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Die Damen

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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schlangen, aber keine Seelentiefe darstellen 
koͤnne, glaͤnzte in den neuesten Moden. Sie 
kargte nicht mit ihren Schoͤnheiten. Die 
Mode gab ihr ein Recht, ihre Schultern tief 
zu entbloͤßen (S. 149). Kleinere Buͤhnensterne, 
wie Sophie Loͤwe, die ein außerordentliches Ge⸗ 
schick fuͤr eine kuͤnstlerische Anwendung der 
Mode besaß, wußten ihre Reize ebensogut zu 
betonen. Die ganze Frauenwelt jener Tage 
legte besonderen Wert darauf, mit der weib— 
lich gerundeten Schulterlinie zu glaͤnzen. Auf 
den Portraͤts der Damen der guten Gesell—⸗ 
schaft bezeugten sie mit den entbloͤßten 
Schultern ihre volle Weiblichkeit. Nur wenige 
Frauen ließen sich abweichend portraͤtieren, 
wie die Saͤngerin Hendel-Schuͤtz oder wie 
die jugendliche Tragoͤdin Niemann-Raabe. Luise Muͤhlbach, die Frau des 
Literaturprofessors Mundt, machte jedoch die Mode mit (S. 140). Sie war uͤbri— 
gens eine von den weiblichen Vielschreiberinnen, die besonders im neun— 
zehnten Jahrhundert ihr Wesen trieben und das ganze Leben weiblich— 
familienmuͤtterlich umdichteten. Sie schrieb ungefaͤhr hundert Romane, 
in denen sie leichtfertig die Geschichte weiblich verwaͤsserte. Ihre Werke 
waren fuͤr das Lesepublikum der sich epidemisch vermehrenden Leih— 
bibliotheken eine Goldgrube. Sie entsprachen so recht dem Beduͤrfnis des 
geistigen Klein— 
buͤrgertums, zu 
dem auch viele 
Damen gehoͤrten. 
Die wollten von 
dem entnuͤchtern⸗ 
den Zauber der 
Gegenwart nichts 
wissen. Sie gin— 
gen zwar auf der 
modernen Straße 
mit ihren vielen 
Meter breitenKri⸗ 
nolinen und den 
uͤppigen vielfar— 
bigen tuͤrkischen 
Fanny Elsler.
	        
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