Brot suchenden Menschen gaben den Teig fuͤr den kecken und verwegenen
Menschenschlag ab, wie Goethe die Berliner nannte. Sie lebten draußen so
kuͤmmerlich — wie in der großen Stadt —, waren aber doch voll von einem Heiß—
hunger nach Besserem und hatten bald heraus,
ihre Ellenbogen gruͤndlich zu gebrauchen. Zuihnen
kamen schon zeitig zahlreiche Franzosen und
Juden. Zu 8000 10000 Berlinern kamen im
Jahre 1685 etwa 5000 Franzosen. Mehrmals
uͤbte franzoͤsisches Blut seinen Einfluß aus:
unterm großen Kurfuͤrsten die Refugies, unter
Friedrich II. die Steuerbeamten, bald darauf
die Emigranten und die kriegerische UÜUber—
schwemmung unter Napoleon. Die Juden
waren schon lange in der Stadt. Daß die beiden
Rassen das Berliner Wesen beeinflussen mußten,
ist erklaͤrlich, wenn man berechnet, daß unter
Friedrich I1. fast jeder zehnte Berliner ein
Franzose oder ein Jude war. Noch im Jahre
1784 gab's unter 140 000 Einwohnern in
Berlin 5168 Franzosen (in der Kolonie) und
3372 Juden. Wenn nun auch die Refugies ganz
gewiß nur ernste religioͤse Leute waren, die nicht
parisisch-frivol sich gaben, so brachten sie doch
feinere und lebhaftere Umgangsformen mit.
Viele von ihnen waren aus gutem patrizischen
Hause. Das beeinflußte die Berliner — wenn es
sich auch nicht mit jenem Geist mischte, den man
„berlinisch“ nennt. Aber es regte immerhin an.
Das Franzoͤsische wurde bei dem sorgen—
vollen Leben auf dem Berliner Pflaster nicht
leichter. Auch moͤgen es die Maͤrker mit ihrem
haͤrteren Wesen oft vergroͤbert haben — wie das
Franzoͤsische allerdings auch wohl anstachelnd
auf die schwerfaͤlligen Soͤhne der Mark wirkte.
Und das Judentum brachte seine Lust zur Kritik,
seine Lebhaftigkeit, seine Unruhe, seine Unter—
nehmungslust hinzu. Ja, die Juden haben viel—
leicht einen groͤßeren Einfluß auf das Berliner—
tum ausgeuͤbt, als man ahnt. So entstand
dann eine Mischung von Elementen, die zu—
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