gegangen*. Schon immer hat die
Großstadt die gebrochenen und ge—
scheiterten Existenzen angelockt.
Unter den vielen Zuwandernden
aus Frankreich, aus dem Salz-
ozurgischen und andern Landstrichen
waren genug Hilfsbeduͤrftige. Und
die Berlinerin hat ihnen geholfen.
Da sie aber nicht im Überfluß lebte,
mußte sie auch im Erwerbsleben
fleißig mit zupacken. Das war nun
allerdings nicht geeignet, sie zu
einer sorglosen und lebenslustigen
Frau zu machen.
Im besten Falle konnte sie zu
einem Witz kommen, der schlag—
fertig und abwehrend, durchdrin—
gend, aͤtzend und lachend zugleich
ist, wie viele Berlinerinnen ihn
sich erworben haben.
Die ganze Art des Berliner
Lebens fuͤhrte dahin, die vielen zu—
stroͤmenden fremden Elemente eben—
falls zum richtigen Berliner zu machen. Auch alle, die heute in Berlin sich nieder—
lassen, sind noch diesem Gesetz unterworfen. Wenn sie auch nicht die Ber—
linische Sprache annehmen — dem Berliner Wesen koͤnnen sie sich nie entziehen.
So war es schon von jeher. Denn Berlin hat fast immer mehr aus Zu—
gewanderten, denn aus geborenen Berlinern bestanden. Schon Koͤnig be—
richtet 1793, daß in Berlin die echten Berliner nur sparsam zu finden sind.
Aber die ganze Stadt uͤbte mit ihren Lebensbedingungen und ihren Zu—
staͤnden und der Zusammensetzung ihrer Bevoͤlkerung einen durch—
dringenden Einfluß aus.
Ja, das Zusammenstroͤmen von verschiedenen Elementen und ver—
schiedenen Rassen hat sicher dazu beigetragen, den Typus der Berlinerin zu
erzeugen. Unter den Zugewanderten stammte stets ziemlich die Haͤlfte aus
der Provinz Brandenburg. Diese an den Havelseen und Spreeufern groß—
gewordenen, auf dem duͤrftigen Sandboden und in den Heiden muͤhsam ihr
Die Frau des bekannten Schriftstellers und Buchhaͤndlers Nicolai hat am Ende des
18. Jahrhunderts heimlich viele Armen unterstuͤtzt.
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