einst — wenn es ihr auch oft schwer faͤllt, dort hoͤflich zu sein, wo sie aus
innerstem Beduͤrfnis die „Wahrheit“, das heißt, ihre Uberzeugung anbringen
vill. Eine kleine Geschichte muß ich hier zur Erlaͤuterung anfuͤgen:
Eine Berlinerin, die jahrelang in einer suͤddeutschen Stadt gelebt hat,
wurde von einer dort erworbenen Freundin aufgefordert, ihr ihre Meinung
uͤber einige von der Freundin angefertigte Stickereien zu sagen. Da hielt
die Berlinerin nicht hinter dem Berge. Die Freundin aber war gekraͤnkt
und entruͤstet und beschwerte sich uͤber die Ruͤcksichtslosigkeit der Berlinerin, die
ihr alle Freude an den Stickereien genommen habe. Die Berlinerin begriff
aicht, daß ihre Freundin sich beschwerte. Sie fuͤhlte sich als Freundin zur
Wahrheit“ verpflichtet — aber sie gelobte sich, von nun an lieber hoͤflicher
zu sein, so zu sein, wie die große Mehrzahl der Menschen es haben will und
vie es der wohltut. —
Doch will ich ja nicht nur von der modernen Berlinerin sprechen, sondern
bon Berlin und der Berlinerin erzaͤhlen, von ihrer Lebensweise, ihrer
Arbeit, ihrer Liebe, ihrer Herrschaft uͤber den Mann und von der Herrschaft
der Maͤnner uͤber sie, von ihren Kummern und Freuden, von ihrem Wesen
und Werden. Kein wissenschaftliches Werk soll die Leser belasten, sondern
zwanglose Unterhaltungen sollen sie in die Vergangenheit und Gegenwart
Berlins einfuͤhren.
Zu dieser Arbeit brauchte ich die Unterstuͤtzung von vielen, mußte ich
Material aus allen moͤglichen Museen und Bibliotheken zusammenholen.
Und so wurde ich besonders verpflichtet, den Verwaltungen und Beamten
des Koͤnigl. Kupferstichkabinetts, der Nationalgalerie, der Kgl. Bibliothek,
der Magistratsbibliothek, des Maͤrkischen Museums, der Kunstgewerbe—
bibliothek, der Lipperheideschen Sammlung, der Goͤritzbibliothek und noch
einigen andern oͤffentlichen Instituten meinen Dank fuͤr freundliche Bereit—
villigkeit hier zu sagen.
Hans Ostwald.