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Die Tänzerin Pepita de Oliva
Schals spazieren, sie waren aber auch uͤbergluͤcklich, wenn sie dem Koͤnig
ihre Verbeugung machen konnten. Zwar fuhren sie auf Rokoko⸗
schlitten durch den Tiergarten — aber sie lenkten wohl selbst die
behaͤngten, klirrenden Pferde. Ein neuer Damentyp kam auf: Die
Emanzipierte. Chodowiecki hatte schon im achtzehnten Jahrhundert sich
uͤber die verwegenen Reiterinnen lustig gemacht. Loͤffler versuchte, den
neuen Typ von 1860 zeichnerisch festzuhalten. Die Emanzipierte blickte keck
und herausfordernd, trat maͤnnlich aktiv auf und versuchte durchaus nicht,
weibliche Bedruͤcktheit und Scham zu heucheln. Die Bezeichnung „eman—
zipiert“ sollte allerdings kein Ehrentitel sein, sondern den Typ herabsetzen.
Sein Gegenstuͤck war der gute Ton: niedergeschlagene Augen, gesenktes
Koͤpfchen, Zaghaftigkeit und Schuͤchternheit (S. 170). — Hinter diesen „weib—
lichen“ Eigenschaften stand Bleichsucht und ein schamloses Eingestaͤndnis von
suͤndhaften Gedanken. Das war das Ideal dieser Zeit.
Sie hatte das eigentlich Zeitgemaͤße von der Bildflaͤche verbannen,
es degradieren wollen. Das unzeitgemaͤße Repertoire der Hofbuͤhne stammt
naͤmlich nicht erst von heute oder von gestern. Das „Urbild des Tartuͤff“
mußte im Friedrich-Wilhelmstaͤdtischen Theater — dem heutigen Deutschen
Theater — gespielt werden. Gutzkow, Freitag und alle andern buͤrgerlich
empfindenden Buͤhnenschriftsteller waren vom Repertoire des Koͤniglichen