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Die Damen

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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Baronin Willmar uͤber Moabit hervor: 
„Moabit ist ein reizendes kleines Dorf, 
das man nach einstuͤndigem Gange 
durch tiefen Sand erreicht. Die ganze 
Gegend ist sandig, doch ist es gelungen, 
den Boden fuͤr anmutige Zwecke 
nautzbar zu machen. Ich habe zwei rei— 
zende Vasen in etruskischer Form als 
Geschenk bekommen, die aus diesem 
Sande hergestellt sind (die wahrschein— 
lich aus den Charlottenburger Ton— 
werken stammten). Von hier kommen 
auch die herrlichen Spargel, die man 
das ganze Jahr in Berlin essen kann.“ 
Der Baronin und ihren Kreisen kam 
es selbst in den Gaͤrungsjahren vor 
1848 so vor, als sei das ganze Leben 
aur ein Vergnuͤgen. Sie sah uͤberall 
nur vergnuͤgte Gesichter. Und doch 
hatte sich die neue Zeit selbst in den 
aristokratischen Amuͤsements bemerkbar 
gemacht. Ernst Dronke berichtet 1846, daß bei den Korsofahrten einige 
glaͤnzende Equipagen reicher Vornehmer und der fremden Gesandtschaften 
ein kleines kaͤrgliches Haͤuflein bildeten zwischen den herandraͤngenden 
Wagen der Bourgeoisie und den Droschken und Fiakern der Kleinbuͤrger. 
Trotzdem nun das, was die Distinguierten zu ihrer Repraͤsentation 
in der Offentlichkeit erfunden hatten, kein Sonderprivileg geblieben war, 
ergriff die Vornehmen doch ein Schauer, als die Maͤrztage begannen. Manche 
der Damen hatte sie vorbereiten helfen. Aber die große Mehrzahl war er— 
schreckt, wie jene alte Dame, der Hosemann als Personifikation des Adels 
riet: „Legen Sie sich zu Bett, liebe Mumie!“ 
Aber die Herrschenden legten sich nicht zu Bett. Mochte sich die Ent— 
wicklung in den Maͤrztagen gewaltsam Luft gemacht haben — sie war doch 
noch lange nicht so weit, daß die Struktur der Gesellschaft eine ganz neue 
haͤtte werden koͤnnen. Die hoͤheren Schichten waren nicht ausgeschaltet — 
sie waren nur erschreckt worden. Wenn sie auch einige Zeit weniger ge— 
raͤuschvoll ihre Feste feierten, es dauerte nicht lange, und der alte Luxus lockte 
zu neuen Festen. Ja, die neuen Zeiten brachten einen neuen Aufschwung 
und neue Goldstroͤme flossen. Sie befruchteten das Leben der luxurioͤsen 
Damen. Eine wiederholte Rokokoperiode trat ein. Nichts war geeigneter, 
dosemann
	        
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