoll
genug. Waren sie zu
rasch reich geworden — oder lag die Protzerei in der Luft —, war die
Entwicklung jaͤh unterbrochen worden — oder war die Produktion zu
ploͤtzlich in ganz neue Bahnen hinuͤbergegangen —, viele Damen
paßten sich nicht den neuen Formen an und bemuͤhten sich nicht um
Geschmack und Kultur. Das war damals, als die Kaiserin Eugenie einem
gefaͤhrlichen Protektionswesen in die Tuilerien Eingang verschaffte und
schluͤpfrige Spiele und Gesaͤnge duldete. Die Diplomatie und fast die ge—
samte vornehme Welt Europas erfreute sich an schwuͤlen erotischen Bilder—
serien. Die schoͤnen jungen Damen ließen sich von ihren Freunden die ge—
wagtesten Blaͤtter schenken und sammelten sie. Die vornehme Welt war von