Schnallen, Baͤnder, Schleifen, Baͤusche kam dann wieder jene Vieffaͤltigkeit
und Abwechslung in die Mode hinein, die sie bieten muß, will sie nicht lang⸗
weilig werden und all den kleinen Wesensverschiedenheiten, Kapricen und
besonderen Schoͤnheiten ihrer Traͤgerinnen genuͤgen.
Auch in der Haartracht zeigte sich ein bestimmter Modezug: der feste,
geschwungene Scheitel, den wir oft noch bei unseren Muͤttern und Groß—
muͤttern finden. Aber dieser Scheitel, der einer schoͤn gewoͤlbten Stirn so
gut stand, war auch nur wieder eine Grundform. Über ihm woͤlbten sich hoch⸗
geschlungene Lockenwuͤlste, wie sie zum Beispiel die Kaiserin Augusta als
junge Prinzessin von Preußen trug. Ihr feingeschnittenes Gesicht mit dem
schoͤngebildeten Ohr trat um so deutlicher hervor. Oder die Damen ließen ihr
Gesicht von einem uͤppigen Lockengeringel umrahmen, das je freier und
koketter aussah, desto fester der Scheitel und die Stirnhaare sich anlegten.
Die liebliche, schoͤne Koͤnigin Elisabeth trug diese Haartracht schon als Kron—
prinzessin und behielt sie auch als Koͤnigin bei. Zu ihren vornehmen und edlen
weichen Zuͤgen, zu ihrem schwermuͤtigen Blick paßte auch das Pelzwerk,
das sie, sparsam angewendet, mit Vorliebe trug. Und auch die praͤchtigen
Verlenketten, mit denen sie sich fast staͤndig schmuͤckte, erhoͤhten die sanfte
Schoͤnheit dieser gebildeten und vom Schicksal so schwergepruͤften Frau.
Mit einem andern Schmuck sah man sie kaum.
Große, aufdringliche Diademe, festanliegende Halsketten, die den Hals
staͤrker erscheinen laffen, als er ist und die jede Zartheit der Linien und der
Bewegung des Halses verdecken, wurden in der Biedermeierzeit von keinen
feineren Damen getragen. Vor allem zerstoͤrte niemand die Reize des eigenen
schoͤnen Haares durch uͤbermaͤßigen barbarischen Schmuck oder durch allzu
odiele Baͤnder und Schleifen und Federn.
Zu einer solchen Haartracht stimmte denn auch die Hutmode. Sie kam
dem Bestreben, die frauliche Lieblichkeit des Gesichtes zu erhoͤhen, sehr ent—
gegen. Die Hauben und Schuten umrahmten ein Koͤpfchen wie ein Bild.
Freundliche Augen konnten wohl schelmisch herausschauen aus solchem
Behaͤlter, der die Frisur schuͤtzte. Auch diese Hutform wurde ganz persoͤnlich
angewendet. Die Saͤngerin Henriette Sontag, eine große Modedame
der Biedermeierzeit, woͤlbte ihren Hut vorn schirmartig vor und besteckte
ihn mit verwegenen Federn, was ihrem energischen, kapriziosen Gesicht
außerordentlich fein sich anfuͤgte. (S. 31.)
Die Umschlagetuͤcher aber, die alle Damen brauchten, wenn sie die Mode
der freien Schultern mitmachten, wurden ebenso zum Schutz gegen die
Witterung getragen, wie sie auch willkommene Gelegenheit zum reizvollen
Spiel der Koketterie boten. Bald konnten sie die Schultern verhuͤllen, bald
fielen sie uͤber die Arme herab, wie es auf der Studie „Madame Crelinger
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