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die Hand zu nehmen. Sie war stolz auf ihre Arbeiten, die sie foͤrmlich fuͤr
große, der Aristokratie geleistete Dienste hielt, weshalb sie auch die Schmeicheleien
mit vornehmer Wuͤrde entgegennahm, und sich voͤllig fuͤr berechtigt hielt,
an dem Hofe des in mittelalterlicher Romantik sich gefallenden Koͤnigs
eine vorzuͤgliche Auszeichnung zu genießen. Diese Eitelkeit legte sie erst in
der schmerzhaften, langwierigen Krankheit ab, an der sie endlich starb.
Sie hatte, wie gesagt, einen Salon, der alles besaß, was ihn zum
ersten Berlins, zu dem einer Stasl, einer Récamier machen konnte; sie selbst
hatte Ruhm, der Hof protegierte sie, die vornehme Gesellschaft betete sie an,
oder vielmehr ihre aristokratischen Romane. Gleichwohl war ihr Salon
wenig mehr als eine pedantische, steife Reunion, zu welcher aus Hoͤflichkeit
alte feierliche Autoritaͤten wie Rauch, Humboldt, Schelling, sich einfanden,
schweigend durch die Zimmer schritten, allenfalls zu einer der Gruppen traten,
die in den Fensternischen sich untereinander besprachen, und dann feierlich
die Treppe hinunter zur alten Kutsche gingen, um sich nach Hause fahren zu
assen. Eine allgemeine Unterhaltung fand nicht statt; sie war nicht moͤglich,
wveil die Wirtin mit ihrem zeremonioͤsen Wesen alle anfroͤstelte. Deshalb
nieden auch juͤngere und gesellige Talente diese Sphaͤre, und eine Menge
Hosemann: Damengesellschaft 1843.