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jungen Deutschland. Und die Hausmuͤtter versteckten ihre gern gelesenen
weltlichen Buͤcher vor ihren Toͤchtern. Als nach einem bizarren unsteten
und genußreichen Leben ihre Jugend und Schoͤnheit flohen, trat die
erfahrene sinnliche Weltdame zum Katholizismus uͤber und ging spaͤter in ein
Kloster. Ihr Gefuͤhl war also viel staͤrker, ihr Leben logischer als das
anderer Aristokraten, in deren Kreisen damals ein leidenschaftlicher
Pietismus Herzen und Koͤpfe beschaͤftigte. Neue Ziele fehlten der
Aristokratie. Vor dem reifer und staͤrker werdenden Buͤrgertum rettete
sie sich in eine romantische Sympathie mit dem Mittelalter und in einen
weltentfremdenden Pietismus hinein. Da aber die Lebenshaltung der
Aristokratie notgedrungen vielfach nur recht buͤrgerlich sein konnte, blieben
doch manche Angehoͤrige der Aristokratie ganz unmittelbar im frischen Leben
festgewurzelt. Sie betaͤtigten ihre Froͤmmigkeit, ihre religioͤsen Empfindungen
in der Wirklichkeit. Hier war ein Feld, das ihnen nicht verschlossen war und
das bis heute die Damen der Aristokratie beschaͤftigt. Persoͤnliche Hilfe zu
bringen, Schwachen beizustehen, war ein Vorrecht auch der innerlich vor—
nehmen Dame.
Sie nahm das Leben ihres Schuͤtzlings wohl selbst in die Hand, wie
Fraͤulein Marie von Olfers, die sich einen unehelichen Saͤugling einer Magd
ins Haus nahm — trotzdem doch in der eigenen Familie viele eigene Kinder
vorhanden waren und sie selbst erst 23 Jahre alt war. Viele Bekannte und
Verwandte waren denn auch außer sich uͤber das Beginnen der jungen Dame,
die durch ihren Vater, den Museums—
direktor, den vornehmsten Kreisen an—
gehoͤrte. Sie pflegte das mit haͤßlichem
Ausschlag behaftete Kindchen selbst, badete
es noch oft abends, wenn sie schon in Ge—
sellschaftstoilette war und ins Theater
oder auf Hausbaͤlle gehen wollte. So
wenig wie moͤglich wurde das Kind den
Dienstboten uͤberlassen und wurde auch
nicht zum Dienstboten erzogen, sondern
zwischen die Schwestern, zwischen die
Kinder des Hauses eingereiht. Sie ge—
hoͤrte durchaus zur Familie. Und als
der alte Herr von Olfers eine Pflegerin
brauchte, durfte nur jene angenommene
Tochter seiner Tochter um ihn sein.
Joachim, der im Olfersschen Hause oft
abends Violine spielte, entdeckte eine