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Die Damen

Full text: Sittengeschichte Berlins / Ostwald, Hans (Public Domain)

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nie in ihrem Leben weiter waren 
als bis Pankow und Treptow, 
Punsch und Pfannkuchen gut und 
in Fuͤlle vor sich sehen, allenfalls 
auch noch einen Modetanz (dieses 
Mal war es „Immer Schott'sch 
meine Herr'n“) aufspielen hoͤren, 
so moͤchte es wohl schwer sein, die— 
selben von dem Gedanken abzu— 
bringen, daß sie die gluͤcklichsten 
Sterblichen seien. Am 6. große Re— 
doute im Koͤnigl. Opernhause, die 
erste seit Jahren. Überfuͤllt von 
Dominos, Charaktermasken wenige; 
und die wenigen ohne Charakter, 
ohne Leben, taub, stumm, wie es 
scheint selbst verwundert, daß das 
Schicksal sie in eine Maske stecken 
konnte; Harlequins im Überfluß, 
eine jede Frage mit einem Peit— 
schenschlag beantwortend; kein Platz 
zum Tanzen, kein Platz zum Wandeln! Um 11 Uhr sind wir gekommen, — 
gegen 4 Uhr gehen wir und wir haben uns koͤstlich amuͤsiert. Sind wir Ber— 
liner nicht genuͤgsam? Alles, was uns unterhielt (wir sprechen von der Redoute 
oom 6. Februar) war außer obigen Fatalitaͤten ein Gedichte auswerfender 
Matrose und ein paar neckischer niedlicher Fledermaͤuse, und doch, wir haben 
uns, wie gesagt, koͤstlich amuͤsiert; wir ruͤhmen es sogar noch extra, indem 
wir nach Hause gehen, daß es so huͤbsch anstaͤndig gewesen, weil wir die curioͤse 
Grille in unserem Kopf tragen, daß sich aufrichtige Lust und Heiterkeit nicht 
mit dem Anstande vertragen koͤnnen. Das waͤre also die Redoute im Kgl. 
Opernhause! Außerdem fetzt das Colosseum seine Maskenbaͤlle fort. Über⸗ 
reich aber war der Monat bis zum Schlusse an Konzerten, alle Abende, selbst 
die Mittage wurden in Anspruch genommen und fast lustig war es anzu— 
sehen, wie sich die Anzeigen hoͤflich aus dem Wege balancirten.“ 
In allen Berichten jener Zeit deutet sich uͤbrigens schon manch ein 
Zug des heutigen Berlins an. In einem Buch „Berlin wie es ist“ vom Jahre 
1831 wird die Pracht der Festlichkeiten geschildert. Die Dame in den mo— 
dernsten Kleidern sei die Koͤnigin des Festes. Jede reiche Berlinerin sei un— 
gluͤcklich, wenn sie waͤhrend des Winters nicht in jeder Woche zwei Baͤlle be— 
suchen koͤnne. Wo soll sie glaͤnzen? Wo affektieren? Wo seufzen und in 
Hosemann 1845: Blindekuhspiel.
	        
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